imported>Odyssee |
imported>Joachim Stiller |
Zeile 1: |
Zeile 1: |
| Der '''Verstand''' (von [[Althochdeutsch|ahd.]] ''firstȃn'', „dicht davorstehen“; {{ELSalt|ἐπιστήμη}} ''epistêmê'' „Erkenntnis, Wissen, Wissenschaft“, [[Latein|lat.]] ''intellectus, intelligentia'', „[[Intelligenz]]“ bzw. „[[ratio]]“) ist der auf das [[diskursiv]]e, d.h. schrittweise voranschreitende [[logisch]]e [[Denken]] gerichtete Teil der [[Verstandes- oder Gemütsseele]], deren andere Seite das [[Gemüt]] ist, welches die [[Gefühl]]s- und [[Wille]]nssphäre umfasst. Im Verstand liegt das Vermögen [[Begriff]]e und [[Vorstellung]]en zu bilden, die Begriffe zu [[Urteil]]en zu verbinden und aus diesen weitere logische [[Schluss|Schlüsse]] zu ziehen. Übergeordnet dem Verstand, der sich auf die [[Erkenntnis]] des Einzelnen richtet, ist die [[Vernunft]], als die auf das [[Geist]]ige gerichtete Tätigkeit der [[Bewusstseinsseele]], durch die das Einzelne erst im großen Weltzusammenhang erfasst werden kann.
| | {{Vorlage:Seitenkategorien}} |
| | | [[Kategorie:Geschichte|401]] |
| == Der Verstand als Produkt abbauender, zentripedaler Kräfte ==
| | [[Kategorie:Kulturzeitalter|401]] |
| | |
| {{GZ|Was sind es für Kräfte, die vorzugsweise im menschlichen Haupte wirken | |
| und die ja verwandt sind den zentripetalen, den zusammenpressenden
| |
| Kräften des Kosmos, was sind es für Kräfte? Es sind diejenigen
| |
| Kräfte, die die ältesten Kräfte unseres Weltenalls sind. Erinnern Sie sich
| |
| an meine Darstellungen in der «[[Geheimwissenschaft im Umriß]]», wie ich
| |
| die [[Alter Saturn|alte Saturnentwickelung]] beschrieben habe, wie ich da hinweisen
| |
| mußte darauf, daß sich herausgerungen hat aus dieser Saturnentwickelung
| |
| das menschliche Sinnesleben. Was da zurückgeblieben ist aus dieser
| |
| Saturnentwickelung, es liegt hinter unserem Sinnesteppich als die kalte,
| |
| fröstelnde Welt, die sich eben aus dem Wärmezustand des Anfanges heraus
| |
| entwickelt hat, in die wir heute Wärme hineinzutragen haben. Das,
| |
| was da hinter dem Sinnesteppich liegt, ist gewissermaßen die älteste
| |
| der Welten. Wir betreten sie unbewußt in der Zeit vom Einschlafen bis
| |
| zum Aufwachen. Wir wandeln aber eigentlich immerfort in ihr herum.
| |
| Sie gibt uns alles dasjenige, was mit unseren Sinnen zusammenhängt.
| |
| Die [[Zentripedale Kräfte|zentripetalen Kräfte]] wirken, gleichsam die Sinne von außen
| |
| bildend, in unsere Sinne hinein, in unsere Augen, in unsere Ohren, und
| |
| von da aus in unseren physischen Verstand, in dasjenige, was wir denken.
| |
| Und indem wir durch die Welt denkend gehen, gehen wir eigentlich
| |
| mit demjenigen menschlichen Besitz durch die Welt, der uns aus dieser
| |
| Umgebung heraus gebildet wird, das heißt, mit den ältesten Kräften, die
| |
| nun schon angekommen sind beim Zerfall. Das dürfen wir nie vergessen,
| |
| daß dies die Kräfte sind, die eigentlich schon beim Zerfall angekommen
| |
| sind.
| |
| | |
| [[Datei:GA199 183.gif|center|350px|Zeichnung aus GA 199, S. 183]]
| |
| | |
| Man möchte sagen, die Sache ist so: Wenn man schematisch darstellt
| |
| das Weltenall, auseinander, ins Weite strebend, aber an dieser Grenze
| |
| zentripetal zusammengehalten werdend, es sind die ältesten Kräfte des
| |
| Weltenalls (siehe Zeichnung). Sie zerbröckeln in einer gewissen Weise.
| |
| Und aus diesen zerbröckelnden Kräften, aus diesen in den Tod schon
| |
| übergehenden Kräften, aus diesen zum Chaos gewordenen Kräften
| |
| steigt dasjenige auf, was unser Verstand ist, was unser menschlicher
| |
| Intellekt ist.|199|182ff|183}}
| |
| | |
| Die [[Verstandesseele]] und die damit verbundene „Kopfkultur“ erwachte so recht erst in der [[Griechisch-Lateinische Kultur|griechisch-lateinischen Kultur]], die im Zeichen des [[Widder (Sternzeichen)|Widders]] stand.
| |
| | |
| {{GZ|Dann kam die griechisch-lateinische Zeit, das vierte nachatlantische
| |
| Zeitalter. Die Sonne trat mit ihrem Frühlingspunkte ein in den Widder.
| |
| Das entspricht der Kopfgegend des Menschen, der Stirngegend,
| |
| der Oberkopf-, der eigentlichen Kopfgegend des Menschen. Es begann
| |
| diejenige Zeit, in der der Mensch vorzugsweise sich so in ein
| |
| erkennendes Verhältnis zur Welt setzte, daß dieses erkennende Verhältnis
| |
| zur Welt ihm Gedanken brachte. Das Kopferkennen ist ganz
| |
| verschieden von den früheren Arten des Erkennens. Das Kopferkennen
| |
| trat ja in diesem Zeitalter besonders ein. Aber der Kopf des
| |
| Menschen ist, trotzdem er fast eine getreue Nachbildung des Makrokosmos
| |
| ist, gerade weil er in physischem Sinne eine getreue Nachbildung
| |
| des Makrokosmos ist, im spirituellen Sinne eigentlich nicht
| |
| gar viel wert. Verzeihen Sie den Ausdruck: als physischer Kopf ist der
| |
| Kopf des Menschen nicht gar viel wert. Und wenn der Mensch auf
| |
| seinen Kopf angewiesen ist, so kann er zu nichts anderem kommen
| |
| als eigentlich zu einer Gedankenkultur.
| |
| | |
| Nach und nach hat auch die griechisch-lateinische Zeit, die ja, wie
| |
| wir von andern Gesichtspunkten aus gesehen haben, die Kopfkultur
| |
| bis zu ihrer Höhe brachte und dadurch gewissermaßen den Menschen
| |
| in einer besonderen Weise heranbrachte an die Welt, in einer nach und
| |
| nach sich entwickelnden Weise es zu der eigentlichen Kopf kultur gebracht,
| |
| zu der Gedankenkultur, die dann abgelaufen ist. So daß man,
| |
| wie ich gestern aufmerksam gemacht habe, vom 15. Jahrhundert ab
| |
| nicht mehr wußte, wie man mit dem Denken noch mit der Wirklichkeit
| |
| zusammenhing. Diese Kopfkultur, diese Widderkultur, sie war
| |
| aber noch immer so, daß man gewissermaßen in den Menschen hereinnahm
| |
| die Anschauung des Weltenalls. Und mit Bezug auf die physische
| |
| Welt war diese Kopf kultur, diese Widderkultur, die allervollkommenste.
| |
| Materialistisch ist erst dasjenige geworden, was sich dann
| |
| als Entartung daraus entwickelt hat. Der Mensch trat durch seinen
| |
| Kopf eben doch gerade in dieser Widderkultur in ein besonderes Verhältnis
| |
| zur Umwelt. Und man versteht heute insbesondere die griechische
| |
| Kultur schwer - die römische hat es ja dann ins mehr Philiströse
| |
| verzerrt - , wenn man das nicht berücksichtigt, daß der Grieche
| |
| eben zum Beispiel Begriffe und Ideen anders wahrnahm. Ich habe das
| |
| in meinen «[[GA 18|Rätseln der Philosophie]]» besonders ausgeführt.|180|198f}}
| |
| | |
| == Siehe auch ==
| |
| | |
| * [[Denken]]
| |
| * [[Herzdenken]]
| |
| * [[Logik]]
| |
| * [[Vernunft]]
| |
| | |
| == Literatur ==
| |
| | |
| * Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaft als Erkenntnis der Grundimpulse sozialer Gestaltung'', [[GA 199]] (1985), ISBN 3-7274-1990-3 {{Vorträge|199}}
| |
| | |
| {{GA}}
| |
| | |
| == Weblinks ==
| |
| | |
| * {{Eisler|Verstand}}
| |
| * {{Kirchner|Verstand}}
| |
| | |
| [[Kategorie:Grundbegriffe]]
| |
| [[Kategorie:Philosophie]]
| |
| [[Kategorie:Erkenntnistheorie]]
| |
| [[Kategorie:Denken]]
| |
| [[Kategorie:Logik]]
| |
| [[Kategorie:Wesensglieder]]
| |