Abendmahl

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Leonardo da Vinci: Das letzte Abendmahl, 1495-1498, Santa Maria delle Grazie (Mailand)
Das letzte Abendmahl (restauriert)
Bartholomäus, Jakobus Alphäus, Andreas, Petrus, Judas Iskariot, Johannes - Christus - Thomas, Jakobus, Philippus, Matthäus, Thaddäus, Simon[1]

Das Abendmahl (auch Eucharistie, Altarsakrament oder Gedächtnismahl) und die damit verbundene Wandlung von Brot und Wein zu Fleisch und Blut Christi, die man ursprünglich als geistige Tatsache auffasste, wurde seit der Mitte des Mittelalters zunehmend materialistisch mißdeutet.

"Solange vom Abendmahl gewußt wurde, daß es den lebendigen Beweis dafür bedeutet, daß Materie nicht bloß Materie ist, sondern daß es zeremonielle Handlungen gibt, durch die der Materie der Geist beigefügt werden kann, solange der Mensch wußte, daß diese Durchdringung der Materie mit dem Geist eine Durchchristung ist, wie sie im Abendmahl zum Ausdruck kommt, so lange wurde es hingenommen, ohne daß man sich stritt." (Lit.: GA 131, S. 203)

Schon auf dem Konzil von Konstantinopel (869), das u.a. auch die Lehre von der Trichotomie verworfen hatte ("den Geist abgeschafft hatte", wie sich Rudolf Steiner öfter ausdrückt), war die vergröberte Lehre des Paschasius Radbertus (+859) aus dem Kloster Corbie heftig diskutiert worden, in die recht ekelhafte "Wundergeschichten" eingestreut waren, die etwa von der Verwandlung der Hostie in blutiges Fleisch zu berichten wussten. Hrabanus, der Abt von Fulda (+856), widersprach Radbertus. Die Wandlung sei mystisch und sakramental zu verstehen; Brot und Wein seien nur Symbole. Auch Ratramnus, ebenfalls Mönch in Corbie, trat Radbertus entgegen. Das Messopfer diene lediglich dem Gedächtnis des Kreuzopfers Christi. Der Volksaberglaube neigte sich aber zunehmend der materialistischen Deutung des Radbertus zu.

Später trat Berengar von Tours (+1088), ein Schüler des Fulbertus aus der Schule von Chartres, bei dem der Intellekt schon stark entwickelt war, zurecht gegen diesen materialistischen Aberglauben auf und entfachte schon im 11. Jh. einen ersten Abendmahlsstreit. Die Anschauung, dass sich bei der Wandlung die physisch-sinnliche Substanz der Hostie ändere, lehnte er ab und formulierte stattdessen eine symbolisch-spiritualistische Abendmahlslehre. Danach bliebe die physisch-sinnlich Substanz unverändert, aber es trete eine geistige Bedeutung hinzu, durch die der Christus zwar im geistigen Sinn realpräsent, aber nicht physisch-sinnlich anwesend sei. Mehrmals wurde Berengar deshalb der Verbreitung einer Irrlehre bezichtigt und mehrmals zur Rücknahme seiner Ansichten genötigt, die er aber später ebenso oft widerrief. Dennoch wurde er stets milde behandelt, weil Papst Gregor VII., der ehemalige Mönch Hildebrand, seine schützende Hand über ihn hielt. In der Schrift Rescriptum contra Lanfrancum stellte Berengar seine Abendmahlslehre ausführlich dar, gab aber nach weiteren Anschuldigung und Demütigungen schließlich den Streit auf, ohne innerlich seiner Überzeugung untreu zu werden. Als Reaktion auf Berengars Ansichten wurde von seinen Gegnern schließlich der Begriff der Transsubstantiation geprägt und 1215 auf dem 4. Laterankonzil zur verbindlichen Kirchenlehre erklärt.

Tatsächlich ist in der Hostie real die Sonnenkraft anwesend, durch die der Christus wirkt; in diesem Sinne ist die Realpräsenz des Christus bei der Eucharistie eine Tatsache:

"Solange man wußte, daß es sich in dem Christus um ein Wesen von der Sonne handelt, hatte die Monstranz mit der Hostie darin seinen guten Sinn. Darin ist zusammengebackenes Mehl. Dieses Mehl konnte dadurch entstehen, daß die Sonne Licht und Wärme auf die Erde fallen läßt, daß Getreide wächst und aus dem Getreide das Mehl wird. Es ist wirklich, wenn man es so ausdrücken will: Körper, vom Sonnenlicht gemacht. Solange man das gewußt hat, so lange hatte das Ganze einen Sinn." (Lit.: GA 353, S. 118)

Dass sich bei der Wandlung eine geistig reale Handlung vollzieht, konnte Rudolf Steiner aus eigener Anschauung bestätigen. Wird die Wandlung würdig vollzogen, bildet sich während der Transubstantiation eine hellsichtig wahrnehmbare Aura um die Hostie.

"Sie mögen über das, was ich Ihnen jetzt sage, denken wie Sie wollen, aber ich kann ja nur von meinem Gesichtspunkt, vom Gesichtspunkte meiner Erfahrung aus sprechen. Ich habe viel beobachtet die Transsubstantiation. Nun ist heute innerhalb der katholischen Kirche allerdings eine starke Differenzierung vorhanden, je nachdem, ob der eine oder der andere Priester die Transsubstantiation bewirkt, aber immerhin habe ich doch gesehen, namentlich während meiner letzten Reise in Italien, wie während der Wandlung, während der Transsubstantiation, die Hostie eine Aura bekam. Also ich habe den objektiven Vorgang, der sich, wenn die Wandlung würdig vollzogen wird, vollzieht, durchaus als eine Realität kennengelernt. Ich sage, Sie mögen darüber denken wie Sie wollen, ich sage Ihnen eben dasjenige, was auf der einen Seite beobachtet werden kann, und was auf der anderen Seite auch als eine Grundüberzeugung der Kirche galt in denjenigen Zeiten, als die Kirche noch eine einige katholische war, und die evangelische Kirche noch nicht als eine Abzweigung da war. Also wir kommen schon zu Realitäten zurück, wenn wir diese Dinge anschauen, und da muß dann eben gesagt werden, es ist allerdings das Meßopfer, indem es zelebriert wird, etwas, das eine reale Handlung ist, das nicht bloß ein äußeres Zeichen ist, sondern eine reale Handlung. Und wenn Sie alle Messen zusammennehmen, die jemals gehalten worden sind, so bilden sie alle wiederum ein zusammenhängendes Ganzes, und das ist etwas, was als solches unmittelbar eben als eine Tatsache dasteht. Es ist etwas, wo man allerdings an Dinge rührt, wo das evangelische Gemüt sagt: Ja, dann liegt ja in der katholischen Messe etwas Magisches. - Das liegt auch darin. Das liegt eben auch darin, und das Magische darin empfindet dann das evangelische Gemüt vielleicht als ein Heidnisches. Gut, darüber ließe sich diskutieren. Aber jedenfalls begründet das, daß man es durchaus mit einer Realität zu tun hat, daß man nicht ohne weiteres, ohne heranzugehen an den Träger dieser Realität, eine Messe heute zelebrieren kann. Ich sage zelebrieren; man kann sie demonstrieren, man kann alles mögliche zeigen, aber man kann sie nicht zelebrieren mit dem Anspruch, daß durch die Messe dasjenige geschieht, was am Altar geschehen soll, ohne daß sie gelesen wird [von einer Persönlichkeit] mit dem absoluten Auftrag. Sehen Sie, so ist es überall da, wo mit Mysterien gearbeitet wird; es ist einmal so, wo mit Mysterien gearbeitet wird. Und ebensowenig, wie im Bewußtsein des Freimaurers eine freimaurerische Zeremonie von einem Nichtfreimaurer vollzogen werden darf, ebensowenig darf im Bewußtsein der katholischen Kirche von einem Nichtgeweihten eine richtige katholische, aus dem Katholizismus heraus gearbeitete und gewordene Zeremonie zelebriert werden, ausgeführt werden mit voller Geltung." (Lit.: GA 343a, S. 146f)

Mit der Einsetzung des Abendmahls erneuerte und erhöhte der Christus das Opfer, das Melchisedek vor Abraham dargebracht hatte, und begründete damit einen neuen zukunftsweisenden Kultus, durch den die blutigen Tieropfer, die seit der atlantischen Zeit üblich geworden waren, überwunden werden und nun statt dessen Brot und Wein geopfert werden sollten.

"An die Stelle des blutigen Opfers, soll das unblutige, das geistige Opfer, das Abendmahl treten als Symbol dafür, daß auf geistigem Felde Schuld und Sühne für menschliche Taten leben. Dies ist aber die Lehre von Karma, daß alles dasjenige, was der Mensch irgendwie in seinen Handlungen verursacht hat, seine Wirkungen nach sich zieht durch rein geistige Gesetze, daß Karma nichts zu tun hat mit physischer Vererbung." (Lit.: GA 052, S. 82)

Damit wird zugleich darauf hingewiesen, dass wir künftig von der Ernährung vom toten Tiere überzugehen haben zu der Ernährung von der toten Pflanze. In der 6. nachatlantischen Kulturepoche wird sich der Mensch vegetarisch ernähren und noch später wird eine rein mineralische Ernährung kommen. Der Mensch wird sich dann selbst aus dem toten Stoff das bilden, was er als Nahrung braucht; er wird Lebendiges aus Totem schaffen können. Dann wird auch die geschlechtliche Fortpflanzung überwunden werden und der Mensch wird seinesgleichen aus sich selbst heraus reproduzieren können.

In seiner ganzen geistigen Tiefe kann das Abendmahl nur dann verstanden werden, wenn die Worte des Christus "dies ist mein Fleisch" und "dies ist mein Blut" in dem Sinn wörtlich genommen werden, dass sich mit dem Mysterium von Golgatha Christus mit der Erde verbunden hat und die ganze Erde zu seinem Leib geworden ist. Mit dem Abendmahl kündigt sich an, wie die lebendigen Ätherkräfte des Christus sich von seinem physischen Leib zu lösen beginnen und in die Ätherkräfte der Erde überfließen. Wesentlich ist nicht, dass der Christus Brot und Wein in sich aufnimmt, sondern dass seine Lebenskräfte in Brot und Wein, als Repräsentanten der äußeren Natur, übergehen. Nur so kann man die Worte aus dem Johannes-Evangelium verstehen: «Der mein Brot ißt, tritt mich mit Füßen.» (Joh 13,18)

Das Abendmahl ist die Vorschule für die geistige Vereinigung mit dem Christus, der in der Erdenwelt gegenwärtig ist. In der Zukunft wird dafür die äußere kultische Handlung nicht mehr nötig sein, wenn sich die Menschen durch die meditative Versenkung in das Denken mit dem Christus verbinden können. Dann kann die Auferstehung im Denken dadurch beginnen, dass sich die Ätherkräfte des Gehirns vom physischen Gehirn lösen und in die umgebende Ätherwelt, in die lebendig wirkenden Weltgedanken, die formend in der Natur wirken, eintauchen. Darauf hat Rudolf Steiner hingewiesen mit den Worten:

"Das Gewahrwerden der Idee in der Wirklichkeit ist die wahre Kommunion des Menschen." (Lit.: GA 001, S. 126)

Rudolf Steiner hat in diesem Zusammenhang mehrmals den Hirtenbrief über «Die dem katholischen Priester gebührende Ehre» (1905) des Erzbischofs von Salzburg Johannes Baptist Katschthaler (1832-1914) erwähntReferenzfehler: Ungültige Verwendung von <ref>: Der Parameter „ref“ ohne Namen muss einen Inhalt haben..

„Es ist noch nicht lange her, da erschien an einem gewissen Orte ein Hirtenbrief eines katholischen Bischofs. Der setzte nicht mehr und nicht weniger auseinander, als daß der katholische Priester in seinen Kultushandlungen mächtiger sei als der Christus Jesus. Denn indem der Priester auf dem Altar die heilige Handlung zelebriere, zwinge er den Christus Jesus, den Gott des Christentums, hereinzutreten in die irdische Welt, wenn der Priester die Transsubstantiation vollzieht. Der Gott mag wollen oder nicht, er muß durch die Transsubstantiation den Weg nehmen, den ihm der Priester vorschreibt. Auf diese Übermacht des irdischen «Priestergottes» über den aus kosmischen Höhen heruntersteigenden und im Fleische des Jesus auf der Erde wandelnden «Untergott» hat in jüngster Zeit noch ein Hirtenbrief durchaus hingewiesen. Solche Dinge stammen eben aus älteren Zeiten und sind in unseren Zeiten sinnlos geworden. Gewisse Vertreter gewisser Bekenntnisse wissen ganz gut, warum sie solche Dinge aber wiederum in die Menschheit hineinwerfen.“ (Lit.:GA 197, S. 45)

Ausführlicher sprach Rudolf Steiner darüber zu den angehenden Priestern der Christengemeinschaft:

„Hier berühren wir etwas Esoterisches, das vielleicht im bisherigen Verlauf unseres Zusammenseins überhaupt noch nicht so stark hervorgetreten ist, das aber doch einmal auch vor Euren meditativen Sinn treten muß. Denn zuweilen sprießt und spritzt heute - ich möchte sagen, nicht wie Blitzesflammen, denn die kommen von oben her, aber wie Vulkanflammen, denn die kommen von unten her - mancherlei, was in diesem oder jenem Bekenntnis von alten Mysterien zurückgeblieben ist. So gab es ja - ich habe diese Tatsache schon öfter erwähnt - einen Hirtenbrief eines Erzbischofs, welcher nichts Geringeres als das folgende behauptete. In dem Brief war die Frage aufgeworfen: Wer ist höher, der Mensch oder Gott? - Und es wurde in diesem Hirtenbrief, obwohl in einer gewundenen Rede, aber doch auf der anderen Seite auch wieder unverblümt, darauf aufmerksam gemacht, daß, wenn der Priester am Altar steht, wenn also der Mensch als Priester am Altar steht - von den übrigen Menschen gilt das nicht, aber für die Priester -, er hoher sei als Gott, mächtiger als Gott, denn er könne Gott zwingen, irdische Gestalt in Brot und Wein anzunehmen. Wenn der Priester konsekriert, wenn er die Transsubstantiation vollzieht, dann müsse der Gott am Altar anwesend sein.

Das ist eine Auseinandersetzung, die tief in altes Mysterienwesen zurückgeht, und es ist auch eine Auseinandersetzung, die innerhalb des esoterischen Brahmanismus im Orient, insofern er aus dem Mysterienwissen heraus ist, heute durchaus noch geläufig ist. Es ist geläufig und im Einvernehmen mit allem Mysterienwesen die Vorstellung, daß der Mensch ein Wesen ist, das die Gottheit mit umspannt, eigentlich der Höhere gegenüber der Gottheit. Und es fühlte sich der Brahmanenpriester, namentlich der von ehemals, in dieser Verfassung seiner Seele als - wenn ich mich so ausdrücken darf - überpersönlicher Träger der Gottheit. Das ist eine schwerwiegende Vorstellung, die da hereinleuchtet aus altem Mysterienwesen. Aber sie muß schließlich wenigstens einmal dem meditativen Leben der Priesterseele anvertraut werden. Denn es widerspricht ja vollständig dem, was sich namentlich im evangelischen Bewußtsein nach und nach ergeben hat. Dem evangelischen Bewußtsein gegenüber ist das, was in dem angezogenen Hirtenbriefe steht, natürlich eine Torheit.“ (Lit.:GA 346, S. 59f)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Zuordnung nach The Notebooks of Leonardo da Vinci S. 232 [1]