Hans-Dietrich Genscher und Proömium: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Genscher-19-09-2013.jpg|mini|Hans-Dietrich Genscher, 2013]]
Als '''Proömium''' (von {{ELSalt|προοίμιον}} ''prooímion'' „vor dem Lied, einleitender Gesang, Vorspiel“; [[lat.]] ''pro(o)emium'') wir seit der [[Antike]] ein Prolog, ein Vorwort oder einführendes Kapitel von [[Dichtung]]en und [[Wikipedia:Brief|Brief]]en bezeichnet. [[Goethe]] drückte in seinem gleichnamigen [[Gedicht]] die Grundüberzeugung aus, die sein Leben bestimmte.
[[Datei:Signature1 Zwei plus Vier Vertrag.JPG|mini|rechts|Unterschrift Genschers unter dem Zwei-plus-Vier-Vertrag]]
[[Datei:14-01-10-tbh-222.JPG|mini|Hans-Dietrich Genscher, 2014]]


'''Hans-Dietrich Genscher''' (* 21. März 1927 in Reideburg, seit 1950 Stadtteil von Halle (Saale); † 31. März 2016 in Wachtberg-Pech)<ref name="welt">{{Internetquelle |autor= |url=https://www.welt.de/politik/article153881596/Frueherer-Aussenminister-Genscher-ist-tot.html |titel=Früherer Außenminister Genscher ist tot |werk=welt.de |datum=2016-04-01 |zugriff=2016-04-01}}</ref> war ein [[Deutschland|deutscher]] [[Politiker]] der [[Freie Demokratische Partei|FDP]]. Von 1969 bis 1974 war er [[Bundesministerium des Innern|Bundesminister des Innern]]. Von 1974 bis 1992 war er fast ununterbrochen [[Auswärtiges Amt|Bundesminister des Auswärtigen]] sowie [[Vizekanzler (Deutschland)|Vizekanzler]] der [[Bundesrepublik Deutschland]]: von 1974 bis 1982 unter der Kanzlerschaft von [[Helmut Schmidt]] (SPD) und nach dem Regierungswechsel von 1982 bis 1992 unter der Kanzlerschaft [[Helmut Kohl]] (CDU). Darüber hinaus war er von 1974 bis 1985 Bundesvorsitzender der FDP.
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| <poem><center>'''Proömion'''<ref>[[Johann Wolfgang Goethe]]: ''Gedichte (Ausgabe letzter Hand)'', in: ''Berliner Ausgabe'', Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin 1960ff, S. 535-536</ref>
Im Namen dessen, der Sich selbst erschuf!
Von Ewigkeit in schaffendem Beruf;
In Seinem Namen, der den Glauben schafft,
Vertrauen, Liebe, Tätigkeit und Kraft;
In Jenes Namen, der, so oft genannt,
Dem Wesen nach blieb immer unbekannt:


Genscher gilt als historische Schlüsselfigur, indem er zeitlebens entschlossen und mit großem diplomatischem Geschick für die Überwindung der [[Eiserner Vorhang|Teilung]] Europas und Deutschlands sowie des [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] eintrat.<ref>[http://www.deutschlandfunk.de/zum-tod-von-hans-dietrich-genscher-wir-sind-ihm-alle.694.de.html?dram:article_id=350014 ''Zum Tod von Hans-Dietrich Genscher: „Wir sind ihm alle unglaublich dankbar“.''] [[Holger Zastrow]] im Gespräch mit Ann-Kathrin Büüsker. In: ''[[Deutschlandfunk|deutschlandfunk.de]]'', 1. April 2016, abgerufen 2. April 2016.</ref><ref>[http://www.nzz.ch/international/deutschland-und-oesterreich/hans-dietrich-genscher-ist-gestorben-1.18721567 ''Ehemaliger deutscher Aussenminister Hans-Dietrich Genscher ist gestorben.''] In: ''[[Neue Zürcher Zeitung|nzz.ch]]'', 1. April 2016, abgerufen am 2. April 2016.</ref> Berühmt geworden ist seine (unvollendete) Ansprache „Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise&nbsp;…“ (die folgenden Worte gingen im allgemeinen Jubel unter), mit der er am 30. September 1989 vom Balkon der [[Deutsche Botschaft Prag|Prager Botschaft]] den Tausenden dorthin geflohenen Angehörigen der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] ihre Ausreise per Sonderzug verkündete, die er in langen Verhandlungen mit dem sowjetischen Außenminister [[Eduard Schewardnadse]] erreicht hatte.
So weit das Ohr, so weit das Auge reicht,
Du findest nur Bekanntes, das Ihm gleicht,
Und deines Geistes höchster Feuerflug
Hat schon am Gleichnis, hat am Bild genug;
Es zieht dich an, es reißt dich heiter fort,
Und wo du wandelst, schmückt sich Weg und Ort;
Du zählst nicht mehr, berechnest keine Zeit,
Und jeder Schritt ist Unermeßlichkeit.


== Leben ==
Was wär ein Gott, der nur von außen stieße,
=== Ausbildung ===
Im Kreis das All am Finger laufen ließe!
Hans-Dietrich Genscher wuchs in einem bürgerlich-bäuerlichen und [[Nationalkonservatismus|nationalkonservativen]] Milieu auf.<ref>Hans-Dieter Lucas (Hrsg.): ''Genscher, Deutschland und Europa.'' Nomos, Baden-Baden 2002, ISBN 3-7890-7816-6, S.&nbsp;25.</ref> Der Sohn des Juristen Kurt Genscher ([[Syndikus]] des Landwirtschaftsverbandes; †&nbsp;1937) und der Bauerstochter Hilda Kreime (†&nbsp;1988)<ref>Hanns-Bruno Kammertöns, [[Stephan Lebert]]: ''[http://www.zeit.de/2011/20/Hans-Dietrich-Genscher/komplettansicht Hans-Dietrich Genscher: „Es war schwierig, ein normales Leben zu führen“].'' In: ''[[Die Zeit|ZEITmagazin]].'' Nr.&nbsp;20, 12. Mai 2011.</ref> besuchte das [[Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium (Halle)|Städtische Reformrealgymnasium]] in [[Halle (Saale)]], wo die Familie seit 1933 wohnte.
Ihm ziemt's, die Welt im Innern zu bewegen,
Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen,
So daß, was in Ihm lebt und webt und ist,
Nie Seine Kraft, nie Seinen Geist vermißt.


Seit 1943 war Genscher [[Flakhelfer|Luftwaffenhelfer]], absolvierte den [[Reichsarbeitsdienst]] (RAD) im Harz und wurde von Oktober bis November 1944 ins Erzgebirge kommandiert. 1944<ref name="SZ">Malte Herwig: [http://www.sueddeutsche.de/politik/bericht-ueber-ns-vergangenheit-deutscher-politiker-zu-viel-undemokratisches-personal-1.1242602-2 ''Moralische Katastrophe''.] In: ''[[Süddeutsche Zeitung]]'', 23. Dezember 2011. ''Zitat: „während auf der Karteikarte 1944 steht“''</ref> wurde Hans-Dietrich Genscher im Alter von 17 Jahren Mitglied der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]]. Nach eigener Aussage geschah dies per Sammelantrag ohne sein Mitwissen.<ref>''[https://www.welt.de/kultur/article989531/Von-Grass-bis-Genscher-Wer-noch-in-der-NSDAP-war.html Zeitgeschichte: Von Grass bis Genscher – Wer noch in der NSDAP war].'' [[Die Welt]], 1. Juli 2007</ref><ref>Ulrich Herbert, Universität Freiburg, Darmstädter Echo, Samstag, 13. Juni 2015, S.&nbsp;5</ref> Er wollte Reserveoffizier werden und im Januar 1945 meldete er sich deshalb freiwillig zur [[Wehrmacht]], nach eigener Aussage auch, um einer Zwangsrekrutierung durch die [[Waffen-SS]] zu entgehen. Er wurde zu den [[Pionier (Militär)|Pionieren]] in Wittenberg eingezogen. Als Angehöriger der [[12. Armee (Wehrmacht)|„Armee Wenck“]], die in der [[Schlacht um Berlin]] eingesetzt war, und im Dienstgrad eines [[Gefreiter|Gefreiten]] geriet er kurz vor Kriegsende im Mai 1945 zunächst in US-amerikanische und anschließend in britische [[Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges|Kriegsgefangenschaft]].
Im Innern ist ein Universum auch;
 
Daher der Völker löblicher Gebrauch,
Nach seiner Entlassung im Juli 1945 arbeitete er als Bauhilfsarbeiter. Ab Dezember 1945 besuchte er wieder die Friedrich-Nietzsche-Oberschule in Halle (Saale) (seit 1946 Friedrich-Engels-Oberschule), wo er im März 1946 die [[Abitur|Ergänzungsreifeprüfung]] ablegte. Im Winter 1946/47 erkrankte er schwer an [[Tuberkulose]], weshalb er sich drei Monate in einem [[Sanatorium]] aufhielt. An der damals nicht heilbaren Krankheit litt Genscher noch die folgenden zehn Jahre und war immer wieder zu längeren Krankenhausaufenthalten gezwungen. Dennoch absolvierte Genscher von 1946 bis 1949 ein Studium der [[Rechtswissenschaft]] und [[Volkswirtschaftslehre]] an der [[Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg]] und der [[Universität Leipzig]], das er 1949 mit der ersten juristischen [[Staatsexamen|Staatsprüfung]] in Leipzig beendete. Anschließend war er bis 1952 [[Referendar]] beim [[Amtsgericht Halle (Saale)|Amtsgericht]] im Oberlandesgerichtsbezirk Halle.
Daß jeglicher das Beste, was er kennt,
 
Er Gott, ja seinen Gott benennt,
Am 20. August 1952 übersiedelte Genscher über [[West-Berlin]] in die Bundesrepublik Deutschland, arbeitete als Referendar beim [[Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen|Hanseatischen Oberlandesgericht]] im Oberlandesgerichtsbezirk Bremen und legte 1954 das zweite juristische Staatsexamen in [[Hamburg]] ab. Danach war er bis 1956 als [[Assessor|Anwaltsassessor]] und [[Rechtsanwalt]] in der auf Wirtschafts- und Steuerrecht spezialisierten Anwaltskanzlei Dr. Frick, Büsing, Genscher und Dr. Müffelmann in Bremen tätig.
Ihm Himmel und Erden übergibt,
 
Ihn fürchtet und wo möglich liebt.</poem>
=== Parteilaufbahn ===
|}
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F042295-0009, Bonn, Tagung FDP-Bundesvorstand.jpg|mini|Genscher mit seinen Parteifreunden [[Hildegard Hamm-Brücher]], [[Otto Graf Lambsdorff]] (stehend) und [[Wolfgang Mischnick]], 1974]]
 
Genscher war von 1946 bis 1952 Mitglied der [[Liberal-Demokratische Partei Deutschlands|LDP]], Landesverband [[Sachsen-Anhalt]]. Seit seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik war er Mitglied der FDP. 1954 wurde er zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der [[Geschichte der Jungdemokraten|Jungdemokraten]] in Bremen gewählt. Von 1956 bis 1959 war er wissenschaftlicher Assistent der [[FDP-Bundestagsfraktion]] in [[Bonn]].
 
Von 1959 bis 1965 war er FDP-[[Geschäftsführung (Deutschland)|Fraktionsgeschäftsführer]], dabei von 1962 bis 1964 Bundesgeschäftsführer der FDP. 1968 wurde er zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt. Vom 1. Oktober 1974 bis zum 23. Februar 1985 war er schließlich Bundesvorsitzender der FDP. In seine Amtszeit als Parteivorsitzender fiel 1982 die [[Wende (Bundesrepublik Deutschland)|Wende]] von der [[Sozialliberale Koalition|sozialliberalen Koalition]] zur Koalition mit der CDU/CSU. 1985 verzichtete er auf das Amt des Bundesvorsitzenden. Nach seinem Rücktritt als Bundesaußenminister 1992 wurde Genscher zum Ehrenvorsitzenden der FDP ernannt.
 
Unterlagen über Genschers Tätigkeit als FDP-Bundesvorsitzender befinden sich im [[Archiv des Liberalismus]] der [[Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit]] in [[Gummersbach]].
 
=== Abgeordnetentätigkeit ===
Genscher war von 1965 bis 1998 [[Mitglied des Deutschen Bundestages]] für den [[Bundestagswahlkreis Wuppertal I]]. Er war stets über die Landesliste [[Nordrhein-Westfalen]] in den Deutschen Bundestag eingezogen. Von 1965 bis zu seinem Eintritt in die [[Kabinett Brandt I|Regierung Brandt]] 1969 war er [[Parlamentarischer Geschäftsführer]] der FDP-Fraktion.
 
=== Öffentliche Ämter ===
==== Bundesinnenminister 1969 bis 1974 ====
Nach der [[Bundestagswahl 1969]] war Genscher maßgeblich an der Bildung der sozialliberalen Koalition beteiligt und wurde am 22. Oktober 1969 als [[Bundesministerium des Innern|Bundesinnenminister]] in die von Bundeskanzler [[Willy Brandt]] geführte [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]] berufen. In seine Amtszeit fiel die [[Geiselnahme von München|Geiselnahme israelischer Sportler 1972]] während der [[Olympische Sommerspiele 1972|Olympischen Spiele in München]]. Genscher stellte sich als Austauschgeisel zur Verfügung, dies wurde von den [[Palästinenser|palästinensischen]] Geiselnehmern jedoch abgelehnt. Nach dem blutigen Ende der Geiselnahme wies Genscher am 26. September 1972 den [[Bundesgrenzschutz]] an, die Anti-Terror-Einheit [[GSG&nbsp;9]] aufzustellen. Als Konsenspolitiker hatte er 1970 die [[Deutsche Sportkonferenz]] gegründet, in der wie bei einem [[Runder Tisch|Runden Tisch]] alle Verantwortlichen aus Bund, Ländern und Gemeinden sowie dem [[Deutscher Sportbund|Deutschen Sportbund]] und den Landessportbünden paritätisch zusammenwirkten.<ref>[[Arnd Krüger]]: ''Sport und Politik. Vom Turnvater Jahn zum Staatsamateur.'' Fackelträger, Hannover 1975, ISBN 3-7716-2087-2.</ref> 2014 bezeichnete er das Scheitern der Geiselbefreiung als den Tiefpunkt seiner Karriere.<ref>[http://www.zeit.de/zeit-magazin/2014/42/hans-dietrich-genscher-das-war-meine-rettung ''„Er hat mich richtig zur Brust genommen“.''] In: ''[[Die Zeit|Zeitmagazin]]'', Nr. 42/2014, 29. Oktober 2014, abgerufen am 22. März 2016 (Interview).</ref>
 
==== Bundesaußenminister 1974 bis 1992 ====
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F048566-0014, Bonn, Schmidt überreicht Bundesverdienstkreuz.jpg|mini|Genscher mit Forschungsminister [[Hans Matthöfer]] (links) und Bundeskanzler Helmut Schmidt, 1976]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1987-0907-033, Bonn, Besuch Erich Honecker.jpg|mini|[[Besuch Erich Honeckers in der Bundesrepublik Deutschland 1987]], Mittagessen beim Bundespräsidenten am 7. September 1987.<br />V.l.n.r.: [[Martin Bangemann|Bangemann]], Honecker, v.&nbsp;Weizsäcker, [[Günter Mittag|Mittag]], [[Hans-Jochen Vogel|Vogel]], [[Hans-Otto Bräutigam|Bräutigam]], Genscher]]
 
Nach dem Rücktritt von Willy Brandt und der Wahl von [[Walter Scheel]] zum [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsidenten]] wurde Genscher am 16.&nbsp;Mai 1974 als [[Auswärtiges Amt|Außenminister]] und [[Vizekanzler (Deutschland)|Vizekanzler]] in die nun von [[Helmut Schmidt]] geleitete Bundesregierung berufen. In dieser Funktion beteiligte er sich maßgeblich an den Verhandlungen über den Text der [[KSZE]]-Schlussakte in [[Helsinki]]. Im Dezember 1976 akzeptierte die Vollversammlung der Vereinten Nationen in [[New York City|New York]] den Vorschlag von Genscher über eine Anti-Terrorismus-Konvention, worin unter anderem festgelegt wurde, auf Forderungen von Geiselnehmern unter keinen Umständen einzugehen. Im Zusammenhang mit dem [[NATO-Doppelbeschluss|NATO-Doppelbeschluß]]<!--sic! Lemma vs. historisch --> vermittelten Bundeskanzler Schmidt und Außenminister Genscher in Moskau, danach war die sowjetische Führung bereit, mit den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] über Mittelstreckenwaffen (Intermediate Nuclear Forces/INF) zu verhandeln.
 
Nachdem die sozialliberale Koalition bei der [[Bundestagswahl 1980]] erneut bestätigt worden war, wirkte Genscher ab Mitte 1981 auf ein Ende der Koalition zwischen [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] und FDP hin – hierbei vor allem unterstützt durch den [[Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie|Bundeswirtschaftsminister]] [[Otto Graf Lambsdorff]]. Grund war die Zunahme der Differenzen zwischen den Koalitionspartnern, nach außen hin insbesondere in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Ausschlaggebend soll jedoch die zunehmende Abkehr der SPD vom NATO-Doppelbeschluss gewesen sein.<ref>[[Joachim Scholtyseck]]: ''Die FDP in der Wende.'' In: ''Historisch-Politische Mitteilungen.'' 19, 2013, {{ISSN|0943-691X}}, S.&nbsp;197–220, S.&nbsp;201&nbsp;f ([http://www.kas.de/upload/ACDP/HPM/HPM_19_12/Scholtyseck.pdf PDF; 71,7&nbsp;kB]).</ref> Am 17. September 1982 trat Genscher gemeinsam mit den übrigen FDP-Bundesministern zurück – als Interimslösung folgten ihm vorübergehend Helmut Schmidt (übernahm das Ministeramt) und [[Egon Franke]] (als Vizekanzler) nach.
 
Am 1. Oktober 1982 wurde in einem [[Konstruktives Misstrauensvotum (Deutschland)|konstruktiven Misstrauensvotum]] der bisherige Oppositionsführer [[Helmut Kohl]] auch von dem Großteil der FDP-Bundestagsfraktion zum Bundeskanzler gewählt. Am 4. Oktober 1982 kehrte Genscher als Außenminister und Vizekanzler in die Bundesregierung zurück.
[[Datei:Bush senior und Hans-Dietrich Genscher.jpg|mini|Hans-Dietrich Genscher (r.) überreicht Präsident [[George H. W. Bush]] ein Stück der Berliner Mauer (21.&nbsp;November 1989)]]
 
Von 1984 bis 1985 war er Präsident des [[NATO]]-Rates und Präsident des Ministerrates der [[Westeuropäische Union|Westeuropäischen Union]]. Als Außenminister stand er für eine Ausgleichspolitik zwischen Ost und West und entwickelte Strategien für eine aktive [[Entspannungspolitik]] und die Weiterführung des Ost-West-Dialogs mit der UdSSR, sowie das Zusammenwachsen der [[Europäische Gemeinschaft|EG]]. Besonders ab 1987 warb Genscher für eine „aktive Entspannungspolitik“ als Antwort des Westens auf die sowjetischen Bemühungen. Er hatte großen Anteil an der europäischen Einigung und am Gelingen der deutschen Wiedervereinigung, über die er 1990 mit seinem Amtskollegen aus der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]], [[Markus Meckel]] verhandelte. Anfänglich stand er den konsequenten Wiedervereinigungsplänen Bundeskanzler Kohls abwartend gegenüber. Im Spätsommer 1989 erreichte er die Ausreiseerlaubnis für diejenigen Bürger der DDR, die in die bundesdeutsche [[Deutsche Botschaft Prag|Prager Botschaft]] geflüchtet waren.<ref>FAZ.net: [http://www.faz.net/-gpf-7uekt ''Nackte Angst und übergroße Hoffnung'']</ref>  Er setzte sich auch für eine wirksame Unterstützung der politischen Reformprozesse vor allem [[Runder Tisch (Polen)|in Polen]] und in [[Ungarn]] ein. Dazu traf er im Rahmen eines Polenbesuchs im Januar 1988 den Vorsitzenden der [[Solidarność]], [[Lech Wałęsa]], dem er Unterstützung der polnischen Opposition bei ihrem Eintreten für demokratische Reformen zusicherte. Die dafür eingesetzten Mittel führten dazu, dass seine und Bundeskanzler Helmut Kohls Politik mitunter auch als [[Scheckbuchdiplomatie]] bezeichnet wurde. Genscher beteiligte sich an dem ersten (Bonn), zweiten (Berlin) und dritten (Paris) Außenministertreffen der [[Zwei-plus-Vier-Vertrag|2&nbsp;+&nbsp;4-Gespräche]] über die äußeren Aspekte der deutschen Einheit. Im November 1990 unterzeichnen Genscher und sein polnischer Amtskollege [[Krzysztof Skubiszewski]] in Warschau den [[Deutsch-polnischer Grenzvertrag|deutsch-polnischen Grenzvertrag]] über die Festlegung der [[Oder-Neiße-Linie]] als polnische Westgrenze.
 
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F083855-0012, Bonn, Wirtschaftskonferenz der KSZE-Staaten.jpg|mini|hochkant|Wirtschaftskonferenz der [[KSZE]]-Staaten, mit [[Helmut Haussmann]], 1990]]
 
Seine Popularität in seiner Heimatregion um Halle (Saale) und die Hoffnung auf eine gute Entwicklung nach der [[Wende (DDR)|Wende]] führten dazu, dass die FDP bei der [[Bundestagswahl 1990]] in Sachsen-Anhalt 17,61 % der Wählerstimmen erhielt und das erste Mal seit 1957 (und das bislang letzte Mal) wieder ein FDP-Kandidat ([[Uwe Lühr]]) ein Direktmandat für den Bundestag erringen konnte.
 
[[Datei:Aalkönig Hans-Dietrich Genscher (2) cropped.JPG|mini|hochkant|Hans-Dietrich Genscher, 2008]]
 
Im Juli 1984 besuchte er als erster westeuropäischer Außenminister seit der islamischen Revolution von 1979 die [[iran]]ische Hauptstadt [[Teheran]].
 
Kritik rief die von Genscher betriebene frühzeitige [[Diplomatie#Diplomatische Anerkennung|Anerkennung]] der ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken [[Slowenien]] und [[Kroatien]] durch die Bundesrepublik Deutschland im Dezember 1991 hervor. Diese war ausschließlich mit [[Österreich]] abgestimmt, lief einem [[Europäische Gemeinschaft|EG]]-Übereinkommen zuwider und bedeutete die erste flagrante Verletzung der Schlussakte der [[KSZE]]. <!--- Russland beruft sich heute bei einseitigen Grenzveränderungen z.&nbsp;B. in der [[Ukraine]] auf Genscher. ----- Beleg ? ------>
 
Vor eventuellen Anerkennungen in [[Jugoslawien]] sollten die Ergebnisse der [[Badinter-Kommission]] ausgewertet werden. Genscher wurde vorgeworfen, damit den Zerfall Jugoslawiens maßgeblich gefördert und die Gräuel des anschließenden Krieges mit verschuldet zu haben. UN-Generalsekretär [[Javier Pérez de Cuéllar|Pérez de Cuéllar]] hatte die deutsche Bundesregierung gewarnt, eine Anerkennung von Slowenien und Kroatien würde zu einer Ausweitung der Aggressionen im bisherigen Jugoslawien führen.
 
Am 18. Mai 1992, einige Wochen nach seinem 65.&nbsp;Geburtstag, schied Genscher auf eigenen Wunsch aus der Bundesregierung aus, der er insgesamt 23&nbsp;Jahre angehört hatte. Damals war er mit Abstand Europas [[Dienstalter|dienstältester]] Außenminister.
 
Seine Entscheidung hatte er am 27. April 1992 bekannt gegeben, auf den Tag genau nach 18&nbsp;Jahren als Außenminister.<ref> Denise Dittrich (2009): ''Die FDP und die deutsche Aussenpolitik: eine Analyse liberaler Aussenpolitik seit der Wiedervereinigung'', S.&nbsp;47 ([https://books.google.de/books?id=kVyjuAy8L7AC&pg=PA47&lpg=PA47 online])</ref>
 
=== Sonstiges Engagement ===
In den Jahren 1994 und 1995 war Genscher [[Honorarprofessor]] am [[Otto-Suhr-Institut]] für Politische Wissenschaft der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität Berlin]]. 1998 wurde er Aufsichtsratsvorsitzender der [[WMP Eurocom]] AG Berlin, einer Kommunikationsberatung in den Bereichen Wirtschaft, Medien und Politik. Von 1999<ref name="genscher.de">[http://www.genscher.de/html/Vita_d.pdf genscher.de] (PDF).</ref> bis Dezember 2010<ref>[http://www.bmt-law.de/Anwaelte.15.0.html?&L=0 bmt-law.de]{{Toter Link|date=2018-03 |archivebot=2018-03-25 11:28:12 InternetArchiveBot |url=http://www.bmt-law.de/Anwaelte.15.0.html?&L=0 }}</ref> war er als Rechtsanwalt für die Sozietät ''Büsing, Müffelmann & Theye'' (Büro Berlin) tätig. Seit dem Jahr 2000 war er geschäftsführender Gesellschafter der ''Hans-Dietrich Genscher Consult GmbH.<ref name="genscher.de" />''
 
Von 2001 bis 2003 war Hans-Dietrich Genscher Präsident der [[Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik|Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik]] (DGAP). Er war Ehrenpräsident der [[Europäische Bewegung Deutschland|Europäischen Bewegung Deutschland]], deren Präsident er von 1992 bis 1994 war sowie Ehrenbürger der Stadt Halle, in die sein Geburtsort Reideburg 1950 (gehörte zum Saalkreis) eingemeindet wurde, und in der er seine Ausbildung erhielt.
 
Im Jahr 2001 vermittelte er als Schlichter im Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Lufthansa AG und der [[Vereinigung Cockpit]] e.&nbsp;V.<ref>[http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,135800,00.html ''Lufthansa: Genscher soll Tarifstreit schlichten.''] In: ''[[Spiegel Online]]'', 23. Mai 2001.</ref> Genscher war Mitglied im Kuratorium der Initiative ''[[A Soul for Europe]]'' der ''Stiftung Zukunft Berlin''.<ref>[http://www.asoulforeurope.eu/index.php?id=500 Kuratorium von ''A Soul for Europe.''] Stiftung Zukunft Berlin.</ref>
 
Im Sommersemester 2002 war er dritter Inhaber der [[Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur]] an der [[Johannes Gutenberg-Universität Mainz]].
 
Im Jahr 2013 nahm Genscher eine wesentliche Vermittlerrolle bei der Freilassung des russischen Regierungskritikers [[Michail Chodorkowski]] ein.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/michail-chodorkowski-genschers-rolle-im-poker-um-die-freilassung-a-940416.html spiegel.de]</ref>
 
Er war Mitglied im Präsidium der [[Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen|Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen]]<ref>[http://www.dgvn.de/ueber-uns/organisation/praesidium/ dgvn.de]</ref> sowie  Mitglied bei der Initiative [[Global Zero]].
 
Laut des Journalisten Johannes Bockenheimer vermittelten Agenturen Genscher als Redner zu Preisen von 22.000 bis 24.000&nbsp;Euro, z.&nbsp;B. bei Sparkassen.<ref name="handelsblatt-2013-119-10">{{Literatur |Autor=Johannes C. Bockenheimer |Titel=Bill Clinton, der Absahner |Sammelwerk=[[Handelsblatt]] |Nummer=119 |Datum=2013-06-25 |ISSN=0017-7296 |Seiten=10}}</ref>
 
=== Privates ===
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F086562-0029, Petersberg, Weihnachtsfeier Diplomatengattinnen.jpg|mini|Barbara Genscher (rechts) im [[Petersberg (Siebengebirge)|Gästehaus Petersberg]], 1990]]
 
Hans-Dietrich Genscher war [[Protestantismus|protestantischer Christ]], der durch zahlreiche Begegnungen auch ein persönliches Verhältnis zu Papst [[Johannes Paul&nbsp;II.]] entwickelte.<ref>-kna-: ''[http://www.domradio.de/themen/kirche-und-politik/2016-04-01/genscher-zu-fragen-der-religion-und-des-lebens „Als Christ bin ich vorbereitet“ – Genscher zu Fragen der Religion und des Lebens''] auf der Website von ''[[Domradio]]''; abgerufen am 3. April 2016</ref> Von 1958 bis 1966 war er mit Luise Schweitzer verheiratet. Aus dieser Ehe ging die Tochter Martina hervor, die mit [[Reinhardt Zudrop]] verheiratet ist. Seit Oktober 1969 war Genscher mit seiner früheren Sekretärin Barbara, geb. Schmidt, verheiratet. Er lebte seit 1977 im Ortsteil [[Pech (Wachtberg)|Pech]] der Gemeinde [[Wachtberg]], wo er in seinem Haus im Alter von 89&nbsp;Jahren an Herz-Kreislauf-Versagen starb.<ref name="wz">{{Internetquelle |autor= |url=http://www.wz.de/home/politik/inland/ex-aussenminister-genscher-in-in-und-ausland-gewuerdigt-1.2156428 |titel=Ex-Außenminister Genscher in In- und Ausland gewürdigt |werk=wz.de |hrsg=[[Westdeutsche Zeitung]] |datum=2016-04-02 |zugriff=2016-04-02}}</ref> Am 17. April 2016 wurde Genscher mit einem [[Staatsakt (Veranstaltung)|Staatsakt]] im ehemaligen Plenarsaal des Bonner Bundestages, jetzt Bestandteil des [[WCCB|World Conference Centers Bonn]], geehrt.<ref>BMI:  {{Webarchiv|text=Pressemitteilung vom 5. April 2016 |url=https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Termine/DE/termin1.html?nn=3314842 |wayback=20160405192937 |archiv-bot=2018-03-25 11:28:12 InternetArchiveBot }}</ref> Nach einem Trauergottesdienst in der Gnadenkirche zu Pech fand die Beisetzung auf dem Rheinhöhenfriedhof in [[Ließem (Wachtberg)|Wachtberg-Ließem]] statt.<ref>General-Anzeiger Bonn: [http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bonn/Erinnerungen-an-einen-Gro%C3%9Fen-article3234643.html ''Abschied von Hans-Dietrich Genscher: Erinnerungen an einen Großen'',] abgerufen am 18. April 2016.</ref><ref>knerger.de: [http://knerger.de/html/genscherpolitiker_72.html Das Grab von Hans-Dietrich Genscher]</ref>
 
== Positionen und Kontroversen ==
Die Orientierung der deutschen Außenpolitik in Genschers Amtszeit wird schlagwortartig häufig als ''Genscherismus'' charakterisiert, kritisiert,<ref>[[Richard Herzinger]]: [https://www.welt.de/debatte/kommentare/article135031545/Deutschland-erlebt-die-Rueckkehr-des-Genscherismus.html ''Deutschland erlebt die Rückkehr des Genscherismus''], Welt Online vom 4. Dezember 2014, abgerufen am 1. April 2016</ref> aber zunehmend auch anerkannt.<ref>Peter Carstens: [http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/genscherismus-ausgleichende-vermittlung-12724366.html ''Genscherismus – Ausgleichende Vermittlung''.]. In: ''faz.net'', 22. Dezember 2013, abgerufen am 1. April 2016</ref> Dabei würde auf die direkte Vertretung deutscher Interessen weitgehend verzichtet und auf [[Multilateralität|multilaterale]] Institutionen Einfluss genommen werden. Zu den wichtigsten Institutionen seiner Amtszeit zählten die [[Europäische Gemeinschaft]], die [[Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa]] und der [[Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa|Helsinki-Prozess]].<ref>Harold James: ''Geschichte Europas im 20.&nbsp;Jahrhundert. Fall und Aufstieg 1914–2001.'' München 2004, ISBN 3-406-51618-1, S.&nbsp;402.</ref> Bis zuletzt sprach er sich für eine Zusammenarbeit mit Russland aus,<ref>[http://www.tagesspiegel.de/meinung/russland-und-europa-putin-ist-unser-partner/7533768.html ''Putin ist unser Partner''.]In: ''[[Der Tagesspiegel|tagesspiegel.de]]'', 18. Dezember 2012, abgerufen am 10. April 2016</ref> zeigte sich skeptisch gegenüber den gegen Russland verhängten Sanktionen und befürwortete eine Wiederbelebung des [[NATO-Russland-Rat]]s.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/politik/interview-genscher-fordert-neuanfang-mit-putin-1.2615763 ''Genscher fordert Neuanfang mit Putin''.] In: ''[[Süddeutsche Zeitung|süddeutsche.de]]'', 20. August 2015, abgerufen am 10. April 2016</ref>
 
In einem Interview des ''[[Der Spiegel|Spiegel]]'' 2013 nannte Genscher als [[Ehrenvorsitzender]] der FDP seine Partei als „schuldig“ für Wahlniederlagen und forderte mehr Einfühlungsvermögen, leidenschaftliche Debatten und den Abschied von einer „Ein-Thema-Partei“. Er habe nicht die „thematische Verengung auf Steuersenkungen gutgeheißen“, sondern frühzeitig davor gewarnt. Ebenso kritisierte er die Zweitstimmenkampagne der FDP als „unwürdig“. Klassischer [[Neoliberalismus]] müsse – so Genscher – soziale Verantwortung einschließen, die FDP müsse wieder Partei der fortschrittlichen Mitte werden. Zudem sprach er sich für eine programmatische und personelle Erneuerung aus und warb für [[Christian Lindner]],<ref>[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-115560213.html ''Es kam, wie es kommen musste''.] In: ''[[Der Spiegel]]'' 41/2013, 7. Oktober 2013, [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-115560213.html online] im Archiv von ''[[Spiegel Online]]''</ref> den heutigen Bundesvorsitzenden der Partei.
 
Im Juli 1992 veröffentlichte der ''Spiegel'' eine Meldung, wonach das [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] eine Akte über Genscher geführt habe, in der er als [[Inoffizieller Mitarbeiter|IM]] bezeichnet wurde, obwohl er keine Kontakte zur Staatssicherheit hatte. Die Akte soll – so laut ehemaligen Mitarbeitern der Stasi – unter Nutzung von Daten aus dem Lebenslauf eines DDR-Bürgers angelegt worden sein, um ihn, der auch während seiner Partei- und Ministerkarriere regelmäßig privat in die DDR reiste, mittels einer Desinformationskampagne gegebenenfalls politisch unter Druck setzen zu können. Die gefälschte Akte soll Anfang der 1980er Jahre vernichtet worden sein.<ref>{{Der Spiegel|ID=13689234|Titel=Genscher alias Tulpe|Jahr=1992|Nr=29}}</ref>
 
Genscher sowie dem ihm unterstehenden [[Auswärtiges Amt|Auswärtigen Amt]] wurde vorgeworfen, zu wenig getan zu haben, um den Mord an [[Elisabeth Käsemann]] 1977 durch die [[Argentinische Militärdiktatur (1976–1983)|argentinische Militärjunta]] zu verhindern. Schätzungen zufolge teilten rund 100 weitere Deutsche und Deutschstämmige dieses Schicksal in Argentinien.<ref>[https://www.welt.de/politik/deutschland/article128745445/Warum-rettete-Genscher-deutsche-Studentin-nicht.html ''Warum rettete Genscher deutsche Studentin nicht?''] In: ''[[Die Welt|welt.de]]'', 5. Juni 2014, abgerufen am 1. April 2016.</ref>
 
== Hans-Dietrich-Genscher-Preis ==
Seit 1995 verleiht die [[Johanniter-Unfall-Hilfe]] e.&nbsp;V. alle zwei Jahre den Hans-Dietrich-Genscher-Preis an Menschen, die sich in der [[Rettungsdienst|Notfallrettung]] oder der Rettungsmedizin besonders verdient gemacht haben. Der Preis ist mit 2500 Euro dotiert. Der Preis trägt Genschers Namen, weil der Politiker in seiner Zeit als Bundesinnenminister maßgeblich dafür eingetreten war, dass heute in Deutschland über 30 [[Rettungshubschrauber]] im Einsatz sind.<ref>[[Johanniter-Unfall-Hilfe]]: ''[http://www.johanniter.de/index.php?id=11964 Hans-Dietrich-Genscher-Preis]''</ref>
 
== Sonstiges ==
* Seine Denkweise beruhte auf dem [[Harmel-Bericht]] von 1967, „der bei militärischer Stärke und der gleichzeitigen Bereitschaft zu Verhandlungen die Entspannung zwischen Ost und West befördern wollte“.<ref>Richard Kiessler: ''Er spürte den Wind der Veränderung und nutzte ihn für die deutsche Einheit.'' In: ''[[Hamburger Abendblatt]]'', 2./3. April 2016, S.&nbsp;2–3. Abgerufen am 2. April 2016.</ref>
* [[Datei:14-01-10-tbh-220.JPG|mini|Genscher 2014: der gelbe Pullunder]] Wie kaum ein anderer Politiker wird Genscher mit einem Kleidungsstück&nbsp;– dem gelben [[Pullunder]]&nbsp;– in Verbindung gebracht. Mehrfach wurde eines dieser „Markenzeichen“ zu wohltätigen Zwecken versteigert.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.spiegel.de/panorama/a-48783.html |titel=Versteigerung – Rekordsumme für Genschers gelben Pulli |zugriff=2011-04-06}}</ref>
* Auch seine charakteristischen [[Abstehende Ohren|abstehenden Ohren]] wurden häufig mit Verbindung eines [[Elefant]]en – symbolisierend für seine Geduld <ref>[http://www.noz.de/archiv/vermischtes/artikel/351194/courage-preis-fur-genscher ''Courage-Preis für Genscher'',] Bei: ''NOZ.de'', 19. September 2000, abgerufen am 10. April 2016</ref> – Element von [[Karikatur]]en und werden mit ihm in Verbindung gebracht.<ref>Er selbst bei Markus Lanz am 30. Mai 2012.</ref> Spekulationen, er habe sich seine [[Otopexie|Ohren anlegen]] lassen, verneinte er jedoch.<ref>[http://www.rp-online.de/panorama/genscher-legt-die-ohren-an-aid-1.2047359 ''Genscher weist Vermutungen zurück – Genscher legt die Ohren an.''] In: ''RP-online'', 10. März 2002, abgerufen am 1. April 2016.</ref> Genscher selbst ging souverän mit dieser Art Karikaturen um: auf einer Toilette seines Privathauses hängt eine Auswahl als gerahmte Kopien an den gekachelten Wänden.<ref>TV-Kindersendung [[Willis VIPs]] ([http://www.br-online.de/kinder/radio-tv/willis_vips/ Folge ''Wie kalt war der Kalte Krieg? Hans-Dietrich Genscher'']) von [[Willi Weitzel]]; Bayerischer Rundfunk, 2006; erneut gesendet am 2. April 2016 um 10:10&nbsp;h in der ARD.</ref>
* Der vom Satire-Magazin [[Titanic (Magazin)|Titanic]] auf dem Titelblatt September 1989<ref>[http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/hans-dietrich-genscher-genschman-darf-nicht-sterben-a-1085100.html ''Hans-Dietrich Genscher als Comic-Held: Als Genschman die Welt rettete''], Spiegel Online vom 1. April 2016, abgerufen am 2. April 2016</ref> geprägte Spitzname „Genschman“ fand Eingang in die Umgangssprache. Daraufhin erschien der gleichnamige Comic von [[Achim Greser]], [[Christian Y. Schmidt|Christian Schmidt]] und [[Hans Zippert]].<ref>[http://www.deutschlandradiokultur.de/titanic-autor-zum-superhelden-genschman-er-wird-weiter.2156.de.html?dram:article_id=349997 ''"Titanic"-Autor zum Superhelden Genschman – Er wird weiter Schurken jagen.''] Hans Zippert im Gespräch mit Christine Watty. In: Deutschlandradio Kultur vom 1. April 2016, abgerufen am 2. April 2016.</ref>
* Seine häufigen beruflichen Auslandsreisen als Bundesaußenminister wurden auch in Form von Witzen geäußert, wie z.&nbsp;B.: „''Treffen sich zwei Flugzeuge. In beiden sitzt Genscher.''“<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/genschers-geburtstagssause-retro-party-mit-gelben-pullundern-a-473115.html ''Genschers Geburtstagssause: Retro-Party mit gelben Pullundern''.] In: ''[[Spiegel Online]]'', 22. März 2013, abgerufen am 2. April 2016</ref> Das Verb ''genschern'' wurde zum geflügelten Wort im [[Doppelkopf-Sonderregeln#Genschern|Doppelkopf]] aufgrund der Tatsache, dass er mit seiner Partei seinen (Koalitions)-Partner in der sogenannten [[Wende (Bundesrepublik Deutschland)|Wende]] wechselte.<ref>[http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-04/hans-dietrich-genscher-nachruf-juergen-trittin/komplettansicht ''Der Genscherismus wird fehlen''.] [[Jürgen Trittin]] in ''zeit.online'', 2. April 2016, abgerufen am 10. April 2016</ref>
 
== Kabinette ==
Hans-Dietrich Genscher war Mitglied der Bundesregierungen unter Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl.
* [[Kabinett Brandt I]], [[Kabinett Brandt II]] (Innenminister)
* [[Kabinett Schmidt I]], [[Kabinett Schmidt II]], [[Kabinett Schmidt III]] (Außenminister, Vizekanzler)
* [[Kabinett Kohl I]], [[Kabinett Kohl II]], [[Kabinett Kohl III]], [[Kabinett Kohl IV]] (Außenminister, Vizekanzler)
 
== Veröffentlichungen ==
* (Mitarbeit): ''Der öffentliche Dienst am Scheideweg.'' Godesberger Taschenbuch-Verlag, Bonn-Bad Godesberg 1972, ISBN 3-17-109041-4.
* ''Bundestagsreden.'' AZ-Studio, Bonn 1972.
* (Mitarbeit): ''Bildungsreform. Bilanz und Prognose.'' Godesberger Taschenbuch-Verlag, Bonn-Bad Godesberg 1973, ISBN 3-87999-000-X.
* (Mitarbeit): ''Öffentlicher Dienst und Gesellschaft, eine Leistungsbilanz.'' Godesberger Taschenbuch-Verlag, Bonn-Bad Godesberg 1974, ISBN 3-87999-004-2.
* (Mitarbeit): ''Prominente in der Umweltdiskussion. Beiträge zum III. Internationalen WWF-Kongress.'' Schmidt, Berlin 1974, ISBN 3-503-01152-8
* (Hrsg.): ''Liberale in der Verantwortung.'' Hanser, München/Wien 1976, ISBN 3-446-12288-5.
* ''Aussenpolitik im Dienste von Sicherheit und Freiheit.'' Verlag Bonn Aktuell, Stuttgart 1976, ISBN 3-87959-055-9.
* ''Deutsche Aussenpolitik.'' Verlag Bonn Aktuell, Stuttgart 1977, ISBN 3-87959-078-8.
* ''Deutsche Aussenpolitik. Ausgewählte Grundsatzreden 1975–1980.'' Verlag Bonn Aktuell, Stuttgart 1981, ISBN 3-87959-159-8; überarbeitete und wesentlich erweiterte Neuausgabe: ''Deutsche Aussenpolitik. Ausgewählte Aufsätze 1974–1984.'' ebd. 1985, ISBN 3-87959-238-1.
* (Hrsg.): ''Heiterkeit und Härte. [[Walter Scheel]] in seinen Reden und im Urteil von Zeitgenossen. Festschrift zum 65. Geburtstag.'' Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1984, ISBN 3-421-06218-8.
* (Hrsg.): ''Nach vorn gedacht … Perspektiven deutscher Aussenpolitik.'' Bonn Aktuell, Stuttgart 1987, ISBN 3-87959-290-X.
* ''Zukunftsverantwortung. Reden.'' Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, ISBN 3-371-00312-4.
* ''Unterwegs zur Einheit. Reden und Dokumente aus bewegter Zeit.'' Siedler, Berlin 1991, ISBN 3-88680-408-9.
* ''Wir wollen ein europäisches Deutschland.'' Siedler, Berlin 1991, Goldmann 1992 ISBN 3-442-12839-0.
* ''Politik aus erster Hand. Kolumnen des Bundesaußenministers a.&nbsp;D. Hans-Dietrich Genscher in der Nordsee-Zeitung Bremerhaven.'' Nordwestdeutsche Verlags-Gesellschaft, Bremerhaven 1992, ISBN 3-927857-36-X.
* ''Kommentare.'' ECON-Taschenbuch-Verlag, Düsseldorf/Wien 1994, ISBN 3-612-26185-1.
* ''Erinnerungen.'' Siedler, Berlin 1995, ISBN 3-88680-453-4; Goldmann, München 1997, ISBN 3-442-12759-9.
* ''Sternstunde der Deutschen. Hans-Dietrich Genscher im Gespräch mit [[Ulrich Wickert]]. Mit sechs Beiträgen.'' Hohenheim, Stuttgart/Leipzig 2000, ISBN 3-89850-011-X.
* mit Ulrich Frank-Planitz (Hrsg.): ''Nur ein Ortswechsel? Eine Zwischenbilanz der Berliner Republik. Zum 70. Geburtstag von Arnulf Baring.'' Hohenheim, Stuttgart/Leipzig 2000, ISBN 3-89850-074-8.
* ''Die Chance der Deutschen. Ein Gesprächsbuch. Hans-Dietrich Genscher im Gespräch mit Guido Knopp.'' Pendo, München 2008, ISBN 978-3-86612-190-4.
* ''Die Rolle Europas im Kontext der Globalisierung'', in: Caroline Y. Robertson-von Trotha (Hrsg.): Herausforderung Demokratie. Demokratisch, parlamentarisch, gut? (= Kulturwissenschaft interdisziplinär/Interdisciplinary Studies on Culture and Society, Bd. 6), Baden-Baden 2011, ISBN 978-3-8329-5816-9.
* ''Zündfunke aus Prag. Wie 1989 der Mut zur Freiheit die Geschichte veränderte, mit Karel Vodička.'' dtv, München 2014, ISBN 978-3-423-28047-1.
* ''Meine Sicht der Dinge. Im Gespräch mit Hans-Dieter Heumann.'' Propyläen, Berlin, 2015, ISBN 978-3-549-07464-0.
 
== siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Hans-Dietrich Genscher}}
 
== Literatur ==
<!--in alphabetischer Reihenfolge-->
* Agnes Bresselau von Bressensdorf: ''Frieden durch Kommunikation. Das System Genscher und die Entspannungspolitik im Zweiten Kalten Krieg 1979–1982/83.'' Berlin, De Gruyter Oldenbourg 2015, ISBN 3-11-040464-8.
* Kerstin Brauckhoff, Irmgard Schwaetzer (Hrsg.): ''Hans-Dietrich Genschers Außenpolitik.'' Springer VS, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-06650-5.
* Werner Filmer, Heribert Schwan: ''Hans-Dietrich Genscher.'' Econ-Verlag, Düsseldorf/Wien/New York 1988, ISBN 3-430-12732-7; aktualisierte und erweiterte Neuausgabe: Moewig bei Ullstein, Rastatt 1993, ISBN 3-8118-2815-0.
* {{Literatur | Hrsg=[[Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit]] |Titel=Genscher |Ort=Potsdam |Datum=2017 |ISBN= |Format=PDF |Seiten= |Online=https://shop.freiheit.org/#!/Publikation/663 |Abruf=2017-12-23 |Umfang=54 |KBytes=9630 }}
* Jürgen Frölich: Taktisch versierter Pragmatiker und Visionär zugleich. Zum politischen Wirken von Hans-Dietrich Genscher (1927–2016), in: Deutschland Archiv, 19. Mai 2017, [http://www.bpb.de/248082 www.bpb.de/248082].
* Hans-Dieter Heumann: ''Hans-Dietrich Genscher. Die Biografie.'' Schöningh, Paderborn 2012, ISBN 978-3-506-77037-0 ([http://www.sehepunkte.de/2012/06/20796.html Rezension]).
* {{Der Spiegel|ID=115560213|Autor=Christiane Hoffmann, Ralf Neukirch|Titel=Es kam, wie es kommen musste|Jahr=2013|Nr=41|Seiten=24–26|Kommentar=Interview mit Genscher}}
* Klaus Kinkel (Hrsg.): ''In der Verantwortung. Hans-Dietrich Genscher zum Siebzigsten.'' Siedler, Berlin 1997, ISBN 3-88680-631-6.
* Jürgen Lorenz: ''Gefragt: Hans-Dietrich Genscher.'' Zirngibl, Bornheim 1983.
* Hans-Dieter Lucas (Hrsg.): ''Genscher, Deutschland und Europa.'' Nomos-Verlag, Baden-Baden 2002, ISBN 3-7890-7816-6.
* Jürgen Mittag: {{Webarchiv | url=http://www.europaeische-bewegung.de/index.php?id=8548#c27788 | wayback=20120118111035 | text=''Vom Honoratiorenkreis zum Europanetzwerk: Sechs Jahrzehnte Europäische Bewegung Deutschland''.}} In: ''60 Jahre Europäische Bewegung Deutschland'', Berlin 2009, S.&nbsp;12–28.
* Joachim Scholtyseck: ''Die FDP in der Wende.'' In: ''Historisch-Politische Mitteilungen.'' 19, 2013, {{ISSN|0943-691X}}, S.&nbsp;197–220 ([http://www.kas.de/upload/ACDP/HPM/HPM_19_12/Scholtyseck.pdf PDF; 71,7&nbsp;kB]).
* Gerhard A. Ritter: ''Hans-Dietrich Genscher, das Auswärtige Amt und die deutsche Vereinigung.'' Beck, München 2013, ISBN 3-406-64495-3.
* Volker Schulte (Red.): ''Reden zur Ehrenpromotion Hans-Dietrich Genschers. 6. Mai 2003.'' Universität Leipzig, 2004, ISBN 3-934178-31-6.
 
== Weblinks ==
{{commonscat}}
{{Commons}}
{{Wikiquote}}
* {{Biographie beim Deutschen Bundestag|Hans-Dietrich Genscher}}
* {{DNB-Portal|118690388}}
* {{DDB|Person|118690388}}
* [http://www.genscher.de/ Website von Hans-Dietrich Genscher]
* {{DHM-HdG|Bio=hans-dietrich-genscher|HDG=1|Titel=Hans-Dietrich Genscher}}
* {{IMDb|nm0312986}}
* {{Zeugen des Jahrhunderts |Zeitzeuge= |Interviewer=Marc Brost |ID=e2pgtNEG_WM |Datum=24. November 1999 |Teil= |Laufzeit=1:03:24 |hm= }}
* [http://www.mediathek.at/trefferliste/searchword/czoxMDoiIkdlbnNjaGVyIiI7/ Archivaufnahmen mit Hans-Dietrich Genscher] im Onlinearchiv der Österreichischen Mediathek


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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{{SORTIERUNG:Genscher, Hansdietrich}}
<references />
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[[Kategorie:Literatur]] [[Kategorie:Dichtung]]

Version vom 21. August 2018, 14:20 Uhr

Als Proömium (von griech. προοίμιον prooímion „vor dem Lied, einleitender Gesang, Vorspiel“; lat. pro(o)emium) wir seit der Antike ein Prolog, ein Vorwort oder einführendes Kapitel von Dichtungen und Briefen bezeichnet. Goethe drückte in seinem gleichnamigen Gedicht die Grundüberzeugung aus, die sein Leben bestimmte.

Proömion[1]

Im Namen dessen, der Sich selbst erschuf!
Von Ewigkeit in schaffendem Beruf;
In Seinem Namen, der den Glauben schafft,
Vertrauen, Liebe, Tätigkeit und Kraft;
In Jenes Namen, der, so oft genannt,
Dem Wesen nach blieb immer unbekannt:

So weit das Ohr, so weit das Auge reicht,
Du findest nur Bekanntes, das Ihm gleicht,
Und deines Geistes höchster Feuerflug
Hat schon am Gleichnis, hat am Bild genug;
Es zieht dich an, es reißt dich heiter fort,
Und wo du wandelst, schmückt sich Weg und Ort;
Du zählst nicht mehr, berechnest keine Zeit,
Und jeder Schritt ist Unermeßlichkeit.

Was wär ein Gott, der nur von außen stieße,
Im Kreis das All am Finger laufen ließe!
Ihm ziemt's, die Welt im Innern zu bewegen,
Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen,
So daß, was in Ihm lebt und webt und ist,
Nie Seine Kraft, nie Seinen Geist vermißt.

Im Innern ist ein Universum auch;
Daher der Völker löblicher Gebrauch,
Daß jeglicher das Beste, was er kennt,
Er Gott, ja seinen Gott benennt,
Ihm Himmel und Erden übergibt,
Ihn fürchtet und wo möglich liebt.

Einzelnachweise

  1. Johann Wolfgang Goethe: Gedichte (Ausgabe letzter Hand), in: Berliner Ausgabe, Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin 1960ff, S. 535-536