Dante Alighieri

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Büste Dantes
Gustave Doré: Dante
Das älteste bekannte Porträt Dante Alighieris; links sein Lehrer Brunetto Latini: Detail aus dem Fresko des Paradieses ( 14.Jhdt. ) von Giotto di Bondone (14. Jh., Museo del Bargello. Maria-Magdalena-Kapelle, Florenz)
Dante im Exil (anonym)
Dantes Grabmal in Ravenna an der Außenmauer des Kreuzgangs der Klosterkirche San Franceso, die bis 1261 nach San Pier Maggiore benannt worden war

Dante Alighieri (eigentlich Durante degli Alighieri, * im Mai oder Juni 1265 in Florenz; † 14. September 1321 in Ravenna) war ein italienischer Philosoph und Dichter und Schöpfer der «Göttlichen Komödie».

Dante Alighieri ist der bekannteste Dichter Italiens und einer der bedeutendsten Dichter des europäischen Mittelalters. Er lebte in der Zeit des Spätmittelalters, die in Italien bereits den Übergang zur Renaissance kennzeichnet, wobei Dantes Weltbild noch immer stark im Mittelalter verhaftet war (siehe sein Werk Monarchia).

Dante gilt als "Vater" der heutigen "hoch"italienischen Sprache, die er entscheidend mitprägte. Sein Einfluss auf die europäische Literatur ist auch in diesem Zusammenhang zu sehen.

Leben

Dante Alighieri

Dante Alighieri wurde im Mai oder Juni 1265 in Florenz als Sohn des florentinischen Stadtadligen Messer Gherardo Alighiero di Bellincione (Alighiero II.) und der Monna Bella Gabrielli geboren. Getauft wurde er nach den übereinstimmenden Aussagen von Filippo Villanis und Dantes Sohn Jacopo Alighieri auf den Namen Durante (ital.„der Ausdauernde“), der dann in der Aussprache zu Dante verkürzt wurde. Sein Namenspatron war Durandus von Lüttich († 1025). Nach Dantes Schilderung im «Paradiso» leitete sich seine guelfisch gesinnte Familie von seinem Ur-Urgroßvater Cacciaguida (* 1091), der als Kreuzfahrer am Zweiten Kreuzzug (1147-1149) teilgenommen hatte.

Im Alter von 9 Jahren sah Dante erstmals auf einem Frühlingsfest Beatrice Portinari (* 1266; † 8. Juni 1290), die damals gerade am Beginn ihres neunten Lebensjahrs stand. Von Anfang an bezauberte ihn ihre engelsgleiche reine Gestalt. Neun Jahre später traf er sie zum zweites Mal bei einem Jugendfest, wo sie ihm einen Blütenkranz überreichte. Sie sollte zur Muse seines späteren künstlerischen Schaffens werden.

„Neunmal schon nach meiner Geburt war der Himmel des Lichtes gemäß dem ihm eigenen Kreislauf beinahe zu derselben Stelle zurückgekehrt, als meine Augen zum ersten Male die glorreiche Fraue meiner Seele erschien, die von vielen, die sie nicht anders zu nennen wußten, Beatrice genannt ward. Sie war so lange schon in diesem Leben, daß seit ihrer Geburt der Sternenhimmel um ein Zwölfteil eines Grades gegen Morgen vorgerückt war, also daß sie mir gegen den Anfang ihres neunten Jahres erschien, und ich sie fast am Ende meines neunten erblickte. Und sie erschien mir angetan mit einem Kleide von herrlicher, demütig-ehrbarlicher, blutroter Farbe, umgürtet und geschmückt, so wie es ihrem kindlichen Alter geziemte. Im selben Augenblick – also sag’ ich der Wahrheit gemäß – geschah es, daß der Geist des Lebens, der in der verborgenen Kammer des Herzens wohnt, so heftig zu erzittern begann, daß er sich in kleinsten Pulsen schrecklich offenbarte; und zitternd sprach er die Worte: Ecce deus fortior me; veniens dominabitur mihi (Siehe ein Gott, stärker denn ich; er kommt und wird über mich herrschen).“

Dante Alighieri: Das neue Leben, Kapitel 2 [2]

Dante genoß eine gute Ausbildung, wobei er diese später im Selbststudium der antiken und zeitgenössischen Autoren komplementierte (Aristoteles, Cicero, Thomas von Aquin u.a.). Im Alter von 20 Jahren heiratete Beatrice in Anwesenheit Dantes den Bankier und Ritter Simone dei Bardi. Um 1285 trat Dante in den Ehestand mit Gemma Donati, mit der er zwei oder drei Söhne, Pietro, Jacopo („Jakob“, auch Giacomo) und Giovanni, der aber nicht sicher nachgewiesen ist, und eine Tochter, Antonia, hatte, die Nonne wurde und den Klosternamen Beatrice trug. Der notariell beglaubigte Verlobungsvertrag war schon 1277, im 12. Lebensjahr Dantes, zwischen den beiden Familien geschlossen worden

Um 1287 wurde Brunetto Latini Lehrer des jungen Dante. Brunetto hatten in seinem durch einen Schock und einen leichten Sonnenstich ausgelösten Initiations-Erlebnis einen Nachklang der Schule von Chartres aufgefangen und in seiner Dichtung Il Tesoretto ("der kleine Schatz") festgehalten, deren Einfluss auf Dantes «Göttliche Komödie» unübersehbar ist (vgl. GA 161, S. 51ff).

Nach dem österreichischen katholischen Theologen und Zisterzienser Robert L. John soll Dante nicht nur die geheimen Lehren der Templer schon in jungen Jahren gekannt haben, sondern sogar als Affilierter dem Templerorden angehört haben[1][2], und der österreichische Germanist Joseph P. Strelka bekräftigt: „Dante war eingeweihter Templer und seine Göttliche Komödie ist das glänzendste überlebende Zeugnis der Templergnosis.[3]

Zuvor hatte auch schon René Guénon in seiner 1925 erschienen Schrift L’ésotérisme de Dante auf die Templer-Zugehörigkeit Dantes hingewiesen:

„Im Museum von Vienne befinden sich zwei Medaillen, von denen eine Dante und die andere den Maler Pierre Pisa darstellt; beide tragen tragen auf der Rückseite die Buchstaben F.S.K.I.P.F.T., die Aroux interpretiert als: Frater Sacrae Kadosh, Imperialis Principatus, Frater Templarius. Für die ersten drei Buchstaben ist diese Interpretation offensichtlich falsch und ergibt keine verständliche Bedeutung; wir denken, dass es gelesen werden sollte Fidei Sanctoe Kadosch. Die Gemeinschaft der Fede Santa, von denen Dante einer der Führer gewesen zu sein scheint, war eine dritte Ordnung der Templer-Bruderschaft, was den Namen Frater Templarius rechtfertigt; und seine Honoratioren trugen den Titel Kadosh, dem hebräischen Wort für „Heilige“ oder „Geweihte“, und das sich bis heute in den Hochgraden der Freimaurerei erhalten hat. Wir sehen schon daraus, dass es nicht ohne Grund ist, dass Dante sich als Führer am Ende seiner Himmelsreise St. Bernard nimmt, der die Regeln des Templerordens aufstellte; und es scheint als habe er damit sagen wollen, dass es nur unter den besonderen Bedingungen seiner Zeit möglich war, den Zugang zum höchsten Grad der geistigen Hierarchie zu bekommen.“

René Guénon: L’ésotérisme de Dante, Kapitel 2[4]

John wies auch auf den großen Einfluss der islamischen Mystik, besonders von Ibn al-Arabi (1165-1240), und der Kabbala auf Dantes Werk hin. Auch die von Al-Ma'arri (973-1057) in seinem „Sendsschreiben über die Vergebung[5] geschilderte Jenseitsreise durch Himmel und Hölle wurde oft mit Dantes Göttliche Komödie verglichen. Obwohl Dante laut John viele gnostische Elemente übernommen habe, sei er aber niemals in irgendeine Häresie abgeglitten, sondern stets streng der katholischen Theologie treu geblieben.

„So haben wir denn die Templergnosis als jenes Gedankengut vor uns, das nur schweigenden Männern des Wissens und Erkennens anvertraut werden durfte; als jene tiefe joachimitische Überzeugung, daß die Kirchenführung sich weit von den Aufgaben, die Gott ihr zugewiesen, entfernt habe; daß, indem die erste Führung der Menschheit versagt und nach den Funktionen der zweiten Führung strebt, diese selber: das Imperium, zu Schaden komme und so die Vita Activa der Welt im Argen liege; daß die Kirche nur dann wieder zur alten Kirche des Heiligen Geistes würde, wenn der Kirchenstaat,die weiterlebende Schenkung Konstantins, im Sacrum Imperium sich auflösend, verschwände; und daß schließlich die erleuchtete Erkenntnis des Tempels allein der Menschheit zu diesen Aufstiegen verhelfen könne. Das alles war, wie ganz besonders die aus dem Orient übernommene Bildersprache, unter der es dargestellt wurde, in der Tat in weitestem Ausmaß gnostisch, aber nicht wirklich häretisch; obgleich, wie das Beispiel von den Reflexen des Konzils von Vienne in der Commedia zeigt, die Grenzlinie zur Häresie in Wahrheit leicht zu überschreiten war.

Dante hatte diese Templergnosis von Jugend an tief in sich aufgenommen. Sie, nichts andres, war die Herrin seines Geistes, der er in Wahrheit zeitlebens treu gedient.“

Robert L. John: Dante, S. 265

Der Anthroposoph Arthur Schult, der Johns Gedanken aufgegriffen und weitergebildet hat, schreibt:

„Immer wieder ist zu erkennen, wie Dantes Dichtung zutiefst impulsiert ist durch die Esoterik des Tempelritterordens, besonders deutlich in den ersten beiden Gesängen, in denen Dante den Ternpelberg zu Jerusalem zu ersteiegn versucht, auf dem die Mutterkirche der Templer stand als heiligstes Symbol ihrer Esoterik. Aber die mythischen Tiere, Leopard, Löwe und Wölfin, verwehrten den Aufstieg. Vergil erschien, von Beatrice gesandt, um als Eingeweihter der Eleusinischen Mysterien Dante den Aufstieg auf den Berg des Heiles, den Berg der Initiation, zu weisen. Niemand kann den Tempelberg ersteigen, der jene Tiere nicht in sich überwunden hat in der Übung des tätigen Lebens, der vita activa, und der nicht hindurchgeschritten ist durch das Inferno und Purgatorio. Jetzt ist Dante so weit, der Berg des Heiles, der Tempelberg, ist erstiegen. Der Läuterungsberg entspricht dem Tempelberg und das Irdische Paradies Jerusalem mit dem Tempelplatz. Darum setzt der Dichter die Topographie des Irdischen Paradieses in engste Beziehung zur Topographie Jerusalems und des Tempelplatzes, auf demm Dante im Sinne der Templer-Esoterik seine erste große Erleuchtung erlebte.“

Arthur Schult: Dantes Divina Commedia als Zeugnis der Tempelritter-Esoterik, S. 471

Die Weisheit, die die Templer zu erringen strebten, ist nur durch die Vergeistigung des Astralleibs zum Geistselbst (Manas) zu erreichen, das im Bild der göttlichen Jungfrau Sophia geschaut wurde. Bei Dante erscheint sie in Gestalt seiner «Beatrice».

„Wenn Sie die Lehren der Templer verfolgen, so ist da etwas im Mittelpunkte, was als etwas Weibliches verehrt wurde. Dieses Weibliche nannte man die göttliche Sophia, die göttliche Weisheit. Manas ist das fünfte Prinzip, das geistige Selbst des Menschen, das aufgehen soll, dem ein Tempel errichtet werden sollte. Und wie das Fünfeck vom Eingang des Salomonischen Tempels den fünfgliedrigen Menschen charakterisiert, ebenso charakterisiert dieses Weibliche die Weisheit des Mittelalters. Dante hat mit seiner «Beatrice» nichts anderes als diese Weisheit zur Darstellung bringen wollen. Nur der versteht Dantes «Göttliche Komödie», der sie von dieser Seite betrachtet. Daher finden Sie auch bei Dante dieselben Symbole, die bei den Templern, den christlichen Ritterschaften, den Gralsrittern und so weiter zum Ausdruck kommen.“ (Lit.:GA 93, S. 152)

Unter dem Eindruck des frühen Todes seiner Jugendliebe Beatrice im Jahre 1290 wurde der junge Mann zum Philosophen und Dichter, wobei in seinen philosophischen Werken der Einfluss aristotelischer Denkmuster deutlich wird. Zwischen 1292 und 1293 stellte Dante in der stilisierten Liebes-Lebensbeschreibung der "Vita Nuova" (Das neue Leben) eine Auswahl von Gedichten zusammen, mit denen er im vorangegangenen Jahrzehnt, ab 1283, seiner Liebe zu Beatrice poetischen Ausdruck verliehen hatte. Er schildert darin die Zeit von der ersten Begegnung bis zu ihrem Tod, den er aber nicht ausspricht, sondern wortreich umschreibt, wobei er wie schon bei ihrer ersten Begegnung auf die mystische Zahl Neun Bezug nimmt, die ihren Ursprung in der Dreifaltigkeit hat und die neun Kreise des Himmels bzw. die neun Hierarchien repräsentiert.

Schon immer politisch engagiert, wurde Dante bald in die Machtkämpfe der verschiedenen Fraktionen der Guelfen nach der Vertreibung der kaisertreuen Ghibellinen aus Florenz verstrickt. Um 1300 hatten sich die Guelfen in die kaiserfreundlichen weißen Guelfen, die für einen Kompromiss mit dem Kaiser eintraten, und in die schwarzen Guelfen, die eine harte Politik gegenüber dem Kaiser verfolgten, gespalten.

Datei:2e ita.png 1295 gehörte er dem "Rat der Hundert" an, 1300 stand er als einer der sechs Priori in scharfer Opposition gegen Papst Bonifatius VIII., ein Jahr später verhalf der französische König Philipp IV. der Schöne, der wenig später den Templerorden zerschlug, den Papsttreuen zum Sieg und schickte Dante und seine Partei der weißen Guelfen 1302 in die Verbannung, die seine Söhne ab dem 14. Lebensjahr teilen mussten.

Dante hielt sich unter anderem am Hof der Della Scala in Verona auf. Der Eindruck vom zerrissenen Italien wurde auch in Dantes Werk Convivio (Gastmahl) deutlich. Nach langen Jahren unsteter Wanderung wurde seine letzte Hoffnung, nach Florenz zurückkehren zu können, zerstört, als der römisch-deutsche König Heinrich VII. (Dantes alto Arrigo, den er in der Göttlichen Komödie verherrlichte), dessen Ankunft in Italien Dante begeistert begrüßt hatte, 1313 bei Siena starb. In Erinnerung an die Politik Heinrichs VII. verfasste er nach dessen Tod sein politisches Hauptwerk Monarchia, in dem er für ein Weltkaisertum eintrat, dem alle Menschen untergeordnet sein sollten.

Dante ließ sich 1318 in Ravenna nieder, wo er sein Meisterwerk, die 1307 begonnene und in der Volkssprache verfasste "Göttliche Komödie" ("Divina Commedia"), die wie kaum ein anderes Werk die europäische Literatur beeinflusste, erst kurz vor seinem Tod am 14. September 1321 vollendete. Er wurde in einer Grabkapelle an der Außenmauer des Kreuzgangs der Klosterkirche San Franceso, die bis 1261 nach San Pier Maggiore benannt worden war, in Ravenna beigesetzt.

Nach einem Hinweis Rudolf Steiners steht Dante im karmischen Zusammenhang mit König Johann von Sachsen (1801-1873), der in Dresden, dem Elbflorenz, ab 1854 regierte und unter dem Pseudonym Philalethes Dantes «Göttliche Komödie» ins Deutsche übersetzte. Vermutet wird auch der karmische Bezug von dessen Leibarzt Carl Gustav Carus (1789-1869) zu Dantes Lehrer Brunetto Latini[6].

Abstammung

"Wir haben in Dante eine ganz hervorragende Persönlichkeit am Ausgang des vierten nachatlantischen Zeitraums. Wir können eine solche hervorragende Persönlichkeit jenen Persönlichkeiten gegenüberstellen, die nach Eintritt des fünften nachatlantischen Zeitraums eine gewisse Bedeutung erlangt haben, wie zum Beispiel Thomas Morus. Fassen wir dasjenige, was wir bei einer solchen Persönlichkeit wie Dante im Allgemeinen erkannt haben, im Speziellen ins Auge. Eine Persönlichkeit wie Dante wirkt weithin impulsierend, weithin bedeutungsvoll. Da ist es schon interessant, wenigstens ahnend darüber nachzudenken, wie eine solche Seele, bevor sie durch die Geburt in ein physisches Erdendasein tritt, das für die Menschheit bedeutend sein wird, sich gewissermaßen, wenn ich den etwas barocken Ausdruck gebrauchen darf, zusammenstellt dasjenige, was sie werden soll, um in der richtigen Weise durch das richtige Elternpaar geboren zu werden. Selbstverständlich werden diese Verhältnisse aus der geistigen Welt heraus zustande gebracht; aber sie werden mit Hilfe der physischen Werkzeuge realisiert. Es wird also gewissermaßen aus der geistigen Welt heraus dieses Blut zu jenem Blut dirigiert und so weiter.

In der Regel kann eine Persönlichkeit wie Dante nie zustande kommen aus einem homogenen Blut heraus. Einem Volke anzugehören, ist für eine solche Seele geradezu unmöglich. Da muß schon eine geheimnisvolle Alchimie stattfinden, das heißt, es muß verschiedenes Blut zusammenfließen. Was auch diejenigen sagen mögen, welche in Oberpatriotismus die großen Persönlichkeiten für ein Volk in Anspruch nehmen wollen, es steckt nicht viel Reales dahinter!

Was Dante betrifft, so möchte ich zunächst, damit Sie sehen, daß ich nicht parteiisch bin, einen andern schildern lassen, was in seinem Wesen deutlich zutage tritt für den, der auf dieses Wesen einzugehen versteht. Man könnte sehr leicht glauben, daß ich irgendwie Politik treibe, was mir natürlich so fern wie möglich liegt. Deshalb habe ich bei Carducci, dem großen italienischen Dichter der neueren Zeit, der ein großer Dante-Kenner war, angefragt. Hinter Carducci, und aus diesem besondren Grunde führe ich ihn an, steht nun auch das, was man in Italien «Massonieri» nennt, und was mit all den okkulten Verbrüderungen zusammenhängt, auf die ich Sie aufmerksam gemacht habe. Carduccis theoretische Auseinandersetzungen über reale Dinge des Lebens sind daher bis zu einem gewissen Grade von einer solchen tieferen Erkenntnis getragen. Ich will nicht behaupten, daß er diese tiefere Erkenntnis überall auf den Markt gestellt hätte, oder daß er irgendwie Okkultist gewesen wäre; aber in dem, was er sagt, steckt doch manches, was auf allerlei geheimnisvollen Kanälen zu ihm gekommen ist.

Nun sagt Carducci: In Dante wirken drei Elemente zusammen, und nur durch das Zusammenwirken dieser drei Elemente konnte Dantes Wesenheit das werden, was sie war. Erstens durch gewisse Glieder seiner Abstammung ein altetruskisches Element. Von diesem habe Dante dasjenige erhalten, was ihm die übersinnlichen Welten erschlossen hat, dadurch konnte er in so tiefer Weise über die übersinnlichen Welten sprechen. Zweitens liege in ihm das romanische Element, welches ihn das rechte Verhältnis gewinnen läßt zu dem Leben des Tages und das Ausgehen von gewissen Rechtsbegriffen. Und als drittes, sagt Carducci, liegt in Dante das germanische Element. Von diesem hat er die Kühnheit und Frische der Anschauung, einen gewissen Freimut und festes Eintreten für dasjenige, was er sich vorgesetzt hat. Aus diesen drei Elementen setzt Carducci das Seelenleben Dantes zusammen.

Das erste weist uns hin auf Altkeltisches, das ihn irgendwie durchblutet und ihn zurückführt in den dritten nachatlantischen Zeitraum, denn das Keltische im Norden führt zurück in dasjenige, was wir kennengelernt haben als den dritten nachatlantischen Zeitraum. Dann finden wir den vierten nachatlantischen Zeitraum im romanischen, den fünften im germanischen Elemente. Aus den drei Zeiträumen und ihren Impulsen setzt Carducci die Elemente in Dantes Seele zusammen, so daß wir also wirklich drei Schichten haben, welche nebeneinander oder vielmehr übereinander gelagert sind: dritter, vierter, fünfter Zeitraum, keltisch, romanisch, germanisch. Gute Dante-Forscher haben viele Bemühungen angestellt, um dahinterzukommen, wie Dante von der geistigen Welt aus sein Blut in der Weise hat mischen können, daß es ein derartig zusammengesetztes wurde. Sie haben es natürlich nicht mit diesen Worten ausgesprochen, wie ich es jetzt sage, aber sie haben diese Bemühungen angestellt, und manches ist, wie man glaubt, dadurch zustande gekommen, daß ein gutes Stück von Dantes Vorfahrenschaft in Graubünden zu finden ist. Das kann die Geschichte schon bis zu einem gewissen Grade bestätigen: Nach allen Windrichtungen hin, aber auch nach dieser Gegend, wo so viel Blutmischung stattgefunden hat, weist der Vorfahrenzug Dantes hin.

Wir sehen so, wie an einer einzelnen Persönlichkeit das merkwürdige Zusammenwirken der drei Schichten europäischer Menschheitsentwickelung zutage tritt. Und Sie sehen, ein Mann wie Carducci, der dieses Urteil nicht gefällt hat unter dem Einfluß der heutigen völkischen Tollheit, sondern aus einer gewissen Objektivität heraus, weist auf dasjenige hin, was bei Dante zugrunde liegt." (Lit.: GA 173, S. 162ff)

Werke

Rime

Dante-Denkmal in Sevilla

Als Rime („Reime“) werden die seit etwa 1283 entstandenen lyrischen Gedichte Dantes bezeichnet. Es handelt sich um rund 90 Gedichte zu verschiedenen Themen, in der Mehrzahl Gedichte zur Liebesthematik, hinzu kommen 30 weitere (Rime dubbie), bei denen Dantes Autorschaft zweifelhaft ist. Dante hat einzelne Gedichte oder Gruppen in die Vita nova und das Convivio übernommen und dort erläutert, aber ansonsten, soweit bekannt, selbst keine größere Sammlung seiner Gedichte zusammengestellt. Als Gattungen begegnen hauptsächlich Sonett und Kanzone, außerdem Ballade und Sestine.

Dantes frühe Lyrik knüpft an die okzitanische Trobadordichtung und deren italienische Nachahmer in der Scuola Siciliana an und ist unter den Zeitgenossen vor allem Guittone d’Arezzo verpflichtet. Gemeinsam mit jüngeren Dichterkollegen wie Guido Cavalcanti, Dino Frescobaldi und Cino da Pistoia entwickelt Dante eine Stilrichtung, die mit einem von ihm selbst geprägten Begriff als Dolce Stil Novo bezeichnet wird und in der die Liebesthematik – die göttliche Macht Amors und der Dame, die den Liebenden zum Göttlichen hinführt – philosophisch überhöht und mit gesuchten Mitteln sprachlicher und rhetorischer Verrätselung für eine kleine Elite von kundigen Gleichgesinnten vorgetragen wird. Inhaltlich eine Sonderstellung haben, aufgrund ihrer Abweichung vom Ideal der „hohen Minne“, die derb obszöne Tenzone mit Forese Donati (Rime 73–78) und die sogenannten Rime petrose (Rime 100–103), Letzteres eine Gruppe von vier Gedichten, die das unerfüllte Verlangen nach einer wegen ihrer Unerweichlichkeit als „steinern“ apostrophierten donna Petra besingen und sich zu einer Phantasie gewaltsamer sexueller Befriedigung steigern.

Vita nova

Dante-Denkmal auf der Piazza Santa Croce in Florenz, Enrico Pazzi (1865).
Hauptartikel: Vita nova

Das im Text selbst durch eine eingebettete lateinische Phrase als vita nova betitelte (Incipit vita nova: „Es beginnt das neue Leben“), in der Forschung meist italienisch als Vita nuova zitierte Werk entstand zwischen 1292 und 1295 und gibt sich als autobiografische, aus dem „Buch der Erinnerung“ gleichsam abgeschriebene Erzählung von den inneren Wandlungen, die der Erzähler in der Folge seiner ersten kindlichen Begegnung mit der von ihm seither über den Tod hinaus verehrten Beatrice durchlebt hat. Die Stilisierung der eigenen Passion mit Traumgesichten, Ohnmachten und Bekehrungserlebnissen, besonders aber die Verklärung Beatrices zu einer Erlösergestalt mit christusähnlichen Attributen wendet dabei Stilmuster der geistlichen und hagiografischen Tradition in höchst ungewöhnlicher Weise auf die eigene Biografie an. Gewidmet ist das Werk dem primo amico Guido Cavalcanti, als Publikum sind in erster Linie die „Getreuen Amors“ (fedeli d’Amore) im Sinne des dolce stil novo intendiert, darunter ausdrücklich auch die Frauen, sofern sie mit dem nötigen (Seelen-)Adel und Verständnis für die Liebe (intendimento d’Amore) ausgestattet sind und nicht „nur einfach bloß Frauen sind“ (e che non pure sono femmine, Vn 19,1).

Formal handelt es sich um ein Prosimetrum, d. h. eine im Wechsel von Prosa und Verstexten arrangierte Komposition, die ein formales Vorbild besonders in der Consolatio philosophiae von Boethius besitzt, aber auch von den Liederhandschriften der okzitanischen Trobadors angeregt wurde, in denen die Lieder der Trobadors nachträglich mit anekdotisch ausgeschmückten Erzählungen (razos) von deren Lebensumständen und Liebesgeschichten erläutert wurden. Die Vita nova nimmt 31 lyrische Gedichte Dantes auf (25 Sonette oder Doppelsonette, 5 Kanzonen oder Kanzonenstanzen, eine Ballade) und versieht sie in den Prosateilen mit divisioni (erklärenden Gliederungen der inhaltlichen Aussage) und ragioni (narrativen Erzählungen der Entstehungsbedingungen). Die heute übliche Einteilung des gesamten Werks in 42 oder 43 Kapitel ist nicht authentisch, d. h. nicht durch die Handschriften verbürgt, sondern geht auf den Erstdruck von 1576 und die Ausgabe von Alessandro Torri (1842) zurück.

Convivio

Hauptartikel: Convivio

Il Convivio, ca. 1303–1306 (dt. Gastmahl, 1845) ist eine unvollendete, aber umfangreiche Abhandlung über den Gebrauch philosophischer Weisheit anhand einiger Kommentare zu Dantes Kanzonen.

De vulgari eloquentia

Hauptartikel: De vulgari eloquentia

De vulgari eloquentia, ca. 1304 (deutsch Zwei Bücher über die Ausdruckskraft der Volkssprache, 1845) ist eine unvollendete Abhandlung über den Gebrauch der gesprochenen Sprache in Gedichten im hohen (oder tragischen) Stil.

Monarchia

Hauptartikel: Monarchia

De Monarchia libri tres (deutsch Drei Bücher über die Monarchie), Dantes philosophisches Hauptwerk, in 21 Handschriften (eine davon seit 1950 nicht mehr auffindbar) und einem frühen Druck von 1559 erhalten, ist eine politische Abhandlung, die die göttliche Bestimmung des römischen Kaisertums zur Weltherrschaft und dessen Unabhängigkeit in weltlichen Dingen von der auf Geistliches zu beschränkenden Herrschaft des Papstes beweisen will. Die Datierung des Werks ist umstritten: Die Entstehung wird teils mit dem Konflikt zwischen Heinrich VII. und Clemens V. in Verbindung gebracht und dann 1308/09 (Bruno Nardi) oder 1310/12 (Gustavo Vinay) angesetzt, oder man geht, unter anderem weil das erste Buch sich bereits auf das Paradiso bezieht, von einem späteren Datum wie 1317 aus und ordnet es dann der beginnenden Auseinandersetzung zwischen Johannes XXII. und Ludwig dem Bayern zu.

Eclogae

Als Eclogae bezeichnet man eine Korrespondenz in vier lateinischen hexametrischen Gedichten, die 1319/20 zwischen Giovanni del Virgilio und Dante ausgetauscht wurden über die Frage, ob Dante, wie Giovanni del Virgilio ihm vorwirft, sein Talent in volkssprachlichen Gedichten an das gemeine Volk Italiens lediglich verschwende, anstatt sich mit lateinischen Gedichten Ruhm bei den Gelehrten aller Länder und Zeiten zu erwerben. Die beiden Antwortgedichte Dantes sind als Rollengedichte in Dialogform im bukolischen Stil der Eklogen Vergils verfasst und demonstrieren trotz ihrer inhaltlich ablehnenden Haltung Dantes Könnerschaft durch eine Kunstübung, die auf die erst im Entstehen begriffene humanistische Dichtung der folgenden beiden Jahrhunderte vorausweist. Der Gedichtwechsel ist deshalb zuweilen verdächtigt worden, eine spätere Fälschung Giovanni Boccaccios zu sein, mit der dieser eine Art humanistische Ehrenrettung Dantes bezweckt habe.

Quaestio de aqua et terra

Die Quaestio de situ et forma aquae et terrae („Untersuchung über Lage und Form des Wassers und der Erde“) ist ein Vortrag, den Dante am 20. Januar 1320 in der Kapelle der Heiligen Helena in Verona über ein zuvor in Mantua aufgekommenes Streitthema hielt. In dieser Untersuchung, die sich als naturwissenschaftlich ausgerichtetes (non est extra materiam naturalem) Werk der Philosophie versteht, geht es um die Frage, warum die Erde als niederstes der vier Elemente nicht vollständig von Wasser bedeckt ist.

Luzifer quält die drei Verräter Judas, Brutus und Cassius. Dante, Commedia, 14. Jahrhundert, Italien (Codex Altonensis, ex Bibliotheca Gymnasii Altonani, Hamburg)

Commedia (auch La divina commedia)

Hauptartikel: Göttliche Komödie

Datei:Dante RB.JPG Dantes bekanntestes Werk ist die etwa von 1307 bis 1320 verfasste «Die Göttliche Komödie». Im Buch schildert er seine Reise durch die Hölle, zum Läuterungsberg (Fegefeuer), bis hin ins Paradies. Die Hölle und das Paradies sind jeweils in Schichten (in konzentrischen Kreisen) unterteilt. Je näher man in die tieferen Kreise kommt, umso sündiger bzw. heiliger sind die gestorbenen Seelen.

Dante schöpfte aus den selben geistigen Quellen wie die Templer:

"Wenn Sie die Lehren der Templer verfolgen, so ist da etwas im Mittelpunkte, was als etwas Weibliches verehrt wurde. Dieses Weibliche nannte man die göttliche Sophia, die göttliche Weisheit. Manas ist das fünfte Prinzip, das geistige Selbst des Menschen, das aufgehen soll, dem ein Tempel errichtet werden sollte. Und wie das Fünfeck vom Eingang des Salomonischen Tempels den fünfgliedrigen Menschen charakterisiert, ebenso charakterisiert dieses Weibliche die Weisheit des Mittelalters. Dante hat mit seiner «Beatrice» nichts anderes als diese Weisheit zur Darstellung bringen wollen. Nur der versteht Dantes «Göttliche Komödie», der sie von dieser Seite betrachtet. Daher finden Sie auch bei Dante dieselben Symbole, die bei den Templern, den christlichen Ritterschaften, den Gralsrittern und so weiter zum Ausdruck kommen. Alles was geschehen soll, wird schon lange vorher von den großen Eingeweihten vorbereitet, die dasjenige, was in der Zukunft geschehen soll, in der Weise sagen, wie es in der Apokalypse geschehen ist, damit die Seelen vorbereitet werden für dieses Geschehen." (Lit.: GA 93, S. 152)

Die Seelenverfassung, aus der heraus Dante die "Göttliche Komödie" geschaffen hat, beschreibt Rudolf Steiner so:

"Gehen wir um Jahrhunderte weiter, bis ins 13., 14. Jahrhundert der nachchrist­lichen Zeit zu jener gewaltigen Gestalt, die in der Mitte des Mittel­alters uns in so ergreifender Art hinaufführt in die Region, die das menschliche Ich erlangen kann, wenn es sich aus sich heraus hinauf­arbeitet zu der Anschauung der göttlich-geistigen Welt: gehen wir zu Dante. Dieser hat uns in seiner «Commedia» ein Werk geschaffen, über das Goethe, nachdem er es wiederholt auf sich hat wirken lassen, da es ihm im Alter wieder in der Übersetzung eines Bekannten vor Augen trat, die Worte niederschrieb, in denen er dem Übersetzer seinen Dank für die Zusendung der Übersetzung ausdrückte:

Welch hoher Dank ist Dem zu sagen,
Der frisch uns an das Buch gebracht,
Das allem Forschen, allen Klagen
Ein grandioses Ende macht!

Welche Schritte ist nun die Kunst gegangen von Äschylos bis zu Dante? Wie stellt uns Dante wieder eine göttlich-geistige Welt dar? Wie führt er uns durch die drei Stufen der geistigen Welt, durch Hölle, Fegefeuer und Himmel, durch die Welten, die hinter dem sinnlichen Dasein des Menschen liegen?

Da sehen wir, wie allerdings in derselben Richtung, man möchte sagen, der Grundgeist der Menschheitsentwickelung weitergearbeitet hat. Bei Äschylos sehen wir noch klar, daß er überall die geistigen Mächte noch hat: es treten dem Prometheus die Götter entgegen, Zeus. Hermes und so weiter: dem Agamemnon treten die Götter entgegen. Da ist noch der Nachklang der alten Schauungen, dessen, was das alte, hellsehende Bewußtsein in uralten Zeiten aus der Welt heraussaugen konnte. Ganz anders Dante. Dante zeigt uns, wie er rein durch Versenkung in die eigene Seele, durch die Entwickelung der in der Seele schlummernden Kräfte und durch die Besiegung alles dessen, was die Entfaltung dieser Kräfte hindert, imstande geworden ist «in des Lebens Mitte», wie er charakteristisch sagt, das heißt im fünfunddreißigsten Jahre, seinen Blick hinzuwenden in die geistige Welt. Während also die Menschen mit dem alten Hellseherbewußtsein den Blick hinausrichteten in die geistige Umgebung, während es bei Äschylos noch so war, daß er wenigstens rechnete mit den alten Göttergestalten, sehen wir in Dante einen Dichter, der hinuntersteigt in die eigene Seele, der ganz in der Persönlichkeit und ihren inneren Geheimnissen verbleibt, und der durch den Weg dieser persönlichen Entwickelung hineinkommt in die geistige Welt, die er in so gewalti­gen Bildern in der «Commedia» entwickelt. Da ist die Seele der einzelnen Dante-Persönlichkeit ganz allein. Da nimmt sie nicht Rück­sicht darauf, was von außen offenbart ist. Niemand kann sich vorstel­len, daß Dante in einer ähnlichen Weise schildern könnte wie Homer oder Äschylos; daß er aus Überlieferungen übernommen hätte die Gestalten des alten Hellsehens; sondern Dante steht auf dem Boden dessen, was im Mittelalter entwickelt werden kann ganz innerhalb der Kraft der menschlichen Persönlichkeit. Und wir haben vor uns, was wir schon öfter betont haben, daß der Mensch dasjenige, was seinen hellseherischen Blick trübt, überwinden muß.

Dante-Portät von Alessandro („Sandro“) Botticelli

Das stellt uns Dante dar in anschaulichen Bildern der Seele. Wo der Grieche noch Realitäten gesehen hat in der geistigen Welt, da sehen wir bei Dante nur noch Bilder. Bilder derjenigen Seelenkräf­te, die überwunden werden müssen. Diejenigen Kräfte, die aus der Empfindungsseele - wie wir dieses Seelenglied zu nennen pflegen - kommen, und die niedere Kräfte sein und das Ich von der Entwicke­lung zu höheren Stufen abhalten können, müssen überwunden wer­den. Darauf weist Dante hin; und ebenso müssen überwunden werden diejenigen Kräfte der Verstandesseele und Bewußtseinssee­le, welche die höhere Entwickelung des Ich hindern können. Auf die gegenteiligen Kräfte aber, insofern sie gute sind, weist schon Plato hin: Weisheit, die Kraft der Bewußtseinsseele; Starkmut in sich selber, die Kraft, welche der Verstandes- oder Gemütsseele ent­stammt, und Mäßigkeit, dasjenige, was die Empfindungsseele in ihrer höchsten Entfaltung erreicht. Wenn das Ich durchgeht durch eine Entwickelung, die getragen ist von der Mäßigkeit der Empfin­dungsseele, von der Starkheit oder inneren Geschlossenheit der Verstandes- oder Gemütsseele, von der Weisheit der Bewußtseins­seele, dann kommt es allmählich zu höheren Seelenerlebnissen, die in die geistige Welt hinaufführen. Aber jene Kräfte müssen erst überwunden werden, welche der Mäßigkeit, der inneren Geschlos­senheit und der Weisheit entgegenarbeiten. Der Mäßigkeit wirkt entgegen die Unmäßigkeit, die Gefräßigkeit, sie muß überwunden werden. Daß sie bekämpft werden muß, und wie man ihr begegnet, wenn der Mensch durch seine eigenen Seelenkräfte in die geistige Welt eintreten will, das stellt Dante dar. Eine Wölfin ist für Dante das Bild für die Unmäßigkeit, für die Schattenseiten der Empfin­dungsseele. Dann begegnen uns die Schattenseiten der Verstandes­seele als der Entwickelung widerstrebende Kräfte: Was nicht in sich geschlossener Starkmut ist, was sinnlos aggressive Kräfte der Ver­standesseele sind, das tritt uns in Dantes Phantasie als ein zu Bekämpfendes in dem Löwen entgegen. Und die Weisheit, die nicht nach den Höhen der Welt hinaufstrebt, die sich nur als Klugheit und Schlauheit auf die Welt richtet, tritt uns in dem dritten Bilde, in dem Luchs, entgegen. Die «Luchs-Augen» sollen darstellen Augen, die nicht Weisheitsaugen sind, die in die geistige Welt hineinsehen, sondern Augen, die nur auf die Sinnenwelt gerichtet sind. Und nachdem Dante zeigt, wie er sich gegen solche der Entwickelung widerstrebenden Kräfte wehrt, schildert er uns, wie er hinaufkommt in die Welten, die hinter dem sinnlichen Dasein liegen.

Einen Menschen haben wir in Dante vor uns: auf sich selbst gestellt, in sich selber suchend, aus sich selber herausgestaltend die Kräfte, welche in die geistige Welt hineinführen. So ist das, was in dieser Richtung schafft, aus der Außenwelt ganz in das menschliche Innere hineingezogen.

So schildert in Dante ein Dichter, was in dem Innersten der menschlichen Seele erlebt werden kann. Da hat die Dichtung auf ihrem Weiterschreiten das menschliche Innere um ein weiteres Stück ergriffen, ist intimer geworden mit dem Ich. hat sich wiederum mehr hineingezogen in das menschliche Ich. - So standen die Gestalten, die uns Homer geschaffen hat, eingesponnen in das Netz der göttlich-geistigen Gewalten; so fühlte sich Homer selbst noch darinnen einge­sponnen, indem er sagt: Die Muse singe das, was ich zu sagen habe! Dante steht vor uns - ein Mensch, allein mit seiner Seele, die jetzt weiß, daß sie aus sich selber die Kräfte entfalten muß, die in die geistige Welt hineinführen sollen. Wir sehen es namentlich immer unmöglicher werden, daß die Phantasie sich anlehnt an das, was von außen hereinspricht." (Lit.: GA 59, S. 286ff)

"Was bei Dante vorliegt, scheint zwischen dem Traum und der eigentlichen prophetischen Vision zu liegen: ein religiöses Schauen, aber ausgearbeitet durch eine gewaltige dichterische und denkerische Potenz; eingefangen in Gestalten intensivster Geformtheit, in folgerichtig gebaute Vorgänge, in große Ordnungskonstruktionen, in ein logisch durchgeführtes Weltund Geschichtsbild. Dadurch scheint das visionäre Moment auf den ersten Blick verdrängt; in Wahrheit vibriert es durch alles hindurch; bestimmt den Aggregatzustand der Gestalten; macht sie durchlässig für den existentiellen Grundstrom." (Lit.: Guardini, S 92)

Briefe

Dante wurden im Verlauf der Jahrhunderte eine Reihe von lateinischen und in einigen Fällen auch volkssprachliche Briefen zugeschrieben, von denen heute zwölf lateinische Epistolae als authentisch eingeschätzt werden. Bei einem als dreizehnter gezählten Brief, dem sogenannten Widmungsbrief an Cangrande, in dem der Autor dem Cangrande della Scala das Paradiso dediziert und eine kommentierende Einführung in das Werk bietet, ist die Verfasserschaft Dantes umstritten. Man hat das Schreiben teils vollständig und teils auch nur in dem Widmungsteil als Erzeugnis Dantes akzeptieren oder es auch vollständig als Fälschung ablehnen wollen. Für die Ablehnung waren neben überlieferungsgeschichtlichen und stilistischen Gründen vor allem inhaltliche Einwände gegen die im Kommentarteil des Briefes angesprochene Methode mehrfacher allegorischer Textauslegung ausschlaggebend.

Fiore und Detto d’Amore

Il Fiore („Die Blume“) ist eine erzählende allegorische Dichtung in 232 Sonetten, die auf den beiden Teilen des altfranzösischen Rosenromans (abgeschlossen um 1280) beruht und in einer einzigen, dem Autograph nahestehenden toskanischen Abschrift in der Handschrift H 438 der Universitätsbibliothek von Montpellier erhalten ist. Der Verfasser nennt sich an zwei Stellen (ser) Durante, das heißt mit einem in der Romania verbreiteten Namen, als dessen synkopierte Koseform auch schon in Dantes eigener Zeit der Name Dante galt.[7] Ob Dante Urheber ist oder vielleicht einzelne Verse des Fiore in die Vita Nuova oder in die Commedia entlehnt hat, ist Gegenstand der Forschungsdiskussion.[8] Das Werk zeigt sprachlich eine für die italienische Literatur der Dantezeit nicht ungewöhnliche, aber in Dantes Werken in diesem Grad sonst nicht anzutreffende Prägung durch das Altfranzösische und kann aufgrund zeitgeschichtlicher Bezüge in die Zeit von etwa 1285–1290 datiert werden. Die Zuschreibung des Werkes an den jungen Dante, die unter anderem von Michele Barbi abgelehnt und seither besonders von Gianfranco Contini vertreten wurde, gehört zu den besonders strittigen Problemen der Danteforschung. Neue Perspektiven für die Untersuchung dieser Frage haben sich in jüngerer Zeit durch die These von Maurizio Palma di Cesnola ergeben,[9] dass als Verfasser der aus Südfrankreich stammende, besonders als Verfasser lateinischer Sammelwerke zur Dekretalistik und Liturgie bekannte Jurist Guillaume Durand anzusehen sei, der in Modena als Professor wirkte, seit 1263 an der römischen Kurie verschiedene Ämter bekleidete, 1284–1285 auch als oberster päpstlicher Provinzbeamter (Rector) der Romagna regierte 1296 als Bischof von Mende (seit 1286) in Rom starb. Hingegen schließt Domenico De Robertis aus den sprachlichen Merkmalen heraus nicht zwingend auf einen Nicht-Italiener.[10]

Der Detto d’Amore („Gedicht über die Liebe“ bzw. über Amor) ist ein Lehrgedicht in 480 paargereimten Siebensilblern, das in vier aus der gleichen Handschrift stammenden Blättern in der Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz erhalten ist. Da angenommen wird, dass beide Werke vom gleichen Verfasser stammen, steht auch für den Detto die Verfasserschaft des jungen Dante zur Diskussion.

Standbilder und Denkmale

Werkausgaben in deutscher Übersetzung (Auswahl)

  • Das Schreiben an Cangrande. Lat.-dt., hrsg. v. Thomas Ricklin. Meiner, Hamburg 1993. ISBN 978-3-7873-1124-8
  • Disputation über das Wasser und die Erde. Lat.-dt., übers. u. hrsg. v. Dominik Perler. Meiner, Hamburg 1994. ISBN 978-3-7873-1125-5
  • Über die Beredsamkeit in der Volkssprache. Lat.-dt., übers. v. Francis Cheneval. Meiner, Hamburg 2007. ISBN 978-3-7873-1126-2
  • Das Gastmahl. Buch I. Einleitung. Ital.-dt., übers. v. Thomas Ricklin. Meiner, Hamburg 1996. ISBN 978-3-7873-1298-6
  • Das Gastmahl. Buch II. Ital.-dt., übers. v. Thomas Ricklin. Meiner, Hamburg 1996. ISBN 978-3-7873-1299-3
  • Das Gastmahl. Buch III. Ital.-dt., übers. v. Thomas Ricklin. Meiner, Hamburg 1998. ISBN 978-3-7873-1300-6
  • Das Gastmahl. Buch IV. Ital.-dt., übers. v. Thomas Ricklin. Meiner, Hamburg 2004. ISBN 978-3-7873-1302-0
  • Divina Commedia, Ital.-dt., übers. u. erläutert v. Georg Hees, 3 Bände, Verlag der Kooperative Dürnau 1995: Inferno ISBN 9783888610417, Purgatorio ISBN 9783888610424, Paradiso ISBN 9783888610431
  • La Commedia/Die Göttliche Komödie. I. Inferno/Hölle, Reclam, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-15-010750-8 und La Commedia/Die Göttliche Komödie. II. Purgatorio/Läuterungsberg. Reclam, Stuttgart 2011. ISBN 978-3-15-010795-9; beides Neuübersetzungen & zweisprachige Ausgaben, übers. und kommentiert von Hartmut Köhler. Der dritte Teil La Commedia/Die Göttliche Komödie. III. Paradiso/Paradies. Reclam, Stuttgart 2012.
  • Dante, Commedia. In dt. Prosa von Kurt Flasch. Mit Zeichnungen von Ruth Gesser. 2 Bde. (Bd. 2 unter dem Titel: Kurt Flasch, Einladung, Dante zu lesen), S. Fischer, Frankfurt a. M. 2011, ISBN 978-3-10-015339-5.
  • Dante Alighieri, Die Göttliche Komödie, Übersetzung von Hans Werner Sokop in Original-Terzinen mit Erläuterungen. 100 Bilder von Fritz Karl Wachtmann. Akad. Druck- und Verlagsanstalt, Graz 2014, ISBN 978-3-201-01994-1

Literatur

Siehe auch die Angaben im Artikel des „BBKL“ oder der „Stanford Encyclopedia of Philosophy“ (siehe Weblinks). Wichtige Angaben finden sich auch im Lexikon des Mittelalters (Artikel Dante, verschiedene Verfasser, Bd. 3, Sp. 544 ff.) und in der Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie (Thorsten Gubatz, Artikel Dante, Bd. 2. Metzler, Stuttgart & Weimar 2005 [2. Aufl.], S. 108–115).

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Anmerkungen

  1. "Diese Zugehörigkeit Alighieris zum Orden der Tempelherren ist es, die im Verlauf unserer Erörterung bis zur Unbestreitbarkeit erhärtet werden soll. In ihr liegt in der Tat der Schlüssel zu Dantes gesamten literarischem Schaffen, vor allem zur Göttlichen Komödie, die sich uns als eine durch und durch templarische Glückseligkeitslehre offenbaren wird, sowohl was die Ereignisse in den drei Jenseitsreichen als auch die sie bewohnenden Geister, ja sogar die moralische Struktur ihres Aufbaus betrifft." (Lit.: Robert L. John: Dante, Springer-Verlag, Wien 1946, S. 5)
  2. "Daß Dante in der Tat, wie etwa auch sein Zeitgenosse Francesco da Barberino, ein Templer gleich ihm, als Jüngling die Tonsur oder auch die niederen Weihen empfangen hatte, kann umso weniger zweifelhaft sein, als Francesco Buti, der Pisaner Danteprofessor des 14. Jahrhunderts, noch über glaubwürdige Nachrichten von einer geistlich-theologischen Jugend Dantes verfügen mußte, da er ihn geradezu einen gewesenen Novizen des Franziskanerordens sein läßt. Wogegen Barbi mit Recht einwendet, daß alle Umstände von Dantes Jugendzeit entschieden gegen die Annahme einer klösterlich abgeschiedenen Lebensepoche des Dichters sprechen. Dante der Theolog ist unverkennbar Templertheolog und hat ohne Zweifel auch sein Klerikat im Rahmen des Tempelherrenordens empfangen." (Lit.: John, S. 15f)
  3. Strelka, Vorwort X
  4. Im französischen Original:

    „Au musée de Vienne se trouvent deux médailles dont l’une représente Dante et l’autre le peintre Pierre de Pise ; toutes deux portent au revers les lettres F.S.K.I.P.F.T., qu’Aroux interprète ainsi : Frater Sacrae Kadosch, Imperialis Principatus, Frater Templarius. Pour les trois premières lettres, cette interprétation est manifestement incorrecte et ne donne pas un sens intelligible ; nous pensons qu’il faut lire Fidei Sanctoe Kadosch. L’association de la Fede Santa, dont Dante semble avoir été l’un des chefs, était un Tiers-Ordre de la filiation templière, ce qui justifie l’appellation Frater Templarius ; et ses dignitaires portaient le titre de Kadosch, mot hébreu qui signifie « saint » ou « consacré », et qui s’est conservé jusqu’à nos jours dans les hauts grades de la Maçonnerie. On voit déjà par là que ce n’est pas sans raison que Dante prend comme guide, pour la fin de son voyage céleste[1], saint Bernard, qui établit la règle de l’Ordre du Temple ; et il semble avoir voulu indiquer ainsi que c’était seulement par le moyen de celui-ci qu’il s’est rendu possible, dans les conditions propres à son époque, l’accès au suprême degré de la hiérarchie spirituelle.“

    René Guénon: L’ésotérisme de Dante, Chapitre II [1]
  5. Es gibt allerdings keinen Beleg dafür, dass Dante dieses Werk kannte.
  6. vgl. dazu: Ekkehard Meffert: Carl Gustav Carus und Brunetto Latini, der Lehrer Dantes, Der Europäer Jg. 4 / Nr. 1 / November 1999
  7. Guglielmo Gorni: Dante prima della „Commedia“ (= Letteratura italiana antica. Saggi. 1). Cadmo, Florenz 2001, ISBN 88-7923-232-0, S. 254 f.; Michele Scherillo: Il nome di Dante. In: Zeitschrift für romanische Philologie. Bd. 20, 1896, S. 15–26, hier S. 23, digizeitschriften.de (PDF; 1,31 MB).
  8. Domenico De Robertis: Dal primo all'ultimo Dante (= Studi danteschi. Quaderni. 13). Le Lettere, Florenz 2001, ISBN 88-7166-568-6, S. 49 ff., S. 62.
  9. Maurizio Palma di Cesnola: Questioni dantesche. Fiore, Monarchia, Commedia. Longo, Ravenna 2003, ISBN 88-8063-368-6, S. 30 ff.
  10. Domenico De Robertis: Dal primo all'ultimo Dante (= Studi danteschi. Quaderni. 13). Le Lettere, Florenz 2001, ISBN 88-7166-568-6, S. 57 f.

Weblinks

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 Wikisource: Dante Alighieri (Werke) – Quellen und Volltexte


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