Georg Friedrich Daumer und Harald Welzer: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Daumer.jpg|thumb|Georg Friedrich Daumer]]
[[Datei:MK34844 Harald Welzer.jpg|mini|Harald Welzer (2015)]]
'''Georg Friedrich Daumer''' (* [[5. März]] [[1800]] in [[Nürnberg]]; † [[13. Dezember]] [[1875]] in [[Würzburg]]) war ein deutscher [[Religionsphilosophie|Religionsphilosoph]] und [[Lyriker]]. Bekannt wurde er auch als Erzieher von [[Kaspar Hauser]].


== Biografie ==
'''Harald Welzer''' (* [[27. Juli]] [[1958]] in Bissendorf bei Hannover) ist ein [[Deutschland|deutscher]] [[Soziologe]] und [[Sozialpsychologie|Sozialpsychologe]]. Er arbeitet heute als Publizist.
Georg Friedrich Daumer war der Sohn eines Nürnberger [[Kürschner]]meisters. Er besuchte das [[Aegidianum]] oder Egidiengymnasium  in Nürnberg, wo [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel]] damals Rektor war. Seit 1933 heißt es [[Melanchthon-Gymnasium Nürnberg| Melanchthon-Gymnasium]].


Nach seinem Schulabschluss begann er 1817 ein Studium der [[Theologie]] an der [[Universität Erlangen]]. Dort schloss er sich einem [[Pietismus|pietistischen]] Studentenzirkel an, dessen [[Askese|asketisches]] Selbstverständnis Daumer für den Rest seines Lebens prägte: Ein [[Kommilitone]] starb an einer [[Kastration|Selbstkastration]], ein anderer verfiel dem [[Wahnsinn]], in einer parallel dazu agierenden Gemeinschaft kam es zu einem Selbstmord, ein beamteter Theologe wurde wegen eines [[Sittlichkeitsverbrecher|Sittlichkeitsdeliktes]] aus dem Amt entfernt. Daumer selbst versuchte durch neuntägiges [[Fasten]], seinem Leben ein Ende zu machen. Der [[Philosoph]] [[Ludwig Feuerbach]], einer der wenigen Freunde, die er besaß, bezeichnete die Erlanger Studentengemeinschaft damals als ''pietistische Mistpfütze''. Daumers Predigt-Konzepte wurden von seinen Professoren als zu rationalistisch oder zu mystisch kritisiert. Schließlich brach er das Studium ab und wechselte nach [[Leipzig]] zum Fach [[Philologie]].
== Leben ==
[[Datei:MK34832 Harald Welzer.jpg|mini|Als Sprecher auf der [[See-Conference]] 2015]]
=== Ausbildung ===
Welzer studierte Soziologie, [[Politikwissenschaft]] und [[Literaturwissenschaft]] an der [[Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover|Universität Hannover]] und wurde dort 1988 in Soziologie promoviert. Er habilitierte sich 1993 in Sozialpsychologie und 2001 in Soziologie.


Nach Beendigung seines Philologiestudiums wurde Daumer 1822 Lehrer an der Lateinschule und bald darauf 1823 Professor an seinem ehemaligen Gymnasium in Nürnberg. Konflikte mit seinem Rektor, anhaltende Kränklichkeit und Augenleiden zwangen ihn jedoch schon 1828 zu vorläufiger und 1830 zu endgültiger Pensionierung.
=== Berufstätigkeit ===
Von 1988 bis 1993 war Welzer [[Wissenschaftlicher Assistent]] im Fachbereich Geschichte, Philosophie und Sozialwissenschaften der Universität Hannover. Anschließend war er dort bis 1999 als Dozent für Sozialpsychologie tätig.


Unter anderem betätigte sich Daumer auch als Homöopath.
Welzer war Direktor des ''Center for Interdisciplinary Memory Research'' (CMR) und Leiter verschiedener Teilprojekte des Forschungsschwerpunkts KlimaKultur am [[Kulturwissenschaftliches Institut Essen|Kulturwissenschaftlichen Institut]] in [[Essen]]. Weiterhin war er Professor für Sozialpsychologie an der privaten [[Universität Witten/Herdecke]]. Auf dem Kongress „Bildungsbiennale“, der 2011 von [[Reinhard Kahl (Journalist)|Reinhard Kahl]] („Archiv der Zukunft“) in Bregenz ausgerichtet wurde, gab er die Absicht bekannt, diese „Verbeamtung“ aufzukündigen, um ein fachliches und politisches Zeichen für „Futurzwei“ zu setzen.


Im Juli 1828 wurde Daumer vom Nürnberger Rat mit der Erziehung des Findlings [[Kaspar Hauser]] betraut, den er in seiner Wohnung aufnahm. Nachdem Hauser dort im Oktober 1829 Opfer eines Attentats geworden war, schien seine Sicherheit bei Daumer, dessen Gesundheit sich weiter verschlechtert hatte, nicht mehr gewährleistet. Kaspar Hauser wurde bei der Kaufmannsfamilie Biberbach untergebracht. In den folgenden Jahren verfasste Daumer insgesamt vier Publikationen über Hausers mysteriöse Herkunft und über seine Entwicklung.
Harald Welzer ist Mitbegründer und Direktor der gemeinnützigen Stiftung ''Futurzwei. Stiftung Zukunftsfähigkeit'', die sich das Aufzeigen und Fördern alternativer Lebensstile und Wirtschaftsformen zur Aufgabe gemacht hat<ref>Homepage von [http://futurzwei.org/ FUTURZWEI. Stiftung Zukunftsfähigkeit].</ref> und seit Juli 2012 Honorarprofessor für Transformationsdesign<ref>{{Webarchiv | url=http://idw-online.de/de/news432666 | wayback=20110716093824 | text=Pressemitteilung Universität Flensburg}}</ref> an der [[Europa-Universität Flensburg]], wo er das ''[[Norbert Elias]] Center for Transformation Design & Research'' leitet.<ref>{{Webarchiv|text=Archivlink |url=https://www.uni-flensburg.de/nec/wer-wir-sind/personen/mitarbeiterinnen-mitarbeiter/harald-welzer/ |wayback=20160824234805 |archiv-bot=2018-04-14 00:39:56 InternetArchiveBot }}</ref> Außerdem ist Welzer Affiliated Member of Faculty am Marial-Center der [[Emory University]] (Atlanta/USA), er lehrt an der [[Universität St. Gallen]] und ist Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Beiräte und Akademien. Die Schwerpunkte seiner Forschung und Lehre sind Erinnerung, Gruppengewalt und kulturwissenschaftliche Klimafolgenforschung.


1834 heiratete Daumer Marie Friederike Rose, die Schwester von Heinrich Rose, dem Rektor der Nürnberger Gewerbeschule. Die Ehe gestaltete sich durch Geldmangel, schlechte Küche und Eifersucht sehr schwierig. Das Ehepaar lebte öfter getrennt.
== Kommunikationstheorie ==
Welzers wissenschaftliches Hauptwerk, das auf seiner Habilitationsschrift beruht, erschien 2002 unter dem Titel ''Das kommunikative Gedächtnis''. Mit Hinweis auf neurobiologische Forschungen erklärt Welzer, dass dem menschlichen Gedächtnis ein aktiver mentaler Prozess zugrunde liegt, der weitgehend unbewusst und „implizit“ funktioniert. Das menschliche Gedächtnis hat eine soziale Funktion: In unterschiedlichen Gedächtnis-Funktionen organisiert sich das Wechselspiel von Individualität und Gemeinschaft. <br>
Populäre Metaphern, die das Gedächtnis als Wissens-Speicher mit einer Computer-Festplatte vergleicht, führen in die Irre. Erinnerungs-Bilder sind nicht als fertige Datensätze an einer bestimmten Stelle des Gehirns abgespeichert. Das Gehirn muss, wenn es Erinnerung aktivieren will, aus verschiedenen Arealen Elemente rekonstruieren. Bei jedem Abrufen einer Erinnerung werden assoziativ neue Netzwerke gebildet. Die Erinnerungsfragmente von Medien-Erlebnissen werden grundsätzlich genauso behandelt wie die Fragmente „erlebter“ Erinnerung. Bei der Rekonstruktion von Erinnerung vermischen sich die Quellen. <br>
Auch das autobiographische Gedächtnis ist wesentlich kommunikativ, es stellt sich über „Interaktionssituationen“ her, formuliert Welzer. „Wie man Ich wird“<ref>Welzer, ''Das kommunikative Gedächtnis''.2002, S. 111</ref> ist dem Menschen natürlich nicht bewusst. Nicht-bewusste Erinnerungen tauchen in „Bauchgefühlen“, spontanen Reaktionen und unerklärlicher Voreingenommenheit auf. Von Emotionen und den Signalen der nonverbalen Kommunikation „weiß“ mein Gehirn deutlich mehr, als über das semantische und das episodische Gedächtnis<ref>Welzer, ''Das kommunikative Gedächtnis''.2002, S. 24</ref> bewusst ist. Die bewussten wie die unbewussten Elemente des Gedächtnisses sind kommunikativ und lenken unser Wahrnehmen und Handeln im Kontext der Kultur der Gemeinschaft. Aus der Ich- und Wir-Identität im Sinne eines „autobiographischen Gedächtnisses“ entwickeln sich Synchronisierung des Individuums im Verhältnis zu seiner sozialen Umwelt.<ref>Welzer, ''Das kommunikative Gedächtnis''.2002, S. 119</ref>


1840 gründete Daumer mit seinem Schwager den 1. Deutschen Tierschutzverein. Sie erhalten eine briefliche Beifallskundgebung von König Ludwig I. von Bayern.
== Publizist ==
[[Datei:MK35078 Harald Welzer.jpg|mini|Welzer während einer Diskussion (2015)]]
In dem u.&nbsp;a. von ihm herausgegebenen Buch ''Opa war kein Nazi'' beschäftigt sich Welzer mit der Zeit des [[Nationalsozialismus]] aus sozialpsychologischer Sicht, indem er das Verhalten von Menschen im Alltag während des Nationalsozialismus sowie Formen familiärer Erinnerungstradierung untersucht. Von Täterschaft oder Verantwortung sei in den Familien wenig zu hören gewesen. Verharmlosungen und vorgebliches Nichtwissen tauchten dagegen sehr oft auf. Beteiligte Familienmitglieder würden, so Welzer, sogar als [[Viktimologie|Opfer]] oder als [[Held]]en geschildert.<ref>{{Internetquelle |autor=Isabel Heinemann |url=https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-1544
|titel= H. Welzer u.&nbsp;a.: „Opa war kein Nazi“|hrsg=H-Soz-Kult |datum= |zugriff=2018-03-25|kommentar=Rezension}}</ref>


1844 wurde die Tochter Ottilie geboren.
Im Buch ''Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden'' vertieft Welzer die Ergebnisse von [[Christopher Browning]] zur Motivation der NS-Unrechtstäter in den [[Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD|Einsatzgruppen]], die häufig völlig normale Biografien vorwiesen, etwa [[Franz Stangl]] oder [[Werner Best (NSDAP)|Werner Best]]. Sie entwickelten eine Mentalität oder Binnenrationalität, in der sie als moralisch im Recht dastanden, auch wenn sie Kindererschießungen vornahmen. Die Tötung wird als Arbeit aufgefasst. Die Ergebnisse werden ausgeweitet für [[Vietnam]], [[Ruanda]] und [[Jugoslawien]].<ref>{{Perlentaucher|harald-welzer/taeter|b|Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden}}</ref>


1856 zog Daumer mit der Familie nach [[Frankfurt am Main]] und 1860 nach [[Würzburg]]. Er wirkte dort als Privatgelehrter und bestritt seinen Lebensunterhalt mit einer kleinen Pension, geringen Einnahmen aus seinen Schriften und mit finanzieller Unterstützung seiner Brüder.
Im Buch ''Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird'' beschreibt Welzer den [[Globale Erwärmung|Klimawandel]] als noch immer unterschätzte Bedrohung des menschlichen Zusammenlebens.<ref>die tageszeitung: ''[http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=tz&dig=2008%2F04%2F18%2Fa0094&cHash=35a010b05d „Ein schlechtes Gewissen reicht nicht“].'' Interview mit Jan Feddersen und Reiner Metzger, 18. April 2008</ref> Er werde als [[Naturkatastrophe]] betrachtet, es seien aber die sozialen Effekte, die aus den Klimaveränderungen erst Katastrophen werden ließen. Im Zuge dieser Entwicklungen werde [[Gewalt]] zunehmend wieder als Problemlösungsstrategie angesehen. Der Zusammenbruch der politischen und sozialen Ordnung in weiten Teilen der Welt werde zu einem „Dauer[[krieg]]“ führen. Dies sei nur abzuwenden, wenn die wohlhabenden Bevölkerungen der Industrieländer ihren bisherigen [[Konsumgesellschaft|Konsumstil]] veränderten. Von [[Andreas Kilb]] wurde in einer Rezension eingewendet, dass die Vergleiche mit den [[Völkermord]]en des 20.&nbsp;Jahrhunderts „spekulativ“ seien und hinter einer „historischen Analyse“ zurückblieben.<ref>Frankfurter Allgemeine Zeitung: ''[http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/klimakriege-die-apokalypse-ist-ein-unfertiges-puzzle-1547175.html Die Apokalypse ist ein unfertiges Puzzle].'' 2. Juni 2008</ref> Christiane Grefe dagegen bescheinigte Welzer eine „erschreckend plausible Analyse“, hielt ihm allerdings vor, produktive Verbindungen von Kultur und Technik nicht ins Auge zu fassen.<ref>Die Zeit: ''[http://www.zeit.de/2008/20/ST-Klima/komplettansicht Brandneu: Das Klima!]'' 30. Juli 2008</ref><ref>{{Perlentaucher|harald-welzer/klimakriege|b|Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird}}</ref>


Am 15. August 1858 trat Daumer zum Katholizismus über.  
Welzer plädiert in ''Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand'' für einen reduktiven Lebensstil im Gegensatz zum – nicht nur in der westlichen Welt vorherrschenden – ''alles immer''. Es gehe nicht um Wachstum, Effizienz und Konsum, sondern um Glück und Zukunftstauglichkeit. Weder das Glück, noch die Zukunftstauglichkeit hänge aber im Wesentlichen vom Besitz ab. Welzer kritisiert, dass der gegenwärtig praktizierte Lebensstil unserer Gesellschaft durch hypertrophes Wachstum seine eigenen Voraussetzungen konsumiere. Welzer stellt verschiedene erfolgreiche Formen des Selbstdenkens und -handelns vor, die sich am Gemeinwohl statt an individuellem Profit orientieren und animiert dazu, die eigenen Handlungsspielräume zu nutzen.<ref>{{Perlentaucher|harald-welzer/selbst-denken|b|Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand}}</ref>


Im November 1874 erlitt Daumer einen Schlaganfall. Gottlieb von Tucher, Nürnberg und die Herzogin Marie von Hamilton unterstützen ihn finanziell.  
Welzer ist Herausgeber von [[taz.FUTURZWEI]], einer vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift für Politik und Zukunft.<ref>{{Internetquelle |url=http://download.taz.de/Heftvorschau_FUTURZWEI_6.pdf |titel=Heftvorschau FUTURZWEI 6 |hrsg=www.taz.de |datum=2018-09-03 |zugriff=2018-12-28}}</ref>


Seine letzten Lebensjahre verbrachte Daumer mit [[Okkultismus|okkultistischen]] Forschungen zu [[Parapsychologie|parapsychologischen]] Phänomenen.
== Schriften ==
* ''Zwischen den Stühlen. Eine Längsschnittuntersuchung zum Übergangsprozess von Hochschulabsolventen.'' Deutscher Studien-Verlag, Weinheim 1990, ISBN 3-89271-196-8.
* ''Transitionen. Zur Sozialpsychologie biographischer Wandlungsprozesse.'' Edition diskord, Tübingen 1993, ISBN 3-89295-572-7.
* (Hrsg.): ''Nationalsozialismus und Moderne.'' Edition diskord, Tübingen 1993, ISBN 3-89295-576-X.
* (Hrsg.): ''Das Gedächtnis der Bilder. Ästhetik und Nationalsozialismus.'' Edition diskord, Tübingen 1995, ISBN 3-89295-590-5.
* ''Verweilen beim Grauen. Essays zum wissenschaftlichen Umgang mit dem Holocaust.'' Edition diskord, Tübingen 1997, ISBN 3-89295-619-7.
* mit Robert Montau & Christine Plaß: ''„Was wir für böse Menschen sind!“ Der Nationalsozialismus im Gespräch zwischen den Generationen.'' Edition diskord, Tübingen 1997, ISBN 3-89295-628-6.
* (Hrsg.): ''Auf den Trümmern der Geschichte. Gespräche mit [[Raul Hilberg]], [[Hans Mommsen]] und [[Zygmunt Bauman]].'' Edition diskord, Tübingen 1999, ISBN 3-89295-659-6.
* (Hrsg.): ''Das soziale Gedächtnis. Geschichte, Erinnerung, Tradierung.'' [[Hamburger Edition]], Hamburg 2001, ISBN 3-930908-66-2.
* ''Das kommunikative Gedächtnis. Eine Theorie der Erinnerung.'' Beck, München 2002, ISBN 3-406-49336-X; ebd. 2005, ISBN 3-406-52858-9.
* mit Sabine Moller & Karoline Tschuggnall: ''Opa war kein Nazi. Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis.'' Unter Mitarbeit von Olaf Jensen und Torsten Koch. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 2002, ISBN 3-596-15515-0.
* mit [[Hans J. Markowitsch]]: ''Das autobiographische Gedächtnis. Hirnorganische Grundlagen und biosoziale Entwicklung.'' Klett-Cotta, Stuttgart 2005, ISBN 3-608-94406-0.
* ''Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden.'' Unter Mitarbeit von Michaela Christ. S. Fischer, Frankfurt 2005, ISBN 3-10-089431-6.
** ''[http://www.zeit.de/2005/44/P-Welzer/komplettansicht Tötungsarbeit],'' Rezension von [[Christopher Browning|Christopher R. Browning]], ''[[Die Zeit]],'' 27. Oktober 2005
** [http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2006-1-135 Rezension] von Tobias Bütow, ''[[H-Soz-u-Kult]],'' 28. Februar 2006
* mit Hans J. Markowitsch (Hrsg.): ''Warum Menschen sich erinnern können. Fortschritte in der interdisziplinären Gedächtnisforschung.'' Klett-Cotta, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-608-94422-8.
* ''Der Krieg der Erinnerung. Holocaust, Kollaboration und Widerstand im europäischen Gedächtnis'', von Harald Welzer (Hrsg.), S. Fischer, Frankfurt/M. 2007, ISBN 978-3-596-17227-6.
* ''Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird'', S. Fischer, Frankfurt/M. 2008, ISBN 3-10-089433-2.
** ''[http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/literatur_und_kunst/gefuehlte_probleme_1.708219.html Gefühlte Probleme],'' Rezension von [[Uwe Justus Wenzel]], ''[[Neue Zürcher Zeitung]],'' 12. April 2008
** ''[http://www.sueddeutsche.de/wissen/klimakriege-gewalt-als-loesung-1.203242 Gewalt als Lösung],'' Rezension von [[Herfried Münkler]], ''[[Süddeutsche Zeitung]],'' 14. April 2008
** ''[http://www.fr-online.de/literatur/ist-das-schon-haeresie-,1472266,3093210.html Ist das schon Häresie?],'' Rezension von Adam Olschweski, ''[[Frankfurter Rundschau]],'' 8. Mai 2008
** ''[http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=pb&dig=2008%2F05%2F17%2Fa0008&src=GI&cHash=f5fea3a1cf Nichts für Optimisten],'' Rezension von Jörg Plath, ''[[die tageszeitung]],'' 17. Mai 2008
** ''[http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/795019/ Die Dimensionen des Klimawandels],'' Rezension von Britta Fecke, ''[[Deutschlandfunk]],'' 2. Juni 2008
* ''Das Ende der Welt, wie wir sie kannten.'' S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-10-043311-4.
* mit [[Claus Leggewie]]: ''Das Ende der Welt, wie wir sie kannten. Klima, Zukunft und die Chancen der Demokratie.'' S. Fischer, Frankfurt 2009, ISBN 978-3-10-043311-4.
* mit [[Christian Gudehus]] und Ariane Eichenberg (Hrsg.): ''Erinnerung und Gedächtnis. Ein interdisziplinäres Handbuch.'' Metzler, Stuttgart 2010.
* {{Literatur|Autor=mit [[Sönke Neitzel]]|Titel=Soldaten|ISBN=978-3-10-089434-2|TitelErg=Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben|Verlag=S. Fischer|Ort=Frankfurt/M.|Jahr=2011}}
* mit Dana Giesecke: ''Das Menschenmögliche. Zur Renovierung der deutschen Erinnerungskultur''. Edition Körber-Stiftung, Hamburg 2012, ISBN 978-3-89684-089-9.
* mit Stefan Rammler: ''Der FUTURZWEI-Zukunftsalmanach 2013: Geschichten vom guten Umgang mit der Welt''. Fischer-Taschenbuch, Frankfurt 2012, ISBN 978-3-596-19420-9.
** ''[http://blogmatthiasjung.wordpress.com/2012/12/09/der-futurezwei-zukunftsalmanach-2013-rezension Rezension],'' Rezension von Matthias Jung, 9. Dezember 2012
* ''Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand'', S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-089435-9.
** ''[https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/harald-welzer-selbst-denken-ein-anleitung-zum-widerstand-alle-mal-umdenken-12104729.html Alle mal umdenken!],'' Rezension von Thomas Thiel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 6. März 2013
** ''[http://blogmatthiasjung.wordpress.com/2013/04/04/selbst-denken-eine-anleitung-zum-widerstand-harald-welzer-gedanken-aus-der-sicht-eines-christen-eines-theologen-eines-pfarrers Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand. Gedanken aus der Sicht eines Christen, eines Theologen, eines Pfarrers],'' Rezension von Matthias Jung, 4. April 2013
* mit Bernd Sommer: ''Transformationsdesign. Wege in eine zukunftsfähige Moderne.'' oekom, München 2014, ISBN 978-3-86581-662-7.
* mit Dana Giesecke und Luise Tremel: ''FUTURZWEI Zukunftsalmanach 2015/16''.<ref>[http://www.deutschlandradiokultur.de/zukunftsalmanach-2015-16-wir-werden-verantwortung-getragen.1270.de.html?dram:article_id=308915 Wir werden Verantwortung getragen haben], Rezension von Martin Tschechne im Deutschlandradio Kultur vom 17. Januar 2015, abgerufen 17. Januar 2015</ref> S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2014. 544 S.
* mit [[Michael Pauen]]: ''Autonomie. Eine Verteidigung.'' S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2015, ISBN 978-3-10-002250-9.
** [http://pw-portal.de/rezension/38775-autonomie_47165 Rezension] in der [[Annotierte Bibliografie der Politikwissenschaft|Annotierten Bibliografie der Politikwissenschaft]], August 2015.
* ''Die smarte Diktatur. Der Angriff auf unsere Freiheit''. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-10-002491-6.
* ''Wir sind die Mehrheit. Für eine Offene Gesellschaft'', S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2017. ISBN 978-3-596-29915-7.
* ''Alles könnte anders sein: Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen'', S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2019. ISBN 978-3-103974010.


Am 13. Dezember 1875 starb Georg Friedrich Daumer in Würzburg.
== Vorträge und Interviews (Auswahl) ==
Auf seinem Grabstein in Würzburg stehen die Worte
* ''[http://www.taz.de/!60183/ „Die Zukunft wird sehr kleinteilig sein“],'' Welzer zu Stuttgart21 in taz, 23. Oktober 2010
:Qui quondam Saulus
* ''[http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/rettung-der-welt-was-sie-sofort-tun-koennen-zehn-empfehlungen-11079178.html Zur Rettung der Welt], ''Was Sie sofort tun können: Zehn Empfehlungen von Welzer in FAS, 28. Oktober 2010
:Pauli vestigia pressit
* ''{{Webarchiv | url=http://db.swr.de/upload/manuskriptdienst/aula/au20040721_2648.rtf | wayback=20070929095342 | text=Mein Opa und die Nazis. Über Geschichte, Erinnerung und Subjektivität}},'' Vortrag von Welzer in der SWR2-Sendereihe ''Aula,'' 25. Juli 2004 (Manuskript)
(„Der einmal als Saulus die Spur des Paulus betrat“).
* ''{{Webarchiv | url=http://db.swr.de/upload/manuskriptdienst/aula/au20051028_3381.rtf | wayback=20070929125557 | text=Die harmlosen Bestien. Wie aus normalen Menschen Massenmörder werden}},'' Vortrag von Welzer in der SWR2-Sendereihe ''Aula,'' 30. Oktober 2005 (Manuskript)
* ''Holocaust-Täterforschung: Entwicklung von sozialen Gruppen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen,'' Vortrag von Welzer auf der Jugendpflegertagung des Landesjugendamtes Rheinland, November 2007 (Filmversion für Windows-Mediaplayer)
* ''[http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/wirtschaftskrise-warum-keiner-mehr-durchblickt-1743775.html Wirtschaftskrise: Warum keiner mehr durchblickt],'' Interview mit Nils Minkmar in der ''Frankfurter Allgemeinen Zeitung,'' 7. Dezember 2008
* ''[http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/1095078/ Wohlstand ohne Wachstum?],'' Harald Welzers sozialpsychologische Analyse gesellschaftlicher Perspektiven im Programm des Deutschlandfunks, 1. Januar 2010
* ''[https://www.zeit.de/zeit-geschichte/2011/02/Wehrmachtsoldaten-Interview-Heer-Welzer/komplettansicht Ein Erlebnis absoluter Macht]''. Interview (zusammen mit dem Historiker Hannes Heer) in Die Zeit 2/2011
* [http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2017/03/nationalsozialismus-adolf-hitler-luegen-populismus/komplettansicht ''„Was Hitler sagt, das glaube ich“''] Gastbeitrag. zeit.de, 22. August 2017


== Werk (Auswahl)==
== Siehe auch ==
[[Datei:Georg Friedrich Daumer.jpg|miniatur|hochkant|Georg Friedrich Daumer]]
* {{WikipediaDE|Harald Welzer}}


*''Aphorismen über Tod und Unsterblichkeit'', 1865
== Weblinks ==
*''Das Geisterreich in Glauben, Vorstellung, Sage und Wirklichkeit'', 1867
{{Commonscat}}
*''Das Reich des Wundersamen und Geheimnisvollen. Thatsache und Theorie. Mit Veröffentlichung vieler noch unbekannter, aus zuverlässigen Quellen geschöpfter und mit namhaft gemachten Autoritäten versehner Erscheinungen und Beobachtungen'', 1872
{{Wikiquote}}
*''Das Wunder. Seine Bedeutung, Wahrheit und Notwendigkeit, den Herren Strauss, Frohschammer, Lang, Renan, Reinkens etc. gegenüber ins Licht gesetzt. Nebst thatsächlichen Belegen aus Geschichte und Überlieferung'', 1874
* {{DNB-Portal|115742174}}
* ''Mitteilungen über Kaspar Hauser''. Hrsg. und eingeleitet von [[Peter Tradowsky]]. Ungekürzter Nachdruck der 1832 in Nürnberg erschienenen Erstausgabe. Geering, Dornach 1983, ISBN 3-7235-0359-4.
* [http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12178:interview-mit-harald-welzer&catid=101&Itemid=84 „Welches Land wollen wir sein?“] – Interview mit Harald Welzer zu der von ihm und Alexander Carius initiierten Gesprächsreihe „Die offene Gesellschaft“, „Zum Glück muss ich keine Wahlen gewinnen“, Nachtkritik.de, 26.&nbsp;Februar 2016
*''Über Thierquälerei und Thiermißhandlungen. Ein Gespräch, herausgegeben und vertheilt durch den Nürnberger Verein zur Verhütung der Thierquälerei''. 1840 (anonym erschienen).
* {{Webarchiv | url=http://podcast-ww.wdr.de/medstdp/fsk0/20/209296/209296_2003251.mp3 | wayback=20131021133644 | text=WDR&nbsp;5 – Tischgespräch vom 31.&nbsp;Juli 2013: Kirsten Pape im Gespräch mit Harald Welzer}} (MP3; 25,5&nbsp;MB)
* ''Enthüllungen über Kaspar Hauser''. Neudruck der Ausgabe 1859. Kaspar-Hauser-Verlag, Offenbach am Main 2004, ISBN 3-9806417-7-5.
* [https://www.zdf.de/gesellschaft/precht/politik-ohne-plan-wer-denkt-an-die-zukunft-100.html Harald Welzer im Gespräch mit Richard David Precht] (ZDF, 9.&nbsp;September 2013)
* ''Kaspar Hauser. Sein Wesen, seine Unschuld''. Hrsg. und eingeleitet von [[Peter Tradowsky]]. Ungekürzter Nachdruck der 1873 bei Coppenrath, Regensburg, erschienenen Ausgabe. Geering, Dornach 1984, ISBN 3-7235-0387-X.
* [http://www.jungundnaiv.de/2017/04/23/harald-welzer-ueber-das-grosse-ganze-folge-304/ Harald Welzer im Gespräch mit Tilo Jung] (23.&nbsp;April 2017)
* ''Kaspar Hauser speaks for himself. Kaspar's own writings''. TWT, Whitby 1993, ISBN 1-897839-02-2.
* [http://www.futurzwei.org/ futurzwei.org]
* Georg Friedrich Daumer, [[Anselm von Feuerbach]]: ''Kaspar Hauser''. Mit einem Bericht von Johannes Mayer und einem Essay von [[Jeffrey M. Masson]]. Eichborn, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-8218-4129-X.
* [http://re-visionen.net/rezension-welzer-smarte-diktatur/ Rezension zu ''Die smarte Diktatur'' von Eckart Löhr]
* [http://re-visionen.net/eckart-loehr-rezension-zu-alles-koennte-anders-sein-von-harald-welzer/ „So geht's. Und wie!“ – Harald Welzer beschreibt eine Zukunft, in der man heute schon gerne leben würde. Eckart Löhr über ''Alles könnte anders sein – Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen'']


== Einzelnachweise ==
<references />
{{Normdaten|TYP=p|GND=115742174|LCCN=nr/92/37020|VIAF=85062553}}
{{SORTIERUNG:Welzer, Harald}}
[[Kategorie:Soziologe (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Soziologe (21. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Sozialpsychologe]]
[[Kategorie:Autor (Pädagogik)
[[Kategorie:Autor (Psychologie)]]
[[Kategorie:Hochschullehrer]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1958]]
[[Kategorie:Mann]]


[[Kategorie:Philosoph]][[Kategorie:Dichter]][[Kategorie:Kaspar Hauser]]
{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 15. Juli 2019, 16:32 Uhr

Harald Welzer (2015)

Harald Welzer (* 27. Juli 1958 in Bissendorf bei Hannover) ist ein deutscher Soziologe und Sozialpsychologe. Er arbeitet heute als Publizist.

Leben

Als Sprecher auf der See-Conference 2015

Ausbildung

Welzer studierte Soziologie, Politikwissenschaft und Literaturwissenschaft an der Universität Hannover und wurde dort 1988 in Soziologie promoviert. Er habilitierte sich 1993 in Sozialpsychologie und 2001 in Soziologie.

Berufstätigkeit

Von 1988 bis 1993 war Welzer Wissenschaftlicher Assistent im Fachbereich Geschichte, Philosophie und Sozialwissenschaften der Universität Hannover. Anschließend war er dort bis 1999 als Dozent für Sozialpsychologie tätig.

Welzer war Direktor des Center for Interdisciplinary Memory Research (CMR) und Leiter verschiedener Teilprojekte des Forschungsschwerpunkts KlimaKultur am Kulturwissenschaftlichen Institut in Essen. Weiterhin war er Professor für Sozialpsychologie an der privaten Universität Witten/Herdecke. Auf dem Kongress „Bildungsbiennale“, der 2011 von Reinhard Kahl („Archiv der Zukunft“) in Bregenz ausgerichtet wurde, gab er die Absicht bekannt, diese „Verbeamtung“ aufzukündigen, um ein fachliches und politisches Zeichen für „Futurzwei“ zu setzen.

Harald Welzer ist Mitbegründer und Direktor der gemeinnützigen Stiftung Futurzwei. Stiftung Zukunftsfähigkeit, die sich das Aufzeigen und Fördern alternativer Lebensstile und Wirtschaftsformen zur Aufgabe gemacht hat[1] und seit Juli 2012 Honorarprofessor für Transformationsdesign[2] an der Europa-Universität Flensburg, wo er das Norbert Elias Center for Transformation Design & Research leitet.[3] Außerdem ist Welzer Affiliated Member of Faculty am Marial-Center der Emory University (Atlanta/USA), er lehrt an der Universität St. Gallen und ist Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Beiräte und Akademien. Die Schwerpunkte seiner Forschung und Lehre sind Erinnerung, Gruppengewalt und kulturwissenschaftliche Klimafolgenforschung.

Kommunikationstheorie

Welzers wissenschaftliches Hauptwerk, das auf seiner Habilitationsschrift beruht, erschien 2002 unter dem Titel Das kommunikative Gedächtnis. Mit Hinweis auf neurobiologische Forschungen erklärt Welzer, dass dem menschlichen Gedächtnis ein aktiver mentaler Prozess zugrunde liegt, der weitgehend unbewusst und „implizit“ funktioniert. Das menschliche Gedächtnis hat eine soziale Funktion: In unterschiedlichen Gedächtnis-Funktionen organisiert sich das Wechselspiel von Individualität und Gemeinschaft.
Populäre Metaphern, die das Gedächtnis als Wissens-Speicher mit einer Computer-Festplatte vergleicht, führen in die Irre. Erinnerungs-Bilder sind nicht als fertige Datensätze an einer bestimmten Stelle des Gehirns abgespeichert. Das Gehirn muss, wenn es Erinnerung aktivieren will, aus verschiedenen Arealen Elemente rekonstruieren. Bei jedem Abrufen einer Erinnerung werden assoziativ neue Netzwerke gebildet. Die Erinnerungsfragmente von Medien-Erlebnissen werden grundsätzlich genauso behandelt wie die Fragmente „erlebter“ Erinnerung. Bei der Rekonstruktion von Erinnerung vermischen sich die Quellen.
Auch das autobiographische Gedächtnis ist wesentlich kommunikativ, es stellt sich über „Interaktionssituationen“ her, formuliert Welzer. „Wie man Ich wird“[4] ist dem Menschen natürlich nicht bewusst. Nicht-bewusste Erinnerungen tauchen in „Bauchgefühlen“, spontanen Reaktionen und unerklärlicher Voreingenommenheit auf. Von Emotionen und den Signalen der nonverbalen Kommunikation „weiß“ mein Gehirn deutlich mehr, als über das semantische und das episodische Gedächtnis[5] bewusst ist. Die bewussten wie die unbewussten Elemente des Gedächtnisses sind kommunikativ und lenken unser Wahrnehmen und Handeln im Kontext der Kultur der Gemeinschaft. Aus der Ich- und Wir-Identität im Sinne eines „autobiographischen Gedächtnisses“ entwickeln sich Synchronisierung des Individuums im Verhältnis zu seiner sozialen Umwelt.[6]

Publizist

Welzer während einer Diskussion (2015)

In dem u. a. von ihm herausgegebenen Buch Opa war kein Nazi beschäftigt sich Welzer mit der Zeit des Nationalsozialismus aus sozialpsychologischer Sicht, indem er das Verhalten von Menschen im Alltag während des Nationalsozialismus sowie Formen familiärer Erinnerungstradierung untersucht. Von Täterschaft oder Verantwortung sei in den Familien wenig zu hören gewesen. Verharmlosungen und vorgebliches Nichtwissen tauchten dagegen sehr oft auf. Beteiligte Familienmitglieder würden, so Welzer, sogar als Opfer oder als Helden geschildert.[7]

Im Buch Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden vertieft Welzer die Ergebnisse von Christopher Browning zur Motivation der NS-Unrechtstäter in den Einsatzgruppen, die häufig völlig normale Biografien vorwiesen, etwa Franz Stangl oder Werner Best. Sie entwickelten eine Mentalität oder Binnenrationalität, in der sie als moralisch im Recht dastanden, auch wenn sie Kindererschießungen vornahmen. Die Tötung wird als Arbeit aufgefasst. Die Ergebnisse werden ausgeweitet für Vietnam, Ruanda und Jugoslawien.[8]

Im Buch Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird beschreibt Welzer den Klimawandel als noch immer unterschätzte Bedrohung des menschlichen Zusammenlebens.[9] Er werde als Naturkatastrophe betrachtet, es seien aber die sozialen Effekte, die aus den Klimaveränderungen erst Katastrophen werden ließen. Im Zuge dieser Entwicklungen werde Gewalt zunehmend wieder als Problemlösungsstrategie angesehen. Der Zusammenbruch der politischen und sozialen Ordnung in weiten Teilen der Welt werde zu einem „Dauerkrieg“ führen. Dies sei nur abzuwenden, wenn die wohlhabenden Bevölkerungen der Industrieländer ihren bisherigen Konsumstil veränderten. Von Andreas Kilb wurde in einer Rezension eingewendet, dass die Vergleiche mit den Völkermorden des 20. Jahrhunderts „spekulativ“ seien und hinter einer „historischen Analyse“ zurückblieben.[10] Christiane Grefe dagegen bescheinigte Welzer eine „erschreckend plausible Analyse“, hielt ihm allerdings vor, produktive Verbindungen von Kultur und Technik nicht ins Auge zu fassen.[11][12]

Welzer plädiert in Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand für einen reduktiven Lebensstil im Gegensatz zum – nicht nur in der westlichen Welt vorherrschenden – alles immer. Es gehe nicht um Wachstum, Effizienz und Konsum, sondern um Glück und Zukunftstauglichkeit. Weder das Glück, noch die Zukunftstauglichkeit hänge aber im Wesentlichen vom Besitz ab. Welzer kritisiert, dass der gegenwärtig praktizierte Lebensstil unserer Gesellschaft durch hypertrophes Wachstum seine eigenen Voraussetzungen konsumiere. Welzer stellt verschiedene erfolgreiche Formen des Selbstdenkens und -handelns vor, die sich am Gemeinwohl statt an individuellem Profit orientieren und animiert dazu, die eigenen Handlungsspielräume zu nutzen.[13]

Welzer ist Herausgeber von taz.FUTURZWEI, einer vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift für Politik und Zukunft.[14]

Schriften

Vorträge und Interviews (Auswahl)

Siehe auch

Weblinks

Commons: Harald Welzer - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Homepage von FUTURZWEI. Stiftung Zukunftsfähigkeit.
  2. Pressemitteilung Universität Flensburg (Memento vom 16. Juli 2011 im Internet Archive)
  3. Archivlink (Memento vom 24. August 2016 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft (bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis)
  4. Welzer, Das kommunikative Gedächtnis.2002, S. 111
  5. Welzer, Das kommunikative Gedächtnis.2002, S. 24
  6. Welzer, Das kommunikative Gedächtnis.2002, S. 119
  7. Isabel Heinemann: H. Welzer u. a.: „Opa war kein Nazi“. H-Soz-Kult, abgerufen am 25. März 2018 (Rezension).
  8. Rezensionsnotizen zu Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden bei perlentaucher.de
  9. die tageszeitung: „Ein schlechtes Gewissen reicht nicht“. Interview mit Jan Feddersen und Reiner Metzger, 18. April 2008
  10. Frankfurter Allgemeine Zeitung: Die Apokalypse ist ein unfertiges Puzzle. 2. Juni 2008
  11. Die Zeit: Brandneu: Das Klima! 30. Juli 2008
  12. Rezensionsnotizen zu Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird bei perlentaucher.de
  13. Rezensionsnotizen zu Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand bei perlentaucher.de
  14. Heftvorschau FUTURZWEI 6. www.taz.de, 3. September 2018, abgerufen am 28. Dezember 2018.
  15. Wir werden Verantwortung getragen haben, Rezension von Martin Tschechne im Deutschlandradio Kultur vom 17. Januar 2015, abgerufen 17. Januar 2015

[[Kategorie:Autor (Pädagogik)


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