Schmerz

Aus AnthroWiki
Version vom 23. April 2009, 23:21 Uhr von imported>Odyssee

Schmerz (althdt. smerzo, möglicherweise abgleitet von griech. smerdaléos = schrecklich, grässlich, furchtbar) ist eine undifferenzierte, komplexe Sinnes- und/oder Gefühlsempfindung, die aus einer partiellen Zerstörung des Leibes resultiert oder zumindest als eine solche empfunden wird. Diese Zerstörung, insofern sie schmerzhaft ist, bildet die Grundlage des Bewusstseins. Aus der Zerstörung des Lebens wird das Bewusstsein geboren und Schmerz ist die ursprünglichste, noch am wenigsten differenzierte Form des Bewusstseins. Wo sich hingegen das Leben völlig ungehindert entfalten kann, wird das Bewusstsein ausgelöscht. Schmerz beruht auf dem Unvermögen des Astralleibs, in den zerstörten Ätherleib und physischen Leib einzugreifen, was als leidvolle Entbehrung empfunden wird, wie sie nach dem Tod auch im Kamaloka empfunden wird. (Lit.: GA 107, S 67ff)

"Das ist die Stärke des Geistes, daß er die Zerstörung in etwas noch Höheres, als das Leben ist, umschafft und so mitten im Leben ein Höheres, ein Bewußtsein bildet. Im mer weiter und weiter sehen wir dann die verschiedenen Schmerzerlehnisse zu den Organen des Bewußtseins sich entwickeln. Man sieht es schon bei den Tieren, die zur Ab wehr nach außen nur ein Reflexbewußtsein haben, ähnlich wie der Mensch, wenn Gefahr für das Auge besteht, dasselbe schließt. Wenn die Reflexbewegung nicht mehr genügt, das innere Leben zu schonen, wenn der Reiz zu stark wird, so erhebt sich die innere Widerstandskraft und gebiert die Sinne, die Empfindung, Auge und Ohr. Sie wissen vielleicht aus mancher unliebsamen Erfahrung heraus, vielleicht auch instinktiv, daß die Sache so ist. Ja, Sie wissen aus einer höheren Stufe Ihres Bewußtseins ganz genau, daß das, was jetzt gesagt worden ist, eine Wahrheit ist. Ein Beispiel wird die Sache noch verdeutlichen. Wann fühlen Sie gewisse innere Organe Ihres Organismus? Sie gehen durchs Leben und fühlen weder Ihren Magen, noch Ihre Leber, noch Ihre Lunge, Sie fühlen keines Ihrer Organe, solange sie gesund sind. Sie fühlen sie nur dann, wenn sie Sie schmer zen, und Sie wissen eigentlich erst, daß Sie dieses oder jenes Organ haben, wenn es Sie schmerzt, wenn Sie empfinden, daß da etwas nicht in Ordnung ist, daß ein Zerstörungsprozeß beginnt.

Wenn wir dieses Beispiel, diese Erklärung nehmen, dann sehen wir, daß aus dem Schmerz fortwährend bewußtes Leben geboren wird. Tritt der Schmerz zum Leben, so ge biert er die Empfindung und das Bewußtsein. Dieses Ge­bären, dieses Hervorbringen eines Höheren, spiegelt sich wiederum im Bewußtsein als die Lust, und es gab nie eine Lust, ohne daß es vorher einen Schmerz gegeben hätte. Unten in dem Leben, das sich eben aus der physischen Ma terie heraus erhebt, gibt es noch keine Lust. Wenn aber der Schmerz Bewußtsein hat erstehen lassen und als Bewußt sein schöpferisch weiterwirkt, dann ist diese Schöpfung auf einer höheren Stufe und drückt sich im Gefühle der Lust aus. Dem Schaffen liegt die Lust zugrunde. Lust kann nur da sein, wo innerliches oder äußerliches Schaffen möglich ist. Irgendwie liegt einer jeden Lust das Schaffen zugrunde, wie jeder Unlust die Notwendigkeit des Schaffens zugrunde liegt. Nehmen Sie etwas, was auf niederer Stufe das Leid charakterisieren kann, zum Beispiel das Gefühl des Hun­gers, der das Leben zerstören kann. Dem treten Sie mit der Nahrung entgegen. Die Nahrungsaufnahme wird zum Ge nuß, weil die Nahrung in der Lage ist, in eine Lebenssteige rung, in eine Lebensproduktion überzugehen. So sehen Sie, daß auf Grundlage des Schmerzes höheres Schaffen, Lust entsteht. Eher als die Lust ist also das Leid." (Lit.: GA 55, S 82ff)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Erkenntnis des Übersinnlichen in unserer Zeit, GA 55 (1983)
  2. Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Menschenkunde, GA 107 (1988)
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.