Albtraum und Soziale Gemeinschaft: Unterschied zwischen den Seiten

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{{Textbox|<poem>Heilsam ist nur, wenn
[[Datei:Incubus.jpg|miniatur|300px|[[Incubus]], kolorierte Aquatinta (1870)]]
Im Spiegel der Menschenseele
[[Datei:Ernst Barlach Der Alb.jpg|miniatur|300px|[[Wikipedia:Ernst Barlach|Ernst Barlach]], Der Alb]]
Sich bildet die ganze Gemeinschaft
Und in der Gemeinschaft
Lebet der Einzelseele Kraft.


Der '''Albtraum''', auch '''Alptraum''', '''Alpdruck''', '''Albdruck''' oder veraltet '''Nachtmahr''' ([[Wikipedia:Englische Sprache|engl.]] ''nightmare'') genannt, ist ein von [[panik]]artiger [[Angst]] erfüllter [[Traum]], der nach [[Rudolf Steiner]] durch einen unregelmäßigen [[Atmung]]sprozess bedingt ist.
                  <small>5. November 1920 Rudolf Steiner
                                                Für Edith Maryon</small></poem>|in «In Ausführung der Dreigliederung ...» {{GZ||40|298}}}}
Eine '''soziale Gemeinschaft''' ist eine '''Menschengemeinschaft''', d.h. eine '''Gruppe''' von [[Mensch]]en, die etwas miteinander ''gemein'' (von {{idg|*mei-|tauschen, wechseln}}) haben. Das Gemeinschaftliche kann dabei auf [[leib]]lichen, [[seelisch]]en und/oder [[geist]]igen Faktoren beruhen. Umfassendere und über längere Zeiträume bestehende soziale Gemeinschaften bilden die [[Gesellschaft]].


<div style="margin-left:20px">
== Übersicht ==
"Welches ist der physische Ausdruck für unregelmäßiges
Atmen? Es ist der Alpdruck. Das Wort kommt her von Alb,
Alf oder Elb, Elf und hängt auch zusammen mit Orpheus.
So sehen wir, daß wir in ihm nichts anderes haben als ein
Geistiges, welches im Atmungsprozeß so wirkt, daß das Ich
nicht zur vollen Entfaltung kommen kann. Wenn der Atmungsprozeß
unregelmäßig ist, dann hat das Heer niederer
Geister Zutritt zum Menschen. Und nun nennen Sie es
krankhaft oder wie Sie wollen, darauf kommt es nicht an;
es kommt darauf an, was sich dadurch im Menschen entwickelt.
Von unserem heutigen Standpunkte aus muß dieser
Zustand ja als krankhaft bezeichnet werden. Denn wenn
es auch ein Zurückschrauben ist auf einen früheren Zustand,
so ist doch dieser Zustand heute ein Übergang vom Normalen
zum Abnormalen.


Unser heutiger Atmungsprozeß ist entsprungen einem
Die [[Blutsverwandtschaft]] beruht auf leiblicher [[Vererbung|Abstammung]]; teilweise kann das auch bei der Zugehörigkeit zu einer [[Familie]] (nicht aber bei [[Wikipedia:Adoption|Adoption]] und nur partiell bei [[Wikipedia:Stieffamilie|Patchworkfamilien]]) oder zu einem [[Volk]] bzw. zu einer [[Volk]]sgruppe der Fall sein. Durch die gemeinsame [[Wikipedia:Tradition|Tradition]], durch gemeinsame Lebensgewohnheiten, aber auch durch die [[Äthergeographie|äthergeographischen]] Verhältnisse entsteht eine mehr oder weniger starke [[ätherisch]]e Verbindung, eine gemeinsame [[Äther]]hülle. Die [[physisch]]-[[Geographie|geographischen]] [[terrestrisch]]en Kräfte wirken sogar bis in den [[Physischer Leib|physischen Leib]].  
Prozeß, der als Überbleibsel im Alpdruck vorhanden ist, in
ihm sein letztes Erbstück hat, einem Prozeß, wo der Mensch
nicht so viel Sauerstoff brauchte. Als der Mensch noch dem
Pflanzenzustande näher war, hatte er eine andere Bewußtseinsform,
war untergetaucht in das alte dämmerhafte Bewußtsein.
Dann tauchte er daraus auf, und beim Übergang,
als der Mensch abwechselnd da und dort in seinem Bewußtsein
war, erlebte der alteuropäische Mensch alles dasjenige,
was in allem Alben- und Elfenwesen uns entgegentritt.
So blicken wir in einer natürlichen Weise zurück in uralte
Zustände. Wir haben im Alpdrücken den heutigen äußeren
Zustand von etwas, was geistig war, und was nichts anderes
darstellt, als den Überrest des alten hellseherischen Bewußtseins,
des Bilderbewußtseins, das Mythen und Sagen
schafft." {{Lit|{{G|57|413f}}}}
</div>


<div style="margin-left:20px">
Das '''Gemeinschaftsgefühl''', das '''Wir-Gefühl''' (→ [[Wikipedia:Kohäsion (Psychologie)|Kohäsion]]), das in alten Zeiten schon unmittelbar durch das gemeinsame [[Blut]] gegeben war, muss heute zunehmend aktiv errungen werden. Die seelische Gemeinschaft kann bis zur echten [[Seelenverwandtschaft]] gesteigert sein. Entscheidend sind hier oft auch [[Karma|karmische]] Faktoren und [[Vorgeburtliches Leben|vorgeburtliche Erlebnisse]]. Am wichtigsten für die zukünftige Entwicklung ist die Bildung [[frei]]er [[geist]]iger Gemeinschaften, die dem [[Individuum]] die Möglichkeit geben, am andern Individuum geistig zu erwachen - und damit für die [[geistige Welt]] überhaupt. Durch freie geistige Gemeinschaften wird das Tor zu höheren geistigen Kräften geöffnet, die dem einzelnen Menschen nicht zugänglich sind. Dadurch wird auch erst wieder eine echte Gemeinschaft der Lebenden und der [[Tote]]n möglich, die in der fernen Vergangenheit zu den blutsverwandten [[Ahnen]] unmittelbar gegeben war. Dann erst nähern wir uns dem höchsten Ziel einer wirklichen '''Menschheitsgemeinschaft'''.
"Im normalen Leben merken wir nicht, wie Sympathien und Antipathien
ineinanderspielen im eigentlich seelischen Leben. Wir merken
aber dieses Ineinanderspielen von Sympathien und Antipathien, wenn
die Verbindung mit der Außenwelt anormal wird und wenn wir das
Abwehren, das Antipathisieren, das aus dem Schlafe stammt, ebenfalls
anormal entwickeln. Das ist dann der Fall, wenn zum Beispiel das
Atmen sich nicht in richtiger Weise einstellt beim Schlafe und wir unter
Alpdruck leiden. Dieser Alpdruck wird seelisch im wesentlichen
erlebt als ein antipathisierendes Abwehren dessen, was in uns hereindringen
will, was uns nur in mangelhafter Weise unsere Egoität erleben
läßt." {{Lit|{{G|208|162f}}}}
</div>


<div style="margin-left:20px">
{{GZ|Es ist bei jeder menschlichen Gemeinschaft so, daß aus der
"Was in meinem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren
Gemeinschaft heraus dem Menschen Kräfte zufließen, nur muß die Gemeinschaft
Welten?» Inspirationen genannt wird, das ist nur das zur Helligkeit,
eine wirkliche Gemeinschaft sein. Man muß sie fühlen, empfinden
zum Vollbewußtsein heraufgehobene Erleben desjenigen, was bei jedem
und erleben.|316|110}}
Menschen unten im Gefühlsleben unbewußt an Inspirationen vorhanden
ist. Und wenn besonders veranlagte Leute von ihren Inspirationen
sprechen, so sprechen sie eigentlich von dem, was die Welt in ihr
Gefühlsleben hineingelegt hat und durch ihre Anlagen heraufkommen
läßt in ihr volles Wachbewußtsein. Es ist das ebenso Weltinhalt, wie
der Gedankeninhalt Weltinhalt ist. Aber in dem Leben zwischen Geburt
und Tod spiegeln diese unbewußten Inspirationen solche Weltenvorgänge,
die wir nur träumend erleben können; sonst würde unser
Ich in diesen Vorgängen sich verbrennen oder es würde ersticken, namentlich
ersticken. Dieses Ersticken beginnt auch manchmal beim Menschen
in abnormen Zuständen. Denken Sie nur einmal, Sie haben Alpdruck.
Dann will ein Zustand, der sich abspielt zwischen Ihnen und
der äußeren Luft, wenn bei einem Menschen in diesem Wechselverhältnis
nicht alles in Ordnung ist, in abnormer Weise übergehen in
etwas anderes. Indem das übergehen will in Ihr Ich-Bewußtsein, wird
es Ihnen nicht als eine normale Vorstellung bewußt, sondern als eine
Sie quälende Vorstellung: als der Alpdruck. Und so qualvoll wie das
abnorme Atmen im Alpdruck, so qualvoll wäre das gesamte Atmen,
wäre jeder Atemzug, wenn der Mensch das Atmen vollbewußt erleben
würde. Er würde es fühlend erleben, aber qualvoll wäre es für ihn. Es
wird daher abgestumpft, und so wird es nicht als physischer Vorgang,
sondern nur in dem träumerischen Gefühl erlebt." {{Lit|{{G|293|100f}}}}
</div>


<div style="margin-left:20px">
== Das Vorbild der Natur ==
"Zwei Gestalten
haben die Dinge, die instinktiv im Menschen diesen Menschen besessen
machen, zwei Gestalten haben sie vor dem [[Hüter der Schwelle]].
Das heißt, kommt man zur Schwelle, dann stellt sich heraus: dasjenige,
wovon man instinktiv besessen ist, hat entweder die eine oder die andere
Gestalt. Die eine Gestalt kann man bezeichnen als die Gespenstgestalt.
Das, wovon der Mensch instinktiv besessen ist, tritt in dem
einen Falle so auf vor dem Hüter der Schwelle, daß es wie eine äußere
Wahrnehmung ist; sie ist dann halluzinär, aber sie ist eine äußere
Wahrnehmung, sie tritt tatsächlich vor den Menschen hin und kündigt
sich dem Menschen wie eine äußere Wahrnehmung an. Das ist der
Gespenstcharakter. Es kann also etwas, was instinktiv im Menschen
lebt, was in ihm rumort, wenn er es bewußt kennenlernt beim Hüter
der Schwelle, wo alle Instinkte aufhören, wo die Dinge anfangen, voll-
bewußt zu sein und in das freie Geistesleben sich einzugliedern, es
kann vor dem Hüter der Schwelle ein solches instinktiv Lebendes als
Gespenst auftreten. Dann ist man es los als Instinkt. Man darf sich
nicht fürchten davor, daß so etwas als Gespenst auftritt, denn nur dadurch
bekommt man es los, daß man es in der Objektivierung außen
sieht, daß man das, was da in einem rumort, wirklich als Gespenst
außen vor sich hat. Das ist die eine Form. Die andere Form, in der ein
solches Instinktives auftreten kann, das ist die als Alp. Das ist nicht
eine Wahrnehmung von außen, sondern eine bedrückende Empfindung
oder auch eine Nachwirkung in einer Vision von dem, was einen
bedrückt, ein imaginatives Erlebnis, das man aber zugleich als Alpdruck
empfindet." {{Lit|{{G|186|16f}}}}
</div>


== Der Albtraum, das Fragemotiv und die Sphinx ==
Zahlose Vorbilder für die Bedeutung der Gemeinschaftsbildung lasssen sich in der [[leben]]digen und [[beseelt]]en [[Natur]] finden. Man darf sich hier nur nicht durch das einseitige Bild des [[Darwinismus]] blenden lassen, wonach die ganze [[Evolution]] auf dem Prinzip des „[[Kampf ums Dasein|Kampfes ums Dasein]]“ begründet sei. Schon [[Kropotkin]] hat darauf hingewiesen, wie verbreitet dengegenüber das Prinzip der „[[Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt|Gegenseitigen Hilfe in der Tier- und Menschenwelt]]“ ist. Das zeigt sich ganz besonders deutlich schon am Zusammenwirken der einzelnen [[Zelle]]n in einem [[Organismus]], der ohne diese harmonische Zusammenarbeit seiner „Bestandteile“ gar nicht existieren könnte. Das dabei auch durch eine Art von „Kampf ums Dasein“ unbrauchbare oder schädliche Teile abgetötet und ausgeschieden werden, ist kein taugliches Gegenargument. Letzlich kommt es auf das richtige Gleichgewicht von [[Aufbaukräfte|aufbauenden]] und [[Abbaukräfte|abbauenden Kräften]] an. Die eigentliche [[Lebensfähigkeit]] des Organismus beruht aber auf der reibungslosen Zusammenarbeit seiner [[Organe]] und Zellen. In weiterer Konsequenz wird es auch erst dadurch möglich, dass sich höhere [[seelisch]]e und [[geist]]ige Kräfte in diesem Organismus verkörper. Nicht anders ist es auch bei sozialen Gemeinschaften. Durch ihr Zusammenwirken strömen der Gemeinschaft Lebenskräfte, d.h.  [[Äther]]kräfte zu. Der [[Ätherleib]] jedes einzelnen Mitglieds wird dadurch nachhaltig gestärkt - ein nicht unwesentlicher [[Gesundheit]]sfaktor! Das Ätherische, das gesunde Zusammenleben, bildet die Grundlage des Sozialen überhaupt. Darüber hinaus kann sich erst durch die Gemeinschaft ein höheres Seelisches und Geistiges offenbaren, das dem einzelnen [[Individuum]] in dieser Form gar nicht zugänglich ist. Darauf hat auch [[Rudolf Steiner]] nachdrücklich hingewiesen.
[[Bild:Gustave Moreau Oedipus.jpg|thumb|200px|[[Wikipedia:Gustave Moreau|Gustave Moreau]], Ödipus und die Sphinx]]
In verfeinerter Form zeigt sich Albtraum in der Rätselfrage der [[Sphinx]], wie sie etwa durch die [[Ödipus]]-Sage überliefert ist. Sie beruht auf dem [[luzifer]]ischen Einfluss auf die [[Atmung]] und [[Blut]]bewegung, der in der [[Griechisch-Lateinische Kultur|griechisch-lateinischen Zeit]] besonders stark war und zu einer Ausweitung des [[Ätherleib]]s über die Grenzen des [[Physischer Leib|physischen Leibs]] führte. Heute tritt an dessen Stelle vermehrt der [[ahriman]]ische Einfluss, der sich im Erleben der [[Mephistopheles]]-Gestalt äußert, wie sie [[Goethe]] in seiner [[Faust-Tragödie]] schildert.


{{GZ|In das menschliche Leben spielen immer Erlebnisse
{{GZ|Wir sehen in der ganzen Natur Vorbilder des Zusammenwirkens
herein, die von Luzifer und Ahriman stammen. In das Grunderlebnis
von Einzelwesen in einem Ganzen. Nehmen Sie
der vierten nachatlantischen Periode spielte insbesondere Luzifer
bloß den menschlichen Körper. Er besteht aus selbständigen
herein; in unsere Periode spielt Ahriman herein und bedingt das
Wesen, aus Millionen und Abermillionen von einzelnen
Grunderlebnis. Nun hängt Luzifer mit alledem zusammen, was noch
selbständigen Lebewesen oder Zellen. Wenn Sie einen Teil
nicht bis zur Deutlichkeit der einzelnen Sinne sich ausgewachsen hat,
dieses menschlichen Körpers unter dem Mikroskop betrachten,
was undeutlich an den Menschen, undifferenziert an ihn herankommt.
so rinden Sie, daß er geradezu aus solchen selbständigen
Mit andern Worten, Luzifer hängt mit dem Atemerlebnis zusammen,
Wesen zusammengesetzt ist. Wie wirken sie aber zusammen?
mit dem Erlebnis des Ein- und Ausatmens. Das Atmen des Menschen
Wie ist dasjenige selbstlos geworden, das in der Natur
ist etwas, was in einem ganz bestimmten geregelten Verhältnis stehen
ein Ganzes bilden soll? Keine unserer Zellen macht ihre
muß zu seiner Gesamtorganisation. In dem Augenblick, wo der Atmungsprozeß
Sonderheit in egoistischer Weise geltend. Das Wunderwerkzeug
in irgendeiner Weise gestört ist, verwandelt sich sogleich
des Gedankens, das Gehirn, ist ebenfalls aus Millionen
die Atmung aus dem, wie sie sonst auftritt, nämlich als unbewußter
feiner Zellen gebildet, aber jede wirkt an ihrem Platze in
Vorgang, auf den wir nicht zu achten brauchen, in einen bewußten, in
harmonischer Weise mit den andern. Was bewirkt das Zusammenwirken
einen mehr oder weniger traumhaft bewußten Vorgang. Und wenn -
dieser kleinen Zellen, was bewirkt es, daß
wir können es ganz trivial ausdrücken - der Atmungsprozeß zu energisch
ein höheres Wesen innerhalb dieser kleinen Lebewesen zum
wird, wenn er größere Anforderungen an den Organismus stellt,
Ausdrucke kommt? Des Menschen Seele ist es, die diese
als dieser Organismus leisten kann, dann hat Luzifer die Möglichkeit,
Wirkung hervorbringt. Aber niemals könnte die menschliche
mit dem Atmen einzudringen in den menschlichen Organismus. Er muß
Seele hier auf Erden wirken, wenn nicht diese Millionen
es ja nicht selbst sein, aber seine Scharen tun es, diejenigen, die zu ihm
kleiner Wesen ihre Selbstheit aufgeben und sich in den
gehören.
Dienst des großen, gemeinsamen Wesens stellen würden,
das wir als die Seele bezeichnen. Die Seele sieht mit den
Zellen des Auges, denkt mit den Zellen des Gehirns, lebt
mit den Zellen des Blutes. Da sehen wir, was Vereinigung
bedeutet. Vereinigung bedeutet die Möglichkeit, daß ein
höheres Wesen durch die vereinigten Glieder sich ausdrückt.
Das ist ein allgemeines Prinzip in allem Leben. Fünf Menschen,
die zusammen sind, harmonisch miteinander denken
und fühlen, sind mehr als 1 + 1 + 1 + 1 + 1, sie sind nicht
bloß die Summe aus den fünf, ebensowenig wie unser Körper
die Summe aus den fünf Sinnen ist, sondern das Zusammenleben,
das Ineinanderleben der Menschen bedeutet
etwas ganz Ähnliches, wie das Ineinanderleben der Zellen
des menschlichen Körpers. Eine neue, höhere Wesenheit ist
mitten unter den fünfen, ja schon unter zweien oder dreien.
«Wo zwei oder drei in meinem Namen vereinigt sind, da
bin ich mitten unter ihnen.» Es ist nicht der eine und der
andere und der dritte, sondern etwas ganz Neues, was durch
die Vereinigung entsteht. Aber es entsteht nur, wenn der
einzelne in dem andern lebt, wenn der einzelne seine Kraft
nicht bloß aus sich selbst, sondern auch aus den andern
schöpft. Das kann aber nur geschehen, wenn er selbstlos in
dem andern lebt. So sind die menschlichen Vereinigungen
die geheimnisvollen Stätten, in welche sich höhere geistige
Wesenheiten herniedersenken, um durch die einzelnen Menschen
zu wirken, wie die Seele durch die Glieder des Körpers
wirkt.|54|191}}


Ich weise damit auf eine Erscheinung hin, welche jeder kennt als
== Karmische und vorgeburtliche Ursachen der Gemeinschaftsbildung ==
Traumerlebnis. Dieses Traumerlebnis kann sich in beliebiger Weise
steigern. Der Alptraum, wo also der Mensch durch das gestörte Atmen
zum Traumbewußtsein kommt, so daß sich Erlebnisse der geistigen Welt
hineinmischen können, und auch alle Angst- und Furchterlebnisse, die
mit Alpträumen verbunden sind, haben in dem luziferischen Element
der Welt ihren Ursprung. Alles, was vom gewöhnlichen Atmungsprozeß
übergeht zum Würgen, zu dem Gefühl des Gewürgtwerdens,
das hängt zusammen mit dieser Möglichkeit, daß Luzifer sich einmischt
in den Atmungsprozeß. Das ist der grobe Prozeß, wo durch eine Herabminderung
des Bewußtseins Luzifer sich in das Atemerlebnis hineinmischt,
gestaltenhaf t in das Traumbewußtsein tritt und da zum Würger
wird. Das ist das grobe Erlebnis.


Es gibt aber auch ein feineres Erlebnis, das uns dieses Würgeerlebnis
{{GZ|Da müssen wir unterscheiden zwischen
gleichsam verfeinert, nicht so grob wie ein physisches Würgen darstellt.
dem, was uns mit anderen Menschen durch unser eigentliches Schicksal,
Man achtet gewöhnlich nicht darauf, daß eine solche Verfeinerung des
durch unser Karma in Beziehung bringt, und dem, was nicht in
Würgens zu den menschlichen Erlebnissen gehört. Aber jedesmal, wenn
diesem engsten Sinne mit unserem individuellen Karma zusammenhängt.
an die menschliche Seele dasjenige herantritt, was zu einer Frage wird
Wir haben auf der einen Seite gewisse Beziehungen zu den
oder zu einem Zweifel an diesem oder jenem in der Welt, dann ist in
Menschen, die sich einstellen in unserem Leben; wir knüpfen neue Beziehungen
verfeinerter Weise ein Würgeerlebnis da. Man kann schon sagen: Wenn
an zu einzelnen Menschen. Wir haben Beziehungen, die
wir eine Frage aufstellen müssen, wenn ein kleines oder ein großes Weltenrätsel
nichts anderes sind als die Wirkungen von anderen Verhältnissen, die
sich uns aufdrängt, dann werden wir gewürgt, aber so, daß
in früheren Erdenleben sich angeknüpft haben. Wir knüpfen hier
wir es nicht merken. - Jeder Zweifel, jede Frage ist ein verfeinertes
wiederum Verhältnisse an, die ihre karmische Entwickelung in späteren
Alpdrücken oder ein verfeinerter Alptraum.
Erdenleben finden werden. Das gibt eine ganze Menge von individuellen
Beziehungen der einzelnen Menschen zu anderen einzelnen
Menschen. Diese Beziehungen, die im wesentlichen mit unserem Karma
im engsten Sinne zusammenhängen, müssen wir unterscheiden von den
weiteren Beziehungen, in die wir dadurch zu Menschen kommen, daß
wir mit ihnen solche Gemeinschaften schließen, durch welche wir einer
religiösen Gemeinde, einem Glaubensbekenntnis mit ihnen gemeinsam
angehören, daß wir mit ihnen in gleichem Sinne erzogen werden, mit
ihnen gemeinschaftlich ein Buch lesen und dergleichen, mit ihnen gemeinsam
irgendeine Kunst genießen und so weiter. Diese Menschen,
mit denen wir also in eine irdische Gemeinschaft kommen, müssen
nicht immer durch eine karmische Beziehung aus einem früheren Erdenleben
mit uns zusammen sein. Es gibt allerdings auch solche Gemeinschaften,
die auf gemeinsame Schicksale in früheren Erdenleben
hinweisen, aber mit diesen großen Gemeinschaften, von denen ich eben
gesprochen habe, ist dieses in der Regel nicht der Fall. Doch führt es
auf etwas anderes zurück. Es führt darauf zurück, daß wir gegen das
Ende der Zeit, die wir in der übersinnlichen Welt zwischen dem Tode
und einer neuen Geburt durchleben, wenn wir in dem Zeiträume ankommen,
der nahe liegt unserer neuen Wiederverkörperung, geistige
Beziehungen eingehen - weil wir bis zu einem gewissen Grade da reif
werden für solche geistige Beziehungen - zu den Hierarchien der
Angeloi, Archangeloi und Archai, also geistige Beziehungen zu den
höheren Hierarchien überhaupt; aber daß wir in der geistig-übersinnlichen
Welt vor unserer neuen Geburt auch anderen Menschenseelen
nahekommen, die später verkörpert werden als wir, die in irgendeiner
Weise noch länger auf ihre Verkörperung zu warten haben.
Wir haben eine ganze Summe von übersinnlichen Begegnungen, die
wir gerade durch unsere besondere Reife machen, bevor wir wiederum
durch eine Geburt in das Erdenleben hereingezogen werden. Und
diese Kräfte, die wir dabei aufnehmen, die stellen uns auf der Erde
an denjenigen Platz hin, wo es uns möglich wird, solche Gemeinschaften
des irdisch-geistigen Lebens zu erleben, von denen ich eben
gesprochen habe.|193|48f}}


So verwandeln sich die Erlebnisse, die uns sonst grob entgegentreten,
== Gemeinschaftsbildung im Bewusstseinsseelenzeitalter ==
in feinere Erlebnisse, wenn sie mehr seelisch auftreten. Man kann sich
schon denken, daß die Wissenschaft einmal dazu kommen wird, den
Zusammenhang des Atmungsprozesses mit der Fragestellung oder der
Empfindung eines Zweifels in der Menschenseele zu studieren. Aber
auch alles das, was mit Fragen und Zweifeln zusammenhängt, alles das,
was damit zusammenhängt, daß wir unbefriedigt sind, weil die Welt an
uns herantritt und eine Antwort verlangt, oder weil wir gezwungen
sind, eine Antwort zu geben durch das, was wir sind, hängt mit dem
Luziferischen zusammen.


Wenn wir nun die Sache geisteswissenschaftlich betrachten, so können
{{GZ|Dadurch, daß der Mensch die Naturerscheinungen in der
wir sagen: Bei allem, wo der Würgeengel im Alptraum uns bedrückt,
neueren Naturwissenschaft aussondern muß, daß er sich
oder wo wir durch die Fragestellung eine innere Bedrückung,
entfernt von der Natur, dadurch wird er als Persönlichkeit
einen Anflug von Beängstigung erfahren, haben wir es mit einem gleichsam
auf sich gestellt. Dadurch aber war er zunächst, bevor er
stärkeren, energischeren Atmungsprozeß zu tun, mit etwas, was im
nun wiederum auf jenem übersinnlichen Weg, den ich angedeutet
Atem lebt, was aber, damit die menschliche Natur in der richtigen
habe, zur übersinnlichen Welt kam, um sich wieder
Weise funktioniert, harmonisiert, abgeschwächt werden muß, damit
in die Welt hineinzustellen - wie er früher natürlich drinnengestanden
das Leben richtig verläuft. Was findet nun statt, wenn ein energischerer
war, so jetzt übersinnlich —, bevor er zu
Atmungsprozeß eintritt? Da ist gleichsam der Ätherleib und alles, was
diesem Weg kam, den er nunmehr gegen die Zukunft hin
mit der ätherischen Natur des Menschen zusammenhängt, zu weit ausgedehnt,
zu beschreiten haben wird, war der Mensch gewissermaßen
zu sehr auseinandergedrängt, und da sich das dann auslebt
rein auf die Spitze seiner Persönlichkeit gestellt. Die Naturwissenschaft
im physischen Leibe, so kann es sich nicht auf den physischen Leib
hat ihn auf die Spitze der Persönlichkeit gestellt.
beschränken, es will ihn gewissermaßen auseinanderzerren. Ein zu
Die Naturwissenschaft hat die ganze Seelenverfassung
üppiger, ein zu weit ausgedehnter Ätherleib liegt einem verstärkten
bestimmt. Sie hatte seine Instinkte eingenommen.
Atmungsprozeß zugrunde, und dann besteht die Möglichkeit für das
Dadurch stehen sich die modernen Menschen nicht so wie
luziferische Element, sich besonders geltend zu machen.
die alten Menschen als Bluts- oder Zunftverwandte, sondern
Man kann also sagen: Das Luziferische kann sich in die menschliche
sie stehen sich als Individualitäten, als Persönlichkeiten
Natur hineinschleichen, wenn der Ätherleib geweitet ist. — Man kann
gegenüber. Sie müssen aus der Freiheit heraus ihre Vereinigungen,
auch sagen: Das Luziferische hat die Tendenz, in einem der menschlichen
ihre sozialen Gemeinschaften suchen. Und sie
Form gegenüber geweiteten Ätherleibe sich auszudrücken, also
haben sie daher zunächst nur aus Instinkten gefunden, aber
in einem Ätherleibe, der mehr Raum braucht, als in der menschlichen
aus Instinkten, die etwas Widerspruchsvolles haben, weil
Haut eingeschlossen ist, der die Form üppiger gibt. — Man kann sich
die Zeit der Instinkte vorüber ist, weil der Mensch auf der
nun denken, daß man künstlerisch diese Frage beantworten will, und
einen Seite nicht mehr instinktiv denken kann, sondern
da kann man sagen: So wie der menschliche Ätherleib normal ist, ist er
bewußt denken muß unter der Erziehung der Naturwissenschaft.
der Bildner der menschlichen Gestalt, die physisch vor uns steht. Aber
Und auf der anderen Seite hatte der Mensch noch
sobald er sich weitet, sobald er sich einen größeren Raum, weitere Grenzen
nicht die Möglichkeit, sich wieder durch übersinnliche Erkenntnis
verschaffen will, als in der menschlichen Haut darinnen sind, will
in die Welt hineinzustellen. Daher stellte er sich
er auch andere Formen geben. Es kann da nicht die menschliche Form
hinein in eine neue Welt, über die er dachte, und in die
bleiben. Er will überall über die menschliche Form hinaus. - Dieses
alte Welt so, wie er nicht mehr über sie dachte. Die alten
Problem hat man in alter Zeit schon gelöst. Was für eine Form kommt
Instinkte pflanzte er fort in die Welt, die ihm durch das
da heraus, wenn der geweitete Ätherleib, der nicht für das menschliche
moderne naturwissenschaftliche Denken gar nicht mehr vor
Wesen, sondern für das luziferische Wesen paßt, sich Geltung verschafft
der Seele lag. Dadurch kam, wenn man tiefer seelisch erfaßt,
und formhaft vor die menschliche Seele tritt? Was kommt da
was durch die neuere Menschheit weht, jener klaffende
heraus? Die Sphinx!
Widerspruch in das moderne soziale Leben hinein.|73|316f}}


Hier haben wir eine besondere Art, uns in die Sphinx hinein zu vertiefen.
Für unser gegenwärtiges [[Bewusstseinsseelenzeitalter]] ist es besonders bedeutsam, dass der Mensch in der Gemeinschaft am anderen Menschen in einem noch höheren Sinn erwachen kann.
Die Sphinx ist es, was eigentlich an einem würgt. Wenn der
Ätherleib des Menschen durch die Energie des Atmens sich ausweitet,
taucht ein luziferisches Wesen in der Seele auf. Es lebt in diesem Ätherleibe
nicht die menschliche Gestalt, sondern die luziferische Gestalt, die
Sphinxgestalt. Die Sphinx taucht auf als die Zweifelaufwerferin, als
die Fragepeinigerin. Diese Sphinx hat also eine besondere Beziehung
zum Atmungsprozeß. Wiederum wissen wir aber, daß der Atmungsprozeß
eine besondere Beziehung zur Blutbildung hat. Daher lebt das
Luziferische auch im Blute, durchwogt und durchwallt das Blut.
Überall kann auf dem Umwege durch die Atmung das Luziferische
in das Blut des Menschen hinein, und wenn zuviel Energie in das
Blut hineinkommt, dann ist das Luziferische, die Sphinx, besonders
stark.


So steht der Mensch dadurch, daß er in seinem Atmungsprozeß dem
{{GZ|Nehmen Sie die zwei jedem Menschen ja gut bekannten Bewußtseinszustände,
Kosmos geöffnet ist, der Sphinxnatur gegenüber. Dieses Erlebnis, in
die vorhanden sind: den träumenden Menschen und den
seinem Atmen der Sphinxnatur des Kosmos gegenüberzustehen, dieses
Menschen im gewöhnlichen wachen Tagesbewußtsein. Wie ist es beim
Grunderlebnis ging besonders in der vierten nachatlantischen, der griechisch-
träumenden Menschen? Beim schlafenden Menschen, der nicht träumt,
lateinischen Kulturperiode auf. Und in der Ödipus-Sage sehen
ist es ja ebenso, denn traumlos schlafen heißt nur, daß die Träume so
wir, wie der Mensch der Sphinx gegenübersteht, wie die Sphinx sich an
sehr herabgedämpft sind, daß man sie nicht merkt. Also wie ist es beim
ihn kettet, zur Fragepeinigerin wird. Der Mensch und die Sphinx, oder
träumenden Menschen?
wir können auch sagen, der Mensch und das Luziferische im Weltall
 
sollten gleichsam als ein Grunderlebnis der vierten nachatlantischen
Er lebt in seiner Traumbilderwelt. Er lebt in derselben, indem sie
Kulturperiode so hingestellt werden, daß, wenn der Mensch sein äußeres
oftmals für ihn viel anschaulicher, viel tiefer ins Herz gehend ist - das
normales Leben auf dem physischen Plan nur ein wenig durchbricht,
kann man schon sagen - als dasjenige, was man im Alltag beim wachen
er mit der Sphinxnatur in Berührung kommt. Da tritt Luzifer in seinem
Tagesbewußtsein erlebt. Aber man erlebt es isoliert. Man erlebt es als
Leben an ihn heran, und er muß mit Luzifer, mit der Sphinx fertig
die einzelne menschliche Persönlichkeit. In einem und demselben Zimmer
werden.|158|99ff}}
können zwei Menschen schlafen, sie haben zwei ganz verschiedene
Welten in ihrem Traumbewußtsein. Sie erleben diese Welten nicht miteinander.
Jeder erlebt sie für sich; sie können sich höchstens hinterher
den Inhalt erzählen.
 
Wacht der Mensch auf aus dem Traumbewußtsein in das gewöhnliche
Tagesbewußtsein, so nimmt er durch seine Sinne dieselben Dinge
wahr, die derjenige, der ihm zunächst steht, auch wahrnimmt. Eine
gemeinschaftliche Welt tritt ein. Der Mensch erwacht zu einer gemeinschaftlichen
Welt, indem er aus dem Traumbewußtsein in das wache
Tagesbewußtsein übergeht. Ja, an was erwacht denn der Mensch aus
dem Traumbewußtsein ins wache Tagesbewußtsein? Er erwacht am
Licht, am Geräusch, an seiner natürlichen Umgebung — in dieser Beziehung
machen auch die andern Menschen keine Ausnahme - zum
wachen Tagesbewußtsein, zum gewöhnlichen wachen Tagesbewußtsein.
Aus dem Traum heraus erwacht man an dem Natürlichen des andern
Menschen, an seiner Sprache, an dem, was er einem sagt, und so weiter,
an der Art und Weise, wie sich seine Gedanken und Empfindungen in
die Sprache hineinkleiden. An dem, wodurch der gewöhnliche Mensch,
der andere Mensch sich natürlich auslebt, erwacht man. Also man erwacht
an der natürlichen Umgebung zum gewöhnlichen Tagesbewußtsein.
In allen früheren Zeitaltern war es so, daß der Mensch aus dem
Traumbewußtsein ins wache Tagesbewußtsein an der natürlichen Umgebung
erwachte. Und dann hatte er an seiner natürlichen Umgebung
zugleich das Tor, durch das er, wenn er es tat, in ein Übersinnliches
hineindrang.
 
Mit dem Erwachen der Bewußtseinsseele, mit dem Entfalten der Bewußtseinsseele
ist in dieser Beziehung ein neues Element hereingetreten
ins Menschenleben. Da muß es nämlich noch ein zweites Erwachen
geben, und dieses zweite Erwachen wird immer mehr und mehr als ein
Bedürfnis der Menschheit auftreten: Das ist das Erwachen an Seele
und Geist der andern Menschen. Im gewöhnlichen wachen Tagesleben
erwacht man ja nur an der Natur des andern Menschen; aber an Seele
und Geist des andern Menschen will der Mensch erwachen, der selbständig,
der persönlich durch das Bewußtseinszeitalter geworden ist.
Er will an Seele und Geist des andern Menschen erwachen, er will dem
andern Menschen entgegentreten so, daß der andere Mensch in seiner
eigenen Seele einen solchen Ruck hervorbringt, wie es gegenüber dem
Traumleben das äußere Licht, das äußere Geräusch und so weiter hervorbringt.
 
Dieses Bedürfnis ist einmal ein ganz elementares seit dem Beginne
des 20. Jahrhunderts und wird immer stärker werden. Das ganze 20.
Jahrhundert hindurch wird, trotz allem seinem chaotischen, tumultuarischen
Wesen, das die ganze Zivilisation durchsetzen wird, dieses als
Bedürfnis aufzeigen: es wird sich einstellen das Bedürfnis, daß Menschen
an dem andern Menschen in einem höheren Grade werden erwachen
wollen, als man erwachen kann an der bloßen natürlichen
Umgebung.|257|175ff}}
 
== Anthroposophische Gemeinschaftsbildung ==
 
{{GZ|Nun, wir mögen noch so schöne Ideen aufnehmen aus der Anthroposophie,
aus dieser Kunde von einer geistigen Welt, wir mögen
theoretisch durchdringen alles dasjenige, was von uns vom Äther-,
Astralleib und so weiter gesagt werden kann, wir verstehen dadurch
noch nicht die geistige Welt. Wir beginnen das erste Verständnis für
die geistige Welt erst zu entwickeln, wenn wir am Seelisch-Geistigen
des andern Menschen erwachen. Dann beginnt erst das wirkliche Verständnis
für die Anthroposophie. Ja, es obliegt uns, auszugehen von
jenem Zustande für das wirkliche Verständnis der Anthroposophie,
den man nennen kann: Erwachen des Menschen an dem Geistig-Seelischen
des andern Menschen.|257|116}}
 
{{GZ|Es wird sich bei geistgemäßer
Einstellung ein eigenartiges Verhältnis ergeben in bezug auf die
durch die Meditationen gebildete geistige Substanz, ein Verhältnis
jedes Einzelnen zum Ganzen. Dieses Verhältnis wird sich so gestalten
können: Zu gegebenen Zeiten und für bestimmte Aufgaben wird
sich alles, was durch die Gemeinschaft erarbeitet wird, auf einen
Einzelnen konzentrieren. Er wird dann für seine Aufgaben gewissermaßen
mit der ganzen spirituellen Substanz der Gemeinschaft
begnadet.
 
Wenn die anderen, die zur Gemeinschaft gehören, nun richtig
verstehen, was geschieht, werden sie neidlos, ja mit einer berechtigten
Mitfreude darauf hinschauen, wie dem Einen in diesem Augenblick
alles gegeben ist. Dieser Eine wird umgekehrt nicht nur seinen
eigenen Tugenden oder Talenten zuschreiben können, wenn ihm
jetzt viel gelingt. Er wird das Bewußtsein haben, daß er in wesentlichen
Teilen mit aus dem heraus arbeitet und wirkt, was ihm die
anderen gegeben haben. Und das wird ihn zur Bescheidenheit und
Dankbarkeit aufrufen.|266c|465f}}


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Wo und wie findet man den Geist?'', [[GA 57]] (1984), ISBN 3-7274-0570-8 {{Vorträge|057}}
 
#Rudolf Steiner: ''Der Zusammenhang des Menschen mit der elementarischen Welt'', [[GA 158]] (1993), ISBN 3-7274-1580-0 {{Vorträge|158}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Welträtsel und die Anthroposophie'', [[GA 54]] (1983), ISBN 3-7274-0540-6 {{Vorträge|054}}
#Rudolf Steiner: ''Die soziale Grundforderung unserer Zeit – In geänderter Zeitlage'', [[GA 186]] (1990), ISBN 3-7274-1860-5 {{Vorträge|186}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie'', [[GA 73]] (1987), ISBN 3-7274-0730-1 {{Vorträge|073}}
#Rudolf Steiner: ''Anthroposophie als Kosmosophie Zweiter Teil'', [[GA 208]] (1992), ISBN 3-7274-2080-4 {{Vorträge|208}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Der innere Aspekt des sozialen Rätsels'', [[GA 193]] (1989), ISBN 3-7274-1930-X {{Vorträge|193}}
#Rudolf Steiner: ''Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik'', [[GA 293]] (1992), ISBN 3-7274-2930-5 {{Vorträge|293}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Anthroposophische Gemeinschaftsbildung'', [[GA 257]] (1989), ISBN 3-7274-2570-9 {{Vorträge|257}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band III: 1913 und 1914; 1920 1923'', [[GA 266/3]] ([[GA 266c]]) (1998), ISBN 3-7274-2663-2 {{Vorträge|266c}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heikunst'', [[GA 316]] (2003), ISBN 3-7274-3160-1 {{Vorträge|316}}


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[[Kategorie:Hellsehen]] [[Kategorie:Traum]]
[[Kategorie:Soziales Leben]]
[[Kategorie:Alltagskultur]]

Version vom 31. Oktober 2021, 10:22 Uhr

Heilsam ist nur, wenn
Im Spiegel der Menschenseele
Sich bildet die ganze Gemeinschaft
Und in der Gemeinschaft
Lebet der Einzelseele Kraft.

                  5. November 1920 Rudolf Steiner
                                                 Für Edith Maryon

in «In Ausführung der Dreigliederung ...» (Lit.:GA 40, S. 298)

Eine soziale Gemeinschaft ist eine Menschengemeinschaft, d.h. eine Gruppe von Menschen, die etwas miteinander gemein (von idg. *mei- „tauschen, wechseln“) haben. Das Gemeinschaftliche kann dabei auf leiblichen, seelischen und/oder geistigen Faktoren beruhen. Umfassendere und über längere Zeiträume bestehende soziale Gemeinschaften bilden die Gesellschaft.

Übersicht

Die Blutsverwandtschaft beruht auf leiblicher Abstammung; teilweise kann das auch bei der Zugehörigkeit zu einer Familie (nicht aber bei Adoption und nur partiell bei Patchworkfamilien) oder zu einem Volk bzw. zu einer Volksgruppe der Fall sein. Durch die gemeinsame Tradition, durch gemeinsame Lebensgewohnheiten, aber auch durch die äthergeographischen Verhältnisse entsteht eine mehr oder weniger starke ätherische Verbindung, eine gemeinsame Ätherhülle. Die physisch-geographischen terrestrischen Kräfte wirken sogar bis in den physischen Leib.

Das Gemeinschaftsgefühl, das Wir-Gefühl (→ Kohäsion), das in alten Zeiten schon unmittelbar durch das gemeinsame Blut gegeben war, muss heute zunehmend aktiv errungen werden. Die seelische Gemeinschaft kann bis zur echten Seelenverwandtschaft gesteigert sein. Entscheidend sind hier oft auch karmische Faktoren und vorgeburtliche Erlebnisse. Am wichtigsten für die zukünftige Entwicklung ist die Bildung freier geistiger Gemeinschaften, die dem Individuum die Möglichkeit geben, am andern Individuum geistig zu erwachen - und damit für die geistige Welt überhaupt. Durch freie geistige Gemeinschaften wird das Tor zu höheren geistigen Kräften geöffnet, die dem einzelnen Menschen nicht zugänglich sind. Dadurch wird auch erst wieder eine echte Gemeinschaft der Lebenden und der Toten möglich, die in der fernen Vergangenheit zu den blutsverwandten Ahnen unmittelbar gegeben war. Dann erst nähern wir uns dem höchsten Ziel einer wirklichen Menschheitsgemeinschaft.

„Es ist bei jeder menschlichen Gemeinschaft so, daß aus der Gemeinschaft heraus dem Menschen Kräfte zufließen, nur muß die Gemeinschaft eine wirkliche Gemeinschaft sein. Man muß sie fühlen, empfinden und erleben.“ (Lit.:GA 316, S. 110)

Das Vorbild der Natur

Zahlose Vorbilder für die Bedeutung der Gemeinschaftsbildung lasssen sich in der lebendigen und beseelten Natur finden. Man darf sich hier nur nicht durch das einseitige Bild des Darwinismus blenden lassen, wonach die ganze Evolution auf dem Prinzip des „Kampfes ums Dasein“ begründet sei. Schon Kropotkin hat darauf hingewiesen, wie verbreitet dengegenüber das Prinzip der „Gegenseitigen Hilfe in der Tier- und Menschenwelt“ ist. Das zeigt sich ganz besonders deutlich schon am Zusammenwirken der einzelnen Zellen in einem Organismus, der ohne diese harmonische Zusammenarbeit seiner „Bestandteile“ gar nicht existieren könnte. Das dabei auch durch eine Art von „Kampf ums Dasein“ unbrauchbare oder schädliche Teile abgetötet und ausgeschieden werden, ist kein taugliches Gegenargument. Letzlich kommt es auf das richtige Gleichgewicht von aufbauenden und abbauenden Kräften an. Die eigentliche Lebensfähigkeit des Organismus beruht aber auf der reibungslosen Zusammenarbeit seiner Organe und Zellen. In weiterer Konsequenz wird es auch erst dadurch möglich, dass sich höhere seelische und geistige Kräfte in diesem Organismus verkörper. Nicht anders ist es auch bei sozialen Gemeinschaften. Durch ihr Zusammenwirken strömen der Gemeinschaft Lebenskräfte, d.h. Ätherkräfte zu. Der Ätherleib jedes einzelnen Mitglieds wird dadurch nachhaltig gestärkt - ein nicht unwesentlicher Gesundheitsfaktor! Das Ätherische, das gesunde Zusammenleben, bildet die Grundlage des Sozialen überhaupt. Darüber hinaus kann sich erst durch die Gemeinschaft ein höheres Seelisches und Geistiges offenbaren, das dem einzelnen Individuum in dieser Form gar nicht zugänglich ist. Darauf hat auch Rudolf Steiner nachdrücklich hingewiesen.

„Wir sehen in der ganzen Natur Vorbilder des Zusammenwirkens von Einzelwesen in einem Ganzen. Nehmen Sie bloß den menschlichen Körper. Er besteht aus selbständigen Wesen, aus Millionen und Abermillionen von einzelnen selbständigen Lebewesen oder Zellen. Wenn Sie einen Teil dieses menschlichen Körpers unter dem Mikroskop betrachten, so rinden Sie, daß er geradezu aus solchen selbständigen Wesen zusammengesetzt ist. Wie wirken sie aber zusammen? Wie ist dasjenige selbstlos geworden, das in der Natur ein Ganzes bilden soll? Keine unserer Zellen macht ihre Sonderheit in egoistischer Weise geltend. Das Wunderwerkzeug des Gedankens, das Gehirn, ist ebenfalls aus Millionen feiner Zellen gebildet, aber jede wirkt an ihrem Platze in harmonischer Weise mit den andern. Was bewirkt das Zusammenwirken dieser kleinen Zellen, was bewirkt es, daß ein höheres Wesen innerhalb dieser kleinen Lebewesen zum Ausdrucke kommt? Des Menschen Seele ist es, die diese Wirkung hervorbringt. Aber niemals könnte die menschliche Seele hier auf Erden wirken, wenn nicht diese Millionen kleiner Wesen ihre Selbstheit aufgeben und sich in den Dienst des großen, gemeinsamen Wesens stellen würden, das wir als die Seele bezeichnen. Die Seele sieht mit den Zellen des Auges, denkt mit den Zellen des Gehirns, lebt mit den Zellen des Blutes. Da sehen wir, was Vereinigung bedeutet. Vereinigung bedeutet die Möglichkeit, daß ein höheres Wesen durch die vereinigten Glieder sich ausdrückt. Das ist ein allgemeines Prinzip in allem Leben. Fünf Menschen, die zusammen sind, harmonisch miteinander denken und fühlen, sind mehr als 1 + 1 + 1 + 1 + 1, sie sind nicht bloß die Summe aus den fünf, ebensowenig wie unser Körper die Summe aus den fünf Sinnen ist, sondern das Zusammenleben, das Ineinanderleben der Menschen bedeutet etwas ganz Ähnliches, wie das Ineinanderleben der Zellen des menschlichen Körpers. Eine neue, höhere Wesenheit ist mitten unter den fünfen, ja schon unter zweien oder dreien. «Wo zwei oder drei in meinem Namen vereinigt sind, da bin ich mitten unter ihnen.» Es ist nicht der eine und der andere und der dritte, sondern etwas ganz Neues, was durch die Vereinigung entsteht. Aber es entsteht nur, wenn der einzelne in dem andern lebt, wenn der einzelne seine Kraft nicht bloß aus sich selbst, sondern auch aus den andern schöpft. Das kann aber nur geschehen, wenn er selbstlos in dem andern lebt. So sind die menschlichen Vereinigungen die geheimnisvollen Stätten, in welche sich höhere geistige Wesenheiten herniedersenken, um durch die einzelnen Menschen zu wirken, wie die Seele durch die Glieder des Körpers wirkt.“ (Lit.:GA 54, S. 191)

Karmische und vorgeburtliche Ursachen der Gemeinschaftsbildung

„Da müssen wir unterscheiden zwischen dem, was uns mit anderen Menschen durch unser eigentliches Schicksal, durch unser Karma in Beziehung bringt, und dem, was nicht in diesem engsten Sinne mit unserem individuellen Karma zusammenhängt. Wir haben auf der einen Seite gewisse Beziehungen zu den Menschen, die sich einstellen in unserem Leben; wir knüpfen neue Beziehungen an zu einzelnen Menschen. Wir haben Beziehungen, die nichts anderes sind als die Wirkungen von anderen Verhältnissen, die in früheren Erdenleben sich angeknüpft haben. Wir knüpfen hier wiederum Verhältnisse an, die ihre karmische Entwickelung in späteren Erdenleben finden werden. Das gibt eine ganze Menge von individuellen Beziehungen der einzelnen Menschen zu anderen einzelnen Menschen. Diese Beziehungen, die im wesentlichen mit unserem Karma im engsten Sinne zusammenhängen, müssen wir unterscheiden von den weiteren Beziehungen, in die wir dadurch zu Menschen kommen, daß wir mit ihnen solche Gemeinschaften schließen, durch welche wir einer religiösen Gemeinde, einem Glaubensbekenntnis mit ihnen gemeinsam angehören, daß wir mit ihnen in gleichem Sinne erzogen werden, mit ihnen gemeinschaftlich ein Buch lesen und dergleichen, mit ihnen gemeinsam irgendeine Kunst genießen und so weiter. Diese Menschen, mit denen wir also in eine irdische Gemeinschaft kommen, müssen nicht immer durch eine karmische Beziehung aus einem früheren Erdenleben mit uns zusammen sein. Es gibt allerdings auch solche Gemeinschaften, die auf gemeinsame Schicksale in früheren Erdenleben hinweisen, aber mit diesen großen Gemeinschaften, von denen ich eben gesprochen habe, ist dieses in der Regel nicht der Fall. Doch führt es auf etwas anderes zurück. Es führt darauf zurück, daß wir gegen das Ende der Zeit, die wir in der übersinnlichen Welt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt durchleben, wenn wir in dem Zeiträume ankommen, der nahe liegt unserer neuen Wiederverkörperung, geistige Beziehungen eingehen - weil wir bis zu einem gewissen Grade da reif werden für solche geistige Beziehungen - zu den Hierarchien der Angeloi, Archangeloi und Archai, also geistige Beziehungen zu den höheren Hierarchien überhaupt; aber daß wir in der geistig-übersinnlichen Welt vor unserer neuen Geburt auch anderen Menschenseelen nahekommen, die später verkörpert werden als wir, die in irgendeiner Weise noch länger auf ihre Verkörperung zu warten haben. Wir haben eine ganze Summe von übersinnlichen Begegnungen, die wir gerade durch unsere besondere Reife machen, bevor wir wiederum durch eine Geburt in das Erdenleben hereingezogen werden. Und diese Kräfte, die wir dabei aufnehmen, die stellen uns auf der Erde an denjenigen Platz hin, wo es uns möglich wird, solche Gemeinschaften des irdisch-geistigen Lebens zu erleben, von denen ich eben gesprochen habe.“ (Lit.:GA 193, S. 48f)

Gemeinschaftsbildung im Bewusstseinsseelenzeitalter

„Dadurch, daß der Mensch die Naturerscheinungen in der neueren Naturwissenschaft aussondern muß, daß er sich entfernt von der Natur, dadurch wird er als Persönlichkeit auf sich gestellt. Dadurch aber war er zunächst, bevor er nun wiederum auf jenem übersinnlichen Weg, den ich angedeutet habe, zur übersinnlichen Welt kam, um sich wieder in die Welt hineinzustellen - wie er früher natürlich drinnengestanden war, so jetzt übersinnlich —, bevor er zu diesem Weg kam, den er nunmehr gegen die Zukunft hin zu beschreiten haben wird, war der Mensch gewissermaßen rein auf die Spitze seiner Persönlichkeit gestellt. Die Naturwissenschaft hat ihn auf die Spitze der Persönlichkeit gestellt. Die Naturwissenschaft hat die ganze Seelenverfassung bestimmt. Sie hatte seine Instinkte eingenommen. Dadurch stehen sich die modernen Menschen nicht so wie die alten Menschen als Bluts- oder Zunftverwandte, sondern sie stehen sich als Individualitäten, als Persönlichkeiten gegenüber. Sie müssen aus der Freiheit heraus ihre Vereinigungen, ihre sozialen Gemeinschaften suchen. Und sie haben sie daher zunächst nur aus Instinkten gefunden, aber aus Instinkten, die etwas Widerspruchsvolles haben, weil die Zeit der Instinkte vorüber ist, weil der Mensch auf der einen Seite nicht mehr instinktiv denken kann, sondern bewußt denken muß unter der Erziehung der Naturwissenschaft. Und auf der anderen Seite hatte der Mensch noch nicht die Möglichkeit, sich wieder durch übersinnliche Erkenntnis in die Welt hineinzustellen. Daher stellte er sich hinein in eine neue Welt, über die er dachte, und in die alte Welt so, wie er nicht mehr über sie dachte. Die alten Instinkte pflanzte er fort in die Welt, die ihm durch das moderne naturwissenschaftliche Denken gar nicht mehr vor der Seele lag. Dadurch kam, wenn man tiefer seelisch erfaßt, was durch die neuere Menschheit weht, jener klaffende Widerspruch in das moderne soziale Leben hinein.“ (Lit.:GA 73, S. 316f)

Für unser gegenwärtiges Bewusstseinsseelenzeitalter ist es besonders bedeutsam, dass der Mensch in der Gemeinschaft am anderen Menschen in einem noch höheren Sinn erwachen kann.

„Nehmen Sie die zwei jedem Menschen ja gut bekannten Bewußtseinszustände, die vorhanden sind: den träumenden Menschen und den Menschen im gewöhnlichen wachen Tagesbewußtsein. Wie ist es beim träumenden Menschen? Beim schlafenden Menschen, der nicht träumt, ist es ja ebenso, denn traumlos schlafen heißt nur, daß die Träume so sehr herabgedämpft sind, daß man sie nicht merkt. Also wie ist es beim träumenden Menschen?

Er lebt in seiner Traumbilderwelt. Er lebt in derselben, indem sie oftmals für ihn viel anschaulicher, viel tiefer ins Herz gehend ist - das kann man schon sagen - als dasjenige, was man im Alltag beim wachen Tagesbewußtsein erlebt. Aber man erlebt es isoliert. Man erlebt es als die einzelne menschliche Persönlichkeit. In einem und demselben Zimmer können zwei Menschen schlafen, sie haben zwei ganz verschiedene Welten in ihrem Traumbewußtsein. Sie erleben diese Welten nicht miteinander. Jeder erlebt sie für sich; sie können sich höchstens hinterher den Inhalt erzählen.

Wacht der Mensch auf aus dem Traumbewußtsein in das gewöhnliche Tagesbewußtsein, so nimmt er durch seine Sinne dieselben Dinge wahr, die derjenige, der ihm zunächst steht, auch wahrnimmt. Eine gemeinschaftliche Welt tritt ein. Der Mensch erwacht zu einer gemeinschaftlichen Welt, indem er aus dem Traumbewußtsein in das wache Tagesbewußtsein übergeht. Ja, an was erwacht denn der Mensch aus dem Traumbewußtsein ins wache Tagesbewußtsein? Er erwacht am Licht, am Geräusch, an seiner natürlichen Umgebung — in dieser Beziehung machen auch die andern Menschen keine Ausnahme - zum wachen Tagesbewußtsein, zum gewöhnlichen wachen Tagesbewußtsein. Aus dem Traum heraus erwacht man an dem Natürlichen des andern Menschen, an seiner Sprache, an dem, was er einem sagt, und so weiter, an der Art und Weise, wie sich seine Gedanken und Empfindungen in die Sprache hineinkleiden. An dem, wodurch der gewöhnliche Mensch, der andere Mensch sich natürlich auslebt, erwacht man. Also man erwacht an der natürlichen Umgebung zum gewöhnlichen Tagesbewußtsein. In allen früheren Zeitaltern war es so, daß der Mensch aus dem Traumbewußtsein ins wache Tagesbewußtsein an der natürlichen Umgebung erwachte. Und dann hatte er an seiner natürlichen Umgebung zugleich das Tor, durch das er, wenn er es tat, in ein Übersinnliches hineindrang.

Mit dem Erwachen der Bewußtseinsseele, mit dem Entfalten der Bewußtseinsseele ist in dieser Beziehung ein neues Element hereingetreten ins Menschenleben. Da muß es nämlich noch ein zweites Erwachen geben, und dieses zweite Erwachen wird immer mehr und mehr als ein Bedürfnis der Menschheit auftreten: Das ist das Erwachen an Seele und Geist der andern Menschen. Im gewöhnlichen wachen Tagesleben erwacht man ja nur an der Natur des andern Menschen; aber an Seele und Geist des andern Menschen will der Mensch erwachen, der selbständig, der persönlich durch das Bewußtseinszeitalter geworden ist. Er will an Seele und Geist des andern Menschen erwachen, er will dem andern Menschen entgegentreten so, daß der andere Mensch in seiner eigenen Seele einen solchen Ruck hervorbringt, wie es gegenüber dem Traumleben das äußere Licht, das äußere Geräusch und so weiter hervorbringt.

Dieses Bedürfnis ist einmal ein ganz elementares seit dem Beginne des 20. Jahrhunderts und wird immer stärker werden. Das ganze 20. Jahrhundert hindurch wird, trotz allem seinem chaotischen, tumultuarischen Wesen, das die ganze Zivilisation durchsetzen wird, dieses als Bedürfnis aufzeigen: es wird sich einstellen das Bedürfnis, daß Menschen an dem andern Menschen in einem höheren Grade werden erwachen wollen, als man erwachen kann an der bloßen natürlichen Umgebung.“ (Lit.:GA 257, S. 175ff)

Anthroposophische Gemeinschaftsbildung

„Nun, wir mögen noch so schöne Ideen aufnehmen aus der Anthroposophie, aus dieser Kunde von einer geistigen Welt, wir mögen theoretisch durchdringen alles dasjenige, was von uns vom Äther-, Astralleib und so weiter gesagt werden kann, wir verstehen dadurch noch nicht die geistige Welt. Wir beginnen das erste Verständnis für die geistige Welt erst zu entwickeln, wenn wir am Seelisch-Geistigen des andern Menschen erwachen. Dann beginnt erst das wirkliche Verständnis für die Anthroposophie. Ja, es obliegt uns, auszugehen von jenem Zustande für das wirkliche Verständnis der Anthroposophie, den man nennen kann: Erwachen des Menschen an dem Geistig-Seelischen des andern Menschen.“ (Lit.:GA 257, S. 116)

„Es wird sich bei geistgemäßer Einstellung ein eigenartiges Verhältnis ergeben in bezug auf die durch die Meditationen gebildete geistige Substanz, ein Verhältnis jedes Einzelnen zum Ganzen. Dieses Verhältnis wird sich so gestalten können: Zu gegebenen Zeiten und für bestimmte Aufgaben wird sich alles, was durch die Gemeinschaft erarbeitet wird, auf einen Einzelnen konzentrieren. Er wird dann für seine Aufgaben gewissermaßen mit der ganzen spirituellen Substanz der Gemeinschaft begnadet.

Wenn die anderen, die zur Gemeinschaft gehören, nun richtig verstehen, was geschieht, werden sie neidlos, ja mit einer berechtigten Mitfreude darauf hinschauen, wie dem Einen in diesem Augenblick alles gegeben ist. Dieser Eine wird umgekehrt nicht nur seinen eigenen Tugenden oder Talenten zuschreiben können, wenn ihm jetzt viel gelingt. Er wird das Bewußtsein haben, daß er in wesentlichen Teilen mit aus dem heraus arbeitet und wirkt, was ihm die anderen gegeben haben. Und das wird ihn zur Bescheidenheit und Dankbarkeit aufrufen.“ (Lit.:GA 266c, S. 465f)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.