Vagina

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Schematische Darstellung der weiblichen Geschlechtsorgane des Menschen

Die Vagina (mittellateinisch vāgīnaScheide‘,[1] griechisch κόλπος kólpos ‚Mutterschoß‘,[2] ursprünglich: ‚Bucht‘ (vom Meer); Plural Vaginen)[3] oder Scheide ist ein schlauchförmiges primäres Geschlechtsorgan weiblicher Säugetiere und damit auch der Frau. Sie verbindet den äußeren Muttermund mit dem Scheidenvorhof und schützt die tiefer im Körper liegenden inneren weiblichen Geschlechtsorgane. Bei Geschlechtsverkehr kann sie den Penis eines männlichen Partners aufnehmen („Vaginalverkehr“). Außerdem ist sie ein Teil des Geburtskanals. Normalerweise liegen die Vaginalwände flach aufeinander, wobei sie eine spaltförmige, dem Buchstaben „H“ ähnliche Form einnehmen.

Das äußere sichtbare Ende der Vagina der Frau gehört zur Vulva. Die Vulva hat zusammen mit der Klitoris (Klitoris-Eichel und den Klitoris-Schwellkörpern) eine wesentliche Bedeutung bei der sexuellen Erregung der Frau, meist stärker als die Vagina (siehe „klitoraler und vaginaler Orgasmus“).

Oftmals wird in der Alltagssprache der Begriff Vagina fälschlicherweise verwendet, um die Vulva insgesamt zu bezeichnen.[4] Im weiteren Sinne werden auch bestimmte weibliche Geschlechtsorgane bei Nichtsäugern als Vagina bezeichnet, etwa bei Fadenwürmern oder Insekten.

Vulva mit Vaginalöffnung oder Scheideneingang, Introitus vaginae (4):
1: Klitorisvorhaut, Praeputium clitoridis
2: Klitoriseichel, Glans clitoridis
3: Harnröhrenmündung, Meatus urethrae externus;
4: Öffnung der Vagina, Ostium vaginae
5: äußere Schamlippen, Labia maiora pudendi
6: innere Schamlippen, Labia minora pudendi
7. Anus;
zwischen 5: und 7: liegt der Damm, Perineum, mit der Raphe perinei (hier verstrichen)

Anatomie

Makroskopische Anatomie bei der Frau

Skizze der eröffneten Vulva (oberer Teil) und Vagina (unterer Teil). Blick auf das Innere der Vagina (von ventral) mit den Scheidenrunzeln und dem Muttermund (Portio vaginalis uteri)
Ultraschallbild von 1: Harnblase; 2: Gebärmutter; 3: Vagina
Äußerer Muttermund (Portio vaginalis uteri) und hinteres Ende der Vagina einer stillenden Frau nach zweimaliger Geburt, Para 2.

Die Vagina ist ein dehnbarer, muskulös-bindegewebiger Schlauch, der bei erwachsenen Frauen 8 bis 12 cm lang ist.[5] Dabei ist die hintere Scheidenwand (Pars posterior) durch die Lage der Gebärmutter etwas länger als die vordere Scheidenwand (Pars anterior).[6] Die Vagina liegt etwa in der Beckenachse und durchquert hier den Beckenboden.[7] Im ungedehnten Zustand ist sie durch das Parakolpium abgeflacht, die vordere und die hintere Wand berühren sich und umschließen das Lumen der Vagina, das einen H-förmigen Spalt bildet und dadurch eine Entfaltung ohne große Spannung ermöglicht.[8] An der vorderen und hinteren Scheidenwand befinden sich zudem Querfalten, die als Scheidenrunzeln Rugae vaginales bezeichnet werden und eine vordere und eine hintere Runzelsäule bilden (Columnae rugarum anterior et posterior). Diese verstärken beim Geschlechtsverkehr die Reizwirkung und stellen zugleich eine Dehnungsreserve für die Geburt dar.[9]

Die Vagina mündet mit der Scheidenöffnung (Ostium vaginae oder Introitus vaginae) in den Scheidenvorhof (Vestibulum vaginae) der Vulva. Bei manchen Frauen ist hier eine Hautfalte vorhanden, die verschiedentlich auch als Jungfernhäutchen, (Hymen), bezeichnet wird. Ist die Scheidenöffnung normal ausgeprägt, kann das Menstruationsblut abfließen.

Gebärmutterseitig ragt die Portio vaginalis uteri des Gebärmutterhalses (Cervix uteri) in die Vagina vor. Diese wird von der Vagina so umfasst, dass sie zwischen dem tiefen, hinteren (dorsalen), sowie dem kleineren seitlichen und dem vorderen (ventralen) flachen Scheidengewölbe (Fornix vaginae) liegt.[7] Das hintere Scheidengewölbe reicht bis an den Douglas-Raum (Excavatio rectouterina) heran,[7] einer taschenförmige Aussackung des Bauchfells (Peritoneum) und damit der tiefste Teil des Bauchraums zwischen Mastdarm und Gebärmutter. Die Hinterwand (Dorsalwand) der Vagina ist durch Bindegewebe (Septum rectovaginale) mit dem Mastdarm und die Vorderwand über das Septum vesicovaginale und das Septum urethrovaginale mit der Harnblase und der Harnröhre verbunden.[7]

Der Gebärmutterhals ist um etwa 90° nach vorn abgeknickt und folgt damit nicht der durch die Vagina vorgegebenen Richtung.

Muskulatur, Blutversorgung und Nerven

Das vordere Drittel der Vagina mit typischen Scheidenrunzeln.

Neben der glatten Muskulatur in der Scheidenwand wird die Scheide von quergestreiften Muskeln umgeben, die gitterartig angeordnet sind. Der Musculus pubococcygeus, ein Anteil des Musculus levator ani, ist ein Muskel des Beckenbodens. Die Muskeln beider Seiten (Levatorschenkel) umfassen die Scheide wie eine Schlinge und ermöglichen eine willkürliche Verengung der Scheide.

Die Blutversorgung der Vagina erfolgt über die Arteria vaginalis aus der Arteria iliaca interna, die unterhalb der Arteria uterina entspringt. Hinzu kommen Versorgungsäste der Arteria vesicalis inferior und der Arteria pudenda interna. Das die Vagina umgebenden Venengeflecht (Plexus venosus vaginalis) wird über die Vena uterina abgeleitet.[8] Die Lymphe des oberen Teils der Vagina fließt über die Nodi lymphatici iliaci interni in die Lendenlymphknoten (Nodi lymphatici lumbales), vom unteren Teil in die Leistenlymphknoten (Nodi lymphatici inguinales superficiales).[6] Die Nervenversorgung der Vagina erfolgt durch den Plexus uterovaginalis.[6][10]

Mikroskopische Anatomie bei der Frau

Mikroskopischer Schnitt durch die Vaginalwand des Menschen. Man sieht eine in Hämatoxylin-Eosin-Färbung dargestellte Tunica mucosa vaginae, mit der zugehörigen Oberflächenepithelschicht und die darunterliegende Bindegewebsschicht Lamina propria
Histologie zweier Vaginalmucosae: Links prämenopausal Rechts: postmenopausal

Die Scheidenwand ist mit einer Wandstärke von etwa drei Millimetern sehr dünn.[5] Die Vaginalschleimhaut, Tunica mucosa vaginae trägt ein mehrschichtiges, unverhorntes Plattenepithel (Vaginalepithel), das nur eine minimale Präkeratinbildung zeigt. Sie ist glykogenreich und drüsenlos (kutane Schleimhaut). Das Epithel liegt auf einer Lamina propria, die reich an elastischen Fasern und weitlumigen Venen ist.[9] Das Epithel unterliegt im Verlauf des Sexualzyklus ständigen Umbauprozessen, die durch Östrogene und Progesteron gesteuert werden.[8] Im Querschnitt zeigt die Vagina folgenden Wandaufbau:

  • Schleimhaut, Tunica mucosa vaginae: Bestimmt die Oberflächenbeschaffenheit und sorgt für ein saures Milieu (pH um 4), durch die abgestorbenen Zellen des Vaginalepithels, die aufgrund des sehr hohen Glykogenanteils ein gutes Substrat für Milchsäurebakterien (Döderlein-Bakterien) darstellen und zur Ausbildung der speziellen Scheidenflora Mikrobiom führen, was der Ansiedlung von Bakterien entgegenwirkt. Zur Tunica mucosa vaginae werden das eigentliche Vaginalepithel und die darunterliegende Lamina propria gezählt. Das Epithel der Vagina ist ein mehrschichtiges, unverhorntes Plattenepithel, das sich weiter in vier Schichten differenziert:
  • Basalzellschicht, Stratum basale
  • Parabasalschicht, Stratum parabasale
  • Intermediärschicht, Stratum intermedium
  • Superfizialschicht, Stratum superficiale

Sie sitzen der Lamina propria auf und besteht aus lockerem Bindegewebe, das reich an elastischen Fasern und Lymphozyten ist. In der Lamina propria finden sich Kapillaren und Lymphgefäße, aus denen bei sexueller Erregung ein Transsudat durch das Epithel in die Scheide abgepreßt wird, sowie den Plexus venosus vaginalis. Die nervale Innervation der Vagina oder Sensibilität ist nur gering. So finden sich nur wenige freie Nervenendigungen, sensorische Fasern fehlen gänzlich.

  • Muskelschicht, Tunica muscularis vaginae: Nach innen kann man eine Ringmuskulatur, nach außen eine Längsmuskulatur erkennen. Durch sie kann sich die Vagina bei Erweiterung wieder ringförmig und längs zusammenziehen. Bei diesen Muskeln handelt es sich um glatte Muskulatur, eingebettet in ein bindegewebiges Gerüst. Die maschen- oder gitterartige Anordnung der glatten Muskelfaserzüge hat einen zirkulären, an der Vorderwand auch längsgerichteten Verlauf. Diese Muskulatur setzt sich in der Muskulatur an der Zervix und des Dammes fort. Das vorhandene Bindegewebe ist scherengitterartig angeordnet und besteht aus kollagenen aber auch zahlreichen elastischen Fasern. Durch diesen Aufbau ist biomechanisch eine ausgedehnte Dehnung der Vagina möglich.
  • Bindegewebsschicht, Tunica adventita vaginae: Sie enthält viele elastische Fasern und ist mit den Bindegewebshüllen von Beckenboden, Harnröhre und Harnblase verbunden. Es wird auch als „Parakolpium“ bezeichnet. Die dichte Hüllstruktur aus Bindegewebe verbindet die Vagina mit ihrer Umgebung besonders mit der Urethra. Sie enthält zahlreiche elastische Fasern und grenzt kopfwärts (kranial) an das Parametrium.

Vergleichende Anatomie

Obwohl der Begriff Vagina vor allem bei den Säugetieren verwendet wird, findet er auch Anwendung bei der Beschreibung analoger Organe anderer Tiergruppen. So findet man beispielsweise auch bei den Insekten eine Vagina. Diese befindet sich am achten Hinterleibssegment und stellt eine unpaare, mit Chitin ausgekleidete Struktur dar, die den Aedeagus (das Analogon des Penis bei den Insekten) des Männchens bei der Begattung aufnimmt.

Innerhalb der Wirbeltiere entwickelte sich die Vagina erst bei den Theria, also der systematischen Gruppe, die die Beuteltiere und die höheren Säugetiere umfasst. Bei den Reptilien und Vögeln ist entsprechend keine Vagina im engeren Sinne ausgebildet, in der Vogelanatomie wird jedoch der letzte Abschnitt des Legedarms, in dem das Eioberhäutchen gebildet wird, als Vagina bezeichnet.[11] Bei den eierlegenden Kloakentieren münden die beiden Gebärmütter in einen gemeinsamen Sinus urogenitalis, der sich in eine Kloake öffnet.[12] Bei den Beutelsäugern (Metatheria) ist die Vagina paarig (Vagina duplex), da der Endabschnitt des paarigen Müller-Gangs, aus dem beim Embryo die Vagina entsteht, bei ihnen nicht verschmilzt. Beide Äste enden in einen gemeinsamen Sinus urogenitalis und verschmelzen dort.

Für alle höheren Säugetiere ist eine ungeteilte und damit unpaare Vagina typisch, obwohl bei vielen Säugern eine zweiteilige Gebärmutter ausgebildet ist.[12] Diese kann, wie etwa beim Erdferkel, vollständig getrennt sein und über zwei getrennte Mündungen in die Vagina münden.[13] Da das Hymen bei den meisten Nichtprimaten nur als undeutliche Ringfalte ausgebildet ist, ist als hintere Grenze der Vagina und damit als Übergang zum Scheidenvorhof die Harnröhrenmündung definiert. Bei einigen Säugetieren, wie etwa den Schweinen, ist keine Portio und damit auch kein Scheidengewölbe ausgebildet. Gelegentlich finden sich beidseitig, kurz vor der hinteren Grenze der Vagina noch Rudimente des Wolff-Ganges, die als Gartner-Gänge (Ductus deferentes vestigiales) bezeichnet werden.[14]

Bei den Elefanten liegt die Vaginalöffnung noch vor den Hinterbeinen und muss zur Kopulation nach hinten gezogen werden.[15] Bei den Walen sind die Genitalien sehr weit in den Rücken verlagert und liegen nahe der Nieren, die Vagina öffnet sich hier in einer langgestreckten Falte.[16]

Physiologie

Vaginalmilieu

Das in der Vagina vorhandene Scheidensekret besteht aus dem in den Zervixdrüsen des Muttermundes gebildeten Zervixschleim und dem aus der Scheidenwand austretenden Transsudat. Hinzu kommen abgestorbene Zellen des Vaginalepithels, die aufgrund des sehr hohen Glykogenanteils ein gutes Substrat für Milchsäurebakterien (Döderlein-Bakterien) und einer speziellen Scheidenflora darstellen. Die Organismen wandeln das Glykogen in Milchsäure um, die in einer Konzentration von etwa 0,5 % vorhanden ist.[5]

Durch die Milchsäurebakterien ist das Vaginalsekret der Frau sauer (pH-Wert 4 bis 4,5) und dient dem Schutz des weiblichen Genitaltraktes vor aufsteigenden Infektionen.[5] Die Vagina dient auch als Abfluss für die Menstruationsblutungen aus der Gebärmutter. Bei jungen Mädchen vor der Pubertät erfolgt die Besiedelung dagegen vor allem durch Staphylokokken und Streptokokken, die nur einen geringen Schutz gegen Krankheitskeime bilden.[17]

Sexuelle Erregung und Geschlechtsverkehr

Die Vagina nimmt beim Vaginalverkehr den Penis und das von ihm ausgestoßene Sperma mit den darin enthaltenen Spermien auf. Während der sexuellen Erregung wird das Vaginalmilieu verändert. Durch die Lubrikation und die Produktion und Sekretion von dünnflüssigem Schleim in den Zervixdrüsen wird das Sekret pH-neutral.[5] Die in den Scheidenvorhof mündenden Bartholinschen Drüsen sondern zudem bei Erregung ein schleimhaltiges Sekret ab und befeuchten den Vorhof, wodurch das Eindringen des Penis in die Vagina erleichtert wird.[18] Nach der Ejakulation des Mannes werden die Spermien durch den Gebärmutterhals in die Gebärmutter und weiter in die Eileiter transportiert. So auch bei allen anderen Primaten, Wiederkäuern, Kaninchen und einigen Nagetieren. Hingegen kann der Penis beispielsweise bei Pferden, Hunden und Schweinen bis hinter die Zervix dringen und das Sperma direkt in den Uterus ejakulieren.[19]

Der vaginale Geschlechtsverkehr kann, wie auch andere Formen der sexuellen Betätigung, zum Orgasmus führen. Da die Vagina im Wesentlichen aus relativ nervenarmem Gewebe besteht, ist jedoch umstritten, ob der vaginale Orgasmus durch die Reizung in der Vagina oder eine durch die Bewegung ausgelöste Reizung der Klitoris ausgelöst wird. Die von Ernst Gräfenberg entdeckte Gräfenberg-Zone (auch G-Punkt), die etwa drei bis vier Zentimeter vom Vaginaleingang entfernt in der Vorderwand der Vagina liegt, wird in diesem Zusammenhang als besonders sensibel und sexuell erregbar betrachtet.[20] Sie ist den Paraurethraldrüsen benachbart, die bei einer entsprechenden Reizung Sexualsekrete freigeben (weibliche Ejakulation).[20] Bei einem vaginal ausgelösten Orgasmus sind andere sensorische Nervenleitungen einbezogen als bei einem Orgasmus, der wesentlich durch die Reizung der Klitoris entsteht. Beim vaginalen Orgasmus sind der Plexus hypogastricus und die Nervi pelvici hauptsächlich angesprochen, beim klitoralen Orgasmus der Nervus pudendus.[9]

Manche Frauen bevorzugen eine direkte Liebkosung des Klitoriskörpers, bei anderen ist die Empfindsamkeit am Vaginaleingang und den kleinen Venuslippen besonders stark ausgeprägt und einige Frauen bevorzugen ein tiefes Eindringen. Der Eingang der Vagina ist Teil der empfindsamen Klitoris und die Venengeflechte um Harnröhre und Vagina gehören ebenfalls zum aktiven, erogenen System der Frau.[21]

Entgegen früheren Annahmen sprechen aktuellere wissenschaftliche Untersuchungen dafür, dass 70-80 % der Frauen ausschließlich durch direkte Stimulation der Klitoris einen Orgasmus erreichen können.[22][23][24][25] Obwohl indirekte Stimulation der Klitoris dazu ebenfalls ausreichend sein kann,[24][26] ist vom empirischen Standpunkt davon auszugehen, dass die Mehrheit der Frauen durch bloße Penetration des Penis in die Vagina keinen Orgasmus erreichen kann. Hingegen ist die Vaginalöffnung oder der Scheideneingang, Introitus vaginae sehr reich mit Mechanorezeptoren innerviert.

Theorie zum Abstand zwischen Klitoris und Harnröhrenmündung

Die Psychoanalytikerin Marie Bonaparte, auch unter dem Pseudonym A. E. Narjani bekannt, untersuchte in einer Studie aus dem Jahre 1924[27] bei insgesamt 43 Frauen die Distanz zwischen Klitoris und Öffnung der Harnröhre (Meatus urethrae), auch als „clitoral-urinary meatus distance“ (CUMD) bezeichnet, und befragte anschließend die Probandinnen zu ihren sexuellen Erlebnissen. Bezugspunkt ihrer Messungen war die Vereinigungsstelle der paarigen Frenula clitoridis zu dem im Introitus vaginae liegenden Meatus urethrae externus. Es zeigte sich für die Untersucherin bei ihren Auswertungen, dass es eine Korrelation zwischen dem CUMD und der Orgasmusfähigkeit gäbe. Anders formuliert, je näher die Klitoris zu Harnröhrenmündung lag, desto häufiger erlebten die betroffenen Frauen einen Orgasmus. Die Frauen, deren Klitoris näher an der Harnröhrenmündung läge, so die Hypothese, hätten häufiger einen Orgasmus als Frauen, bei denen dieser Abstand größer sei.[28]

Diese Untersuchungen wurden von Carney Landis (1897–1962) und seinen Mitarbeitern im Jahre 1940 wiederholt und erbrachten ähnliche Ergebnisse.[29] Nach neueren Untersuchungen werden diese Ergebnisse aber eher funktionell interpretiert. Demnach wäre es beim Vaginalverkehr wichtig, dass es zu einer cohabituellen Annäherung zwischen dem Introitus vaginae und der Klitoris käme.

Siehe auch: Orgasmus der Frau

Geburt

Bei der Geburt wird die Vagina zu einem Teil des Geburtskanals für das Kind. Es kommt durch die Wehen und die damit verbundene Öffnung des Muttermundes und des Geburtskanals (Eröffnungsphase der Geburt) vor allem zu einer Aufweichung der Vaginalmuskulatur, die die Dehnung beim späteren Geburtsvorgang (Austreibungsphase der Geburt) ermöglicht. Diese Dehnung betrifft zudem die Vorhofschwellkörper sowie das Gewebe der Schamlippen und des Damms, der unter der Belastung reißen kann (Dammriss) und bei der Geburt unter Umständen eingeschnitten wird (Dammschnitt).

Ontogenetische Entwicklung der Vagina

Die Vagina entwickelt sich gemeinsam mit der Gebärmutter und den Eileitern aus dem paarig angelegten Müller-Gang (Ductus paramesonephricus), der neben dem Urnierengang (Wolff-Gang, Ductus mesonephricus) embryonal in der Urogenitalleiste angelegt wird. Während bei den männlichen Embryonen die Entwicklung des Müller-Ganges durch das in den fetalen Hoden gebildete Anti-Müller-Hormon (AMH) unterdrückt wird und diese zurückgebildet werden, bildet er sich im weiblichen Embryo ohne dieses Hormon zu den inneren Genitalien um.

Entwicklung des Müller- (blau) und des Wolff-Ganges (rot) in der ontogenetischen Entwicklung zum weiblichen und männlichen Geschlecht

Dabei werden ab der 7. Entwicklungswoche aus dem Müller-Gang ohne hormonelle Hemmung die Eileiter (Tuba uterina), die Gebärmutter (Uterus) und die Vagina gebildet, während sich der Wolff-Gang zurückbildet.[30]

Während der obere, kraniale Anteil des Müller-Gangs vertikal verläuft und gemeinsam mit dem mittleren Teil die Eileiter bildet, werden aus dem unteren Bereich die Gebärmutter und die Vagina gebildet. Die ursprünglich paarigen Gänge legen sich zusammen und verschmelzen am Ende des dritten Entwicklungsmonats zu einem Gang, der sich unter dem Einfluss der Östrogene zur Gebärmutter, dem Gebärmutterhals und dem oberen Bereich der Vagina ausdifferenziert. Das untere Ende dieses Kanals bildet den Sinovaginalhöcker und endet an der Hinterwand des Sinus urogenitalis. Über eine Verdickung des Höckers und der Wand des Sinus urogenitalis bildet sich eine epitheliale Platte, die Vaginalplatte, die sich im 5. Entwicklungsmonat an ihrem oberen Ende ausstülpt und schließlich zum Ende der Embryonalentwicklung durchbricht und den Vaginalausgang mit dem Hymen bildet.[30]

Die Bedeutung der Hox-Gene bei der Entwicklung der Vagina

Schon an einigen Tiermodellen konnte gezeigt werden, dass Hox-Gene eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung des Urogenitalsystems spielen.[31] HOX-A10 war dabei für die Entwicklung des Uterus, HOX-A11 für den kaudalen Uterusanteil, HOX-A13 für den kranialen Anteil der Vagina und HOX-A9 für die Eileiterentwicklung wichtig.[32][33] Störungen in der Expression dieser Hox-Gene führt zu entsprechenden Entwicklungsstörungen. So wurden Störungen der Hox-A13 Gene, die für die Entwicklung weiter Abschnitte der Vagina und der Bildung bzw. Regulation der extrazellulären Matrix verantwortlich ist, in Zusammenhang mit einer Beckenbodenschwäche, (engl. pelvic organ prolapse, POP).[34]

Untersuchungsmöglichkeiten

Die Scheide kann mit den Fingern abgetastet werden. Zur optischen Begutachtung verwendet man ein Spekulum, ein Vaginoskop oder ein Kolposkop. Unabhängig von der Gynäkologie können Frauen die Vagina im Kontext einer Vaginalen Selbstuntersuchung auch selbst erforschen und untersuchen. Zur Untersuchung der Scheidenhaut und des Scheidenmilieus werden Epithelzellen durch einen Abstrich gewonnen und auf einem Objektträger mikroskopiert. Damit gibt die Vaginalzytologie Auskunft über die aktuelle Zyklusphase. Heute wird die Zyklusphasenbestimmung allerdings durch Hormonuntersuchungen erweitert, um ausreichende Diagnosesicherheit zu bieten. Zudem können Gewebeproben mittels einer Scheidenbiopsie entnommen werden.

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Löning, Lutz Riethdorf: Pathologie der weiblichen Genitalorgane III: Pathologie des Uterus, der Vagina und Vulva. (= Spezielle pathologische Anatomie. Band 20/3). Springer, Heidelberg / Berlin 2001, ISBN 3-540-66372-X, S. 117 ff., books.google.de
  • Stephan Dressler, Christoph Zink: Pschyrembel Wörterbuch Sexualität. de Gruyter, Berlin 2006, ISBN 3-11-016965-7, S. 457.

Weblinks

Commons: Vagina - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wiktionary: Vagina – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Joseph Maria Stowasser, M. Petschenig, F. Skutsch u. a.: Der Kleine Stowasser: Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch. 2. Auflage. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1987, ISBN 3-209-00225-8; sowie Vagina. In: Online Etymology Dictionary; abgerufen am 9. Juni 2014.
  2. Wilhelm Gemoll, Karl Vretska: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. 9. Auflage. Hölder-Pichler-Tempsky, ISBN 3-209-00108-1.
  3. Wilhelm Pape: Handwörterbuch der griechischen Sprache. Griechisch - Deutsches Handwörterbuch (in zwei Bänden). 3. Auflage. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914, Band 1, S. 1476, Eintrag „κόλπος“
  4. Die Vulva rettete die Welt. In: taz; abgerufen am 5. Februar 2012
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 Arne Schäffler, Nicole Menche: Mensch – Körper – Krankheit. 3. Auflage. Urban & Fischer, München 1999, S. 396.
  6. 6,0 6,1 6,2 Thomas Löning, Lutz Riethdorf: Pathologie der weiblichen Genitalorgane III: Pathologie des Uterus, der Vagina und Vulva. (= Spezielle pathologische Anatomie. Band 20/3). Springer, Heidelberg/ Berlin 2001, ISBN 3-540-66372-X, S. 117 ff.
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 Vagina. In: Pschyrembel Medizinisches Wörterbuch. 257. Auflage. de Gruyter, Berlin 1993, ISBN 3-933203-04-X, S. 1607.
  8. 8,0 8,1 8,2 W. Kahle, H. Leinhardt, W. Platzer (Hrsg.): Taschenatlas der Anatomie für Studium und Praxis. Band 2: Innere Organe. 5. Auflage. Thieme, Stuttgart 1986, ISBN 3-23-492105-7 (formal falsche ISBN), S. 302–303.
  9. 9,0 9,1 9,2 Walther Graumann: CompactLehrbuch Anatomie 3. Schattauer, 2004, ISBN 3-7945-2063-7, S. 318.
  10. W. Kahle, H. Leinhardt, W. Platzer (Hrsg.): Taschenatlas der Anatomie für Studium und Praxis. Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. 5. Auflage. Thieme, Stuttgart 1986, ISBN 3-13-492205-3, S. 302–303.
  11. Franz-Viktor Salomon (Hrsg.): Lehrbuch der Geflügelanatomie. Fischer, Jena/Stuttgart 1993, ISBN 3-334-60403-9.
  12. 12,0 12,1 Nadja Møbjerg: Organe der Osmoregulation und Exkretion. In: W. Westheide, R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum, München 2004, ISBN 3-8274-0307-3, S. 151.
  13. Martin S. Fischer: Tubulidentata, Erdferkel. In: W. Westheide, R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum, München 2004, ISBN 3-8274-0307-3, S. 646.
  14. Uwe Gille: Weibliche Geschlechtsorgane. In: Franz-Viktor Salomon u. a. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2. Auflage. Enke, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 379–389.
  15. Martin S. Fischer: Proboscidea, Elefanten. In: W. Westheide, R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum, München 2004, ISBN 3-8274-0307-3, S. 665.
  16. Milan Klima: Cetacea, Wale. In: W. Westheide, R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum, München 2004, ISBN 3-8274-0307-3, S. 638.
  17. Vaginalflora. In: Pschyrembel Wörterbuch Sexualität. Berlin 2006, S. 564.
  18. Arne Schäffler, Nicole Menche: Mensch – Körper – Krankheit. 3. Auflage. Urban & Fischer, München 1999, S. 401.
  19.  Tim Birkhead: Promiscuity. An Evolutionary History of Sperm Competition and Sexual Conflict. Faber and Faber, London 2000, ISBN 0-571-19360-9, S. 143.
  20. 20,0 20,1 Gräfenberg-Zone. In: Pschyrembel Wörterbuch Sexualität. Berlin 2006, S. 564.
  21. Die potente Frau. In: Emma. Oktober 1987, abgerufen am 30. Mai 2011.
  22.  Jeffrey Weeks: Sexuality and its discontents: meanings, myths, & modern sexualities. Psychology Press, 1985, ISBN 0-415-04503-7, S. 324 (books.google.com).
  23. „The amount of time of sexual arousal needed to reach orgasm is variable – and usually much longer – in women than in men; thus, only 20–30% of women attain a coital climax. b. Many women (70–80%) require manual clitoral stimulation…“  Joseph A. Flaherty, John Marcell Davis, Philip G. Janicak: Psychiatry: Diagnosis & therapy. A Lange clinical manual. Appleton & Lange (Original from Northwestern University), 1993, ISBN 0-8385-1267-4, S. 544 (google.com).
  24. 24,0 24,1  Elisabeth Anne Lloyd: The case of the female orgasm: bias in the science of evolution. Harvard University Press, 2005, ISBN 0-674-01706-4, S. 311 (books.google.com).
  25. Shere Hite: „I was making the point that clitoral stimulation wasn’t happening during coitus. That’s why women ‘have difficulty having orgasms’ – they don’t have difficulty when they stimulate themselves.“
    Tracey Cox: „It’s disappointing that one of Hite’s main messages – that 70 per cent of women don’t have orgasms through penetration – is not completely accepted today. Plenty of women don’t feel comfortable admitting it, even to themselves, for fear their partners will love them less. But women are far more experimental now.“ Shere Hite: Shere Hite: On female sexuality in the 21st century. In: The Independent. 30. April 2006, abgerufen am 10. April 2011.
  26.  Helen E. O’Connell, Kalavampara V. Sanjeevan, John M. Hutson: Anatomy of the clitoris. In: BBC News. Band 174, Nr. 4 Pt. 1, 2005, S. 1189–95, doi:10.1097/01.ju.0000173639.38898.cd, PMID 16145367 (http://news.bbc.co.uk/2/hi/health/5013866.stm).
  27. A. E. Narjani: Considérations sur les causes anatomique de la frigidité chez la femme. In: Journal Médicale de Bruxelles. 27. April 1924, S. 776 f.
  28. K. Wallen, E. A. Lloyd: Female sexual arousal: genital anatomy and orgasm in intercourse. In: Hormones and behavior. Band 59, Nummer 5, Mai 2011, S. 780–792, doi:10.1016/j.yhbeh.2010.12.004, PMID 21195073, PMC 3894744 (freier Volltext).
  29. Carney Landis: Sex in Development: a study of the growth and development of the emotional and sexual aspects of personality together with physiological, anatomical, and medical information on a group of 153 normal women and 142 female psychiatric patients. Hoeber, New York 1940; Neuauflage: McGrath Publications, Maryland 1970.
  30. 30,0 30,1 Weibliches Geschlecht: Differenzierung des Gangsystems der Genitalorgane. Online-Embryologiekurs für Studierende der Medizin, entwickelt von den Universitäten Freiburg, Lausanne und Bern mit Unterstützung des Swiss Virtual Campus, Modul 21.4. Abgerufen am 26. April 2011.
  31. Agnès Burel, Thomas Mouchel, Sylvie Odent u. a.: Role of HOXA7 to HOXA13 and PBX1 genes in various forms of MRKH syndrome (congenital absence of uterus and vagina). In: Journal of Negative Results in Biomedicine. Band 5, Nr. 4, doi:10.1186/1477-5751-5-4, Volltext (PDF)
  32. Vincent J. Lynch, Jutta J. Roth, Kazuhiko Takahashi u. a.: Adaptive evolution of HoxA-11 and HoxA-13 at the origin of the uterus in mammals. In: The Royal Society Publishing Proceedings B. 7. November 2004, Band 271, Nr. 1554, S. 2201–2207, doi:10.1098/rspb.2004.2848, Volltext (PDF)
  33. Günter P Wagner, Vincent J Lynch: Molecular evolution of evolutionary novelties: the vagina and uterus of therian mammals. In: Journal of Experimental Zoology Part B Molecular and Developmental Evolution. Nov. 2005, Band 304, Nr. 6, S. 580–592 doi:10.1002/jez. B.21074.
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