Peter Singer und Südtirol: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Südtirol''' ({{itS|Alto Adige, Sudtirolo;}} [[Ladinische Sprache|ladinisch]] ''Südtirol),'' amtlich '''Autonome Provinz Bozen – Südtirol,''' ist die nördlichste [[Italienische Provinzen|Provinz]] [[Italien]]s und bildet zusammen mit der [[Trentino|Provinz Trient]] die [[Autonomie (Politikwissenschaft)|autonome]] Region [[Trentino-Südtirol]]. Seit Inkrafttreten der [[Autonomie Südtirols|erweiterten Autonomie]] im Jahr 1972 genießt Südtirol umfassende [[Selbstverwaltung]]srechte und wird entsprechend als „[[Italienische Regionen#Autonome Provinzen|autonome Provinz]]“ oder „Land“ bezeichnet. Das mitten in den [[Alpen]] gelegene Gebiet hat rund 520.000 Einwohner, seine Landeshauptstadt ist [[Bozen]].
'''Peter Albert David Singer''' (* [[6. Juli]] [[1946]] in Melbourne, Australien) ist ein australischer [[Philosoph]] und [[Ethik]]er.


== Leben ==
Südtirol zählt zu jenen Gebieten Italiens mit einer starken [[Regionalismus|Regionalkultur]]. Diese ist auf die [[Bajuwaren|bairische]] und [[Rätoromanische Sprachen|alpenromanische]] Besiedlung sowie auf die historisch gewachsenen Bindungen an den deutschen Sprach- und Kulturraum zurückzuführen, insbesondere zum nördlichen Nachbarn [[Österreich]], zu dem es bis 1919 gehörte. Die [[Geschichte der europäischen Integration|europäische Einigungsbewegung]] ermöglicht eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den anderen Teilen der historischen Region [[Tirol]], die seit Gründung der [[Europaregion Tirol–Südtirol–Trentino]] am Beginn einer institutionellen Verflechtung steht.
Seine Eltern waren Wiener Juden, die nach dem „Anschluss Österreichs“ 1938 nach Australien auswanderten. Er verlor drei seiner Großeltern im [[Wikipedia:Holocaust|Holocaust]].<ref>[http://www.faz.net/-gqz-6m35p Interview mit Peter Singer in der FAZ vom 24. Juli 2011], abgerufen am 25. Juli 2011.</ref> Singer hat in Oxford, an der New York University und der La Trobe University gelehrt und war von 1977 bis 1999 Professor für Philosophie an der Monash University in Melbourne, Australien. 1999 berief man ihn als ''DeCamp Professor of Bioethics'' an das ''Center for Human Values'' der Princeton University.<ref name=":0">{{Literatur|Autor=Stuart Jeffries|Titel=Moral maze|Sammelwerk=The Guardian|Datum=2005-07-22|ISSN=0261-3077|Online=https://www.theguardian.com/books/2005/jul/23/philosophy.society|Abruf=2017-04-06}}</ref>


Singer ist seit 1968 mit Renata Diamond verheiratet. Das Paar hat drei Töchter.<ref name=":0" />
Hinsichtlich der sprachlich-kulturellen Differenzierung setzt sich die Bevölkerung gegenwärtig zu über 62 % aus [[Deutsche Sprache|deutschsprachigen]] und zu etwa 23 % aus [[Italienische Sprache|italienischsprachigen]] Südtirolern zusammen. Rund 4 % der Bevölkerung, hauptsächlich im [[Dolomiten]]gebiet, gehören zur [[Ladinische Sprache|ladinischen]] Sprachgruppe. Inner- und außereuropäische [[Einwanderung|Migration]] hat insbesondere seit den 1990er Jahren zu einer weiteren Diversifizierung der Bevölkerungszusammensetzung geführt.


== Werk ==
Das in weiten Teilen [[Ländlicher Raum|ländliche]] Südtirol zählt zu den wohlhabendsten Gebieten Italiens und der [[Europäische Union|Europäischen Union]]. Wirtschaftlich war das an der [[Brennerpass|Brenner]]-Transitroute gelegene Land lange Zeit in erster Linie [[Landwirtschaft|agrarisch]] geprägt. Seit der zweiten Hälfte des 20.&nbsp;Jahrhunderts spielen [[Dienstleistung]]sbereiche wie Handel, Verkehr und Tourismus eine herausragende Rolle.
Singer vertritt mittlerweile den klassischen [[Utilitarismus]], wobei er lange Zeit ein Verfechter des [[Wikipedia:Präferenzutilitarismus|Präferenzutilitarismus]] war. Bei letzterem soll sich die Bewertung von Handlungen oder Handlungsregeln an der Erfüllung der Präferenzen der Betroffenen bemessen, die zur ethischen Urteilsfindung miteinander verrechnet werden müssen. Eine [[Wikipedia:Moralbegründung|Begründung dafür, überhaupt moralisch zu handeln]], ist nach Singers Überzeugung nicht rational beweisbar unter Absehung von individuellen Präferenzen und des jeweiligen Wesens der Individuen.<ref>Singer: „I don’t think you can rationally prove an answer for everyone irrespective of their nature and their preferences, that shows that it’s always rational for them to be moral.“ ([https://www.youtube.com/watch?v=W3BmxyA3QPQ Video, 2:17–2:28])</ref> Bekannt ist er sowohl für seine Ausarbeitung des von ihm vertretenen Ethikansatzes wie dessen vielfältige Anwendungen, unter anderem in diversen Fragen der [[Bioethik]].
Er ist außerdem Befürworter des [[Effektiver Altruismus|Effektiven Altruismus]] und Gründer der gemeinnützigen Organisation 'The Life You Can Save'.<ref>Peter Singer: [http://www.ted.com/talks/peter_singer_the_why_and_how_of_effective_altruism.html ''The Why and How of Effective Altruism.''] In: TED. TED Conferences, LLC, abgerufen am 2. April 2017.</ref>


=== Die Befreiung der Tiere ===
== Lage ==
{{Hauptartikel|Animal Liberation. Die Befreiung der Tiere}}
[[Datei:Blick von Castelfeder nach Süden in das Etschtal.JPG|mini|Südtirol (hier das [[Südtiroler Unterland|Unterland]]) verbindet über die [[Brennerpass|Brenner]]-Transitroute Nord und Süd.]]
Südtirol befindet sich zur Gänze in den [[Alpen]]. Das Land ist sowohl die nördlichste als auch mit einer Gesamtfläche von 7400&nbsp;km² eine der größten [[Italienische Provinzen|Provinzen]] Italiens. Durchzogen wird es in Nord-Süd-Richtung von der bedeutenden [[Brennerpass|Brenner]]-Transitroute, die [[Deutschland]] und [[Österreich]] mit [[Oberitalien]] verbindet. Die nächstgelegenen [[Millionenstadt|Millionenstädte]] sind [[München]] etwa 180&nbsp;km nördlich von Bozen und [[Mailand]] etwa 200&nbsp;km südwestlich.


Sein 1975 in englischer Sprache erschienenes Buch ''Animal Liberation'' gilt als maßgebliches Werk der zeitgenössischen Diskussion über den moralischen Status von [[Tier]]en in der [[Tierrechtsbewegung]] und ethischen Diskussion. Gemeinsam mit [[Tom Regan]] gilt Singer daher als Begründer der modernen [[Tierethik]]. In diesem Buch beschreibt er eine [[Diskriminierung]] und [[Ausbeutung]] von Tierarten aufgrund eines angenommenen Vorranges der Spezies [[Mensch]]. Singer spricht daher von „[[Speziesismus]]“. Die Zugehörigkeit zu einer Spezies dürfe nach ihm aber für sich selbst keine moralische Relevanz haben. Kriterium für ethische Bewertungen dürfe und müsse einzig die Fähigkeit sein, bestimmte Präferenzen zu besitzen – und in genau diesem Maße seien Lebewesen, ungeachtet ihrer Spezieszugehörigkeit, in das ethische Kalkül einzubeziehen. Darunter fällt für Singer in Anlehnung an [[Jeremy Bentham]] bereits die Eigenschaft, Schmerz empfinden zu können, womit dann die Zuschreibung einer Präferenz entsprechender Schmerzvermeidung korreliert. Insbesondere bei Säugetieren und Vögeln gebe es hinreichende Hinweise für die Zuschreibung von [[Schmerzempfinden von Tieren|Schmerzempfinden]].<ref>Animal Liberation. Die Befreiung der Tiere, 2. Auflage, Rowohlt Verlag 1996: S. 41.</ref>
Im Norden und Osten grenzt Südtirol an die [[österreich]]ischen Bundesländer [[Tirol (Bundesland)|Tirol]] ([[Nordtirol]], [[Osttirol]]) und zu einem kleinen Teil [[Land Salzburg|Salzburg]]. Die Nordgrenze orientiert sich seit der Teilung [[Tirol]]s nach dem Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] größtenteils am [[Alpenhauptkamm]]. Im Westen stößt Südtirol an den [[Schweiz]]er [[Kanton Graubünden]]. Innerhalb Italiens ist es im Südwesten von der [[Lombardei|lombardischen]] [[Provinz Sondrio]], im Süden vom [[Trentino]] und im Südosten von der zu [[Venetien]] gehörenden [[Provinz Belluno]] umgeben.
[[Datei:Eishof 2009.jpg|mini|Der [[Alpenhauptkamm]] (hier im Bereich des [[Pfossental]]s) bildet die Nordgrenze Südtirols.]]


Zu den Konsequenzen dieser Argumentation zählt die moralische Empfehlung eines Boykotts von Produkten aus nahezu allen Formen der [[Tierhaltung]], insbesondere aber der [[Massentierhaltung]] (zum Beispiel durch [[Vegetarismus]] oder [[Veganismus]]). Viele Tierversuche stünden, so Singers Resultate, in keinem rational zu rechtfertigenden Verhältnis zum in Kauf genommenen Leid der Tiere. Tierversuche seien daher größtenteils moralisch falsch. Allerdings könne es moralisch gerechtfertigte Tierversuche geben, nämlich, wenn als Resultat dieser Versuche mehr Leid verhindert wird (und damit mehr Präferenzen der Leidvermeidung erfüllt werden) als durch die Versuche selbst entsteht.
== Namens- und Begriffsgeschichte ==
[[Datei:(1874) The Valleys of TIROL.jpg|mini|Landkarte ''The Valleys of Tirol'' aus dem Jahr 1874, in der in etwa das heutige Südtirol und [[Osttirol]] als ''South Tirol'' bezeichnet werden; der italienischsprachige Landesteil scheint als ''Wälsch- or Italian Tirol or the Trentino'' auf.]]
'''„Südtirol“ als Bezeichnung einer politischen Verwaltungseinheit:''' Ein vom größeren [[Tirol]]er Gesamtzusammenhang politisch und [[juridisch]] abgegrenztes Südtirol gibt es erst als unmittelbare Folge des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]]: War Tirol bis dahin ein geschlossener Teil von [[Österreich-Ungarn]] gewesen, so wurden das heutige Südtirol und das [[Trentino]] (ehemals ''Welschtirol)'' mit dem [[Vertrag von Saint-Germain|Friedensvertrag von 1919]] Italien zugesprochen. Die im Jänner 1927 von der [[Italienischer Faschismus|faschistischen Administration]] gebildete ''Provinz Bozen''<ref>{{Literatur |Autor=Andrea Bonoldi, Hannes Obermair |Titel=Zwischen Rom und Bozen. Staat und Provinz im italienischen Faschismus |Verlag=Stadtgemeinde Bozen |Ort=Bozen |Datum=2006 |ISBN=88-901870-9-3 |Seiten=37}}</ref> erlangte erst mit dem [[Autonomie Südtirols|Ersten Autonomiestatut]] von 1948 ihren heutigen geographischen Umfang, wurde allerdings amtlich noch als ''Tiroler Etschland'' bezeichnet. Die für dieses Gebiet seit den 1920er Jahren allgemein übliche Bezeichnung ''Südtirol'' wurde mit dem Zweiten Autonomiestatut von 1972 erstmals offiziell anerkannt. Seither verwendet die Landesverwaltung als Eigenbezeichnung die Langform ''Autonome Provinz Bozen&nbsp;– Südtirol'' bzw. die Kurzform ''Land Südtirol''. Das italienische Äquivalent hierzu lautet ''Provincia Autonoma di Bolzano&nbsp;– Alto Adige,'' das ladinische ''Provinzia Autonoma de Balsan&nbsp;– Südtirol'' (auf [[Gadertal]]isch) oder ''Provinzia Autonoma de Bulsan&nbsp;– Südtirol'' (auf [[Gröden|Grödnerisch]]).


Zu der Frage, in welchen Fällen das Töten von Tieren moralisch verwerflich ist, äußert sich Singer in ''Animal Liberation – Die Befreiung der Tiere'' kaum. Er begründet dies mit der hohen Komplexität dieser Fragestellung und verweist darauf, dass schon allein der Schmerz der Tiere in der modernen Gesellschaft eine umfassende Änderung des Verhaltens gegenüber Tieren verlangt. Die Tötungsfrage und der damit verbundene Wert des Lebens wird in seinem Buch [[Praktische Ethik]] ausführlich erörtert.
'''„Südtirol“ als topographische Bezeichnung:''' Der Name „Südtirol“ bzw. seine Entsprechungen in anderen Sprachen ''(South Tyrol'' oder ''Tirol'' im Englischen, ''Tyrol du Sud'' im Französischen) fanden bereits im 19.&nbsp;Jahrhundert Verbreitung, konnten sich jedoch auf verschiedene südliche Gebiete der [[Wikipedia:Gefürstete Grafschaft Tirol|Grafschaft Tirol]] beziehen, die das moderne Südtirol auch nur teilweise oder überhaupt nicht einschlossen. Im weitesten Sinne wurden mit „Südtirol“ alle Tiroler Gebiete südlich des Alpenhauptkamms bezeichnet, die auf der Grundlage der sprachlichen Mehrheitsverhältnisse weiter in „Deutsch-Südtirol“ und „Welsch-Südtirol“ (oder „Welschtirol“) unterteilt wurden. Nach der Annexion des Südteils Tirols durch Italien vollzog sich in den 1920er Jahren ein Bedeutungswandel, durch den „Südtirol“ zum Synonym für die hauptsächlich deutschsprachig besiedelte „Provinz Bozen“ aufrückte.<ref>Zur Namens- und Begriffsgeschichte von „Südtirol“ Hans Heiss: ''„Man pflegt Südtirol zu sagen und meint, damit wäre alles gesagt.“ Beiträge zu einer Geschichte des Begriffes Südtirol.'' In: Arbeitsgruppe Regionalgeschichte/Gruppo di ricerca per la storia regionale, ''Tirol – Trentino. Eine Begriffsgeschichte/Semantica di un concetto'' (Geschichte und Region/Storia e regione Band 9). Folio, Wien-Bozen 2000, ISBN 3-85256-149-3, S. 85–109.</ref>


=== „Praktische Ethik“ ===
'''Entstehung und Verwendung der italienischen Begriffe „Alto Adige“ und „Sudtirolo“:''' Die italienische Bezeichnung ''Alto Adige'' (zu Deutsch „Oberetsch“ oder „Hochetsch“<ref>Beide Bezeichnungen sind niemals in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen; sie begegnen bisweilen in der Literatur der Zwischenkriegszeit als Ersatz für das von der faschistischen Administration verbotene „Südtirol“, vgl. etwa Richard Pittioni: ''Stand und Aufgabe der urgeschichtlichen Forschung im Oberetsch''. Beihefte zum Bozner Jahrbuch für Geschichte, Kultur und Kunst 6. Bozen: Athesia 1940.</ref>) für die deutschsprachigen Teile Tirols südlich der [[Wikipedia:Wasserscheide|Wasserscheide]] wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Zuge des [[Wikipedia:Italienischer Irredentismus|Irredentismus]] geprägt und verbreitet. Man bediente sich dabei des Namens des ''Département Haut-Adige (Dipartimento dell’Alto Adige)'' im napoleonischen Königreich Italien, das von 1810 bis 1813 bestand und größtenteils das heutige Trentino sowie einige angrenzende Gebiete, darunter auch den Südteil des heutigen Südtirols mit der Stadt Bozen, umfasste. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand die italienische Alternativbezeichnung ''Sudtirolo,'' die zunehmende Verbreitung findet.<ref>Zur Namens- und Begriffsgeschichte von „Alto Adige“ und „Sudtirolo“ Carlo Romeo: ''Der Fluß im Schatten des Schlosses. „Alto Adige“ – eine Begriffsgeschichte.'' In: Arbeitsgruppe Regionalgeschichte/Gruppo di ricerca per la storia regionale, ''Tirol — Trentino. Eine Begriffsgeschichte/Semantica di un concetto'' (Geschichte und Region/Storia e regione Band 9). Folio, Wien-Bozen 2000, ISBN 3-85256-149-3, S. 153–170.</ref>
{{Hauptartikel|Praktische Ethik}}In seinem Buch ''Praktische Ethik'' bezieht Singer noch deutlicher Stellung und arbeitet seine Form des [[Präferenzutilitarismus]] allgemein aus und wendet sie auf verschiedenen Gebieten der [[Praktische Ethik|angewandten Ethik]] an. Im allgemeinen Teil des Buches bezieht er Stellung zu grundlegenden Fragen der [[Normative Ethik|normativen Ethik]]. Singer beschreibt dabei ein Prinzip der [[Praktische Ethik#Der Personenbegriff|gleichen Interessenabwägung]], das Gleichheit nicht auf gleiche ''Behandlung'', sondern auf gleiche ''Berücksichtigung der Interessen'' bezieht. Es gibt für ihn keine moralische Rechtfertigung für die Nicht-Berücksichtigung von Interessen. Auch bei der Fähigkeit, [[Schmerz]] und Wohlergehen zu empfinden, seien entsprechende Präferenzen (Schmerz zu vermeiden und Wohlergehen zu erreichen) zuzuschreiben, was insbesondere auch [[Tier]]e mit solchen Fähigkeiten in dieses utilitaristische Kalkül einbezieht.


Singer misst der biologischen Zugehörigkeit eines Wesens zur [[Mensch|menschlichen]] [[Art (Biologie)|Spezies]] an sich selbst keine moralische Relevanz bei. Relevant sind nur Eigenschaften wie Schmerzempfinden und Selbstbewusstsein (welche bei manchen biologischen Menschen fehlen würden und andererseits bei manchen nichtmenschlichen Tieren vorhanden wären). Eine Bevorzugung allein auf Grund einer Spezieszugehörigkeit bezeichnet er als „Speziesismus“, der sich moralisch nicht rechtfertigen ließe. Als „[[Person]]en“ versteht Singer Wesen, die sich ihrer selbst, in einem zeitlichen Kontinuum bewusst sind. Diesen schreibt er aufgrund der dadurch ausbildbaren weitergehenden Präferenzen einen „besonderen Wert“ zu.
== Zu weiteren Themen siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Südtirol}}
Die moralische Bewertung einer Tötung anderer [[Lebewesen]] ist nach diesem Ansatz abhängig von deren individuellen Eigenschaften (und den Eigenschaften aller übrigen Betroffenen, etwa von Angehörigen). Die Tötung eines anderen Lebewesens verstoße, so Singer, im Allgemeinen gegen das Interesse des Lebewesens, weiterleben zu wollen, und sei daher in den meisten Fällen moralisch schlecht.
 
Singer äußert sich in diesem Buch auch zu [[Schwangerschaftsabbruch|Schwangerschaftsabbrüchen]], einer Tötung von Neugeborenen und [[Sterbehilfe]]. Weitere Themen sind die weltweite Armut, die Asylproblematik und Themen der ökologischen Ethik. In der dritten Auflage strich Singer das Kapitel der Asylproblematik, da er dem Thema nach eigenen Angaben in dem erforderlichen Umfang in einem einzigen Kapitel nicht ausreichend Rechnung tragen könne.
 
== Rezeption ==
Singers Ethik wird kontrovers diskutiert und hat auch außerhalb von philosophischen Fachpublikationen Reaktionen provoziert. So wird er unter anderen von [[Theologe]]n und Interessenvertretern von Menschen mit Behinderung (vgl. [[Franz Christoph]]) kritisiert. Während im angelsächsischen Raum seine Position als eine legitime unter vielen aufgefasst wurde, gab es in Deutschland scharfe Reaktionen auf das Buch ''[[Praktische Ethik]]'' und auf Einladungen Singers nach Deutschland. Befürchtet wurde insbesondere in Fachzeitschriften der [[Sonderpädagogik]] ein „Dammbruch des eigentlich Indiskutablen“ und die Etablierung der Position Singers als vertretbaren Standpunkt.<ref>Peter Heinrich: ''Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der „Praktischen Ethik“ von Peter Singer'', Dissertation, 2005. S.&nbsp;204&nbsp;f.</ref>
 
Erhitzte Kontroversen führt Singer selbst auf aus dem Zusammenhang gerissene Zitate und ein mangelndes Gesamtverständnis seiner Thesen zurück. In ''Writings on an Ethical Life'' hat er daher versucht, seine Ansichten knapp zusammenzufassen. Es wurden zudem Zitate verbreitet, die nicht von Singer stammen.<ref>[http://tabularasa-jena.de/artikel/artikel_6031/ Danny Oestreich, 2014.] Fußnote 118</ref> Außerdem führt er die Angriffe auf seine Person und Thesen auch darauf zurück, dass bestimmte normative Vorgaben für seine Kritiker nicht in Frage zu stellen seien, etwa solche, welche sich aus religiösen Überzeugungen speisen, beispielsweise, wenn Menschen, nicht aber Tieren eine Seele zugesprochen wird. In der zweiten Auflage von ''Praktische Ethik'' schildert Singer die Debatte im Kapitel ''Wie man in Deutschland mundtot gemacht wird'' aus seiner Sicht.
 
Von Behindertenorganisationen wird befürchtet, es werde einer [[Mentalität]] (politischer) Raum und mitunter schließlich rechtliche Legitimation gegeben, die letztlich gesellschaftliche Einstellungen zu Menschen mit Behinderung hervorrufen könne, welche in der Vergangenheit die [[Nationalsozialistische Rassenhygiene|nationalsozialistischen Euthanasieprogramme]] möglich werden ließen. An deutschen Universitäten wurden darum Veranstaltungen, die Singers Thesen zum Gegenstand der philosophischen Diskussion machen wollten, gestört, verhindert und die Veranstalter bedroht.<ref>Anstötz 1995.</ref> Singer argumentiert, dass Eltern zusammen mit den zuständigen Ärzten über das Weiterleben eines Säuglings entscheiden sollten, der an einer unheilbaren Krankheit wie [[Anenzephalie]] leidet und dessen Leben daher niemals auch nur minimale Befriedigung erfahren wird. Das Lebensrecht von erwachsenen behinderten Personen zweifelt er nicht an.
 
Unklar bleibt für einige Kritiker der Status nicht artikulierter oder später erst artikulierbarer Interessen. Auch Singer selbst stimmt zu, dass auch einer schlafenden Person Interessen zuzuschreiben und diese in ethische Abwägungen einzubeziehen seien – da die betreffende Person sie nach dem Aufwachen wieder artikulieren würde. Letzteres würde etwa für komatöse Individuen nicht der Fall sein; auch die Zuschreibung von Interessen an Embryonen erscheint fraglich, andererseits aber auch, Embryonen ''prinzipiell'' keine Rechte zuschreiben zu können. Ethiker wie [[Donald Bagley Marquis]] versuchen, auch in solchen Fällen –&nbsp;gegen Singer&nbsp;– zu begründen,<ref>Vgl. Don Marquis: ''Why Abortion is Immoral. '' In: ''The Journal of Philosophy. '' Band 86, Nr.&nbsp;4 (April 1989), S. 183–202; [http://faculty.polytechnic.org/gfeldmeth/45.marquis.pdf e-Text, abweichende Seitenzählung] (PDF; 212&nbsp;kB).</ref> dass Interessen zuzuschreiben und zu schützen seien. Ein weiterer Problemfall sind beispielsweise Interessen, welche mangels besserer Einsicht oder Unfreiheit des Willens nicht artikuliert werden können, etwa von Drogenabhängigen oder bei zeitweiligen [[Suizid]]wünschen. Auch hier könnte den Betreffenden ein schützenswertes Interesse etwa an der Unversehrtheit des eigenen Lebens zugeschrieben werden.
 
== Werke (Auswahl) ==
* ''[[Wikipedia:Animal Liberation. Die Befreiung der Tiere|Animal Liberation. Die Befreiung der Tiere]]''. Harald Fischer, Erlangen 2015, ISBN 978-3-89131-532-3 (Originaltitel: ''Animal Liberation'', 1975)
* ''[[Wikipedia:Praktische Ethik|Praktische Ethik]]''. 3. rev. und erw. Aufl., Reclam, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-15-018919-1 (RUB, 18919) (Originaltitel: ''Practical ethics'', 1979)
* ''Verteidigt die Tiere''. Neff, Wien 1986, ISBN 3-7014-0225-6 (Originaltitel: ''In defence of animals'', 1985)
* ''Muss dieses Kind am Leben bleiben? Das Problem schwerstgeschädigter Neugeborener'' (mit Helga Kuhse). Harald Fischer, Erlangen 1993, ISBN 3-89131-110-9 (Originaltitel: ''Should the baby live?'', 1985)
* ''Wie sollen wir leben? Ethik in einer egoistischen Zeit''. Harald Fischer, Erlangen 1996, ISBN 3-89131-115-X, oder: dtv, München 1999, ISBN 3-423-36156-5 (Originaltitel: ''How are we to live? Ethics in an age of self-interest'', 1993)
* ''Individuen, Menschen, Personen. Fragen des Lebens und Sterbens'' (mit Helga Kuhse). Academia (Beiträge zur Angewandten Ethik, 5), St. Augustin 1999, ISBN 3-89665-096-3 (Originaltitel: ''Individuals, Humans, Persons'', 1994)
* ''Writings on an Ethical Life''. Ecco, New York 2000, ISBN 0-06-000744-3
* ''Henry Spira und die Tierrechtsbewegung''. Harald Fischer, Erlangen 2001, ISBN 3-89131-404-3 (Originaltitel: ''Ethics into action: Henry Spira and the Animal Rights Movement'', 1998)
* ''One World: The Ethics of Globalisation''. Yale University Press, New Haven 2002; Text Publishing, Melbourne, 2002; 2. Auflage, Yale University Press, 2004; Oxford Longman, Hyderabad 2004, ISBN 0-300-10305-0
* ''Der Präsident des Guten und des Bösen. Die Ethik George W. Bushs''. Harald Fischer, Erlangen 2004, ISBN 3-89131-413-2 (Originaltitel: ''The president of good and evil'', 2004)
* ''Mein Großvater. Die Tragödie der Juden von Wien''. Europa Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-203-82012-9 (Originaltitel: ''Pushing time away. My Grandfather and the Tragedy of Jewish Vienna'', 2003)
* ''Leben retten: Wie sich Armut abschaffen lässt – und warum wir es nicht tun''. Arche, Zürich & Hamburg 2010, ISBN 3-7160-2629-8 (Originaltitel: ''The Life You Can Save: Acting Now to End World Poverty'', 2009)
* ''Effektiver Altruismus. Eine Anleitung zum ethischen Leben.'' Suhrkamp Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-518-58688-4 (Originaltitel: ''The Most Good You Can Do. How Effective Altruism Is Changing Ideas About Living Ethically'', 2015).
* ''Ethics in the Real World: 82 Brief Essays on Things That Matter''. Princeton University Press, Princeton [u.&nbsp;a.] 2016, ISBN 978-0-691-17247-7.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Peter Singer}}
* {{WikipediaDE|Südtirol}}
 
== Literatur ==
* Till Bastian (Hrsg.): ''Denken, schreiben, töten. Zur neuen „Euthanasie“-Diskussion und zur Philosophie Peter Singers''. Hirzel, Stuttgart 1990, ISBN 3-8047-1112-X.
* Didi Danquart, Udo Sierck (Hrsg.): ''Der Pannwitzblick. Wie Gewalt gegen Behinderte entsteht''. Libertäre Assoziation, Hamburg 1993, ISBN 3-922611-29-X.
* Christoph Anstötz (Hrsg.): ''Peter Singer in Deutschland. Zur Gefährdung der Diskussionsfreiheit in der Wissenschaft''. Eine kommentierte Dokumentation. Mit einer Bibliographie von Björn Haferkamp. Lang, Frankfurt am Main 1995 (2. unv. A. 1997), ISBN 3-631-48014-8.
* Bernward Grünewald: ''Peter Singers Objektivismus und seine versteckte Subjektstheorie''. In: Jahrbuch für Recht und Ethik / Annual Review of Law and Ethics, Band 3 (1995), ISBN 3-428-08269-9, [http://uk-online.uni-koeln.de/remarks/d3626/rm520671.pdf uk-online.uni-koeln.de] (PDF)
* Robert Spaemann: ''Personen. Versuche über den Unterschied zwischen „etwas“ und „jemand“''. Klett-Cotta, Stuttgart 1996 (3. A. 2007), ISBN 3-608-91813-2.
* Erika Feyerabend: ''Die Debatte um Peter Singer in Heidelberg''. In: Margret Jäger, Frank Wichert (Hrsg.): ''Rassismus und Biopolitik''. DISS-Forschungsbericht 1996, ISBN 3-927388-55-6.
* Dale Jamieson (Hrsg.): ''Singer and His Critics''. Blackwell, Oxford 1999, ISBN 1-55786-909-X.
* Martina Ahmann: ''Was bleibt vom menschlichen Leben unantastbar? Kritische Analyse der Rezeption des praktisch-ethischen Entwurfs von Peter Singer aus praktisch-theologischer Perspektive''. LIT (Theologie und Praxis 11), Münster 2001, ISBN 3-8258-5333-0.
* Wojciech Bołoz, Gerhard Höver (Hrsg.): ''Utilitarismus in der Bioethik. Seine Voraussetzungen und Folgen am Beispiel der Anschauungen von Peter Singer''. LIT (Symposion 2), Münster 2002, ISBN 3-8258-5895-2.
* Wilfried Härle: ''Menschsein in Beziehungen. Studien zur Rechtfertigungslehre und Anthropologie''. Mohr, Tübingen 2006, ISBN 3-16-148754-0.
* Alexander Lohner: ''Personalität und Menschenwürde. Eine theologische Auseinandersetzung mit den Thesen der „neuen Bioethiker“''. Regensburg 2000, ISBN 978-3-7917-1702-9.
* Alexander Schlegel: ''Die Identität der Person. Eine Auseinandersetzung mit Peter Singer''. Herder (Studien zur theologischen Ethik 116), Freiburg im Breisgau 2007, ISBN 3-451-29393-5.
* Jeffrey A. Schaler (Hrsg.): ''Peter Singer Under Fire'', The Moral Iconoclast Faces His Critics, Open Court 2009, ISBN 978-0-8126-9618-9. <small>[http://ndpr.nd.edu/review.cfm?id=18428 Review] von Fiona Woollard</small>
 
'''Online verfügbar'''
* [http://www.gkpn.de/A&K_SoHeft95_PeterSinger.pdf Sonderausgabe] (PDF) der Zeitschrift ''Aufklärung und Kritik'' über Peter Singer, 1995.
* [http://www.tierrechte-kaplan.org/kompendium/a128.htm ''Euthanasie und Emotion. Warum Peter Singers Thesen die Gemüter erhitzen''.] Kritik von Helmut F. Kaplan an ''Muss dieses Kind am Leben bleiben?''


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat}}
{{Commonscat|South Tyrol}}
* {{DNB-Portal|118866850}}
* [http://www.provinz.bz.it/de/default.asp Südtiroler Landesverwaltung]
* [http://www.princeton.edu/~psinger/ Webseite] von Peter Singer auf princeton.edu
* [http://www.provinz.bz.it/astat/index_d.asp Website] des Südtiroler Landesinstituts für Statistik
* [http://www.utilitarian.net/singer/ www.utilitarian.net], umfangreiche Linkliste zu internationalen Beiträgen Singers (nur bis 2008)
* [http://www.buergernetz.bz.it/de/default.asp „Südtiroler Bürgernetz“], E-Government-Portal der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol
* [http://www.project-syndicate.org/contributor/185 www.project-syndicate.org], Aufsätze von Peter Singer, auch auf Deutsch verfügbar
* [http://www.provinz.bz.it/news/de/publikationen.asp?publ_action=4&publ_article_id=1592 Südtirol Handbuch 2013] – historische, politische und statistische Übersicht Südtirols
* [https://www.thelifeyoucansave.org/ Website von ''The Life You Can Save'']


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise und Anmerkungen ==
<references />
<references />


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{{SORTIERUNG:Singer, Peter}}
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[[Kategorie:Moralphilosoph]]
[[Kategorie:Italien]]
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{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 16. Oktober 2018, 17:05 Uhr

Südtirol (ital.Alto Adige, Sudtirolo; ladinisch Südtirol), amtlich Autonome Provinz Bozen – Südtirol, ist die nördlichste Provinz Italiens und bildet zusammen mit der Provinz Trient die autonome Region Trentino-Südtirol. Seit Inkrafttreten der erweiterten Autonomie im Jahr 1972 genießt Südtirol umfassende Selbstverwaltungsrechte und wird entsprechend als „autonome Provinz“ oder „Land“ bezeichnet. Das mitten in den Alpen gelegene Gebiet hat rund 520.000 Einwohner, seine Landeshauptstadt ist Bozen.

Südtirol zählt zu jenen Gebieten Italiens mit einer starken Regionalkultur. Diese ist auf die bairische und alpenromanische Besiedlung sowie auf die historisch gewachsenen Bindungen an den deutschen Sprach- und Kulturraum zurückzuführen, insbesondere zum nördlichen Nachbarn Österreich, zu dem es bis 1919 gehörte. Die europäische Einigungsbewegung ermöglicht eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den anderen Teilen der historischen Region Tirol, die seit Gründung der Europaregion Tirol–Südtirol–Trentino am Beginn einer institutionellen Verflechtung steht.

Hinsichtlich der sprachlich-kulturellen Differenzierung setzt sich die Bevölkerung gegenwärtig zu über 62 % aus deutschsprachigen und zu etwa 23 % aus italienischsprachigen Südtirolern zusammen. Rund 4 % der Bevölkerung, hauptsächlich im Dolomitengebiet, gehören zur ladinischen Sprachgruppe. Inner- und außereuropäische Migration hat insbesondere seit den 1990er Jahren zu einer weiteren Diversifizierung der Bevölkerungszusammensetzung geführt.

Das in weiten Teilen ländliche Südtirol zählt zu den wohlhabendsten Gebieten Italiens und der Europäischen Union. Wirtschaftlich war das an der Brenner-Transitroute gelegene Land lange Zeit in erster Linie agrarisch geprägt. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielen Dienstleistungsbereiche wie Handel, Verkehr und Tourismus eine herausragende Rolle.

Lage

Südtirol (hier das Unterland) verbindet über die Brenner-Transitroute Nord und Süd.

Südtirol befindet sich zur Gänze in den Alpen. Das Land ist sowohl die nördlichste als auch mit einer Gesamtfläche von 7400 km² eine der größten Provinzen Italiens. Durchzogen wird es in Nord-Süd-Richtung von der bedeutenden Brenner-Transitroute, die Deutschland und Österreich mit Oberitalien verbindet. Die nächstgelegenen Millionenstädte sind München etwa 180 km nördlich von Bozen und Mailand etwa 200 km südwestlich.

Im Norden und Osten grenzt Südtirol an die österreichischen Bundesländer Tirol (Nordtirol, Osttirol) und zu einem kleinen Teil Salzburg. Die Nordgrenze orientiert sich seit der Teilung Tirols nach dem Ende des Ersten Weltkriegs größtenteils am Alpenhauptkamm. Im Westen stößt Südtirol an den Schweizer Kanton Graubünden. Innerhalb Italiens ist es im Südwesten von der lombardischen Provinz Sondrio, im Süden vom Trentino und im Südosten von der zu Venetien gehörenden Provinz Belluno umgeben.

Der Alpenhauptkamm (hier im Bereich des Pfossentals) bildet die Nordgrenze Südtirols.

Namens- und Begriffsgeschichte

Landkarte The Valleys of Tirol aus dem Jahr 1874, in der in etwa das heutige Südtirol und Osttirol als South Tirol bezeichnet werden; der italienischsprachige Landesteil scheint als Wälsch- or Italian Tirol or the Trentino auf.

„Südtirol“ als Bezeichnung einer politischen Verwaltungseinheit: Ein vom größeren Tiroler Gesamtzusammenhang politisch und juridisch abgegrenztes Südtirol gibt es erst als unmittelbare Folge des Ersten Weltkriegs: War Tirol bis dahin ein geschlossener Teil von Österreich-Ungarn gewesen, so wurden das heutige Südtirol und das Trentino (ehemals Welschtirol) mit dem Friedensvertrag von 1919 Italien zugesprochen. Die im Jänner 1927 von der faschistischen Administration gebildete Provinz Bozen[1] erlangte erst mit dem Ersten Autonomiestatut von 1948 ihren heutigen geographischen Umfang, wurde allerdings amtlich noch als Tiroler Etschland bezeichnet. Die für dieses Gebiet seit den 1920er Jahren allgemein übliche Bezeichnung Südtirol wurde mit dem Zweiten Autonomiestatut von 1972 erstmals offiziell anerkannt. Seither verwendet die Landesverwaltung als Eigenbezeichnung die Langform Autonome Provinz Bozen – Südtirol bzw. die Kurzform Land Südtirol. Das italienische Äquivalent hierzu lautet Provincia Autonoma di Bolzano – Alto Adige, das ladinische Provinzia Autonoma de Balsan – Südtirol (auf Gadertalisch) oder Provinzia Autonoma de Bulsan – Südtirol (auf Grödnerisch).

„Südtirol“ als topographische Bezeichnung: Der Name „Südtirol“ bzw. seine Entsprechungen in anderen Sprachen (South Tyrol oder Tirol im Englischen, Tyrol du Sud im Französischen) fanden bereits im 19. Jahrhundert Verbreitung, konnten sich jedoch auf verschiedene südliche Gebiete der Grafschaft Tirol beziehen, die das moderne Südtirol auch nur teilweise oder überhaupt nicht einschlossen. Im weitesten Sinne wurden mit „Südtirol“ alle Tiroler Gebiete südlich des Alpenhauptkamms bezeichnet, die auf der Grundlage der sprachlichen Mehrheitsverhältnisse weiter in „Deutsch-Südtirol“ und „Welsch-Südtirol“ (oder „Welschtirol“) unterteilt wurden. Nach der Annexion des Südteils Tirols durch Italien vollzog sich in den 1920er Jahren ein Bedeutungswandel, durch den „Südtirol“ zum Synonym für die hauptsächlich deutschsprachig besiedelte „Provinz Bozen“ aufrückte.[2]

Entstehung und Verwendung der italienischen Begriffe „Alto Adige“ und „Sudtirolo“: Die italienische Bezeichnung Alto Adige (zu Deutsch „Oberetsch“ oder „Hochetsch“[3]) für die deutschsprachigen Teile Tirols südlich der Wasserscheide wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Zuge des Irredentismus geprägt und verbreitet. Man bediente sich dabei des Namens des Département Haut-Adige (Dipartimento dell’Alto Adige) im napoleonischen Königreich Italien, das von 1810 bis 1813 bestand und größtenteils das heutige Trentino sowie einige angrenzende Gebiete, darunter auch den Südteil des heutigen Südtirols mit der Stadt Bozen, umfasste. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand die italienische Alternativbezeichnung Sudtirolo, die zunehmende Verbreitung findet.[4]

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Weblinks

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Einzelnachweise und Anmerkungen

  1.  Andrea Bonoldi, Hannes Obermair: Zwischen Rom und Bozen. Staat und Provinz im italienischen Faschismus. Stadtgemeinde Bozen, Bozen 2006, ISBN 88-901870-9-3, S. 37.
  2. Zur Namens- und Begriffsgeschichte von „Südtirol“ Hans Heiss: „Man pflegt Südtirol zu sagen und meint, damit wäre alles gesagt.“ Beiträge zu einer Geschichte des Begriffes Südtirol. In: Arbeitsgruppe Regionalgeschichte/Gruppo di ricerca per la storia regionale, Tirol – Trentino. Eine Begriffsgeschichte/Semantica di un concetto (Geschichte und Region/Storia e regione Band 9). Folio, Wien-Bozen 2000, ISBN 3-85256-149-3, S. 85–109.
  3. Beide Bezeichnungen sind niemals in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen; sie begegnen bisweilen in der Literatur der Zwischenkriegszeit als Ersatz für das von der faschistischen Administration verbotene „Südtirol“, vgl. etwa Richard Pittioni: Stand und Aufgabe der urgeschichtlichen Forschung im Oberetsch. Beihefte zum Bozner Jahrbuch für Geschichte, Kultur und Kunst 6. Bozen: Athesia 1940.
  4. Zur Namens- und Begriffsgeschichte von „Alto Adige“ und „Sudtirolo“ Carlo Romeo: Der Fluß im Schatten des Schlosses. „Alto Adige“ – eine Begriffsgeschichte. In: Arbeitsgruppe Regionalgeschichte/Gruppo di ricerca per la storia regionale, Tirol — Trentino. Eine Begriffsgeschichte/Semantica di un concetto (Geschichte und Region/Storia e regione Band 9). Folio, Wien-Bozen 2000, ISBN 3-85256-149-3, S. 153–170.


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