Psychologie und Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Psychologie''' ist eine [[Empirie|empirische]] [[Wissenschaft]]. Ihr Ziel ist es, menschliches [[Erleben]] und [[Verhalten (Psychologie)|Verhalten]], deren Entwicklung im Laufe des Lebens sowie alle dafür maßgeblichen inneren und äußeren Ursachen oder Bedingungen zu beschreiben und erklären.
[[Datei:Marx EighteenthBrumaire.JPG|mini|Titelblatt der Erstausgabe]]
[[Datei:Marx Brumaire 1885.jpg|mini|Titelblatt der 3. Auflage, Hamburg 1885]]
'''Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte''', auch bekannt als '''Der achtzehnte Brumaire des Louis Napoleon''', ist eine erstmals im Mai 1852 veröffentlichte Schrift von [[Karl Marx]] (1818–1883). Marx analysiert dort den Verlauf des [[Staatsstreich vom 2. Dezember 1851|Staatsstreichs]] [[Napoleon III.|Louis Napoleons]] (1808–1873) in [[Frankreich]] 1851. Dabei bildet die Analyse des konkreten, noch nicht abgeschlossenen historischen Ereignisses die Basis für Marx, um seine eigenen Theorien weiterzuentwickeln. Für ihn stellen die [[Februarrevolution 1848|Februarrevolution]] und der darauf folgende Staatsstreich gesellschaftliche [[Klassenkampf|Klassenkämpfe]] dar. Marx entwickelt sein Verständnis der [[Soziale Klasse#Die Klassengliederung im Kapitalismus bei Karl Marx|Klasse]] weiter wie seine [[Geschichtsphilosophie#Karl Marx und der Historische Materialismus|geschichtsphilosophischen]] Annahmen. Generell gilt das Werk als eine Darstellung [[Marxismus|marxistischer]] Gesellschaftsanalyse und Geschichtstheorie. Es finden sich in ihm einige der bekanntesten Marx-[[Zitat]]e.


Das Wort ''Psychologie'' (als ''psychologia'' erstmals im 16. Jahrhundert belegt) bedeutet wörtlich ''Seelenkunde<ref>[http://www.duden.de/suchen/dudenonline/Seelenkunde ''Begriff Seelenkunde im Duden'']</ref>'' (abgeleitet von griechisch ''ψυχολογία'', ''psychología'', von {{grcS|ψυχή}} ''psyché'' ‚Hauch‘, ‚[[Seele]]‘, ‚Gemüt‘ und [[-logie]] als Lehre bzw. Wissenschaft<ref>Wilhelm Gemoll: ''Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch'', München/ Wien 1965</ref>).
== Überblick ==
=== Zum Titel der Schrift ===
Die Formulierung „der achtzehnte Brumaire“ ist eine Anspielung auf den 9. November 1799 (nach dem [[Französischer Revolutionskalender|Französischen Revolutionskalender]]). An diesem Tag wurde Louis Napoleons Onkel [[Napoléon Bonaparte]] durch einen Staatsstreich, bekannt als [[Staatsstreich des 18. Brumaire VIII]], zum Alleinherrscher mit [[Diktatur|diktatorischen]] Vollmachten. Der Titel ist ein ironischer Vergleich der beiden Staatsstreiche, dementsprechend liest sich der Einleitungssatz, der eines der bekanntesten Zitate des ''achtzehnten Brumaire'' darstellt:
{{Zitat|Hegel bemerkt irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Thatsachen und Personen sich so zu sagen zweimal ereignen. Er hat vergessen hinzuzufügen: das eine Mal als große Tragödie, das andre Mal als lumpige Farce.|Karl Marx: ''Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte''. New York 1852, S. 1<ref>Marx-Engels-Gesamtausgabe Abteilung I. Band 11, S. 96</ref>}}


== Einordnung ==
=== Entstehungs- und Veröffentlichungsgeschichte ===
Psychologie ist als Wissenschaft bereichsübergreifend: Sie lässt sich weder gänzlich den [[Naturwissenschaft]]en noch den [[Sozialwissenschaft]]en oder [[Geisteswissenschaft]]en allein zuordnen. Eine [[Anthropologie]] im weitesten Sinn und die Methoden der [[Statistik]] bilden ihre Grundlage. Eine aus dem angelsächsischen Raum stammende Einteilung untergliedert Psychologie im Sinne der ''Behavioural sciences'' in [[Verhaltensbiologie|Verhaltenswissenschaft]], [[Kognitionswissenschaft]] und [[Neurowissenschaft]]. Da nach Meinung mancher mittels rein naturwissenschaftlich-empirischer Forschung nicht alle psychologischen Phänomene erfasst werden können, ist auch auf die Bedeutung der [[Verstehende Psychologie|geisteswissenschaftlichen Psychologie]] zu verweisen.


Neben der akademischen Psychologie existiert eine ''[[Alltagspsychologie]]''. Sie ist vereinzelt Gegenstand der akademischen Disziplin, von der hier die Rede ist.<ref>Uwe Laucken, ''Naive Verhaltenstheorie.'' Klett, Stuttgart 1974, ISBN 3-12-925260-6</ref> Sie bedient sich ursprünglich akademisch-psychologischer Konzepte und Begriffe, die in die Alltagssprache eingeflossen sind, und beruft sich gerne auf den sogenannten „[[Gesunder Menschenverstand|gesunden Menschenverstand]]. Dessen Erkenntnisse genügen nicht den wissenschaftlichen Ansprüchen, etwa hinsichtlich ihrer [[Objektivität]], [[Reliabilität]] und [[Validität]].<ref>Die akademische Psychologie hat sich von der Alltagspsychologie her entwickelt. Die Philosophie hat Jahrhunderte lang Einzelthemen aus ihr reflektiert, aber keine zusammenhängende Theorie der Psychologie formuliert und eine empirische psychologische Forschung angeregt. Anstöße zu einer wissenschaftlichen Erforschung psychischer Tatbestände datieren aus dem 19. Jahrhundert und kamen damals einerseits aus der sinnesphysiologischen Forschung in der Medizin („[[Psychophysik]]“), während andererseits die damals langsam wichtiger werdende junge psychische Heilkunde oder [[Psychiatrie]] immer mehr Bedarf an Klärung psychologischer Zusammenhänge zumindest im Bereich der [[Psychopathologie]] entwickelte (siehe [[Geschichte der Psychiatrie]]).</ref>
Verfasst wurde ''Der achtzehnte Brumaire'' von Mitte Dezember 1851 bis zum 25. März 1852. Der etwa 100 Seiten lange und in sieben Kapitel gegliederte Text erschien unter dem Titel ''Der achtzehnte Brumaire des Louis Napoleon'' erstmals am 18. Mai 1852 im ersten Heft der in [[New York City]] ([[USA]]) veröffentlichten monatlichen Zeitschrift ''Die Revolution. Eine Zeitschrift in zwanglosen Heften'' von [[Joseph Weydemeyer]] mit einer Auflage von 500 Exemplaren.<ref name="Rosalux">[http://www.rosalux.de/cms/fileadmin/rls_uploads/pdfs/141_142_hoff.pdf Klassen–Revolution–Demokratie. Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte.] (PDF; 67&nbsp;kB) - Hoff, Jan: in: UTOPIE kreativ, H. 141/142 (Juli/August 2002), S. 743–745</ref> Eine Übersetzung durch [[Wilhelm Pieper (Revolutionär)|Wilhelm Pieper]], damals Sekretär von Marx, ins Englische fand keinen Verlag.<ref>[[Internationales Institut für Sozialgeschichte|IISG]] Marx Engels Nachlass Q 16 Wilhelm Pieper: „Übersetzung des ‚18. Brumaire‘, Kap. II u. III. ca September 1852, 51 Seiten“ und  eine von [[Jenny Marx]] gefertigte „Abschrift von Kap. VI“ (RGASPI, Moskau Fond 1 opis 1 delo 703).</ref> Nur ein kleiner Auszug aus dem ersten Kapitel erschien in der Zeitung „Peoples Paper“ innerhalb des Artikels „A Review of the Literature on the Coup d'Etat“ am 18. Dezember 1852, der von [[Johann Georg Eccarius]] mit Hilfe von Marx geschrieben wurde.<ref>Marx-Engels-Gesamtausgabe Abteilung I, Bd. 11, S. 515–521.</ref> Eine zweite, überarbeitete Auflage wurde 1869 in [[Hamburg]] mit einem Vorwort von Marx veröffentlicht<ref>Marx führt im Vorwort zur zweiten Auflage aus, dass Druckfehler korrigiert wurden und eine Streichung „nicht mehr verständlicher Anspielungen“ erfolgte. [http://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1852/brumaire/vorwort2.htm Quelle]</ref>, die dritte Auflage nach Marx’ Tod unter der Redaktion und mit einem Vorwort von [[Friedrich Engels]] 1885.<ref>[[Friedrich Engels|Engels]] nahm auf Basis der zweiten Auflage stilistische Veränderungen vor. [http://www.mlwerke.de/me/me08/me08_111.htm Quelle]</ref> Beide Neuauflagen erschienen mit dem Titel ''Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte''. Die französische Erstausgabe erschien nach einer Zusammenarbeit Engels mit Édouard Fautin zwischen Januar und Oktober 1891 in einer Artikelreihe der Zeitschrift ''Socialiste''.<ref name="Rosalux" /> In der [[Marx-Engels-Werke|MEW]]-Ausgabe ist der Aufsatz in Band 8 veröffentlicht (S. 111–207). In der [[Marx-Engels-Gesamtausgabe]] ist der Text mit allen Varianten in der Abteilung I. Bd. 11, S. 96–189 veröffentlicht.


[[Psychologe]]n sind Personen, deren Berufsbild durch die Anwendung psychologischen Wissens charakterisiert ist und deren Bezeichnung in Deutschland ein Hochschulstudium im Hauptfach Psychologie voraussetzen.
=== Historischer Hintergrund ===


== Ursprung und Geschichte ==
[[Datei:Horace Vernet-Barricade rue Soufflot.jpg|mini|''Barrikadenkampf in der Rue Soufflot, Paris, 25. Juni 1848'' ([[Februarrevolution 1848#Juniaufstand und Konterrevolution|Juniaufstand]])<ref>[http://www.dhm.de/ausstellungen/bildzeug/qtvr/DHM/n/BuZKopie/raum_21.01.htm Deutsches Historisches Museum]</ref>]][[Datei:Napoleon-III-karikatur.jpg|mini|130px|[[Napoléon III.|Louis Napoleon]], zeitgenössische Karikatur]]
{{Hauptartikel|Geschichte der Psychologie}}
[[Napoléon III.|Louis Napoleon]], auch bekannt als Napoléon III., der zuvor schon 1836 und 1840 gescheiterte [[Putsch]]versuche beging, kehrte nach der [[Februarrevolution 1848]] gegen den [[Ludwig Philipp (Frankreich)|„Bürgerkönig“ Louis-Philippe von Orléans]] ins Frankreich der [[Zweite Französische Republik|Zweiten Französischen Republik]] zurück, und gewann im Dezember die Präsidentschaftswahlen gegen den bisherigen Präsidenten [[Louis-Eugène Cavaignac]]. Drei Jahre später erzwang er sich durch einen Staatsstreich am 2. Dezember 1851 diktatorische Vollmachten und ließ sich, nach einem [[Plebiszit]] (Volksbeschluss), im Dezember 1852 zum [[Kaiser]] des [[Zweites Kaiserreich|Zweiten Kaiserreichs]] ausrufen.


''Psychologie'' wurde als eigenständige akademische Disziplin Anfang des 19. Jahrhunderts in damaligen wissenschaftlichen Zentren Deutschlands wie [[Leipzig]] und [[Königsberg (Preußen)|Königsberg]] begründet.
Im Rahmen einer Schlacht des [[Deutsch-Französischer Krieg|Deutsch-Französischen Krieges]] (1870–1871) wurde er im September 1870 gefangen genommen und zwei Tage später durch die Ausrufung der [[Dritte Französische Republik|Dritten Republik]] gänzlich entmachtet.


In Leipzig gründete [[Wilhelm Wundt]] gemeinsam mit [[Gustav Theodor Fechner]] 1879 (zunächst als Privatinstitut) das [[Experimentalpsychologie|''Institut für experimentelle Psychologie'']]. Um diese beiden sammelte sich binnen kurzer Zeit ein Kreis engagierter junger Forscher, zu denen unter anderem [[Emil Kraepelin]], [[Hugo Münsterberg]], [[Granville Stanley Hall]] und [[James McKeen Cattell]] gehörten. 1883 wurde das Institut offizielles Universitätsinstitut.
=== Inhalt und Erkenntnisinteresse ===


Insbesondere [[Johann Friedrich Herbart]], ab 1809 Nachfolger [[Immanuel Kant]]s auf dessen [[Albertus-Universität Königsberg|Königsberger Lehrstuhl]], bemühte sich mit zahlreichen Veröffentlichungen um eine eigene ''Lehre der Psychologie'' (siehe die entsprechenden Angaben dazu in dem Namensartikel zu Herbart 1816, 1824, 1839–1840 und 1840). Dies ist deshalb nicht so geläufig, da Herbart vornehmlich als Begründer der wissenschaftlichen [[Pädagogik]] gilt. Dennoch ist die Bedeutung Herbarts für beide Disziplinen nicht zu unterschätzen. Wissenschaftler heutiger Zeit entdecken bisweilen, dass scheinbare neue Entwicklungen sich schon in Ansätzen bei Herbart und zeitgenössischen Wissenschaftlern finden.
Wie Friedrich Engels in seinem Vorwort ausführt, setzte sich Marx in besonderem Maß mit der Geschichte Frankreichs auseinander, da sie für ihn, wie Engels schreibt, eine Geschichte von [[Klassenkampf|Klassenkämpfen]] „in den schärfsten Umrissen ausgeprägt“ darstelle.<ref>[http://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1852/brumaire/vorwort3.htm ''Vorwort zur 3. Auflage'', Friedrich Engels  1885]</ref> Marx verfasste zuvor schon 1850 die Schrift „[[Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848–1850]]“ und setzte sich mit weiten Teilen der Geschichte Frankreichs zur Zeit der [[Zweite Französische Republik|Zweiten Französischen Republik]] auseinander. Die Ausrufung Louis Napoleons zum Kaiser, und damit das Ende der Republik, fand wenige Monate nach der Veröffentlichung des ''achtzehnten Brumaire'' statt. Marx merkte diesbezüglich später im Vorwort zur zweiten Auflage an: „''Der Schlußsatz meiner Schrift: ‚Aber wenn der Kaisermantel endlich auf die Schultern Louis Bonapartes fällt, wird das eherne Standbild Napoleons von der Höhe der Vendôme-Säule herabstürzen‘, hat sich bereits erfüllt.''“<ref name="Vorwort 2. Auflage">[http://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1852/brumaire/vorwort2.htm ''Vorwort zur 2. Auflage'', Karl Marx 1869]</ref> Marx’ Interesse war es, den Verlauf des Staatsstreichs und der Februarrevolution als ''Klassenkämpfe'' zu durchschauen, um auf Basis dieser Erkenntnisse Handlungsmöglichkeiten zu erschließen, sich einer nach seinen philosophischen Theorien gerechteren, [[Klassenlose Gesellschaft|klassenlosen Gesellschaft]] anzunähern. So wurde diese Studie eine seiner ‚soziologischsten‘ Schriften.


1896 verwendete Sigmund Freud zum ersten Mal [[Sigmund Freud#Die Entstehung der Psychoanalyse|den Begriff Psychoanalyse]].
In der Schrift wird der Staatsstreich Louis Napoleons 1851 aus historischer, aber vor allem aus [[Gesellschaft (Soziologie)|gesellschaftsanalytischer]] Sichtweise betrachtet.<ref>Kenntnisse der historischen Personen und Ereignisse konnten im ''achtzehnten Brumaire'' seiner damaligen Aktualität halber vom Autor weitgehend vorausgesetzt werden.</ref> Marx erklärt den Verlauf der Februarrevolution anhand seiner Theorien und entwickelt diese konkretisierend weiter. Welche Klasse trug überhaupt Louis Bonaparte empor? Nicht die Bourgeoisie.<ref>Hier lässt sich Marx auf subtile Analysen der damaligen [[Sozialstruktur]] vor allem auch des ländlichen Frankreich ein.</ref> Aber warum verzichtete diese auch nach der Februarrevolution auf den Griff nach der unmittelbaren Herrschaft und [[Repräsentation (Politik)|politischen Repräsentation]] zu Gunsten einer [[Autoritarismus|autoritären]] Herrschaft Napoleons?<ref name="Stammen97">[[Theo Stammen]], [[Gisela Riescher]], Wilhelm Hofmann (Hrsg.): ''Hauptwerke der politischen Theorie'' (= ''[[Kröners Taschenausgabe]].'' Band 379). Kröner, Stuttgart 1997, ISBN 3-520-37901-5, S. 320–322.</ref><ref name="Marxists.org">Vgl. http://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1852/brumaire/index.htm</ref> In diesem Sinne schreibt er in seinem Vorwort zur zweiten Auflage, dass er nachzuweisen versuche, „''wie der Klassenkampf in Frankreich Umstände und Verhältnisse schuf, welche einer mittelmäßigen und grotesken Personage'' [Louis Napoleon] ''das Spiel der Heldenrolle ermöglichen.''“<ref name="Vorwort 2. Auflage" />


Die [[Tierpsychologie]] (heute: [[Verhaltensbiologie|Verhaltensforschung]]) sonderte sich im frühen 20. Jahrhundert unter [[Konrad Lorenz]] als eigenständiges Fach von der Psychologie ab. Sie ging ebenfalls maßgeblich vom ehemaligen Lehrstuhl Kants aus.
=== Theorie ===


== Standortbestimmung ==
Um den Verlauf des Staatsstreichs zu erklären, erweitert Marx in seiner Analyse das betrachtete [[Klasse (Soziologie)|Klassenspektrum]] neben den Hauptklassen einer bürgerlich-[[Kapitalismus|kapitalistischen]] Gesellschaft, der Bourgeoisie und dem Proletariat, um die [[Bauernstand|Bauernschaft]] und das [[Lumpenproletariat]], in denen er entscheidende Kräfte für die Machterlangung Louis Napoleons ausmacht. Dies begründet er sowohl mit materiellen wie [[Ideologie|ideologischen]] Momenten. So sei zum Beispiel die Klasse des Lumpenproletariats durch die Zusicherung sozialer und politischer Reformen auf die Seite Louis Napoleons gezogen worden. Der ländlichen Bauernschaft konstatiert Marx eine traditionelle Napoleonverehrung, auch könne diese Klasse aufgrund ihrer [[Produktionsweise]] in einzelnen [[Parzelle]]n kein gemeinsames [[Klassenbewusstsein]] entwickeln, da ihre Mitglieder voneinander schon räumlich weitestgehend getrennt seien. Ebenso wenig könne sie daher ihre Interessen ''als Klasse'' durchsetzen und bedürfe für diesen Zweck einer starken [[Loyalität|loyalen]] Autorität, die sie in Louis Napoleon sehen.<ref name="Stammen97" />
Entgegen ihrem Bild und dem Verständnis in der [[Öffentlichkeit]] ist die in den akademischen Institutionen betriebene und gelehrte Psychologie eine streng [[Empirie|empirische]] Wissenschaft. Als empirische [[Wissenschaft]] vom Erleben und Verhalten obliegt es der Psychologie, [[Theorie]]n und daraus abgeleitete [[Modell]]e, [[Hypothese]]n, Annahmen für die Beantwortung einer konkreten Fragestellung usw. mit geeigneten wissenschaftlichen Methoden empirisch zu prüfen. Die Methodik ist überwiegend naturwissenschaftlich, mithin quantitativ, in Verbindung mit [[experiment]]ellem oder [[Quasi-Experiment|quasi-experimentellem]] Vorgehen. Daher stellen die [[Mathematik]], insbesondere die [[Deskriptive Statistik]], die [[Stochastik]] – hier besonders die [[Induktive Statistik]] und die [[Statistischer Test|statistischen Testverfahren]] – sowie zunehmend Ansätze der [[Systemtheorie]] – insbesondere die mathematische Systemanalyse – wichtige Werkzeuge der Psychologen dar.


Als empirische [[Humanwissenschaft]] unterscheidet sich Psychologie von verwandten Forschungsgebieten anderer Fächer, die zum Teil eigene „Psychologien“ inkorporieren, wie beispielsweise Philosophie, [[Soziologie]], Pädagogik, Anthropologie, Ethnologie, Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaften, Allgemeinen Linguistik, Medizin<ref>Gernot Huppmann, S. Fischnbeck (Hrsgg.): ''Psychologie in der Medizin.'' Würzburg 1992.</ref> und Zahnmedizin<ref>Gernot Huppmann: ''Zu den Anfängen der Zahnärztlichen Psychologie: Arbeiten von [[Erich Stern]] (1898–1959), [[Wilhelm Balters]] (1893–1973) und Erich Heinrich (1895–1982).'' In: H.-G. Sergl, G. Huppmann, G. Kreyer (Hrsgg.): ''Jahrbuch der Psychologie und Psychosomatik in der Zahnheilkunde.'' Band 6, 1998, S. 213–224.</ref> oder Biologie, durch naturwissenschaftlich-experimentelle Ausrichtung: ''Mentale Prozesse,'' konkrete ''Verhaltensmechanismen'' sowie ''Interaktionen'' von mentalen Prozessen und dem Verhalten von Menschen werden beschrieben und erklärt, wobei Überschneidungen bis hin zur gegenseitigen [[Interdisziplinarität]] möglich sind. Diese Abgrenzung kann als eine erweiterte Definition der Psychologie gelesen werden.
Marx stellt fest, dass neben der Macht des [[Wirtschaft|Ökonomischen]] und des Politischen (des [[Militär]]s und des [[Staat]]sapparats) ebenso die Zustimmung beziehungsweise Gewinnung der Massen für die eigenen, zumindest vorgegebenen Ziele entscheidend seien, um gesellschaftliche Entwicklungen zu beeinflussen. So legitimierte und erweiterte Louis Napoleon seine autoritäre Herrschaft auch durch Wahlverfahren und Plebiszite.<ref name="Stammen97" />


Methodisch finden sich heute neben den naturwissenschaftlichen Ansätzen auch solche der empirischen [[Sozialwissenschaften]]. Eine Schwerpunktsetzung schwankt je nach Ausrichtung eines psychologischen Fachbereiches. Vorherrschend sind hier [[Quantitative Sozialforschung|quantitative Methoden]], wiewohl auch [[Qualitative Sozialforschung|qualitative Methoden]] zum Repertoire gehören, zum Beispiel [[Grounded Theory]] oder [[Inhaltsanalyse]]. Die Trennung zwischen qualitativer und quantitativer Sozialforschung ist nicht immer eindeutig: Die Psychologie unterscheidet eher zwischen primär naturwissenschaftlichen und primär sozialwissenschaftlichen methodischen Ansätzen, die sehr oft neben den quantitativen in einer gewissen Art und Weise auch qualitative Aspekte beinhalten. Eine Trennung zwischen natur- und sozialwissenschaftlichen Ansätzen ist nicht immer eindeutig möglich.
=== Wirkung ===


Insbesondere bei mathematischen und statistischen Modellierungen ist, wie sonst in der quantitativ geprägten psychologischen Arbeitsweise, das Vorgehen nicht zwingend [[Deduktion|deduktiv]].
''Der achtzehnte Brumaire'' übte Einfluss auf die [[Totalitarismus]]- und [[Faschismus]]forschung aus (siehe auch: [[Bonapartismus]]). In der [[Politikwissenschaft]] gilt die Schrift als ein bedeutendes Werk der [[Politische Theorie|politischen Theorie]]. Die Rezeption innerhalb des [[Marxismus]] und [[Marxismus-Leninismus]], der dem Werk einen bedeutenden Stellenwert zuweist, betonte vor allem die Aussage des Textes, dass eine siegreiche proletarische [[Revolution]] den bürgerlichen Staatsapparat zerschlagen müsse, anstatt ihn zu übernehmen.<ref>Diese Aussage bezieht sich auf eine Ausgabe des [[DDR]] Verlages Dietz. Quelle: Theo Stammen, Gisela Riescher, Wilhelm Hofmann (Hrsg.): ''Hauptwerke der politischen Theorie.'' Kröner, Stuttgart 1997, ISBN 3-520-37901-5, S. 322.</ref> Generell gilt ''Der achtzehnte Brumaire'' als eine Darstellung marxistischer Gesellschafts- und Geschichtstheorie.<ref name="Stammen97" /><ref name="Marxists.org" />
Nach Ansicht des Philosophen Urs Lindner verbinden sich in Marx’ Aufsatz „Struktur- und Ereignisgeschichte, sozialwissenschaftliche Erklärung und historische Narration“.<ref>Urs Lindner: ''Marx und die Philosophie. Wissenschaftlicher Realismus, ethischer Perfektionismus und kritische Sozialtheorie.'' Stuttgart 2013, S.&nbsp;217.</ref>


Wenig bekannt ist, dass in der Psychologie wie in anderen Naturwissenschaften und der Medizin auch [[Tierversuch]]e durchgeführt werden, sowohl im Rahmen der psychologischen [[Grundlagenforschung]], vornehmlich der [[Allgemeine Psychologie|Allgemeinen]] und der [[Biopsychologie]], als auch zum Beispiel in der [[Klinische Psychologie|Klinischen Psychologie]]. Schon in den 1920er Jahren, vor allem im Rahmen der Lernforschung durchgeführt, wurden sie grundlegender Bestandteil der [[Aggression]]s-, [[Stress]]- und [[Angst]]forschung, später auch der [[Depression]]sforschung und der [[Wahrnehmung]]sforschung. Insbesondere bei neuropsychologischen Fragestellungen wurden sie nochmals, besonders in Form von Läsionsexperimenten, verstärkt eingesetzt. Heute werden sie vornehmlich in Forschungen zur Psychoneuroendokrinologie und -immunologie, zur [[Umweltpsychologie]], zur [[Ernährungspsychologie]] und zum Beispiel auch in der Erforschung selbstverletzenden [[Verhalten (Biologie)|Verhaltens]], vor allem aber in der [[Sucht]]&shy;forschung eingesetzt. Auch psychologische Tierexperimente unterliegen weltweit strengen ethischen Standards.
== Bekannte Zitate ==


=== Was die moderne Psychologie nicht ist ===
{{Zitat|Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorhandenen, gegebenen und überlieferten Umständen.|[http://www.mlwerke.de/me/me08/me08_115.htm Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, 1. Kapitel]|Karl Marx 1852}}
Die Auffassung über Psychologie als Wissenschaftsdisziplin unterliegt einem historischen Wandlungsprozess, immer im Spannungsfeld zwischen Geistes- und Naturwissenschaften liegend. Eine rein „geisteswissenschaftlich“ verstandene Psychologie lässt sich am ehesten aus der deutschen Philosophie als „[[verstehende Psychologie]]“ ([[Wilhelm Dilthey]]) ableiten. Die Psychologie ist nach moderner Auffassung nur insoweit eine „[[Geisteswissenschaft]]“, zumindest bezogen auf die englische Bedeutung der ''Humanities'', als sie sich mit dem Menschen, genauer gesagt mit den ausgewählten Aspekten des Menschseins, eben dem zu beobachtenden Erleben und Verhalten, befasst.
{{Zitat|Die Tradition aller todten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüme, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neue Weltgeschichtsszene aufzuführen.|[http://www.mlwerke.de/me/me08/me08_115.htm Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, 1. Kapitel]|Karl Marx 1852}}
{{Zitat|Aber die Revolution ist gründlich. Sie ist noch auf der Reise durch das Fegefeuer begriffen. Sie vollbringt ihr Geschäft mit Methode. Bis zum 2. Dezember 1851 [Anm. Staatsstreich Louis Napoleons] hatte sie die eine Hälfte ihrer Vorbereitung absolviert, sie absolviert jetzt die andre. Sie vollendete erst die parlamentarische Gewalt, um sie stürzen zu können. Jetzt, wo sie dies erreicht, vollendet sie die Exekutivgewalt, reduziert sie auf ihren reinsten Ausdruck, isoliert sie, stellt sie sich als einzigen Vorwurf gegenüber, um alle ihre Kräfte der Zerstörung gegen sie zu konzentrieren. Und wenn sie diese zweite Hälfte ihrer Vorarbeit vollbracht hat, wird Europa von seinem Sitze aufspringen und jubeln: Brav gewühlt, alter Maulwurf!|[http://www.mlwerke.de/me/me08/me08_194.htm Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, 7. Kapitel]|Karl Marx 1852}}


Dabei darf nicht übersehen werden, dass bis weit ins 19. Jahrhundert hinein die Psychologie ein Teil der Philosophie war und als „[[Spekulation (Philosophie)|spekulative]]“ oder „rationale“, also nicht-empirische, Psychologie meist der [[Metaphysik]] zugeordnet wurde. Der deutsche Aufklärungsphilosoph [[Christian Wolff (Philosoph)|Christian Wolff]] setzte dieser „rationalen“ Psychologie bereits eine „empirische“ entgegen, meinte damit aber eine [[Selbstbeobachtung|introspektive]], also nach heutigem Sprachgebrauch gerade nicht empirische Psychologie.<ref>Vgl. zu diesem (historischen) Psychologieverständnis den Artikel [http://www.textlog.de/1950.html ''Psychologie''] in Friedrich Kirchners [http://www.textlog.de/kirchner_woerterbuch.html ''Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe''] (1907).</ref> Wiewohl anfangs die Introspektion anerkannte Methode in den frühen psychologischen Experimenten war und erst später wegen erkannter methodischer Probleme und besserer indirekter Beobachtungsmethoden – besonders durch die [[Gestaltpsychologie]] der [[Würzburger Schule]] – aus dem Repertoire der Psychologie weitgehend verschwand. Im Unterschied zu den Begriffen [[Seele]] oder [[Geist]] als [[Synonym]]e für [[Psyche]] sind sie im metaphysischen beziehungsweise theologischen Sinn nicht Gegenstand der heutigen Psychologie. Bei ihrer Begründung im 19. Jahrhundert wurden metaphysische Elemente explizit ausgeklammert, jedoch deren Gegenstände – natürlich mit Beschränkung auf im gewählten methodischen Zugang auch untersuchbare Bereiche – in Kombination damals neuer Methoden der Biologie und Physik, später auch der modernen Inferenzstatistik, erforscht.
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte}}
Die Ausgestaltung der Psychologie als eine eigene akademische Disziplin geht einher mit der durchaus kompromisshaften Lösung methodologischer Probleme, die schon innerhalb der Philosophie lange Zeit heftig diskutiert wurden, wie beispielsweise auch von [[Immanuel Kant]]. Möglich wurde dies durch neue Erkenntnisse der Experimentalphysik und Neuerungen insbesondere der Biologie, genauer: der Sinnesphysiologie des 19. Jahrhunderts. Dadurch bedingt, beschränkt sich die Psychologie in ihrer Arbeitsweise wie auch in ihrem Anspruch (''Psychologie ist keine Universalwissenschaft der „menschlichen Seele“ oder „des Menschlichen“''); wesentlich ist also ''auch'' ein vornehmlich der Physik und besonders der Biologie entlehnter [[Reduktionismus]]. Außerhalb dieses Vorgehens bleiben die methodologischen Probleme bestehen, sodass auch nach heute gültigen mehrheitlich vertretenen wissenschaftstheoretischen Ansichten Psychologie als eine eigene Wissenschaftsdisziplin nur unter diesen Prämissen, analog insbesondere zu den Naturwissenschaften, möglich ist.
* {{WikipediaDE|Klasse (Soziologie)#Die Klassentheorie im Marxismus|Die Klassentheorie von Karl Marx}}
 
* {{WikipediaDE|Historischer Materialismus}}
Insofern bestehen Gebiete mit stärker „spekulativen“ oder „metaphysisch“ geprägten „psychologischen Ansätzen“ oder ''Seelenlehren,'' zum Beispiel eingebettet innerhalb der Philosophie und Theologie, teilweise auch in den Kulturwissenschaften und vereinzelt in der Soziologie weitgehend unabhängig von der akademischen Psychologie fort.
 
Psychologie ist auch nicht – insbesondere im Hinblick auf die Darstellung ihrer [[Geschichte der Psychologie|Geschichte]] – mit dem Gebiet der [[Philosophie des Geistes]] zu verwechseln. Nach einem weiteren populären Irrtum beschäftigt sich die Psychologie hauptsächlich mit gestörtem [[Sozialverhalten|Verhalten]] und „psychischen Problemen“. Tatsächlich stellt die Klinische Psychologie aber nur einen Teilbereich der [[Angewandte Psychologie|Angewandten Psychologie]] dar.
 
=== Verhältnis zu angrenzenden Fächern ===
Häufig wird die Psychologie mit [[Psychotherapie]], [[Psychiatrie]], [[Psychosomatik]] und [[Psychoanalyse]] verwechselt oder gleich gesetzt. Hierbei handelt es sich um irrtümliche Auffassungen.
 
;Psychotherapie und Psychiatrie
 
Psychotherapie ist die professionelle Behandlung von psychischen Erkrankungen mit psychologischen Mitteln.<ref>Stichwort [https://portal.hogrefe.com/dorsch/psychotherapie-1/ Psychotherapie] im DORSCH (Enzyklopädie für Psychologie)</ref> Um als Psychotherapeut in Deutschland tätig werden zu dürfen, ist eine [[Approbation (Heilberufe)|Approbation]] nötig. Diese setzt grundsätzlich neben einem einschlägigen wissenschaftlichen Hochschulstudium in Psychologie oder Medizin (im letzteren Fall mit Approbation zum Arzt) auch eine entsprechende, gesetzlich geregelte Weiterbildung voraus. Auch wenn das Fach Klinische Psychologie absolviert wurde, dürfen daher [[Psychologe]]n ohne entsprechende Approbation nicht als Psychotherapeuten tätig sein. In Deutschland ist zwischen einem (bloßen) Psychologen und einem [[Psychologischer Psychotherapeut|Psychologischen Psychotherapeuten]] bzw. zwischen einem (bloßen) [[Arzt]] und einem [[Ärztlicher Psychotherapeut|Ärztlichen Psychotherapeuten]] zu differenzieren. Für Ärzte gibt es mehrere Wege, die Qualifikation zum Psychotherapeuten zu erlangen. Darüber hinaus existiert das Berufsbild eines [[Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut]]en. Unter gewissen Voraussetzungen dürfen auch [[Heilpraktiker]] [[Psychotherapie (Heilpraktikergesetz)|Psychotherapie]] betreiben.
 
;Psychoanalyse
Ein [[Psychoanalytiker]] ist in den meisten Fällen ein Psychologe oder Arzt, der nach dem jeweiligen Studium eine Weiterbildung in Psychoanalyse abgeschlossen hat. Die Psychoanalyse ist Teil der Tiefenpsychologie und wurde durch [[Sigmund Freud]] begründet. Das Spezifische der Psychoanalyse ist ihre Ausrichtung auf die Erforschung des [[Das Unbewusste|Unbewussten]]. Psychoanalytische Konzepte spielen in der [[Entwicklungspsychologie]], der [[Pädagogische Psychologie|Pädagogischen Psychologie]], der [[Klinische Psychologie|Klinischen Psychologie]], der [[Sozialpsychologie]], sowie in der [[Differentielle und Persönlichkeitspsychologie|Differentiellen- und Persönlichkeitspsychologie]] eine Rolle. In der internationalen [[Psychotherapie]] stellt die Psychoanalyse in vielen modifizierten Formen keine einzelne, vielmehr verschiedene Behandlungsverfahren für [[Psychische Störung]]en dar. Gleichzeitig ist die [[Psychoanalyse]] nicht nur eine Behandlungsmethode der Psychotherapie, sondern auch ein [[Modell]] des [[Mensch]]en im Sinne von [[Heuristik]]en durch [[Induktion (Philosophie)|Induktion]].
 
Die Psychoanalyse nach [[Sigmund Freud]] sowie die Theorien anderer Vertreter einer [[Tiefenpsychologie]] wie [[Carl Gustav Jung]] oder [[Alfred Adler]] spielen in der heutigen Psychologie an den meisten deutschen Universitäten eine Nebenrolle, an vielen naturwissenschaftlichen Fakultäten wird an den psychologischen Instituten die Psychoanalyse (im Gegensatz zu kultur- und geisteswissenschaftlichen Fakultäten) praktisch ausgeklammert und häufig wissenschaftshistorisch aufgrund des [[Induktionsproblem]]s kritisiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg avancierten tiefenpsychologische Ansätze innerhalb der Psychologie kurzzeitig zum Forschungs[[paradigma]]. Insbesondere in den Bereichen Motivation und Kognition gab es Versuche, tiefenpsychologische Annahmen in der Modellbildung zu berücksichtigen. Einiges konnte nach den vorherrschenden wissenschaftstheoretischen Vorstellungen in weiterführende Modelle integriert und weiter differenziert werden und einiges konnte anders oder zumindest sparsamer erklärt werden (siehe [[Ockhams Rasiermesser]]). In der Regel entfernen sich Ansätze dieser Art jedoch sehr weit von den theoretischen und praktischen Konzepten der Psychoanalyse.
 
Die Psychoanalyse wird oft als unwissenschaftlich abgelehnt, z.&nbsp;B. durch [[Karl Popper]], der sie als [[Pseudowissenschaft]] einstufte. Gleichwohl gibt es heutzutage Bestrebungen seitens der Psychoanalyse, sich der Forderung nach wissenschaftlicher Überprüfbarkeit zu stellen. Besonders deutlich wurde dies in Deutschland durch die Umwandlung des [[Sigmund-Freud-Institut]]s Frankfurt zur reinen Forschungseinrichtung, die Gründung der [[International Psychoanalytic University Berlin]], sowie durch zahlreiche Publikationen der [[International Psychoanalytical Association|Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung]], der [[Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft|Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft]], der [[Deutsche Psychoanalytische Vereinigung|Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung]] und der [[Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie|Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie]].
 
Der Mediziner [[Otto F. Kernberg]], der zurzeit wohl bedeutendste Vertreter der [[Objektbeziehungstheorie]], publizierte beispielsweise über die Integration von Erkenntnissen und Vorstellungen verschiedener neurowissenschaftlicher Disziplinen mit psychoanalytischen Erklärungsmodellen. Auch in erkenntnistheoretischer Hinsicht wird der [[Kritischer Rationalismus|kritisch-rationalistische]] Standpunkt Poppers nicht unwidersprochen rezipiert.<ref>Eberhard Döring: ''Immanuel Kant. Einführung in sein Werk.'' Marix Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-00-2, Seite 122 zur ''Falsifikation;'' Seite 236 ff. zum ''Kritischen Rationalismus.''</ref> Dennoch wurde und wird die Psychoanalyse sowohl aus der Psychologie heraus wie auch von Seiten der Philosophie kritisiert; insbes. Grünbaum (1988) legte eine v.&nbsp;a. aus erkenntnistheoretischer Sicht grundlegende moderne Kritik an der Psychoanalyse vor.<ref>Grünbaum, A. (1988): „Die Grundlagen der Psychoanalyse – Eine philosophische Kritik.“ Reclam: Ditzingen.</ref>
 
=== Wissenschaftliche Paradigmen ===
Innerhalb der Psychologie existieren viele grundlegend verschiedene Denkansätze ([[Paradigma|Paradigmen]]) und Behandlungsmethoden, die darauf basieren. Die wichtigsten sind das
 
* [[Behaviorismus|behavioristische]] Paradigma,
* das Informationsverarbeitungsparadigma
* das psychoanalytisch-[[Psychodynamik|psychodynamische]] Paradigma
* das phänomenologisch-humanistische Paradigma,
* das Eigenschaftsparadigma,
* das dynamisch-interaktionistische Paradigma und
* das soziobiologische Paradigma sowie die [[Evolutionäre Psychologie]].
 
Diese Paradigmen sind keine Teildisziplinen der Psychologie (wie etwa die [[Allgemeine Psychologie]]), sondern jedes ist ein theoretisches Konzept für die verschiedenen Teildisziplinen und Forschungsprogramme der Psychologie. Diese Ansätze, die sich in Grundannahmen und in der Methodik unterscheiden, werden in der Regel nicht explizit erwähnt, bilden aber eine sehr wichtige Grundlage für das (korrekte) Verständnis der Psychologie, ihrer Theorien und v.&nbsp;a. der psychologischen Forschungsergebnisse. Heute sind innerhalb eines psychologischen Faches (einer Disziplin) in der Regel verschiedene Paradigmen gleichberechtigt (so z.&nbsp;B. in der aktuellen persönlichkeitspsychologischen Forschung das Informationsverarbeitende Paradigma, das Eigenschaftsparadigma und das dynamisch-interaktionistische Paradigma). Diese Komplexität der Psychologie sollte man vor allem auch in Bezug auf die einzelnen Disziplinen berücksichtigen: Es gibt eben innerhalb einer Disziplin immer verschiedene Herangehensweisen, unter denen ein Gegenstandsbereich betrachtet werden muss, bzw. eben eine hohe methodologische Flexibilität, unter der eine Fragestellung bestmöglich wissenschaftlich-methodisch beantwortet werden kann.
 
=== Zuordnung zu den unterschiedlichen Fakultäten ===
Die Anbindung eines psychologischen [[Fakultät (Hochschule)|Fachbereichs]] an eine [[Fakultät (Hochschule)|Fakultät]] (in der Regel naturwissenschaftliche, sozialwissenschaftliche oder philosophische) sagt nicht immer etwas über dessen Ausrichtung aus (eher naturwissenschaftlich oder eher sozialwissenschaftlich). Diese Anbindungen sind in der Regel historisch oder verwaltungstechnisch begründet. Insofern kann man z.&nbsp;B. auch keine analogen Rückschlüsse über den [[Doktorgrad]] eines promovierten Psychologen ziehen; anders ausgedrückt: Man kann als Psychologe im Extrem einen Dr. phil. mit einer [[Dissertation]] in [[Neuropsychologie]] erlangen und genauso im Extrem einen Dr. rer. nat. mit einer qualitativ-sozialwissenschaftlichen Arbeit.
 
== Disziplinen ==
Vielfach wird innerhalb der Psychologie zwischen '''Grundlagen-, Anwendungs-''' und '''Methodenfächern''' unterschieden. Außerdem kann der [[Empirie|empirischen]] Forschung sowie der [[Praxis (Philosophie)|Praxis]] der [[Angewandte Psychologie|Angewandten Psychologie]] eine [[Theoretische Psychologie]] ([[Metatheorie]]) gegenübergestellt werden.
 
=== Grundlagenfächer ===
Innerhalb dieser Disziplinen kann man noch zwischen solchen unterscheiden, die auch Bestandteil ''anderer'' Grundlagenfächer sind, und solchen, die grundlegende Erkenntnisse in spezifischen ''Kontexten'' liefern. Zu den ersteren gehören die Psychologische Methodenlehre, sowie die Allgemeine Psychologie und die Biopsychologie (die wiederum untereinander stark vernetzt sind), zu den letztgenannten die Sozialpsychologie, die Entwicklungspsychologie sowie die Persönlichkeits- und Differenzielle Psychologie. Die neuere Einteilung (z.&nbsp;B. für die Bachelor-of-Science-Studiengänge) fasst die Allgemeine und die Biologische Psychologie unter „Kognitive und biologische Grundlagen des Verhaltens und Erlebens“ zusammen, die Persönlichkeits-, Differenzielle, Sozial- und Entwicklungspsychologie unter „Grundlagen intra- und interpersoneller Prozesse“.
 
* Die '''[[Allgemeine Psychologie]]''' erforscht allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten in grundlegenden psychischen Funktionsbereichen, wie [[Kognition]], [[Wahrnehmung]], [[Lernen]], [[Gedächtnis]], [[Denken]], [[Problemlösen]], [[Wissen]], [[Aufmerksamkeit]], [[Bewusstsein]], [[Volition (Psychologie)|Volition]], [[Emotion]], [[Motivation]] und [[Sprache]], sowie [[Psychomotorik]].
* Die '''[[Biologische Psychologie]]''' (auch Biopsychologie), mit verschiedenen Unterdisziplinen wie z.&nbsp;B. [[Physiologische Psychologie]], Psychophysiologie, [[Psychobiologie]], [[Neuropsychologie]] oder interdisziplinären Teilgebieten wie [[Psychoneuroimmunologie]] oder [[Psychoneuroendokrinologie]], widmet sich hingegen den physischen Funktionsbereichen, die sich auf Verhalten und Erleben auswirken (z.&nbsp;B. [[Genetik]], neuronale Prozesse, v.&nbsp;a. [[Anatomie]] und [[Physiologie]] des [[Gehirn]]s, [[Sinnesphysiologie]], [[Endokrinologie]]). Sie beschäftigt sich zusammen mit der Methodenlehre auch mit der Messung physiologischer Verhaltenskorrelate (z.&nbsp;B. Gehirnaktivität (z.&nbsp;B. [[Ereigniskorrelierte Potentiale]]), [[Herzfrequenz]], [[Blutdruck]], [[Elektrodermale Aktivität]], [[Durchblutung]]s&shy;status (z.&nbsp;B. Gesicht), [[Muskulatur|Muskelaktivität]] usw.) durch unterschiedliche Verfahren (z.&nbsp;B. [[Elektroenzephalogramm]], [[Bildgebendes Verfahren (Medizin)|Bildgebende Verfahren]], Analyse von Laborparametern). Zusammen mit der Allgemeinen Psychologie und der Methodenlehre gewinnt auch das Formulieren und Testen von mathematischen Modellen biopsychologischer/neuropsychologischer Theorien und die Prüfung von Hypothesen über neuronale Mechanismen durch Simulation von [[Neuronenmodell]]en ([[Künstliches neuronales Netz]]) erheblich an Bedeutung.
* Die '''[[Differentielle und Persönlichkeitspsychologie|Differentielle- bzw. Persönlichkeitspsychologie]]''' beschäftigt sich im Gegensatz dazu mit den individuellen Unterschieden in den o.&nbsp;g. Bereichen. Solche Unterschiede werden in Konzepten wie [[Persönlichkeit]]s&shy;modellen, der [[Intelligenz]] u.&nbsp;a. erarbeitet. Diese Differenzen können interindividuell (Unterschiede zwischen Menschen) oder intraindividuell (Unterschiede, die bei einem Individuum über die Zeit auftreten) sein. Die Operationalisierung und Messung solcher Unterschiede wird der Differentiellen Psychologie zugerechnet. Damit ist sie wichtige Grundlage für die [[Psychologische Diagnostik]].
* Die '''[[Entwicklungspsychologie]]''' untersucht die psychische Wandlung des Menschen von der [[Empfängnis]] bis zum [[Tod]] (intraindividuelle Veränderungen, [[Ontogenese]]). Gegenstandsbereiche sind z.&nbsp;B. Faktoren der Entwicklung (Anlage, Umwelt), Entwicklungsstufen, Entwicklung der Wahrnehmung, der Psychomotorik, der kognitiven Kompetenzen, des Gedächtnisses, der Sprache, der Persönlichkeit usw.; eine weitergehende moderne Variante ist die Herausbildung der [[Entwicklungswissenschaft]]/(en) als integrierter Ansatz, mit Soziologie, Medizin, Psychologie und Pädagogik (Vertreter: Petermann).
* Die '''[[Sozialpsychologie]]''' erforscht im weitesten Sinne die Auswirkungen sozialer Interaktionen auf Gedanken, Gefühle und Verhalten des Individuums („an attempt to understand and explain how the thought, feeling and behavior of individuals are influenced by the actual, imagined, or implied presence of others“, [[Gordon Allport|Allport]] 1968). Gegenstandsbereiche sind z.&nbsp;B. soziale Aspekte der Wahrnehmung (wie die Wahrnehmung von Personen und Situationen, [[Vorurteil]]e, [[Stereotyp]]e, Annahmen und Schlussfolgerungen über das Verhalten von Menschen u.&nbsp;a.), soziale Aspekte der [[Emotion]] (z.&nbsp;B. [[Aggression]]), interpersonale Attraktion, pro-soziales Verhalten, Einstellungen, [[Kommunikation]] oder auch Gruppenprozesse ([[Minoritäteneinfluss]], Entscheidungsprozesse in Gruppen, Gruppendenken, Gehorsam (vgl. dazu z.&nbsp;B. das [[Milgram-Experiment]] oder das [[Stanford Prison Experiment]]), Gruppenleistung, Intergruppenbeziehungen).
 
=== Anwendungsfächer ===
{{Hauptartikel|Angewandte Psychologie}}
* [[Klinische Psychologie]]
* [[Organisationspsychologie]] & [[Wirtschaftspsychologie]]
* [[Pädagogische Psychologie]]
 
Weitere Anwendungsbereiche der Psychologie bilden u.&nbsp;a. die [[Verkehrspsychologie|Verkehrs-]], [[Personalpsychologie]], [[Medienpsychologie|Medien-]], [[Rechtspsychologie|Rechts-]], [[Kulturvergleichende Sozialforschung|Kulturvergleichende-]], [[Gerontopsychologie|Geronto-]], [[Sportpsychologie|Sport-]], [[Umweltpsychologie|Umwelt-]], [[politische Psychologie]], [[Führungspsychologie]], [[Gesundheitspsychologie]], [[Behavioral Finance]], [[Werbepsychologie]], [[Suchtprävention]] usw.
 
=== Methodenfächer ===
* Die '''Psychologische Methodenlehre''' befasst sich mit der gesamten Bandbreite des Instrumentariums („Handwerkszeug“) psychologischen Erkenntnisgewinns. Sie stellt den existierenden Verfahrensfundus für andere Disziplinen der Psychologie bereit und ist gleichermaßen ein eigenständiges Forschungsgebiet mit dem Ziel, den Methodenbestand zu verbessern und zu ergänzen, etwa durch Eigenentwicklungen (wie z.&nbsp;B. der [[Metaanalyse]]) oder auch durch Adaption von Verfahren aus den Katalogen anderer Wissenschaften. Dabei reicht ihr inhaltliches Spektrum von [[Wissenschaftstheorie]] und [[Ethik]] über [[Psychologisches Experiment|Experimentalmethodik]], [[Evaluation]]s&shy;forschung bis hin zu Hilfswissenschaften mit hohem Stellenwert, v.&nbsp;a. Mathematik (hauptsächlich [[Statistik]]) sowie [[Informatik]] oder Spezialfällen der Psychologischen Methodenlehre wie der [[Mathematische Psychologie|Mathematischen Psychologie]].
* Ein weiteres Methodenfach ist die ''[[Psychologische Diagnostik]]'' (diagnostische Entscheidungsfindung) mit Verbindungen zur Methodik (z.&nbsp;B. [[Testtheorie (Psychologie)|Testtheorie]], -konstruktion und -analyse). Die Diagnostik ist die Grundlage jeglicher Intervention und somit für alle Bereiche der Psychologie relevant.
 
Grundsätzlich sind auch andere Klassifikationen psychologischer Teildisziplinen möglich, z.&nbsp;B. solche, die einen ''Forschungsgegenstand'' benennen und als Untergebiet oder Arbeitsschwerpunkt ausweisen oder diesen über alle ihn betreffende Disziplinen hinweg und zusammenfassend beschreiben (z.&nbsp;B. Wahrnehmungspsychologie, Emotionspsychologie u.&nbsp;a.), oder auch solche, die zugrunde liegende Ansätze oder besondere Aspekte von Paradigmen betonen (z.&nbsp;B. Verhaltenspsychologie, [[Evolutionäre Psychologie]] u.&nbsp;a.). Diese eher bereichsspezifischen Bezeichnungen (mit entsprechender thematischer Bündelung von verschiedenen Inhalten) finden sich auch häufig dann, wenn es um eine umfassende Vermittlung von spezifischen Inhalten und weniger um Forschung und methodische Zusammenhänge geht, also insbesondere wenn psychologisches Wissen im Rahmen von Neben- oder Hilfsfächern (z.&nbsp;B. an nicht-psychologischen Fachbereichen, in Fachhochschulstudiengängen usw.) vermittelt wird. Hier werden auch zum Teil Bezeichnungen o.&nbsp;g. Grundlagendisziplinen anders inhaltlich ausgefüllt, wie z.&nbsp;B. Allgemeine Psychologie als eine den allgemeinen (ersten) Überblick gebende Einführung in die Psychologie (wie in den sprichwörtlichen [[Hunderteins#Sonstiges|101-Kursen]] in den USA) oder Pädagogische Psychologie als Psychologie für Pädagogen.


== Analyseebenen der Psychologie ==
== Ausgaben ==
Jedes [[Individuum]] ist ein komplexes System aus mehreren kleinen Systemen, das wiederum Teil eines großen [[Soziales System|sozialen Systems]] ist. Es wird also auf unterschiedlichen Analyseebenen gearbeitet, die einander ergänzen. Die differierenden Analyseebenen bilden zusammen einen sogenannten biopsychosozialen Ansatz: Darin werden die Einflüsse biologischer, psychologischer und [[soziokultur]]ellen Faktoren gleichermaßen beachtet und berücksichtigt. Diese drei zentralen unterschiedlichen Analyseebenen beeinflussen und steuern das [[Verhalten (Psychologie)|Verhalten]] und die mentalen Prozesse eines Individuums.<ref>[Drei zentrale Analyseebenen der Psychologie, Quelle:David G. Myers: Psychologie. 3. Auflage]. Heidelberg: Springer, 2014, ISBN 978-3-642-40781-9</ref>
* Karl Marx: ''Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte.'' 2. Auflage. Otto Meißner, Hamburg 1869 ({{DTAW|marx_bonaparte_1869}})
 
* Karl Marx. ''Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte''. Neue ergänzte Ausgabe mit einem Vorwort von Friedrich Engels. Hrsg. und eingeleitet von David Rjazanov. Verlag für Literatur und Politik, Wien 1927.
=== Biologische Einflüsse ===
* ''Karl Marx. Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte''. Eingeleitet von Jakob Peter Mayer. Neuausgabe 6. Aufl. J. H. W. Dietz, Berlin 1932. (=''Kleine Bibliothek'' 31)
Zu den biologischen Einflüssen zählt die [[Selektion (Evolution)|Selektion]] [[Evolutionäre Anpassung|adaptiver]] Merkmale, also Merkmale, die für das Überleben und den Fortpflanzungserfolg eines Individuums vorteilhaft sind. (Siehe [[Evolutionäre Anpassung]]). Auch die genetischen Prädispositionen, also die erblich bedingte Empfänglichkeit für bestimmte Erkrankungen in der entsprechenden Umgebung, spielen eine große Rolle beim menschlichen Verhalten. Zudem wirken sich die Gehirnmechanismen und die hormonellen Einflüsse unterschiedlich auf das Verhalten und Prozesse des Denkens, der Vorstellung, der Sprache und des Urteils aus.
* ''Karl Marx. Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte''. Vorwort von Otto Bauer. Prager, Bratislava 1936 (=''Sozialische Bücherei'')
 
* ''Karl Marx. Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte''. Nachwort von Herbert Marcuse. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1965 (=sammlung insel 9)
=== Psychologische Einflüsse ===
* Natalja Kudrjaschowa: ''Zur Geschichte der zweiten deutschen Ausgabe von Karl Marx' Schrift ‚Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte‘ von 1869''. In: ''Marx-Engels-Jahrbuch'' 6. Dietz Verlag, Berlin 1983, S. 251–264.
Zu den psychologischen Einflüssen, die sich auf unser Verhalten auswirken, zählen erlernte Ängste, Unsicherheiten und andere erlernte Erwartungen. Auch emotionale Reaktionen, [[Kognition|kognitive]] Verarbeitungen und Wahrnehmungsinterpretationen werden unter die psychologischen Einflüsse gefasst.
* Marx-Engels-Gesamtausgabe. Abteilung I. Band 11. Dietz Verlag, Berlin 1983, S.&nbsp;96–189 und S.&nbsp;679–761.
 
=== Soziokulturelle Einflüsse ===
Großen Einfluss auf das menschliche Verhalten und die mentalen Prozesse haben die [[soziokultur]]ellen Faktoren. Das soziale Umfeld in dem sich ein Individuum bewegt und die Anwesenheit Anderer hat erheblichen Einfluss auf individuelle Verhaltensweisen. Auch die Erwartungen, die die Kultur, die Gesellschaft und die Familie an einen stellt zählen zu den soziokulturellen Einflüssen. Besonders wichtig sind zudem Einflüsse vonseiten der Gleichaltrigen und von anderen Gruppen.
 
== Siehe auch ==
{{Portal|Psychologie}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Psychologie}}
* {{WikipediaDE|Psychologie}}
* {{WikipediaDE|Quantitative Psychologie}}


== Literatur ==
== Literatur ==
=== Philosophische Grundlagen ===
* ''Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge 2002. Klassen - Revolution - Demokratie. Zum 150. Jahrestag der Erstveröffentlichung von Marx' Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte''. Argument, Hamburg 2003 ISBN 3-88619-689-5 <small>Enthält neun Referate zum Thema.</small>
* Dirk Hartmann: [https://web.archive.org/web/20121024221907/http://www.uni-due.de/~bg0057/Dokumente/PhilGrundlagenPsych.pdf''Philosophische Grundlagen der Psychologie.''] (PDF; 17,1&nbsp;MB) WBG, Darmstadt 1998, ISBN 3-534-13887-2.
* ''Karl Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte''. Kommentar von [[Hauke Brunkhorst]]. suhrkamp, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-518-27003-5.
* Klaus Holzkamp: ''Grundlegung der Psychologie.'' 2. Aufl. Campus, Frankfurt 2003


=== Allgemeine Einführungen und Lehrbücher (Auswahl) ===
== Weblinks ==
* David G. Myers: ''Psychologie.'' 3. Auflage. Springer, Heidelberg, Berlin 2014, ISBN 978-3-642-40781-9.
;Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte (digitaler Text):
* Lyle E. Bourne, Bruce R. Ekstrand: ''Einführung in die Psychologie.'' 4. Auflage (Nachdruck). Verlag Dietmar Klotz, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-88074-500-5.
* [http://books.google.com/books?id=OdlBAAAAcAAJ&printsec=frontcover&dq=Karl+Marx&hl=de&ei=Luo7TYnKNITxsgbb0LnzBg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CCcQ6AEwAA#v=onepage&q&f=false ''Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte'' 2. Auflage. Otto Meißner, Hamburg 1869], bei google books
* Stefan Lautenbacher, Astrid Schütz, Herbert Selg (Hrsg.): ''Psychologie – Eine Einführung in ihre Grundlagen und Anwendungsfelder.'' 3. Auflage. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln 2005, ISBN 978-3-17-018373-5.
* [http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/dms/werkansicht/?PPN=PPN633609536 ''Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte'' 3. Auflage. Otto Meißner, Hamburg 1885], Staatsbibliothek Berlin
* ''Hilgards Einführung in die Psychologie'', Frontcover, Rita L. Atkinson, Richard C. Atkinson, Edward E. Smith, Joachim Grabowski, Susan Nolen-Hoeksema, Daryl J. Bem, Akademie Verlag 2001
*[http://www.mlwerke.de/me/me08/me08_111.htm ''Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte'' bei mlwerke.de], Marx-Engels-Werke (MEW) Bd. 8, S. 111–207.
* Norbert Groeben (Hrsg.): ''Zur Programmatik einer sozialwissenschaftlichen Psychologie.'' Aschendorff, Münster 1997/1999.
*[http://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1852/brumaire/vorwort2.htm ''Vorwort zur 2. Auflage'', Karl Marx 1869], MEW Bd. 8, S. 559–560.
* Joachim Grabowski, Elke van der Meer (Hrsg.): ''Hilgards Einführung in die Psychologie. Von Rita L. Atkinson, Richard C. Atkinson, Edward E. Smith u.&nbsp;a.'' Spektrum Lehrbuch, 2001, ISBN 3-8274-0489-4.
*[http://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1852/brumaire/vorwort3.htm ''Vorwort zur 3. Auflage'', Friedrich Engels 1885], MEW Bd. 8, S. 561–562.
* Richard J. Gerrig, Philip Zimbardo: ''Psychologie.'' 18. Auflage. Pearson Studium, München 2008, ISBN 3-8273-7275-5.
* Wolfgang Metzger: ''Psychologie – Die Entwicklung ihrer Grundannahmen seit Einführung des Experiments.'' 6. Auflage. Krammer, Wien 2001 (Erstauflage 1941).
* Jochen Müsseler (Hrsg.): ''Allgemeine Psychologie.'' 2. Auflage. Spektrum, Heidelberg 2008, ISBN 3-8274-1780-5.
* Kurt Pawlik (Hrsg.): ''Handbuch Psychologie. Wissenschaft – Anwendung – Berufsfelder.'' Springer, Heidelberg 2006, ISBN 3-540-22178-6.


=== Lehrbücher zu Teilbereichen der Psychologie ===
;Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte (Werkscan):
* M. Amelang, D. Bartussek: ''Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung.'' Kohlhammer, 2001, ISBN 3-17-016641-7.
*[http://www.archive.org/details/theeighteenthbru00marxuoft ''The eighteenth Brumaire of Louis Bonaparte''], Charles H. Kerr, Chicago, 1907. (englisch)
* J. R. Anderson: ''Kognitive Psychologie.'' Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1996, ISBN 3-86025-354-9.
*[http://www.archive.org/details/eighteenthbrumai017766mbp ''The Eighteenth Brumaire Of Louis Bonaparte''], International Publishers, [[New York City|New York]], 1963. (englisch)
* E. Aronson et al.: ''Sozialpsychologie.'' Pearson Studium, 2003, ISBN 3-8273-7084-1.
* Bernad Batinic, Markus Appel (Hrsg.): ''Medienpsychologie.'' 2008, Heidelberg: Springer. ISBN 978-3-540-46894-3.
* Niels Birbaumer, R. F. Schmidt: ''Biologische Psychologie.'' Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-25460-9.
* Jürgen Bortz, Christof Schuster: ''Statistik für Human- und Sozialwissenschaftler.'' 7. Aufl. Springer, 2010, ISBN 978-3-642-12769-4.
* Jürgen Bortz, Nicola Döring: ''Forschungsmethoden und Evaluation.'' 4. Auflage. Springer, 2006, ISBN 978-3-540-33305-0.
* G. C. Davison, J. M. Neale: ''Klinische Psychologie.'' PVU, Weinheim 2002, ISBN 3-621-27458-8.
* Walter Hussy, Margrit Schreier, Gerald Echterhoff: ''Forschungsmethoden in Psychologie und Sozialwissenschaften – für Bachelor.'' Springer, 2009, ISBN 978-3-540-95935-9.
* G. Felser: ''Werbe- und Konsumentenpsychologie.'' 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2001, ISBN 3-7910-1944-9.
* K. D. Kubinger: ''Psychologische Diagnostik – Theorie und Praxis psychologischen Diagnostizierens.'' Hogrefe, Göttingen 2006, ISBN 3-8017-1693-7.
* G. Lienert, U. Raatz: ''Testaufbau und Testanalyse.'' PVU, Weinheim 1998, ISBN 3-621-27424-3.
* R. Oerter, L. Montada: ''Entwicklungspsychologie.'' PVU, Weinheim 2002, ISBN 3-621-27479-0.
* Lawrence A. Pervin, Daniel Cervone, Oliver P. John: ''Persönlichkeitstheorien.'' Mit 33 Tabellen (Originaltitel: ''Personality'', übersetzt von Elfriede Peschel). 5., vollständig überarbeitete und erweitert Auflage, UTB 8035 / Reinhardt, München / Basel 2005, ISBN 978-3-497-01792-8 (E. Reinhardt) / ISBN 3-8252-8035-7 (UTB).
* Hans-Otto Schenk: ''Psychologie im Handel.'' Entscheidungsgrundlagen für das Handelsmarketing. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Oldenbourg, München / Wien 2007, ISBN 978-3-486-58379-3 (1. Auflage 1995 unter dem Titel: ''Handelspsychologie'').
* Heinz Schuler, Hermann Brandstätter (Hrsg.): ''Lehrbuch Organisationspsychologie.'' 4., aktualisierte Auflage, Huber, Bern 2003, ISBN 978-3-456-84458-9.


=== Fachzeitschriften ===
;Weiterführende Links:
* [http://rzblx1.uni-regensburg.de/ezeit/fl.phtml?bibid=UBR&colors=7&lang=de&notation=CL-CZ Psychologische Fachzeitschriften] in der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek
*[http://www.lateinamerika-studien.at/content/wirtschaft/ipo/ipo-340.html Vom Kommunistischen Manifest zum 18. Brumaire des Louis Bonaparte] - Novy, Andreas: Internationale Politische Ökonomie - [http://www.lateinamerika-studien.at lateinamerika-studien.at]
* PSYNDEX: Psychologie-Datenbank des ZPID
*[http://www.marxforschung.de/docs/marxhaus.pdf Nachdenken über eine >Ungeheuerlichkeit<] (PDF; 17&nbsp;kB) - Marxhausen, Thomas: Klassen–Revolution–Demokratie. Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte - [http://www.marxforschung.de/ www.marxforschung.de] (PDF-Datei; 16 kB)
 
*[http://www.rosalux.de/cms/fileadmin/rls_uploads/pdfs/141_142_hoff.pdf Klassen–Revolution–Demokratie. Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte.] (PDF; 67&nbsp;kB) - Hoff, Jan: in: UTOPIE kreativ, H. 141/142 (Juli/August 2002), S. 743–745 - [http://www.rosalux.de www.rosalux.de] (PDF-Datei; 66 kB)
== Weblinks ==
{{Wikibooks|Regal:Psychologie|Regal Psychologie}}
{{Wikiquote}}
{{Wikiversity|Fachbereich Psychologie|Psychologie}}
{{Wiktionary}}
* [http://www.dgps.de/index.php?id=48 Fachgruppen der Deutschen Gesellschaft für Psychologie]
* [http://www.bdp-verband.org/ Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen (bdp)]
* [http://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/psychologie/psychologie_als_wissenschaft.pdf Psychologie zwischen Natur- und Geisteswissenschaften] (PDF-Datei; 207&nbsp;kB)
* [http://psydok.sulb.uni-saarland.de/ Open Access Dokumente und kostenlos nutzbarer wissenschaftlicher Psychologie-Publikationsserver: PsyDok]
* [http://www.zpid.de/ Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID)]
* [http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/PLEX/ Gebärden-Fachlexikon der Psychologie]
* [http://www.wissenschaft-online.de/artikel/781468 Standortbestimmung „Psychologie im 21. Jahrhundert“]
* [http://www.psychspider.de/ Psychologie Suchmaschine PsychSpider]
* [http://lehrbuch-psychologie.de/projects/psychologie/containers/lerncenter-32 Kostenlose Lernmaterialien zum Lehrbuch der Psychologie von David G. Myers: Glossar, Prüfungsfragen, Psycho-Quiz, Lernkarten]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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[[Kategorie:Humanwissenschaft nach Fachgebiet]]
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[[Kategorie:Humanwissenschaftliches Fachgebiet]]
[[Kategorie:Werk von Marx]]
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[[Kategorie:Psychologisches Fachgebiet|!A]]
[[Kategorie:Sachliteratur]]
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{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 15. Juli 2019, 21:30 Uhr

Titelblatt der Erstausgabe
Datei:Marx Brumaire 1885.jpg
Titelblatt der 3. Auflage, Hamburg 1885

Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, auch bekannt als Der achtzehnte Brumaire des Louis Napoleon, ist eine erstmals im Mai 1852 veröffentlichte Schrift von Karl Marx (1818–1883). Marx analysiert dort den Verlauf des Staatsstreichs Louis Napoleons (1808–1873) in Frankreich 1851. Dabei bildet die Analyse des konkreten, noch nicht abgeschlossenen historischen Ereignisses die Basis für Marx, um seine eigenen Theorien weiterzuentwickeln. Für ihn stellen die Februarrevolution und der darauf folgende Staatsstreich gesellschaftliche Klassenkämpfe dar. Marx entwickelt sein Verständnis der Klasse weiter wie seine geschichtsphilosophischen Annahmen. Generell gilt das Werk als eine Darstellung marxistischer Gesellschaftsanalyse und Geschichtstheorie. Es finden sich in ihm einige der bekanntesten Marx-Zitate.

Überblick

Zum Titel der Schrift

Die Formulierung „der achtzehnte Brumaire“ ist eine Anspielung auf den 9. November 1799 (nach dem Französischen Revolutionskalender). An diesem Tag wurde Louis Napoleons Onkel Napoléon Bonaparte durch einen Staatsstreich, bekannt als Staatsstreich des 18. Brumaire VIII, zum Alleinherrscher mit diktatorischen Vollmachten. Der Titel ist ein ironischer Vergleich der beiden Staatsstreiche, dementsprechend liest sich der Einleitungssatz, der eines der bekanntesten Zitate des achtzehnten Brumaire darstellt:

„Hegel bemerkt irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Thatsachen und Personen sich so zu sagen zweimal ereignen. Er hat vergessen hinzuzufügen: das eine Mal als große Tragödie, das andre Mal als lumpige Farce.“

Karl Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. New York 1852, S. 1[1]

Entstehungs- und Veröffentlichungsgeschichte

Verfasst wurde Der achtzehnte Brumaire von Mitte Dezember 1851 bis zum 25. März 1852. Der etwa 100 Seiten lange und in sieben Kapitel gegliederte Text erschien unter dem Titel Der achtzehnte Brumaire des Louis Napoleon erstmals am 18. Mai 1852 im ersten Heft der in New York City (USA) veröffentlichten monatlichen Zeitschrift Die Revolution. Eine Zeitschrift in zwanglosen Heften von Joseph Weydemeyer mit einer Auflage von 500 Exemplaren.[2] Eine Übersetzung durch Wilhelm Pieper, damals Sekretär von Marx, ins Englische fand keinen Verlag.[3] Nur ein kleiner Auszug aus dem ersten Kapitel erschien in der Zeitung „Peoples Paper“ innerhalb des Artikels „A Review of the Literature on the Coup d'Etat“ am 18. Dezember 1852, der von Johann Georg Eccarius mit Hilfe von Marx geschrieben wurde.[4] Eine zweite, überarbeitete Auflage wurde 1869 in Hamburg mit einem Vorwort von Marx veröffentlicht[5], die dritte Auflage nach Marx’ Tod unter der Redaktion und mit einem Vorwort von Friedrich Engels 1885.[6] Beide Neuauflagen erschienen mit dem Titel Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. Die französische Erstausgabe erschien nach einer Zusammenarbeit Engels mit Édouard Fautin zwischen Januar und Oktober 1891 in einer Artikelreihe der Zeitschrift Socialiste.[2] In der MEW-Ausgabe ist der Aufsatz in Band 8 veröffentlicht (S. 111–207). In der Marx-Engels-Gesamtausgabe ist der Text mit allen Varianten in der Abteilung I. Bd. 11, S. 96–189 veröffentlicht.

Historischer Hintergrund

Barrikadenkampf in der Rue Soufflot, Paris, 25. Juni 1848 (Juniaufstand)[7]
Louis Napoleon, zeitgenössische Karikatur

Louis Napoleon, auch bekannt als Napoléon III., der zuvor schon 1836 und 1840 gescheiterte Putschversuche beging, kehrte nach der Februarrevolution 1848 gegen den „Bürgerkönig“ Louis-Philippe von Orléans ins Frankreich der Zweiten Französischen Republik zurück, und gewann im Dezember die Präsidentschaftswahlen gegen den bisherigen Präsidenten Louis-Eugène Cavaignac. Drei Jahre später erzwang er sich durch einen Staatsstreich am 2. Dezember 1851 diktatorische Vollmachten und ließ sich, nach einem Plebiszit (Volksbeschluss), im Dezember 1852 zum Kaiser des Zweiten Kaiserreichs ausrufen.

Im Rahmen einer Schlacht des Deutsch-Französischen Krieges (1870–1871) wurde er im September 1870 gefangen genommen und zwei Tage später durch die Ausrufung der Dritten Republik gänzlich entmachtet.

Inhalt und Erkenntnisinteresse

Wie Friedrich Engels in seinem Vorwort ausführt, setzte sich Marx in besonderem Maß mit der Geschichte Frankreichs auseinander, da sie für ihn, wie Engels schreibt, eine Geschichte von Klassenkämpfen „in den schärfsten Umrissen ausgeprägt“ darstelle.[8] Marx verfasste zuvor schon 1850 die Schrift „Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848–1850“ und setzte sich mit weiten Teilen der Geschichte Frankreichs zur Zeit der Zweiten Französischen Republik auseinander. Die Ausrufung Louis Napoleons zum Kaiser, und damit das Ende der Republik, fand wenige Monate nach der Veröffentlichung des achtzehnten Brumaire statt. Marx merkte diesbezüglich später im Vorwort zur zweiten Auflage an: „Der Schlußsatz meiner Schrift: ‚Aber wenn der Kaisermantel endlich auf die Schultern Louis Bonapartes fällt, wird das eherne Standbild Napoleons von der Höhe der Vendôme-Säule herabstürzen‘, hat sich bereits erfüllt.[9] Marx’ Interesse war es, den Verlauf des Staatsstreichs und der Februarrevolution als Klassenkämpfe zu durchschauen, um auf Basis dieser Erkenntnisse Handlungsmöglichkeiten zu erschließen, sich einer nach seinen philosophischen Theorien gerechteren, klassenlosen Gesellschaft anzunähern. So wurde diese Studie eine seiner ‚soziologischsten‘ Schriften.

In der Schrift wird der Staatsstreich Louis Napoleons 1851 aus historischer, aber vor allem aus gesellschaftsanalytischer Sichtweise betrachtet.[10] Marx erklärt den Verlauf der Februarrevolution anhand seiner Theorien und entwickelt diese konkretisierend weiter. Welche Klasse trug überhaupt Louis Bonaparte empor? Nicht die Bourgeoisie.[11] Aber warum verzichtete diese auch nach der Februarrevolution auf den Griff nach der unmittelbaren Herrschaft und politischen Repräsentation zu Gunsten einer autoritären Herrschaft Napoleons?[12][13] In diesem Sinne schreibt er in seinem Vorwort zur zweiten Auflage, dass er nachzuweisen versuche, „wie der Klassenkampf in Frankreich Umstände und Verhältnisse schuf, welche einer mittelmäßigen und grotesken Personage [Louis Napoleon] das Spiel der Heldenrolle ermöglichen.[9]

Theorie

Um den Verlauf des Staatsstreichs zu erklären, erweitert Marx in seiner Analyse das betrachtete Klassenspektrum neben den Hauptklassen einer bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, der Bourgeoisie und dem Proletariat, um die Bauernschaft und das Lumpenproletariat, in denen er entscheidende Kräfte für die Machterlangung Louis Napoleons ausmacht. Dies begründet er sowohl mit materiellen wie ideologischen Momenten. So sei zum Beispiel die Klasse des Lumpenproletariats durch die Zusicherung sozialer und politischer Reformen auf die Seite Louis Napoleons gezogen worden. Der ländlichen Bauernschaft konstatiert Marx eine traditionelle Napoleonverehrung, auch könne diese Klasse aufgrund ihrer Produktionsweise in einzelnen Parzellen kein gemeinsames Klassenbewusstsein entwickeln, da ihre Mitglieder voneinander schon räumlich weitestgehend getrennt seien. Ebenso wenig könne sie daher ihre Interessen als Klasse durchsetzen und bedürfe für diesen Zweck einer starken loyalen Autorität, die sie in Louis Napoleon sehen.[12]

Marx stellt fest, dass neben der Macht des Ökonomischen und des Politischen (des Militärs und des Staatsapparats) ebenso die Zustimmung beziehungsweise Gewinnung der Massen für die eigenen, zumindest vorgegebenen Ziele entscheidend seien, um gesellschaftliche Entwicklungen zu beeinflussen. So legitimierte und erweiterte Louis Napoleon seine autoritäre Herrschaft auch durch Wahlverfahren und Plebiszite.[12]

Wirkung

Der achtzehnte Brumaire übte Einfluss auf die Totalitarismus- und Faschismusforschung aus (siehe auch: Bonapartismus). In der Politikwissenschaft gilt die Schrift als ein bedeutendes Werk der politischen Theorie. Die Rezeption innerhalb des Marxismus und Marxismus-Leninismus, der dem Werk einen bedeutenden Stellenwert zuweist, betonte vor allem die Aussage des Textes, dass eine siegreiche proletarische Revolution den bürgerlichen Staatsapparat zerschlagen müsse, anstatt ihn zu übernehmen.[14] Generell gilt Der achtzehnte Brumaire als eine Darstellung marxistischer Gesellschafts- und Geschichtstheorie.[12][13] Nach Ansicht des Philosophen Urs Lindner verbinden sich in Marx’ Aufsatz „Struktur- und Ereignisgeschichte, sozialwissenschaftliche Erklärung und historische Narration“.[15]

Bekannte Zitate

„Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorhandenen, gegebenen und überlieferten Umständen.“

„Die Tradition aller todten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüme, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neue Weltgeschichtsszene aufzuführen.“

„Aber die Revolution ist gründlich. Sie ist noch auf der Reise durch das Fegefeuer begriffen. Sie vollbringt ihr Geschäft mit Methode. Bis zum 2. Dezember 1851 [Anm. Staatsstreich Louis Napoleons] hatte sie die eine Hälfte ihrer Vorbereitung absolviert, sie absolviert jetzt die andre. Sie vollendete erst die parlamentarische Gewalt, um sie stürzen zu können. Jetzt, wo sie dies erreicht, vollendet sie die Exekutivgewalt, reduziert sie auf ihren reinsten Ausdruck, isoliert sie, stellt sie sich als einzigen Vorwurf gegenüber, um alle ihre Kräfte der Zerstörung gegen sie zu konzentrieren. Und wenn sie diese zweite Hälfte ihrer Vorarbeit vollbracht hat, wird Europa von seinem Sitze aufspringen und jubeln: Brav gewühlt, alter Maulwurf!“

Siehe auch

Ausgaben

  • Karl Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Auflage. Otto Meißner, Hamburg 1869 (Digitalisat und Volltext)
  • Karl Marx. Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. Neue ergänzte Ausgabe mit einem Vorwort von Friedrich Engels. Hrsg. und eingeleitet von David Rjazanov. Verlag für Literatur und Politik, Wien 1927.
  • Karl Marx. Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte. Eingeleitet von Jakob Peter Mayer. Neuausgabe 6. Aufl. J. H. W. Dietz, Berlin 1932. (=Kleine Bibliothek 31)
  • Karl Marx. Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte. Vorwort von Otto Bauer. Prager, Bratislava 1936 (=Sozialische Bücherei)
  • Karl Marx. Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte. Nachwort von Herbert Marcuse. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1965 (=sammlung insel 9)
  • Natalja Kudrjaschowa: Zur Geschichte der zweiten deutschen Ausgabe von Karl Marx' Schrift ‚Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte‘ von 1869. In: Marx-Engels-Jahrbuch 6. Dietz Verlag, Berlin 1983, S. 251–264.
  • Marx-Engels-Gesamtausgabe. Abteilung I. Band 11. Dietz Verlag, Berlin 1983, S. 96–189 und S. 679–761.

Literatur

  • Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge 2002. Klassen - Revolution - Demokratie. Zum 150. Jahrestag der Erstveröffentlichung von Marx' Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte. Argument, Hamburg 2003 ISBN 3-88619-689-5 Enthält neun Referate zum Thema.
  • Karl Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. Kommentar von Hauke Brunkhorst. suhrkamp, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-518-27003-5.

Weblinks

Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte (digitaler Text)
Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte (Werkscan)
Weiterführende Links

Einzelnachweise

  1. Marx-Engels-Gesamtausgabe Abteilung I. Band 11, S. 96
  2. 2,0 2,1 Klassen–Revolution–Demokratie. Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte. (PDF; 67 kB) - Hoff, Jan: in: UTOPIE kreativ, H. 141/142 (Juli/August 2002), S. 743–745
  3. IISG Marx Engels Nachlass Q 16 Wilhelm Pieper: „Übersetzung des ‚18. Brumaire‘, Kap. II u. III. ca September 1852, 51 Seiten“ und eine von Jenny Marx gefertigte „Abschrift von Kap. VI“ (RGASPI, Moskau Fond 1 opis 1 delo 703).
  4. Marx-Engels-Gesamtausgabe Abteilung I, Bd. 11, S. 515–521.
  5. Marx führt im Vorwort zur zweiten Auflage aus, dass Druckfehler korrigiert wurden und eine Streichung „nicht mehr verständlicher Anspielungen“ erfolgte. Quelle
  6. Engels nahm auf Basis der zweiten Auflage stilistische Veränderungen vor. Quelle
  7. Deutsches Historisches Museum
  8. Vorwort zur 3. Auflage, Friedrich Engels 1885
  9. 9,0 9,1 Vorwort zur 2. Auflage, Karl Marx 1869
  10. Kenntnisse der historischen Personen und Ereignisse konnten im achtzehnten Brumaire seiner damaligen Aktualität halber vom Autor weitgehend vorausgesetzt werden.
  11. Hier lässt sich Marx auf subtile Analysen der damaligen Sozialstruktur vor allem auch des ländlichen Frankreich ein.
  12. 12,0 12,1 12,2 12,3 Theo Stammen, Gisela Riescher, Wilhelm Hofmann (Hrsg.): Hauptwerke der politischen Theorie (= Kröners Taschenausgabe. Band 379). Kröner, Stuttgart 1997, ISBN 3-520-37901-5, S. 320–322.
  13. 13,0 13,1 Vgl. http://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1852/brumaire/index.htm
  14. Diese Aussage bezieht sich auf eine Ausgabe des DDR Verlages Dietz. Quelle: Theo Stammen, Gisela Riescher, Wilhelm Hofmann (Hrsg.): Hauptwerke der politischen Theorie. Kröner, Stuttgart 1997, ISBN 3-520-37901-5, S. 322.
  15. Urs Lindner: Marx und die Philosophie. Wissenschaftlicher Realismus, ethischer Perfektionismus und kritische Sozialtheorie. Stuttgart 2013, S. 217.


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