Dualseele und Salmakis: Unterschied zwischen den Seiten

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Der Ausdruck '''Dualseele''' wird hin und wieder in der Religionswissenschaft verwendet, um duale Aspekte einer und derselben Seele, eines Gottes o. Ä. zu bezeichnen.
[[Datei:Salmacis & Hermaphroditos 2.jpeg|thumb|200px|Salmakis & Hermaphroditos; Kupferstich von Johann Wilhelm Baur als Buchillustration einer Ovid Edition von 1703]]
[[Datei:Bartholomäus Spranger 005.jpg|thumb|Salmakis & Hermaphroditos; Gemälde von [[Bartholomäus Spranger]], 1581]]
[[Datei:Salmacis & Hermaphroditos 3.jpg|thumb|Salmakis bedrängt Hermaphroditos, Kupferstich von Bernard Picardt, Illustration einer Ovid-Edition des 18. Jahrhundert]]
[[Datei:Jan Gossaert 013.jpg|thumb|Salmakis & Hermaphroditos; Gemälde von [[Jean Mabuse]], circa 1516]]
[[Datei:Hermaphroditos salmacis.jpg|thumb|Salmakis & Hermaphroditos; Ovidius, Metamorphoseon libri XV, flandrische Buchmalerei, 15. Jahrhundert]]


Darüber hinaus wird der Ausdruck, oft in Anknüpfung an mythische Texte unterschiedlichster Kulturen, v.&nbsp;a. im Bereich der Esoterikliteratur verwendet. Hier bezeichnet er die Vorstellung, dass jede [[Seele]] ein ursprüngliches Gegenstück besitzt, mit dem diese ewig verbunden sei. Diese zwei Seelen seien praktisch ''zwei Hälften derselben Person''. Dieses Konzept wird in der esoterischen Ratgeberliteratur u.&nbsp;a. dazu verwendet, einen „passenden“ Partner zu beschreiben und zu dessen Auffindung anzuleiten. In beider Vereinigung bestehe dann der „[[Sinn des Lebens]]“.<ref>Beispiele für diese Verwendung finden sich in Büchern von Thomas Ulrich und Petra Raab.</ref>
'''Salmakis''' ({{ELSalt|Σαλμακίς}}, [[latein]]isch Salmacis) ist eine Gestalt aus der griechischen Mythologie, eine [[Nymphe|Quellnymphe]], die als einzige der [[Najade]]n (laut Ovid) nicht der [[Diana]] zugehörig erscheint. Der Mythologie nach verband sie sich mit dem [[Hermaphroditos]] zu einem einzigen zweigeschlechtlichen Wesen. ''Salmakis'' ist auch der Name der Quelle, in der Salmakis gelebt haben soll.


In mehreren kulturgeschichtlichen Überlieferungen finden sich Erzählungen von der Trennung eines ursprünglich mann-weiblichen Wesens in zwei Geschlechter und deren spätere Verbindung.
== Eigenständigkeit der Salmakis ==
Die bekannteste Version dieses Mythos stammt aus [[Ovid]]s ''[[Metamorphosen (Ovid)|Metamorphosen]]''. Hier wird erzählt, weshalb Salmakis nicht zu Dianas, der Jagdgöttin, Gefolgschaft gezählt wird und weshalb sie eine Sonderstellung unter den Nymphen einnahm. Dort heißt es in den Zeilen 302 bis 315:
:: ''Die ihn (Anmerkung: ''den Quell'') bewohnt, die Nymph' ist zur Jagd untüchtig, und niemals
:: ''Zieht den Bogen sie straff, noch mag sie eifern im Wettlauf,
:: ''Von den Naiaden allein ganz fremd der behenden Diana.
:: ''Oft wohl sprachen zu ihr – so meldet die Sage – die Schwestern:
:: ''Salmakis, nimm den Spieß, den zierlich gefertigten Köcher,
:: ''Und mit der stärkenden Jagd vertausche behagliche Muße!'
:: ''Doch nicht nimmt sie den Spieß, noch den zierlich gefertigten Köcher,
:: ''Mag mit der stärkenden Jagd nicht tauschen behagliche Muße,
:: ''Sondern bespült in dem Wasser des Quells die reizenden Glieder,
:: ''Streicht die Haare sich glatt mit dem Kamm von kytorischem Buchsbaum
:: ''Oder befragt, was schön ihr stehe, die spiegelnden Wellen;
:: ''Mit durchsichtigem Kleid auch öfter umgeben den Körper
:: ''Wählt bald schwellendes Laub, bald schwellendes Gras sie zum Lager;
:: ''Oft pflückt Blumen sie ab.'' <ref>


== Griechische Mythologie ==
{{Literatur
|Autor = Ovid
|Titel = Salmacis und Hermaphrodit (3. Tochter)
|Sammelwerk = Metamorphosen
|Band = 4. Buch
|Seiten = Zeilen 302–315
|Online = [http://www.gottwein.de/Lat/ov/met04de.php online verfügbar]
|Zugriff = 18. August 2008
|Originalsprache = lat
|Originaltitel = Metamorphoseon libri
|Übersetzer = R. Suchier
}}


Eine Überwindung der Geschlechterteilung wird in verschiedenen Kulturkreisen in der Form eines mann-weiblichen Menschen dargestellt: In der griechischen Mythologie ist dies [[Hermaphroditos]], der durch das gemeinsame Bad mit der Nymphe [[Salmakis]] zum Zwitter gewordene Sohn des [[Hermes]] und der [[Aphrodite]].
</ref>


== Der platonische Androgynie-Mythos ==
Salmakis sonderte sich also bereits vor ihrer Begegnung mit dem Hermessohn von ihren Gefährtinnen ab und war eitel und selbstgefällig.


In [[Platon]]s ''[[Symposion (Platon)|Symposion]]'' berichtet ''Aristophanes'' über einen ursprünglich zweigeschlechtigen Menschen: ''“Dieses mann-weibliche Geschlecht hatte einst Gestalt und Namen des männlichen und weiblichen Geschlechtes zu einem einzigen vereinigt. … Die ganze Gestalt jedes Menschen war damals rund, der Rücken und die Seiten bildeten eine Kugel. Der Mensch hatte also vier Hände und vier Füße, zwei Gesichter drehten sich am Halse, und zwischen beiden Gesichtern stak ein Kopf, aber der Kopf hatte vier Ohren. Der Mensch besaß die Schamteile doppelt, und denkt euch das Weitere selbst aus: auch alles Übrige war demgemäß doppelt!“'' Doch weil die Menschen sich an den Göttern versündigt hatten, wurden sie zur Strafe entzwei geschnitten und in alle Winde verstreut. Seither ist jeder Mensch wie ein geteilter Würfel und sucht im Leben dessen andere Hälfte.
== Überlieferung der Hermaphroditos-Geschichte ==
Auf seinem Weg von seiner Heimat, wo er am Berg Ida in [[Phrygien]] aufgewachsen ist, nach [[Halikarnassos]] in [[Karien]] trifft [[Hermaphroditos]] auf Salmakis. Diese hielt ihn für [[Amor (Mythologie)|Amor]] und verliebt sich sofort leidenschaftlich in ihn. Der fünfzehnjährige Hermaphroditos weist sie jedoch zurück. Als er jedoch zu einem späteren Zeitpunkt einmal aus Versehen in ihrer [[Quelle]] badete, umarmte sie ihn und zog ihn mit sich in die Tiefe, bis auf den Grund.  


== Altes Testament ==
Bei Ovid wird dies folgendermaßen beschrieben:
::''„Sieg! er ist mein!“ So ruft die Naiad', und jegliche Hülle''
::''Schleudert sie fort und wirft sich mitten hinein in die Wellen,''
::''Hält den Streitenden fest und raubt im Ringen ihm Küsse,''
::''Schiebt ihm unter die Händ' und berührt den wehrenden Busen,''
::''Und bald schmiegt sie sich hier, bald schmiegt sie sich dort an den Jüngling.
::''Endlich hält sie, wie sehr er sich sträubt und sucht zu entkommen,
::''Ihn wie die Schlange umstrickt, die der Königsvogel davonträgt
::''Und hoch rafft in die Luft – im Schweben umwickelt ihm jene
::''Füße und Kopf und umschlingt mit dem Schwanz die gebreiteten Flügel –
::''Oder wie Efeu pflegt sich zu ranken an ragenden Stämmen,
::''Oder wie unter der Flut der Polyp den ergriffenen Gegner
::''Hält mit den Fängen gepackt, die er streckt nach jeglicher Seite.
::''Stand hält Atlas' Spross und weigert der Nymphe die Freuden,
::''Die sie ersehnt. Sie drängt und spricht, wie sie dicht an den Jüngling
::''Sich mit dem Leibe gefügt: 'Wie sehr, Grausamer, du wehrest,
::''Doch entkommst du mir nicht. So möge, verhängt es, ihr Götter,
::''Jenen von mir kein Tag, kein Tag mich trennen von jenem!''<ref>{{Literatur
|Autor = Ovid
|Titel = Salmacis und Hermaphrodit (3. Tochter)
|Sammelwerk = Metamorphosen
|Band = 4. Buch
|Seiten = Zeilen 356–373
|Online = [http://www.gottwein.de/Lat/ov/met04de.php online verfügbar]
|Zugriff = 18. August 2008
|Originalsprache = lat
|Originaltitel = Metamorphoseon libri
|Übersetzer = R. Suchier
}}</ref>


Die [[Genesis]] erzählt: ''Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib.''
Hier betete sie zu den Göttern, dass sie beide für immer vereint sein mögen. Sie wurde erhört und es verschmolzen beider Körper. Es wurde ein [[Hermaphroditismus|Zwitterwesen]] aus ihnen, das weibliche Maße und [[Weibliche Brust|Brüste]], jedoch männliche [[Genitalien]] hatte. Dieses neue Wesen, auch Hermaphroditos genannt, betete nun, dass allen Menschen die in dieser Quelle badeten, dieses Schicksal ereilte. Hermaphroditos Eltern, [[Hermes]] und [[Aphrodite]] erhörten diese Bitte, und die Quelle verwandelte von nun an Menschen in [[Hermaphroditismus|Hermaphroditen]]. [[Vitruv]] attestiert der Quelle jedoch ein wohlschmeckendes Wasser und dementiert, dass das Wasser [[Geschlechtskrankheit|geschlechtskrank]] macht oder [[Kastration|entmannt]].


Im zweiten Kapitel der Genesis (ab 2,18) folgt der Bericht über die Trennung der Geschlechter, wonach die Frau aus einer Rippe des Mannes geformt wurde. Das hebräische Wort ''zela'' kann sowohl mit ''Rippe'' als auch mit ''Seite'' übersetzt werden.
== Salmakis in der Antike ==
In der Stadt Halikarnassos, in deren Nähe sich die Quelle der Salmakis befunden hat, gab es einen Stadtteil, der wie die Nymphe hieß. Dort gab es auch ein Hermaphroditos-Heiligtum. Der Name der Salmakis stammt aus dem [[Kleinasien|kleinasiatischen]] Sprachgut. Die Geschichte, in der Hermaphroditos auf Salmakis trifft, ist nur eine sekundäre, junge Sage um den jungen Göttersohn. Möglicherweise ist sie eine Erfindung Ovids, der so die Gestalt des Hermaphroditos erklären wollte.


So wird in dem Bericht über die Erschaffung der Frau ausdrücklich das Fehlen eines passenden Gegenübers für den Menschen erwähnt. 1. Mose 2, 18: ''Dann sprach Gott, der Herr: »Es ist nicht gut für den Menschen allein zu sein. Ich will ihm ein Wesen schaffen, das zu ihm passt.«'' (Neues-Leben-Übersetzung)
== Salmakis in Kunst und Musik ==
In der Kunst der [[Antike]], aber auch in [[Renaissance]] und [[Frühe Neuzeit|Frühen Neuzeit]] war die Sage ein beliebtes Motiv für Künstler. Dabei gab es meist zwei Stile. Entweder wurde Salamakis als hübsche, verliebte Nymphe dargestellt, oder als eher plumpes, lüsternes und hässliches Wesen, das dem Jüngling nachstellt.


== Gnostische Seelenmythen ==
Musikalisch wurde die Nymphe Salmakis in „The Fountain of Salmacis“ von der Rockgruppe [[Genesis (Band)|Genesis]] in ihrem Album „[[Nursery Cryme]]“ (1971) verarbeitet.
Der gnostische Text „[[Exegese über die Seele]]“ schildert einen Mythos von Fall und Rettung der Seele. In der Kurzzusammenfassung von Lüdemann/Janßen: „Die Seele verläßt ihren wahren Bräutigam und gibt sich der irdischen Unzucht mit Ehebrechern … Sie erkennt jedoch ihr Fehlverhalten und will zu ihrem wahren Bräutigam zurückkehren … Nachdem die Seele sich von
ihren früheren Sünden gereinigt hat … vereinigt sie sich wieder mit ihrem wahren Bräutigam und empfängt Kinder von ihm“<ref>Bibel der Häretiker, Einleitung zu „Die Exegese der Seele“</ref>


Auch das Apokryphon des Johannes (NHC II,1) verbindet die Erlösung der Seele mit einem Ursprungsmythos, mit der Erschaffung der Seele aus Adams Rippe und einer späteren Vereinigung von Mann und Frau: „Und ich sagte zu dem Erlöser: „Was ist das Vergessen?“ Und er sagte:,,Es ist nicht, wie Moses schrieb und du gehört hast. Denn er sagte in seinem ersten Buch: ‚Er brachte ihn in den Schlaf.‘ Vielmehr (war es nur) in seinen Wahrnehmungen, (daß er schlief). Denn er sagte durch den Propheten: ‚Ich werde ihre Herzen schwer machen, damit sie nicht aufmerksam sind und nicht sehen.‘ Darauf versteckte sich die Epinoia des Lichtes in ihm (sc. Adam). Und der Erste Archon wollte sie aus seiner Rippe hervorbringen. Aber die Epinoia des Lichtes kann nicht ergriffen werden. Als die Finsternis sie verfolgte, fing sie sie nicht. Und er brachte einen Teil seiner Kraft aus ihm heraus. Und er machte ein weiteres Gebilde in der Gestalt einer Frau nach dem Bild der Epinoia, die sich ihm geoffenbart hatte. Und er brachte den Teil, den er von der Kraft des Menschen genommen hatte, in das Gebilde der Weiblichkeit, und nicht, wie Mose gesagt hat ‚seine Rippe‘. Und Adam sah die Frau neben sich. Und in diesem Augenblick trat nun die Licht-Epinoia in Erscheinung, und sie deckte den Schleier, der über seinem Verstand lag, auf. Und er wurde nüchtern von der Trunkenheit der Finsternis. Und er erkannte sein Abbild, und er sagte: ‚Dies nun ist ein Knochen von meinem Knochen, und Fleisch von meinem Fleisch.‘ Deswegen wird der Mensch seinen Vater und seine Mutter verlassen, und er wird sich seiner Frau anhängen, und sie werden beide ein Fleisch werden. Denn seine Paargenossin wird ihm gesandt werden, und er wird seinen Vater und seine Mutter verlassen.“<ref>Übersetzung von Lüdemann/Janßen in „Die Bibel der Häretiker“</ref>
Eine literarische Bearbeitung des Themas findet sich in dem Roman „[[Middlesex (Eugenides)|Middlesex]]“ von [[Jeffrey Eugenides]], der im Jahr 2003 mit dem [[Pulitzer-Preis]] ausgezeichnet wurde.


== Sohar ==
== Einzelnachweise ==
[[Datei:Salmacis & Hermaphroditos 0.jpg|miniatur|Die Verschmelzung des Hermaphroditos (Gemälde von [[Jan Mabuse|Jan Gossaert]], genannt Mabuse, um 1516)]]
<references/>


Der Sohar schmückt die alttestamentliche Erzählung aus: ''Rabbi Chija sagte: Und wenn es vorher heißt: „Und er nahm eine von seinen Rippen“, so ist dies im gleichen Sinne gemeint wie in den Worten: „Eine ist sie, meine Taube, meine Reine, eine ihrer Mutter (Hohelied 6,9). „Rippe“ bedeutet auch „Seite“ wie in den Worten „An der Seite des Stiftszeltes“ (2. Moses 26,20).''<ref>Ernst Müller (Hrsg.): ''Der Sohar – Das heilige Buch der Kabbala''. Diederichs, München  1993, S. 125. An anderer Stelle findet sich eine weitere diesbezügliche Erläuterung zur Interpretation des Verses 6,9 aus dem Hohelied: ''Lies nicht: „meine Reine“, sondern „mein Zwilling“.'' (S. 140)</ref>
== Literatur ==
 
* Carsten Binder: ''Salmakis'', In: [[Pauly-Wissowa#Der Neue Pauly (DNP)|Der Neue Pauly]] Bd. 10 (2001), Sp. 1259f.
Hierzu weiter: ''Es begann Rabbi Acha mit dem Schriftsatz: „Und es sprach JHWH Elohim: Nicht gut ist, dass der Mensch allein sei“ (1. Moses 2,18). ''Es wurde gelehrt, dass aus dem Grunde vom zweiten Tage nicht gesagt wird, „dass es gut ist“, weil der Mensch vereinsamen sollte. War er denn aber einsam, wo doch gesagt wird: „Männlich und Weiblich erschuf er sie“? Auch haben wir gelernt, dass der Mensch zweigesichtig erschaffen ward, und du sagst: „Nicht gut, dass der Mensch allein sei“? Vielmehr er bemühte sich nicht um seinen weiblichen Teil und hatte keine Stütze an ihm, da dieser nur seine Seite bildete und sie rückwärts wie eins waren – so war denn doch der Mensch allein. „Ich will ihm einen Gehilfen erschaffen ihm gegenüber“ (1. Moses 2,18). Das heißt: seinem Antlitz gegenüber, dass eines am anderen hafte, Angesicht an Angesicht. Was tat der Allheilige? Er sägte an ihm und nahm das Weibliche von ihm. Wie es heißt: „Und er nahm eine seiner Rippen“ (1. Moses 2,21)…<ref>Ernst Müller (Hrsg.): ''Der Sohar – Das heilige Buch der Kabbala''. Diederichs, München  1993, S. 145f</ref>
* G. Karl Galinsky: ''Ovid's Metamorphoses. An Introduction to the Basic Aspects.'' Univ. of California Press, Berkeley, Blackwell, Oxford 1975. ISBN 0-520-02848-1
 
Nach dem [[Sohar]] ist nur der Mensch in seinem Vollbestand, der männlich und weiblich zugleich ist, ''eigentlich Mensch zu nennen''.<ref>Ernst Müller (Hrsg.): ''Der Sohar – Das heilige Buch der Kabbala''. Diederichs, München 1993, S. 98</ref> Wenn sich das Weibliche und das Männliche verbinden, ''erscheinen sie als'' ein ''Körper wahrhaftig. Daraus folgt, dass das Männliche allein nur als ein halber Körper erscheint … und ebenso das Weibliche; erst wenn sie sich verbinden, werden sie zur Einheit.''<ref>Ernst Müller (Hrsg.): ''Der Sohar – Das heilige Buch der Kabbala''. Diederichs, München 1993, S. 140</ref>


== Koran ==
== Weblinks ==
Der [[Koran]] geht ebenfalls auf den Aspekt der Geschlechterteilung ein: ''“Er schuf euch aus einem einzigen Wesen, dann machte Er aus diesem seine Gattin,…“'' (Sure 39,6)<ref>[http://www.chj.de/Koran/Einzelsuren/Sure039.html chj.de]</ref>
{{Commonscat|Salmacis}}


== Indische Mythologie ==
[[Kategorie:Griechische Mythologie]]
 
In Indien kennt man [[Ardhanarishvara]] als ''der Mann, der zur Hälfte Frau ist''. Über die Entstehung bzw. genaue Bedeutung des Ardhanarishvara gibt es verschiedene Versionen. Eine besagt, dass der Hindu-Gott [[Shiva]] seine ewige Gefährtin [[Parvati]] so fest an sich gedrückt hat, dass beide zu einem Wesen verschmolzen sind. Einer anderen Überlieferung zufolge war es die ursprüngliche Männlich-Weibliche Gestalt der Gottheit, bevor diese sich in die zwei Geschlechter teilte.
 
== Hinduismus ==
 
Von einer Geschlechtertrennung aus einem einzigen Wesen berichtet auch die [[Hinduismus|hinduistische]] ''Brihadaranyaka-Upanishad'', dass der Mensch anfangs ganz allein war und sich Gesellschaft wünschte: ''Es war so groß wie Mann und Frau bei der Umarmung. Es ließ sich in zwei Teile zerfallen. So entstanden Gatte und Gattin. „Darum sind wir beide hier nur wie ein Halbstück“, sprach Yajnavalkya.''<ref>''Upanishaden – Die Geheimlehre der Inder''. Diederichs, München  1990, S. 53</ref>
 
== Vorneuzeitliche Dichtung ==
 
Eine [[Arabische Sprache|arabische]] Geschichte beschreibt ein Band, das zwischen Qais Ibn-Darih und seiner weiblichen Hälfte Lubna besteht:
„Mein Geist war eins mit ihrem Geist, bevor uns der Herr berief
Und als ich noch im Mutterleib und in der Wiege schlief.
Des Geistes Einheit wuchs mit uns, hat täglich sich gemehrt,
Und auch im Tode wird der Bund des Geistes nicht zerstört.
Nein, was auch je geschehen mag, er trotzt des Schicksals Macht.
Er lebt mit uns noch in der Gruft und in des Grabes Nacht.“<ref>Thomas Ulrich: ''Dualseelen und Seelenpartner''. Grafing, 1997, S. 88</ref>
 
Von dem [[japan]]ischen Patriarchen Tatsuya sind die folgenden Worte aus dem 6. Jahrhundert überliefert:
„Es gibt eine Liebe, die über jede Liebe erhaben ist; die Leben überdauert.
Zwei Seelen, aus einer entstanden. Vereinigt wie zwei Flammen. Identisch - und doch getrennt.
Manchmal zusammen, durch Gefühl und Verlangen verschweißt.
Manchmal getrennt, um zu lernen und zu wachsen.
Aber einander immer wieder findend. In anderen Zeiten, anderen Orten.
Wieder und wieder.“<ref>Zitat aus dem Spielfilm ''Fatal Past'' (USA 1993)</ref>
 
== Neuzeitliche Literatur ==
 
[[Wikipedia:Friedrich Hölderlin|Hölderlins]] ''[[Wikipedia:Hyperion (Hölderlin)|Hyperion]]'' hadert mit dem Schicksal, ''nicht eine Seele zu sein mit seiner liebenswürdigen Hälfte'' und in [[Wikipedia:Emily Brontë|Emily Brontë]]s ''[[Wikipedia:Sturmhöhe|Sturmhöhe]]'' kommt Catherine Earnshaw über ihre Beziehung zu Heathcliff zu dem Ergebnis: ''“Aus welchem Stoff auch immer unsere Seelen gemacht sind, die seine und die meine sind gleich.“''
 
In seinem Briefroman ''[[Wikipedia:Julie oder Die neue Heloise|Julie oder Die neue Heloise]]'' schreibt [[Wikipedia:Jean-Jacques Rousseau|Rousseau]] (erster Teil, Brief 26): ''“Des Himmels ewiger Beschluss bestimmte uns füreinander. – Komm, o meine Seele, komm in deines Freundes Arme, die zwei Hälften unseres Wesens zu vereinen!“''
 
An die Intensität einer Liebe zwischen Dualseelen erinnert unter anderem auch der 1891 erschienene Roman [[Wikipedia:Peter Ibbetson|Peter Ibbetson]] aus der Feder von [[Wikipedia:George du Maurier|George du Maurier]]. Er erzählt die tragische Geschichte einer Liebe zwischen zwei Menschen (Peter und Mary), die sich im wahren Leben nicht mehr treffen können, aber nachts in ihren gemeinsamen Träumen begegnen, die zur eigentlichen Essenz ihres Lebens werden. Schließlich kommt das Unvermeidliche: Mary stirbt. Doch für ein letztes Mal gelingt ihr die Rückkehr in einen gemeinsamen Traum, in dem sie Peter wissen lässt, dass beide für immer untrennbar sind: ''„Eine Liebe wie die meine ist stärker als selbst der Tod. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass wir beide unzertrennlich sind für alle Zeiten, du und ich, … ein einziges Salzkörnchen, ein einziger Wassertropfen. … Doch erst wenn du dich zu mir gesellst, werden wir vollkommen sein und können im Weltraum aufgehen und an allem, was noch kommt, als Eines teilhaben.“''
 
== Parapsychologie und Esoterik ==
 
Der US-amerikanische Parapsychologe [[Wikipedia:Edgar Cayce|Edgar Cayce]] (1877–1945), der von Anhängern als [[Medium]] angesehen wird, äußerte sich wie folgt: ''“Als am Anfang die Seelen geschaffen wurden, waren sie weder männlich noch weiblich, sondern beides, ein vollständiges Ganzes.“''<ref>W. Howard Church: ''Die 17 Leben des Edgar Cayce''. Genf 1988, S.  25f</ref> Und weiter: ''“Dank ihrer androgynen Gottesnatur verfügten die ersten Seelen über die Fähigkeit, durch einen Willensakt ein'' Gefährtenselbst ''zu erzeugen, indem sie es von sich abspalteten.“''<ref>W. Howard Church: ''Die 17 Leben des Edgar Cayce''. Genf 1988, S. 34</ref>
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
[[Kategorie:Esoterik]]
[[Kategorie:Liebe]]
[[Kategorie:Mythologisches Wesen]]
[[Kategorie:Religionsphilosophie]]
[[Kategorie:Religion]]
 
== Literatur ==
* Thomas Ulrich: ''Dualseelen & Seelenpartner''. Das Geheimnis der ewigen Liebesverbindung, Heyne TB, München 2001


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 22. Oktober 2017, 22:57 Uhr

Salmakis & Hermaphroditos; Kupferstich von Johann Wilhelm Baur als Buchillustration einer Ovid Edition von 1703
Salmakis & Hermaphroditos; Gemälde von Bartholomäus Spranger, 1581
Salmakis bedrängt Hermaphroditos, Kupferstich von Bernard Picardt, Illustration einer Ovid-Edition des 18. Jahrhundert
Salmakis & Hermaphroditos; Gemälde von Jean Mabuse, circa 1516
Salmakis & Hermaphroditos; Ovidius, Metamorphoseon libri XV, flandrische Buchmalerei, 15. Jahrhundert

Salmakis (griech. Σαλμακίς, lateinisch Salmacis) ist eine Gestalt aus der griechischen Mythologie, eine Quellnymphe, die als einzige der Najaden (laut Ovid) nicht der Diana zugehörig erscheint. Der Mythologie nach verband sie sich mit dem Hermaphroditos zu einem einzigen zweigeschlechtlichen Wesen. Salmakis ist auch der Name der Quelle, in der Salmakis gelebt haben soll.

Eigenständigkeit der Salmakis

Die bekannteste Version dieses Mythos stammt aus Ovids Metamorphosen. Hier wird erzählt, weshalb Salmakis nicht zu Dianas, der Jagdgöttin, Gefolgschaft gezählt wird und weshalb sie eine Sonderstellung unter den Nymphen einnahm. Dort heißt es in den Zeilen 302 bis 315:

Die ihn (Anmerkung: den Quell) bewohnt, die Nymph' ist zur Jagd untüchtig, und niemals
Zieht den Bogen sie straff, noch mag sie eifern im Wettlauf,
Von den Naiaden allein ganz fremd der behenden Diana.
Oft wohl sprachen zu ihr – so meldet die Sage – die Schwestern:
Salmakis, nimm den Spieß, den zierlich gefertigten Köcher,
Und mit der stärkenden Jagd vertausche behagliche Muße!'
Doch nicht nimmt sie den Spieß, noch den zierlich gefertigten Köcher,
Mag mit der stärkenden Jagd nicht tauschen behagliche Muße,
Sondern bespült in dem Wasser des Quells die reizenden Glieder,
Streicht die Haare sich glatt mit dem Kamm von kytorischem Buchsbaum
Oder befragt, was schön ihr stehe, die spiegelnden Wellen;
Mit durchsichtigem Kleid auch öfter umgeben den Körper
Wählt bald schwellendes Laub, bald schwellendes Gras sie zum Lager;
Oft pflückt Blumen sie ab. [1]

Salmakis sonderte sich also bereits vor ihrer Begegnung mit dem Hermessohn von ihren Gefährtinnen ab und war eitel und selbstgefällig.

Überlieferung der Hermaphroditos-Geschichte

Auf seinem Weg von seiner Heimat, wo er am Berg Ida in Phrygien aufgewachsen ist, nach Halikarnassos in Karien trifft Hermaphroditos auf Salmakis. Diese hielt ihn für Amor und verliebt sich sofort leidenschaftlich in ihn. Der fünfzehnjährige Hermaphroditos weist sie jedoch zurück. Als er jedoch zu einem späteren Zeitpunkt einmal aus Versehen in ihrer Quelle badete, umarmte sie ihn und zog ihn mit sich in die Tiefe, bis auf den Grund.

Bei Ovid wird dies folgendermaßen beschrieben:

„Sieg! er ist mein!“ So ruft die Naiad', und jegliche Hülle
Schleudert sie fort und wirft sich mitten hinein in die Wellen,
Hält den Streitenden fest und raubt im Ringen ihm Küsse,
Schiebt ihm unter die Händ' und berührt den wehrenden Busen,
Und bald schmiegt sie sich hier, bald schmiegt sie sich dort an den Jüngling.
Endlich hält sie, wie sehr er sich sträubt und sucht zu entkommen,
Ihn wie die Schlange umstrickt, die der Königsvogel davonträgt
Und hoch rafft in die Luft – im Schweben umwickelt ihm jene
Füße und Kopf und umschlingt mit dem Schwanz die gebreiteten Flügel –
Oder wie Efeu pflegt sich zu ranken an ragenden Stämmen,
Oder wie unter der Flut der Polyp den ergriffenen Gegner
Hält mit den Fängen gepackt, die er streckt nach jeglicher Seite.
Stand hält Atlas' Spross und weigert der Nymphe die Freuden,
Die sie ersehnt. Sie drängt und spricht, wie sie dicht an den Jüngling
Sich mit dem Leibe gefügt: 'Wie sehr, Grausamer, du wehrest,
Doch entkommst du mir nicht. So möge, verhängt es, ihr Götter,
Jenen von mir kein Tag, kein Tag mich trennen von jenem![2]

Hier betete sie zu den Göttern, dass sie beide für immer vereint sein mögen. Sie wurde erhört und es verschmolzen beider Körper. Es wurde ein Zwitterwesen aus ihnen, das weibliche Maße und Brüste, jedoch männliche Genitalien hatte. Dieses neue Wesen, auch Hermaphroditos genannt, betete nun, dass allen Menschen die in dieser Quelle badeten, dieses Schicksal ereilte. Hermaphroditos Eltern, Hermes und Aphrodite erhörten diese Bitte, und die Quelle verwandelte von nun an Menschen in Hermaphroditen. Vitruv attestiert der Quelle jedoch ein wohlschmeckendes Wasser und dementiert, dass das Wasser geschlechtskrank macht oder entmannt.

Salmakis in der Antike

In der Stadt Halikarnassos, in deren Nähe sich die Quelle der Salmakis befunden hat, gab es einen Stadtteil, der wie die Nymphe hieß. Dort gab es auch ein Hermaphroditos-Heiligtum. Der Name der Salmakis stammt aus dem kleinasiatischen Sprachgut. Die Geschichte, in der Hermaphroditos auf Salmakis trifft, ist nur eine sekundäre, junge Sage um den jungen Göttersohn. Möglicherweise ist sie eine Erfindung Ovids, der so die Gestalt des Hermaphroditos erklären wollte.

Salmakis in Kunst und Musik

In der Kunst der Antike, aber auch in Renaissance und Frühen Neuzeit war die Sage ein beliebtes Motiv für Künstler. Dabei gab es meist zwei Stile. Entweder wurde Salamakis als hübsche, verliebte Nymphe dargestellt, oder als eher plumpes, lüsternes und hässliches Wesen, das dem Jüngling nachstellt.

Musikalisch wurde die Nymphe Salmakis in „The Fountain of Salmacis“ von der Rockgruppe Genesis in ihrem Album „Nursery Cryme“ (1971) verarbeitet.

Eine literarische Bearbeitung des Themas findet sich in dem Roman „Middlesex“ von Jeffrey Eugenides, der im Jahr 2003 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde.

Einzelnachweise

  1.  Ovid: Salmacis und Hermaphrodit (3. Tochter). In: Metamorphosen. 4. Buch, (Originaltitel: Metamorphoseon libri, übersetzt von R. Suchier) S. Zeilen 302–315 (online verfügbar, abgerufen am 18. August 2008).
  2.  Ovid: Salmacis und Hermaphrodit (3. Tochter). In: Metamorphosen. 4. Buch, (Originaltitel: Metamorphoseon libri, übersetzt von R. Suchier) S. Zeilen 356–373 (online verfügbar, abgerufen am 18. August 2008).

Literatur

  • Carsten Binder: Salmakis, In: Der Neue Pauly Bd. 10 (2001), Sp. 1259f.
  • G. Karl Galinsky: Ovid's Metamorphoses. An Introduction to the Basic Aspects. Univ. of California Press, Berkeley, Blackwell, Oxford 1975. ISBN 0-520-02848-1

Weblinks

Commons: Salmacis - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema


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