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===XXI. Refraktion ohne Farbenerscheinung===
===XXXV. Ableitung des Weißen===


306 (195, 196). Daß die Refraktion ihre Wirkung äußre, ohne eine Farbenerscheinung hervorzubringen, ist bei objektiven Versuchen nicht so vollkommen als bei subjektiven darzutun. Wir haben zwar unbegrenzte Räume, nach welchen wir durchs Prisma schauen und uns überzeugen können, daß ohne Grenze keine Farbe entstehe; aber wir haben kein unbegrenzt Leuchtendes, welches wir könnten aufs Prisma wirken lassen. Unser Licht kommt uns von begrenzten Körpern, und die Sonne, welche unsre meisten objektiven prismatischen Erscheinungen hervorbringt, ist ja selbst nur ein kleines begrenzt leuchtendes Bild.
494. Wir haben hiezu schon oben bei Gelegenheit der dioptrischen Farben der ersten Klasse (145 ff.) einige Schritte getan. Durchsichtige Körper stehen auf der höchsten Stufe unorganischer Materialität. Zunächst daran fügt sich die reine Trübe, und das Weiße kann als die vollendete reine Trübe angesehen werden.


307. Indessen können wir jede größere Öffnung, durch welche die Sonne durchscheint, jedes größere Mittel, wodurch das Sonnenlicht aufgefangen und aus seiner Richtung gebracht wird, schon insofern als unbegrenzt ansehen, indem wir bloß die Mitte der Flächen, nicht aber ihre Grenzen betrachten.
495. Reines Wasser zu Schnee kristallisiert erscheint weiß, indem die Durchsichtigkeit der einzelnen Teile kein durchsichtiges Ganzes macht. Verschiedene Salzkristalle, denen das Kristallisationswasser entweicht, erscheinen als ein weißes Pulver. Man könnte den zufällig undurchsichtigen Zustand des rein durchsichtigen Weiß nennen, so wie ein zermalmtes Glas als ein weißes Pulver erscheint. Man kann dabei die Aufhebung einer dynamischen Verbindung und die Darstellung der atomistischen Eigenschaft der Materie in Betracht ziehn.


308 (197). Man stelle ein großes Wasserprisma in die Sonne, und ein heller Raum wird sich in die Höhe gebrochen an einer entgegengesetzten Tafel zeigen und die Mitte dieses erleuchteten Raumes farblos sein. Eben dasselbe erreicht man, wenn man mit Glasprismen, welche Winkel von wenigen Graden haben, den Versuch anstellt. Ja diese Erscheinung zeigt sich selbst bei Glasprismen, deren brechender Winkel sechzig Grad ist, wenn man nur die Tafel nahe genug heran bringt.
496. Die bekannten unzerlegten Erden sind in ihrem reinen Zustand alle weiß. Sie gehn durch natürliche Kristallisation in Durchsichtigkeit über; Kieselerde in den Bergkristall, Tonerde in den Glimmer, Bittererde in den Talk, Kalkerde und Schwererde erscheinen in so mancherlei Späten durchsichtig.
 
497. Da uns bei Färbung mineralischer Körper die Metallkalke vorzüglich begegnen werden, so bemerken wir noch zum Schlusse, daß angehende gelinde Säurungen weiße Kalke darstellen, wie das Blei durch die Essigsäure in Bleiweiß verwandelt wird.

Aktuelle Version vom 10. Mai 2018, 09:12 Uhr

XXXV. Ableitung des Weißen

494. Wir haben hiezu schon oben bei Gelegenheit der dioptrischen Farben der ersten Klasse (145 ff.) einige Schritte getan. Durchsichtige Körper stehen auf der höchsten Stufe unorganischer Materialität. Zunächst daran fügt sich die reine Trübe, und das Weiße kann als die vollendete reine Trübe angesehen werden.

495. Reines Wasser zu Schnee kristallisiert erscheint weiß, indem die Durchsichtigkeit der einzelnen Teile kein durchsichtiges Ganzes macht. Verschiedene Salzkristalle, denen das Kristallisationswasser entweicht, erscheinen als ein weißes Pulver. Man könnte den zufällig undurchsichtigen Zustand des rein durchsichtigen Weiß nennen, so wie ein zermalmtes Glas als ein weißes Pulver erscheint. Man kann dabei die Aufhebung einer dynamischen Verbindung und die Darstellung der atomistischen Eigenschaft der Materie in Betracht ziehn.

496. Die bekannten unzerlegten Erden sind in ihrem reinen Zustand alle weiß. Sie gehn durch natürliche Kristallisation in Durchsichtigkeit über; Kieselerde in den Bergkristall, Tonerde in den Glimmer, Bittererde in den Talk, Kalkerde und Schwererde erscheinen in so mancherlei Späten durchsichtig.

497. Da uns bei Färbung mineralischer Körper die Metallkalke vorzüglich begegnen werden, so bemerken wir noch zum Schlusse, daß angehende gelinde Säurungen weiße Kalke darstellen, wie das Blei durch die Essigsäure in Bleiweiß verwandelt wird.