Liberale Anthroposophie

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Unter dem wohlklingenden Namen Liberale Anthroposophie kommt neuerdings eine Denkrichtung aus dem Hause der Info 3-Redaktion daher, welche Aussagen Rudolf Steiners immer mehr aufweicht, um auch intellektualistisch anschlußfähig an neuere akademische Denkrichtungen zu sein, wie die Rassismus- und Antisemitismus-Forschung, den Gender-Mainstream-Lifestyle, die religiöse Indifferenz eines "Weltethos", den Ken Wilberismus, den Utilitarismus und Hedonismus sowie ähnliche Preziosen mehr. So wird Rudolf Steiners Geistesforschung zurechtgestutzt und als im wesentlichen nicht neue Interpretation und Wiedergabe längst publizierter akademischer und historischer Texte dargestellt. Der ureigene Beitrag aus Steiners originärer Geistesforschung wird dabei auf eine Vermengung der Resultate des Deutschen Idealismus und europäischer Mystik verengt. "Helmut Zander geht zweifelsohne zutreffend davon aus, dass die Steiner-Interpretation individualisiert und pluralisiert werde – in rein selektiver Aneignung, vermischt mit anderen esoterischen Weltanschauungen oder durch die Sprachgrenzen einer sich globalisierenden anthroposophischen Gemeinde. Ich meine zusätzlich, dass man – für den deutschsprachigen Raum – aber durchaus ideologische Konturen sehen kann, in denen sich so manche „Individualisierung“ und „Pluralisierung“ einpendelt. Die Alternative lautet nicht: orthodoxe Anthroposophie oder irgendwie geartete Erosion. Die „liberale“ Anthroposophie, die sich als solche von den traditional-anthroposophischen Dogmen loslöst, ist nicht mit dem Unsichtbarwerden von Anthroposophie identisch. Sondern hier formen sich ganz eigene Dogmen: Betont wird ein verkitschtes Steinersches „Frühwerk“, das als einzige legitime Urteilsgrundlage für die gesamte Steinerdeutung gelten soll. Ferner werden die höheren Wesen und Welten Steiners als Bilder und Veranschaulichungen ins Subjekt hineingelegt. Schließlich werden so auch Steiners Selbstdeutungen relativiert: Aus dem „Mysterium von Golgatha“ werden biographisch-psychologische Phasen des Gurus gemacht." (https://waldorfblog.wordpress.com/2015/01/12/anthroposophische-reformation/ ) Diese Vorgehensweise kommt einer Einsargung der Anthroposophie gleich, wie Pietro Archiati in seinem Werk „Der Intellektualismus und die Anthroposophie. Eine Einführung in die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners“ (Rudolf Steiner Ausgaben, Bad Liebenzell, 4. erweiterte Auflage 2014), kritisch anmerkt. Eine Verintellektualisierung der Anthroposophie, ja mehr noch, auch die Loslösung des Wesens Anthroposophia von der Anthroposophischen Gesellschaft droht, indem von dieser solche Fehlentwicklungen unkritisch gefördert werden. Die neue SKA liegt genau in dieser Richtung.

"(Jens) Heisterkamp ist ein Vorreiter derer, die sich bewusst und kraftvoll von Steiner distanzieren. Man kann sagen: Sie stellen sich auf seine Schultern und treten ihn in den Schlamm. So sei zum Beispiel neben vielem anderen Steiners „sprachliche Diktion“ heute überholt. Aber natürlich darf auch der übliche Seitenhieb auf Steiners „Rassismus“ nicht fehlen: Es gelte, „den zeitlichen Abstand zu einer Gründerfigur aus der Spätkolonialzeit“ ins Bewusstsein zu rufen. Gleichzeitig beruft er sich aber auf den „Humanismus und Individualismus in Steiners Denken“." (http://www.holger-niederhausen.de/index.php?id=951 )

"Eine konkrete geistige (Welt) mit realen Wesen wird ... einfach nicht mehr ertragen. Ebenso wenig aber eine konkrete Geschichte, die neben der Bewusstseinsgeschichte sehr wohl immer bestimmte Völker kannte, die jeweils spezifische Impulse in die Menschheitsentwicklung einfließen ließen. Aber all dies ist ja „diskriminierend“ – und die Existenz höherer geistiger Wesenheiten wäre ja ebenfalls „diskriminierend“. Bottom-up ist das Stichwort: Nichts außer dem Menschen und einem abstrakten „Geist“. Unter diesen Prämissen fühlt sich das „post-post-moderne“ Bewusstsein wieder wohl..." "Letztlich dekonstruiert Heisterkamp in seinem Eifer für eine neue New-Age-Anthroposophie im Zeichen Ken Wilbers sogar die zentrale Idee der Reinkarnation..." (http://www.holger-niederhausen.de/index.php?id=951 )


Rudolf Steiner selbst wies auf die drohende Gefahr bereits 1919 hin:

„"Es könnte möglich sein, daß sich einmal die Anthroposophie von der Anthroposophischen Gesellschaft lösen müßte. Es dürfte nicht sein, aber die Möglichkeit dazu wird bestehen. Wenn ich einmal nicht mehr da bin, wird eine Verintellektualisierung der anthroposophischen Geisteswissenschaft kommen. Das ist eine große Gefahr. Denn das bedeutet die Stagnation der ganzen Bewegung."“

– Rudolf Steiner, zitiert nach Adelheid Petersen[1]

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Quellen

  1. Rudolf Steiner über Vortragstätigkeit und Zweigarbeit. In: Erika Beltle/Kurt Vierl (Hg.): Erinnerungen an Rudolf Steiner, Vlg. Freies Geistesleben, Stuttgart 2001, Seite 237