Jungpaläolithikum

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Das Jungpaläolithikum (von griech. παλαιός palaios „alt“ und λίθος lithos „Stein“), auch als Spät-Altsteinzeit bezeichnet, markiert eine entscheidende Phase in der menschlichen Geschichte, die von etwa 40.000 bis 10.000 v. Chr. andauerte (Mellars, 2006). Diese Epoche war geprägt von einer Vielzahl an kulturellen Entwicklungen, bedeutenden Veränderungen in der menschlichen Besiedlung und der Ausbreitung anatomisch moderner Menschen (Homo sapiens) auf verschiedene Teile der Welt.[1]

Das Jungpaläolithikum war eine entscheidende Phase in der menschlichen Geschichte, die von bedeutenden kulturellen, technologischen und sozialen Entwicklungen geprägt war. Die Ausbreitung anatomisch moderner Menschen und ihre Interaktionen mit Neandertalern, der Fortschritt in der Herstellung von Werkzeugen, die Entstehung von Kunst und Symbolik sowie die Anpassung an verschiedene Lebensräume zeugen von der bemerkenswerten Anpassungsfähigkeit und Kreativität der Menschen in dieser Zeit.

Chronologie und Hintergrund

Die Jungpaläolithische Periode begann vor etwa 40.000 Jahren und endete mit dem Auftreten der ersten mesolithischen Kulturen um 10.000 v. Chr.[2] Das Jungpaläolithikum fällt zusammen mit dem Höhepunkt der letzten Kaltzeit, dem sogenannten "Letzten Glazialmaximum", das vor etwa 26.500 bis 19.000 Jahren stattfand.[3] Diese klimatischen Veränderungen hatten erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt und die Lebensweise der Menschen in dieser Epoche.[4]

Werkzeuge und Technologie

Das Jungpaläolithikum zeichnet sich durch einen bemerkenswerten Fortschritt in der Herstellung von Steinwerkzeugen und anderen Technologien aus. Die Menschen dieser Zeit entwickelten komplexe und vielseitige Werkzeuge, wie Klingen und gezähnte Klingen, die für verschiedene Aufgaben verwendet werden konnten.[5] Eine der bekanntesten jungpaläolithischen Technologien ist die Aurignacien-Kultur, die sich in ganz Europa und Teilen Westasiens ausbreitete und für ihre Knochen-, Elfenbein- und Steinwerkzeuge bekannt ist.[6]

Kunst und Symbolik

Das Jungpaläolithikum brachte auch die ersten Beispiele für Kunst und Symbolik hervor, die den kulturellen und kognitiven Fortschritt dieser Zeit widerspiegeln.[7] Höhlenmalereien, wie diejenigen in Lascaux (Frankreich) und Altamira (Spanien), zeigen beeindruckende Darstellungen von Tieren und abstrakten Mustern, die sowohl künstlerische Fähigkeiten als auch eine entwickelte symbolische Denkweise belegen.[8] Darüber hinaus wurden Skulpturen und Gravuren aus Knochen, Elfenbein und Stein gefunden, die ebenfalls von großer künstlerischer und handwerklicher Qualität sind.[9]

Die Venus-Figuren, kleine weibliche Statuetten, die in ganz Europa und Teilen Asiens gefunden wurden, sind ein weiteres bemerkenswertes Beispiel für jungpaläolithische Kunst. Diese Figuren werden oft als Symbole für Fruchtbarkeit und Weiblichkeit interpretiert.[10]

Soziale Organisation und Lebensweise

Die jungpaläolithischen Gemeinschaften lebten in kleinen Gruppen und passten sich an die Herausforderungen der Eiszeit an. Sie waren Jäger und Sammler, die sich hauptsächlich von Großwild wie Mammuts, Rentieren und Wildpferden ernährten.[11] Ihre Mobilität und Anpassungsfähigkeit ermöglichten es ihnen, sich in einer Vielzahl von Lebensräumen auszubreiten, von tundraähnlichen Regionen bis hin zu gemäßigten.[12]

Die soziale Organisation dieser Gruppen war vermutlich komplexer als die ihrer Vorfahren, mit ausgeprägter Arbeitsteilung und möglicherweise auch rituellen oder religiösen Praktiken.[13]

Interaktionen mit Neandertalern

Während des Jungpaläolithikums kam es zu Begegnungen zwischen anatomisch modernen Menschen und Neandertalern (Homo neanderthalensis), die in Europa und Westasien lebten.[14] Genetische Studien haben gezeigt, dass es zu einer gewissen Vermischung der beiden Arten kam, wobei moderne Menschen außerhalb Afrikas etwa 1-2% Neandertaler-DNA in ihrem Genom tragen.[15] Diese Interaktionen könnten auch zu kulturellem Austausch geführt haben, einschließlich des Transfers von Technologien und Verhaltensweisen.[16]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Higham, T., et al. (2011). The earliest evidence for anatomically modern humans in northwestern Europe. Nature, 479(7374), 521-524.
  2. Mellars, P. (2006). Going East: New Genetic and Archaeological Perspectives on the Modern Human Colonization of Eurasia. Science, 313(5788), 796-800.
  3. Clark, P. U., et al. (2009). The Last Glacial Maximum. Science, 325(5941), 710-714.
  4. Tzedakis, P. C., et al. (2012). Placing late Neanderthals in a climatic context. Nature, 485(7399), 547-550.
  5. Shea, J. J. (2013). Stone Tools in the Paleolithic and Neolithic Near East: A Guide. Cambridge University Press.
  6. Zilhão, J. (2006). Neandertals and moderns mixed, and it matters. Evolutionary Anthropology, 15(5), 183-195.
  7. Conard, N. J. (2009). A female figurine from the basal Aurignacian of Hohle Fels Cave in southwestern Germany. Nature, 459(7244), 248-252.
  8. Pike, A. W. G., et al. (2012). U-Series Dating of Paleolithic Art in 11 Caves in Spain. Science, 336(6087), 1409-1413.
  9. Cook, J. (2013). Ice Age Art: Arrival of the Modern Mind. British Museum Press.
  10. Soffer, O., et al. (2000). The 'Venus' Figurines: Textiles, Basketry, Gender, and Status in the Upper Paleolithic. Current Anthropology, 41(4), 511-537.
  11. Richards, M. P. (2002). A brief review of the archaeological evidence for Palaeolithic and Neolithic subsistence. European Journal of Clinical Nutrition, 56(12), 1270-1278.
  12. Roebroeks, W., & Villa, P. (2011). On the earliest evidence for habitual use of fire in Europe. Proceedings of the National Academy of Sciences, 108(13), 5209-5214.
  13. D'Errico, F., et al. (2003). Archaeological Evidence for the Emergence of Language, Symbolism, and Music–An Alternative Multidisciplinary Perspective. Journal of World Prehistory, 17(1), 1-70.
  14. Higham, T., et al. (2014). The timing and spatiotemporal patterning of Neanderthal disappearance. Nature, 512(7514), 306-309.
  15. Green, R. E., et al. (2010). A Draft Sequence of the Neandertal Genome. Science, 328(5979), 710-722.
  16. Rodríguez-Vidal, J., et al. (2014). A rock engraving made by Neanderthals in Gibraltar. Proceedings of the National Academy of Sciences, 111(37), 13301-13306.