Waldorfpädagogik und Zentrifugalkraft: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Steiner.jpg|thumb|Dr. phil. [[Rudolf Steiner]] (1861-1925), der erste Herausgeber von Goethes naturwissenschaftlichen Schriften, Begründer der anthroposophischen Bewegung, Entwickler der Erziehungskunst, wie sie in den Waldorfschulen angewendet wird, und von 1919 bis 1925 Leiter der ersten Waldorfschulein Stuttgart]]
Die '''Zentrifugalkraft''' (von {{LaS|''centrum''}}, Mitte und {{lang|la|''fugere''}}, fliehen), auch '''Fliehkraft,''' ist eine [[Trägheitskraft]], die bei Dreh- und Kreisbewegungen auftritt und radial von der [[Rotationsachse]] nach außen gerichtet ist. Sie wird durch die [[Trägheit]] des Körpers verursacht. Die Auswirkungen der Zentrifugalkraft sind im Alltag vielfach erlebbar, beispielsweise wenn beim [[Kettenkarussell]] die Sitze nach außen gedrängt werden, in der [[Salatschleuder]] das Wasser nach außen geschleudert wird oder sich ein [[Zweirad]]fahrer [[Dynamik des Fahrradfahrens#Kurvenfahrt|„in die Kurve legen“]] muss.
Die '''Waldorfpädagogik''' ist eine von [[Rudolf Steiner]] entwickelte Lehr- und Erziehungsmethode, die darauf ausgerichtet ist, die freie Entfaltung der einzigartigen [[Individualität]] des heranwachsenden Kindes nach besten Kräften zu fördern.  


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In der [[Klassische Mechanik|klassischen Mechanik]] bezeichnet Zentrifugalkraft&nbsp;…
"Ein Rätsel der Natur, das er zu lösen hat, soll jedes werdende Menschenwesen dem Menschen sein, der Erzieher sein will." {{Lit|{{G|52|216}}}}
</div>


== Waldorfpädagogische Einrichtungen ==
* … den Widerstand, den der Körper nach dem [[Newtonsche Gesetze#Erstes newtonsches Gesetz|Trägheitsprinzip]] der Änderung seiner Bewegungsrichtung entgegensetzt, wenn er einer gekrümmten Bahn folgt. Die Zentrifugalkraft ist stets entgegengesetzt gleich zu der [[Zentripetalkraft]], die diese Änderung der Bewegungsrichtung verursacht. Als [[Trägheitskraft#d’Alembertsche Trägheitskraft|d’Alembertsche Trägheitskraft]] steht die Zentrifugalkraft mit der Zentripetalkraft im [[Dynamisches Gleichgewicht (Technische Mechanik)|dynamischen Gleichgewicht]].<ref name="Paus" /><ref name="ass" />
Die Waldorfpädagogik wird heute vor allem in folgenden Einrichtungen angewendet und weiterentwickelt:
* … eine Kraft, die immer dann berücksichtigt werden muss, wenn man die Bewegung eines Körpers bezüglich eines [[Beschleunigtes Bezugssystem#Rotierendes Bezugssystem|rotierenden Bezugssystems]] beschreibt.<ref name="mayr" /> Diese Trägheitskraft tritt auch bei Abwesenheit einer Zentripetalkraft auf, jedoch nie in einem [[Inertialsystem]]. Die Zentrifugalkraft ergibt sich aus der '''Zentrifugalbeschleunigung''' durch Multiplikation mit der Masse.


*[[Waldorfkindergarten|Waldorfkindergärten]]
Die Zentrifugalkraft ergibt sich nach beiden Begriffsbildungen in gleicher Größe und Richtung. Die Zentrifugalkraft ist eine [[Scheinkraft]] und genügt daher nicht dem Prinzip von [[Actio und Reactio]].
*[[Waldorfschule]]n
*[[Heilpädagogik|Heilpädagogische Einrichtungen]]


Von vielen anderen pädagogischen Methoden unterscheidet sich die Waldorfpädagogik dadurch, dass sie das Kind nicht primär zu fertig vorgegebenen Bildungszielen hinführen will, sondern die Kräfte aufzuwecken sucht, die - ganz individuell - in dem Kind selbst schlummern.
== Geschichte ==


<div style="margin-left:20px">
[[Datei:Kettenkarussel.jpg|mini|hochkant=1.4|Die Passagiere eines rotierenden Kettenkarussells schwingen durch die Zentrifugalkraft nach außen.]]
"Die Waldorfschul-Pädagogik ist überhaupt kein pädagogisches System, sondern eine
Kunst, um dasjenige, was da ist im Menschen, aufzuwecken. Im Grunde
genommen will die Waldorfschul-Pädagogik gar nicht erziehen, sondern
aufwecken. Denn heute handelt es sich um das Aufwecken. Erst müssen
die Lehrer aufgeweckt werden, dann müssen die Lehrer wieder die
Kinder und jungen Menschen aufwecken." {{Lit|{{G|217|36}}}}
</div>


== Klare Erkenntnis der menschlichen Wesenheit als Grundlage ==
Eine qualitative Beschreibung der Zentrifugalkraft findet sich bereits in den 1644 erschienenen ''Prinzipien der Philosophie'' von [[René Descartes]].<ref>{{Literatur
| Autor = René Descartes
| Titel = Die Prinzipien der Philosophie, übersetzt von Artur Buchenau
| Auflage = 7.
| Verlag = Felix Meiner Verlag
| Ort = Hamburg
| Datum = 1965
| Seiten = 86 ff.
}}</ref> Quantitativ wurde sie erstmals 1669 in einem Brief von [[Christian Huygens]] an den Sekretär der Royal Society Henry Oldenbourg abgeleitet, auch in dessen ''Horologium Oscillatorium'' von 1673 ohne Ableitung erwähnt und ausführlich in dessen nachgelassener Schrift von 1703 ''De Vis Centrifuga'' (aus dem Jahr 1659). [[Isaac Newton]] beschrieb die Zentrifugalkraft erst nach Huygens, aber unabhängig von diesem.<ref>John Herivel: ''The Background of Newton’s Principia,'' und John Herivel: ''Newton’s Discovery of the law of Centrifugal Force.'' In: ''The Isis.'' Band&nbsp;51, 1960, S.&nbsp;546.</ref>
[[Datei:Zentrifugalkraft.svg|mini|Zentrifugalkraft bei einer Kreisbewegung]]
Die sich durch die Zentrifugalkraft ausbildende Form der Flüssigkeitsoberfläche in einem rotierenden, offenen Wassereimer wurde von Isaac Newton als Nachweis der Existenz eines [[Absoluter Raum|absoluten Raumes]] gedeutet.


Wirkliche [[Erziehungskunst]] erfordert eine ganz klare, an den Fakten orientierte [[Erkenntnis]] der [[mensch]]lichen [[Wesenheit]] und ihrer [[Entwicklung]]. Ganz bewusst gebraucht [[Rudolf Steiner]] hier sogar den Vergleich mit der [[Maschine]]. So wie man bei dieser genau wissen muss, wie ihre Teile zusammenarbeiten müssen, damit sie gut läuft, so muss man auch beim Menschen mit klarem, geradezu nüchternen [[Verstand]] ganz konkret erkennen, wie seine [[Wesensglieder]] am besten zusammenwirken, um eine gute Entwicklung zu gewährleisten.
== Trägheitswiderstand ==


{{GZ|Nicht allgemeine Redensarten, wie etwa «harmonische Ausbildung
=== Formeln ===
aller Kräfte und Anlagen» und dergleichen, können
die Grundlage einer echten Erziehungskunst sein, sondern nur
auf einer wirklichen Erkenntnis der menschlichen Wesenheit
kann eine solche aufgebaut werden. Es soll nicht etwa behauptet
werden, daß die angedeuteten Redensarten unrichtig wären,
sondern nur, daß sich mit ihnen ebensowenig anfangen läßt,
wie wenn man etwa einer Maschine gegenüber behaupten
wollte, man müsse alle ihre Teile harmonisch in Wirksamkeit
bringen. Nur wer nicht mit allgemeinen Redensarten, sondern
mit wirklicher Kenntnis der Maschine im einzelnen an sie herantritt,
kann sie handhaben. So handelt es sich auch für die Erziehungskunst
um eine Kenntnis der Glieder der menschlichen
Wesenheit und deren Entwickelung im einzelnen... Man muß
wissen, auf welchen Teil der menschlichen Wesenheit man in
einem bestimmten Lebensalter einzuwirken hat, und wie solche
Einwirkung sachgemäß geschieht. Es ist ja kein Zweifel,
daß sich eine wirklich realistische Erziehungskunst, wie sie
hier angedeutet wird, nur langsam Bahn brechen kann. Das
liegt in der Anschauungsweise unserer Zeit, die noch lange die
Tatsachen der geistigen Welt als den Ausfluß einer tollen
Phantastik ansehen wird, während ihr allgemeine, völlig unwirkliche
Redensarten als das Ergebnis einer realistischen
Denkungsart erscheinen werden. Hier soll rückhaltlos gezeichnet
werden, was gegenwärtig von vielen als Phantasiegemälde
genommen werden wird, was aber einmal als selbstverständlich
gelten wird.|34|322f}}


== Förderung der Individualität ==
[[Datei:Spielplatzkarussell_07072013.JPG|mini|Bei einem Spielplatzkarussell mit geringer Eigenmasse erhöhen sich Drehzahl und Zentrifugalkraft, wenn man sich von außen nach innen bewegt.]]
[[Datei:Coney_Carousel_006.JPG|mini|Ein schweres, mechanisch angetriebenes Karussell verändert seine Drehzahl demgegenüber kaum, wenn man sich zur Mitte hin bewegt. Die Zentrifugalkraft nimmt daher dabei ab.]]
Für eine Kreisbahn ist die Zentrifugalkraft <math>F_\text{Zf}</math> radial vom Mittelpunkt nach außen gerichtet. Ihre Stärke kann mithilfe der [[Masse (Physik)|Masse]] <math>m</math>, des [[Radius]] <math>r</math> des Kreises und der [[Winkelgeschwindigkeit]] <math>\omega</math> berechnet werden. Es gilt:


Bildet auch die Erkenntnis des Menschenwesens ''im Allgemeinen'' die notwendige Grundlage der Pädagogik, so ist doch jeder Mensch ''einzigartig'' und muss daher auf ganz individuelle Weise unterstützt werden, um seine ''besonderen'' [[Fähigkeit]]en zu entfalten.
: <math>F_\text{Zf} = m\, \omega^2 \,r</math>


<div style="margin-left:20px">
Die [[Geschwindigkeit#Bahngeschwindigkeit|Bahngeschwindigkeit]] <math>v</math> hängt mit der Winkelgeschwindigkeit und dem Radius des Kreises zusammen durch
"Auf Dogmen, Prinzipien und Lehren
kommt es nicht an; auf das Leben kommt es an und auf
die Umsetzung der Kräfte, welche aus der Selbstlosigkeit
und dadurch aus der Wahrnehmungsfähigkeit für den Geist
fließen." {{Lit|{{G|52|216}}}}
</div>


Am heranwachsenden Kind selbst ist die ihm gemäße Pädagogik immer wieder neu abzulesen - unter weitestgehender Zurückstellung der eigenen Persönlichkeit des Lehrers oder Erziehers.
: <math>\omega = v/r</math>.


<div style="margin-left:20px">
Daher kann die Zentrifugalkraft auch in Abhängigkeit von der Bahngeschwindigkeit angegeben werden:
"Eine Auslöschung der eigenen Persönlichkeit in gewissem
Sinne ist nun aber auch notwendig bei einer einzelnen Aufgabe,
die eine unendliche Wichtigkeit für das alltäglichste
menschliche Leben hat, beim menschlichen Erziehungswesen.
In jedem heranwachsenden Menschen, von der Geburt
des Kindes an, durch die Entwicklungsjahre hindurch, ist
es ja im innersten Kern der menschlichen Wesenheit der
Geist, der sich entwickeln soll; der Geist, der zunächst verborgen
ruht innerhalb des Körpers, verborgen ruht innerhalb
der Seelenregungen des sich entwickelnden Menschen.
Stellen wir uns diesem Geist gegenüber, mit unseren Interessen
- ich will nicht einmal sagen Wünschen und Begierden
-, machen wir den heranwachsenden Menschen von
unseren Interessen abhängig, dann lassen wir unseren Geist
einströmen in den Menschen und wir entwickeln im Grunde
genommen das, was in uns ist, in dem werdenden Menschen.
Aber ich will nicht einmal sprechen davon, daß wir
unsere Wünsche und Begierden tätig sein lassen bei der
Erziehung eines heranwachsenden Menschen, sondern nur
davon, daß nur allzuoft, ja, daß es fast Regel ist, daß der
Erzieher seinen Verstand sprechen läßt, daß der Erzieher
seine Vernunft vor allen Dingen fragt, was zu geschehen
hat behufs dieser oder jener Erziehungsmaßregel. Dabei
berücksichtigt er nicht, daß er einen werdenden Geist vor
sich hat, der nur dann sich seinem Wesen entsprechend
bilden kann, wenn er sich diesem Wesen entsprechend allseitig
frei und ungehindert entfalten kann, und wenn ihm
von dem Erzieher Gelegenheit gegeben wird zu dieser Entfaltung.
Einen fremden Menschengeist haben wir vor uns.
Einen fremden Menschengeist müssen wir auf uns wirken
lassen, wenn wir Erzieher sind. Wie wir gesehen haben,
daß in der Hypnose, im abnormen Zustand der Geist unmittelbar
auf den Menschen wirkt, so wirkt in einer anderen
Gestalt, wenn wir das Kind vor uns haben, der sich
entwickelnde Geist des Kindes unmittelbar auf uns und
muß auf uns wirken. Dieser Geist wird aber nur von uns
ausgebildet werden können, wenn wir uns, ebenso wie bei
anderen höheren Verrichtungen, auszulöschen vermögen,
wenn wir imstande sind, ohne Einmischung unseres Selbst,
ein Diener des uns zur Erziehung anvertrauten Menschengeistes
zu sein, wenn dieser Menschengeist von uns in die
Gelegenheit versetzt wird, sich frei zu entfalten." {{Lit|{{G|52|213f}}}}
</div>


== Die grundlegende Bedeutung der Kunst für die Waldorfpädagogik ==
: <math>F_\text{Zf} = m\,\frac{v^2}{r}</math>


{{Textbox|<center>''Erziehungskunst''</center>
Die Formeln zeigen, warum es schwieriger für eine Person wird, sich auf einer frei rotierenden Scheibe aufzuhalten, wenn sie sich zum Mittelpunkt der Scheibe hin bewegt. Die Massenträgheit ist bestrebt, die Bahngeschwindigkeit der Person beizubehalten, während sie sich der Rotationsachse der Scheibe nähert. Dadurch beschleunigt sich die Rotation der Scheibe, ihre Winkelgeschwindigkeit steigt (vergleiche [[Coriolis-Effekt]]). Als Resultat erhöht sich die Zentrifugalkraft proportional zur Verringerung des Radius.<br />
<poem>Ein Künstler, der kein Lehrer ist,
Im Gegensatz dazu verringern sich bei einem großen Karussell mit gleichbleibender Drehzahl Bahngeschwindigkeit und Zentrifugalkraft, wenn man sich zur Mitte hin bewegt, proportional zum Radius.
den sollte doch der Kuckuck holen!
Ein Lehrer, der kein Künstler ist,
der hüte Ferkel, Kälber, Fohlen!</poem>|Georg Michael<ref>[[Karl Rössel-Majdan]]: ''Vom Wunder der menschlichen Stimme 1. Sprachgestaltung'', Troxler Verlag, Wien 1975, S. 166</ref>}}


Die [[Wissenschaft]] kann ihrem Wesen nach nur das erfassen, was ''allgemein'' gültig ist. Die [[Kunst]] hingegen entspringt aus dem [[individuell]]en [[schöpferisch]]en Tun. Die künsterlische Gesinnung und Befähigung ist daher besonders geeignet, das ''individuelle'' Wesen des Kindes zu erfassen. [[Pädagogik]] im Sinn [[Rudolf Steiner]]s sollte sich daher nicht einseitig auf eine wie auch immer geartete [[Erziehungswissenschaft]] gründen, sondern wirkliche [[Erziehungskunst]] werden. Künstlerisches Gestalten und Empfinden bildet darum die methodische Grundlage des Unterrichts in ''jedem'' Fach, insbesondere auch in jenen Fächern, die ''scheinbar'' mit Kunst nichts oder wenig zu tun haben, wie etwa [[Mathematik]], [[Geographie]], [[Biologie]], [[Chemie]], [[Physik]] usw.
Der Betrag der Zentrifugalbeschleunigung <math>a_\text{Zf}</math> ergibt sich aus der Zentrifugalkraft durch Division durch die Masse <math>m</math> des Probekörpers. Es gilt daher


{{GZ|Wenn man den Menschen mit abstraktem wissenschaftlichem
: <math>a_\text{Zf} = \omega^2 \,r</math>
Inhalt erziehen will, so erlebt er nichts von Ihrer Seele. Von Ihrer Seele
erlebt er nur dann etwas, wenn Sie ihm künstlerisch entgegentreten,
denn im Künstlerischen muß jeder individuell sein, im Künstlerischen
ist jeder ein anderer. Das wissenschaftliche Ideal ist ja gerade, daß
jeder so wie der andere ist. Es wäre eine schöne Geschichte - so sagt
man heutzutage -, wenn jeder eine andere Wissenschaft lehrte. Das
kann ja nicht sein, weil die Wissenschaft reduziert ist auf dasjenige, was
für alle Menschen gleich ist. Im Künstlerischen ist aber jeder Mensch
eine Individualität. Durch das Künstlerische kann daher auch ein individuelles
Verhältnis des Kindes zu dem sich regenden und betätigenden
Menschen Zustandekommen, und das ist notwendig. Zwar hat man
dadurch nicht, wie in den ersten Kinderjahren, ein totales physisches
Empfinden des anderen Menschen, wohl aber die totale Empfindung
von der Seele desjenigen, der einem als Führer gegenübersteht.


Die Erziehung muß Seele haben, aber als Wissenschafter kann man
und
nicht Seele haben. Seele kann man nur haben durch dasjenige, was man
künstlerisch ist. Seele kann man haben, wenn man die Wissenschaft
künstlerisch gestaltet durch die Art des Vorbringens, aber nicht durch
den Inhalt der Wissenschaft, so wie sie heute aufgefaßt wird. Die Wissenschaft
ist keine individuelle Angelegenheit. Daher begründet sie
kein Verhältnis zwischen Führendem und Geführtem im volksschulpflichtigen
Alter. Da muß der ganze Unterricht von Kunst, von menschlicher
Individualität durchdrungen sein, und mehr als alles ausgedachte
Programmatische bedeutet eben die Individualität des Unterrichtenden
und Erziehenden. Diese ist es, die in der Schule wirken muß.|217|160}}


{{GGZ|Wir können nicht durch Studium Erzieher werden. Wir
: <math>a_\text{Zf} = \frac{v^2}{r}</math>.
können andere zum Erzieher nicht dressieren, schon aus dem Grunde
nicht, weil jeder von uns einer ist. In jedem Menschen ist ein Erzieher;
aber dieser Erzieher schläft, er muß aufgeweckt werden, und das Künstlerische
ist das Mittel zum Aufwecken. Wenn das entwickelt wird,
bringt es den Erziehenden als Menschen denjenigen näher, die er führen
will. Menschlich muß der zu Erziehende dem Erzieher nahekommen,
er muß menschlich etwas von ihm haben. Es wäre gräßlich, wenn jemand
glauben wollte, er könne dadurch ein Erzieher sein, daß er viel
weiß oder im Sinne des Wissens - was man heute ja sogar auch schon
sagen kann — viel «kann».|217|162}}


{{GZ|Was ich gelernt
Diese Gleichungen gelten ganz allgemein, wenn ein Körper eine Bahn durchläuft. Dabei ist der [[Krümmungsradius]] <math>r</math> der Radius des minimalen Kreises, der sich am jeweiligen Ort des Körpers an die Bahn anschmiegen lässt. Und <math>\omega</math> ist die Winkelgeschwindigkeit, die der Körper in Bezug auf den Mittelpunkt dieses Kreises hat. Die Zentrifugalkraft zeigt dann nach „außen“, vom Mittelpunkt des Kreises weg.
habe, hat gar keine Bedeutung für das, was ich dem Kinde bis zum
Zahnwechsel als Erzieher bin. Nach dem Zahnwechsel beginnt es schon
eine gewisse Bedeutung zu haben. Aber es verliert alle Bedeutung, wenn
ich es so beibringe, wie ich es in mir trage. Man muß es künstlerisch umsetzen,
alles ins Bild bringen, wie wir noch sehen werden. Ich muß
wiederum imponderable Kräfte zwischen mir und dem Kinde wachrufen.
Und für die zweite Lebensepoche, für die Lebensepoche vom
Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife, hat viel mehr als die Fülle des
Stoffes, die ich gelernt habe, viel mehr als das, was ich in mir, in meinem
Kopfe trage, Bedeutung, ob ich in anschauliche Bildlichkeit, in
lebendiges Gestalten umsetzen kann, was ich um das Kind entwickle
und in das Kind hineinwellen lassen soll. Und erst für diejenigen,
die schon durch die Geschlechtsreife gegangen sind, und für diese
dann bis zum Anfang der zwanziger Jahre, bekommt eine Bedeutung,
was man selber gelernt hat. Für das kleine Kind bis zum Zahnwechsel
ist das Wichtigste im Erziehen der Mensch. Für das Kind vom Zahnwechsel
bis zur Geschlechtsreife ist das Wichtigste im Erziehen der in
lebendige Lebenskünstlerschaft übergehende Mensch. Und erst mit dem
vierzehnten, fünfzehnten Lebensjahre fordert das Kind für den erziehenden
Unterricht und das unterrichtende Erziehen dasjenige, was
man selber gelernt hat, und das dauert so bis über das zwanzigste, einundzwanzigste
Jahr hin, wo dann das Kind ganz erwachsen ist - es ist
ja schon vorher eine junge Dame und ein junger Mann - , und wo eben
der Zwanzigjährige dann als Gleichberechtigter dem anderen Menschen,
auch wenn er älter ist, gegenübersteht.|308|22}}


Gerade in der Zeit vom [[Siebentes Lebensjahr|7.]] bis zum [[Vierzehntes Lebensjahr|14. Lebensjahr]] ist die künstlerische Gestaltung des Unterrichts von essentieller Bedeutung für die Entwicklung des Kindes. Alles muss da in bildhaft-künstlerischer Weise an das Kind herangebracht werden.
Die Zentripetalkraft ist gleich stark wie die Zentrifugalkraft und ist ihr exakt entgegen gerichtet:
: <math>F_{Zf} = F_{Zp}</math>, vektoriell: <math>\vec F_{Zf} = -\vec F_{Zp}</math>


{{GZ|Das Kind ist zwischen
Zur Berechnung der Zentripetalkraft werden daher die genau gleichen Formeln wie zur Berechnung der Stärke der Zentrifugalkraft eingesetzt. Allerdings ist die weit verbreite Vorstellung falsch, man würde deshalb aus der Kurve „getragen“, weil die Zentrifugalkraft größer sei als die Zentripetalkraft. Vielmehr geschieht dies, wenn die zur Änderung der Bewegungsrichtung (Kreisbahn) einwirkende äußere Kraft nicht ausreicht, die erwartete Änderung herbeizuführen. Beispiel: die [[Haftreibung]] der Autoreifen reicht nicht aus, um diejenige Zentripetalkraft von der Fahrbahn auf das Fahrzeug zu übertragen, die bei der gegebenen Geschwindigkeit dem Einschlag des Lenkrads und dem so gewählten Kurvenradius entspricht.
dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife ein Artist, wenn eben
auch in kindlicher Weise, wie es in der ersten Lebensepoche bis zum
Zahnwechsel in naturhafter Weise ein Homo religiosus, ein religiöses
Geschöpf ist. Da das Kind jetzt fordert, alles in bildhaft-künstlerischer
Weise zu bekommen, hat ihm der Lehrende, Erziehende gegenüberzustehen
als ein solcher, der alles, was er an das Kind heranbringt, als
ein künstlerisch Formender an das Kind heranbringt. Das ist dasjenige,
was als eine Forderung an den Erziehenden und Unterrichtenden unserer
heutigen Kultur gestellt werden muß, was in die Erziehungskunst
einfließen muß. Künstlerisches muß sich abspielen zwischen dem
Zahnwechsel und der Geschlechtsreife zwischen dem Unterrichtenden
und Erziehenden und dem heranwachsenden Menschen. In dieser Beziehung
haben wir als Lehrer gar mancherlei zu überwinden. Denn
unsere Zivilisation und Kultur, die uns äußerlich zunächst umgeben,
sind ja so geworden, daß sie nur noch auf den Intellekt berechnet sind,
daß sie auf das Künstlerische noch nicht berechnet sind.|308|37}}


== Die drei goldenen Regeln der Erziehungs- und Unterrichtskunst ==
Nur durch die Einführung eines speziellen [[#Rotierendes Bezugssystem|rotierenden Bezugsystems]] lässt sich die Zentrifugalkraft von der Zentripetalkraft entkoppeln.


<div style="margin-left:20px">
=== Zentripetalkraft bei Kurvenfahrt ===
"Religiöse Dankbarkeit gegenüber der Welt, die sich in dem
Kinde offenbart, vereinigt mit dem Bewußtsein, daß das
Kind ein göttliches Rätsel darstellt, das man mit seiner Erziehungskunst
lösen soll. In Liebe geübte Erziehungsmethode,
durch die das Kind sich instinktiv an uns selbst
erzieht, so daß man dem Kinde die Freiheit nicht gefährdet,
die auch da geachtet werden soll, wo sie das unbewußte
Element der organischen Wachstumskraft ist.


<center>
[[Datei:Zp-1.png|mini|Kurvenabschnitt (Länge L, gestrichelt), Änderung der Geschwindigkeit <math>\Delta \vec v</math>, Krümmungsradius <math>r</math>]]
{|
|-
| <poem>Das Kind in [[Ehrfurcht]] aufnehmen
In [[Liebe]] erziehen
In [[Freiheit]] entlassen</poem>
|}
</center>
" {{Lit|{{G|269|179}}}}
</div>


== Pädagogik auf menschenkundlicher Grundlage ==
Ein Körper mit der Masse <math>m</math> befährt mit konstanter Geschwindigkeit einen Kurvenabschnitt mit dem Krümmungsradius <math>r</math> und ändert dabei seine Bewegungsrichtung (siehe Abb.). Damit die Bewegungsrichtung sich wie angegeben ändert, muss im rechten Winkel zur Bewegungsrichtung eine Kraft einwirken. Dies ist die Zentripetalkraft.
{{Textbox|<center>''Motto für die Pädagogik''</center>
<poem>Durchdringe dich mit Phantasiefähigkeit,
habe den Mut zur Wahrheit,
schärfe dein Gefühl für seelische Verantwortlichkeit.</poem>|Rudolf Steiner {{GZ||269|174}}}}


Der Waldorfpädagogik liegt eine [[Menschenbild]] zu Grunde, dass dem ''ganzen'' [[Mensch]]en gerecht wird, der aus [[Leib]], [[Seele]] und [[Geist]] besteht, und nicht der Einseitigkeit des [[Materialismus]] verfällt.
Der Betrag <math>v</math> der Geschwindigkeit bleibt gleich, aber der Geschwindigkeitsvektor <math>\vec v</math> ändert sich um <math>\vec{\Delta v}</math>. Wenn <math>\Delta v</math> den Betrag dieser Änderung bezeichnet, dann ist die dazu nötige Kraft


{{GZ|Man hat
: <math>F=m\, \frac{\Delta v}{\Delta t}</math> ([[Newtonsche Gesetze#Zweites newtonsches Gesetz|2. Newtonsches Gesetz]] oder ''Grundgesetz der Mechanik'').
heute die Meinung, wenn man von Materialismus spricht, daß der
Materialismus eine falsche Weltanschauung ist, daß er abzulehnen
ist, weil er nicht richtig ist. So einfach verhält sich die Sache nicht.
Der Mensch ist ein seelisch-geistiges Wesen, er ist ein leiblich-physisches
Wesen. Aber das Leiblich-Physische ist ein getreues Abbild des
Seelisch-Geistigen, insofern wir leben zwischen Geburt und Tod.
Und wenn die Menschen so verphilistert sind in den materialistischen
Gedanken, wie das geworden ist im Laufe des 19. Jahrhunderts und
bis in die Gegenwart hinein, dann wird immer mehr das Leiblich-Physische ein Abdruck dieses Seelisch-Geistigen, das selbst in den
materialistischen Impulsen lebt. Dann ist es nicht etwas Falsches,
wenn man sagt, das Gehirn denkt, dann wird es richtig. Es werden
durch das Fest-darin-Stecken im Materialismus nicht bloß Menschen
erzeugt, die schlecht denken über das Leibliche, Seelische und Geistige,
sondern es werden materiell denkende und materiell fühlende
Menschen erzeugt. Das heißt, der Materialismus bewirkt, daß der
Mensch ein Denkautomat wird, daß der Mensch ein Wesen wird, das
als physisches Wesen denkt, fühlt und will. Und es ist nicht bloß die
Aufgabe der Anthroposophie, an die Stelle einer falschen Weltanschauung
eine richtige zu setzen — das ist eine theoretische Forderung—,
das Wesen der Anthroposophie heute besteht darin, daß
angestrebt wird nicht nur eine andere Idee, sondern eine Tat: das
Geistig-Seelische wieder herauszureißen aus dem Leiblich-Physischen,
den Menschen heraufzuheben in die Sphäre des Geistig-Seelischen,
damit er nicht ein Denk-, Fühl- und Empfindungsautomat sei.
Die Menschheit steht heute in der Gefahr — einiges soll auch morgen
im Zweigvortrag angedeutet werden —, das Seelisch-Geistige zu verlieren.
Denn das, was leiblich-physisch ein Abdruck des Geistig-Seelischen
ist, das steht heute, weil viele Menschen so denken, weil das
Geistig-Seelische schläft, vor der Gefahr, in die ahrimanische Welt
überzugehen, und das Geistig-Seelische wird sich verflüchtigen im
Weltall. Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen die Gefahr vor
sich haben, durch den materialistischen Impuls die Seele zu verlieren.
Dies ist eine ernste Sache. Dieser Tatsache steht man gegenüber.
Diese Tatsache soll eigentlich heute das Geheimnis, das immer mehr
und mehr offenbar werdende Geheimnis werden, aus dem heraus wir
überhaupt fruchtbar wirken wollen. Sehen Sie, aus einer Erkenntnis
dieser Notwendigkeit eines Hinwendens der Menschheit zu einer
spirituellen Betätigung — nicht bloß zu einer Umänderung einer
Theorie —, aus dieser Erkenntnis heraus sind solche Dinge entstanden
wie die Didaktik und Pädagogik der Waldorfschule. Und aus
einem solchen Geiste heraus sollte hier gewirkt werden.|300a|163f}}


<div style="margin-left:20px">
Während der Zeit <math>\Delta t</math> legt der Körper die Strecke <math>L=v \Delta t</math> zurück. Für den Winkel <math>\alpha</math> (im Bogenmaß) gilt <math>\alpha =L/r</math>, also ist <math>\Delta v=v \alpha= \frac{v^2}{r} \Delta t</math>. Setzt man den Ausdruck für <math>\Delta v</math> in die Formel für <math>F</math> ein, ergibt sich die Zentripetalkraft <math>F_{Zp}</math>:<ref name="szabo" />
"Verhängnisvoll müßte es werden, wenn in den pädagogischen Grundanschauungen, auf denen die Waldorfschule aufgebaut werden soll, ein lebensfremder Geist waltete. Ein solcher tritt heute nur allzu leicht dort hervor, wo man ein Gefühl dafür entwickelt, welchen Anteil an der Zerrüttung der Zivilisation das Aufgehen in einer materialistischen Lebenshaltung und Gesinnung während der letzten Jahrzehnte hat. Man möchte, durch dieses Gefühl veranlaßt, in die Verwaltung des öffentlichen Lebens eine idealistische Gesinnung hineintragen. Und wer seine Aufmerksamkeit der Entwickelung des Erziehungs- und Unterrichtswesens zuwendet, der wird diese Gesinnung vor allem andern da verwirklicht sehen wollen. In einer solchen Vorstellungsart gibt sich viel guter Wille kund. Daß dieser anerkannt werden soll, ist selbstverständlich. Er wird, wenn er sich in der rechten Art betätigt, wertvolle Dienste leisten können, wenn es sich darum handelt, menschliche Kräfte für ein soziales Unternehmen zu sammeln, für das neue Voraussetzungen geschaffen werden müssen. - Dennoch ist gerade in einem solchen Falle nötig, darauf hinzuweisen, wie der beste Wille versagen muß, wenn er an die Verwirklichung von Absichten geht, ohne die auf Sach-Einsicht begründeten Voraussetzungen in vollem Maße zu berücksichtigen. Damit ist eine der Forderungen gekennzeichnet, die heute bei Begründung einer solchen Anstalt in Betracht kommen, wie die Waldorfschule eine sein soll. In ihrem pädagogischen und methodischen Geiste muß Idealismus wirken; aber ein Idealismus, der die Macht hat, in dem aufwachsenden Menschen die Kräfte und Fähigkeiten zu erwecken, die er im weiteren Lebensverlauf braucht, um für die gegenwärtige Menschengemeinschaft Arbeitstüchtigkeit und für sich einen ihn stützenden Lebenshalt zu haben.


Die Pädagogik und Schulmethodik wird eine solche Forderung nur erfüllen können mit wirklicher Erkenntnis des heranwachsenden Menschen. Einsichtige Menschen verlangen heute eine Erziehung und einen Unterricht, die nicht auf einseitiges Wissen, sondern auf Können, nicht auf bloße Pflege der intellektuellen Anlagen, sondern auf Ertüchtigung des Willens hinarbeiten. Die Richtigkeit dieses Gedankens kann nicht angezweifelt werden. Allein man kann den Willen und das ihm zugrunde liegende gesunde Gemüt nicht erziehen, wenn man nicht die Einsichten entwickelt, die in Gemüt und Willen tatkräftige Antriebe erwecken. Ein Fehler, der nach dieser Richtung hin in der Gegenwart häufig gemacht wird, besteht nicht darin, daß man zu viel an Einsicht in den aufwachsenden Menschen hineinträgt, sondern dann, daß man Einsichten pflegt, denen die Stoßkraft für das Leben mangelt. Wer glaubt, den Willen bilden zu können, ohne die ihn belebende Einsicht zu pflegen, der gibt sich einer Illusion hin. - In diesem Punkte klar zu sehen, ist Aufgabe der Gegenwarts-Pädagogik. Dieses klare Sehen kann nur aus einer lebensvollen Erkenntnis des ganzen Menschen hervorgehen.
: <math>F_{Zp} = m \frac{v^2}r</math>


So wie sie vorläufig gedacht ist, wird die Waldorfschule eine Volksschule sein, die ihre Zöglinge so erzieht und unterrichtet, daß Lehrziele und Lehrplan aufgebaut sind auf die in jedem Lehrer lebendige Einsicht in das Wesen des ganzen Menschen, soweit dies unter den gegenwärtigen Verhältnissen schon möglich ist. Es ist selbstverständlich, daß die Kinder in den einzelnen Schulstufen so weit gebracht werden müssen, daß sie den Anforderungen entsprechen können, die man nach den heutigen Anschauungen stellt. Innerhalb dieses Rahmens aber sollen Lehrziele und Lehrpläne so gestaltet werden, wie sie sich aus der gekennzeichneten Menschen- und Lebenserkenntnis ergeben.
Die Kreisfahrt kann auch als Rotation um den Krümmungsmittelpunkt mit der Winkelgeschwindigkeit <math>\omega</math> aufgefasst werden. Mit <math>v = \omega \, r</math> gilt für die Zentripetalkraft auch:


Der Volksschule wird das Kind anvertraut in einem Lebensabschnitte, in dem die Seelenverfassung in einer bedeutungsvollen Umwandlung begriffen ist. In der Zeit von der Geburt bis zum sechsten oder siebenten Lebensjahre ist der Mensch dazu veranlagt, sich für alles, was an ihm zu erziehen ist, ganz an die ihm nächststehende menschliche Umgebung hinzugeben und aus dem nachahmenden Instinkt heraus die eigenen werdenden Kräfte zu gestalten. Von diesem Zeitpunkte an wird die Seele offen für ein bewußtes Hinnehmen dessen, was vom Erzieher und Lehrer auf der Grundlage einer selbstverständlichen Autorität auf das Kind wirkt. Diese Autorität nimmt das Kind hin aus dem dunklen Gefühl heraus, daß in dem Erziehenden und Lehrenden etwas lebt, das in ihm auch leben soll. Man kann nicht Erzieher oder Lehrer sein, ohne mit voller Einsicht sich so zu dem Kinde zu stellen, daß dieser Umwandlung des Nachahmungstriebes in die Aneignungsfähigkeit auf Grund selbstverständlichen Autoritätsverhältnisses im umfänglichsten Sinne Rechnung getragen wird. Die auf bloße Natureinsicht begründete Lebensauffassung der neueren Menschheit geht nicht mit vollem Bewußtsein an solche Tatsachen der Menschheitsentwickelung heran. Ihnen kann nur die notwendige Aufmerksamkeit zuwenden, wer Sinn hat für die feinsten Lebensäußerungen des Menschenwesens. Ein solcher Sinn muß in der Kunst des Erziehens und Unterrichtens walten. Er muß den Lehrplan gestalten; er muß in dem Geiste leben, der Erzieher und Zöglinge vereinigt. Was der Erzieher tut, kann nur in geringem Maße davon abhängen, was in ihm durch allgemeine Normen einer abstrakten Pädagogik angeregt ist; es muß vielmehr in jedem Augenblicke seines Wirkens aus lebendiger Erkenntnis des werdenden Menschen heraus neu geboren sein. Man kann natürlich einwenden, solch ein lebensvolles Erziehen und Unterrichten scheitere an Schulklassen mit großer Schülerzahl. Innerhalb gewisser Grenzen ist dieser Einwand gewiß berechtigt; wer ihn über diese Grenzen hinaus macht, der beweist aber dadurch nur, daß er von dem Gesichtspunkte einer abstrakten Norm-Pädagogik aus spricht: denn eine auf wahrer Menschenerkenntnis beruhende lebendige Erziehungs- und Unterrichtskunst durchzieht sich mit einer Kraft, die in dem einzelnen Zögling die Anteilnahme anregt, so daß man nicht nötig hat, ihn durch das unmittelbare, «individuelle» Bearbeiten entsprechend bei der Sache zu halten. Man kann, was man im Erziehen und Unterrichten wirkt, so gestalten, daß der Zögling im Aneignen es selbst individuell für sich faßt. Dazu ist nur nötig, daß, was der Lehrende tut, genügend stark lebt. Wer den Sinn für echte Menschenerkenntnis hat, dem wird der werdende Mensch in einem solch hohen Maße zu einem von ihm zu lösenden Lebensrätsel, daß er in der versuchten Lösung das Mitleben der Zöglinge weckt. Und ein solches Mitleben ist ersprießlicher als ein individuelles Bearbeiten, das den Zögling nur allzu leicht in bezug auf echte Selbstbetätigung lahmt. Wiederum innerhalb gewisser Grenzen gemeint, darf behauptet werden, daß größere Schulklassen mit Lehrern, die voll des von wahrer Menschenerkenntnis angeregten Lebens sind, bessere Erfolge erzielen werden als kleine Klassen mit Lehrern, die, von einer Norm-Pädagogik ausgehend, solches Leben nicht zu entfalten vermögen.
: <math>F_{Zp} = m \,\omega ^2\, r</math>


Weniger deutlich ausgeprägt, aber für Erziehungs- und Unterrichtskunst gleich bedeutungsvoll wie die Umwandlung der Seelenverfassung im sechsten oder siebenten Lebensjahre, findet eine eindringliche Menschenerkenntnis eine solche um den Zeitpunkt der Vollendung des neunten Lebensjahres herum. Da nimmt das Ich-Gefühl eine Form an, welche dem Kinde ein solches Verhältnis zur Natur und auch zur andern Umgebung gibt, daß man zu ihm mehr von den Beziehungen der Dinge und Vorgänge zueinander sprechen kann, während es vorher fast ausschließlich Interesse entwickelt für die Beziehungen der Dinge und Vorgänge zum Menschen. Solche Tatsachen der Menschenentwickelung sollen von dem Erziehenden und Unterrichtenden ganz sorgfältig beachtet werden. Denn wenn man in die Vorstellungs- und Empfindungswelt des Kindes hineinträgt, was in einem Lebensabschnitt gerade mit der Richtung der Entwickelungskräfte zusammenfällt, so erstarkt man den ganzen werdenden Menschen so, daß die Erstarkung das ganze Leben hindurch ein Kraftquell bleibt. Wenn man gegen die Entwickelungsrich-tung in einem Lebensabschnitt arbeitet, so schwächt man den Menschen.
==== Zahlenbeispiel ====


In der Erkenntnis der besonderen Anforderungen der Lebensabschnitte liegt die Grundlage für einen sachgemäßen Lehrplan. Es liegt darinnen aber auch die andere Grundlage für die Art der Behandlung des Lehrstoffes in den aufeinanderfolgenden Lebensabschnitten. Man wird das Kind bis zum vollendeten neunten Lebensjahre in allem, was durch die Kulturentwickelung in das menschliche Leben eingeflossen ist, bis auf eine gewisse Stufe gebracht haben müssen. Man wird gerade die ersten Schuljahre deshalb mit Recht zum Schreibe- und Leseunterricht verwenden müssen; aber man wird diesen Unterricht so gestalten müssen, daß die Wesenheit der Entwickelung in diesem Lebensabschnitt ihr Recht findet. Lehrt man die Dinge so, daß einseitig der Intellekt des Kindes und nur ein abstraktes Aneignen von Fertigkeiten m Anspruch genommen werden, so verkümmert die Willens- und Gemütsnatur. Lernt dagegen das Kind so, daß sein ganzer Mensch an seiner Betätigung Anteil hat, so entwickelt es sich allseitig. Im kindlichen Zeichnen, ja selbst im primitiven Malen kommt der ganze Mensch zur Entfaltung eines Interesses an dem, was er tut. Man sollte deshalb das Schreiben aus dem Zeichnen heraus entstehen lassen. Aus Formen, an denen der kindlich-künstlerische Sinn des Kindes zur Geltung kommt, entwickle man die Buchstabenformen. Aus einer Beschäftigung, die als künstlerisch den ganzen Menschen zu sich heranzieht, entwickle man das Schreiben, das zum Sinnvoll-Intellektuellen hinführt. Und erst aus dem Schreiben heraus lasse man das Lesen erstehen, das die Aufmerksamkeit stark in das Gebiet des Intellektuellen zusammenzieht.
Ein Autofahrer mit der Masse von 70&nbsp;kg (<math>m \mathrm{g} \approx</math> 700&nbsp;N) fährt mit 15&nbsp;m/s (54&nbsp;km/h) durch eine Rechtskurve mit einem Radius von 75&nbsp;m.


Durchschaut man, wie stark aus der kindlich-künstlerischen Erziehung das Intellektuelle herauszuholen ist, so wird man der Kunst im ersten Volksschulunterricht die angemessene Stellung zu geben geneigt sein. Man wird die musikalische und auch die bildnerische Kunst in das Unterrichtsgebiet richtig hineinstellen und mit dem Künstlerischen die Pflege der Körperübungen entsprechend verbinden. Man wird das Turnerische und die Bewegungsspiele zum Ausdrucke von Empfindungen machen, die angeregt werden von dem Musikalischen oder von Rezitiertem. Die eurythmische, die sinnvolle Bewegung wird an die Stelle derjenigen treten, die bloß auf das Anatomische und Physiologische des Körpers sich aufbaut. Und man wird finden, welch starke willen- und gemütbildende Kraft in der künstlerischen Gestaltung des Unterrichtes liegt. Wirklich fruchttragend werden aber nur solche Lehrer in der hier angedeuteten Art erziehen und unterrichten können, die durch eindringliche Menschenerkenntnis den Zusammenhang durchschauen, der besteht zwischen ihrer Methode und den in einem bestimmten Lebensabschnitt sich offenbarenden Entwickelungskräften. Der ist nicht wirklicher Lehrer und Erzieher, der Pädagogik sich angeeignet hat als Wissenschaft von der Kindesbehandlung, sondern derjenige, in dem der Pädagoge erwacht ist durch Menschenerkenntnis.
Die Zentripetalkraft ist dann
: <math>F_{Zp} = 70 \; \mathrm{kg} \frac{({15\; \mathrm{m/s})}^2}{75\; \mathrm{m}} = 70 \; \mathrm{kg} \cdot 3\; \mathrm{m/s^2}= 210\, \mathrm{N}.</math>


Bedeutungsvoll für die Gemütsbildung ist, daß das Kind vor Vollendung des neunten Lebensjahres die Beziehung zur Welt so entwickelt, wie der Mensch geneigt ist, sie in phantasievoller Art auszugestalten. Wenn der Erziehende selbst nicht Phantast ist, so macht er auch das Kind nicht zum Phantasten, indem er in märchen-fabelartiger und ähnlicher Darstellung die Pflanzen- und Tier-, die Luft- und Sternenwelt in dem Gemüte des Kindes leben läßt. Wenn man aus einer materialistischen Gesinnung heraus den gewiß innerhalb gewisser Grenzen berechtigten Anschauungsunterricht auf alles mögliche ausdehnen will, so beachtet man nicht, daß in der menschlichen Wesenheit auch Kräfte entwickelt werden müssen, die nicht durch Anschauung allein vermittelt werden können. So steht das rein gedächtnismäßige Aneignen gewisser Dinge in Zusammenhang mit den Entwickelungskräften vom sechsten oder siebenten bis zum vierzehnten Lebensjahre. Und auf diese Eigenschaft der menschlichen Natur soll der Rechenunterricht aufgebaut sein. Er kann geradezu zur Pflege der Erinnerungskraft verwendet werden. Berücksichtigt man dieses nicht, so wird man vielleicht gerade im Rechenunterricht das anschauliche Element gegenüber dem gedächtnisbildenden unpädagogisch bevorzugen. In den gleichen Fehler kann man verfallen, wenn man ängstlich bei jeder Gelegenheit über ein richtiges Maß hinaus anstrebt, daß das Kind alles verstehen müsse, was man ihm übermittelt. Diesem Bestreben liegt gewiß ein guter Wille zugrunde. Aber dieser rechnet nicht damit, was es für den Menschen bedeutet, wenn er in einem späteren Lebensalter in seiner Seele wieder erweckt, was er sich in einem früheren rein gedächtnismäßig angeeignet hat, und nun findet, daß er durch die errungene Reife jetzt zum Verständnisse aus sich selbst kommt. Allerdings wird notwendig sein, daß die bei dem gedächtnismäßigen Aneignen eines Lernstoffes gefürchtete Teilnahmslosigkeit des Zöglings durch die lebensvolle Art des Lehrers verhindert wird. Steht der Lehrer mit seinem ganzen Wesen in seiner Unterrichtstätigkeit drinnen, dann darf er dem Kinde auch beibringen, wofür es im späteren Nacherleben mit Freude das volle Verständnis findet. Und in diesem erfrischenden Nacherleben liegt dann stets Stärkung des Lebensinhaltes. Kann der Lehrer für solche Stärkung wirken, dann gibt er dem Kinde ein unermeßlich großes Lebensgut mit auf den Daseinsweg. Und er wird dadurch auch vermeiden, daß sein «Anschauungsunterricht» durch das Übermaß an Einstellen auf das «Verständnis» des Kindes in Banalität verfällt. Diese mag der Selbstbetätigung des Kindes Rechnung tragen; allein ihre Früchte sind nach dem Kindesalter ungenießbar geworden; die weckende Kraft, die das lebendige Feuer des Lehrers in dem Kinde entzündet bei Dingen, die in gewisser Beziehung noch über seinem «Verständnis» liegen, bleibt wirksam durch das ganze Leben hindurch.
Die Zentripetalkraft wirkt von links auf den Fahrer ein und zwingt ihn aus seiner zunächst geradlinigen Trägheitsbewegung in die Kurvenbahn, gerade so, dass er im Auto seine Position beibehält. Die Kraft <!-- hat in diesem Beispiel eine Stärke von ca. 30 % der Gewichtskraft. Da die meisten Menschen den Kurvenradius nicht visualisieren bzw. in Kontext setzen können, trägt die Angabe der Zentripetalkraft relativ zum Gewicht des Fahrers hier nicht zur Veranschaulichung bei. Sie verleitet eher zur unzulässigen Verallgemeinerung des Ergebnisses und sollte wohl besser weggelassen werden --> wird vom Fahrersitz auf den Fahrer ausgeübt und er spürt sie dadurch, dass er seitlich in den Sitz gedrückt wird.


Wenn man mit Naturbeschreibungen aus der Tier- und Pflanzenwelt nach dem vollendeten neunten Lebensjahre beginnt und dieselben so hält, daß aus den Formen und Lebensvorgängen der außermenschlichen Welt die menschliche Form und die Lebenserscheinungen des Menschen verständlich werden, so kann man diejenigen Kräfte im Zögling wecken, die in diesem Lebensabschnitt nach ihrem Entbundenwerden aus den Tiefen des Menschenwesens streben. Dem Charakter, den das Ich-Gefühl in dieser Lebensepoche annimmt, entspricht es, das Tier- und Pflanzenreich so anzusehen, daß, was in ihnen an Eigenschaften und Verrichtungen auf viele Wesensarten verteilt ist, in dem Menschenwesen als dem Gipfel der Lebewelt wie in einer harmonischen Einheit sich offenbart.
=== D’Alembertsche Trägheitskraft ===


Um das zwölfte Lebensjahr herum ist abermals ein Wendepunkt in der Menschenentwickelung eingetreten. Der Mensch wird da reif, diejenigen Fähigkeiten zu entwickeln, durch die er in einer für ihn günstigen Art zum Begreifen dessen gebracht wird, das ganz ohne Beziehung zum Menschen aufgefaßt werden muß: des mineralischen Reiches, der physikalischen Tatsachenwelt, der Witterungserscheinungen und so weiter.
Beschreibt der [[Massenmittelpunkt|Schwerpunkt]] eines Körpers mit der Masse <math>m</math> in einem [[Inertialsystem]] eine gekrümmte Bahn, so ist dafür eine Kraft erforderlich, die an jedem Punkt eine zur Bahnkurve senkrechte Komponente besitzt. Diese Komponente wird Zentripetalkraft <math>\vec F_\text{Zp}</math> genannt. Gemäß dem [[Newtonsche Gesetze#Zweites newtonsches Gesetz|zweiten newtonschen Gesetz]] ergibt sich eine dazu proportionale Zentripetalbeschleunigung <math>\vec a_\text{Zp}</math>, die zum Krümmungsmittelpunkt der Bahn gerichtet ist:


Wie aus der Pflege solcher Übungen, die ganz aus der Natur des menschlichen Betätigungstriebes heraus gestaltet sind ohne Rücksicht auf die Ziele des praktischen Lebens, sich andere entwickeln sollen, die eine Art Arbeitsunterricht sind, das ergibt sich aus der Erkenntnis des Wesens der Lebensabschnitte. Was hier für einzelne Teile des Lehrstoffes angedeutet ist, läßt sich ausdehnen auf alles, was dem Zögling bis in sein fünfzehntes Lebensjahr hinein zu geben ist.
: <math>\vec F_\text{Zp} = m \vec a_\text{Zp}</math>


Man wird nicht zu befürchten haben, daß der Zögling in einer dem äußeren Leben fremden Seelen- und Körperverfassung aus der Volksschule entlassen wird, wenn in der geschilderten Art auf dasjenige gesehen wird, was aus der inneren Entwickelung des Menschenwesens als Unterrichts- und Erziehungsprinzipien sich ergibt. Denn das menschliche Leben ist selbst aus dieser inneren Entwickelung heraus gestaltet, und der Mensch wird in der besten Art in dieses Leben eintreten, wenn er durch die Entwickelung seiner Anlagen sich mit dem zusammenfindet, was aus den gleichgearteten menschlichen Anlagen heraus Menschen vor ihm der Kulturentwickelung einverleibt haben. Allerdings, um beides, die Entwickelung des Zöglings und die äußere Kulturentwickelung, zusammenzustimmen, bedarf es einer Lehrerschaft, die sich nicht mit ihrem Interesse in einer fachmäßigen Erziehungs- und Unterrichtspraktik abschließt, sondern die mit vollem Anteil sich hineinstellt in die Weiten des Lebens. Eine solche Lehrerschaft wird die Möglichkeit finden, in den heranwachsenden Menschen den Sinn für die geistigen Lebensinhalte zu wecken, aber nicht weniger das Verständnis für praktische Gestaltung des Lebens. Bei solcher Haltung des Unterrichts wird der vierzehn- oder fünfzehnjährige Mensch nicht verständnislos sein für das Wesentliche, was aus der Landwirtschaft, der Industrie, dem Verkehre dem Gesamtleben der Menschheit dient. Die Einsichten und die Fertigkeiten, die er sich angeeignet hat, werden ihn befähigen, sich orientiert zu fühlen in dem Leben, das ihn aufnimmt." {{Lit|{{G|298|9ff}}}}
Diese ''Grundgleichung der Mechanik'' kann auf die Form
</div>


== Erziehung und Wesensglieder ==
: <math>\vec F_\text{Zp}-m \vec a_\text{Zp} = \vec 0</math>


Ein wesentliches, von Rudolf Steiner entdecktes [[pädagogisches Gesetz]] besteht darin, dass der Erzieher mit seinem nächsthöheren [[Wesensglied]] auf das darunter liegende Wesensglied des Kindes wirkt. So wirkt etwa der [[Ätherleib]] des Erziehers auf den [[Physischer Leib|physischen Leib]] des Kindes, der [[Astralleib]] auf den Ätherleib usw.
gebracht werden.


<div style="margin-left:20px">
Das negative Produkt aus Masse und Zentripetalbeschleunigung wird formal als Kraft aufgefasst<ref name="gross" /> und als Zentrifugalkraft <math>F_\text{Zf}</math> bezeichnet.<ref name="mayr" /> Ein dynamisches Problem kann somit auf ein statisches Gleichgewicht aus äußerer Kraft und Trägheitskraft zurückgeführt werden:<ref name="lanc" />
"Da tritt uns eben ein pädagogisches Gesetz entgegen, das ja in aller
Pädagogik erscheint. Das ist dieses, daß wirksam ist in der Welt auf
irgendein Glied der menschlichen Wesenheit, wo es auch immer herkommt,
das nächsthöhere Glied, und daß es nur dadurch wirksam zur
Entwickelung kommt. Zur Entwickelung auf den physischen Leib kann
wirksam sein ein im Ätherleib Lebendes, in einem ätherischen Leib
Lebendes. Zur Entwickelung auf einen Ätherleib kann nur wirksam
ein in einem astralischen Leib Lebendes sein. Zur Entwickelung auf
einen astralischen Leib kann wirksam nur ein in einem Ich Lebendes
sein. Und auf ein Ich kann wirksam sein nur ein in einem Geistselbst
Lebendes. Ich könnte es noch weiter fortführen über das Geistselbst
hinaus, aber da würden wir schon in die Unterweisung des Esoterischen
hineinkommen.


Was heißt das? Wenn Sie gewahr werden, daß in einem Kinde der
: <math>\vec F_\text{Zp}+\vec F_\text{Zf} = \vec 0</math>
Ätherleib in irgendeiner Weise verkümmert ist, so müssen Sie Ihren
eigenen astralischen Leib so gestalten, daß er korrigierend auf den
Ätherleib des Kindes wirken kann. Wir können geradezu sagen, mit
Bezug auf das Erziehungsschema kann hierher geschrieben werden:


{|align="center" width="400px"
Im Sinne des [[Dynamisches Gleichgewicht (Technische Mechanik)|dynamischen Gleichgewichts]] ist die Zentrifugalkraft stets entgegengesetzt gleich groß wie die Zentripetalkraft.<ref name="mahnken" /><ref name="Böge" /> Die Summe der Kräfte ist somit null, wenn man die (d’Alembertsche) Trägheitskraft mit einschließt.
|-
| Kind: || [[physischer Leib]] || Erzieher: || [[Ätherleib]]
|-
|  || Ätherleib ||  || [[astralischer Leib]]
|-
|  || astralischer Leib ||  || [[Ich]]
|-
|  || Ich ||  || [[Geistselbst]]
|}


Der eigene Ätherleib des Erziehers muß - und das muß durch seine
Daraus ergibt sich die Definition der Zentrifugalkraft als Trägheitswiderstand in Bezug auf die Zentripetalkraft:
Seminarvorbildung geschehen -, er muß auf den physischen Leib des
Kindes wirken können. Der eigene astralische Leib muß auf den Ätherleib
des Kindes wirken können. Das eigene Ich des Erziehers muß auf
den Astralleib des Kindes wirken können. Und jetzt werden Sie innerlich
sogar erschrecken, denn hier steht das Geistselbst des Erziehers,
von dem Sie glauben werden, daß es nicht entwickelt ist. Das muß auf
das Ich des Kindes wirken. Aber das Gesetz ist so. Und ich werde
Ihnen zeigen, inwiefern tatsächlich nicht bloß im Idealerzieher, sondern
oftmals im allerschlechtesten Erzieher das Geistselbst des Erziehers,
das ihm selber gar nicht zum Bewußtsein kommt, auf das Ich
des Kindes wirkt. Das Erziehungswesen ist in der Tat in eine Reihe
von Mysterien eingehüllt." {{Lit|{{G|317|33f}}}}
</div>


== Der pädagogische Instinkt des Lehrers ==
: <math>\vec F_\text{Zf} = -\vec F_\text{Zp}</math>


Die Methode der Waldorfpädagogik besteht nicht in einem einmal festgeschriebenen Satz von Regeln, die man im Unterricht anzuwenden hätte, sie muss vielmehr mit jedem Schüler, mit jeder Klasse, die man als Lehrer vor sich hat, gleichsam immer wieder neu erfunden werden. Sie kann daher auch nicht in üblicher Weise gelehrt werden. Alles, was [[Rudolf Steiner]] diesbezüglich über die Methodik der Waldorpädagogik gesagt hat, soll nur dazu dienen, den gesunden Instinkt des Lehrers zu wecken, sodass er sich [[Intuition|intuitiv]] in seine Schüler hineinzuversetzen vermag, um an ihnen selbst abzulesen, wie man ihre Entwicklung am besten fördern kann.
Der Trägheitswiderstand quantifiziert eine Eigenschaft der Trägheit, die sich dadurch äußern soll, dass ein Körper sich durch eine Trägheitskraft („vis inertiae“) jeder Änderung einer bestehenden Bewegung widersetzt.


<div style="margin-left:20px">
Die Zentrifugalkraft im d’Alembertschen Sinn ist immer an die Zentripetalkraft gekoppelt, gewissermaßen deren Spiegelbild. Sie wird daher in manchen Texten als „Gegenkraft“ oder „Reaktionskraft“ zur Zentripetalkraft beschrieben;<ref name="Paus" /><ref name="ass" /> dabei wird ein Bezug zum [[Newtonsche Gesetze#Drittes newtonsches Gesetz|dritten newtonschen Gesetz]] nahegelegt. Andere Autoren wenden jedoch ein, dass diese Kraft nicht mit den in rotierenden Bezugssystemen auftretenden Trägheits- bzw. Scheinkräften verwechselt werden darf und verweisen auf einen Widerspruch zum dritten newtonschen Gesetz, da Zentripetalkraft und Zentrifugalkraft am selben Körper angreifen, dagegen müssen Kräftepaare, die als „[[Actio und Reactio]]“ bezeichnet werden, an verschiedenen Körpern angreifen.<ref name="bergmann" />
"Der Lehrende, der Erziehende darf ja nicht zuerst etwas theoretisch lernen und sich dann sagen: Was ich theoretisch gelernt habe, das wende ich jetzt auf das Kind in dieser oder jener Weise an. – Dadurch entfernt er sich von dem Kinde, er nähert sich nicht dem Kinde. Der Lehrer muß das, was er über den Menschen weiß, in eine Art höheren Instinkt hineinbekommen, so daß er in einer gewissen Weise instinktiv jeder Regung des einzelnen individuellen Kindeslebens gegenübersteht. Dadurch unterscheidet sich eben anthroposophische Menschenerkenntnis von jener, die heute üblich ist. Diejenige Menschenerkenntnis, die heute üblich ist, führt höchstens zur Erziehungsroutine, nicht aber zur wirklichen Erziehergesinnung und zur wirklichen Erzieherpraxis. Denn einer wirklichen Erzieherpraxis muß eine solche Menschenerkenntnis zugrunde liegen, die dem Kinde gegenüber in jedem Augenblick instinktiv wird, so daß man aus der ganzen Fülle dessen, was einem am Kinde entgegentritt, dem einzelnen Falle gegenüber weiß, was man zu tun hat. Wenn ich einen Vergleich gebrauchen darf, möchte ich so sagen: Nicht wahr, wir haben allerlei Theorien über das Essen und Trinken, aber wir richten uns im Leben im allgemeinen nicht nach dem, was theoretisch ersonnen werden kann darüber, wann man essen soll, wann man trinken soll. Man trinkt, wenn man durstig ist – das ergibt sich aus der ganzen Konstitution des Organismus heraus –, man ißt, wenn man hungrig ist. Daß das in einen gewissen Lebensrhythmus eingeschaltet ist, hat natürlich seine guten Gründe, aber der Mensch ißt und trinkt, wenn er hungrig und durstig ist; das ergibt das Leben selber. Nun muß eine Menschenerkenntnis, welche einer wirklichen Erziehungspraxis zugrunde liegt, im Menschen, wenn er einem Kinde gegenübersteht, so etwas erzeugen, wie etwa erzeugt wird das Verhältnis vom Hunger zum Essen. Es muß so natürlich sein, wie daß ich durch den Hunger ein gewisses Verhältnis zu den Speisen bekomme. So muß es ganz natürlich werden durch eine wirkliche, nicht nur in Fleisch und Blut, sondern auch in Seele und Geist eindringende Menschenerkenntnis, daß ich, wenn das Kind auftritt vor mir, etwas bekomme wie Hunger: Das hast du jetzt zu tun, jenes hast du jetzt zu tun! Nur wenn in dieser Weise Menschenerkenntnis eine solche innere Fülle hat, daß sie instinktiv werden kann, dann kann sie zur Erzieherpraxis führen." {{Lit|{{G|306|32f}}}}
</div>
[[Datei:Aufhänger Waldorf Resources.jpg|miniatur|300px|[http://www.waldorf-resources.org Waldorf Ressourcen] - Für Fachleute: Impulse, Artikel, Veranstaltungskalender, Foren und Links zur Waldorfpädagogik. Realisiert von der [http://www.haager-kreis.org Internationalen Konferenz der waldorfpädagogischen Bewegung] in Zusammenarbeit mit der [http://www.paedagogik-goetheanum.ch Pädagogischen Sektion am Goetheanum].]]


Ein Missverständnis wäre es allerdings, wenn man sich dabei auf ''alte'', weitgehend ''unbewusste'' Erziehungsinstinkte berufen wollte. Heute muss alles zunächst ins klare [[Bewusstsein]] gehoben werden, um dann nach und nach zu einem neuen, ''bewusst erworbenen'' Instinkt zu reifen.
Im Unterschied dazu ist diejenige Zentrifugalkraft, die nur dann berücksichtigt werden muss, wenn man die newtonsche Bewegungsgleichung in einem beschleunigten und rotierenden Bezugssystem formuliert<ref name="lanc" /> von der Zentripetalkraft unabhängig.


<div style="margin-left:20px">
=== Zentrifugalpotential ===
"Das wird durch die anthroposophische Erkenntnis eingesehen. Durch
sie kann man wissen, daß die intellektualistische Orientierung in der
Wissenschaft einer notwendigen Phase in der Entwickelung der Menschheit
ihr Dasein verdankt. Die Menschheit der neueren Zeit ist aus der
Periode des Instinktlebens herausgetreten. Der Intellekt hat seine hervorragende
Bedeutung erhalten. Die Menschheit brauchte ihn, um auf
ihrer Entwickelungsbahn in der rechten Weise fortzuschreiten. Er führt
sie zu demjenigen Grade der Bewußtheit, den sie in einem gewissen
Zeitalter erklimmen muß, wie der einzelne Mensch in einem Lebensalter
gewisse Fähigkeiten erringen muß. Aber unter dem Einflüsse des Intellektes
werden die Instinkte abgelähmt. Man kann nicht, ohne gegen die
Entwickelung der Menschheit zu arbeiten, zu dem Instinktleben wieder
zurückkehren wollen. Man muß die Bedeutung der Vollbewußtheit
anerkennen, die durch den Intellektualismus errungen ist. Und man muß
dem Menschen in dieser Vollbewußtheit das auch vollbewußt wieder
geben, was ihm kein Instinktleben heute mehr geben kann.


Dazu braucht man eine Erkenntnis des Geistigen und Seelischen, die
Da die Zentrifugalkraft, genau wie die [[Gravitationskraft]] <math>F_\mathrm{G}=mg,</math> proportional zur Masse des Körpers ist, lässt sich die Zentrifugalbeschleunigung ähnlich wie die [[Erdbeschleunigung]] <math>g</math> als [[Ortsfaktor]] deuten. Dieser Ortsfaktor gibt die [[Beschleunigung]] an, die ein Körper aufgrund der Zentrifugalkraft an diesem Ort erfährt.
ebenso auf Wirklichkeit begründet ist wie die im Intellektualismus
begründete Sinneswissenschaft. Eine solche strebt die Anthroposophie
an." {{Lit|{{G|304|218f}}}}
</div>


Nur auf diesem Weg kann eine wahre Erziehungs''kunst'' entstehen, der es trotzdem nicht an der nötigen Bewusstseinsklarheit mangelt, welche die Erziehungs''wissenschaft'' auszeichnet.
: <math>\Phi_\mathrm{Z} = \frac{\omega^2 r^2}{2} = \frac{v^2}{2}</math>


== Waldorfpädagogik ist keine Normpädagogik ==
Denn <math>\omega r = v</math> ist die Geschwindigkeit, wenn Winkelgeschwindigkeit und Radiusvektor senkrecht aufeinander stehen.


<div style="margin-left:20px">
Die Energie im Zentrifugalpotential ist gleich der [[Kinetische Energie|kinetischen Energie]]:
"Wer einer Normpädagogik anhängt, Programme prägt, die gewisse
Erziehungsgrundsätze geben, nun, der weiß, wie man unterrichtet.
Derjenige aber, der aus dem unmittelbaren Leben heraus
unterrichten soll, der kann, ich möchte sagen nur die Impulse bekommen,
um zu beobachten, was sich von Jahr zu Jahr, von Woche
zu Woche, von Monat zu Monat in dem werdenden Menschen
wirklich ergibt. Da muß man fortwährend, wenn es auch eine noch
so große Klasse wäre, in lebendigem Verkehre sein, da muß man
Verständnis dafür haben, was es heißt, nicht aus dem Gedächtnis
heraus eine eingelernte Pädagogik zu üben, sondern in jedem
Momente dem lebendigen Menschen gegenüber die individuelle
Methode neu zu erfinden, die man gerade diesem lebendigen
Menschen gegenüber anzuwenden hat.


Dasjenige, was im Leben wirken soll, darf nicht auf dem Gedächtnis,
: <math>E_\mathrm{Z} = \frac{m \omega^2 r^2}{2} = \frac{m v^2}{2}</math>
nicht auf der Gewohnheit beruhen. Was uns ins Gedächtnis
eingeht und was wir gedächtnismäßig üben in unserer menschlichen
Betätigung, was wir aus der Gewohnheit heraus üben, das
wird unter allen Umständen zu etwas wie einer strohernen
Schablone. Dasjenige, was aus dem Geistesleben hervorgeht, das
kann niemals zu einer strohernen Schablone werden!


Es hat Zeiten gegeben, gibt es bestimmt noch, in denen ich dasselbe
Mit einem anderen Zentralpotential (z.&nbsp;B. Gravitation, Coulomb-Kraft) kann das Zentrifugalpotential zum [[Effektives Potential|effektiven Potential]] zusammengefasst werden.
Thema Woche für Woche hindurch vorgetragen habe. Ich
glaube nicht, daß man mir nachsagen kann, daß ich einen einzigen
Vortrag zweimal gehalten habe, daß ich jemals über dasselbe Thema
zweimal hintereinander genau gleich gesprochen habe, weil es
sich, wenn es sich um das Sprechen aus dem Geiste heraus handelt,
um das unmittelbar augenblickliche Produzieren handelt, weil es
gar nicht möglich ist, dasjenige, was aus dem Geiste heraus produziert
wird, im gewöhnlichen Sinne dem Gedächtnismäßigen anzuvertrauen,
weil das in unmittelbarem Leben sich fortwährend entwickeln
muß. Wer aus dem Geist heraus wirkt, dem ist das bloße
gedächtnismäßige Aufbewahren irgendeines geistigen Wissens ungefähr
so, wie wenn einer sagen würde: Ich esse heute nicht, denn
ich habe ja vorgestern gegessen. Warum soll ich heute wieder essen?
Mein Leib wird sich schon auf Grund dessen aufbauen, was
ich vorgestern gegessen habe. - Ja, unser physischer Organismus
ist in der fortwährenden Lage, daß er sich immer erneuert. Dem
muß auch der Geist Rechnung tragen. In diesem lebendigen Leben
muß auch der Geist drinnenstehen. Der wirkliche Geist muß jederzeit
ein Schaffendes sein. So muß auch eine vom Geiste getragene
Pädagogik eine fortwährend schaffende Kunst sein." {{Lit|{{G|297|152f}}}}
</div>


== Erziehung in Freiheit und zur Freiheit ==
== Zum Thema "Bezugssystemabhängige Scheinkräfte" siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Zentrifugalkraft}}


{{GZ|Worauf ist denn eigentlich die Waldorfschule in
== Zum Thema "Praktische Beispiele" siehe auch ==
Stuttgart, die aus einer geistgemäßen Welt- und Lebensanschauung
* {{WikipediaDE|Zentrifugalkraft}}
heraus geschaffen ist, gebaut? Sie will gerade
als eine soziale Einrichtung in das gegenwärtige soziale
Leben sich so hineinstellen, wie es die Kräfte der Gegenwart
selber erfordern. Daher ist sie durchaus nicht darauf
gebaut, in irgendeiner Beziehung eine Weltanschauungsschule
zu sein. Das wäre eine ganz falsche Auffassung
des Prinzips der Waldorfschule, wenn man glauben
wollte, daß den Kindern dort irgendeine Weltanschauung
beigebracht werden solle. Eine Welt- und Lebensauffassung,
die als eine geistgemäße vertreten wird, ist
eigentlich für die Lehrerschaft da. Und das, was an dieser
Welt- und Lebensauffassung nicht Theorie, sondern volles
Leben ist, kann sich auch ausleben in der pädagogischen
Geschicklichkeit, in dem didaktischen Takt, in all
dem, was der Lehrer ausführt, in dem ganzen Wirken
des Unterrichtens und des Erziehens.


Auf das, was oftmals in einzelnen Sätzen über die
== Siehe auch ==
Waldorfpädagogik gesagt wird, kommt es gar nicht an.
* {{WikipediaDE|Zentrifugalkraft}}
Diesen einzelnen Sätzen gegenüber können einzelne
Menschen ganz gut sagen: Ja, das wollen diese und jene
Unterrichts- und Erziehungsmethoden auch. Es ist auch
im Grunde genommen, wenn man auf abstrakte Prinzipien
sieht, so, daß man sagen kann: Das, was man in
abstrakten Sätzen in bezug auf Unterrichts- und Erziehungsmethoden
der Waldorfschule sagen kann, findet
man sonst auch. Worauf es hier ankommt, ist das unmittelbare
Leben, das aus einer Leben erzeugenden
Weltauffassung herausfließt und nicht aus einer bloß Begriffe
erzeugenden Lebensauffassung.
 
Was wird dadurch erlangt? Nun, es ist schwer, scharfumrissene
Begriffe hinzustellen, wenn man Leben schildern
will. Daher will ich mich durch das Folgende ausdrücken:
Es kommt auch ganz gewiß unter den Personen
der Lehrerschaft der Waldorfschule vor, daß solche darunter
sind, die nicht immer außerordentlich genial sind -
man kann das sagen, ohne irgend jemandem nahezutreten.
Aber wenn auch die verschiedensten Stufen der
körperlichen, seelischen, geistigen Fähigkeiten im Lehrer
vorhanden sind, so muß man doch wiederum sagen: Unter
diesen Schulkindern, die der Lehrer da vor sich hat,
könnten doch solche sein, die einmal Fähigkeiten im Leben
entwickeln werden, welche weit über das hinausgehen,
was der Lehrer selber an Fähigkeiten hat.
Man muß also eine Pädagogik ermöglichen, durch die
man nicht nur die Kinder in jedem Lebensalter so behandeln
kann, daß sie einmal zu den Fähigkeiten kommen,
die man selber hat, sondern daß sie eventuell ungehindert
Fähigkeiten entwickeln, die man selber gar nicht
hat, die in ihnen veranlagt sind. Man muß also, wenn
man selbst auch nicht genial ist, der Entwickelung des
Kindes zur Genialität kein Hindernis entgegensetzen.
Man kann lange deklamieren, man solle die Individualität
eines Kindes entwickeln, nicht irgend etwas in es
hineinpfropfen, sondern alles aus dem Kinde herausholen
- man kann das sagen, und wenn man bloß auf das
Begriffliche hinsieht, so klingt es wunderschön, und man
glaubt, es sei etwas Fruchtbares im Leben. Allein oftmals
meint man doch mit dem, was man so sagt, nichts anderes
als: man entwickelt das im Kinde, wovon man meint,
daß es seine Individualität sein könne, und das werde
keine über die Individualität des Lehrers hinausreichende
Individualität sein.
 
In der Waldorfschule ist alles auf Erziehung in der
Freiheit veranlagt. Das, was das innerste Geistig-Seelische
im Menschen ist, wird im Grunde genommen überhaupt
durch die Waldorfschulmethode gar nicht angetastet.
Das wird ebensowenig angetastet, wie man etwa bei einer
Pflanze, die man in den Boden setzt und durch Licht
und Luft sich dann frei entwickeln läßt, allerlei Stockchen
anbringt und sie hineinschnürt in die Schablone.
Die geistig-seelische Individualität des Kindes ist ein
Heiligstes, von dem derjenige, der die wahre Menschennatur
erkennt, weiß, daß es ganz von selber den Impulsen
folgt, die die Umgebung, die alle Welt auf es ausübt.
Daher hat der Lehrer hinwegzuräumen, was diese
mit heiliger Scheu behütete Individualität in ihrer Entwicklung
hindern kann. Die Hindernisse, die vom Physischen,
vom Seelischen und auch vom Geistigen ausgehen
können, kann man in einer echten Menschenkunde
durchschauen, wenn man diese Menschenkunde
nach der pädagogischen und psychologischen Seite hin
entwickelt. Und gerade wenn man eine solche Menschenkunde
entwickelt, lernt man mit feinem Sinn beobachten,
wo irgendein Hindernis der freien Entwickelung
der Individualität da ist. Man braucht da nicht grob hineinzugreifen.
Man vermeidet eine fremdartige Gestaltung
dieser Individualität. Indem man sieht: da ist ein
Hindernis, das muß man hinwegräumen, räumt man es
hinweg. Dann weiß die Individualität sich durch ihre eigene
Kraft zu entwickeln in einer Weise, die in ihren
Fähigkeiten weit über das hinausgehen kann, was der
Lehrer in sich hat.
 
Das heißt aber wirkliche Achtung gegenüber der
menschlichen Freiheit haben! Diese menschliche Freiheit
bedingt, daß der Mensch die Impulse, die ihn leiten und
treiben im Leben, in sich selber findet.|83|185ff}}
 
== Literatur ==
{{Glomer|waldorf|Waldorfschule & Waldorfpädagogik}}
*[[Stefan Leber]]: ''Die Menschenkunde der Waldorfpädagogik: Anthropologische Grundlagen der Erziehung des Kindes und Jugendlichen'', Verlag Freies Geistesleben 1993, ISBN 978-3772502613
*Wilfried Gabriel: ''Personale Pädagogik in der Informationsgesellschaft. Berufliche Bildung, Selbstbildung und Selbstorganisation in der Pädagogik Rudolf Steiners'', Peter Lang GmbH, Internationaler Verlag der Wissenschaften 1995, ISBN 978-3631479124
* Michaela Strauss, [[Wolfgang Schad]] (Hrsg.): ''Von der Zeichensprache des kleinen Kindes: Spuren der Menschwerdung - mit menschenkundlichen Anmerkungen von Wolfgang Schad'', 6. Auflage, Verlag Freies Geistesleben 2007, ISBN 978-3772521348
*[[Ernst-Michael Kranich]]: ''Anthropologische Grundlagen der Waldorfpädagogik'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1999, ISBN 978-3772517815
*Jost Schieren (Hg.): ''Handbuch Waldorfpädagogik und Erziehungswissenschaft'', Beltz-Juventa, Weinheim - Basel 2016, ISBN 978-3-7799-3129-4
*Johannes Kiersch: ''Die Waldorfpädagogik: Eine Einführung in die Pädagogik Rudolf Steiners'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2015, ISBN 978-3772526848; eBook {{ASIN|B018UD710A}}
*Johannes Kiersch: ''„Mit ganz andern Mitteln gemalt“ - Überlegungen zur hermeneutischen Erschließung der esoterischen Lehrerkurse Steiners'', in: Research on Steiner Education Vol.1 No.2 2010 [http://www.rosejourn.com/index.php/rose/article/download/33/66 pdf]
*Ernst-Christian Demisch (Hersg.), Christa Greshake-Ebding (Hrsg.), Johannes Kiersch (Hrsg.): ''Steiner neu lesen: Perspektiven für den Umgang mit Grundlagentexten der Waldorfpädagogik'' (Kulturwissenschaftliche Beiträge der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Band 12), Peter Lang GmbH 2014, ISBN 978-3631649695, eBook {{ASIN|B076FCC8PN}}
*Horst Philipp Bauer (Hrsg.), Peter Schneider (Hrsg.): ''Waldorfpädagogik: Perspektiven eines wissenschaftlichen Dialoges'' (Kulturwissenschaftliche Beiträge der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Band 1), Peter Lang GmbH 2005, ISBN 978-3631546338
*Uwe Mingo: ''Leitfaden und Praxishandbuch zu Rudolf Steiners Pädagogik'', Achamoth Vlg., Schönach/Bodensee 1998, ISBN 3-923302-08-8
*[[Frans Carlgren]]: ''Erziehung zur Freiheit. Die Pädagogik Rudolf Steiners'', 11. Auflage, Verlag Freies Geistesleben 2016, ISBN 978-3772516191
*Henning Kullak-Ublick: ''Jedes Kind ein Könner: Fragen und Antworten zur Waldorfpädagogik'', Verlag Freies Geistesleben 2017, ISBN 978-3772528736, eBook {{ASIN|B073SDDWT9}}
*Gerhard Wehr: ''Der pädagogische Impuls Rudolf Steiners. Theorie und Praxis der Waldorfpädagogik'', Fischer-TB, Frankfurt a.M. 1983, ISBN 3-596-25521-X
* Heinz Brodbeck (Hrsg.), Robert Thomas (Hrsg.): ''Steinerschulen heute: Ideen und Praxis der Waldorfpädagogik'', Zbinden Verlag 2019, ISBN 978-3859894549
*Tobias Richter (Hrsg.): ''Pädagogischer Auftrag und Unterrichtsziele - vom Lehrplan der Waldorfschule'', 4. Auflage, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2016, ISBN 978-3772526695, eBook {{ASIN|B01N1I5NCE}}
*Valentin Wember: ''Was will Waldorf wirklich? Die unbekannte Erziehungskunst Rudolf Steiners. Ein Vortrag für Eltern und Lehrer.'' Stratosverlag 2019, ISBN 9783943731286
*Rudolf Steiner: ''Spirituelle Seelenlehre und Weltbetrachtung'', [[GA 52]] (1986), ISBN 3-7274-0520-1 {{Vorträge|052}}
*Rudolf Steiner: ''Westliche und östliche Weltgegensätzlichkeit'', [[GA 83]] (1981), ISBN 3-7274-0830-8 {{Vorträge|083}}
*Rudolf Steiner: ''Geistige Wirkenskräfte im Zusammenleben von alter und junger Generation. Pädagogischer Jugendkurs.'', [[GA 217]] (1988), ISBN 3-7274-2170-3 {{Vorträge|217}}
*Rudolf Steiner: ''Ritualtexte für die Feiern des freien christlichen Religionsunterrichtes und das Spruchgut für Lehrer und Schüler der Waldorfschule'', [[GA 269]] (1997),  ISBN 3-7274-2690-X {{Vorträge1|159}}
*Rudolf Steiner: ''Idee und Praxis der Waldorfschule'', [[GA 297]] (1998), ISBN 3-7274-2970-4 {{Vorträge|297}}
*Rudolf Steiner: ''Rudolf Steiner in der Waldorfschule'', [[GA 298]] (1980) {{Vorträge|298}}
*Rudolf Steiner: ''Konferenzen mit den Lehrern der Freien Waldorfschule 1919 bis 1924'', Band I: Ausführliche Einleitung (E. Gabert) / Konferenzen 1919–1921, [[GA 300a]] (1995), ISBN 3-7274-3000-1 {{Vorträge|300a}}
*Rudolf Steiner: ''Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen.'', [[GA 306]] (1956) {{Vorträge|306}}
*Rudolf Steiner: ''Die Methodik des Lehrens und die Lebensbedingungen des Erziehens'', [[GA 308]] (1986), ISBN 3-7274-3080-X {{Vorträge|308}}
*Rudolf Steiner: ''Heilpädagogischer Kurs'', [[GA 317]] (1995), ISBN 3-7274-3171-7 {{Vorträge|317}}
 
;Kritische Literatur
 
* Klaus Prange: ''Erziehung zur Anthroposophie: Darstellung und Kritik der Waldorfpädagogik'', 3. Auflage, Klinkhardt 2000, ISBN 978-3781510890
* Sybille-Christin Jacob, Detlef Drewes: ''Aus der Waldorfschule geplaudert: Warum die Steiner-Pädagogik keine Alternative ist'', 2. Auflage, Alibri Verlag 2004, ISBN 978-3932710841
* Heiner Ullrich: ''Waldorfpädagogik: Eine kritische Einführung'', Beltz Verlag 2015, ISBN 978-3407257215; eBook ASIN: B010U1P15C
* Hellmich, Achim und Teigeler, Peter (Hrsg.): ''Montessoripädagogik, Freinetpädagogik, Waldorfpädagogik - Konzeption und aktuelle Praxis''. Beltz Verlag, 1999. ISBN 3407252188


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
{{Wiktionary|Fliehkraft}}
* [http://www.leifiphysik.de/themenbereiche/kreisbewegung/ausblick#Zentrifugalkraft Zentrifugalkraft auf Schülerniveau] bei LEIFI
* {{TIBAV |10796 |Linktext=Coriolis- und Zentrifugalkraft im rotierenden Bezugssystem |Herausgeber=IWF |Jahr=2007 |DOI=10.3203/IWF/C-13095}}


* [http://www.waldorf-resources.org Waldorf Ressourcen] - Für Fachleute: Impulse, Artikel, Veranstaltungskalender, Foren und Links zur Waldorfpädagogik. Realisiert von der [http://www.haager-kreis.org Internationalen Konferenz der waldorfpädagogischen Bewegung] in Zusammenarbeit mit der [http://www.paedagogik-goetheanum.ch Pädagogischen Sektion am Goetheanum]. For educational professionals: Impulses, articles, calendar of events, forums and links on Waldorf education. Brought to you by the International Forum of Steiner Waldorf Schools in cooperation with the Pedagogical Department at the Goetheanum.  
== Einzelnachweise ==
* [https://www.waldorf-expertenservice.de/ Waldorf Experten Service] - Schulen finden Experten. Experten finden Schulen.
<references>
* [http://www.erziehungskunst.de Erziehungskunst] - Zeitschrift für Waldorfpädagogik
<ref name="Paus">{{Literatur
* [http://www.rosejourn.com RoSE – Research on Steiner Education] - bilingual (English and German) peer-reviewed academic journal with the purpose of serving the theoretical and practical development of Steiner Waldorf education.
| Autor = Hans J. Paus
* [http://www.waldorf-ideen-pool.de Waldorf-Ideen Pool] - Ideen und Materialien für Kindergarten und Schule
| Titel = Physik in Experimenten und Beispielen
 
| Auflage = 3., aktualisierte
;Videos
| Verlag = Hanser
| Ort = München
| Datum = 2007
| ISBN = 3-446-41142-9
| Seiten = 33–35
| Online = {{Google Buch | BuchID = DJcRnjNVo0wC | Seite = 33}}
}}</ref>
<ref name="ass">{{Literatur
| Autor = Bruno Assmann, Peter Selke
| Titel = Kinematik und Kinetik
| Reihe = Technische Mechanik
| Band = Band 3
| Auflage = 15., überarbeitete
| Verlag = Oldenbourg
| Ort = München
| Datum = 2011
| Seiten = 252
| ISBN = 978-3-486-59751-6
| Online = {{Google Buch|BuchID=w_bK8miERB0C|Seite=252}}
}} „Die Zentrifugalkraft ist die Reaktionskraft der Zentripetalkraft, die die gekrümmte Bahn erzwingt.“</ref>
<ref name="gross">{{Literatur
| Titel = Technische Mechanik. Band 3: Kinetik
| Autor = Dietmar Gross, Werner Hauger, Jarg Schrader, Wolfgang A. Wall
| Datum = 2008
| Auflage = 10.
| Seiten = 191
| Verlag = Gabler Wissenschaftsverlage
| ISBN = 978-3-540-68422-0
| Online = {{Google Buch | BuchID = jfEwnhV9DlYC | Seite = 191}}
}} „Wir schreiben nun <math>F-ma=0</math> und fassen das negative Produkt aus der Masse <math>m</math> und der Beschleunigung <math>a</math> formal als eine Kraft auf, die wir […] D’Alembertsche Trägheitskraft <math>F_T</math> nennen: <math>F_T=-ma</math>. Diese Kraft ist keine Kraft im Newtonschen Sinne, da zu ihr keine Gegenkraft existiert (sie verletzt das Axiom actio=reactio!), wir bezeichnen sie daher als Scheinkraft.
</ref>
<ref name="bergmann">{{Literatur
| Autor = Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer
| Herausgeber = Thomas Dorfmüller
| Titel = Mechanik, Relativität, Wärme
| Reihe = Lehrbuch Der Experimentalphysik
| Band = Band 1
| Auflage = 11., völlig neubearbeitete
| Verlag = de Gruyter
| Ort = Berlin
| Datum = 1998
| Seiten = 240ff
| ISBN = 3-11-012870-5|Online={{Google Buch |BuchID=EZ3VoXHh5ucC |Seite=249}}}}
</ref>
<ref name="lanc">{{Literatur
| Autor = Cornelius Lanczos
| Titel = The Variational Principles of Mechanics
| Seiten = 88–110
| Datum = 1986
| ISBN = 0-486-65067-7
| Verlag = Courier Dover Publications
| Ort = New York
| Online = {{Google Buch | BuchID = ZWoYYr8wk2IC | Seite = 88 | Hervorhebung = "force of inertia"}}
}} S. 88: „We now define a vector I by the equation I = -m A. This vector I can be considered as a force created by the motion. We call it the “force of inertia”. With this concept the equation of Newton can be formulated as follows: F + I = 0.“</ref>
<ref name="mahnken">{{Literatur
| Autor = Mahnken
| Titel = Lehrbuch der Technischen Mechanik. Dynamik
| Datum = 2012
| ISBN = 978-3-642-19837-3
| Verlag = Springer
| Online = {{Google Buch | BuchID = DO5vOTzeu2wC | Seite = 111 | Hervorhebung = "Zentrifugalkraft"}}
}} „Wir bemerken noch, dass die Zentrifugalkraft jeweils mit der Zentripetalkraft im Gleichgewicht ist, welche zum Mittelpunkt hin gerichtet ist.“</ref>
<ref name="Böge">
{{Literatur
| Autor = Alfred Böge, Wolfgang Böge, Klaus-Dieter Arnd u. a.
| Titel = Handbuch Maschinenbau: Grundlagen und Anwendungen der Maschinenbau-Technik Gebundene Ausgabe – 22. Auflage
| Verlag = Springer Verlag
| Datum = 2014
| ISBN = 978-3658065973
| Online = [https://books.google.de/books?id=DFrEBQAAQBAJ&pg=RA1-PA14&dq=dynamisches+gleichgewicht&hl=de&sa=X&ei=e2-JVduzC4zlUaKEgvgB&ved=0CEcQ6AEwBg#v=onepage&q=dynamisches%20gleichgewicht&f=false Vorschau]
}}</ref>
<ref name="szabo">{{Literatur
| Titel = Einführung in die Technische Mechanik
| Datum = 2003
| Autor = Szabo
| ISBN = 3-540-44248-0
| Verlag = Springer
| Online = {{Google Buch | BuchID = WXLMb9AZw8gC | Seite = 260}}
}}</ref>
<ref name="mayr">{{Literatur
| Autor = Martin Mayr
| Titel = Technische Mechanik: Statik, Kinematik – Kinetik – Schwingungen, Festigkeitslehre
| Auflage = 6. überarbeitete
| Verlag = Hanser
| Datum = 2008
| ISBN = 978-3-446-41690-1
| Online = {{Google Buch | BuchID =36eYLUWU-MgC | Seite = 147}}
}} „Bei der Bewegung auf einer gekrümmten Bahn tritt zusätzlich die Normal- oder Zentripetalbeschleunigung auf. Die zugehörige Trägheitskraft nennen wir Zentrifugalkraft.“</ref>
<ref name="her">{{Literatur
| Autor = Ekbert Hering, Rolf Martin, Martin Stohrer
| Titel = Physik für Ingenieure
| Auflage = 11.
| Verlag = Springer
| Datum = 2012
| ISBN = 978-3-642-22568-0
| Seiten = 51–52
| Online = {{Google Buch | BuchID = 1_uGq8yGmg0C | Seite = 51}}
}}</ref>
</references>


* [https://www.youtube.com/watch?v=tglSonolQ-U Waldorf 100 - Learn to Change the World]
{{Normdaten|TYP=s|GND=4257608-8|LCCN=sh/85/21931}}
* [https://www.youtube.com/watch?v=1_hlECWoxXs Waldorf 100 - Teil 2]
* [https://www.youtube.com/watch?v=6a1MLjCHyPo Waldorf 100 - Becoming (Teil 3)]


== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Klassische Mechanik]]
<references/>


[[Kategorie:Anthroposophische Pädagogik]]
{{Wikipedia}}
[[Kategorie:Waldorfpädagogik|!101]]

Version vom 29. August 2018, 15:46 Uhr

Die Zentrifugalkraft (von lat. centrum, Mitte und fugere, fliehen), auch Fliehkraft, ist eine Trägheitskraft, die bei Dreh- und Kreisbewegungen auftritt und radial von der Rotationsachse nach außen gerichtet ist. Sie wird durch die Trägheit des Körpers verursacht. Die Auswirkungen der Zentrifugalkraft sind im Alltag vielfach erlebbar, beispielsweise wenn beim Kettenkarussell die Sitze nach außen gedrängt werden, in der Salatschleuder das Wasser nach außen geschleudert wird oder sich ein Zweiradfahrer „in die Kurve legen“ muss.

In der klassischen Mechanik bezeichnet Zentrifugalkraft …

  • … den Widerstand, den der Körper nach dem Trägheitsprinzip der Änderung seiner Bewegungsrichtung entgegensetzt, wenn er einer gekrümmten Bahn folgt. Die Zentrifugalkraft ist stets entgegengesetzt gleich zu der Zentripetalkraft, die diese Änderung der Bewegungsrichtung verursacht. Als d’Alembertsche Trägheitskraft steht die Zentrifugalkraft mit der Zentripetalkraft im dynamischen Gleichgewicht.[1][2]
  • … eine Kraft, die immer dann berücksichtigt werden muss, wenn man die Bewegung eines Körpers bezüglich eines rotierenden Bezugssystems beschreibt.[3] Diese Trägheitskraft tritt auch bei Abwesenheit einer Zentripetalkraft auf, jedoch nie in einem Inertialsystem. Die Zentrifugalkraft ergibt sich aus der Zentrifugalbeschleunigung durch Multiplikation mit der Masse.

Die Zentrifugalkraft ergibt sich nach beiden Begriffsbildungen in gleicher Größe und Richtung. Die Zentrifugalkraft ist eine Scheinkraft und genügt daher nicht dem Prinzip von Actio und Reactio.

Geschichte

Die Passagiere eines rotierenden Kettenkarussells schwingen durch die Zentrifugalkraft nach außen.

Eine qualitative Beschreibung der Zentrifugalkraft findet sich bereits in den 1644 erschienenen Prinzipien der Philosophie von René Descartes.[4] Quantitativ wurde sie erstmals 1669 in einem Brief von Christian Huygens an den Sekretär der Royal Society Henry Oldenbourg abgeleitet, auch in dessen Horologium Oscillatorium von 1673 ohne Ableitung erwähnt und ausführlich in dessen nachgelassener Schrift von 1703 De Vis Centrifuga (aus dem Jahr 1659). Isaac Newton beschrieb die Zentrifugalkraft erst nach Huygens, aber unabhängig von diesem.[5]

Zentrifugalkraft bei einer Kreisbewegung

Die sich durch die Zentrifugalkraft ausbildende Form der Flüssigkeitsoberfläche in einem rotierenden, offenen Wassereimer wurde von Isaac Newton als Nachweis der Existenz eines absoluten Raumes gedeutet.

Trägheitswiderstand

Formeln

Bei einem Spielplatzkarussell mit geringer Eigenmasse erhöhen sich Drehzahl und Zentrifugalkraft, wenn man sich von außen nach innen bewegt.
Ein schweres, mechanisch angetriebenes Karussell verändert seine Drehzahl demgegenüber kaum, wenn man sich zur Mitte hin bewegt. Die Zentrifugalkraft nimmt daher dabei ab.

Für eine Kreisbahn ist die Zentrifugalkraft radial vom Mittelpunkt nach außen gerichtet. Ihre Stärke kann mithilfe der Masse , des Radius des Kreises und der Winkelgeschwindigkeit berechnet werden. Es gilt:

Die Bahngeschwindigkeit hängt mit der Winkelgeschwindigkeit und dem Radius des Kreises zusammen durch

.

Daher kann die Zentrifugalkraft auch in Abhängigkeit von der Bahngeschwindigkeit angegeben werden:

Die Formeln zeigen, warum es schwieriger für eine Person wird, sich auf einer frei rotierenden Scheibe aufzuhalten, wenn sie sich zum Mittelpunkt der Scheibe hin bewegt. Die Massenträgheit ist bestrebt, die Bahngeschwindigkeit der Person beizubehalten, während sie sich der Rotationsachse der Scheibe nähert. Dadurch beschleunigt sich die Rotation der Scheibe, ihre Winkelgeschwindigkeit steigt (vergleiche Coriolis-Effekt). Als Resultat erhöht sich die Zentrifugalkraft proportional zur Verringerung des Radius.
Im Gegensatz dazu verringern sich bei einem großen Karussell mit gleichbleibender Drehzahl Bahngeschwindigkeit und Zentrifugalkraft, wenn man sich zur Mitte hin bewegt, proportional zum Radius.

Der Betrag der Zentrifugalbeschleunigung ergibt sich aus der Zentrifugalkraft durch Division durch die Masse des Probekörpers. Es gilt daher

und

.

Diese Gleichungen gelten ganz allgemein, wenn ein Körper eine Bahn durchläuft. Dabei ist der Krümmungsradius der Radius des minimalen Kreises, der sich am jeweiligen Ort des Körpers an die Bahn anschmiegen lässt. Und ist die Winkelgeschwindigkeit, die der Körper in Bezug auf den Mittelpunkt dieses Kreises hat. Die Zentrifugalkraft zeigt dann nach „außen“, vom Mittelpunkt des Kreises weg.

Die Zentripetalkraft ist gleich stark wie die Zentrifugalkraft und ist ihr exakt entgegen gerichtet:

, vektoriell:

Zur Berechnung der Zentripetalkraft werden daher die genau gleichen Formeln wie zur Berechnung der Stärke der Zentrifugalkraft eingesetzt. Allerdings ist die weit verbreite Vorstellung falsch, man würde deshalb aus der Kurve „getragen“, weil die Zentrifugalkraft größer sei als die Zentripetalkraft. Vielmehr geschieht dies, wenn die zur Änderung der Bewegungsrichtung (Kreisbahn) einwirkende äußere Kraft nicht ausreicht, die erwartete Änderung herbeizuführen. Beispiel: die Haftreibung der Autoreifen reicht nicht aus, um diejenige Zentripetalkraft von der Fahrbahn auf das Fahrzeug zu übertragen, die bei der gegebenen Geschwindigkeit dem Einschlag des Lenkrads und dem so gewählten Kurvenradius entspricht.

Nur durch die Einführung eines speziellen rotierenden Bezugsystems lässt sich die Zentrifugalkraft von der Zentripetalkraft entkoppeln.

Zentripetalkraft bei Kurvenfahrt

Kurvenabschnitt (Länge L, gestrichelt), Änderung der Geschwindigkeit , Krümmungsradius

Ein Körper mit der Masse befährt mit konstanter Geschwindigkeit einen Kurvenabschnitt mit dem Krümmungsradius und ändert dabei seine Bewegungsrichtung (siehe Abb.). Damit die Bewegungsrichtung sich wie angegeben ändert, muss im rechten Winkel zur Bewegungsrichtung eine Kraft einwirken. Dies ist die Zentripetalkraft.

Der Betrag der Geschwindigkeit bleibt gleich, aber der Geschwindigkeitsvektor ändert sich um . Wenn den Betrag dieser Änderung bezeichnet, dann ist die dazu nötige Kraft

(2. Newtonsches Gesetz oder Grundgesetz der Mechanik).

Während der Zeit legt der Körper die Strecke zurück. Für den Winkel (im Bogenmaß) gilt , also ist . Setzt man den Ausdruck für in die Formel für ein, ergibt sich die Zentripetalkraft :[6]

Die Kreisfahrt kann auch als Rotation um den Krümmungsmittelpunkt mit der Winkelgeschwindigkeit aufgefasst werden. Mit gilt für die Zentripetalkraft auch:

Zahlenbeispiel

Ein Autofahrer mit der Masse von 70 kg ( 700 N) fährt mit 15 m/s (54 km/h) durch eine Rechtskurve mit einem Radius von 75 m.

Die Zentripetalkraft ist dann

Die Zentripetalkraft wirkt von links auf den Fahrer ein und zwingt ihn aus seiner zunächst geradlinigen Trägheitsbewegung in die Kurvenbahn, gerade so, dass er im Auto seine Position beibehält. Die Kraft wird vom Fahrersitz auf den Fahrer ausgeübt und er spürt sie dadurch, dass er seitlich in den Sitz gedrückt wird.

D’Alembertsche Trägheitskraft

Beschreibt der Schwerpunkt eines Körpers mit der Masse in einem Inertialsystem eine gekrümmte Bahn, so ist dafür eine Kraft erforderlich, die an jedem Punkt eine zur Bahnkurve senkrechte Komponente besitzt. Diese Komponente wird Zentripetalkraft genannt. Gemäß dem zweiten newtonschen Gesetz ergibt sich eine dazu proportionale Zentripetalbeschleunigung , die zum Krümmungsmittelpunkt der Bahn gerichtet ist:

Diese Grundgleichung der Mechanik kann auf die Form

gebracht werden.

Das negative Produkt aus Masse und Zentripetalbeschleunigung wird formal als Kraft aufgefasst[7] und als Zentrifugalkraft bezeichnet.[3] Ein dynamisches Problem kann somit auf ein statisches Gleichgewicht aus äußerer Kraft und Trägheitskraft zurückgeführt werden:[8]

Im Sinne des dynamischen Gleichgewichts ist die Zentrifugalkraft stets entgegengesetzt gleich groß wie die Zentripetalkraft.[9][10] Die Summe der Kräfte ist somit null, wenn man die (d’Alembertsche) Trägheitskraft mit einschließt.

Daraus ergibt sich die Definition der Zentrifugalkraft als Trägheitswiderstand in Bezug auf die Zentripetalkraft:

Der Trägheitswiderstand quantifiziert eine Eigenschaft der Trägheit, die sich dadurch äußern soll, dass ein Körper sich durch eine Trägheitskraft („vis inertiae“) jeder Änderung einer bestehenden Bewegung widersetzt.

Die Zentrifugalkraft im d’Alembertschen Sinn ist immer an die Zentripetalkraft gekoppelt, gewissermaßen deren Spiegelbild. Sie wird daher in manchen Texten als „Gegenkraft“ oder „Reaktionskraft“ zur Zentripetalkraft beschrieben;[1][2] dabei wird ein Bezug zum dritten newtonschen Gesetz nahegelegt. Andere Autoren wenden jedoch ein, dass diese Kraft nicht mit den in rotierenden Bezugssystemen auftretenden Trägheits- bzw. Scheinkräften verwechselt werden darf und verweisen auf einen Widerspruch zum dritten newtonschen Gesetz, da Zentripetalkraft und Zentrifugalkraft am selben Körper angreifen, dagegen müssen Kräftepaare, die als „Actio und Reactio“ bezeichnet werden, an verschiedenen Körpern angreifen.[11]

Im Unterschied dazu ist diejenige Zentrifugalkraft, die nur dann berücksichtigt werden muss, wenn man die newtonsche Bewegungsgleichung in einem beschleunigten und rotierenden Bezugssystem formuliert[8] von der Zentripetalkraft unabhängig.

Zentrifugalpotential

Da die Zentrifugalkraft, genau wie die Gravitationskraft proportional zur Masse des Körpers ist, lässt sich die Zentrifugalbeschleunigung ähnlich wie die Erdbeschleunigung als Ortsfaktor deuten. Dieser Ortsfaktor gibt die Beschleunigung an, die ein Körper aufgrund der Zentrifugalkraft an diesem Ort erfährt.

Denn ist die Geschwindigkeit, wenn Winkelgeschwindigkeit und Radiusvektor senkrecht aufeinander stehen.

Die Energie im Zentrifugalpotential ist gleich der kinetischen Energie:

Mit einem anderen Zentralpotential (z. B. Gravitation, Coulomb-Kraft) kann das Zentrifugalpotential zum effektiven Potential zusammengefasst werden.

Zum Thema "Bezugssystemabhängige Scheinkräfte" siehe auch

Zum Thema "Praktische Beispiele" siehe auch

Siehe auch

Weblinks

 Wiktionary: Zentrifugalkraft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wiktionary: Fliehkraft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1  Hans J. Paus: Physik in Experimenten und Beispielen. 3., aktualisierte Auflage. Hanser, München 2007, ISBN 3-446-41142-9, S. 33–35 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  2. 2,0 2,1  Bruno Assmann, Peter Selke: Kinematik und Kinetik (= Technische Mechanik. Band 3). 15., überarbeitete Auflage. Oldenbourg, München 2011, ISBN 978-3-486-59751-6, S. 252 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche). „Die Zentrifugalkraft ist die Reaktionskraft der Zentripetalkraft, die die gekrümmte Bahn erzwingt.“
  3. 3,0 3,1  Martin Mayr: Technische Mechanik: Statik, Kinematik – Kinetik – Schwingungen, Festigkeitslehre. 6. überarbeitete Auflage. Hanser, 2008, ISBN 978-3-446-41690-1 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche). „Bei der Bewegung auf einer gekrümmten Bahn tritt zusätzlich die Normal- oder Zentripetalbeschleunigung auf. Die zugehörige Trägheitskraft nennen wir Zentrifugalkraft.“
  4.  René Descartes: Die Prinzipien der Philosophie, übersetzt von Artur Buchenau. 7. Auflage. Felix Meiner Verlag, Hamburg 1965, S. 86 ff..
  5. John Herivel: The Background of Newton’s Principia, und John Herivel: Newton’s Discovery of the law of Centrifugal Force. In: The Isis. Band 51, 1960, S. 546.
  6.  Szabo: Einführung in die Technische Mechanik. Springer, 2003, ISBN 3-540-44248-0 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  7.  Dietmar Gross, Werner Hauger, Jarg Schrader, Wolfgang A. Wall: Technische Mechanik. Band 3: Kinetik. 10. Auflage. Gabler Wissenschaftsverlage, 2008, ISBN 978-3-540-68422-0, S. 191 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche). „Wir schreiben nun und fassen das negative Produkt aus der Masse und der Beschleunigung formal als eine Kraft auf, die wir […] D’Alembertsche Trägheitskraft nennen: . Diese Kraft ist keine Kraft im Newtonschen Sinne, da zu ihr keine Gegenkraft existiert (sie verletzt das Axiom actio=reactio!), wir bezeichnen sie daher als Scheinkraft.“
  8. 8,0 8,1  Cornelius Lanczos: The Variational Principles of Mechanics. Courier Dover Publications, New York 1986, ISBN 0-486-65067-7, S. 88–110 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche). S. 88: „We now define a vector I by the equation I = -m A. This vector I can be considered as a force created by the motion. We call it the “force of inertia”. With this concept the equation of Newton can be formulated as follows: F + I = 0.“
  9.  Mahnken: Lehrbuch der Technischen Mechanik. Dynamik. Springer, 2012, ISBN 978-3-642-19837-3 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche). „Wir bemerken noch, dass die Zentrifugalkraft jeweils mit der Zentripetalkraft im Gleichgewicht ist, welche zum Mittelpunkt hin gerichtet ist.“
  10.  Alfred Böge, Wolfgang Böge, Klaus-Dieter Arnd u. a.: Handbuch Maschinenbau: Grundlagen und Anwendungen der Maschinenbau-Technik Gebundene Ausgabe – 22. Auflage. Springer Verlag, 2014, ISBN 978-3658065973 (Vorschau).
  11.  Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer, Thomas Dorfmüller (Hrsg.): Mechanik, Relativität, Wärme (= Lehrbuch Der Experimentalphysik. Band 1). 11., völlig neubearbeitete Auflage. de Gruyter, Berlin 1998, ISBN 3-11-012870-5, S. 240ff (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).

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