Schechinah und Kategorie:Jüdische Hermeneutik: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Schechinah''' ([[Hebräische Sprache|hebr.]] שכינה, alternative Umschriften ''Schechina'' oder ''Schekina'') bezeichnet in der [[Judentum|jüdischen]] [[Wikipedia:Theologie|Theologie]] die [[Immanenz]], die „Einwohnung“ oder „Wohnstatt“ Gottes in Israel, die als Inbegriff der Gegenwart Gottes bei seinem Volk verstanden werden kann. Das Bedeutungsspektrum schließt eine Reihe von Nebenbedeutungen wie „Ruhe“, „Glück“, „Heiligkeit“ oder „Frieden“ ein, immer als Merkmale, die den Wirkungskreis der Gegenwart Gottes charakterisieren und für den Menschen spürbar werden lassen. In der [[Kabbala]] wird Schechinah gleichgesetzt mit ''Malchuth'' ([[Hebräische Sprache|hebr.]] מלכות, ''Reich, Königreich''), der [[zehn]]ten und untersten [[Sephira]] am [[Lebensbaum der Kabbala]].
Diese Kategorie enthält Unterkategorien und Artikel zum Thema '''Jüdische Hermeneutik'''.


== Ursprung und Bedeutung ==
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Die Vorgeschichte dieses Begriffs und der damit verbundenen theologischen Konzeption von „Gottes Heimstätte auf Erden“, die später in der rabbinischen Überlieferung zu einem zentralen Topos jüdischer Theologie geworden ist, reicht in persisch-hellenistische Zeit zurück. Zwar kommt das [[Wikipedia:Substantiv|Substantiv]] ''Schechinah'' selbst im [[Wikipedia:Tanach|Tanach]] nicht vor, die [[Wikipedia:Wurzel (Linguistik)|Wurzel]] ist allerdings häufig anzutreffen, insbesondere in dem Verb ''schakan'' (שכן, „wohnen“, „zelten“) und dem Substantiv ''mischkan'' (משכן, „Zelt“). Von seinem Ursprung und seiner Grundbedeutung her weist der Begriff auf die Begegnung des [[Israeliten|Volkes Israel]] mit seinem Gott in der Wüste zurück. Gottes Gegenwart manifestiert sich in seinem „Zelten“ mitten unter dem Volk (vgl. Ex 25,8-9). Dementsprechend bestand das erste israelitische Heiligtum aus einem beweglichen Zelt und der darin aufgestellten [[Wikipedia:Bundeslade|Bundeslade]]. Die ''Schechinah'' als Inbegriff der Nähe und Präsenz Gottes ging später auf den [[Wikipedia:Jerusalem|Jerusalem]]er [[Wikipedia:Israelitische Tempel|Tempel]] und den heiligen Bezirk der Stadt über.
[[Kategorie:Jüdische Philosophie|K]]
 
[[Kategorie:Jüdische Hermeneutik|!]]
Die Wurzel ist auch in dem im Tanach zahlreich erwähnten [[Wikipedia:Eigenname|Eigenname]]n ''Schechanjahu'' oder ''Schechanja'' (auch ''Schekanja'') enthalten, der ebenfalls auf die Bedeutung „Einwohnung Gottes“ hinweist (Esra 8,3-5;10,2, Neh 3,29;6,18;12,3, 2. Chr 31,15).
[[Kategorie:Hermeneutik]]
 
Im biblischen [[Wikipedia:Griechische Sprache|Griechisch]] wurde das hebräische Wort ''Schechinah'' wahrscheinlich mit [[Wikipedia:Doxa|Doxa]] (zu Deutsch etwa „Herrlichkeit Gottes“) wiedergegeben. Es wird an entsprechenden Stellen des [[Wikipedia:Neues Testament|Neuen Testaments]] von der christlichen [[Wikipedia:Exegese|Exegese]] in der Regel auf den [[Heiliger Geist|Heiligen Geist]] bezogen. In einigen Texten der [[Wikipedia:Septuaginta|Septuaginta]] wird jedoch auch die Bezeichnung ''(kata)skänosis'' (κατα'σκήνοσις) als griechisches Äquivalent der hebräischen Wurzel Schin-Kaph-Nun (שכנ) verwendet, ein Begriff, der in Anlehnung an das Schrifttum der [[Wikipedia:Wüstenväter|Wüstenväter]] später in der lateinischen Übersetzung als „[[Wikipedia:Tabernakel (Christentum)|Tabernakel]]“ (''tabernaculum'') auch Eingang in die christliche Spiritualität fand.
 
== Rabbinische Tradition ==
Nach [[Wikipedia:Rabbiner|rabbinischer]] Tradition befindet sich die ''Schechinah'' mit dem Volk Israel im Exil. Sie ist mitten unter den Menschen und mit ihrem Leid und also auch mit ihrer Erlösung verknüpft. Sie wird personifiziert und mit weiblichen Bildern verbunden. Es gibt auch Hinweise auf die Nähe der Schechinah zur Schöpfung.
 
== Lurianische Kabbalah ==
In der Vorstellung des Kreises um [[Isaak Luria]] entsteht die Schöpfung aus göttlichen Kontraktionen und Strömungen. In der lurianischen Darstellung eines aus [[Sephiroth]] bestehenden Urbildes des Menschen ([[Adam Kadmon]]) geht aus der letzten Sephirah die untere Welt hervor. Diese Sephirah wird ''Schechinah'' genannt (auch ''Malchuth'', was Königreich oder Herrlichkeit bedeutet). Funken der Schechinah, also göttliche Funken, sind bei der Schöpfung in die Welt gefallen.
Dabei wird die ''Schechinah'' der weiblichen Sphäre zugeordnet und als ergänzende, weibliche Dimension Gottes begriffen, was sich bspw. im Bild der Braut äußert. Das Brautmotiv stellt [[Wikipedia:Metapher|metaphorisch]] die „Gemeinschaft“ zwischen ''Schechinah'' und Gott dar, also die Einheit zwischen dem für menschliche Begriffe unfassbaren Gott im Himmel und seiner Vergegenwärtigung in der Welt.
 
== Lecha Dodi ==
Das [[Wikipedia:Akrostichon|akrostische]] [[Gebet]] „[[Wikipedia:Lecha Dodi|Lecha Dodi]]“, dessen Anfangsbuchstaben auf den Verfasser [[Wikipedia:Schlomo Alkabez|Schlomo Alkabez]], einen Schüler aus dem [[Kabbala|kabbalistischen]] Kreis von [[Isaak Luria]], hinweisen, gehört bis heute zur [[Wikipedia:Liturgie|Liturgie]] am Vorabend des [[Wikipedia:Schabbat|Schabbat]]s. Das Gebet mit der Anfangszeile „Geh, mein Geliebter, der Braut entgegen...“ ist als Jubel über die Heimkehr der Braut (identifiziert mit dem Schabbat bzw. der ''Schechinah'') in messianischer Zeit konzipiert.
 
== Chassidische Tradition ==
Im [[Wikipedia:Chassidismus|Chassidismus]] können die Menschen eine aktive Rolle bei der Erlösung spielen, indem sie die Funken der Schechinah einsammeln. Die Chassidim gehen von göttlicher [[Immanenz]] in der Welt aus.
 
== Christliche Mystik ==
In der [[Christentum|christlichen]] Kabbalah findet über die Weisheitstradition eine Gleichsetzung nicht nur von ''Malchuth'' ([[Gottesreich]]) und ''Schechinah'', sondern auch von ''Chokmah'' (hebr.) bzw. ''Sophia'' ([[Wikipedia:Griechische Sprache|grch.]] [[Weisheit]]) und ''Schechinah'' statt. In seinen [[Mystik|mystischen]] Abhandlungen schildert [[Jakob Böhme]] die personifizierte Weisheit Jesu Christi und beschreibt die Gemeinschaft zwischen der Weisheit und dem Menschen als Erleuchtungserfahrung. Die Erlösung durch Jesus Christus wird in der Begegnung des Menschen mit dieser Weisheit im Hier und Jetzt vergegenwärtigt. ''Schechinah'' und ''Sophia'' können zwar nicht ''per se'' gleichgesetzt werden, personifizieren aber beide die weibliche Dimension Gottes, die sowohl der Schöpfung als auch der Erlösung innewohnt. Beide Vorstellungen sind auch mit messianischen Erwartungen verbunden, die der Christ in Jesus Christus erfüllt sieht. Besonders [[Wikipedia:Friedrich Christoph Oetinger|Friedrich Christoph Oetinger]] zogen die messianischen Tendenzen der Kabbalah an.
 
== Islamische Verwendung des Begriffes ==
Mit [[Sakina]] kennt auch der Islam einen sprachlich und inhaltlich eng verwandten Begriff, der ebenfalls die Gegenwart Allahs und den damit verbundenen glückseligen und friedlichen Seelenzustand bezeichnet.
 
== Zusammenfassender Ausblick ==
Die Schechinah bezeichnet die Gegenwart Gottes in der Welt, also seine [[Immanenz]]. Die Schechinah trägt verschiedene Namen (z.B. die hier erwähnten ''Malchuth'' und ''Schabbath''). Sie bietet Anknüpfungspunkte für ein ökumenisches Gespräch. Ihre Vorstellung als einer weiblichen göttlichen Dimension bietet auch Anknüpfungspunkte für die [[Wikipedia:feministische Theologie|feministische Theologie]]. Aufgrund mancher tradierter negativer Beschreibung von weiblichen Aspekten ergeben sich daraus auch Ansätze zur Kritik: Beispiele zur Kritik an der kabbalistischen Tradition sind die Vorstellung der Passivität des Weiblichen oder die Vorstellung, dass alles Böse aus dem Weiblichen entspringt. Das Gesamtkonzept zielt auf kosmisches Gleichgewicht. Die Idee der Einheit von Ursprung und Ziel ist schon platonisch und findet sich auch in [[Gnosis]] und [[Gnostizismus]].
 
== Ausgewählte Literatur ==
* Nave-Levinson, Pnina: ''Einführung in die rabbinische Theologie''. 2. Auflage 1987.
* Müller, Ernst (Hrsg.): ''Der Sohar: das heilige Buch der Kabbala''. 5. Auflage 1991.
* [[Wikipedia:Gershom Scholem|Scholem, Gershom]]: ''Schechinah; Das passiv-weibliche Moment in der Gottheit'', in ders. ''Von der mystischen Gestalt der Gottheit''. 1977.
* Abelson, J.: ''The Immanence of God in Rabbinical Literature''. 1912.
* Goldberg, Arnold M.: ''Untersuchungen über die Vorstellung von der Schekhina in der frühen rabbinischen Literatur: Talmud und Midrasch''. 1969.
* Jacob, Louis: ''The Palm Tree of Deborah''. 1960.
* Bension, Ariel: ''The Zohar in Moslem and Christian Spain''. 1932.
* Benz, Ernst: ''Die christliche Kabbalah''. 1958.
* Thoma, Clemens: ''Die Sekina und der Christus'', in ''[[Wikipedia:Judaica|Judaica]]'' 40. 1984. Seiten 237-247.
* Plaskow, Judith: ''Feministischer Antijudaismus und der christliche Gott'', in: ''Kirche und Israel''. 1. 1990. Seiten 9-25.
* [[Wikipedia:Jürgen Moltmann|Moltmann, Jürgen]]: ''Gott in der Schöpfung''. 1985.
 
[[Kategorie:Judentum]]
[[Kategorie:Mystik]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 30. November 2020, 21:47 Uhr

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