Hans-Peter Dürr und Polybios: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Hans-Peter Emil Dürr''' (* [[Wikipedia:7. Oktober|7. Oktober]] [[Wikipedia:1929|1929]] in [[Wikipedia:Stuttgart|Stuttgart]]; † [[Wikipedia:18. Mai|18. Mai]] [[Wikipedia:2014|2014]] in [[Wikipedia:München|München]]<ref>''[http://www.tz.de/muenchen/stadt/muenchner-physiker-hans-peter-duerr-3568357.html Münchner Physiker Hans-Peter Dürr ist tot.]'' Bei: ''tz.de.'' 19.&nbsp;Mai 2014, abgerufen am 1.&nbsp;Juni 2014.</ref>) war ein deutscher [[Physiker]] und [[Wikipedia:Essay|Essay]]ist. Dreimal war er im Direktorium des [[Wikipedia:Max-Planck-Institut für Physik|Max-Planck-Instituts für Physik]], nämlich 1970–71, 1977–80 und zuletzt nochmals 1987–1992.<ref>[https://www.mpp.mpg.de/institut/Geschichte/02_Zeittafel/index.html Homepage der Max-Planck-Instituts für Physik, Rubrik Geschichte.]</ref>
'''Polybios''' (altgriechisch {{lang|grc|Πολύβιος}}, auch ''Polybios von Megalopolis''; * um 200 v. Chr. in [[Wikipedia:Megalopolis|Megalopoli]]s auf der [[Wikipedia:Peloponnes|Peloponnes]]; † um 120 v. Chr. vermutlich auf der Peloponnes) war ein [[Wikipedia:Geschichte der Geschichtsschreibung#Antike|antiker griechischer Geschichtsschreiber]], der durch sein Hauptwerk, die ''Historíai'', berühmt wurde. Darin beschreibt er in 40 Büchern die Universalgeschichte Roms über den Zeitraum vom Beginn des [[Wikipedia:Erster Punischer Krieg|Ersten Punischen Krieges]] bis zur Zerstörung Karthagos und Korinths (264 v. Chr. bis 146 v. Chr.).


== Leben ==
== Leben ==
Dürr studierte Physik an der [[Wikipedia:Universität Stuttgart|Universität Stuttgart]] (Diplom 1953). Anschließend ging er an die [[Wikipedia:University of California, Berkeley|University of California]], wo er 1956 bei [[Wikipedia:Edward Teller|Edward Teller]] promoviert wurde. Dürr wohnte im [[Wikipedia:International House|International House]].<ref>[http://ihouse.berkeley.edu/alumni/times/timesF97/durr.html ''ALUMNI PROFILE. Hans-Peter Dürr.''] Auf: ''ihouse.berkeley.edu.''</ref>
Polybios stammte aus einer vornehmen Familie aus [[Megalopoli]]s in [[Arkadien]]. Sein Vater Lykortas war zeitweise Stratege im [[Achaiischer Bund|Achaiischen Bund]]. Polybios war im Achaiischen Bund politisch und militärisch tätig. 170/169 v. Chr. war er [[Hipparch (Amt)|Hipparch]] des Achaiischen Bundes und wurde 167 v. Chr. nach Beendigung des [[Dritter Makedonisch-Römischer Krieg|Dritten Makedonischen Krieges]] als eine von 1.000 [[Geisel]]n nach [[Römisches Reich|Rom]] gebracht.


Von 1958 bis 1976 war Dürr Mitarbeiter von [[Wikipedia:Werner Heisenberg|Werner Heisenberg]], der einen großen Einfluss auf ihn ausübte. Er war sein engster Mitarbeiter bei Heisenbergs Projekt eines Versuchs der Aufstellung einer vereinheitlichten Feldtheorie der Elementarteilchen. 1962 lehrte er als Gastprofessor in Berkeley und [[Wikipedia:Madras|Madras]]. Im selben Jahr habilitierte er sich an der [[Wikipedia:Ludwig-Maximilians-Universität München|Universität München]] in [[Wikipedia:Kernphysik|Kernphysik]], [[Wikipedia:Elementarteilchenphysik|Elementarteilchenphysik]] und [[Schwerkraft]].<ref>[http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=2947&RID=1 ''Hans-Peter Dürr.''] Auf: ''whoswho.de.''</ref> Danach wurde er zunächst [[Wikipedia:außerplanmäßiger Professor|außerplanmäßiger Professor]] an der Universität München, 1978 dann Nachfolger von Werner Heisenberg als geschäftsführender Direktor des ''[[Wikipedia:Max-Planck-Institut für Physik|Max-Planck-Instituts für Physik und Astrophysik]]'' am selben Ort. Diese Funktion übte er bis 1980 sowie nochmals von 1987 bis 1992 aus. Später wandte er sich zunehmend von der theoretischen Physik ab und befasste sich mit [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischen]] und gesellschaftspolitischen Fragestellungen.
Dort kam er in das Haus des römischen Feldherrn [[Lucius Aemilius Paullus Macedonicus]]. Dieser stammte aus einem der vornehmsten römischen Geschlechter und vertraute ihm die Erziehung seiner beiden Söhne an. Er wurde zum Freund und Berater des [[Publius Cornelius Scipio Aemilianus Africanus|jüngeren Scipio]]. Die hieraus gewonnenen Einsichten veranlassten Polybios dazu, ein Werk über Rom als neuer Weltmacht zu schreiben, von der er sehr beeindruckt war.


Dürr gründete am 27. Januar 1987 in [[Wikipedia:Starnberg|Starnberg]] den eingetragenen Verein ''Global Challenges Network e.&nbsp;V.''<ref>Hans-Peter Dürr: [https://www.blaetter.de/sites/default/files/downloads/zurueck/zurueckgeblaettert_201406b.pdf ''Kooperation statt Konfrontation. Plädoyer für ein ›Global Challenges Network‹.''] In: ''[[Wikipedia:Blätter für deutsche und internationale Politik|Blaetter.de.]]'' 8/1987, S. 1029–1042.</ref> (kurz ‚GCN e.&nbsp;V.‘, englisch frei übersetzt für „Netzwerk für weltweite Herausforderungen“). Der Verein soll ein Netz aus Unternehmen und Gruppen knüpfen, die konstruktiv und gemeinsam „an der Bewältigung der Probleme arbeiten, die uns und damit unsere natürliche Umwelt bedrohen“. Im selben Jahr wurde er „in Anerkennung seiner fundierten Kritik der [[Wikipedia:Strategic Defense Initiative|Strategischen Verteidigungsinitiative]] und seiner Arbeit, hochentwickelte Technologien für friedliche Zwecke nutzbar zu machen,“ mit dem ''[[Wikipedia:Right Livelihood Award|Right Livelihood Award]]'' („Alternativer Nobelpreis“) ausgezeichnet.<ref>''[http://www.rightlivelihood.org/durr.html Hans-Peter Dürr (1987, Germany).]'' Bei: ''rightlivelihood.org.'' Abgerufen am 3. Februar 2015.</ref> Außerdem erhielt die wissenschafts- und forschungskritische internationale Gruppe [[Wikipedia:Pugwash Conferences on Science and World Affairs|Pugwash]], der er angehörte, im Jahr 1987 den [[Wikipedia:Antonio-Feltrinelli-Preis|Antonio-Feltrinelli-Preis]]<ref>''[http://www.lincei.it/files/doc/ANL_Annuario_2011_rete.pdf Annuario della Accademia Nazionale dei Lincei 2011.]'' Jahresbericht der Accademia Nazionale dei Lincei 2011 (PDF; 2,05&nbsp;MB), S. 199.</ref> und 1995 den [[Wikipedia:Friedensnobelpreis|Friedensnobelpreis]]<ref>''[http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/peace/laureates/1995/pugwash-facts.html Pugwash Conferences on Science and World Affairs – Facts.]'' Bei: ''nobelprize.org.'' Abgerufen am 3. Februar 2015.</ref>. 1992 initiierte ein gemeinsamer Vortrag mit [[Wikipedia:Christiane Busch-Lüty|Christiane Busch-Lüty]] beim [[Wikipedia:Verein für Socialpolitik|Verein für Socialpolitik]] die Gründung der [[Wikipedia:Vereinigung für Ökologische Ökonomie|Vereinigung für Ökologische Ökonomie]] 1996, deren Gründungsmitglied er war.<ref>{{Literatur |Herausgeber=Heinz König |Autor = [[Wikipedia:Christiane Busch-Lüty|Christiane Busch-Lüty]], Hans-Peter Dürr |Titel=Ökonomie und Natur: Versuch einer Annäherung im interdisziplinären Dialog |Sammelwerk=Umweltverträgliches Wirtschaften als Problem von Wissenschaft und Politik |Reihe=Schriften des Vereins für Socialpolitik |Jahr=1993 |Ort=Berlin |Verlag=Duncker & Humblot |Online=[http://www.voeoe.de/wp-content/uploads/2015/02/Busch-Luety_Duerr_1992_Oekonomie-und-Natur_VfS.pdf Online auf ''voeoe.de''] |ISBN=3-428-07771-7 |Zugriff=2015-02-03 |Seiten=13–44}} Vgl. auch die Vorbemerkung im Online-Dokument.</ref><ref>''[http://www.voeoe.de/2014/05/hans-peter-durr-7-10-1929-18-05-2014/ Hans-Peter Dürr, 7.10.1929 – 18.05.2014.]'' Webseite der [[Wikipedia:Vereinigung für Ökologische Ökonomie|Vereinigung für Ökologische Ökonomie]], 23. Mai 2014, abgerufen am 3. Februar 2015.</ref> Er war Mitglied des [[Wikipedia:Club of Rome|Club of Rome]] und Mitglied des Ehren-Kurats der [[Wikipedia:Internationale Münchner Friedenskonferenz|Internationalen Münchner Friedenskonferenz]],<ref>[http://www.friedenskonferenz.info/index.php?ID=30 ''Ehrenkurat der Internationalen Münchner Friedenskonferenz.''] Auf: ''friedenskonferenz.info.'' Abgerufen am 27.&nbsp;Dezember 2012.</ref> sowie 2011 Referent auf Pastor [[Wikipedia:Jürgen Fliege|Jürgen Fliege]]s drittem „Wörishofener Herbst“.
Im Jahr 151 v. Chr. fasste der römische Senat den Beschluss, den überlebenden achaiischen Geiseln 16 Jahre nach ihrer Verschleppung nach Italien die Rückkehr in ihre griechische Heimat zu gestatten. Zunächst kehrte auch Polybios in seine Heimat zurück. Er schloss sich später – nun als freier Mann – Scipio Africanus dem Jüngeren wieder an und nahm als dessen militärischer Berater am [[Dritter Punischer Krieg|Dritten Punischen Krieg]] teil. Er erlebte so unter anderem den endgültigen Untergang [[Karthago]]s im Jahre 146 v. Chr. Nachdem zuvor erneut Krieg zwischen dem Achaiischen Bund und der Römischen Republik ausgebrochen war, ging Polybios wieder nach Griechenland. Nach der endgültigen Niederlage der Achaier (ebenfalls im Jahr 146 v. Chr.: Zerstörung [[Korinth]]s) wurde er von Rom mit der Neuordnung der Verhältnisse in Griechenland beauftragt. Sein hohes Ansehen bei den Römern als auch bei seinen eigenen Landsleuten begründete dies. Er konnte schließlich günstige Bedingungen für seine bezwungenen Landsleute aushandeln, die ihn dafür mit mehreren Standbildern ehrten.
{| class="wikitable float-right" style="text-align:center"
|+ Polybios-Chiffre<ref>Auch: Polybios-Quadrat. In den ''Historien'' beschrieb Polybios ab [http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/Polybius/10*.html#45.6 Buch X 45,6] die Anwendung dieser Methode zur Nachrichtenübermittlung mit Fackeln. Er benutzte das [[Griechisches Alphabet|griechische Alphabet]].</ref>
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Er könnte Scipio auch noch in den Jahren 134/133 v. Chr. beim Krieg gegen [[Numantia]] begleitet haben. Die restlichen Jahre seines Lebens widmete sich Polybios der Schriftstellerei. Neben seinen Leistungen als Geschichtsschreiber ist er als Namensgeber der [[Polybios-Chiffre]] bekannt, die zur Nachrichtenübermittlung und [[Kryptographie]] anwendbar war.


Im Jahr 1975 wurde er zum Mitglied der [[Wikipedia:Leopoldina|Leopoldina]] gewählt, 2002 zum [[Wikipedia:Ehrendoktor|Ehrendoktor]] der [[Wikipedia:Carl von Ossietzky Universität Oldenburg|Carl von Ossietzky Universität Oldenburg]] ernannt,<ref>''[http://www.presse.uni-oldenburg.de/mit/2001/382.html Ehrendoktorwürde für alternativen Nobelpreisträger.]'' Pressemitteilung der Universität Oldenburg, 19. Dezember 2001.</ref> und im Jahr 2004 wurde ihm das [[Wikipedia:Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland|Große Bundesverdienstkreuz]] verliehen.
Auch der [[Mondkrater]] [[Polybius (Mondkrater)|Polybius]] und der [[Asteroid]] [[(6174) Polybius]] sind nach ihm benannt.


2005 verfasste Dürr zusammen mit [[Wikipedia:Daniel Dahm|Daniel Dahm]] und [[Wikipedia:Rudolf zur Lippe|Rudolf zur Lippe]] die ''Potsdamer Denkschrift'' und das ''Potsdamer Manifest'',<ref>Potsdamer Manifest: [http://www.vdw-ev.de/index.php/de-DE/projekte-der-vereinigung-deutscher-wissenschaftler-vdw-ev/potsdamer-manifest1 ''We have to learn to think in a new way.''] Auf: ''vdw-ev.de.'' Abgerufen am 1.&nbsp;Juni 2014. Veröffentlichung bei der ''[[Wikipedia:Vereinigung Deutscher Wissenschaftler|Vereinigung Deutscher Wissenschaftler]]'' im Jahr 2005 (PDF; 965&nbsp;kB).</ref> das von vielen Wissenschaftlern aus der ganzen Welt unterzeichnet wurde, u.&nbsp;a. von über 20&nbsp;Trägern des ''Right Livelihood Award''.
== Werk ==
=== Inhalt: Universalgeschichte ===


2007 beschloss der Münchner Stadtrat, Hans-Peter Dürr –&nbsp;in Anerkennung seiner hohen Verdienste um die Stadt München&nbsp;– das [[Wikipedia:Ehrenbürger|Ehrenbürger]]recht zu verleihen. Im Frühjahr 2007 trat Dürr auf Anfrage von [[Wikipedia:Carl Wolmar Jakob von Uexküll|Jakob von Uexküll]] als Ratsmitglied dem [[Wikipedia:World Future Council|World Future Council]] bei.
Polybios verfasste neben einigen verlorenen Werken sein Hauptwerk ''Historíai''. Hierbei handelt es sich um eine [[Universalgeschichte]] in griechischer Sprache, die in 40 Büchern die Zeit von 264 v. Chr. bis 146 v. Chr., hauptsächlich aber den Zeitraum von 220 v. Chr. bis 168 v. Chr. (Bücher 3–29) behandelt. Erhalten sind davon die ersten fünf Bücher und Auszüge aus den restlichen. Die Bücher 30–39 behandeln den Zeitraum von 167 bis 145/144, wobei Buch 34 eine Geographie des damaligen Weltkreises beinhaltet.


Dürr war mit der Amerikanerin Carol Sue Durham verheiratet. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor.<ref>Peter Brügge: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13527987.html ''Vom Gefühl her trotzdem.''] Auf: ''spiegel.de.'' 30.&nbsp;November 1987, abgerufen am 1.&nbsp;Juni 2014.</ref>
Grundformen der Verfassungen (nach [[Wikipedia:Polybios|Polybios]]):


== Auszeichnungen ==
{| class="wikitable"
* 1987: [[Wikipedia:Right Livelihood Award|Right Livelihood Award]] (Alternativer Nobelpreis)<ref>Nachruf: ''[http://www.badische-zeitung.de/kultur-sonstige/brueckenbauer-zukunftsdenker-der-physiker-und-philosoph-hans-peter-duerr-ist-tot--85066659.html Brückenbauer, Zukunftsdenker: Der Physiker und Philosoph Hans-Peter Dürr ist tot.]'' In: ''[[Wikipedia:Badische Zeitung|]]'', 20. Mai 2014.</ref>
! Anzahl der Herrscher || Gemeinwohl || Eigennutz
* 1989: [[Wikipedia:Georg-von-Vollmar-Akademie#Waldemar-von-Knoeringen-Preis|Waldemar-von-Knoeringen-Preis]] der [[Wikipedia:Georg-von-Vollmar-Akademie|Georg-von-Vollmar-Akademie]]
|-
* 2002: Ehrendoktor der [[Wikipedia:Carl von Ossietzky Universität Oldenburg|Carl von Ossietzky Universität Oldenburg]]
| Einer || [[Monarchie]] || Tyrannis
* 2004: [[Wikipedia:Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland |Großes Bundesverdienstkreuz]]
|-
| Einige || [[Aristokratie]] || [[Oligarchie]]
|-
| Alle || [[Demokratie]] || [[Ochlokratie]]
|}


== Werke (Auswahl) ==
Polybios will seinen Landsleuten erklären, wie und warum in weniger als hundert Jahren Rom aus äußerster Bedrängung (vgl. ''[[Vae victis]]'') zur Weltmacht aufzusteigen vermochte. Für ausschlaggebend hielt er dabei das Verfassungsleben und Heerwesen der Römer. In Buch 6, das die Verfassung der [[Römische Republik|Römischen Republik]] darstellt, nutzt er in konkreten Einzelzügen und vorläuferhaft [[Politische Soziologie|politiksoziologisch]] die maßgeblich von [[Platon]] und [[Aristoteles]] entwickelte Theorie vom [[Kreislauf der Verfassungen]], die später von [[Marcus Tullius Cicero|Cicero]] im philosophischen Werk ''[[De re publica]]'' sowie von [[Niccolò Machiavelli]] und anderen aufgegriffen wurde. Hier erörtert er die verschiedenen Regierungsformen (Monarchie, Aristokratie, Demokratie) mittels empirischer Vergleiche bestehender Verfassungen, nicht anhand von Denkmodellen, mit deutlicher Wendung gegen Platon: Er wolle Menschen und nicht Statuen von Menschen beschreiben. Er kam zum Schluss, dass die Kombination der Elemente aus den drei Formen in der [[Römisches Verfassungsrecht|römischen Verfassung]] optimal sei, urteilte aber dennoch, dass eine jede Verfassung einmal untergehe.
* 1971: ''Quanten und Felder. Physikalische und phil. Betrachtungen zum 70. Geburtstag von [[Wikipedia:Werner Heisenberg|Werner Heisenberg]].'' Vieweg, Braunschweig 1971, ISBN 3-528083174.
 
* 1985: (Hrsg.): ''Werner Heisenberg. Gesammelte Werke.'' Insgesamt 9 Bände bis 1993, Piper und Springer.
Die Quellen, die Polybios für sein Werk heranzog, waren wohl recht vielfältig. Polybios erwähnt mehrere Autoren, die er teils auch kritisiert, unter anderem [[Ephoros von Kyme]], [[Theopompos]], [[Kallisthenes von Olynth]] oder [[Philinos von Akragas]]. Kritik übte Polybios auch an verschiedenen pro-karthagischen Geschichtsschreibern, namentlich an [[Chaireas]] und [[Sosylos]],<ref>Polybios: ''Historien'', [http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/Polybius/3*.html#20.5 Buch III 20,5].</ref> die er möglicherweise aber dennoch benutzt hat. Ein Papyrusfragment belegt zudem, dass die Kritik des Polybios an Sosylos ungerechtfertigt ist.
* 1988: ''Das Netz des Physikers. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse in der Verantwortung.'' Hanser, 1985. NA mit 496 S., DTV 2000, ISBN 3-423330562.
 
* 1989: ''Geist und Natur. Über den Widerspruch zwischen naturwissenschaftlicher Erkenntnis und philosophischer Welterfahrung.'' Hrsg., 415 S., Scherz, ISBN 3-502131708.
=== Methode: pragmatische Geschichtsschreibung ===
* 1994: ''Respekt vor der Natur, Verantwortung für die Natur. Gespräche mit Michael Haller.'' 158 S., Einf. von [[Wikipedia:Christoph Bals|Christoph Bals]], Piper, ISBN 3-492118194.
 
* 1995: ''Die Zukunft ist ein unbetretener Pfad. Bedeutung und Gestaltung eines ökologischen Lebensstils.'' [[Wikipedia:Verlag Herder|Verlag Herder]] 1995, ISBN 3-451043408. <ref>Dürr 1995 – [http://detopia.de/1995/1995-Duerr-Hans-Peter-Die-Zukunft-ist-ein-unbetretener-Pfad-Die-eineinhalb-Kilowatt-Gesellschaft.pdf Vorwort in pdf bei detopia.de] – 172 Seiten, Originalveröff., Herausgegeben und Vorwort von Matthias Braeunig.</ref>
Innerhalb seiner Universalgeschichte erörtert Polybios auch Methoden der Geschichtsschreibung und nennt Anforderungen, die Historiker zu erfüllen haben. In diesem Zusammenhang prägt Polybios den Begriff der [[pragmatisch]]en Geschichtsschreibung (''pragmatike historia''). Deren Ziel sei die Belehrung durch die Darstellung von Taten und Sachverhalten. Er grenzt diesen Begriff zu Beginn des 9. Buches von der Beschreibung von Stammesverwandtschaften und [[Kolonisation]]en ab.
* 1995: ''Umweltverträgliches Wirtschaften. Denkanstösse und Strategien für eine ökologisch nachhaltige Zukunftsgestaltung.'' Agenda, Münster 1995, ISBN 3-92944044X.
 
* 1997: (Mitautor): ''Gott, der Mensch und die Wissenschaft.'' Pattloch.
Der pragmatische Geschichtsschreiber möchte dem Leser den Geschichtsverlauf verständlich machen. Dieser soll aus den aufgezeigten vielschichtigen [[Kausalität]]en Schlüsse für sein künftiges Handeln ziehen können. Somit richtet sich die pragmatische Geschichtsschreibung in erster Linie an Politiker und militärische Befehlshaber. Sie umfasst drei Teile, die mit spezifischen Anforderungen einhergehen. Zunächst soll der Geschichtsschreiber die Quellen studieren und bearbeiten. Aufgrund der Komplexität der Ereignisse sei man auch bei selbsterlebter Geschichte darauf angewiesen, Erkundigungen einzuziehen.
* 1997: ''[[Wikipedia:Rupert Sheldrake|Rupert Sheldrake]] in der Diskussion. Das Wagnis einer neuen Wissenschaft des Lebens.'' Hrsg., Scherz, München 1997, ISBN 3-502151652.
 
* 2000: ''Für eine zivile Gesellschaft. Beiträge zu unserer Zukunftsfähigkeit.'' 232 S., DTV, München 2000, ISBN 3-423361778.
Der zweite Teil umfasst die Kenntnis der [[Gelände|topographischen]] Begebenheiten. Dies sei eine wesentliche Voraussetzung für die Kriegsgeschichtsschreibung. Dazu müsse der Geschichtsschreiber die Örtlichkeiten und Schauplätze besichtigen und sich mit geographischen Eigentümlichkeiten und Entfernungen vertraut machen. In diesem Zusammenhang kritisiert er insbesondere [[Timaios von Tauromenion]]. Dieser begnügte sich nach eigenen Angaben mit einem fünfzigjährigen Bücherstudium in [[Athen]].
* 2000: (Mit-Hrsg.): ''Elemente des Lebens. Naturwissenschaftliche Zugänge, philosophische Positionen.'' Graue Edition, Zug (Schweiz), ISBN 3-90633628X.
 
* 2001: (Mitautor): ''Wir erleben mehr, als wir begreifen.'' Herder spektrum.
Der dritte Teil verlangt vom Geschichtsschreiber den Nachweis politischer und militärischer Taten. Polybios war selbst Staatsmann und Feldherr. Er war daher der Auffassung, nur jemandem mit entsprechenden Erfahrungen gelänge eine zutreffende Darstellung. Polybios’ eigenes historisches Werk erfüllt die von ihm gestellten Kriterien häufig nicht. Deutlich zeigt sich dies an seiner Kritik an den früheren Geschichtsschreibern. Einige Kritikpunkte erweisen sich als [[paradox]]. Andere Kritikpunkte lassen die von ihm geforderte Vertrautheit mit geographischen Gegebenheiten vermissen (vgl. hierzu die Kritik am Geschichtsschreiber [[Kallisthenes]]).
* 2003: (Mitautor, Mit-Hrsg.): ''Wirklichkeit, Wahrheit, Werte und die Wissenschaft.'' BWV.
 
* 2004: ''Auch die Wissenschaft spricht nur in Gleichnissen.'' Herder spektrum.
== Moderne Bewertung ==
* 2008: mit [[Wikipedia:Raimon Panikkar|Raimon Panikkar]]: ''Liebe: Urquelle des Kosmos. Ein Gespräch über Naturwissenschaft und Religion.'' [[Wikipedia:Verlag Herder|Verlag Herder]], Freiburg, ISBN 3-451059657.
[[Datei:Gipsmodelle Wiener Historismus Hofburg-Keller 2012 33 Alois Düll, Polybios.jpg|mini|Gipsmodell für die historisierende Darstellung des Polybios an der Rampe des Parlamentsgebäudes in Wien (Alois Düll 1899)]]
* 2009: ''Warum es ums Ganze geht. Neues Denken für eine Welt im Umbruch.'' 189 S., [[Wikipedia:Oekom_verlag|Oekom-Verlag]], München 2009, ISBN 978-3865811738.
In seinen Werken orientiert sich Polybios oft an seinem Vorbild [[Thukydides]], da auch für Polybios zur Wahrheitsfindung die kritische und nüchterne Beobachtung und die Befragung der Zeitzeugen im Vordergrund stehen. Aus ihnen versucht er, Einsicht in Ursachen und Zusammenhänge zu gewinnen und sich so der historischen Wahrheit zu nähern. Ebenso wie Thukydides schildert Polybios vorrangig den Teil der Geschichte, den er persönlich erlebte.
* 2010: ''Geist, Kosmos und Physik. Gedanken über die Einheit des Lebens.'' 140 S., Crotona-Verlag, Amerang 2010, ISBN 978-3861910039.
 
* 2010: (Hrsg.): ''Physik und Transzendenz. Die großen Physiker unserer Zeit über ihre Begegnung mit dem Wunderbaren.'' Driediger, Bad Essen 2010, ISBN 978-3932130243.
Ohne Thukydides' kunstvoll-knappe stilistische Brillanz strebt er nach unparteiischer Aufdeckung der historisch-politischen Wahrheit und nach verständiger Belehrung. Ferner grenzt er sich deutlich von der „tragischen“ Geschichtsschreibung ab, die durch erfundene Erzählungen gezielt Emotionen erzeugen wollte.<ref>Im 12. Buch übt Polybios Kritik an mehreren anderen Geschichtsschreibern. Vgl. auch zusammenfassend Meister, ''Geschichtsschreibung'', S. 160f.</ref> Seine eingefügten Reden, die der antiken historiographischen Tradition entsprechend nicht wortwörtlich, sondern sinngemäß zu nehmen sind, bemühen sich, die strittigen Situationen und deren Beurteilungen so exakt wie möglich herauszuarbeiten. Er wurde immer als analytischer Historiker, aber nicht als Schriftsteller oder wegen seiner Erzählkunst geschätzt. Sein Stil, der weitestgehend auf rhetorische Ausschmückungen verzichtet, wird als nüchtern und teilweise schwerfällig kritisiert.
* 2011: ''Das Lebende lebendiger werden lassen. Wie uns neues Denken aus der Krise führt.'' Oekom-Verlag, München 2011, ISBN 3-865812694.
 
* 2012: ''Es gibt keine Materie! Revolutionäre Gedanken über Physik und Mystik.'' Crotona-Verlag, Amerang 2012, ISBN 3-861910284.
Polybios ist nach [[Wikipedia:Herodot|Herodot]] und Thukydides der dritte herausragende antike Historiker. Zugleich ist er der einzige hellenistische Geschichtsschreiber, dessen Werk nicht ausschließlich fragmentarisch überliefert ist. Seine Arbeit ist ein Zeugnis für die wechselseitige Befruchtung griechischer und römischer Denkweise. In der modernen Forschung wird der Quellenwert seines Geschichtswerks allgemein als sehr hoch veranschlagt, wobei nicht zuletzt seine universalhistorische und stark reflektierende Betrachtungsweise Interesse erregt.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Hans-Peter Dürr}}
* {{WikipediaDE|Polybios}}
 
== Ausgaben und Übersetzungen ==
 
* Polybios: ''Geschichte''. Übersetzt von Hans Drexler. 2 Bde., Zürich 1961/3 (Bibliothek der alten Welt).
* ''Polybius. The Histories''. 6 Bände, Übersetzung von William Roger Paton, London u.&nbsp;a. 1922–1927 (Loeb Classical Library; zahlreiche Neuauflagen).
* Polybios: ''Der Aufstieg Roms. Historien''. Marix, Wiesbaden 2010.
* ''Polybius. The Histories''. Übersetzt von Robin Waterfield. Oxford/New York 2010.
* Polybios: ''Die Verfassung der römischen Republik. Historien, VI. Buch''. Übersetzt und herausgegeben von Karl-Friedrich Eisen und Kai Brodersen. Reclam, Stuttgart 2012 (Reclams Universal-Bibliothek 19012).


== Literatur ==
== Literatur ==
* Anne Devillard: ''Ein Leben voller Staunen. Im Gespräche mit Hans-Peter Dürr und Sue Dürr.'' Driediger Verlag, 2013, ISBN 978-3-932130-29-8.
'''Übersichtsdarstellungen'''
* Janick Auberger: ''Polybe de Mégalopolis.'' In: Richard Goulet (Hrsg.): ''Dictionnaire des philosophes antiques.'' Band 5, Teil 2, CNRS Éditions, Paris 2012, ISBN 978-2-271-07399-0, S. 1224–1236
* {{DNP|10|41|48|Polybios|Boris Dreyer|}}
* Klaus Meister: ''Die griechische Geschichtsschreibung. Von den Anfängen bis zum Ende des Hellenismus''. Kohlhammer, Stuttgart 1990, ISBN 3-17-010264-8, S. 153–166
* Carlo Scardino: ''Polybios von Megalopolis.'' In: Bernhard Zimmermann, Antonios Rengakos (Hrsg.): ''Handbuch der griechischen Literatur der Antike.'' Band 2: ''Die Literatur der klassischen und hellenistischen Zeit.'' C. H. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-61818-5, S. 659–667
'''Gesamtdarstellungen und Untersuchungen'''
* Boris Dreyer: ''Polybios. Leben und Werk im Banne Roms''. Olms, Hildesheim 2011, ISBN 978-3-487-14717-8 ([http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2012-1-194 Rezension] von Christoph Michels in ''H-Soz-u-Kult'')
* Volker Grieb, Clemens Koehn (Hrsg.): ''Polybios und seine Historien.'' Stuttgart 2013.
* Niklas Holzberg, Klaus Stiewe (Hrsg.): ''Polybios'' (= ''Wege der Forschung'', Bd. 347). Darmstadt 1982.
* Felix K. Maier: ''„Überall mit dem Unerwarteten rechnen“. Die Kontingenz historischer Prozesse bei Polybios'' (= ''Vestigia.'' Bd. 65). Beck, München 2012.
* Brian C. McGing: ''Polybius’ Histories''. Oxford 2010.
* Nikos Miltsios: ''The Shaping of Narrative in Polybius''. New York/Berlin 2013.
* Christopher Smith, Liv Mariah Yarrow (Hrsg.): ''Imperialism, Cultural Politics, and Polybius''. Oxford 2012.
* Frank W. Walbank: ''Polybius, Rome, and the Hellenistic world''. Cambridge 2002.
* Frank W. Walbank: ''A Historical Commentary on Polybios''. 3 Bände, Oxford 1999.
* Frank W. Walbank: ''Polybius''. Berkeley 1972 (Nachdruck 1990)
'''Lexikon'''
* ''Polybios-Lexikon''. Bearbeitet von Arno Mauersberger. 2. verbesserte Auflage von Christian-Friedrich Collatz, Melsene Gützlaf und Hadwig Helms. Akademie-Verlag, Berlin 2000ff.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat}}
* {{DNB-Portal|118595571}}
{{Wikiquote}}
* {{DDB|Person|118595571}}
* {{DNB-Portal|119272261}}
* [http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/Polybius/home.html ''Polybius. The Histories''] in der Übersetzung von William Roger Paton (Loeb Classical Library) bei LacusCurtius.
* [http://www.gcn.de/lebenslauf.html Lebenslauf] auf der [http://gcn.de/ Website] des Global Challenges Network.
* [http://rambambashi.wordpress.com/2009/12/25/polybius-portrait/ Relief aus der römischen Kaiserzeit mit Darstellung des Polybios] (englisch)
* [http://www.familientagebuch.de/rainer/2007/12.html#4 ''Sprache der modernen Physik.''] Mitschnitt einer Veranstaltung in Hamburg (mp3).
* [http://pace-ancient.mcmaster.ca/york/york/showTextPolybius ''Historien'' (griechisch/englisch)] bei PACE
* [http://video.tu-clausthal.de/film/48.html ''Wir erleben mehr als wir begreifen.''] Seminar an der TU Clausthal.
* [https://www.youtube.com/watch?v=XgtOZnBhdfU&feature=channel_page ''Hans-Peter Dürr talks about the World Future Council.''] Auf: ''youtube.com.''
* Potsdamer Manifest: [http://www.vdw-ev.de/index.php/de-DE/projekte-der-vereinigung-deutscher-wissenschaftler-vdw-ev/potsdamer-manifest1 ''We have to learn to think in a new way.''] Auf: ''vdw-ev.de.'' (PDF, 965&nbsp;kB).
* Eckart Löhr: [http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=16345&ausgabe=201202 ''Der Teil und das Ganze.''] Auf: ''literaturkritik.de.'' Rezension zu „Das Lebende lebendiger werden lassen“.
* [http://electure.studiumdigitale.uni-frankfurt.de/index.php?cat=1&sem=5&videolist=234 ''Warum es ums Ganze geht.''] Videovortrag vom 16.&nbsp;Mai 2012 an der Goethe Universität Frankfurt im Rahmen des Physikalischen Kolloquiums.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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Version vom 11. Februar 2018, 15:29 Uhr

„Stele des Polybios“

Polybios (altgriechisch Πολύβιος, auch Polybios von Megalopolis; * um 200 v. Chr. in Megalopolis auf der Peloponnes; † um 120 v. Chr. vermutlich auf der Peloponnes) war ein antiker griechischer Geschichtsschreiber, der durch sein Hauptwerk, die Historíai, berühmt wurde. Darin beschreibt er in 40 Büchern die Universalgeschichte Roms über den Zeitraum vom Beginn des Ersten Punischen Krieges bis zur Zerstörung Karthagos und Korinths (264 v. Chr. bis 146 v. Chr.).

Leben

Polybios stammte aus einer vornehmen Familie aus Megalopolis in Arkadien. Sein Vater Lykortas war zeitweise Stratege im Achaiischen Bund. Polybios war im Achaiischen Bund politisch und militärisch tätig. 170/169 v. Chr. war er Hipparch des Achaiischen Bundes und wurde 167 v. Chr. nach Beendigung des Dritten Makedonischen Krieges als eine von 1.000 Geiseln nach Rom gebracht.

Dort kam er in das Haus des römischen Feldherrn Lucius Aemilius Paullus Macedonicus. Dieser stammte aus einem der vornehmsten römischen Geschlechter und vertraute ihm die Erziehung seiner beiden Söhne an. Er wurde zum Freund und Berater des jüngeren Scipio. Die hieraus gewonnenen Einsichten veranlassten Polybios dazu, ein Werk über Rom als neuer Weltmacht zu schreiben, von der er sehr beeindruckt war.

Im Jahr 151 v. Chr. fasste der römische Senat den Beschluss, den überlebenden achaiischen Geiseln 16 Jahre nach ihrer Verschleppung nach Italien die Rückkehr in ihre griechische Heimat zu gestatten. Zunächst kehrte auch Polybios in seine Heimat zurück. Er schloss sich später – nun als freier Mann – Scipio Africanus dem Jüngeren wieder an und nahm als dessen militärischer Berater am Dritten Punischen Krieg teil. Er erlebte so unter anderem den endgültigen Untergang Karthagos im Jahre 146 v. Chr. Nachdem zuvor erneut Krieg zwischen dem Achaiischen Bund und der Römischen Republik ausgebrochen war, ging Polybios wieder nach Griechenland. Nach der endgültigen Niederlage der Achaier (ebenfalls im Jahr 146 v. Chr.: Zerstörung Korinths) wurde er von Rom mit der Neuordnung der Verhältnisse in Griechenland beauftragt. Sein hohes Ansehen bei den Römern als auch bei seinen eigenen Landsleuten begründete dies. Er konnte schließlich günstige Bedingungen für seine bezwungenen Landsleute aushandeln, die ihn dafür mit mehreren Standbildern ehrten.

Polybios-Chiffre[1]
1 2 3 4 5
1 A B C D E
2 F G H I/J K
3 L M N O P
4 Q R S T U/V
5 W X Y Z

Er könnte Scipio auch noch in den Jahren 134/133 v. Chr. beim Krieg gegen Numantia begleitet haben. Die restlichen Jahre seines Lebens widmete sich Polybios der Schriftstellerei. Neben seinen Leistungen als Geschichtsschreiber ist er als Namensgeber der Polybios-Chiffre bekannt, die zur Nachrichtenübermittlung und Kryptographie anwendbar war.

Auch der Mondkrater Polybius und der Asteroid (6174) Polybius sind nach ihm benannt.

Werk

Inhalt: Universalgeschichte

Polybios verfasste neben einigen verlorenen Werken sein Hauptwerk Historíai. Hierbei handelt es sich um eine Universalgeschichte in griechischer Sprache, die in 40 Büchern die Zeit von 264 v. Chr. bis 146 v. Chr., hauptsächlich aber den Zeitraum von 220 v. Chr. bis 168 v. Chr. (Bücher 3–29) behandelt. Erhalten sind davon die ersten fünf Bücher und Auszüge aus den restlichen. Die Bücher 30–39 behandeln den Zeitraum von 167 bis 145/144, wobei Buch 34 eine Geographie des damaligen Weltkreises beinhaltet.

Grundformen der Verfassungen (nach Polybios):

Anzahl der Herrscher Gemeinwohl Eigennutz
Einer Monarchie Tyrannis
Einige Aristokratie Oligarchie
Alle Demokratie Ochlokratie

Polybios will seinen Landsleuten erklären, wie und warum in weniger als hundert Jahren Rom aus äußerster Bedrängung (vgl. Vae victis) zur Weltmacht aufzusteigen vermochte. Für ausschlaggebend hielt er dabei das Verfassungsleben und Heerwesen der Römer. In Buch 6, das die Verfassung der Römischen Republik darstellt, nutzt er in konkreten Einzelzügen und vorläuferhaft politiksoziologisch die maßgeblich von Platon und Aristoteles entwickelte Theorie vom Kreislauf der Verfassungen, die später von Cicero im philosophischen Werk De re publica sowie von Niccolò Machiavelli und anderen aufgegriffen wurde. Hier erörtert er die verschiedenen Regierungsformen (Monarchie, Aristokratie, Demokratie) mittels empirischer Vergleiche bestehender Verfassungen, nicht anhand von Denkmodellen, mit deutlicher Wendung gegen Platon: Er wolle Menschen und nicht Statuen von Menschen beschreiben. Er kam zum Schluss, dass die Kombination der Elemente aus den drei Formen in der römischen Verfassung optimal sei, urteilte aber dennoch, dass eine jede Verfassung einmal untergehe.

Die Quellen, die Polybios für sein Werk heranzog, waren wohl recht vielfältig. Polybios erwähnt mehrere Autoren, die er teils auch kritisiert, unter anderem Ephoros von Kyme, Theopompos, Kallisthenes von Olynth oder Philinos von Akragas. Kritik übte Polybios auch an verschiedenen pro-karthagischen Geschichtsschreibern, namentlich an Chaireas und Sosylos,[2] die er möglicherweise aber dennoch benutzt hat. Ein Papyrusfragment belegt zudem, dass die Kritik des Polybios an Sosylos ungerechtfertigt ist.

Methode: pragmatische Geschichtsschreibung

Innerhalb seiner Universalgeschichte erörtert Polybios auch Methoden der Geschichtsschreibung und nennt Anforderungen, die Historiker zu erfüllen haben. In diesem Zusammenhang prägt Polybios den Begriff der pragmatischen Geschichtsschreibung (pragmatike historia). Deren Ziel sei die Belehrung durch die Darstellung von Taten und Sachverhalten. Er grenzt diesen Begriff zu Beginn des 9. Buches von der Beschreibung von Stammesverwandtschaften und Kolonisationen ab.

Der pragmatische Geschichtsschreiber möchte dem Leser den Geschichtsverlauf verständlich machen. Dieser soll aus den aufgezeigten vielschichtigen Kausalitäten Schlüsse für sein künftiges Handeln ziehen können. Somit richtet sich die pragmatische Geschichtsschreibung in erster Linie an Politiker und militärische Befehlshaber. Sie umfasst drei Teile, die mit spezifischen Anforderungen einhergehen. Zunächst soll der Geschichtsschreiber die Quellen studieren und bearbeiten. Aufgrund der Komplexität der Ereignisse sei man auch bei selbsterlebter Geschichte darauf angewiesen, Erkundigungen einzuziehen.

Der zweite Teil umfasst die Kenntnis der topographischen Begebenheiten. Dies sei eine wesentliche Voraussetzung für die Kriegsgeschichtsschreibung. Dazu müsse der Geschichtsschreiber die Örtlichkeiten und Schauplätze besichtigen und sich mit geographischen Eigentümlichkeiten und Entfernungen vertraut machen. In diesem Zusammenhang kritisiert er insbesondere Timaios von Tauromenion. Dieser begnügte sich nach eigenen Angaben mit einem fünfzigjährigen Bücherstudium in Athen.

Der dritte Teil verlangt vom Geschichtsschreiber den Nachweis politischer und militärischer Taten. Polybios war selbst Staatsmann und Feldherr. Er war daher der Auffassung, nur jemandem mit entsprechenden Erfahrungen gelänge eine zutreffende Darstellung. Polybios’ eigenes historisches Werk erfüllt die von ihm gestellten Kriterien häufig nicht. Deutlich zeigt sich dies an seiner Kritik an den früheren Geschichtsschreibern. Einige Kritikpunkte erweisen sich als paradox. Andere Kritikpunkte lassen die von ihm geforderte Vertrautheit mit geographischen Gegebenheiten vermissen (vgl. hierzu die Kritik am Geschichtsschreiber Kallisthenes).

Moderne Bewertung

Gipsmodell für die historisierende Darstellung des Polybios an der Rampe des Parlamentsgebäudes in Wien (Alois Düll 1899)

In seinen Werken orientiert sich Polybios oft an seinem Vorbild Thukydides, da auch für Polybios zur Wahrheitsfindung die kritische und nüchterne Beobachtung und die Befragung der Zeitzeugen im Vordergrund stehen. Aus ihnen versucht er, Einsicht in Ursachen und Zusammenhänge zu gewinnen und sich so der historischen Wahrheit zu nähern. Ebenso wie Thukydides schildert Polybios vorrangig den Teil der Geschichte, den er persönlich erlebte.

Ohne Thukydides' kunstvoll-knappe stilistische Brillanz strebt er nach unparteiischer Aufdeckung der historisch-politischen Wahrheit und nach verständiger Belehrung. Ferner grenzt er sich deutlich von der „tragischen“ Geschichtsschreibung ab, die durch erfundene Erzählungen gezielt Emotionen erzeugen wollte.[3] Seine eingefügten Reden, die der antiken historiographischen Tradition entsprechend nicht wortwörtlich, sondern sinngemäß zu nehmen sind, bemühen sich, die strittigen Situationen und deren Beurteilungen so exakt wie möglich herauszuarbeiten. Er wurde immer als analytischer Historiker, aber nicht als Schriftsteller oder wegen seiner Erzählkunst geschätzt. Sein Stil, der weitestgehend auf rhetorische Ausschmückungen verzichtet, wird als nüchtern und teilweise schwerfällig kritisiert.

Polybios ist nach Herodot und Thukydides der dritte herausragende antike Historiker. Zugleich ist er der einzige hellenistische Geschichtsschreiber, dessen Werk nicht ausschließlich fragmentarisch überliefert ist. Seine Arbeit ist ein Zeugnis für die wechselseitige Befruchtung griechischer und römischer Denkweise. In der modernen Forschung wird der Quellenwert seines Geschichtswerks allgemein als sehr hoch veranschlagt, wobei nicht zuletzt seine universalhistorische und stark reflektierende Betrachtungsweise Interesse erregt.

Siehe auch

Ausgaben und Übersetzungen

  • Polybios: Geschichte. Übersetzt von Hans Drexler. 2 Bde., Zürich 1961/3 (Bibliothek der alten Welt).
  • Polybius. The Histories. 6 Bände, Übersetzung von William Roger Paton, London u. a. 1922–1927 (Loeb Classical Library; zahlreiche Neuauflagen).
  • Polybios: Der Aufstieg Roms. Historien. Marix, Wiesbaden 2010.
  • Polybius. The Histories. Übersetzt von Robin Waterfield. Oxford/New York 2010.
  • Polybios: Die Verfassung der römischen Republik. Historien, VI. Buch. Übersetzt und herausgegeben von Karl-Friedrich Eisen und Kai Brodersen. Reclam, Stuttgart 2012 (Reclams Universal-Bibliothek 19012).

Literatur

Übersichtsdarstellungen

  • Janick Auberger: Polybe de Mégalopolis. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques. Band 5, Teil 2, CNRS Éditions, Paris 2012, ISBN 978-2-271-07399-0, S. 1224–1236
  • Boris Dreyer: Polybios. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 10, Metzler, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-01480-0, Sp. 41–48.
  • Klaus Meister: Die griechische Geschichtsschreibung. Von den Anfängen bis zum Ende des Hellenismus. Kohlhammer, Stuttgart 1990, ISBN 3-17-010264-8, S. 153–166
  • Carlo Scardino: Polybios von Megalopolis. In: Bernhard Zimmermann, Antonios Rengakos (Hrsg.): Handbuch der griechischen Literatur der Antike. Band 2: Die Literatur der klassischen und hellenistischen Zeit. C. H. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-61818-5, S. 659–667

Gesamtdarstellungen und Untersuchungen

  • Boris Dreyer: Polybios. Leben und Werk im Banne Roms. Olms, Hildesheim 2011, ISBN 978-3-487-14717-8 (Rezension von Christoph Michels in H-Soz-u-Kult)
  • Volker Grieb, Clemens Koehn (Hrsg.): Polybios und seine Historien. Stuttgart 2013.
  • Niklas Holzberg, Klaus Stiewe (Hrsg.): Polybios (= Wege der Forschung, Bd. 347). Darmstadt 1982.
  • Felix K. Maier: „Überall mit dem Unerwarteten rechnen“. Die Kontingenz historischer Prozesse bei Polybios (= Vestigia. Bd. 65). Beck, München 2012.
  • Brian C. McGing: Polybius’ Histories. Oxford 2010.
  • Nikos Miltsios: The Shaping of Narrative in Polybius. New York/Berlin 2013.
  • Christopher Smith, Liv Mariah Yarrow (Hrsg.): Imperialism, Cultural Politics, and Polybius. Oxford 2012.
  • Frank W. Walbank: Polybius, Rome, and the Hellenistic world. Cambridge 2002.
  • Frank W. Walbank: A Historical Commentary on Polybios. 3 Bände, Oxford 1999.
  • Frank W. Walbank: Polybius. Berkeley 1972 (Nachdruck 1990)

Lexikon

  • Polybios-Lexikon. Bearbeitet von Arno Mauersberger. 2. verbesserte Auflage von Christian-Friedrich Collatz, Melsene Gützlaf und Hadwig Helms. Akademie-Verlag, Berlin 2000ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Auch: Polybios-Quadrat. In den Historien beschrieb Polybios ab Buch X 45,6 die Anwendung dieser Methode zur Nachrichtenübermittlung mit Fackeln. Er benutzte das griechische Alphabet.
  2. Polybios: Historien, Buch III 20,5.
  3. Im 12. Buch übt Polybios Kritik an mehreren anderen Geschichtsschreibern. Vgl. auch zusammenfassend Meister, Geschichtsschreibung, S. 160f.


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