imported>Odyssee |
imported>Odyssee |
Zeile 1: |
Zeile 1: |
| Als '''Neurowissenschaften''' (seltener auch im Singular: '''Neurowissenschaft''') werden die [[naturwissenschaft]]lichen Forschungsbereiche bezeichnet, in denen Aufbau und Funktionsweise von [[Nervensystem]]en untersucht werden. Aufgrund der vielfältigen verwendeten Methoden wird neurowissenschaftliche Forschung von Wissenschaftlern aus vielen verschiedenen Disziplinen wie etwa [[Physiologie]], [[Psychologie]], [[Medizin]], [[Informatik]], [[Robotik]] oder [[Mathematik]] betrieben.<ref name="Trappenberg">{{Literatur |Autor=Trappenberg, Thomas P. |Titel=Fundamentals of Computational Neuroscience | Auflage=2|Verlag=Oxford University Press |Ort=Oxford |Datum=2010|ISBN=978-0-19-956841-3}}</ref>
| | [[Datei:Max Planck (1858-1947).jpg|mini|Max Planck (ca. 1930) |
| | [[Datei:Max.Planck.Signature.png|rahmenlos|Unterschrift Max Plancks]]]] |
|
| |
|
| Forschungsrichtungen, die hauptsächlich den Aufbau und die Leistungen des [[Gehirn]]s von [[Mensch]]en und [[Affen|Menschenaffen]] ([[Primaten]]) untersuchen, werden umgangssprachlich oftmals unter der Bezeichnung '''Hirn-''' oder '''Gehirnforschung''' zusammengefasst.
| | '''Max Karl Ernst Ludwig Planck''' (* [[Wikipedia:23. April|23. April]] [[Wikipedia:1858|1858]] in [[Wikipedia:Kiel|Kiel]]; † [[Wikipedia:4. Oktober|4. Oktober]] [[Wikipedia:1947|1947]] in [[Wikipedia:Göttingen|Göttingen]]) war deutscher [[Physiker]]. |
|
| |
|
| == Geschichte der Hirnforschung == | | Planck studierte in [[Wikipedia:München|München]] und [[Wikipedia:Berlin|Berlin]] Physik. [[1879]] korrigierte er in seiner [[Wikipedia:Dissertation|Dissertation]] die Arbeiten von [[Wikipedia:Rudolf Clausius|Rudolf Clausius]] zur [[Wärmelehre]] und verallgemeinerte den [[Wikipedia:Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik|Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik]] für alle Naturvorgänge. 1885 folgte Planck zunächst einem Ruf nach Kiel. 1887 legte er in einer Serie von Abhandlungen mit dem Titel «''Über das Princip der Vermehrung der Entropie''» dar, dass die von Clausius eingeführte [[Entropie]] <math>\Delta S = \int \frac{{\rm d}Q}{T}</math> bei irreversiblen Prozessen stets zunimmt und bei reversiblen Prozessen gleichbleibt und erkannte, dass das Maximum der Entropie dem Gleichgewichtszustand entspricht, was insbesondere auch für die [[Technik|technische]] Anwendung der aufstrebenden [[Chemie]] bedeutsam war. In seiner [[Wikipedia:Habilitation|Habilitation]]sschrift beschäftigte sich Planck ausführlich mit Gleichgewichtsprozessen. Der damals vorherrschenden [[mechanistisch]]en [[Atom]]theorie stand Planck dabei sehr skeptisch gegenüber und verfolgte einen mehr [[Phänomenologie|phänomenologischen]] Ansatz. Daneben beschäftige sich Planck mit den [[Elektrizität|elektrischen]] Eigenschaften von Lösungen und begründete die moderne [[Wikipedia:Elektrolyt|Elektrolyt]]theorie. |
|
| |
|
| Funde aus dem frühen Ägypten belegen, dass vor 5000 Jahren operative Eingriffe in das Zentralnervensystem getätigt wurden. Etwa 70 Prozent der Schädel, bei welchen Hinweise auf derartige Eingriffe vorhanden sind, haben sich nach dem Eingriff biologisch verändert, was darauf hinweist, dass der Patient den Eingriff um Monate oder Jahre überlebt hat.
| | 1889 ging Planck nach Berlin, wo er sich mit der Strahlung [[Wikipedia:Schwarzer Körper|Schwarzer Körper]] beschäftigte und [[Wikipedia:1900|1900]] die [[Wikipedia:plancksche Strahlungsformel|plancksche Strahlungsformel]] präsentierte, die diese erstmals korrekt beschrieb. Damit legte er den Grundstein für die moderne [[Quantenphysik]]. Für die Entdeckung des [[Plancksches Wirkungsquantum|planckschen Wirkungsquantums]] wurde ihm nach dem Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] 1919 „''in Anerkennung der Dienste, die er durch die Entdeckung von Energiequanten zur Weiterentwicklung der Physik geleistet hat''“ der [[Wikipedia:Nobelpreis für Physik|Nobelpreis für Physik]] des Jahres 1918 zuerkannt.<ref>''[http://nobelprize.org/nobel_prizes/physics/laureates/1918/ The Nobel Prize in Physics 1918.]'' Bei: [http://nobelprize.org nobelprize.org].</ref> |
|
| |
|
| Um 500 v. Chr. soll [[Wikipedia:Alkmaion (Philosoph)|Alkmaion von Kroton]] als Erster die Sehnerven und andere sensorische Nerven entdeckt haben. Alkmaion entwickelte die Vorstellung, dass Nerven hohl seien und ein Medium (''kenon'') umhüllten, das den Sinneseindruck zum Gehirn leitet<ref name="Lloyd1952">Lloyd, 1975.: ''Alcmeon and the early history of dissection'', Sudhoffs Archiv, 59: 113–47</ref>. [[Hippokrates von Kos]] (ca. 460–370 v. Chr.) erkannte, dass das Gehirn als Sitz der Empfindung und Intelligenz fungiert. [[Aristoteles]] (384–322 v. Chr.) ging im Gegensatz dazu davon aus, dass die [[Empfindung]]en und der [[Verstand]] ihren Sitz im [[Herz]]en haben; das Gehirn sei nur ein Kühlorgan für das [[Blut]].
| | In den letzten Lebensjahrzehnten beschäftigte sich Planck vor allem mit den [[Philosophie|philosophischen]] Grenzfragen seines physikalischen Weltbildes. Er bejahte entschieden die Existenz [[Gott]]es und sah in der [[Naturwissenschaft]] ein Streben nach dessen [[empirisch]]er Erkenntnis, ohne dieses Ziel aber auf ''diesem'' Weg jemals voll erreichen zu können. So bekannte er: |
|
| |
|
| [[Wikipedia:Herophilos von Chalkedon|Herophilos von Chalkedon]] (um 325–255 v. Chr.) führte erste Autopsien durch und beschrieb korrekt die grobe Anatomie des Gehirns. Den Sitz der [[Seelenkräfte]] und der menschlichen [[Intelligenz]] sah er aber nicht im Hirngewebe, sondern in den von ihm erstmals entdeckten drei flüssigkeitsgefüllten [[Hirnventrikel]]n<ref name="Diels1952">H. Diels, W. Kranz: ''Die Fragmente der Vorsokratiker.'' 6th ed., Band 1, S. 210–216. Weidmann, Dublin, Ireland 1952.</ref>. [[Wikipedia:Erasistratos|Erasistratos]] (um 305–250 v. Chr.) unterschied bereits [[Motorische Nerven|motorische]] und [[sensorische Nerven]] und zählte wegen der Aufteilung des erten Ventrikels in einen rechten und linken Ventrikel vier Hirnventrikel. Die Seele lokalisierte er in den Hirnwindungen bzw. Hirnhäuten<ref>Bernhard D. Haage: ''Ventrikellehre.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1439.</ref>
| | {{LZ|Meine Herren, als Physiker, der sein ganzes Leben der nüchternen Wissenschaft, der Erforschung der Materie widmete, bin ich sicher von dem Verdacht frei, für einen Schwarmgeist gehalten zu werden. |
|
| |
|
| Um 129–216 n. Chr. wurden die Funktionen einzelner Nervenbahnen durch [[Galenos|Galen]] und erstmals auch das [[Sympathisches Nervensystem|sympathische Nervensystem]] beschrieben, dessen eigentliche Funktion er aber nicht erfasste. Herophilus folgend nahm er an, dass sich in den Hirnventrikeln eine Substanz befinde, das ''[[pneuma]] psychikon'' (lat. ''spiritus animalis''), welche durch die als hohl angenommenen Nerven einerseits [[Sinneswahrnehmung]]en zum Gehirn transportiere, andererseits aber auch die [[Muskel]]n in [[Tätigkeit]] setze.
| | Und so sage ich nach meinen Erforschungen des Atoms dieses: Es gibt keine Materie an sich. |
|
| |
|
| Die Kenntnisse der westeuropäischen [[Hirnforschung]] fielen im Mittelalter hinter das Niveau der Antike zurück. Die Forschung im europäischen Raum beschäftigte sich primär mit der klösterlichen [[Heilkräuter]]kunde. Einzig [[Albertus Magnus]] (um 1200-1280) baute um 1250 die Ventrikellehre weiter aus und stellte sich vor, dass der ''spiritus animalis'' ähnlich einem römischen Brunnen von einem Ventrikel in den nächsten fließe und so den Prozess von der [[Wahrnehmung]] über das [[Denken]] zur [[Erinnerung]] führe.
| | Alle Materie entsteht und besteht nur durch eine Kraft, welche die Atomteilchen in Schwingung bringt und sie zum winzigsten Sonnensystem des Alls zusammenhält. Da es im ganzen Weltall aber weder eine intelligente Kraft noch eine ewige Kraft gibt - es ist der Menschheit nicht gelungen, das heißersehnte Perpetuum mobile zu erfinden - so müssen wir hinter dieser Kraft einen bewußten intelligenten Geist annehmen. Dieser Geist ist der Urgrund aller Materie. Nicht die sichtbare, aber vergängliche Materie ist das Reale, Wahre, Wirkliche - denn die Materie bestünde ohne den Geist überhaupt nicht - , sondern der unsichtbare, unsterbliche Geist ist das Wahre! Da es aber Geist an sich ebenfalls nicht geben kann, sondern jeder Geist einem Wesen zugehört, müssen wir zwingend Geistwesen annehmen. Da aber auch Geistwesen nicht aus sich selber sein können, sondern geschaffen werden müssen, so scheue ich mich nicht, diesen geheimnisvollen Schöpfer ebenso zu benennen, wie ihn alle Kulturvölker der Erde früherer Jahrtausende genannt haben: Gott! Damit kommt der Physiker, der sich mit der Materie zu befassen hat, vom Reiche des Stoffes in das Reich des Geistes. Und damit ist unsere Aufgabe zu Ende, und wir müssen unser Forschen weitergeben in die Hände der Philosophie.|Archiv der Max-Planck-Gesellschaft<ref>Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft, Abt. Va, Rep. 11 Planck, Nr. 1797</ref>}} |
|
| |
|
| In der [[Renaissance]] wurden erstmals wieder [[Wikipedia:Obduktion|Sektion]]en durchgeführt. Der Italiener [[Wikipedia:Giovanni Alfonso Borelli|Giovanni Alfonso Borelli]] (1608–1679) stellte erstmals die Existenz eines gasförmigen ''spiritus animalis'' in Frage. Er vermutete stattdessen die Existenz einer Flüssigkeit, des ''succus nerveus'', die durch die hohlen Nerven in die Extremitäten gepresst werden und so nach pneumatischen Prinzipien die Handlungen hervorrufen solle.
| | Am 4. Oktober 1947 starb Max Planck an den Folgen eines Sturzes und mehrerer Schlaganfälle und wurde auf dem [[Wikipedia:Stadtfriedhof (Göttingen)|Stadtfriedhof Göttingen]] beerdigt. |
| | |
| Dass elektrische Impulse über Nerven strömen, wurde im 18. Jahrhundert erstmals beschrieben. Eine zweite wichtige Erkenntnis des 18. Jahrhunderts war, dass die [[Großhirnrinde]] funktionell gegliedert ist. Ab dem 19. Jahrhundert schritt auch die Erforschung der Hirnanatomie schnell voran. Im noch jungen 21. Jahrhundert entwickelt sich die Neurowissenschaft primär methodologisch weiter.
| |
| | |
| == Neurowissenschaften und Materialismus ==
| |
| | |
| In den Neurowissenschaften ist ein starker Hang zum [[Naturalismus]], [[Materialismus]], [[Determinismus]] und [[Reduktionismus]] zu bemerken. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn in der [[Nerven]]tätigkeit und insbesondere im Bau des [[Gehirn]]s spiegelt sich die [[geist]]ige Tätigkeit des [[Mensch]]en als ein sogar in gewissem Sinn selbsttätiges [[Abbild]] wider, denn „''alles das, was das übersinnliche Seelenorgan vorstellungsgemäß kann, kann das Gehirn auch.''“ {{GZ||314|90}} Der Mensch wird dadurch vielfach geradezu als gehirngesteuerter [[Automat]] angesehen, dem der [[Freier Wille|freie Wille]] abgesprochen und das [[Ich]] und die [[Seele]] zu wesenlosen [[Illusionen]] erklärt werden. So behauptet etwa der [[Neurophysiologe]] [[Wikipedia:Wolf Singer|Wolf Singer]] ganz dezidiert: „''Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen''“<ref>Wolf Singer in: Christian Geyer (Hrsg.): ''Hirnforschung und Willensfreiheit'', 2004, S. 30ff.</ref> und fordert entsprechende [[Ethik|ethische]] und [[Rechtsleben|juristische]] Konsequenzen bezüglich der [[Schuld]]fähigkeit des Menschen.
| |
| | |
| {{Zitat|Wir haben herausgefunden, dass im
| |
| menschlichen Gehirn neuronale Prozesse
| |
| und bewusst erlebte geistig-psychische
| |
| Zustände aufs Engste miteinander
| |
| zusammenhängen und unbewusste Prozesse
| |
| bewussten in bestimmter Weise vorausgehen.
| |
| Die Daten, die mit modernen
| |
| bildgebenden Verfahren gewonnen
| |
| wurden, weisen darauf hin, dass sämtliche
| |
| innerpsychischen Prozesse mit neuronalen
| |
| Vorgängen in bestimmten Hirnarealen
| |
| einhergehen – zum Beispiel Imagination,
| |
| Empathie, das Erleben von
| |
| Empfindungen und das Treffen von Entscheidungen
| |
| beziehungsweise die absichtsvolle
| |
| Planung von Handlungen.
| |
| Auch wenn wir die genauen Details
| |
| noch nicht kennen, können wir davon
| |
| ausgehen, dass all diese Prozesse grundsätzlich
| |
| durch physikochemische Vorgänge
| |
| beschreibbar sind. Diese näher zu
| |
| erforschen ist die Aufgabe der Hirnforschung
| |
| in den kommenden Jahren und
| |
| Jahrzehnten.
| |
| | |
| Geist und Bewusstsein – wie einzigartig
| |
| sie von uns auch empfunden werden
| |
| – fügen sich also in das Naturgeschehen
| |
| ein und übersteigen es nicht. Und:
| |
| Geist und Bewusstsein sind nicht vom
| |
| Himmel gefallen, sondern haben sich in
| |
| der Evolution der Nervensysteme allmählich
| |
| herausgebildet. Das ist vielleicht
| |
| die wichtigste Erkenntnis der modernen
| |
| Neurowissenschaften.|Das Manifest|''Elf führende Neurowissenschaftler über Gegenwart und Zukunft der Hirnforschung'', in: GEHIRN & GEIST 6/2004, S. 33 [https://www.spektrum.de/pdf/gug-04-06-s030-pdf/834924]}}
| |
| | |
| [[Rudolf Steiner]] bemerkte dazu weiter:
| |
| | |
| {{GZ|Ich war einmal in einer
| |
| Versammlung — es ist schon viele Jahre her —, da sprach zuerst
| |
| ein Arzt über den Gehirnbau, setzte den Gehirnbau auseinander im
| |
| Zusammenhang mit dem Seelenleben des Menschen, nach einer Anschauung,
| |
| die man ganz mit Recht materialistisch nennen kann. Es
| |
| war ein ganz waschechter Materialist, der da den Gehirnbau ganz gut
| |
| auseinandersetzte, soweit er heute durchforscht ist, und der also das
| |
| Seelenleben im Zusammenhang mit diesem Gehirnbau erklärte. Der
| |
| Vorsitzende dieser Versammlung war ein Herbartianer, und der konstruierte
| |
| sich nun nicht den Gehirnbau, aber dasjenige, was das Vorstellungsleben
| |
| ist, so wie es der Philosoph Herhart einmal gemacht
| |
| hat. Der sagte dann: Ja, es ist doch merkwürdig, der Physiologe, der
| |
| Arzt, der zeichnet das Gehirn auf und macht da Figuren; wenn ich
| |
| als Herbartianer, sagte er, die komplizierten Vorstellungsassoziationen
| |
| aufzeichne, wobei ich bloß ein Bild meine von dem, was sich als
| |
| Vorstellungen vergesellschaftet, nicht etwa Nervenfäden, die eine
| |
| Nervenzelle mit der anderen verbinden, wenn ich als richtiger
| |
| Herbartianer, der sich nicht um das Gehirn kümmert, dasjenige, was
| |
| ich mir vorstelle über die Art, wie sich Vorstellungen verketten und
| |
| so weiter, nur ganz symbolisch zeichne, so sieht das ganz ähnlich aus
| |
| wie die Zeichnungen des Physiologen über den physischen Gehirnbau.
| |
| | |
| Das ist nicht ohne Grund, daß das ähnlich ausschaut. Indem wir
| |
| immer mehr und mehr auf den Bau des Gehirnes naturwissenschaftlich
| |
| gekommen sind, hat sich nämlich immer mehr und mehr gezeigt,
| |
| daß eigentlich der äußere Bau des Gehirnes in einer ganz wunderbaren
| |
| Weise dem Bau unseres Vorstellungslebens entspricht. Man
| |
| kann alles, was man im Vorstellungsleben findet, im Gehirnbau
| |
| wiederfinden. Es ist einfach — bitte nehmen Sie das cum grano
| |
| salis —, wie wenn die Natur selber im Gehirn ein plastisches Abbild
| |
| unseres Vorstellungslebens hätte schaffen wollen. So etwas fällt
| |
| einem ganz besonders auf, wenn man, sagen wir, solche Darstellungen
| |
| wie die von Meynert liest. Jetzt sind sie schon etwas veraltet.
| |
| Meynert ist Materialist gewesen, aber ausgezeichneter Gehirnphysiologe,
| |
| Psychiater, und man möchte sagen: Ja, der ist Materialist,
| |
| aber dasjenige, was er einem als Materialist gibt, das ist eine
| |
| wunderbare Abschlagszahlung für dasjenige, was man auch herauskriegt,
| |
| auch wenn man sich gar nicht kümmert um das menschliche
| |
| Gehirn, sondern bloß darum, wie sich Vorstellungen verknüpfen und
| |
| trennen und so weiter und bloß diese Symbole hinzeichnen will. —
| |
| Kurz, es ist so, daß man, wenn man durch irgend etwas Materialist
| |
| werden könnte, man es durch den Bau des menschlichen Gehirnes
| |
| ganz besonders werden könnte. Jedenfalls muß man sagen, wenn es
| |
| ein Geistig-Seelisches gibt, so hat dieses Geistig-Seelische im menschlichen
| |
| Gehirn einen so adäquaten Ausdruck gefunden, daß man nun
| |
| gar nicht weit von der Behauptung ist: Ja, was braucht man noch
| |
| ein Geistig-Seelisches für das Vorstellungsleben? Wenn man noch eine
| |
| Seele verlangen würde, die noch denken kann! Da das Gehirn eine so
| |
| genaue Abbildung ist des Geistig-Seelischen, warum soll das Gehirn
| |
| nicht denken können? -
| |
| | |
| Alle diese Dinge müssen Sie natürlich mit dem bekannten Gran
| |
| Salz verstehen. Ich will nur auf den Sinn der ganzen Auseinandersetzung
| |
| heute hinweisen. Das menschliche Gehirn kann einen schon,
| |
| besonders wenn man in die Detailforschung eingeht, zum Materialisten
| |
| machen. Und was da so eigentlich für ein Geheimnis obwaltet,
| |
| was da eigentlich zugrunde liegt, das wird einem doch erst klar,
| |
| wenn man zur imaginativen Erkenntnis kommt. In der imaginativen
| |
| Erkenntnis nämlich zeigen sich einem Bilder, Bilder für nur wirklich
| |
| Geistiges, Bilder, die man früher nicht gesehen hat. Aber man möchte
| |
| sagen, diese Bilder erinnern einen an die durch die Nervenzellen
| |
| und Nervenfäden geformten Bilder im menschlichen Gehirn. Und ich
| |
| möchte sagen, wenn ich Ihnen eine Erklärung geben sollte für die
| |
| Frage: Was ist eigentlich dieses imaginative Erkennen, das natürlich
| |
| ganz im Übersinnlichen verläuft, was ist es? Wenn ich Ihnen gleichsam
| |
| versinnbildlichen sollte die imaginative Erkenntnis, wie der
| |
| Mathematiker es mit seinen Figuren macht, indem er mathematische
| |
| Probleme aufzeichnet, dann könnte ich auch sagen: Man stelle sich
| |
| vor, daß man in der Welt mehr erkennt, als was die Sinneserkenntnis
| |
| gibt, dadurch, daß man aufsteigen kann zu Bildern, die eine Realität
| |
| so geben, wie das menschliche Gehirn die menschliche Seelenrealität
| |
| gibt. Die Natur selber stellt das hin als eine reale, als eine sinnlichreale
| |
| Imagination im Gehirn, was man eigentlich in der imaginativen
| |
| Erkenntnis auf einem höheren Gebiete erlangt.
| |
| | |
| Aber dadurch kommt man tiefer jetzt hinein in die menschliche
| |
| Konstitution. Wir werden das in den nächsten Tagen sehen: Man
| |
| kommt immer zu einer Möglichkeit, diesen Wunderbau des menschlichen
| |
| Gehirns nicht isoliert für sich zu sehen, sondern ich möchte
| |
| sagen: Während man eine Welt, eine übersinnliche Welt oben durch
| |
| Imagination sieht, ist es so, wie wenn ein Teil dieser Welt sich
| |
| herunterrealisiert hätte und im menschlichen Gehirn eine realisierte
| |
| imaginative Welt vor uns dastehen würde. Und in der Tat, ich glaube
| |
| nicht, daß irgend jemand adäquat über das menschliche Gehirn
| |
| sprechen kann, der nicht in dem menschlichen Gehirnbau eine imaginative
| |
| Darstellung des Seelenlebens sieht. Das ist auch dasjenige, was
| |
| uns immer wiederum in eine Zwickmühle führt, wenn wir von der
| |
| bloßen Gehirnphysiologie ausgehen und zum Seelenleben hinüberkommen
| |
| wollen. Nämlich, wenn man beim Gehirn stehenbleiben
| |
| will, braucht man gar nicht das Seelenleben. Nur derjenige hat ein
| |
| Recht, gegenüber dem Bau des menschlichen Gehirnes noch von einem
| |
| Seelenleben zu sprechen, der dieses Seelenleben außerdem noch anders
| |
| kennt, als man es kennt auf dem gewöhnlichen Wege dieser Welt.
| |
| Denn wenn man in der geistigen Welt dieses Seelenleben kennenlernt:
| |
| im Bau des menschlichen Gehirnes hat es sein adäquates Abbild, und
| |
| alles das, was das übersinnliche Seelenorgan vorstellungsgemäß kann,
| |
| kann das Gehirn auch. Denn bis in die Funktionen hinein ist das
| |
| Gehirn ein Abbild; so daß niemand Materialismus belegen oder
| |
| widerlegen kann von der Gehirnphysiologie aus. Das gibt es einfach
| |
| nicht. Wenn der Mensch bloß Gehirnwesen wäre, so würde man gar
| |
| nicht daraufzukommen brauchen, daß er noch eine Seele hat.|314|88ff}}
| |
|
| |
|
| == Siehe auch == | | == Siehe auch == |
|
| |
|
| * [[Gehirn]]
| | * {{WikipediaDE|Max Planck}} |
| * {{WikipediaDE|Neurowissenschaften}} | |
| * {{WikipediaDE|Geschichte der Hirnforschung}}
| |
|
| |
|
| == Literatur == | | == Weblinks == |
| | {{Commons}} |
| | {{Wikiquote}} |
| | * {{DNB-Portal|118594818}} |
| | * {{DDB|Person|118594818}} |
| | * [http://www.archive.org/search.php?query=creator:planck%20creator:max Werke von Max Planck] bei ''archive.org.'' |
|
| |
|
| * ''Das Manifest - Elf führende Neurowissenschaftler über Gegenwart und Zukunft der Hirnforschung'' in: ''[[Wikipedia:Gehirn&Geist|Gehirn & Geist]]'' 2004/6, S. 30ff. [https://www.spektrum.de/pdf/gug-04-06-s030-pdf/834924 spektrum.de (pdf)]
| | == Einzelnachweise == |
| * Jean Pierre Changeux: ''Der neuronale Mensch. Wie die Seele funktioniert - die Entdeckungen der neuen Gehirnforschung'', Rowohlt-Verlag 1984, ISBN 978-3498008659
| | <references /> |
| * Christian Geyer (Hrsg.): ''Hirnforschung und Willensfreiheit: Zur Deutung der neuesten Experimente'', 9. Auflage, Suhrkamp Verlag 2004, ISBN 978-3518123874
| |
| * [[Wikipedia:Klaus-Jürgen Grün|Klaus-Jürgen Grün]] (Hrsg.), [[Wikipedia:Gerhard Roth|Gerhard Roth]] (Hrsg.): ''Das Gehirn und seine Freiheit'', 3. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht 2006, ISBN 978-3525490853
| |
| * [[Wikipedia:Peter Bieri|Peter Bieri]]: ''[http://www.denkabende.de/kognition/bieri.rtf Was macht Bewußtsein zu einem Rätsel?]'' (rtf; 56 kB), veröffentlicht in ''„Gehirn und Bewusstsein“'' (Hrsg. [[Wikipedia:Wolf Singer|Wolf Singer]]), ''[[Wikipedia:Spektrum der Wissenschaft|Spektrum der Wissenschaft]]'', Heidelberg 1994, S. 172–180
| |
| * Maxwell Bennett, [[Daniel C. Dennett]], Peter Hacker, John R. Searle: ''Neurowissenschaft und Philosophie: Gehirn, Geist und Sprache'', Suhrkamp Verlag 2010, ISBN 978-3518585429
| |
| * Maxwell R. Bennett , Peter M. Hacker, Axel Walter (Übers.): ''Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften'', Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG) 2010, ISBN 978-3534228775, eBook ASIN B01A16QLUA
| |
| * [[Wikipedia:Michael Gazzaniga|Michael Gazzaniga]], Dagmar Mallett (Übers.): ''Die Ich-Illusion: Wie Bewusstsein und freier Wille entstehen'', Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG 2012, ISBN 978-3446430112, eBook ASIN B007ADU5R8
| |
| *[[Thomas Metzinger]]: ''Der Ego-Tunnel: Eine neue Philosophie des Selbst: Von der Hirnforschung zur Bewusstseinsethik'', Piper Taschenbuch 2014, ISBN 978-3492305334, eBook ASIN B00GZL6ZT8
| |
| *[[Wikipedia:Wolfgang Prinz|Wolfgang Prinz]]: ''Selbst im Spiegel: Die soziale Konstruktion von Subjektivität'', Suhrkamp Verlag 2013, ISBN 978-3518585948, eBook ASIN B00BJ3KW3C
| |
| * Frank Rösler: ''Psychophysiologie der Kognition: Eine Einführung in die Kognitive Neurowissenschaft'', Springer-Verlag 2012, ISBN 978-3827425997
| |
| *[[Peter Heusser]]: ''Anthroposophie und Wissenschaft: Eine Einführung. Erkenntniswissenschaft, Physik, Chemie, Genetik, Biologie, Neurobiologie, Psychologie, Philosophie des Geistes, Anthropologie, Anthroposophie, Medizin'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2016, ISBN 978-3723515686
| |
| *Rudolf Steiner: ''Physiologisch-Therapeutisches auf Grundlage der Geisteswissenschaft. Zur Therapie und Hygiene'', [[GA 314]] (1989), ISBN 3-7274-3141-5 {{Vorträge|314}}
| |
|
| |
|
| {{GA}} | | {{Normdaten|TYP=p|GND=118594818|LCCN=n/80/38130|NDL=00452924|VIAF=34487615}} |
|
| |
|
| == Einzelnachweise ==
| | {{SORTIERUNG:Planck, Max}} |
| <references />
| |
|
| |
|
| {{Normdaten|TYP=s|GND=7555119-6}}
| | [[Kategorie:Hochschullehrer]] |
| | [[Kategorie:Physiker]] |
| | [[Kategorie:Deutscher]] |
| | [[Kategorie:Geboren 1858]] |
| | [[Kategorie:Gestorben 1947]] |
| | [[Kategorie:Mann]] |
|
| |
|
| [[Kategorie:Wissenschaft]] | | {{Personendaten |
| [[Kategorie:Realwissenschaften]]
| | |NAME=Planck, Max |
| [[Kategorie:Interdisziplinäre Wissenschaft]] | | |ALTERNATIVNAMEN=Planck, Max Karl Ernst Ludwig |
| [[Kategorie:Neurowissenschaften|!]]
| | |KURZBESCHREIBUNG=deutscher Physiker und Begründer der Quantentheorie, Nobelpreis für Physik 1918 |
| | |GEBURTSDATUM=23. April 1858 |
| | |GEBURTSORT=[[Kiel]] |
| | |STERBEDATUM=4. Oktober 1947 |
| | |STERBEORT=[[Göttingen]] |
| | }} |
|
| |
|
| {{Wikipedia}} | | {{Wikipedia}} |