Chemische Reaktion: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Energiediagramm-Enzymreaktion.svg|mini|250px||Energiediagramm der Enzym-Katalyse: Die Aktivierungsenergie (freie Aktivierungsenthalpie) wird im Vergleich zu unkatalysierten Reaktionen durch Stabilisierung des Übergangszustandes gesenkt. Die freie [[Wikipedia:Reaktionsenthalpie|Reaktionsenthalpie]] bleibt dabei unverändert.]]


Eine '''chemische Reaktion''' ist ein [[Chemie|chemischer]] [[Prozess]], bei dem ein oder mehrere [[Chemisches Element|chemische Elemente]] oder [[chemische Verbindungen]] als '''Reaktanten''' (seltener '''Reaktanden''' oder veraltet '''Edukte''', von [[lat.]] ''eductum'' „Herausgeführtes“) in andere chemische [[Stoff]]e, die '''Produkte''', umgewandelt werden. Dabei wird „chemische“ [[Energie]] z.B. in Form von [[Wärme]] und/oder [[Licht]] abgegeben oder verbraucht, die sog. '''Reaktionsenthalpie''' (von {{ELSalt|ἐν}} ''en'' „in“ und {{polytonisch|θάλπειν}} ''thálpein'' „erwärmen“) oder '''Reaktionswärme''': <math>\Delta H_\mathrm{R} = H_\mathrm{Produkte} - H_\mathrm{Edukte}</math>.  
Eine '''chemische Reaktion''' ist ein [[Chemie|chemischer]] [[Prozess]], bei dem ein oder mehrere [[Chemisches Element|chemische Elemente]] oder [[chemische Verbindungen]] als '''Reaktanten''' (seltener '''Reaktanden''' oder veraltet '''Edukte''', von [[lat.]] ''eductum'' „Herausgeführtes“) in andere chemische [[Stoff]]e, die '''Produkte''', umgewandelt werden.  
 
== Exotherme und endotherme Reaktionen ==
 
Bei chemischen Reaktionen wird „chemische“ [[Energie]] z.B. in Form von [[Wärme]] und/oder [[Licht]] abgegeben oder verbraucht, die sog. '''Reaktionsenthalpie''' (von {{ELSalt|ἐν}} ''en'' „in“ und {{polytonisch|θάλπειν}} ''thálpein'' „erwärmen“) oder '''Reaktionswärme''': <math>\Delta H_\mathrm{R} = H_\mathrm{Produkte} - H_\mathrm{Edukte}</math>. Eine '''exotherme Reaktion''', beispielsweise eine [[Verbrennung (Chemie)|Verbrennung]], setzt Energie frei ( <math>\Delta H_\mathrm{R} < 0</math> ), eine '''endothermen Reaktion''' hingegen verbraucht Energie ( <math>\Delta H_\mathrm{R} > 0</math> ).
 
== Exergone und endergone Reaktionen ==
 
Für den Ablauf einer chemischen Reaktion ist die Änderung der [[freie Enthalpie|freien Enthalpie]] <math>\Delta G</math> (auch [[Gibbs-Energie]] genannt) maßgeblich. Sie berücksichtigt auch die Änderung der [[Entropie]] <math>\Delta S</math>. Mit der [[Absolute Temperatur|absoluten Temperatur]] <math>T</math> ergibt sich folgender Zusammenhang:
 
:<math>\Delta G = \Delta H - T \cdot \Delta S </math>
 
Für '''exergone Reaktionen''' ist <math>\Delta G < 0</math>; sie laufen bevorzugt in Richtung der [[Produkt (Chemie)|Produkte]] ab. Bei '''endergonen Reaktionen''' mit <math>\Delta G > 0</math> ist die Rückreaktion begünstigt und bei <math>\Delta G = 0</math> stehen Hin- und Rückreaktion im Gleichgewicht. Mithilfe der freien Enthalpie und der [[Universelle Gaskonstante|universellen Gaskonstante]] <math>R</math> lässt sich entsprechend die Gleichgewichtskonstante <math>K</math> der Reaktion berechnen:
 
:<math>K = \exp \left( \frac{-\Delta G}{R \cdot T} \right)</math>


== Aktivierungsenergie ==
== Aktivierungsenergie ==


Damit eine Reaktion überhaupt in Gang kommt, ist die Zufuhr einer entsprechenden '''Aktivierungsenergie''' notwendig. So kann man etwa ein [[Wikipedia:Streichholz|Streichholz]] nur entzünden, wenn man ihm durch Reibung mechanische Energie bzw. Wärmeenergie zuführt. Bei scheinbar spontan ablaufenden Reaktionen wird die nötige [[Energie]] unmittelbar der Umgebungswärme entnommen. Je höher die zugeführte Wärme bzw. je geringer die benötigte Aktivierungsenergie ist, desto schneller läuft die Reaktion ab. Durch Beigabe kleiner Mengen eines spezifischen [[Katalysator]]s, der die nötige Aktivierungsenergie verringert, kann die Reaktion gegebenenfalls wesentlich beschleunigt werden.
Damit eine Reaktion, egal ob exotherm oder endotherm, überhaupt in Gang kommt, ist die Zufuhr einer entsprechenden '''Aktivierungsenergie''' <math>E_\mathrm{A}</math> notwendig, die üblicherweise in [[Joule]] pro [[mol]] (J·mol<sup>−1</sup>) angegeben wird. So kann man etwa ein [[Wikipedia:Streichholz|Streichholz]] nur entzünden, wenn man ihm durch Reibung mechanische Energie bzw. Wärmeenergie zuführt. Bei scheinbar spontan ablaufenden Reaktionen wird die nötige [[Energie]] unmittelbar der Umgebungswärme entnommen. Je höher die zugeführte Wärme bzw. je geringer die benötigte Aktivierungsenergie ist, desto schneller läuft die Reaktion ab. Nach der [[1884]] von dem niederländischen Chemiker [[w:Jacobus Henricus van ’t Hoff|Jacobus Henricus van ’t Hoff]] aufgestellten '''RGT-Regel''' ('''R'''eaktions'''g'''eschwindigkeit-'''T'''emperatur-Regel, auch '''van-’t-Hoff’sche Regel''') gilt, dass eine Temperaturerhöhung um 10 [[Kelvin|K]] die Reaktionsgeschwindigkeit ungefähr verdoppelt. Durch Beigabe kleiner Mengen eines spezifischen [[Katalysator]]s, der die nötige Aktivierungsenergie verringert, kann die Reaktion gegebenenfalls wesentlich beschleunigt werden.
 
Die Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten <math>k</math> einer chemischen Reaktion kann durch die von [[w:Svante Arrhenius|Svante Arrhenius]] empirisch aufgestellte und später nach ihm benannte '''Arrhenius-Gleichung''' ermittelt werden:
 
:<math>k = A \cdot \mathrm{e}^{-\frac{E_\mathrm{A}}{R \cdot T}}</math>
 
dabei ist
 
:<math>A</math> ein präexponentieller Faktor, der in vielen Fällen als ''nicht'' temperaturabhängig angenommen werden kann,
:<math>E_\mathrm{A}</math>  die Aktivierungsenergie in [[Joule|J]]/[[mol]],
:<math>R = 8{,}314 \mathrm{J/K\,mol}</math>  die [[universelle Gaskonstante]],
:<math>T</math> die [[absolute Temperatur]] in [[Kelvin|K]].
 
== Reaktionsgleichung ==
 
Eine '''Reaktionsgleichung''' beschreibt eine chemische Reaktion symbolisch im [[stöchiometrisch]] richtigen Verhältnis. Auf der linken Seite der Gleichung stehen die Reaktanten, dann folgt ein Reaktionspfeil (<math>\rightarrow</math>) bzw. bei einer Gleichgewichtsreaktion ein Doppelpfeil (<math>\rightleftharpoons</math>), und auf der rechten Seite stehen die Produkte. Gegebenenfall wird gesondert auch die Reaktionsenthalpie angegeben. Für die Knallgasreaktion, bei der '''g'''asförmiger Wasserstoff <math>\mathrm {H_{2(g)}}</math> mit '''g'''asförmigem Sauerstoff <math>\mathrm {O_{2(g)}}</math> explosionsartig zu '''l'''iquidem (=flüssigen) Wasser <math>\mathrm {H_2O_{(l)}}</math> reagiert, ergibt sich beispielsweise unter Berücksichtigung der [[Aggregatzustand|Aggregatzustände]] folgende Schreibweise:
 
:<math>\mathrm{2 \ H_{2(g)} + O_{2(g)} \longrightarrow 2 \ H_2O_{(l)} \ ;} \ \Delta H = -572 \, \mathrm{kJ/mol}</math>
 
=== Reaktionsschema ===
 
Der prinzipielle Ablauf einer chemischen Reaktion kann auch durch ein '''Reaktionsschema''' veranschaulicht werden, bei dem die stöchiometrischen Verhältnisse unberücksichtigt bleiben. Das kann z.B. in Form einer allgemein verständlichen Wortgleichung geschehen, z.B. für die Knallgasreaktion:
 
:<math>\mathrm {Wasserstoff + Sauerstoff \longrightarrow Wasser}</math>
 
In der [[Organische Chemie|organischen Chemie]] werden im Reaktionsschema zumeist nur die [[Strukturformel]]n der beteiligten [[Organische Verbindung|organischen Verbindungen]] angeschrieben. So ergibt sich etwa für die [[säure]]katalysierte Abspaltung von Wasser aus [[w:2-Pentanol|2-Pentanol]] folgendes Schema:
 
[[Datei:Saytzeffdehydrogenisierung von 2 pentanol.svg|center|600px|Dehydratisierung von 2-Penanol zu einem Gemisch von drei isomeren Pentenen.]]
 
Als Nebenprodukt entsteht [[w:Pentene|1-Penten]] (links direkt nach dem Reaktionspfeil) und als Hauptprodukte die beiden [[Isomere]] [[w:Pentene|(''E'')-2-Penten]] (Mitte) und [[w:Pentene|(''Z'')-2-Penten]] (rechts); die Säurekatalyse und das abgepaltene Wasser werden als bekannt vorausgesetzt und nicht angeschrieben.


== Beispiele ==
== Beispiele ==
Eine einfache chemische Reaktion ist beispielsweise die [[Verbrennung]], bei der ein brennbarer Stoff mit dem [[Sauerstoff]] ([[lat.]] ''Oxygenium''; abgeleitet von {{ELSalt|ὀξύς}} ''oxys'' „scharf, spitz, sauer“ und {{polytonisch|γεν-}} ''gen-'' „erzeugen“) der [[Luft]] unter Energieabgabe reagiert. So entsteht etwa bei der Verbrennung von [[Kohlenstoff]] mit einer ausreichenden Menge Sauerstoff das gasförmige [[Wikipedia:Kohlendioxid|Kohlendioxid]] (bzw. bei Sauerstoffmangel das sehr giftige [[Wikipedia:Kohlenmonoxid|Kohlenmonoxid]]):
Eine einfache chemische Reaktion ist die [[Verbrennung]], bei der ein brennbarer Stoff mit dem [[Sauerstoff]] ([[lat.]] ''Oxygenium''; abgeleitet von {{ELSalt|ὀξύς}} ''oxys'' „scharf, spitz, sauer“ und {{polytonisch|γεν-}} ''gen-'' „erzeugen“) der [[Luft]] unter Energieabgabe reagiert. So entsteht etwa bei der Verbrennung von [[Kohlenstoff]] mit einer ausreichenden Menge Sauerstoff das gasförmige [[Wikipedia:Kohlendioxid|Kohlendioxid]] (bzw. bei Sauerstoffmangel das sehr giftige [[Wikipedia:Kohlenmonoxid|Kohlenmonoxid]]):


:<math>\mathrm{C\ +\ O_2 \longrightarrow \ CO_2 \ ; \quad \Delta} H = -394 \; \mathrm{kJ/mol}</math><ref>''Schülerduden Chemie'', Bibliografisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Mannheim 2007, ISBN 978-3-411-05386-5, S.&nbsp;195.</ref>  
:<math>\mathrm{C\ +\ O_2 \longrightarrow \ CO_2 \ ; \quad \Delta} H = -394 \; \mathrm{kJ/mol}</math><ref>''Schülerduden Chemie'', Bibliografisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Mannheim 2007, ISBN 978-3-411-05386-5, S.&nbsp;195.</ref>  
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:<math>\mathrm{Fe_2O_3 + 2 \ Al \longrightarrow Al_2O_3 + 2 \ Fe;  \quad \Delta} H = -851{,}5 \; \mathrm{kJ/mol}</math>
:<math>\mathrm{Fe_2O_3 + 2 \ Al \longrightarrow Al_2O_3 + 2 \ Fe;  \quad \Delta} H = -851{,}5 \; \mathrm{kJ/mol}</math>


Das Bild rechts oben zeigt die Reaktion von metallischem [[Natrium]] mit [[Wasser]]. Das bei der Reaktion gebildete [[Wasserstoff]]gas entzündet sich, verbrennt explosionsartig und reißt geschmolzene Natriumtröpfchen mit, die zu [[Wikipedia:Natriumoxid|Natriumoxid]] bzw. [[Wikipedia:Natriumperoxid|Natriumperoxid]] verbrennen:
Das Bild rechts ganz oben zeigt die Reaktion von metallischem [[Natrium]] mit [[Wasser]]. Das bei der Reaktion gebildete [[Wasserstoff]]gas entzündet sich, verbrennt explosionsartig und reißt geschmolzene Natriumtröpfchen mit, die zu [[Wikipedia:Natriumoxid|Natriumoxid]] bzw. [[Wikipedia:Natriumperoxid|Natriumperoxid]] verbrennen:


:<math>\mathrm{2 \ Na + 2 \ H_2O \rightarrow 2 \ NaOH + H_2}; </math>
:<math>\mathrm{2 \ Na + 2 \ H_2O \rightarrow 2 \ NaOH + H_2}; </math>
:<math>\mathrm{4\ Na + O_2 \longrightarrow 2\ Na_2O;} {\quad \Delta} H = -431{,}6 \; \mathrm{kJ/mol}</math>
:<math>\mathrm{4\ Na + O_2 \rightarrow 2\ Na_2O;} {\quad \Delta} H = -431{,}6 \; \mathrm{kJ/mol}</math>
:<math>\mathrm{2\ Na_2O + O_2 \longrightarrow 2\ Na_2O_2;} {\quad \Delta} H = -79{,}6 \; \mathrm{kJ/mol}</math>
:<math>\mathrm{2\ Na_2O + O_2 \rightarrow 2\ Na_2O_2;} {\quad \Delta} H = -79{,}6 \; \mathrm{kJ/mol}</math>


=== Friedrich Wöhlers Harnstoffsynthese (1828) ===
=== Friedrich Wöhlers Harnstoffsynthese (1828) ===


Als es dem [[Wikipedia:Deutschland|deutschen]] [[Chemiker]] [[Wikipedia:Friedrich Wöhler|Friedrich Wöhler]] (1800-1882) erstmals [[Wikipedia:1828|1828]] gelang, [[Harnstoff]] aus der salzartigen [[Anorganische Verbindung|anorganischen Verbindung]] [[Wikipedia:Ammoniumcyanat|Ammoniumcyanat]] herzustellen, galt dies als Beweis, dass die Synthese organischer Verbindungen keiner besonderen „[[Lebenskraft]]“ bedürfe:
Als es dem [[Deutschland|deutschen]] [[Chemiker]] [[Wikipedia:Friedrich Wöhler|Friedrich Wöhler]] (1800-1882) erstmals [[1828]] gelang, [[Harnstoff]] aus der salzartigen [[Anorganische Verbindung|anorganischen Verbindung]] [[Wikipedia:Ammoniumcyanat|Ammoniumcyanat]] herzustellen, galt dies als Beweis, dass die Synthese organischer Verbindungen keiner besonderen „[[Lebenskraft]]“ bedürfe:


:<math>\mathrm{AgNCO + NH_4Cl  \rightarrow NH_4(NCO) + AgCl}</math>
:<math>\mathrm{AgNCO + NH_4Cl  \rightarrow NH_4(NCO) + AgCl}</math>
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== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
 
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


[[Kategorie:Chemie]] [[Kategorie:Biochemie]]
[[Kategorie:Chemische Reaktion|!]]

Version vom 12. August 2019, 14:05 Uhr

Explosive Reaktion von Natrium und Wasser
Die Beziehung zwischen Aktivierungsenergie (Ea) und Bildungsenthalpie (ΔH) bei einer exothermen Reaktion. Dabei muss der durch den energiereichen Übergangszustand bedingte Energieberg überwunden werden. Durch einen Katalysator bildet sich ein Übergangszustand mit geringerer Energie, wodurch die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht wird.
Thermitreaktion von Eisen(III)-oxid und Aluminium
Bändermodell des Enzyms Triosephosphatisomerase (TIM, TPI) nach PDB 2jk2
Energiediagramm der Enzym-Katalyse: Die Aktivierungsenergie (freie Aktivierungsenthalpie) wird im Vergleich zu unkatalysierten Reaktionen durch Stabilisierung des Übergangszustandes gesenkt. Die freie Reaktionsenthalpie bleibt dabei unverändert.

Eine chemische Reaktion ist ein chemischer Prozess, bei dem ein oder mehrere chemische Elemente oder chemische Verbindungen als Reaktanten (seltener Reaktanden oder veraltet Edukte, von lat. eductum „Herausgeführtes“) in andere chemische Stoffe, die Produkte, umgewandelt werden.

Exotherme und endotherme Reaktionen

Bei chemischen Reaktionen wird „chemische“ Energie z.B. in Form von Wärme und/oder Licht abgegeben oder verbraucht, die sog. Reaktionsenthalpie (von griech. ἐν en „in“ und θάλπειν thálpein „erwärmen“) oder Reaktionswärme: . Eine exotherme Reaktion, beispielsweise eine Verbrennung, setzt Energie frei ( ), eine endothermen Reaktion hingegen verbraucht Energie ( ).

Exergone und endergone Reaktionen

Für den Ablauf einer chemischen Reaktion ist die Änderung der freien Enthalpie (auch Gibbs-Energie genannt) maßgeblich. Sie berücksichtigt auch die Änderung der Entropie . Mit der absoluten Temperatur ergibt sich folgender Zusammenhang:

Für exergone Reaktionen ist ; sie laufen bevorzugt in Richtung der Produkte ab. Bei endergonen Reaktionen mit ist die Rückreaktion begünstigt und bei stehen Hin- und Rückreaktion im Gleichgewicht. Mithilfe der freien Enthalpie und der universellen Gaskonstante lässt sich entsprechend die Gleichgewichtskonstante der Reaktion berechnen:

Aktivierungsenergie

Damit eine Reaktion, egal ob exotherm oder endotherm, überhaupt in Gang kommt, ist die Zufuhr einer entsprechenden Aktivierungsenergie notwendig, die üblicherweise in Joule pro mol (J·mol−1) angegeben wird. So kann man etwa ein Streichholz nur entzünden, wenn man ihm durch Reibung mechanische Energie bzw. Wärmeenergie zuführt. Bei scheinbar spontan ablaufenden Reaktionen wird die nötige Energie unmittelbar der Umgebungswärme entnommen. Je höher die zugeführte Wärme bzw. je geringer die benötigte Aktivierungsenergie ist, desto schneller läuft die Reaktion ab. Nach der 1884 von dem niederländischen Chemiker Jacobus Henricus van ’t Hoff aufgestellten RGT-Regel (Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel, auch van-’t-Hoff’sche Regel) gilt, dass eine Temperaturerhöhung um 10 K die Reaktionsgeschwindigkeit ungefähr verdoppelt. Durch Beigabe kleiner Mengen eines spezifischen Katalysators, der die nötige Aktivierungsenergie verringert, kann die Reaktion gegebenenfalls wesentlich beschleunigt werden.

Die Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten einer chemischen Reaktion kann durch die von Svante Arrhenius empirisch aufgestellte und später nach ihm benannte Arrhenius-Gleichung ermittelt werden:

dabei ist

ein präexponentieller Faktor, der in vielen Fällen als nicht temperaturabhängig angenommen werden kann,
die Aktivierungsenergie in J/mol,
die universelle Gaskonstante,
die absolute Temperatur in K.

Reaktionsgleichung

Eine Reaktionsgleichung beschreibt eine chemische Reaktion symbolisch im stöchiometrisch richtigen Verhältnis. Auf der linken Seite der Gleichung stehen die Reaktanten, dann folgt ein Reaktionspfeil () bzw. bei einer Gleichgewichtsreaktion ein Doppelpfeil (), und auf der rechten Seite stehen die Produkte. Gegebenenfall wird gesondert auch die Reaktionsenthalpie angegeben. Für die Knallgasreaktion, bei der gasförmiger Wasserstoff mit gasförmigem Sauerstoff explosionsartig zu liquidem (=flüssigen) Wasser reagiert, ergibt sich beispielsweise unter Berücksichtigung der Aggregatzustände folgende Schreibweise:

Reaktionsschema

Der prinzipielle Ablauf einer chemischen Reaktion kann auch durch ein Reaktionsschema veranschaulicht werden, bei dem die stöchiometrischen Verhältnisse unberücksichtigt bleiben. Das kann z.B. in Form einer allgemein verständlichen Wortgleichung geschehen, z.B. für die Knallgasreaktion:

In der organischen Chemie werden im Reaktionsschema zumeist nur die Strukturformeln der beteiligten organischen Verbindungen angeschrieben. So ergibt sich etwa für die säurekatalysierte Abspaltung von Wasser aus 2-Pentanol folgendes Schema:

Dehydratisierung von 2-Penanol zu einem Gemisch von drei isomeren Pentenen.
Dehydratisierung von 2-Penanol zu einem Gemisch von drei isomeren Pentenen.

Als Nebenprodukt entsteht 1-Penten (links direkt nach dem Reaktionspfeil) und als Hauptprodukte die beiden Isomere (E)-2-Penten (Mitte) und (Z)-2-Penten (rechts); die Säurekatalyse und das abgepaltene Wasser werden als bekannt vorausgesetzt und nicht angeschrieben.

Beispiele

Eine einfache chemische Reaktion ist die Verbrennung, bei der ein brennbarer Stoff mit dem Sauerstoff (lat. Oxygenium; abgeleitet von griech. ὀξύς oxys „scharf, spitz, sauer“ und γεν- gen- „erzeugen“) der Luft unter Energieabgabe reagiert. So entsteht etwa bei der Verbrennung von Kohlenstoff mit einer ausreichenden Menge Sauerstoff das gasförmige Kohlendioxid (bzw. bei Sauerstoffmangel das sehr giftige Kohlenmonoxid):

[1]

Eine anderes Beispiel ist die rechts im Bild gezeigte stark exotherme Thermitreaktion von Eisen(III)-oxid und Aluminium, bei der Temperaturen bis über 2000 °C erreicht werden:

Das Bild rechts ganz oben zeigt die Reaktion von metallischem Natrium mit Wasser. Das bei der Reaktion gebildete Wasserstoffgas entzündet sich, verbrennt explosionsartig und reißt geschmolzene Natriumtröpfchen mit, die zu Natriumoxid bzw. Natriumperoxid verbrennen:

Friedrich Wöhlers Harnstoffsynthese (1828)

Als es dem deutschen Chemiker Friedrich Wöhler (1800-1882) erstmals 1828 gelang, Harnstoff aus der salzartigen anorganischen Verbindung Ammoniumcyanat herzustellen, galt dies als Beweis, dass die Synthese organischer Verbindungen keiner besonderen „Lebenskraft“ bedürfe:

Wöhler erkannte dabei ganz richtig, dass die intermediär gebildete Verbindung Ammoniumcyanat (NH4NCO) die eigentliche Harnstoffquelle darstellte:

Harnstoffsynthese nach Wöhler
Harnstoffsynthese nach Wöhler

Biochemische Reaktionen

Biochemische Prozesse, die für den Stoffwechsel aller Lebewesen von zentraler Bedeutung sind, laufen stets nur in Anwesenheit eines meist sehr komplex gebauten Katalysators in nennenswerter Geschwindigkeit ab. So katalysiert etwa das Enzym Triosephosphatisomerase (TIM, TPI) in einem Teilschritt der Glycolyse, dem lebenswichtigen Zuckerabbau in allen Organismen, die Umwandlung von Dihydroxyacetonphosphat (DHAP) zu Glycerinaldehyd-3-phosphat (GAP):

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Schülerduden Chemie, Bibliografisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Mannheim 2007, ISBN 978-3-411-05386-5, S. 195.