Tonika

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Tonika (franz. tonique, tonisch zu griech. τόνος tonos ‚Spannung‘). „Tonika heißt in der dur-moll-tonalen Musik der Grundton der Tonart, die nach ihm benannt wird, z. B. C-Dur nach c, a-Moll nach a. Die funktionale Harmonielehre versteht unter Tonika den darauf errichteten Dreiklang, den Hauptklang der Tonart (in C-Dur c-e-g, in a-Moll a-c-e).“[1] Sie ist die Bezeichnung für die erste Stufe einer Tonart.

Name

Der Name Tonika geht auf den von Jean-Philippe Rameau (1683–1764) erdachten Begriff „l'accord tonique“ („der Akkord des Grundtones od. der Akkord mit der besonderen Betonung“) zurück, mit dem dieser das wesentliche Merkmal der Tonika zu umschreiben suchte, nämlich ihre Fähigkeit, wie ein Magnet im Zentrum aller harmonischen Spannungsfelder zu stehen. Daher wird die Tonika auch häufig mit dem Begriff „tonales Zentrum“ umschrieben.

Spätestens seit Einführung der Funktionstheorie ist der Begriff Tonika eine fest umrissene Größe, auch und gerade unter dem Aspekt, im Rahmen einer Kadenz einen Bezugspunkt zu den beiden Dominanten (Dominante, Subdominante) und zu anderen leitereigenen Akkorden zu bilden. Die Tonika steht nach der klassischen Harmonielehre gewöhnlich am Anfang und am Schluss eines Musikstückes. Fast alle Musikstücke der klassischen europäischen Musik besitzen eine Grundtonart.

Behandlung in der klassischen Harmonielehre

Die klassische Harmonielehre, in der nur Oktaven, Quinten, Terzen und Sexten als Konsonanzen gelten, lässt als Tonikaklänge nur Dreiklänge zu. Unverzichtbar ist dabei der Grundton; fehlen die Quinte, die Terz oder beides, wird der entstehende Klang als Vertreter des eigentlichen Tonika-Dreiklangs aufgefasst.

Behandlung in der modernen Harmonielehre

Nach der modernen Harmonielehre kann der Tonikadreiklang durchaus zu einem Vierklang erweitert werden. So wird in der Popmusik die Dominante häufig in eine um das Intervall einer großen Sexte erweiterte Dur-Tonika aufgelöst. Trotzdem behält die Tonika auch in diesem Fall ihre Funktion als konsonant klingendes, tonales Zentrum. Der Grund hierfür liegt in veränderten Hörgewohnheiten: Die Sixte ajoutée wurde in der späten Barockmusik von Jean-Philippe Rameau theoretisch formuliert und stellte damals noch ein ausgesprochen dissonantes Intervall dar, Zuhörer heutiger Zeit empfinden dieses Intervall dagegen als absolut konsonant.

Abhängig vom Tongeschlecht oder der Musikrichtung kann die Tonika um weitere leitereigene Töne ergänzt werden. Im Jazz ist zum Beispiel die Erweiterung einer Dur-Tonika um eine große Septime üblich. Auch hier sorgen veränderte Hörgewohnheiten dafür, dass dieses eigentlich sehr dissonante Intervall die Funktion der Tonika als tonales Zentrum nicht beeinträchtigt. Auch die Erweiterung der Tonika um das Intervall einer None wird gelegentlich praktiziert.

Einen Sonderfall bildet die Erweiterung der Dur-Tonika im Blues. Hier wird sehr häufig eine kleine Septime ergänzt, die in diesem speziellen Fall nicht Bestandteil der zu Grunde liegenden Durtonleiter ist, sondern der auf dem Grundton der Tonika aufbauenden natürlichen Molltonleiter entnommen ist. Dadurch wird in diesem Tonika-Akkord praktisch Dur mit Moll vermischt. Diese kleine Septime darf nicht mit der Blue Note verwechselt werden.

Siehe auch

Weblinks

 Wiktionary: Tonika – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Nachweise

  1. Tonika. In: Willibald Gurlitt, Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.): Riemann Musik Lexikon. Sachteil. 12., völlig neubearbeitete Auflage. B. Schott's Söhne, Mainz 1967, S. 967.