Karl Gustav Hempel und Medizingeschichte: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Carl Gustav Hempel''' (* 8. Januar 1905 in Oranienburg; † 9. November 1997 in Princeton, New Jersey) war ein deutscher [[Philosoph]] in der Tradition des [[Logischer Positivismus|logischen Positivismus]]. Er hat zusammen mit Paul Oppenheim das Hempel-Oppenheim-Schema (DN-Modell) der wissenschaftlichen [[Erklärung]] entwickelt und später auch allein weiterentwickelt.
{{Dieser Artikel|beschreibt einen speziellen Zweig der Geschichtswissenschaft bzw. der Medizin, der sich mit der Geschichte der Medizin befasst. Zur Geschichte der Medizin selbst siehe [[Geschichte der Medizin]].}}
'''Medizingeschichte''', auch ''Geschichte der Medizin'' genannt, ist die Bezeichnung für jenen Zweig der [[Geschichtswissenschaft]] bzw. der [[Medizin]], der die [[Geschichte der Medizin]] erforscht.<!-- Das Zitat von Herrlinger (übrigens wegen seiner Nähe zum NS-Regime ziemlich umstritten), zur Brücke zwischen Geistes- und Naturwissenschaft, charakterisiert die moderne medizingeschichtliche Forschung nicht korrekt. -->


== Leben ==
== Entwicklung der Medizingeschichte in Deutschland ==
Hempel wuchs in der von Intellektuellen am Stadtrand von Oranienburg gegründeten Siedlung Eden auf, der ältesten Vegetariersiedlung Deutschlands, in der der Traum von Lebens-, Wirtschafts- und Bodenreform Wirklichkeit werden sollte. Er besuchte ein Realgymnasium in Berlin und begann sein Studium ab 1923 an der Universität Göttingen in den Fächern [[Mathematik]] und Philosophie. Hier lernte er David Hilbert kennen und war von dessen Idee fasziniert, die [[Wikipedia:Widerspruchsfreiheit|Widerspruchsfreiheit]] der Mathematik mit Hilfe elementarer Methoden zu beweisen.
Medizingeschichte verfügt in Deutschland über eine lange Tradition innerhalb der Medizin. Da bis ins 19. Jahrhundert hinein die antiken Texte des [[Corpus Hippocraticum]] (dem berühmten Arzt [[Hippokrates von Kos]] zugeschrieben) und des [[Galenos]] von Pergamon in der medizinischen Lehre gelesen wurden, stellte die Beschäftigung mit der Vergangenheit der Medizin eine Selbstverständlichkeit dar. Im Mittelpunkt stand dabei nicht die Geschichtsschreibung im heutigen Sinne, sondern die Zuordnung von [[Diagnose]]n und [[Therapie]]n zu historischen Autoritäten der Medizin. Im Zuge der [[Aufklärung]] etablierte sich auch in der medizingeschichtlichen Auffassung ein Bewusstsein des allgemeinen [[Fortschritt]]s in der Medizin.<ref>Wolfgang U. Eckart, Robert Jütte: ''Medizingeschichte. Eine Einführung'', Stuttgart 2007, S. 21ff</ref> Erste umfangreichere medizinhistorische Publikationen entstanden Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts.<ref>Daniel Leclerc: ''Histoire de la médicine.'' Genf 1696.</ref><ref>[[John Freind]]: ''The history of physics from the time of Galen to the beginning of the 16th century.'' I–II, London 1725–1726.</ref> Gegen Ende des 19. Jahrhunderts spezialisierten sich einige Wissenschaftler an [[Medizinische Fakultät|medizinischen Fakultäten]] und praktizierende Ärzte auf die Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte. Vereinzelt gab es, wie vertreten in Berlin durch [[Justus Hecker]] (1795–1850), auch schon Lehrstühle für das Fach.


Nach einem kurzen Aufenthalt in Heidelberg studierte er ab 1924 in Berlin Mathematik, Philosophie und Physik. 1929 nahm er am ersten Kongress für wissenschaftliche Philosophie teil, der von den Berliner [[Positivismus|Positivisten]] organisiert wurde. Hier traf er [[Rudolf Carnap]], von dem er so beeindruckt war, dass er nach Wien zog und dort in den [[Wiener Kreis]] aufgenommen wurde. 1934 erhielt er den Doktorgrad der Universität Berlin mit einer Dissertation über Wahrscheinlichkeitstheorie. Gutachter sollte ursprünglich der Wissenschaftstheoretiker [[Hans Reichenbach (Physiker)|Hans Reichenbach]] werden, der jedoch aus „rassischen“ Gründen emigrieren musste (Gutachter wurden nun der Philosoph [[Nicolai Hartmann]] und der Psychologe [[Wolfgang Köhler (Psychologe)|Wolfgang Köhler]]).
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlangte die Medizingeschichte durch die Verdienste von [[Karl Sudhoff]] größere Bedeutung und etablierte sich als eigenständiges Fach an den Medizinischen Fakultäten. Die von demselben geleitete Fachzeitschrift (''Archiv für Geschichte der Medizin'' seit 1907, später Sudhoffs Archiv genannt) unterstützte die Auffassung der Medizingeschichte als eigenständige Disziplin zwischen Geschichtswissenschaft und Medizin. Gerade der [[Hippokratismus]] der 1920er Jahre, in dem man sich sehr stark auf eine überhöhte Gestalt des Hippokrates berief, um aktuelle Probleme der Medizin zu lösen, führte zu einer stabilen Institutionalisierung der Medizingeschichte.


Hempel selber wanderte mit Hilfe von Paul Oppenheim nach Belgien aus. 1936 veröffentlichten beide gemeinsam das Buch ''Der Typusbegriff im Lichte der neuen Logik''.
Einen großen Verlust an Qualität und Führungspersönlichkeiten erlitt die deutsche Medizingeschichte in der Zeit des [[Nationalsozialismus]] 1933 bis 1945, als die führenden deutschen Medizinhistoriker in die USA auswanderten (u. a. Henry E. Sigerist, Owsei Temkin, Ludwig Edelstein, Erwin Heinz Ackerknecht). Das erste Lehrbuch für Geschichte der Medizin wurde 1968 von Irina Winter und Alexander Mette herausgegeben.<ref>Alexander Mette, Irina Winter (Hrsg.): ''Geschichte der Medizin. Einführung in ihre Grundzuüge.'' Berlin 1968.</ref> Der medizinhistorischen Forschung im Nachkriegsdeutschland mangelte es bis in die 1970er Jahre hinein an Substanz und Kreativität, bis sie durch Impulse aus den [[geschichtswissenschaft]]lichen Methodendiskussionen neu angeregt wurde.<!-- Die Liste der "bekannten" medizinhistorischen Institute ist völlig willkürlich. In Tübingen wird - bei starkem ethischen Schwerpunkt - kaum mehr Medizingeschichte betrieben. Dafür fehlen auch international bekannte, führende Institute wie das in Berlin. Sinnvollerweise sollte man auf eine solche Liste völlig verzichten. -->


1937 erhielt Hempel eine Einladung der [[University of Chicago|Universität von Chicago]] als wissenschaftlicher Assistent der Philosophie. 1939 emigrierte er – er war mit der Jüdin Eva Ahrends verheiratet – in die USA. Er lehrte am [[City College of New York]] und von 1940 bis 1948 am [[Queens College, City University of New York|Queens College]]. Er beschäftigte sich in dieser Zeit mit Fragen der [[Verifikationismus|Bestätigung]] und [[Erklärung]] wissenschaftlicher Aussagen und veröffentlichte dazu mehrere Aufsätze. In dieser Zeit starb seine Gattin kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes Peter Andrew. Drei Jahre später heiratete er Diane Perlow mit der er die Tochter Miranda TobyAnne hatte.
In den letzten Jahren wurden einzelne medizinhistorische Institute in Deutschland geschlossen, mit der [[Medizinethik]] institutionell zusammengefasst oder von dieser weitgehend verdrängt. Nur vereinzelt kam es zu Neugründungen, gegen den Trend wurde beispielsweise 2008 (als erstes Institut seit 1987) an der Universität Ulm das Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin eingerichtet.<ref>Bernhard vom Brocke: ''Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie im Kontext der Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte.'' In: Andreas Frewer, Volker Roelcke (Hrsg.): ''Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie: Entwicklungslinien vom 19. ins 20. Jahrhundert.'' Stuttgart, Steiner 2001, S. 187–212, hier: S. 191.</ref> In der deutschen Hochschulpolitik ist die Geschichte der Medizin als [[Kleines Fach]] eingestuft. Die Arbeitsstelle Kleine Fächer (jetzt an der Universität Mainz) gibt einen Überblick über alle Fachstandorte.<ref>[http://www.kleinefaecher.de/geschichte-der-medizin/ Seite der Arbeitsstelle Kleine Fächer über die Fachstandorte an deutschen Universitäten]</ref>


Von 1948 bis 1955 lehrte Hempel an der [[Yale University]], ab 1955 bis zu seiner Pensionierung 1974 in [[Princeton University|Princeton]]. 1957 wurde er in die [[American Academy of Arts and Sciences]] gewählt. 1961 wurde er Präsident der ''American Philosophical Association Eastern Division''. 1974 ging er bis 1976 an die [[Hebräische Universität Jerusalem|Hebrew University]] in [[Jerusalem]] und von dort bis 1985 nach [[Pittsburgh]].
== Methodik der Medizingeschichte ==
Die Medizingeschichte stützt sie sich hauptsächlich auf Textquellen wie etwa medizinische Lehrwerke und Traktate, Fallgeschichten und Krankenakten oder auch Tagebücher, Briefe, literarische Texte sowie, vor allem in jüngerer Zeit auch auf bildliche Darstellungen<ref>R. Joseph Petrucelli, Albert S. Lyons (Hrsg.): ''Die Geschichte der Medizin im Spiegel der Kunst.'' Aus dem Englischen übersetzt von Hans-Thomas Gosciniak und Herbert Graf, bearbeitet von Erich Püschel, Köln 1980.</ref> und historische Objekte und andere Sachquellen. Die Untersuchung von menschlichen Überresten und alten [[Krankheitserreger]]n fällt nicht in das Gebiet der Medizingeschichte, sondern der [[Paläopathologie]].<!-- Gestrichen: Hinweis auf Ethnologie. Es gibt einzelne Medizinhistoriker, die auch ethnologisch arbeiten, aber Medizingeschichte und Medizinethnologie sind zwei getrennt Disziplinen und die ältere Auffassung, dass die Medizinethnologie gewissermaßen geschichtliche Urformen erfassen könne, gilt heute als inakzeptabel. -->


Sein Geburtsort Oranienburg gedachte (einer Anregung von Horst Wolfgang Boger folgend) als erste deutsche Stadt seiner, indem sie am 8. Januar 2005 die Schmachtenhagener Straße in „Carl-Gustav-Hempel-Straße“ umbenannte. Von der [[Universität Konstanz]] wurde er mit der Ehrendoktorwürde im Fachbereich Philosophie ausgezeichnet. Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der [[FU Berlin|Freien Universität Berlin]] verlieh ihm am 10. Dezember 1984 ebenfalls eine Ehrenpromotion.
Als veralteter Ansatz gilt, wie in der Wissenschaftsgeschichte insgesamt, die Fortschrittsgeschichte, die selektiv nach einzelnen Theorien und Praktiken in der Medizin früherer Zeiten sucht, die sich zumindest in ähnlicher Form bis heute behauptet haben. Grundlegendes Prinzip ist heute vielmehr die Anerkennung verschiedener [[Krankheitskonzept]]e und Praktiken als Teil und Spiegel des jeweiligen kulturellen Kontextes. Damit werden vergangene medizinische Erklärungsmodelle und Praktiken nicht einfach als ''falsch'' gebrandmarkt und am System unserer Zeit gemessen, sondern die Denkweisen anderer Epochen werden in ihrer jeweils eigenen Logik betrachtet.


== Werk ==
Ein grundsätzliches Problem sind [[retrospektive Diagnose]]n: Manche Medizinhistoriker lehnen es grundsätzlich ab, Krankheiten in historischer Zeit mit den in der Gegenwart definierten Krankheiten zu identifizieren, da die Zeitgenossen die Beschwerden ganz anders beschrieben und deuteten als heute. Andere Strömungen halten ein solches Vorgehen dagegen, analog der Übertragung von soziologischen und kulturwissenschaftlichen Begriffen der Gegenwart auf historische Sachverhalte, in engen Grenzen und für bestimmte Fragestellungen für sinnvoll und fruchtbar. Siehe auch [[Paläopathologie]].
Hempel leistete bedeutende Beiträge zur Wissenschaftstheorie des [[logischer Empirismus|logischen Empirismus]]. In seinen späteren Jahren wandte er sich vom logischen Empirismus ab, indem er sich der Position von [[Thomas S. Kuhn]] annäherte, blieb der ehemals vertretenen Position aber durch kritische Wortmeldungen verbunden.


Hempel entwickelte zusammen mit [[Paul Oppenheim]] das [[Hempel-Oppenheim-Schema]] oder Gesetzesschema, eine Theorie des Erklärens. Nach dieser ''deduktiv-nomologischen Erklärung'' kann ein Ereignis dadurch erklärt werden, dass es aus allgemeinen Gesetzen und einer Reihe spezieller Anfangsbedingungen gefolgert werden kann.
Seit 1967<ref>Erwin H. Ackerknecht: ''A plea for a „Behaviorist“ approach in writing the history of medicine.'' In: ''Journal of the History of Medicine an Allied Sciences.'' Band 22, 1967, S. 211–214.</ref> gestellte Forderungen an die theorielastige Medizingeschichte, auch das praktisch-therapeutische Handeln zu berücksichtigen, wurden ab 1985, [[Roy Porter]]s Ansätzen<ref>Roy Porter: ''The patient's view. Doing medical history from below.'' In: ''Theory and Society.'' Band 14, 1985, S. 175–198.</ref> folgend, durch vermehrte Erforschung von Patientengeschichten<ref>Eberhard Wolff: ''Perspektiven der Patientengeschichtsschreibung.'' In: [[Norbert W. Paul|Norbert Paul]], Thomas Schlich (Hrsg.): ''Medizingeschichte: Aufgaben, Probleme, Perspektiven.'' Frankfurt 1998, S. 311–334.</ref> berücksichtigt, womit der Kranke selbst näher ins Zentrum der Medizingeschichte rückte.<ref>[[Michael Stolberg]]: ''Homo patiens. Körper und Krankheitserfahrung in der Frühen Neuzeit''. Weimar 2003.</ref><ref>[[Marion Maria Ruisinger]]: ''Heilen mit dem Messer. Chirurgische Patienten aus der Konsiliarkorrespondenz Lorenz Heisters.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen'' 25, 2006, S. 63–73, hier: S. 63.</ref>


Das ''Rabenparadox'', auch ''[[Hempels Paradox]]'' genannt, gehört in den Bereich der Theorie der [[Induktion (Philosophie)|induktiven]] Bestätigung.
== Ausbildung ==
Die Medizingeschichte ist heute in Deutschland institutionell zum größten Teil an den medizinischen Fakultäten lokalisiert und hat einen Anteil an der [[Studium der Medizin|medizinischen Ausbildung]]. Es finden sich aber auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Institutionen anderer akademischer Fächer, in denen Medizingeschichte oder bestimmte Aspekte der Medizingeschichte bearbeitet werden. So rekrutieren sich auch Medizinhistoriker aus verschiedenen Fachbereichen. Es finden sich zahlreiche Ärzte, aber auch Philosophen, Klassische Philologen, Arabisten, Historiker und Wissenschaftshistoriker unter ihnen. Manche Medizinhistoriker verfügen auch über Doppelqualifikationen.<!-- Der - jetzt gestrichene - Hinweis auf den Dr. rerum medicarum ist nicht allgemeingültig; die Möglichkeit ist auf einzelne Fakultäten beschränkt -->


Hempel hat darauf hingewiesen, dass unter dem Begriff ''Realdefinition'' drei verschiedene Klassen von Fällen verstanden werden können: die Nominaldefinition, die Bedeutungsanalyse oder die empirische Analyse.
== Institutionen und Gesellschaften ==
Tätig sind wissenschaftlich arbeitende Medizinhistoriker meist in universitären Instituten für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, die in den medizinischen Fakultäten untergebracht sind, aber auch in den entsprechenden universitären Instituten der genannten Fächer. Allerdings gibt es auch eine Reihe von außeruniversitären Forschungsinstituten. Darüber hinaus wurden eine Reihe von gelehrten Gesellschaften gegründet, die die Erforschung allgemein der Geschichte der Naturwissenschaften und im Besonderen der Medizin zum Ziel haben und häufig die Publikation wissenschaftlicher Zeitschriften und Publikationsreihen tragen.


== Schriften ==
== Auszeichnungen für Medizinhistoriker ==
* ''Beiträge zur logischen Analyse des Wahrscheinlichkeitsbegriffs.'' Dissertation. Berlin. Neuenhahn, Jena 1934.
Seit 1955 vergibt die von [[George Sarton]] und [[Lawrence Joseph Henderson]] gegründete History of Science Society (HSS) die [[George-Sarton-Medaille]] für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte. Zu den ersten Trägern gehörte der deutsch-US-amerikanische Medizinhistoriker [[Owsei Temkin]], der die Auszeichnung im Jahr 1960 erhielt. Mit der renommierten Medaille wurden beispielsweise auch [[John Farquhar Fulton]], [[Richard Harrison Shryock]], [[Walter Pagel]] und [[Ronald Numbers]]  ausgezeichnet.
* ''Über den Gehalt von Wahrscheinlichkeitsaussagen.'' In: ''Erkenntnis.'' Band 5, 1935/1936, S. 228–260.
* mit Paul Oppenheim: ''Der Typusbegriff im Licht der neuen Logik.'' Sijthoff, Leiden 1936.
* ''Le problème de la vérité.'' In: ''Theoria.'' Band 3. 1937, S. 206–246.
* ''The Function of General Laws in History.'' In: ''The Journal of Philosophy.'' Band 39, 1942, S. 35–48.
* ''Studies in the Logic of Confirmation.'' In: ''Mind.'' Band 54, 1945, S. 1–26 und 97f.
* ''Fundamentals of Concept Formation in Empirical Science.'' University of Chicago Press, Chicago 1952.
** ''Grundzüge der Begriffsbildung in der empirischen Wissenschaft.'' Bertelsmann-Universitätsverlag, Düsseldorf 1974.
* ''The Logic of Functional Analysis.'' In: L. Gross (Hrsg.): ''Symposium on Sociological Theory.'' Evanston, Ill/White Plains, NY, 1959, S. 271–307.
* ''Philosophy of Natural Science.'' Prentice-Hall, Englewood Cliffs, NJ 1966, ISBN 0-13-663823-6.
** ''Philosophie der Naturwissenschaften.'' Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1974, ISBN 3-423-04144-7.


'''Essaysammlungen:'''
Weitere wissenschaftshistorische Preise für Medizinhistoriker (Auswahl):
* Scultetus-Preis (Scultetus Gesellschaft e.&nbsp;V., Ulm)
* Sudhoff-Plakette der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik
* [[Leibniz-Medaille]] der Preußischen Akademie der Wissenschaften
* Akademie-Preis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
* [[Cothenius-Medaille]]
* William Henry Welch-Medal der American Association for the History of Medicine


* ''Aspects of Scientific Explanation and Other Essays in the Philosophy of Science.'' Free Press, New York 1965, ISBN 0-02-914340-3.
== Museen für Medizingeschichte ==
** ''Aspekte wissenschaftlicher Erklärung.'' de Gruyter, Berlin 1977.
Ein effizientes Mittel, medizinhistorische Zusammenhänge und Forschungsergebnisse einem größeren Publikum zu vermitteln, sind insbesondere naturwissenschaftlich ausgerichtete Museen, von denen manche ausschließlich auf die Medizingeschichte allgemein spezialisiert sind, andere auf einzelne Krankheiten, auf bestimmte Fachgebiete und auf einzelne Personen sowie auf das Krankenhauswesen.<ref>[[Eckart Roloff]] und Karin Henke-Wendt: ''Besuchen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Eine Tour durch Deutschlands Museen für Medizin und Pharmazie.'' Band 1, Norddeutschland, ISBN 978-3-7776-2510-2, und Band 2, Süddeutschland, ISBN 978-3-7776-2511-9, Verlag S. Hirzel, Stuttgart 2015.</ref>
* ''Selected Philosophical Essays.'' Hrsg. Richard Jeffrey. Cambridge University Press, Cambridge 2000, ISBN 0-521-62475-4.
* ''The Philosophy of Carl G. Hempel: Studies in Science, Explanation, and Rationality.'' Hrsg. James H. Fetzer. Oxford University Press, 2001, ISBN 0-19-512136-8.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Carl Gustav Hempel}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Medizingeschichte}}
* {{WikipediaDE|Medizingeschichte}}
* {{WikipediaDE|Geschichte der Medizin}}
* {{WikipediaDE|Liste medizinhistorischer Museen}}
* {{WikipediaDE|Medizinsoziologie}}
* {{WikipediaDE|Medizinethnologie}}
* {{WikipediaDE|Ethnomedizin}}
* {{WikipediaDE|Ethno-Zahnmedizin}}
* {{WikipediaDE|Medizinethik}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* James Fetzer: ''Science, Explanation, and Rationality: Aspects of the Philosophy of Carl G. Hempel'', Oxford: Oxford University Press 2000.
* Hans-Heinz Eulner, Gunter Mann, Gert Preiser, Rolf Winau, Otto Winkelmann (Hrsg.): ''Medizingeschichte in unserer Zeit. Festschrift Edith Heischkel-Artelt und Walter Artelt.'' Enke, Stuttgart 1971, ISBN 3-432-01698-0.
* N. Rescher (Hrg.): ''Essays in Honor of Carl G. Hempel'', Dordrecht (Niederlande): D. Reidel 1969.
* Norbert Paul, Thomas Schlich (Hrg.): ''Medizingeschichte. Aufgaben, Probleme, Perspektiven''. 1998
* Wolfgang U. Eckart: ''Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin''. 7. völlig neu bearbeitete Auflage [als Druck- und E-Book-Version]. Springer, 2013. ISBN 978-3-642-34971-3
* Heinrich Haeser: ''Lehrbuch der Geschichte der Medicin.'' 3. Auflage. Jena 1875–1882
* August Hirsch: ''Handbuch der historisch-geographischen Pathologie.'' [Der Klassiker der globalen geografischen Medizin]. Band 1: ''Die allgemeinen acuten Infectionskrankheiten.'' Ferdinand Enke Verlag, 2. vollständig neue Bearbeitung, Stuttgart 1881.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/handbuchderhisto12hirs#page/n5/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600408.us.archive.org/11/items/handbuchderhisto12hirs/handbuchderhisto12hirs.pdf]
* August Hirsch: ''Handbuch der historisch-geographischen Pathologie.'' [Der Klassiker der globalen geografischen Medizin]. Band 3: ''Die Organkrankheiten.'' Ferdinand Enke Verlag, 2. vollständig neue Bearbeitung, Stuttgart 1886.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/handbuchderhisto03hirs#page/n7/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600509.us.archive.org/11/items/handbuchderhisto03hirs/handbuchderhisto03hirs.pdf]
* Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): ''Handbuch der Geschichte der Medizin.'' Band 1: Altertum und Mittelalter (780 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1902.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/handbuchdergesch01puscuoft#page/n5/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600305.us.archive.org/17/items/handbuchdergesch01puscuoft/handbuchdergesch01puscuoft.pdf]
* Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): ''Handbuch der Geschichte der Medizin.'' Band 2: Die neuzeitliche Medizin (980 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1903.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/handbuchdergesch02puscuoft#page/n5/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600301.us.archive.org/0/handbuchdergesch02puscuoft/handbuchdergesch02puscuoft.pdf]
* Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): ''Handbuch der Geschichte der Medizin.'' Band 3: Geschichte der einzelnen Fachdisziplinen (1168 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1905.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/handbuchdergesch03puscuoft#page/n3/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600305.us.archive.org/28/items/handbuchdergesch03puscuoft/handbuchdergesch03puscuoft.pdf]
* Volker Roelcke: ''Medizingeschichte: Institutionalisierung - Themenbereiche, Methoden - Theorien - Problemfelder, Aufgaben.'' In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner  (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 951–956.
* Karl Sudhoff: ''Kurzes Handbuch der Geschichte der Medizin''. [3. und 4. Aufl. von J. L. Pagels "Einführung in die Geschichte der Medizin" (1898)]. S. Karger, Berlin 1922.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/kurzeshandbuchde00unse#page/n3/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600706.us.archive.org/20/items/kurzeshandbuchde00unse/kurzeshandbuchde00unse.pdf]
 
'''Lexika der Medizingeschichte'''
* August Hirsch (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker''. (Hrsg. mit E. Gurlt) 6 Bände, Urban & Schwarzenberg, Wien und Leipzig 1884 bis 1888 (unveränderter Neudruck Mansfield o. J; 2. Auflage, durchgesehen und ergänzt von Wilhelm Haberling, Franz Hübotter und Hermann Vierordt. 5 Bände und Ergänzungsband, Berlin und Wien 1929–1935; unveränderte Auflage München 1962).
* Julius Pagel (Hrsg.): ''[http://www.zeno.org/Pagel-1901 Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts].'' Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1901; unveränderter Neudruck Basel und München 1989.
* Dietrich von Engelhardt (Hrsg.): ''Biographische Enzyklopädie deutschsprachiger Mediziner.'' München 2002.
* Isidor Fischer (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre''. 2 Bände. Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1932–1933; 2. und 3., unveränderte Auflage München und Berlin 1962; und Peter Voswinckel: ''Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre.'' Band III Nachträge und Ergänzungen. Abu-Korn. Olms - Weidmannsche Verlagsbuchhandlung, Hildesheim 2002, ISBN 978-3487116594 (Bd. IV bislang nicht erschienen).
* Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner  (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte''. De Gruyter, Berlin/ New York 2004 (2005), ISBN 3-11-015714-4; 2. Auflage in drei Bänden ebenda 2007.
 
'''Geschichte und Bibliographien der Medizingeschichte als Wissenschaft'''
* Marcel H. Bickel: ''Die Lehrbücher und Gesamtdarstellungen der Geschichte der Medizin 1696–2000. Ein Beitrag zur medizinischen Historiographie''. Schwabe, Basel 2007, ISBN 978-3-7965-2246-8
* Andreas Frewer, Volker Roelcke (Hrsg.): ''Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie. Entwicklungslinien vom 19. ins 20. Jahrhundert''. Stuttgart 2001
* F. H. Garrison, L. T. Morton (Hrsg.): ''Morton’s medical bibliography: an annotated check-list of texts illustrating the history of medicine'', 5. Auflage, Aldershot: Scolar Pr. [u. a.], 1991
 
'''Medizingeschichte in der Geschichtsdidaktik'''
* ''Medizingeschichte''. Themenheft 3/2010 der Zeitschrift ''Geschichte für heute''. Schwalbach/Ts. 2010.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|118549065}}
{{Wiktionary}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/hempel/|Carl Hempel|James Fetzer}}
{{Wikisource|Heilkunde}}
* {{IEP|http://www.iep.utm.edu/h/hempel.htm|Carl Gustav Hempel (1905—1997)|Mauro Murzi}}
* [http://www.fachverband-medizingeschichte.de/ Fachverband Medizingeschichte] Der Fachverband Medizingeschichte ist die Berufsvertretung der deutschen Medizinhistoriker. Hier findet sich auch eine Linkliste zu allen deutschsprachigen Instituten
*Carl Gustav Hempel's Papers [http://digital.library.pitt.edu/cgi-bin/f/findaid/findaid-idx?c=ascead&cc=ascead&rgn=main&view=text&didno=US-PPiU-asp199901] (Carl Gustav Hempel Papers, 1903–1997, ASP.1999.01, Archives of Scientific Philosophy, Special Collections Department, University of Pittsburgh)
* [http://www.mla-hhss.org/histlink.htm History of the Health Sciences] umfassende englischsprachige Linksammlung zur Medizingeschichte
* [http://publicus.culture.hu-berlin.de/sammlungen/search/art/Medizin Medizinhistorische Universitätssammlungen in Deutschland] Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik
* [http://www.bium.univ-paris5.fr/sfhm/ Société Française d'Histoire de la Médecine] [Société Française d'Histoire de la Médecine)
* [http://www.nlm.nih.gov/hmd/ihm/ Images from the History of Medicine] (IHM), 70.000 Bilder der United States National Library of Medicine


{{Normdaten|TYP=p|GND=118549065|LCCN=n/50/27192|VIAF=100252083}}
== Einzelnachweise ==
<references />


{{SORTIERUNG:Hempel, Carl Gustav}}
[[Kategorie:Geschichtswissenschaft nach Fachgebiet]]
[[Kategorie:Philosoph (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Geschichte der Medizin|!101]]
[[Kategorie:Wiener Kreis]]
[[Kategorie:Logischer Positivist]]
[[Kategorie:Logischer Empirist]]
[[Kategorie:Wissenschaftstheoretiker]]
[[Kategorie:Mathematiker]]
[[Kategorie:Logiker]]
[[Kategorie:Hempel]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:US-Amerikaner]]
[[Kategorie:Geboren 1905]]
[[Kategorie:Gestorben 1997]]
[[Kategorie:Mann]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 8. April 2020, 13:29 Uhr

Dieser Artikel beschreibt einen speziellen Zweig der Geschichtswissenschaft bzw. der Medizin, der sich mit der Geschichte der Medizin befasst. Zur Geschichte der Medizin selbst siehe Geschichte der Medizin.

Medizingeschichte, auch Geschichte der Medizin genannt, ist die Bezeichnung für jenen Zweig der Geschichtswissenschaft bzw. der Medizin, der die Geschichte der Medizin erforscht.

Entwicklung der Medizingeschichte in Deutschland

Medizingeschichte verfügt in Deutschland über eine lange Tradition innerhalb der Medizin. Da bis ins 19. Jahrhundert hinein die antiken Texte des Corpus Hippocraticum (dem berühmten Arzt Hippokrates von Kos zugeschrieben) und des Galenos von Pergamon in der medizinischen Lehre gelesen wurden, stellte die Beschäftigung mit der Vergangenheit der Medizin eine Selbstverständlichkeit dar. Im Mittelpunkt stand dabei nicht die Geschichtsschreibung im heutigen Sinne, sondern die Zuordnung von Diagnosen und Therapien zu historischen Autoritäten der Medizin. Im Zuge der Aufklärung etablierte sich auch in der medizingeschichtlichen Auffassung ein Bewusstsein des allgemeinen Fortschritts in der Medizin.[1] Erste umfangreichere medizinhistorische Publikationen entstanden Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts.[2][3] Gegen Ende des 19. Jahrhunderts spezialisierten sich einige Wissenschaftler an medizinischen Fakultäten und praktizierende Ärzte auf die Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte. Vereinzelt gab es, wie vertreten in Berlin durch Justus Hecker (1795–1850), auch schon Lehrstühle für das Fach.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlangte die Medizingeschichte durch die Verdienste von Karl Sudhoff größere Bedeutung und etablierte sich als eigenständiges Fach an den Medizinischen Fakultäten. Die von demselben geleitete Fachzeitschrift (Archiv für Geschichte der Medizin seit 1907, später Sudhoffs Archiv genannt) unterstützte die Auffassung der Medizingeschichte als eigenständige Disziplin zwischen Geschichtswissenschaft und Medizin. Gerade der Hippokratismus der 1920er Jahre, in dem man sich sehr stark auf eine überhöhte Gestalt des Hippokrates berief, um aktuelle Probleme der Medizin zu lösen, führte zu einer stabilen Institutionalisierung der Medizingeschichte.

Einen großen Verlust an Qualität und Führungspersönlichkeiten erlitt die deutsche Medizingeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus 1933 bis 1945, als die führenden deutschen Medizinhistoriker in die USA auswanderten (u. a. Henry E. Sigerist, Owsei Temkin, Ludwig Edelstein, Erwin Heinz Ackerknecht). Das erste Lehrbuch für Geschichte der Medizin wurde 1968 von Irina Winter und Alexander Mette herausgegeben.[4] Der medizinhistorischen Forschung im Nachkriegsdeutschland mangelte es bis in die 1970er Jahre hinein an Substanz und Kreativität, bis sie durch Impulse aus den geschichtswissenschaftlichen Methodendiskussionen neu angeregt wurde.

In den letzten Jahren wurden einzelne medizinhistorische Institute in Deutschland geschlossen, mit der Medizinethik institutionell zusammengefasst oder von dieser weitgehend verdrängt. Nur vereinzelt kam es zu Neugründungen, gegen den Trend wurde beispielsweise 2008 (als erstes Institut seit 1987) an der Universität Ulm das Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin eingerichtet.[5] In der deutschen Hochschulpolitik ist die Geschichte der Medizin als Kleines Fach eingestuft. Die Arbeitsstelle Kleine Fächer (jetzt an der Universität Mainz) gibt einen Überblick über alle Fachstandorte.[6]

Methodik der Medizingeschichte

Die Medizingeschichte stützt sie sich hauptsächlich auf Textquellen wie etwa medizinische Lehrwerke und Traktate, Fallgeschichten und Krankenakten oder auch Tagebücher, Briefe, literarische Texte sowie, vor allem in jüngerer Zeit auch auf bildliche Darstellungen[7] und historische Objekte und andere Sachquellen. Die Untersuchung von menschlichen Überresten und alten Krankheitserregern fällt nicht in das Gebiet der Medizingeschichte, sondern der Paläopathologie.

Als veralteter Ansatz gilt, wie in der Wissenschaftsgeschichte insgesamt, die Fortschrittsgeschichte, die selektiv nach einzelnen Theorien und Praktiken in der Medizin früherer Zeiten sucht, die sich zumindest in ähnlicher Form bis heute behauptet haben. Grundlegendes Prinzip ist heute vielmehr die Anerkennung verschiedener Krankheitskonzepte und Praktiken als Teil und Spiegel des jeweiligen kulturellen Kontextes. Damit werden vergangene medizinische Erklärungsmodelle und Praktiken nicht einfach als falsch gebrandmarkt und am System unserer Zeit gemessen, sondern die Denkweisen anderer Epochen werden in ihrer jeweils eigenen Logik betrachtet.

Ein grundsätzliches Problem sind retrospektive Diagnosen: Manche Medizinhistoriker lehnen es grundsätzlich ab, Krankheiten in historischer Zeit mit den in der Gegenwart definierten Krankheiten zu identifizieren, da die Zeitgenossen die Beschwerden ganz anders beschrieben und deuteten als heute. Andere Strömungen halten ein solches Vorgehen dagegen, analog der Übertragung von soziologischen und kulturwissenschaftlichen Begriffen der Gegenwart auf historische Sachverhalte, in engen Grenzen und für bestimmte Fragestellungen für sinnvoll und fruchtbar. Siehe auch Paläopathologie.

Seit 1967[8] gestellte Forderungen an die theorielastige Medizingeschichte, auch das praktisch-therapeutische Handeln zu berücksichtigen, wurden ab 1985, Roy Porters Ansätzen[9] folgend, durch vermehrte Erforschung von Patientengeschichten[10] berücksichtigt, womit der Kranke selbst näher ins Zentrum der Medizingeschichte rückte.[11][12]

Ausbildung

Die Medizingeschichte ist heute in Deutschland institutionell zum größten Teil an den medizinischen Fakultäten lokalisiert und hat einen Anteil an der medizinischen Ausbildung. Es finden sich aber auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Institutionen anderer akademischer Fächer, in denen Medizingeschichte oder bestimmte Aspekte der Medizingeschichte bearbeitet werden. So rekrutieren sich auch Medizinhistoriker aus verschiedenen Fachbereichen. Es finden sich zahlreiche Ärzte, aber auch Philosophen, Klassische Philologen, Arabisten, Historiker und Wissenschaftshistoriker unter ihnen. Manche Medizinhistoriker verfügen auch über Doppelqualifikationen.

Institutionen und Gesellschaften

Tätig sind wissenschaftlich arbeitende Medizinhistoriker meist in universitären Instituten für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, die in den medizinischen Fakultäten untergebracht sind, aber auch in den entsprechenden universitären Instituten der genannten Fächer. Allerdings gibt es auch eine Reihe von außeruniversitären Forschungsinstituten. Darüber hinaus wurden eine Reihe von gelehrten Gesellschaften gegründet, die die Erforschung allgemein der Geschichte der Naturwissenschaften und im Besonderen der Medizin zum Ziel haben und häufig die Publikation wissenschaftlicher Zeitschriften und Publikationsreihen tragen.

Auszeichnungen für Medizinhistoriker

Seit 1955 vergibt die von George Sarton und Lawrence Joseph Henderson gegründete History of Science Society (HSS) die George-Sarton-Medaille für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte. Zu den ersten Trägern gehörte der deutsch-US-amerikanische Medizinhistoriker Owsei Temkin, der die Auszeichnung im Jahr 1960 erhielt. Mit der renommierten Medaille wurden beispielsweise auch John Farquhar Fulton, Richard Harrison Shryock, Walter Pagel und Ronald Numbers ausgezeichnet.

Weitere wissenschaftshistorische Preise für Medizinhistoriker (Auswahl):

  • Scultetus-Preis (Scultetus Gesellschaft e. V., Ulm)
  • Sudhoff-Plakette der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik
  • Leibniz-Medaille der Preußischen Akademie der Wissenschaften
  • Akademie-Preis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
  • Cothenius-Medaille
  • William Henry Welch-Medal der American Association for the History of Medicine

Museen für Medizingeschichte

Ein effizientes Mittel, medizinhistorische Zusammenhänge und Forschungsergebnisse einem größeren Publikum zu vermitteln, sind insbesondere naturwissenschaftlich ausgerichtete Museen, von denen manche ausschließlich auf die Medizingeschichte allgemein spezialisiert sind, andere auf einzelne Krankheiten, auf bestimmte Fachgebiete und auf einzelne Personen sowie auf das Krankenhauswesen.[13]

Siehe auch

Literatur

  • Hans-Heinz Eulner, Gunter Mann, Gert Preiser, Rolf Winau, Otto Winkelmann (Hrsg.): Medizingeschichte in unserer Zeit. Festschrift Edith Heischkel-Artelt und Walter Artelt. Enke, Stuttgart 1971, ISBN 3-432-01698-0.
  • Norbert Paul, Thomas Schlich (Hrg.): Medizingeschichte. Aufgaben, Probleme, Perspektiven. 1998
  • Wolfgang U. Eckart: Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin. 7. völlig neu bearbeitete Auflage [als Druck- und E-Book-Version]. Springer, 2013. ISBN 978-3-642-34971-3
  • Heinrich Haeser: Lehrbuch der Geschichte der Medicin. 3. Auflage. Jena 1875–1882
  • August Hirsch: Handbuch der historisch-geographischen Pathologie. [Der Klassiker der globalen geografischen Medizin]. Band 1: Die allgemeinen acuten Infectionskrankheiten. Ferdinand Enke Verlag, 2. vollständig neue Bearbeitung, Stuttgart 1881.
    • Online lesen: [1]; pdf-Download: [2]
  • August Hirsch: Handbuch der historisch-geographischen Pathologie. [Der Klassiker der globalen geografischen Medizin]. Band 3: Die Organkrankheiten. Ferdinand Enke Verlag, 2. vollständig neue Bearbeitung, Stuttgart 1886.
    • Online lesen: [3]; pdf-Download: [4]
  • Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): Handbuch der Geschichte der Medizin. Band 1: Altertum und Mittelalter (780 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1902.
    • Online lesen: [5]; pdf-Download: [6]
  • Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): Handbuch der Geschichte der Medizin. Band 2: Die neuzeitliche Medizin (980 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1903.
    • Online lesen: [7]; pdf-Download: [8]
  • Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): Handbuch der Geschichte der Medizin. Band 3: Geschichte der einzelnen Fachdisziplinen (1168 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1905.
    • Online lesen: [9]; pdf-Download: [10]
  • Volker Roelcke: Medizingeschichte: Institutionalisierung - Themenbereiche, Methoden - Theorien - Problemfelder, Aufgaben. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 951–956.
  • Karl Sudhoff: Kurzes Handbuch der Geschichte der Medizin. [3. und 4. Aufl. von J. L. Pagels "Einführung in die Geschichte der Medizin" (1898)]. S. Karger, Berlin 1922.

Lexika der Medizingeschichte

  • August Hirsch (Hrsg.): Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. (Hrsg. mit E. Gurlt) 6 Bände, Urban & Schwarzenberg, Wien und Leipzig 1884 bis 1888 (unveränderter Neudruck Mansfield o. J; 2. Auflage, durchgesehen und ergänzt von Wilhelm Haberling, Franz Hübotter und Hermann Vierordt. 5 Bände und Ergänzungsband, Berlin und Wien 1929–1935; unveränderte Auflage München 1962).
  • Julius Pagel (Hrsg.): Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1901; unveränderter Neudruck Basel und München 1989.
  • Dietrich von Engelhardt (Hrsg.): Biographische Enzyklopädie deutschsprachiger Mediziner. München 2002.
  • Isidor Fischer (Hrsg.): Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. 2 Bände. Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1932–1933; 2. und 3., unveränderte Auflage München und Berlin 1962; und Peter Voswinckel: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Band III Nachträge und Ergänzungen. Abu-Korn. Olms - Weidmannsche Verlagsbuchhandlung, Hildesheim 2002, ISBN 978-3487116594 (Bd. IV bislang nicht erschienen).
  • Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2004 (2005), ISBN 3-11-015714-4; 2. Auflage in drei Bänden ebenda 2007.

Geschichte und Bibliographien der Medizingeschichte als Wissenschaft

  • Marcel H. Bickel: Die Lehrbücher und Gesamtdarstellungen der Geschichte der Medizin 1696–2000. Ein Beitrag zur medizinischen Historiographie. Schwabe, Basel 2007, ISBN 978-3-7965-2246-8
  • Andreas Frewer, Volker Roelcke (Hrsg.): Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie. Entwicklungslinien vom 19. ins 20. Jahrhundert. Stuttgart 2001
  • F. H. Garrison, L. T. Morton (Hrsg.): Morton’s medical bibliography: an annotated check-list of texts illustrating the history of medicine, 5. Auflage, Aldershot: Scolar Pr. [u. a.], 1991

Medizingeschichte in der Geschichtsdidaktik

  • Medizingeschichte. Themenheft 3/2010 der Zeitschrift Geschichte für heute. Schwalbach/Ts. 2010.

Weblinks

 Wiktionary: Medizingeschichte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikisource: Heilkunde – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Wolfgang U. Eckart, Robert Jütte: Medizingeschichte. Eine Einführung, Stuttgart 2007, S. 21ff
  2. Daniel Leclerc: Histoire de la médicine. Genf 1696.
  3. John Freind: The history of physics from the time of Galen to the beginning of the 16th century. I–II, London 1725–1726.
  4. Alexander Mette, Irina Winter (Hrsg.): Geschichte der Medizin. Einführung in ihre Grundzuüge. Berlin 1968.
  5. Bernhard vom Brocke: Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie im Kontext der Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte. In: Andreas Frewer, Volker Roelcke (Hrsg.): Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie: Entwicklungslinien vom 19. ins 20. Jahrhundert. Stuttgart, Steiner 2001, S. 187–212, hier: S. 191.
  6. Seite der Arbeitsstelle Kleine Fächer über die Fachstandorte an deutschen Universitäten
  7. R. Joseph Petrucelli, Albert S. Lyons (Hrsg.): Die Geschichte der Medizin im Spiegel der Kunst. Aus dem Englischen übersetzt von Hans-Thomas Gosciniak und Herbert Graf, bearbeitet von Erich Püschel, Köln 1980.
  8. Erwin H. Ackerknecht: A plea for a „Behaviorist“ approach in writing the history of medicine. In: Journal of the History of Medicine an Allied Sciences. Band 22, 1967, S. 211–214.
  9. Roy Porter: The patient's view. Doing medical history from below. In: Theory and Society. Band 14, 1985, S. 175–198.
  10. Eberhard Wolff: Perspektiven der Patientengeschichtsschreibung. In: Norbert Paul, Thomas Schlich (Hrsg.): Medizingeschichte: Aufgaben, Probleme, Perspektiven. Frankfurt 1998, S. 311–334.
  11. Michael Stolberg: Homo patiens. Körper und Krankheitserfahrung in der Frühen Neuzeit. Weimar 2003.
  12. Marion Maria Ruisinger: Heilen mit dem Messer. Chirurgische Patienten aus der Konsiliarkorrespondenz Lorenz Heisters. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 25, 2006, S. 63–73, hier: S. 63.
  13. Eckart Roloff und Karin Henke-Wendt: Besuchen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Eine Tour durch Deutschlands Museen für Medizin und Pharmazie. Band 1, Norddeutschland, ISBN 978-3-7776-2510-2, und Band 2, Süddeutschland, ISBN 978-3-7776-2511-9, Verlag S. Hirzel, Stuttgart 2015.


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