Requiem und Pluralismus (Methodologie): Unterschied zwischen den Seiten

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Das '''Requiem''' (Mehrzahl ''die Requiems'', regional auch ''die Requien''<ref>gemäß Duden, siehe auch [[wikt:Requiem|Wiktionary-Eintrag]]</ref>), liturgisch '''Missa pro defunctis''' („Messe für die Verstorbenen“), auch '''Sterbeamt''', ist die [[heilige Messe]] für Verstorbene. Der Begriff bezeichnet sowohl die [[Liturgie]] der heiligen Messe bei der [[Kirchliche Begräbnisfeier|Begräbnisfeier]] der [[Römisch-katholische Kirche|katholischen Kirche]] als auch [[Kirchenmusik|kirchenmusikalische]] Kompositionen für das [[Memorialwesen|Totengedenken]]. Er leitet sich vom [[Incipit]] des [[Introitus (Gesang)|Introitus]] ''Requiem aeternam dona eis, Domine'' („Ewige ''Ruhe'' schenke ihnen, o Herr“) ab. Das [[Proprium (Liturgie)|Proprium]] der Liturgie des Requiems entspricht dem des [[Allerseelen]]tages.
#REDIRECT [[Methodenpluralismus]]


Das von einem [[Bischof]] oder [[Inful|infulierten Abt]] gefeierte Requiem wird [[Pontifikalamt|Pontifikalrequiem]] genannt.
[[Kategorie:Methodologie]]
 
[[Kategorie:Pluralismus]]
== Das Requiem in der katholischen Liturgie ==
[[Datei:Strasbourg crypte de la cathédrale Notre Dame messe de Requiem 2013 07.JPG|mini|Requiem in der Krypta des Straßburger Münsters]]
Das [[Proprium (Liturgie)|Proprium]] der Totenmesse wurde im Gefolge des [[Konzil von Trient|Konzils von Trient]] (1545) festgelegt und durch die [[apostolische Konstitution]] ''[[Sacrosanctum Concilium]]'' des [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweiten Vatikanischen Konzils]] geringfügig verändert. Der liturgische Ablauf eines Requiems gleicht dem der heiligen Messe an [[Werktag]]en in Bußzeiten ([[Advent]], [[Fastenzeit]]). Das [[Gloria]], das für freudige und festliche Anlässe vorgesehen ist, und das [[Credo]] der [[Sonntag]]e und [[Fest (Liturgie)|Feste]] entfallen. Das [[Halleluja]] wird durch einen [[Tractus]] ersetzt, dem sich früher noch die [[Sequenz (Hymnus)|Sequenz]] ''[[Dies irae]]'' anschloss; diese ist nicht mehr fester Bestandteil des Requiems.
 
Das Proprium der Totenmesse außerhalb der [[Fastenzeit]] sieht folgendermaßen aus:
# [[Introitus (Gesang)|Introitus]]: ''Requiem aeternam dona eis, Domine''.
# [[Graduale]]: ''Requiem aeternam dona eis, Domine''.
# [[Tractus]]: ''[[Absolve domine]]''
# [[Offertorium]]: ''[[Domine Jesu Christe]]''
# [[Communio (Liturgie)|Communio]]: ''[[Lux aeterna]]''
 
Das [[Agnus Dei]] hatte vor der [[Liturgiereform]] 1970 eine gegenüber dem Text des [[Ordinarium]]s abweichende Fassung. Statt des zweimaligen ''miserere nobis'' und des ''dona nobis pacem'' wurde im Requiem früher dreimal ''Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, dona eis requiem'' gesungen, beim dritten Mal wurde dieser Zeile ein ''sempiternam'' zur Bekräftigung angefügt. Begründet war diese Abweichung durch den Gedanken, dass die Heilswirkung der Totenmesse allein den Verstorbenen zukommen sollte, weshalb das Gebet nicht den Betenden selbst („Erbarme Dich ''unser''“) zugewendet wird, sondern den Toten („Gib ''ihnen'' die (ewige) Ruhe“). Auch andere Abweichungen (etwa der Wegfall des Schlusssegens) hatten darin ihre Begründung. Heute wird das Agnus Dei auch im Requiem in der Fassung des Ordinariums gesungen.
 
In den Eingangsworten ''Requiem aeternam dona eis, Domine'' kommt der Charakter der Totenmesse, das Flehen der Lebenden für das Seelenheil der Verstorbenen, zum Ausdruck. Als erstes Stück des musikalischen [[Proprium (Liturgie)|Messpropriums]] wurde der Introitus von den Komponisten meist mitvertont, ebenfalls das Offertorium, im Gegensatz zur Sequenz, die aus verschiedenen Gründen (Zeit, Umfang) gelegentlich verkürzt oder ganz weggelassen wird.
[[Datei:Requiem aeternam (Introitus).jpg|mini|Der Introitus ''Requiem aeternam'' im [[Wikipedia:Liber Usualis|Liber Usualis]]]]
{| class="wikitable"
! Originaltext (Latein) || Übersetzter Text
|- align="left" style="vertical-align:top"
|<poem>
'''I. Introitus'''
Requiem aeternam dona eis, Domine:
et lux perpetua luceat eis.
Te decet hymnus, Deus, in Sion,
et tibi reddetur votum in Jerusalem:
exaudi orationem meam,
ad te omnis caro veniet.
Requiem aeternam dona eis Domine …
</poem>
|<poem>
 
Herr, gib ihnen die ewige Ruhe,
und das ewige Licht leuchte ihnen.
Dir gebührt Lob, Herr, auf dem Zion,
Dir erfüllt man Gelübde in Jerusalem.
Erhöre mein Gebet;
zu Dir kommt alles Fleisch.
Herr, gib ihnen die ewige Ruhe …
</poem>
|-
|<poem>'''II. Graduale'''
Requiem aeternam dona eis, Domine:
et lux perpetua luceat eis.
In memoria aeterna erit justus:
ab auditione mala non timebit.
</poem>
|<poem>
 
Herr, gib ihnen die ewige Ruhe,
und das ewige Licht leuchte ihnen.
In ewigem Gedenken lebt der Gerechte fort:
vor Unglücksbotschaft braucht er nicht zu bangen.</poem>
|}
 
== Das Requiem in der Musik ==
In alten Requiem-Kompositionen ist der dazugehörige, unbegleitete und einstimmige [[Gregorianischer Choral|gregorianische Choral]] Grundlage der Komposition, so auch noch bei [[Alessandro Scarlatti]] und selbst [[Wolfgang Amadeus Mozart]] (Zitat des [[Tonus peregrinus]] im ersten Satz ''(Requiem aeternam)'' zum Text ''Te decet Hymnus deus in Sion'' (Sopransolo)). Das Requiem von [[Maurice Duruflé]] basiert auf gregorianischen Melodien. [[Altuğ Ünlü]] hat in den ersten Satz seines Requiems das gregorianische [[Graduale]] ''Clamaverunt justi'' der [[Zeit im Jahreskreis]] integriert.
 
In der Regel bestehen Vertonungen des Requiems aus der folgenden Satzfolge, bei denen sowohl Texte des [[Proprium (Liturgie)|Propriums]] als auch des [[Ordinarium]]s vertont werden:
# [[Introitus (Gesang)|Introitus]]: ''Requiem aeternam dona eis, Domine''.
# [[Kyrie eleison|Kyrie]]
# [[Sequenz (Hymnus)|Sequenz]]: ''[[Dies irae]]''
# [[Offertorium]]: ''[[Domine Jesu Christe]]''
# [[Sanctus|Sanctus und Benedictus]]
# [[Agnus Dei]]
# [[Communio (Liturgie)|Communio]]: ''[[Lux aeterna]]''
 
Die Sequenz ist häufig in mehrere Sätze unterteilt. Als Besonderheit des französischen Ritus wird ein '''''Pie Jesu''''' (letzter Halbvers des ''Dies Irae'') als eigenständiger Satz (vor dem Agnus Dei oder zwischen Sanctus und Benedictus) hinzugefügt, teils unter Auslassung der Sequenz (z.&nbsp;B. [[Gabriel Fauré]], [[Maurice Duruflé]], aber auch – wiewohl keine Franzosen – [[Cristóbal de Morales]],<ref>in Missa pro defunctis a 5 aus ''Missarum Liber Secundus'' (Rom 1544)</ref> [[John Rutter]]), teils zusätzlich (z.&nbsp;B. [[Marc-Antoine Charpentier]]), womit der Text zweimal vertont wird.
{| class="wikitable"
! Originaltext (Latein) || Übersetzter Text
|-
|<poem>
Pie Jesu, Domine
dona eis requiem,
requiem sempiternam.
</poem>
|<poem>
Gütiger Jesus, Herr,
gib ihnen Ruhe,
ewige Ruhe.
</poem>
|}
 
Viele Komponisten, z.&nbsp;B. [[Gabriel Fauré]] und [[Giuseppe Verdi]], vertonten zusätzlich das [[Responsorium]] '''''Libera me''''' aus der Liturgie der [[Kirchliche Begräbnisfeier|kirchlichen Begräbnisfeier]].
{| class="wikitable"
! Originaltext (Latein) || Übersetzter Text
|-
|<poem>
Libera me, Domine, de morte aeterna,
in die illa tremenda,
quando coeli movendi sunt et terra,
dum veneris judicare saeculum per ignem.
Tremens factus sum ego, et timeo,
dum discussio venerit, atque ventura ira.
Dies illa, dies irae,
calamitatis et miseriae,
dies magna et amara valde.
Dum veneris judicare saeculum per ignem.
Requiem aeternam dona eis, Domine,
et lux perpetua luceat eis.
</poem>
|<poem>
Rette mich, Herr, vor dem ewigen Tod
an jenem Tage des Schreckens,
wo Himmel und Erde wanken,
da Du kommst, die Welt durch Feuer zu richten.
Zittern befällt mich und Angst,
denn die Rechenschaft naht und der drohende Zorn.
O jener Tag, Tag des Zorns,
des Unheils, des Elends,
o Tag, so groß und so bitter,
da Du kommst, die Welt durch Feuer zu richten.
Herr, gib ihnen die ewige Ruhe,
und das ewige Licht leuchte ihnen.
</poem>
|}
 
Viele Komponisten vertonten zum Ausklang, ebenfalls aus den Exequien, den [[Hymne|Hymnus]] ''[[In paradisum]]'' (z.&nbsp;B. [[Gabriel Fauré]]).
 
== Vertonungen ==
Während in der Zeit der [[Wiener Klassik]] das Requiem durchaus noch die Funktion einer musikalischen Begleitung des [[Gottesdienst]]es hatte (z.&nbsp;B. bei [[Antonio Salieri]], [[Requiem (Mozart)|Mozart]], [[Carl Ditters von Dittersdorf]], [[Joseph Martin Kraus]], [[François-Joseph Gossec]], [[Michael Haydn]], [[Luigi Cherubini]]), begann sich die Vertonung allmählich von kirchlichen Bindungen zu lösen. Bereits [[Requiem (Berlioz)|Hector Berlioz]]’ monumentales und großbesetztes Werk ist eher für den Konzertsaal konzipiert. In dieser Tradition verstehen sich auch die entsprechenden Kompositionen von [[Louis Théodore Gouvy]], [[Antonín Dvořák]], [[Messa da Requiem|Giuseppe Verdi]] und [[Charles Villiers Stanford]], in denen dem Orchester ein zunehmend wichtigerer Anteil zugewiesen wird. Es finden sich aber auch kleiner besetzte Werke aus dieser Zeit, die noch auf die Verwendung in der Kirche hin angelegt sind, so z.&nbsp;B. von [[Anton Bruckner]], [[Franz Liszt]], [[Camille Saint-Saëns]] und [[Josef Gabriel Rheinberger]]. Zwischen diesen Polen steht [[Felix Draeseke]], der sowohl ein symphonisches als auch ein [[A cappella|A-cappella]]-Requiem schuf.
 
Das [[Wikipedia:Ein deutsches Requiem|Deutsche Requiem]] des Protestanten [[Johannes Brahms]] verwendet frei gewählte Texte aus der [[Lutherbibel]], nicht die der katholischen [[Liturgie]], wohingegen der Este [[Cyrillus Kreek]] mit seinem ''Reekviem'' von 1927, einem Auftragswerk der lutherischen Kirche in Estland, auf das lateinische Requiem zurückgriff, jedoch Abwandlungen einfließen ließ, wie etwa den [[Westminsterschlag|Westminster Chime]] oder die Andeutung des Chorals ''[[Christ ist erstanden]]''. Ab der Zeit der [[Spätromantik]] schwindet die Anzahl der [[Liste der Requiem-Vertonungen|Requiemkompositionen]] merklich. Die Wichtigkeit des Textes tritt bei vielen Vertonungen zu Gunsten der immer stärker symphonischen Behandlung des großen Orchesterapparates zurück, wie bei [[Max Reger]] und [[Richard Wetz]]. Diese Werke sind ausschließlich als Konzertmusik konzipiert und lassen sich auch nur noch als solche verwenden. Andere heben den Text hervor und geben ihren Werken wieder liturgischen Charakter (z.&nbsp;B. Gabriel Fauré und Maurice Duruflé, die beide das [[Dies Irae]] weglassen).
 
Auch in der modernen Musik spielt das Requiem noch eine bedeutende Rolle. In [[Benjamin Britten]]s Vertonung '' [[War Requiem]]'' werden die Worte der Liturgie mit Gedichten des englischen Dichters [[Wilfred Owen]] kombiniert. Weitere bedeutende Kompositionen nach dem Zweiten Weltkrieg schufen unter anderen [[Boris Blacher]], [[György Ligeti]], [[John Rutter]], [[Krzysztof Penderecki]], [[Rudolf Mauersberger]], [[Paul Zoll]] (er verwendete einen deutschen Text, bestehend aus Auszügen aus der Totenmesse von [[Ernst Wiechert]]) und [[Heinrich Sutermeister]], [[Joonas Kokkonen]], [[Riccardo Malipiero (Komponist)|Riccardo Malipiero]], [[Günter Raphael]] und [[Manfred Trojahn]].<ref>Paul Thissen: ''Das Requiem im 20. Jahrhundert''. Erster Teil: ''Vertonungen der „Missa pro defunctis“'', Sinzig 2009</ref> Eine Sonderstellung nimmt das ''Requiem für einen jungen Dichter'' von [[Bernd Alois Zimmermann]] auf Texte verschiedener Dichter, Berichte und Reportagen ein. Zunehmend erscheinen Kompositionen ohne Text mit dem Titel ''Requiem'', wie das von [[Hans Werner Henze]], das in Form von neun geistlichen Konzerten für Klavier solo, konzertierende Trompete und großes Kammerorchester gesetzt ist. Anlässlich des 100. Gedenkjahres (2014) nach Beginn des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] komponierte der Ligeti-Schüler [[Altuğ Ünlü]] ein [[Requiem (Ünlü)|Requiem]].
 
Das [[Wikipedia:Requiem (Webber)|Requiem]] des britischen Komponisten [[Andrew Lloyd Webber]] wurde im Jahre 1986 mit dem [[Grammy Award]] für die beste klassische zeitgenössische Komposition ausgezeichnet. [[Georges Delerue]] vertonte für den Film ''Black Robe'' 1991 den Introitus des Requiems und das ''Libera me''.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Requiem}}
* {{WikipediaDE|Requiem}}
* {{WikipediaDE|Liste von Requiem-Vertonungen}}
* {{WikipediaDE|Requiem (Mozart)}}
 
== Literatur ==
* Paul Thissen: ''Das Requiem im 20. Jahrhundert. Erster Teil: Vertonungen der Missa pro defunctis. Register.'' Studiopunkt, Sinzig 2009, ISBN 978-3-89564-133-6.
* Paul Thissen: ''Nicht-liturgische Requien. Zweiter Teil: Nicht-liturgische Requien. Mit einem Katalog von 230 Werken.'' Studiopunkt, Sinzig 2011, ISBN 978-3-89564-139-8.
 
== Weblinks ==
{{Commonscat|Requiems}}
{{Wiktionary}}
* [http://www.requiemsurvey.org/ Alphabetisches Verzeichnis von über 2000 Komponisten des Requiem]
* [http://requiemonline.tripod.com/ Online Guide to Requiem]
 
; Aufnahmen:
* [https://www.youtube.com/watch?v=Dp2SJN4UiE4 Mozart: Requiem] YouTube
* [https://www.youtube.com/watch?v=EUKFK2ezoCQ Michael Haydn: Requiem] YouTube
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Normdaten|TYP=s|GND=4128596-7}}
 
[[Kategorie:Kirchenmusik]]
[[Kategorie:Requiem|!]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 29. Juli 2019, 12:25 Uhr

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