Karl Liebknecht und Clara Zetkin: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Clara Josephine Zetkin''', geborene ''Eißner'' (geboren am [[5. Juli]] [[1857]] in [[Königshain-Wiederau|Wiederau]], [[Amtshauptmannschaft Rochlitz]], [[Königreich Sachsen]]; gestorben am [[20. Juni]] [[1933]] in [[Archangelskoje (Moskau, Krasnogorski)|Archangelskoje]], [[Oblast Moskau]], [[Sowjetunion]]) war eine [[Sozialismus|sozialistische]] deutsche Politikerin, [[Friedensaktivist]]in und [[Frauenrechtlerin]]. Sie war bis 1917 aktiv in der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] und in dieser Partei eine markante Vertreterin der revolutionär-[[Marxismus|marxistischen]] Fraktion. 1917 schloss sie sich der SPD-Abspaltung [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]] an. In der USPD gehörte sie zum linken Flügel bzw. zur Spartakusgruppe (1918 umbenannt in [[Spartakusbund]]). Danach war sie ein einflussreiches Mitglied der [[Kommunistische Partei Deutschlands|Kommunistischen Partei Deutschlands]] (KPD). Während der [[Weimarer Republik]] war sie von 1920 bis 1933 [[Reichstag (Weimarer Republik)|Reichstagsabgeordnete]]<ref name="rdb" /> für die KPD und 1932 [[Alterspräsident]]in des Parlaments.


'''Karl Paul August Friedrich Liebknecht'''<ref>Wilhelm Liebknecht hatte Karl Marx, [[Paul Singer (Politiker)|Paul Singer]], August Bebel und Friedrich Engels gebeten, Pate seines Sohnes zu sein.</ref> (*&nbsp;[[13. August]] [[1871]] in [[Leipzig]]; †&nbsp;[[15. Januar]] [[1919]] in [[Berlin]]) war ein prominenter [[Marxismus|Marxist]] und [[Antimilitarismus|Antimilitarist]] zu Zeiten des [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Kaiserreiches]]. Seit 1900 Mitglied der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|Sozialdemokratischen Partei Deutschlands]], war er von 1912 bis 1916 einer ihrer Abgeordneten im [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstag]], wo er den [[Politische Linke|linksrevolutionären]] Flügel der SPD vertrat. Ab 1915 bestimmte er zusammen mit [[Rosa Luxemburg]] wesentlich die Linie der ''[[Gruppe Internationale]]''. 1916 wurde er aufgrund seiner Ablehnung der [[Burgfriedenspolitik]] aus der SPD-Fraktion ausgeschlossen und wenig später wegen „[[Kriegsverrat]]“ zu vier Jahren [[Zuchthaus]] verurteilt. Nach etwa zwei Jahren Haft wurde er knapp drei Wochen vor dem Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] freigelassen.
Auf übernationaler Ebene gehörte Zetkin als Beteiligte am [[Internationaler Arbeiterkongress (1889)|Internationalen Arbeiterkongress von 1889]] in Paris zu den Gründern der [[Zweite Internationale|Zweiten Internationale]] der sozialistischen [[Arbeiterbewegung]]. In der Arbeit für die [[Internationale]] gilt sie als prägende Initiatorin des [[Internationaler Frauentag|Internationalen Frauentags]]. Als Angehörige der Zentrale bzw. des später als [[Zentralkomitee]] bezeichneten Vorstandsgremiums der KPD war sie von 1921 bis 1933 Mitglied im [[Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale|Exekutivkomitee]] der [[Kommunistische Internationale|Kommunistischen Internationale]] (EKKI), wo sie in ihren letzten Lebensjahren zur Minderheit der Kritiker der letztlich von [[Josef Stalin|Stalin]] vorgegebenen [[Sozialfaschismusthese]] gehörte.
 
Während der [[Novemberrevolution]] rief Liebknecht am 9. November 1918 vor dem [[Berliner Stadtschloss|Berliner Schloss]] eine „freie sozialistische Republik“ aus.<ref>Dieter Dreetz: ''Bewaffnete Kämpfe in Deutschland 1918–1923.'' Militärverlag der DDR, Berlin 1988, S. 15 Hier heißt es: „Nachdem Karl Liebknecht das Schloß unter den Schutz des Berliner Arbeiter- und Soldatenrates gestellt hatte, rief er, auf einem Kraftwagen stehend, den jubelnden Menschen zu: ‚Der Tag der Revolution ist gekommen. (…) In dieser Stunde proklamieren wir die freie, sozialistische Republik Deutschland. Wir grüßen unsere russischen Brüder.‘“</ref> Am 11. November gründete er gemeinsam mit Rosa Luxemburg, [[Leo Jogiches]], [[Ernst Meyer (Politiker)|Ernst Meyer]], [[Wilhelm Pieck]], [[Hugo Eberlein]] und anderen die ''Gruppe Internationale'' neu als [[Spartakusbund]]. Im Dezember wurde sein Konzept einer [[Räterepublik]] von der Mehrheit im [[Reichsrätekongress]] abgelehnt. Zum Jahreswechsel 1918/19 war Liebknecht einer der Gründer der [[Kommunistische Partei Deutschlands|Kommunistischen Partei Deutschlands]]. Kurz nach der Niederschlagung des Berliner [[Spartakusaufstand|Januaraufstands]] wurden er und Rosa Luxemburg von [[Freikorps]]-Offizieren ermordet.


== Leben ==
== Leben ==
=== Herkunft ===
=== Kindheit und Bildungsweg ===
[[Datei:Fotothek df roe-neg 0006216 009 Geburtshaus Karl Liebknechts in der Braustraße 1.jpg|mini|Geburtshaus Karl Liebknechts in der Braustraße 15, Leipzig, in einem dem ursprünglichen Zustand nahekommenden Foto von 1951. Nach Aus- und Umbauten wurde es in der DDR nach ihm benannt und firmiert heute unter dem (Familien-)Namen [[Liebknecht-Haus]] als Geschäftsstelle des Leipziger Stadtverbandes der Partei ''[[DIE LINKE]]''.<ref>[http://www.die-linke-in-leipzig.de/nc/home/liebknechthaus/ weitere Informationen zum Liebknecht-Haus in Leipzig auf der Webpräsenz des Leipziger Stadtverbands der Partei ''Die Linke''] (www.die-linke-in-leipzig.de, abgerufen am 13. Juli 2016)</ref>]]
Clara wurde als älteste Tochter von Josephine Vitale, deren Vater Jean Dominique durch die [[Französische Revolution]] 1789 und seine Teilnahme an [[Koalitionskriege|Napoleons Kriegen]] geprägt war, und Gottfried Eißner, Sohn eines Tagelöhners und Dorfschullehrers von Wiederau, geboren. Ihre Mutter stand mit Pionierinnen der damals entstandenen (bürgerlichen) Frauenbewegung in Kontakt, insbesondere [[Louise Otto-Peters]] und [[Auguste Schmidt]], las Bücher von [[George Sand]] und gründete in [[Königshain-Wiederau|Wiederau]] einen Verein für Frauengymnastik. Die Familie siedelte 1872 nach [[Leipzig]] über, um ihren Kindern eine bessere Ausbildung zu ermöglichen.
Karl Liebknecht wurde 1871 in Leipzig geboren. Er war der zweite von fünf Söhnen [[Wilhelm Liebknecht]]s und dessen zweiter Ehefrau Natalie (geb. Reh).<ref>[http://www.sozialistenfriedhof.de/wilhelmliebknecht.html Familienfoto auf www.sozialistenfriedhof.de]</ref> Sein älterer Bruder war [[Theodor Liebknecht]], sein jüngerer [[Otto Liebknecht]]. Der Vater gehörte ab den 1860er Jahren mit [[August Bebel]] zu den Gründern und bedeutendsten Anführern der SPD und ihrer Vorläuferparteien. Karl wurde in der [[Thomaskirche (Leipzig)|Thomaskirche]] evangelisch getauft. Zu seinen [[Taufpate]]n gehörten – wenn auch nicht persönlich anwesend, jedoch mit schriftlichen Patenschaftserklärungen belegt – [[Karl Marx]] und [[Friedrich Engels]].


In den 1880er Jahren verbrachte Karl Liebknecht einen Teil seiner Kindheit in [[Borsdorf]], heute am östlichen Stadtrand von Leipzig gelegen. Dort hatte sein Vater mit August Bebel eine [[Bebel-Liebknecht-Haus Borsdorf|Vorstadt-Villa]] bezogen, nachdem sie aufgrund des [[Kleiner Belagerungszustand|kleinen Belagerungszustandes]], einer Bestimmung des zwischen 1878 und 1890 gegen die Sozialdemokratie gerichteten [[Sozialistengesetz]]es, aus Leipzig ausgewiesen worden waren.<ref>[[Wolfgang Schröder (Historiker)|Wolfgang Schröder]]: ''Blickpunkt Borsdorf: August Bebels und Wilhelm Liebknechts Asyl 1881–1884''. Herausgegeben 2003 von der Arbeitsgruppe „Bebel-Liebknecht-Haus Borsdorf“ im Heimatverein Borsdorf und Zweenfurt e.V.: http://d-nb.info/96917022X</ref>
=== Politisches Engagement in der frühen Sozialdemokratie ===
[[Datei:Clara Zetkin.jpg|mini|hochkant|Clara Zetkin 1897]]
[[Datei:Bebel zürich 1893.jpg|mini|Zetkin (Dritte von links) im Gasthof zum Löwen in Bendlikon bei Zürich 1893 zusammen mit der Familie Bebel und einigen anderen prominenten Vertretern der sozialdemokratischen Bewegung<br /><small> (von links nach rechts: Dr. Simon – Schwiegersohn Bebels –, Frieda Simon-Bebel, Clara Zetkin, [[Friedrich Engels]], [[Julie Bebel]], [[August Bebel]], Ernst Schattner,<ref>Ernst Schattner (1879–1944) ist der Stiefsohn von Eduard Bernstein. Siehe Marx-Engels-Jahrbuch 2004, S. 194.</ref> Regine Bernstein, [[Eduard Bernstein]] (teilweise abgeschnitten))</small>]]
[[Datei:Zetkin luxemburg1910.jpg|mini|hochkant|Clara Zetkin (links) mit Rosa Luxemburg im Jahr 1910]]


=== Studium ===
Ab 1874 hatte die in Leipziger Privatseminaren ausgebildete Volksschullehrerin Kontakte zur [[Frauenbewegung|Frauen-]] und [[Arbeiterbewegung]].
1890 machte er an der [[Alte Nikolaischule (Leipzig)|Alten Nikolaischule]] in Leipzig sein Abitur und begann am 16. August 1890 an der [[Universität Leipzig]] [[Rechtswissenschaften]] und [[Kameralwissenschaft]]en zu studieren.<ref>Faksimile in Matthias John, S. 47.</ref> Er studierte bei [[Bernhard Windscheid]], [[Rudolph Sohm]], [[Lujo Brentano]], [[Wilhelm Wundt]] und [[Anton Springer]].<ref>Mathias John, S. 48–56.</ref> Als die Familie nach [[Berlin]] zog, setzte er dort am 17. Oktober 1890 an der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Friedrich-Wilhelms-Universität]] sein Studium fort. Hier hörte er u.&nbsp;a. bei [[Heinrich von Treitschke]] und [[Gustav von Schmoller (Ökonom)|Gustav Schmoller]] Vorlesungen. Aus dieser Zeit stammt das sozialkritische Gedicht ''Hüte dich!'' Sein Abgangszeugnis datiert vom 7. März 1893.<ref>Heinz Wohlgemuth, S. 29.</ref> Am 29. Mai 1893 bestand er sein Referendarexamen.<ref>Wilhelm Liebknecht an Friedrich Engels am 9. Juni 1893.</ref>
Clara Eißner trat 1878 der [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1875)|Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands]] bei, die 1890 in SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) umbenannt wurde. Wegen des [[Sozialistengesetz]]es (1878–1890), das sozialdemokratische Aktivitäten außerhalb der Landtage und des Reichstags verbot, ging sie 1882 zuerst nach [[Zürich]], dann nach [[Paris]] ins [[Exil]]. Dort nahm sie den Namen ihres Lebenspartners, des russischen Revolutionärs [[Ossip Zetkin]] an, mit dem sie zwei Söhne hatte, [[Maxim Zetkin]] (1883–1965) und [[Kostja Zetkin]] (1885–1980).


Von 1893 bis 1894 leistete Liebknecht seinen Wehrdienst bei den [[Garde-Pionier-Bataillon|Gardepionieren]] in Berlin ab. Er verkürzte die Zeit durch die Meldung als [[Einjährig-Freiwilliger]].
In ihrer Zeit in Paris hatte sie 1889 während des [[Internationaler Arbeiterkongress (1889)|Internationalen Arbeiterkongresses]] einen bedeutenden Anteil an der Gründung der [[Zweite Internationale|Sozialistischen Internationale]].


Nach langer Suche nach einer [[Referendariat|Referendarstelle]] schrieb er seine [[Dissertation|Doktorarbeit]] „Compensationsvorbringen nach gemeinem Rechte“, die von der Juristischen und Staatswissenschaftlichen Fakultät der [[Julius-Maximilians-Universität Würzburg]] 1897 mit dem Prädikat ''[[magna cum laude]]'' ausgezeichnet wurde.<ref>Heinz Wohlgemuth, S. 33.</ref> Am 5. April 1899 bestand er seine [[Assessor]]prüfung mit „gut“.
Im Herbst 1890 kehrte die Familie nach Deutschland zurück und ließ sich in [[Sillenbuch]] bei [[Stuttgart]] nieder. Dort arbeitete Clara Zetkin als Übersetzerin für den [[Johann Heinrich Wilhelm Dietz|Dietz-Verlag]] und seit 1892 als Herausgeberin der [[Frauenzeitschrift]] ''[[Die Gleichheit]]''.


=== Tätigkeit als Rechtsanwalt ===
Nach dem Tode Ossip Zetkins heiratete sie 1899 42-jährig in Stuttgart den 24-jährigen Kunstmaler [[Friedrich Zundel]] aus [[Wiernsheim]]. Nach zunehmender Entfremdung wurde die Ehe 1927 geschieden und im selben Jahr heiratete Friedrich Zundel [[Paula Zundel|Paula Bosch]], die Tochter seines Sillenbucher Nachbarn [[Robert Bosch]].
Zusammen mit seinem Bruder Theodor und [[Oskar Cohn]] eröffnete er 1899 in der Berliner Chausseestraße 121 eine Rechtsanwaltskanzlei.


Im Mai 1900 heiratete er Julia Paradies, mit der er zwei Söhne (Wilhelm und [[Robert Liebknecht]]) und eine Tochter (Vera) hatte.
1907 lernte Clara Zetkin anlässlich des Internationalen Sozialistenkongresses in Stuttgart den russischen Kommunisten [[Lenin]] kennen, mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verband.


1904 wurde er gemeinsam mit seinem Kollegen [[Hugo Haase]] als politischer Anwalt auch im Ausland bekannt, als er neun Sozialdemokraten (unter ihnen [[Franciszek Trąbalski]]) im „Königsberger Geheimbundprozess“ verteidigte. In anderen aufsehenerregenden Strafprozessen prangerte er die [[Klassenjustiz]] des Kaiserreichs und die brutale Behandlung von Rekruten beim Militär an.
In der SPD gehörte sie zusammen mit ihrer engen Vertrauten, Freundin und Mitstreiterin [[Rosa Luxemburg]] wortführend zum revolutionären linken Flügel der Partei und wandte sich mit ihr um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert in der [[Revisionismus]]debatte entschieden gegen die reformorientierten Thesen [[Eduard Bernstein]]s.


=== Engagement für den Sozialismus ===
=== Die Frauenrechtlerin ===
1900 wurde Karl Liebknecht Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, 1902 sozialdemokratischer Stadtverordneter in Berlin. Dieses Mandat behielt er bis 1913.
Einer ihrer politischen Schwerpunkte war die [[Frauenpolitik]]. Hierzu hielt sie beim Gründungskongress der Zweiten Internationalen am 19. Juli 1889 ein berühmt gewordenes Referat, in dem sie die Forderungen der bürgerlichen Frauenbewegung nach [[Frauenwahlrecht]], freier Berufswahl und besonderen [[Arbeitsschutz]]gesetzen für Frauen, wie sie um [[Helene Lange]] und [[Minna Cauer]] vertreten wurden, im Rahmen des herrschenden Systems kritisierte:


Er war aktives Mitglied der [[Zweite Internationale|Zweiten Internationale]] und zudem einer der Gründer der [[Sozialistische Jugendinternationale|Sozialistischen Jugendinternationale]]. Er wurde 1907 im Rahmen der [[Internationaler Sozialistenkongress (1907)|ersten Internationalen Konferenz der sozialistischen Jugendorganisationen]] zum Vorsitzenden des Verbindungsbüros gewählt.
{{Zitat|Wir erwarten unsere volle [[Emanzipation]] weder von der Zulassung der Frau zu dem, was man freie Gewerbe nennt, und von einem dem männlichen gleichen Unterricht – obgleich die Forderung dieser beiden Rechte nur natürlich und gerecht ist – noch von der Gewährung politischer Rechte. Die Länder, in denen das angeblich allgemeine, freie und direkte Wahlrecht existiert, zeigen uns, wie gering der wirkliche Wert desselben ist. Das Stimmrecht ohne ökonomische Freiheit ist nicht mehr und nicht weniger als ein Wechsel, der keinen Kurs hat. Wenn die soziale Emanzipation von den politischen Rechten abhinge, würde in den Ländern mit allgemeinem Stimmrecht keine soziale Frage existieren. Die Emanzipation der Frau wie die des ganzen Menschengeschlechtes wird ausschließlich das Werk der Emanzipation der Arbeit vom Kapital sein. Nur in der sozialistischen Gesellschaft werden die Frauen wie die Arbeiter in den Vollbesitz ihrer Rechte gelangen.|ref=<ref name="archiv1" />}}


=== Hochverratsprozess ===
Damit erklärte Zetkin die fehlende Gleichberechtigung der Geschlechter zu einem Nebenwiderspruch der herrschenden sozialen und ökonomischen Bedingungen, den sie dem [[Hauptwiderspruch]] zwischen Kapital und Arbeit unterordnete. Ihre Verschiebung der formalpolitischen Emanzipation der Frau auf die Zeit nach der [[Revolution]] vertiefte die Konflikte der deutschen Frauenbewegung vor dem Ersten Weltkrieg und führte zu langwierigen Auseinandersetzungen mit anderen, gemäßigteren Protagonistinnen auch innerhalb der sozialdemokratischen Frauenbewegung, etwa mit [[Lily Braun]] oder [[Luise Zietz]].
Für die Jugendarbeit der SPD veröffentlichte er 1907 die Schrift ''Militarismus und Antimilitarismus'',<ref>Karl Liebknecht: ''Militarismus und Antimilitarismus. Unter besonderer Berücksichtigung der internationalen Jugendbewegung''. Leipziger Buchdruckerei, Leipzig 1907. Vgl. dazu Horst Syrbe: ''Zur nationalen Bedeutung von Karl Liebknechts Schrift „Militarismus und Antimilitarismus“.'' In: ''Beiträge zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung''. Band 3, Diez, Berlin 1961, S. 573–592. Nachdruck als: Karl Liebknecht: ''Rekrutenabschied. Militarismus und Antimilitarismus unter besonderer Berücksichtigung der internationalen Jugendbewegung.'' Weltkreis-Verlags-GmbH, Dortmund 1971.</ref> für die er noch im selben Jahr wegen [[Hochverrat#Deutsches Kaiserreich|Hochverrat]] verurteilt wurde. In dieser Schrift führte er aus, der äußere [[Militarismus]] brauche gegenüber dem äußeren Feind [[Chauvinismus|chauvinistische]] Verbohrtheit und der innere Militarismus benötige gegen den inneren Feind Unverständnis bzw. Hass gegenüber jeder fortschrittlichen Bewegung. Der Militarismus brauche außerdem den Stumpfsinn der Menschen, damit er die Masse wie eine Herde Vieh treiben könne. Die [[Antimilitarismus|antimilitaristische]] Agitation müsse über die Gefahren des Militarismus aufklären, jedoch müsse sie dies im Rahmen der Gesetze tun. Letzteren Hinweis nahm ihm später das [[Reichsgericht]] im Hochverratsprozess nicht ab. Den Geist des Militarismus charakterisierte Liebknecht in dieser Schrift mit einem Hinweis auf eine Bemerkung des damaligen preußischen Kriegsministers General [[Karl von Einem]], wonach diesem ein königstreuer und schlecht schießender Soldat lieber sei als ein treffsicherer Soldat, dessen politische Gesinnung fraglich bzw. bedenklich sei. Am 17. April 1907 beantragte Karl von Einem bei der Reichsanwaltschaft, wegen der Schrift ''Militarismus und Antimilitarismus'' gegen Karl Liebknecht ein Strafverfahren einzuleiten.


Am 9. Oktober, 10. Oktober und 12. Oktober 1907 fand bei großem Publikumsandrang der Hochverratsprozess gegen Liebknecht vor dem Reichsgericht unter dem Vorsitz des Richters [[Ludwig Treplin]] statt. Am ersten Verhandlungstag sagte Liebknecht, dass kaiserliche Befehle null und nichtig seien, wenn sie einen Bruch der Verfassung bezweckten. Dagegen betonte das Reichsgericht später in seinem Urteil, die unbedingte [[Gehorsamspflicht]] der Soldaten gegenüber dem Kaiser sei eine zentrale Bestimmung der Verfassung des Kaiserreichs. Als Liebknecht auf eine entsprechende Frage des Vorsitzenden antwortete, dass diverse Zeitungen sowie der ultrakonservative Politiker [[Elard von Oldenburg-Januschau]] den gewaltsamen Bruch der Verfassung fordern würden, schnitt dieser ihm das Wort mit der Bemerkung ab, das Reichsgericht könne unterstellen, dass Äußerungen gefallen seien, die er als Aufforderung zum Verfassungsbruch verstanden habe. Am dritten Verhandlungstag wurde er wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu eineinhalb Jahren [[Festungshaft]] verurteilt.
Zetkin war von 1891 bis 1917 [[Herausgeber]]in der SPD-Frauenzeitung ''Die Gleichheit'' (bzw. deren Vorläuferin ''Die Arbeiterin''), in deren programmatischer Eröffnungsnummer sie sich erneut gegen die [[Reformismus|reformistische]] Vorstellung wandte, durch rechtliche Gleichstellung mit den Männern unter Beibehaltung des [[Kapitalismus]] einen Fortschritt für die Frauen erreichen zu wollen:


Kaiser [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm II.]], der ein Exemplar der Schrift ''Militarismus und Antimilitarismus'' besaß, wurde über diesen Prozess mehrfach telegrafisch informiert. Dem Kaiser wurde nach der Urteilsverkündung ein ausführlicher Prozessbericht übersandt, dagegen wurde Liebknecht das schriftliche Urteil erst am 7. November 1907 zugestellt.<ref>''Der Hochverratsprozeß gegen Liebknecht vor dem Reichsgericht. Verhandlungsbericht nebst einem Nachwort''. Buchhandlung Vorwärts, Berlin 1907. Vgl. Zeitungsberichte im ''[[Vorwärts (Deutschland)|Vorwärts]]'' vom 11. Oktober 1907 und vom 13. Oktober 1907 (Titelblätter).</ref> Seine Selbstverteidigung im Prozess brachte ihm große Popularität bei den Berliner Arbeitern ein, so dass er in einem Pulk zum Haftantritt geleitet wurde.
{{Zitat|‚Die Gleichheit‘ [] geht von der Überzeugung aus, dass der letzte Grund der jahrtausendealten niedrigen gesellschaftlichen Stellung des weiblichen Geschlechts ''nicht'' in der jeweils‚ von Männern gemachten‘ Gesetzgebung, sondern in den durch wirtschaftliche Zustände bedingten Eigentumsverhältnisse zu suchen ist. Mag man heute unsere gesamte Gesetzgebung dahin abändern, dass das weibliche Geschlecht rechtlich auf gleichen Fuß mit dem männlichen gestellt wird, so bleibt nichtsdestoweniger für die große Masse der Frauen [] die gesellschaftliche Versklavung in härtester Form weiterbestehen: ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von ihren Ausbeutern.}}


Um Karl Liebknecht in seiner wirtschaftlichen Existenz zu treffen, wurde beim [[Anwaltsgerichtshof]] der [[Provinz Brandenburg]] in Berlin beantragt, ihn aufgrund seiner Verurteilung wegen Vorbereitung zum Hochverrat durch das Reichsgericht aus der Anwaltschaft auszuschließen. Am 29. April 1908 lehnte der Anwaltsgerichtshof unter seinem Vorsitzenden Dr. Krause diesen Antrag ab. Zur Begründung führte er unter anderem aus, dass zwar die tatsächlichen Feststellungen des Reichsgerichts im Hochverratsprozess bindend seien, jedoch dies nicht zwingend eine ehrengerichtliche Bestrafung nach sich ziehe.<ref>Zeitungsbericht im ''Vorwärts'' vom 29. September 1908, Titelblatt.</ref>
Später revidierte sie diese rigide Haltung und trat nun ebenfalls für das Frauenwahlrecht ein, das bereits seit 1891 zentraler Bestandteil des [[Erfurter Programm|Parteiprogramms]] der SPD war.
Gegen dieses Urteil legte der [[Oberreichsanwalt]] am 7. Mai 1908 Einspruch ein. Am 10. Oktober 1908 lehnte daraufhin der Ehrengerichtshof in Anwaltssachen unter dem Vorsitz des Reichsgerichtspräsidenten [[Rudolf von Seckendorff]] es ab, Liebknecht aus der Rechtsanwaltschaft auszuschließen. Zur Begründung hieß es, dass schon das Reichsgericht in diesem Strafurteil eine ehrlose Gesinnung des Angeklagten verneint habe.<ref>''Amtliche Entscheidungssammlung des Ehrengerichtshofs für Anwaltssachen beim Reichsgericht (EGH)''. 14. Band, S. 81–84. Vgl. Zeitungsbericht im ''Vorwärts'' vom 13. Oktober 1908, S. 2.</ref>


=== Abgeordneter im Preußischen Landtag und im Reichstag ===
1907 wurde ihr die Leitung des neu gegründeten Frauensekretariats der SPD übertragen. Beim „[[Internationaler Sozialistenkongress (1907)|Internationalen Sozialistenkongress]]“, der im August 1907 in Stuttgart stattfand, wurde die Gründung der [[Sozialistische Fraueninternationale|Sozialistischen Fraueninternationale]] beschlossen – mit Clara Zetkin als Internationaler Sekretärin. Auf der ''[[Internationaler Sozialistenkongress (1910)|Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz]]'' am 27. August 1910 in [[Kopenhagen]] initiierte sie gegen den Willen ihrer männlichen Parteikollegen, gemeinsam mit [[Käte Duncker]], den [[Internationaler Frauentag|Internationalen Frauentag]], der erstmals im folgenden Jahr am 19. März 1911 begangen werden sollte (ab 1921 am 8. März).
[[Datei:Sophie and Karl Liebknecht.jpg|mini|hochkant=1.5|Sophie und Karl Liebknecht mit den Kindern aus seiner ersten Ehe, 1913]]


Im Jahr 1908 wurde er Mitglied des [[Preußisches Abgeordnetenhaus|Preußischen Abgeordnetenhauses]], obwohl er noch nicht aus der [[Festung Glatz]] in Schlesien entlassen worden war. Er gehörte zu den ersten acht Sozialdemokraten überhaupt, die trotz des [[Dreiklassenwahlrecht]]s Mitglied im Preußischen Landtag wurden. Dem Landesparlament gehörte Liebknecht bis 1916 an.
=== Während des Ersten Weltkriegs ===
Zusammen mit Franz Mehring, Rosa Luxemburg und sehr wenigen weiteren SPD Politikern stimmte Zetkin 1914 kurz vor Beginn des Krieges gegen die Bewilligung der Kriegskredite. Sie blieb damit dem Grundsatz der [[II. Internationale]] treu, keinen Angriffskrieg zu unterstützen und stand fortan im Widerspruch zur großen Mehrheit der im Reichstag vertretenen SPD.<ref>Die Kriegsbriefe von Clara Zetkin, Sybille Fuchs, 30. September 2016, In: World Socialist Web Site, https://www.wsws.org/de/articles/2016/12/30/zet1-d30.html</ref>
In der Zeit des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] lehnte Zetkin mit [[Karl Liebknecht]], Rosa Luxemburg, Franz Mehring und wenigen anderen einflussreichen SPD-Politikern die [[Burgfriede]]nspolitik ihrer Partei ab. Neben anderen Aktivitäten gegen den Krieg organisierte sie 1915 in [[Bern]] die [[Internationale Konferenz sozialistischer Frauen gegen den Krieg]]. In diesem Zusammenhang entstand das maßgeblich von ihr ausformulierte Antikriegs-[[Flugblatt]] «Frauen des arbeitenden Volkes!», das außerhalb der Schweiz polizeilich gesucht wurde.<ref>{{Literatur|Autor=[[Hannes Obermair]], Carla Giacomozzi |Herausgeber=[[Stadtarchiv Bozen]]|Titel=Clara Zetkin gesucht!|Sammelwerk=Das Exponat des Monats des Stadtarchivs Bozen |Nummer=43 |Jahr=2015|Monat=Juli|Online=[http://www.gemeinde.bozen.it/UploadDocs/16626_Exponat_des_Monats_43__Stadtarchiv_Juli_2015.pdf gemeinde.bozen.it] (PDF)|Zugriff=2015-11-15}}</ref> Wegen ihrer Antikriegshaltung wurde Clara Zetkin während des Krieges mehrfach inhaftiert, ihre Post beschlagnahmt und ihre Söhne, beide Ärzte im Militärdienst, schikaniert.<ref>Die Kriegsbriefe von Clara Zetkin, Sybille Fuchs, 30. September 2016. In: World Socialist Web Site, https://www.wsws.org/de/articles/2016/12/30/zet1-d30.html</ref>


Seine erste Frau Julia starb am 22. August 1911 nach einer Gallenoperation. Liebknecht heiratete im Oktober 1912 Sophie Ryss (1884–1964).
=== Von der SPD zur KPD ===
[[Datei:Zetkin Kollontaj Comintern.jpg|mini|hochkant|Zetkin (vordere Reihe ca. Bildmitte bzw. vierte von links) 1921 als KPD-Delegierte beim [[Kommunistische Internationale#III. und IV. Weltkongress 1921 und 1922 – Einheitsfront|III.&nbsp;Weltkongress]] der [[Komintern]]; neben Zetkin rechts im Bild [[Alexandra Kollontai]].]]


Im [[Reichstagswahl 1912|Januar 1912]] zog er als einer der jüngsten SPD-Abgeordneten in den [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstag]] ein.<ref>{{ReichstagDB|11857275X}}</ref> Liebknecht gewann&nbsp;– nach zwei vergeblichen Anläufen [[Reichstagswahl 1903|1903]] und [[Reichstagswahl 1907|1907]]&nbsp;den „Kaiserwahlkreis“ Potsdam-Spandau-Osthavelland, der bis dahin eine sichere Domäne der [[Deutschkonservative Partei|Deutschkonservativen Partei]] gewesen war. Im Reichstag trat er sofort als entschiedener Gegner einer Heeresvorlage auf, die dem Kaiser Steuermittel für die Heeres- und Flottenrüstung bewilligen sollte. Er konnte außerdem nachweisen, dass die Firma [[Friedrich Krupp AG|Krupp]] durch die Bestechung von Mitarbeitern des Kriegsministeriums unerlaubterweise an wirtschaftlich relevante Informationen gekommen war (sogenannten [[Kornwalzer-Affäre]]).<ref>Siehe Frank Bösch: „Krupps ‚Kornwalzer‘. Formen und Wahrnehmung von Korruption im Kaiserreich.“ In: ''Historische Zeitschrift'' 281, München 2005, S. 337–379.</ref>
Sie war ab 1916 an der ursprünglich von Rosa Luxemburg gegründeten revolutionären innerparteilichen Oppositionsfraktion der SPD, der ''Gruppe Internationale'' bzw. ''Spartakusgruppe'' beteiligt, die am 11.&nbsp;November 1918 in [[Spartakusbund]] umbenannt wurde. 1917 schloss sich Clara Zetkin der [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]] – unmittelbar nach deren Konstituierung – an. Diese neue linkssozialdemokratische Partei hatte sich aus Protest gegen die kriegsbilligende Haltung der SPD von der Mutterpartei abgespalten, nachdem die größer gewordene Gruppe der Kriegsgegner aus der SPD-Reichstagsfraktion und der Partei ausgeschlossen worden war. Nach der [[Novemberrevolution]] wurde – ausgehend vom Spartakusbund und anderen linksrevolutionären Gruppen – am 1.&nbsp;Januar 1919 die [[Kommunistische Partei Deutschlands]] (KPD) gegründet, der auch Zetkin beitrat.


=== Erster Weltkrieg ===
Von 1919 bis 1920 war Zetkin Mitglied der [[Landtag des freien Volksstaates Württemberg|Verfassunggebenden Landesversammlung Württembergs]] und dort eine unter den ersten 13 weiblichen Abgeordneten. Sie beteiligte sich ab dem 25.&nbsp;Juli 1919 am Sonderausschuss für den Entwurf eines Jugendfürsorgegesetzes. Am 25.&nbsp;September 1919 stimmte Zetkin gegen die Annahme der Verfassung des freien [[Volksstaat Württemberg|Volksstaates Württemberg]].
In der ersten Julihälfte 1914 war Liebknecht nach Belgien und Frankreich gereist, mit [[Jean Longuet]] und [[Jean Jaurès]] zusammengetroffen und hatte auf mehreren Veranstaltungen gesprochen. Den [[Nationalfeiertag (Frankreich)|französischen Nationalfeiertag]] verbrachte er in Paris. Über die unmittelbare Gefahr eines großen europäischen Krieges wurde er sich erst am 23. Juli&nbsp;– nach Bekanntwerden des österreichisch-ungarischen Ultimatums an Serbien (vgl. [[Julikrise]])&nbsp;– völlig klar. Ende Juli kehrte er über die Schweiz nach Deutschland zurück.<ref>Siehe Annelies Laschitza: ''Die Liebknechts. Karl und Sophie – Politik und Familie.'' Berlin 2007, S. 230.</ref>


Als der Reichstag am 1. August, dem Tag der Verkündung der Mobilmachung und der Kriegserklärung an Russland, zum 4. August zusammengerufen wurde, stand für Liebknecht noch außer Frage, dass „die Ablehnung der Kriegskredite für die Mehrheit der Reichstagsfraktion selbstverständlich und zweifellos sei.“<ref>Zitiert nach Annelies Laschitza, Elke Keller (Hrsg.): ''Karl Liebknecht. Eine Biographie in Dokumenten.'' Berlin 1982, S. 214.</ref> Am Nachmittag des 4. August stimmte jedoch die sozialdemokratische Fraktion&nbsp;– nachdem es am Vortag in der vorbereitenden Fraktionssitzung nach Angaben [[Wolfgang Heine]]s zu „ekelhaften Lärmszenen“<ref>Zitiert nach Wohlgemuth, Heinz, Karl Liebknecht. Eine Biographie, Berlin 1973, S. 242.</ref> gekommen war, weil sich Liebknecht und 13 weitere Abgeordnete entschieden gegen diesen Schritt aussprachen&nbsp;– geschlossen für die Bewilligung der Kriegskredite, die der Regierung die vorläufige Finanzierung der Kriegführung ermöglichten. Vor der Fraktionssitzung am 3. August hatten die Befürworter der Bewilligung nicht mit einem solchen Erfolg gerechnet und waren sich keineswegs sicher, überhaupt eine Mehrheit in der Fraktion zu erhalten;<ref>Siehe Groh, Dieter, Negative Integration und revolutionärer Attentismus. Die deutsche Sozialdemokratie am Vorabend des Ersten Weltkrieges, Frankfurt am Main-Berlin-Wien 1973, S. 694.</ref> noch in der Sitzungspause nach der Rede des Reichskanzlers&nbsp;– unmittelbar vor der Abstimmung am 4. August&nbsp;– kam es in der Fraktion zu Tumulten, weil [[Ludwig Frank (SPD)|Frank]], [[Eduard David|David]], [[Albert Südekum|Südekum]], [[Max Cohen (Journalist)|Cohen]] und einige andere [[Theobald von Bethmann Hollweg|Bethmann Hollwegs]] Ausführungen demonstrativ beklatscht hatten.<ref>Siehe Groh, Sozialdemokratie, S. 700.</ref> Liebknecht, der die (ungeschriebenen) Regeln der Partei- und Fraktionsdisziplin in den Jahren zuvor immer wieder gegen Vertreter des rechten Parteiflügels verteidigt hatte, beugte sich dem Beschluss der Mehrheit und stimmte der Regierungsvorlage im Plenum des Reichstags ebenfalls zu. [[Hugo Haase]], der in der Fraktion wie Liebknecht gegen die Bewilligung aufgetreten war, erklärte sich aus ähnlichen Gründen sogar zur Verlesung der von den bürgerlichen Parteien mit Jubel aufgenommenen Erklärung der Fraktionsmehrheit bereit. Liebknecht hat den 4. August, den er als katastrophalen politischen und persönlichen Einschnitt empfand, privat und öffentlich immer wieder thematisiert und durchdacht. 1916 notierte er dazu:
Von 1920 bis 1933 war sie für die KPD im Reichstag der [[Weimarer Republik]] als Abgeordnete vertreten. Ab 1919 gab Clara Zetkin die Zeitschrift ''[[Die Kommunistin]]'' heraus. Von 1921 bis zu ihrem Tode war sie Präsidentin der [[Internationale Arbeiterhilfe|Internationalen Arbeiterhilfe (IAH)]]. In der KPD war Zetkin bis 1924 Angehörige der Zentrale, und von 1927 bis 1929 des [[Zentralkomitee]]s der Partei. Des Weiteren war sie von 1921 bis 1933 Mitglied des [[Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale]] (EKKI).


{{Zitat|Der Abfall der Fraktionsmehrheit kam selbst für den Pessimisten überraschend; die Atomisierung des bisher überwiegenden radikalen Flügels nicht minder. Die Tragweite der Kreditbewilligung für die Umschwenkung der gesamten Fraktionspolitik ins Regierungslager lag nicht auf der Hand: Noch bestand die Hoffnung, der Beschluss vom 3. August sei das Ergebnis einer vorübergehenden Panik und werde alsbald korrigiert, jedenfalls nicht wiederholt und gar übertrumpft werden. Aus diesen und ähnlichen Erwägungen, allerdings auch aus Unsicherheit und Schwäche erklärte sich das Misslingen des Versuchs, die Minderheit für ein öffentliches Separatvotum zu gewinnen. Nicht übersehen werden darf dabei aber auch, welche heilige Verehrung damals noch der Fraktionsdisziplin entgegengebracht wurde, und zwar ''am meisten vom radikalen Flügel'', der sich bis dahin in immer zugespitzterer Form gegen Disziplinbrüche oder Disziplinbruchsneigungen revisionistischer Fraktionsmitglieder hatte wehren müssen.|ref=<ref>Zitiert nach Laschitza, Keller, ''Karl Liebknecht.'' S. 218. Hervorhebung im Original.</ref>}}
1925 wurde Zetkin außerdem zur Vorsitzenden der [[Rote Hilfe Deutschlands|Roten Hilfe Deutschlands]] gewählt.


Einer Erklärung Rosa Luxemburgs und [[Franz Mehring]]s (deren vollständiger Wortlaut als verschollen gilt<ref>Siehe Laschitza, Die Liebknechts, S. 239.</ref>), in der diese wegen des Verhaltens der Fraktion ihren Parteiaustritt androhten, schloss sich Liebknecht ausdrücklich nicht an, weil er sie „als Halbheit empfand: Dann hätte man schon austreten müssen.“<ref>Zitiert nach Laschitza, Keller, Karl Liebknecht, S. 221.</ref> Rosa Luxemburg bildete am 5. August 1914 die ''Gruppe Internationale'', in der Liebknecht mit zehn weiteren SPD-Linken Mitglied war und die eine innerparteiliche Opposition gegen die SPD-Politik des [[Burgfriede]]ns zu bilden versuchte. Im Sommer und Herbst 1914 reiste Liebknecht mit Rosa Luxemburg durch ganz Deutschland, um&nbsp;– weitgehend erfolglos&nbsp;– Kriegsgegner zur Ablehnung der Finanzbewilligung für den Krieg zu bewegen. Er nahm auch Verbindung zu anderen europäischen Arbeiterparteien auf, um diesen zu signalisieren, dass nicht alle deutschen Sozialdemokraten für den Krieg seien.
In der KPD saß Zetkin im Lauf ihrer politischen Tätigkeit, während der die dominierenden innerparteilichen Flügel mehrfach wechselten, oft zwischen den Stühlen, behielt jedoch zeitlebens einen bedeutenden Einfluss in der Partei. Im Allgemeinen wird sie von namhaften Historikern wie beispielsweise [[Heinrich August Winkler]] eher dem „rechten“ Flügel der KPD zugeordnet, vor allem, weil sie trotz ihrer Mitgliedschaft im EKKI den ideologischen Vorgaben der Komintern und aus der [[Sowjetunion]] teilweise kritisch gegenüberstand.


In den ersten großen, von einer breiteren Öffentlichkeit beachteten Konflikt mit der neuen Parteilinie geriet Liebknecht, als er zwischen dem 4. und 12. September Belgien bereiste, dort mit einheimischen Sozialisten zusammentraf und sich&nbsp;– unter anderem in [[Lüttich]] und [[Andenne]]&nbsp;– über die von deutschen Militärs angeordneten Massenrepressalien informieren ließ. Liebknecht wurde daraufhin in der Presse&nbsp;– auch der sozialdemokratischen&nbsp;– des „Vaterlandsverrats“ und „Parteiverrats“ bezichtigt und musste sich am 2. Oktober vor dem Parteivorstand rechtfertigen.<ref>Siehe Laschitza, Die Liebknechts, S. 242 ff.</ref>
[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-10565, Klara Zetkin.jpg|mini|hochkant|Clara Zetkin (links) 1930 auf dem Weg zur Wahl des Reichstagspräsidenten]]
So lehnte sie 1921 – nach der Vereinigung der KPD mit dem großen linken Flügel der USPD zur zeitweilig unter dem Alternativkürzel [[Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands|VKPD]] firmierenden Partei – zusammen mit dem damaligen von März 1919 bis Februar 1921 amtierenden innerparteilich umstrittenen KPD-Vorsitzenden [[Paul Levi]] (Parteiausschluss Mitte 1921) die vom Komintern-Chef [[Grigori Jewsejewitsch Sinowjew]] befürwortete „Offensivstrategie“ als „Putschismus“ ab. Bei der entsprechenden von der KPD mehrheitlich unterstützten Kampagne war eine revolutionär ausgerichtete Arbeiterrevolte, die ''[[Märzaktion]]'' in der [[Provinz Sachsen]], blutig gescheitert, wobei über hundert Menschen ums Leben gekommen waren. Anders als die Parteivorsitzenden Levi und [[Ernst Däumig]] blieb sie jedoch in der KPD und schloss sich nicht der [[Kommunistische Arbeitsgemeinschaft|Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft]] (KAG) an.


Er war danach umso mehr entschlossen, bei der nächsten einschlägigen Abstimmung gegen die neue Kreditvorlage zu votieren und diese demonstrative Stellungnahme gegen die „Einigkeitsphrasen-Hochflut“<ref>Zitiert nach Laschitza, Keller, Karl Liebknecht, S. 219.</ref> zur Grundlage einer Sammlung der Kriegsgegner zu machen. Im Vorfeld dieser Sitzung, zu der der Reichstag am 2. Dezember 1914 zusammentrat, versuchte er in stundenlangen Gesprächen auch andere oppositionelle Abgeordnete für diese Haltung zu gewinnen, scheiterte aber. [[Otto Rühle (Politiker, 1874)|Otto Rühle]], der Liebknecht zuvor zugesichert hatte, ebenfalls offen mit Nein zu stimmen, hielt dem Druck nicht stand und blieb dem Plenum fern, [[Fritz Kunert]]&nbsp;– der, was wenig bekannt ist, auch schon am 4. August so gehandelt hatte<ref>Siehe Prager, Eugen, Geschichte der USPD. Entstehung und Entwicklung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Berlin 1921, S. 25. Kunert, Abgeordneter für den Wahlkreis Halle/Saale, betrat kurz nach der Abstimmung wieder den Saal. Sein Abstimmungsverhalten blieb&nbsp;– glaubt man Konrad Haenisch&nbsp;– „damals völlig unbemerkt“. Siehe Haenisch, Konrad, Die deutsche Sozialdemokratie in und nach dem Weltkriege, Berlin 1916, S. 21.</ref>&nbsp;– verließ kurz vor der Abstimmung den Saal.<ref>Siehe Laschitza, Die Liebknechts, S. 258.</ref> Liebknecht stand schließlich als einziger Abgeordneter nicht auf, als Reichstagspräsident [[Johannes Kaempf|Kaempf]] das Haus aufforderte, dem Ergänzungshaushalt durch Erheben von den Sitzen zuzustimmen. Bei der nächsten Abstimmung&nbsp;– am 20. März 1915&nbsp;– votierte Rühle gemeinsam mit Liebknecht. Eine Bitte von etwa 30 anderen Fraktionsmitgliedern, während der Abstimmung mit ihnen gemeinsam den Saal zu verlassen, hatten beide zuvor abgelehnt.
Am 21. Januar 1923, kurz nach dem Beginn der [[Ruhrbesetzung|Besetzung des Ruhrgebietes]] durch französische und belgische Truppen infolge der von Deutschland nicht erfolgten Reparationszahlungen laut den Bestimmungen des [[Versailler Vertrag]]s von 1919, warf Zetkin unter der Überschrift ''Um das Vaterland'' der [[Bourgeoisie|Großbourgeoisie]] vor, ihr „Verrat“ sei schuld an der krisenhaften Zuspitzung der Situation der Weimarer Republik infolge von [[Deutsche Inflation 1914 bis 1923|Hyperinflation]] und [[Deutsche Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg|Reparationen]]. Mit dem Flugblatt „Zur Befreiung des deutschen Vaterlandes“ rief sie zum Sturz der Regierung [[Wilhelm Cuno|Cuno]] und zur Bildung einer Arbeiterregierung auf. Diese nationalistisch anmutenden Töne, die kurzzeitig dazu führten, dass Zetkin von einigen Parteigenossen der Versuch vorgeworfen wurde, die bürgerlichen Parteien mit nationalen Parolen rechts überholen zu wollen, wurden zwei Tage später von der Parteizentrale korrigiert. Mit der Parole „Schlagt [[Raymond Poincaré|Poincaré]] an der Ruhr und Cuno an der Spree“ rief die KPD zur Solidarität der Proletarier in Deutschland und in Frankreich auf und bekräftigte damit die [[Internationalismus (Politik)|internationalistische]] Ausrichtung der KPD.


Im April 1915 gaben Franz Mehring und Rosa Luxemburg die Zeitschrift ''Die Internationale'' heraus, die nur einmal erschien und sofort von den Behörden beschlagnahmt wurde. Liebknecht konnte sich an diesem Vorstoß nicht mehr beteiligen. Nach dem 2. Dezember 1914 hatten Polizei- und Militärbehörden darüber nachgedacht, wie Liebknecht „das Handwerk gelegt“<ref>Der Berliner Polizeipräsident [[Traugott von Jagow]] am 5. Dezember 1914, zitiert nach Laschitza, Annelies, Die Liebknechts. Karl und Sophie – Politik und Familie, Berlin 2007, S. 263.</ref> werden könne. Das [[Oberkommando in den Marken]] berief ihn Anfang Februar 1915 zum Dienst in ein [[Armierungs-Bataillon]] ein. Damit unterstand Liebknecht den Militärgesetzen, die ihm jegliche politische Betätigung außerhalb des Reichstages bzw. des preußischen Landtages verboten. Er erlebte, jeweils beurlaubt zu Sitzungen des Reichstages und des Landtages, als Armierungssoldat den Krieg an der [[Westfront (Erster Weltkrieg)|West]]- und [[Ostfront (Erster Weltkrieg)|Ostfront]].
Im Juni 1923 erregte Zetkin auf der Tagung des Exekutivkomitees der [[Komintern]] in Moskau mit ihren Thesen zum Klassencharakter des [[Italienischer Faschismus|Faschismus]], der im Jahr zuvor in Italien an die Macht gekommen war, Aufsehen. Der bei vielen Marxisten verbreiteten These, [[Benito Mussolini|Mussolinis]] Diktatur sei als „bloßer bürgerlicher Terror“ und als Angstreaktion der [[Kapitalismus|Kapitalisten]] auf die Bedrohung durch die [[Oktoberrevolution]] zu verstehen, erteilte sie eine scharfe Absage. In Wahrheit habe der Faschismus …
{{Zitat|[…] eine andere Wurzel. Es ist das Stocken, der schleppende Gang der Weltrevolution infolge des Verrats der reformistischen Führer der Arbeiterbewegung. Ein großer Teil der proletarisierten und von der Proletarisierung bedrohten klein- und mittelbürgerlichen Schichten, der Beamten und bürgerlichen Intellektuellen hatte die Kriegspsychologie mit einer gewissen Sympathie für den reformistischen Sozialismus ersetzt. Sie erhofften vom reformistischen Sozialismus dank der ‚Demokratie‘ eine Weltwende. Diese Erwartungen sind bitter enttäuscht worden. [] So kam es, dass sie nicht bloß den Glauben an die reformistischen Führer verloren, sondern an den Sozialismus selbst.}}


Es gelang ihm dennoch, die ''Gruppe Internationale'' zu vergrößern und die entschiedenen Kriegsgegner in der SPD reichsweit zu organisieren. Daraus ging am 1. Januar 1916 die ''Spartakusgruppe'' hervor (nach der endgültigen Loslösung von der Sozialdemokratie im November 1918 umbenannt in ''Spartakusbund''). Am 12. Januar 1916 schloss die SPD-Reichstagsfraktion mit 60 gegen 25 Stimmen Liebknecht aus ihren Reihen aus. Aus Solidarität mit ihm trat Otto Rühle zwei Tage später ebenfalls aus der Fraktion aus. Im März 1916 wurden weitere 18 oppositionelle Abgeordnete ausgeschlossen und bildeten daraufhin die [[Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft]], der sich Liebknecht und Rühle allerdings nicht anschlossen.
Den [[Nationalsozialismus]] bezeichnete sie als „Strafe“ für das Verhalten der deutschen Sozialdemokratie in der Novemberrevolution.


Liebknecht hatte während des Krieges kaum eine Möglichkeit, sich im Plenum des Reichstages Gehör zu verschaffen. Die von ihm schriftlich eingereichte Begründung seiner Stimmabgabe am 2. Dezember 1914 nahm der Reichstagspräsident entgegen der üblichen Gepflogenheiten nicht in das amtliche Protokoll auf und lehnte es in der Folge unter verschiedenen Vorwänden ab, Liebknecht das Wort zu erteilen. Erst am 8. April 1916 konnte Liebknecht zu einer untergeordneten Etatfrage von der Rednertribüne aus sprechen. Dabei kam es zu einer – so der Abgeordnete [[Wilhelm Dittmann]] – im Reichstag bis dahin nicht gesehenen „wüsten Skandalszene“:<ref>Dittmann, Wilhelm (bearbeitet und eingeleitet von Jürgen Rojahn), Erinnerungen, Frankfurt-New York 1995, S. 466.</ref> Liebknecht wurde von „wie besessen“<ref>Dittmann, Erinnerungen, S. 467.</ref> tobenden liberalen und konservativen Abgeordneten niedergeschrien, als „Lump“ und „englischer Agent“ beschimpft und aufgefordert, das „Maul zu halten“; der Abgeordnete [[Friedrich Wilhelm Hubrich|Hubrich]] entriss ihm die schriftlichen Notizen und warf die Blätter in den Saal, der Abgeordnete [[Ernst Müller-Meiningen]] musste von Mitgliedern der SAG-Fraktion daran gehindert werden, Liebknecht körperlich zu attackieren.
Im April 1925 polemisierte Zetkin auf einer weiteren EKKI-Tagung in Moskau gegen die zu der Zeit aktuelle KPD-Führung unter [[Ruth Fischer]] und [[Arkadi Maslow]], denen sie „sektiererische Politik“ vorwarf. Damit half sie deren Absetzung vorzubereiten. Nachfolger wurde im Herbst 1925 [[Ernst Thälmann]], den [[Josef Stalin|Stalin]] protegierte.


Zur „Osterkonferenz der Jugend“ sprach Liebknecht in [[Jena]] vor 60 Jugendlichen zum Antimilitarismus und zur Änderung der gesellschaftlichen Zustände in Deutschland. Am 1. Mai 1916 trat er als Führer einer Antikriegsdemonstration, die von Polizei umzingelt war, auf dem [[Potsdamer Platz]] in Berlin auf. Er ergriff das Wort mit den Worten „Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung!“. Danach wurde er verhaftet und wegen Hochverrats angeklagt. Der erste Prozesstag, eigentlich gedacht als Exempel gegen die sozialistische Linke, geriet zum Fiasko für die kaiserliche Justiz: Organisiert von den [[Revolutionäre Obleute|Revolutionären Obleuten]] fand in Berlin ein spontaner Solidaritätsstreik mit über 50.000 Beteiligten statt. Statt die Opposition zu schwächen, gab Liebknechts Verhaftung dem Widerstand gegen den Krieg neuen Auftrieb.<ref>Vgl. [[Ralf Hoffrogge]]: ''Richard Müller&nbsp;– der Mann hinter der Novemberrevolution.'' S. 38–41.</ref> Am 23. August 1916 wurde Liebknecht zu vier Jahren und einem Monat [[Zuchthaus]] verurteilt, die er von Mitte November 1916 bis zu seiner Amnestierung und Freilassung am 23. Oktober 1918 im brandenburgischen [[Luckau]] ableistete.<ref>Ernst Stock, Karl Walcher: Jacob Walcher (1887 - 1970) : Gewerkschafter und Revolutionär zwischen Berlin, Paris und New York. Trafo-Verl. Weist, Berlin 1998, S. 193, ISBN 3-89626-144-4</ref> [[Hugo Haase]], bis März 1916 SPD-Vorsitzender, setzte sich vergeblich für seine Freilassung ein. In Liebknechts Haftzeit fiel die Spaltung der SPD und die Gründung der [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]] im April 1917. Die Spartakusgruppe trat nun in diese ein, um auch dort auf revolutionäre Ziele hinzuwirken.
[[Datei:C Zetkin 2.jpg|mini|Clara Zetkin um 1930 im Alter von etwa 73 Jahren]]


Neben dem katholischen Reichstagsabgeordneten [[Matthias Erzberger]] vom [[Deutsche Zentrumspartei|Zentrum]], der wie Liebknecht später von Rechtsextremisten ermordet wurde, war Liebknecht der einzige deutsche Parlamentarier, der öffentlich die massiven Menschenrechtsverletzungen der [[Jungtürken|türkisch-osmanischen Verbündeten]] im Nahen Osten anprangerte, insbesondere den [[Völkermord an den Armeniern]] und das brutale Vorgehen gegen weitere nicht-türkische Minderheiten, insbesondere in [[Libanesische Hungerkatastrophe|Syrien und dem Libanon]]. Von der [[Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands|Mehrheits-SPD]] (die mit der jungtürkischen Partei [[Komitee für Einheit und Fortschritt|CUP]] politisch verbündet war&nbsp;– die Nachfolgepartei der CUP, die [[Cumhuriyet Halk Partisi|CHP]], ist heute Vollmitglied der [[Sozialistische Internationale|Sozialistischen Internationale]]) und den liberalen Parteien wurde diese Praxis stillschweigend gebilligt und zum Teil sogar öffentlich mit strategischen Interessen Deutschlands und der angeblichen existenziellen Bedrohung der Türkei durch armenischen und arabischen Terrorismus gerechtfertigt ([[Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe]] (SPD), [[Ernst Jäckh]], [[Friedrich Naumann]] (DDP)).
Zetkin bezeichnete die parlamentarische Demokratie der Weimarer Republik als „Klassendiktatur der Bourgeoisie“ und lehnte sie strikt ab. Zugleich stand sie jedoch auch der stalinschen [[Sozialfaschismus]]these kritisch gegenüber, die ein Bündnis mit der [[Sozialdemokratie]] gegen den Nationalsozialismus verhinderte. Als [[Alterspräsident]]in des Deutschen Reichstages führte sie den Vorsitz auf der konstituierenden Sitzung des Reichstages am 30. August 1932 „in der Hoffnung trotz meiner jetzigen Invalidität das Glück zu erleben, als Alterspräsidentin den ersten [[Räterepublik|Rätekongreß]] Sowjetdeutschlands zu eröffnen.“<ref name="archiv2" /> Trotz des vorausgehenden Wahlerfolgs für die KPD erkannte sie gleichwohl die Gefahr, die von der inzwischen stärksten Fraktion des Reichstags, der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]], ausging, und rief in derselben Rede zum Widerstand gegen die Nationalsozialisten auf:
{{Zitat|Text=Vor dieser zwingenden geschichtlichen Notwendigkeit müssen alle fesselnden und trennenden politischen, gewerkschaftlichen, religiösen und weltanschaulichen Einstellungen zurücktreten.|Quelle=Rede als Alterspräsidentin zur Eröffnung des Reichstags im August 1932|ref=<ref>{{Internetquelle |url=http://www.deutschlandfunk.de/clara-zetkin-fuer-frieden-und-sozialismus-gekaempft.871.de.html?dram:article_id=315232 |titel=Für Frieden und Sozialismus gekämpft |werk= Kalenderblatt (Rundfunksendung auf [[Deutschlandfunk|DLF]]) |autor=Anette Schneider |datum=2015-03-26|zugriff=2015-03-26}}</ref>}}


=== Novemberrevolution ===
=== Erneutes Exil und Tod ===
[[Datei:State Council building 017.JPG|mini|„Karl-Liebknecht-Portal“ des [[Staatsratsgebäude]]s der DDR, 2005.<br /> Vor diesem damaligen Schlossportal Nr. IV des Berliner Stadtschlosses rief Liebknecht am 9. November 1918, auf einem Auto stehend, die „Freie Sozialistische Republik Deutschland“ aus.<ref>Dieter Dreetz: ''Bewaffnete Kämpfe in Deutschland 1918–1923.'' Militärverlag der DDR, Berlin 1988, S. 15. Hier heisst es „Nachdem Karl Liebknecht das Schloß unter den Schutz des Berliner Arbeiter- und Soldatenrates gestellt hatte, rief er, auf einem Kraftwagen stehend, den jubelnden Menschen zu: ‚Der Tag der Revolution ist gekommen. [...] In dieser Stunde proklamieren wir die freie, sozialistische Republik Deutschland. Wir grüßen unsere russischen Brüder‘.“</ref> Beim Bau des Staatsratsgebäudes ab 1962 wurde das Portal zur Erinnerung an dieses Ereignis rekonstruiert.]]
Nach der [[Machtergreifung]] durch die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] unter [[Adolf Hitler]] und dem Ausschluss der KPD aus dem Reichstag infolge des [[Reichstagsbrand]]s 1933 ging Clara Zetkin noch einmal, das letzte Mal in ihrem Leben, ins Exil, diesmal in die Sowjetunion, wo sie bereits von 1924 bis 1929 ihren Hauptwohnsitz gehabt hatte. Nach Angaben von [[Maria Reese]], einer KPD-Abgeordneten des Reichstags, die sie dort unter Schwierigkeiten besuchte, lebte sie bereits parteipolitisch isoliert. Sie starb wenig später am 20.&nbsp;Juni 1933 im Alter von fast 76 Jahren. Ihre Urne wurde in der [[Nekropole an der Kremlmauer]] in Moskau auf der rechten Seite im Grab Nummer 44 beigesetzt. Stalin selbst trug die Urne zur Beisetzung.
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-P046271, Berlin, Kundgebung im Tiergarten, Liebknecht.jpg|mini|hochkant=1.5|Karl Liebknecht als Redner bei einer Revolutionskundgebung im Dezember 1918 im Berliner Tiergarten]]


Im Zuge einer allgemeinen [[Amnestie]] wurde Liebknecht begnadigt und am 23. Oktober 1918 vorzeitig aus der Haft entlassen. Er reiste sofort nach [[Berlin]], um dort den [[Spartakusbund]] zu reorganisieren, der nun als eigene politische Organisation hervortrat. Bei seinem Eintreffen gab die Gesandtschaft des seit Ende 1917 nach der [[Oktoberrevolution]] unter kommunistischer Führung stehenden Russlands ihm zu Ehren einen Empfang.
== Siehe auch ==
 
Liebknecht drängte nun auf eine von den [[Revolutionäre Obleute|Revolutionären Obleuten]], die den [[Januarstreik]] organisiert hatten, der USPD-Basis und dem Spartakusbund gemeinsam koordinierte Vorbereitung einer reichsweiten Revolution. Man plante einen gleichzeitigen [[Generalstreik]] in allen Großstädten und Aufmarsch von bewaffneten Streikenden vor den Kasernen von Heeresregimentern, um diese zum Mitmachen oder Niederlegen ihrer Waffen zu bewegen. Die Obleute, die sich an der Arbeiterstimmung in den Fabriken orientierten und eine bewaffnete Konfrontation mit Heerestruppen fürchteten, verschoben mehrfach den festgelegten Termin dafür, zuletzt auf den 11. November 1918.<ref>Ralf Hoffrogge: ''Richard Müller&nbsp;– der Mann hinter der Novemberrevolution.'' S. 63–73; [http://jungle-world.com/artikel/2008/46/29750.html Buchauszug online]</ref>


Am 8. November griff die unabhängig von diesen Plänen vom [[Kieler Matrosenaufstand]] ausgelöste Revolution auf das Reich über. Daraufhin riefen die Berliner Obleute und USPD-Vertreter ihre Anhänger für den Folgetag zu den geplanten Umzügen auf.
* {{WikipediaDE|Clara Zetkin}}


Am 9.&nbsp;November 1918 strömten Bevölkerungsmassen von allen Seiten ins Zentrum Berlins. Dort rief Liebknecht mittags im [[Großer Tiergarten|Berliner Tiergarten]] und nachmittags nochmals vor dem [[Berliner Stadtschloss]] eine „[[Ausrufung der Republik in Deutschland|Freie Sozialistische Republik Deutschland]]“ aus und schwor die Kundgebungsteilnehmer auf die internationale Revolution ein. Kurz zuvor hatte der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]-Politiker [[Philipp Scheidemann]] die Abdankung des Kaisers verkündet und eine „deutsche Republik“ ausgerufen, um Liebknecht zuvorzukommen.
== Veröffentlichungen von Werken Zetkins (Auswahl) ==
* ''Die Arbeiterinnen- und Frauenfrage der Gegenwart.'' Verlag der Berliner Volks-Tribüne, Berlin 1889, [http://library.fes.de/pdf-files/netzquelle/01720.pdf fes.de] (PDF) Friedrich-Ebert-Stiftung.
* ''Der Student und das Weib.'' Verlag der Sozialistischen Monatshefte, Berlin 1899 [[:Datei:Zetkin Der Student und das Weib.djvu|''Der Student und das Weib.'']] (DjVu, Commons).
* [http://edoc.hu-berlin.de/ebind/hdok/h371_zetkin_1904/XML/index.xml?part=thumb&chapter=Umschlag Clara Zetkin: ''Die Schulfrage''. Berlin 1904]
* ''Zur Frage des Frauenwahlrechts. Bearbeitet nach dem Referat auf der Konferenz sozialistischer Frauen zu Mannheim.'' Buchhandlung Vorwärts, Berlin 1907 [http://library.fes.de/pdf-files/netzquelle/01751.pdf ''Zur Frage des Frauenwahlrechts.''] (PDF) Friedrich-Ebert-Stiftung.
* ''Das Frauenstimmrecht'' [Begründung zur Resolution: Das Frauenstimmrecht]. In: ''Internationaler Sozialisten-Kongreß zu Stuttgart 18. bis 24. August 1907.'' Berlin 1907, S. 40–48. ({{DTAW|zetkin_frauenstimmrecht_1907}})
* ''Karl Marx und sein Lebenswerk.'' Molkenbuhr, Elberfeld 1913.
* ''Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.'' Rote Fahne, Berlin 1919.
* ''Wir klagen an! Ein Beitrag zum Prozess der Sozial-Revolutionäre.'' Verlag der Kommunistischen Internationale, Hamburg 1922.
* ''Im befreiten Kaukasus.'' Verlag für Literatur und Politik, Wien/Berlin 1926.
* ''Erinnerungen an Lenin.'' Verlag für Literatur und Politik, Wien/Berlin 1929.
* ''Hungermai, Blutmai, roter Mai!'' Carl Hoym, Hamburg/ Berlin 1932.
* ''Angeklagter Hitler. Protokolle, Augenzeugen- und Tatsachenberichte aus den faschistischen Folterhöllen Deutschlands Clara Zetkin ruft zur Internationale Hilfswoche der IRH (17.–25. Juni 1933).'' Mopr-Verlag, Zürich 1933.


Liebknecht wurde nun zum Sprecher der revolutionären Linken. Um die Novemberrevolution in Richtung einer sozialistischen Räterepublik voranzutreiben, gab er mit Rosa Luxemburg täglich die Zeitung ''[[Die Rote Fahne]]'' heraus. Bei den folgenden Auseinandersetzungen stellte sich jedoch bald heraus, dass die meisten Arbeitervertreter in Deutschland eher sozialdemokratische als sozialistische Ziele verfolgten. Eine Mehrheit trat auf dem [[Reichsrätekongress]] vom 16. bis 20. Dezember 1918 für baldige Parlamentswahlen und damit Selbstauflösung ein. Liebknecht und Luxemburg wurden von der Teilnahme am Kongress ausgeschlossen.
; Postum herausgegebene ''Gesammelte Werke:''
* ''Ausgewählte Reden und Schriften.'' Drei Bände. Dietz Verlag, Berlin 1957–1960.
* ''Ich will dort kämpfen, wo das Leben ist. Eine Auswahl von Schriften und Reden.'' Dietz-Verlag, Berlin 1955.
* ''Die Kriegsbriefe (1914–1918)''. Band 1 von ''Clara Zetkin. Die Briefe 1914–1933'', herausgegeben von Marga Voigt. Karl Dietz Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-320-02323-2.


Seit Dezember 1918 versuchte Ebert, die Rätebewegung gemäß seinem Geheimabkommen mit dem [[Oberste Heeresleitung|OHL]]-General [[Wilhelm Groener]] mit Hilfe von kaiserlichem Militär zu entmachten, und ließ dazu immer mehr Militär in und um Berlin zusammenziehen. Am 6. Dezember 1918 versuchte er, den Reichsrätekongress militärisch zu verhindern, und, nachdem dies missglückte, Resolutionen zur Entmachtung des Militärs beim Kongress zu entschärfen. Am 24. Dezember 1918 setzte er kaiserliches Militär gegen die den revolutionären Kieler Matrosen nahestehende [[Volksmarinedivision]] ein, die eigentlich die [[Reichskanzlei]] schützen sollte und nicht ohne Sold zum Abrücken bereit war. Daraufhin traten die drei USPD-Vertreter am 29. Dezember aus dem [[Rat der Volksbeauftragten]] aus, so dass dieser gemäß der Vereinbarung bei seiner Gründung keine Legitimation mehr besaß. Er wurde dennoch von den drei SPD-Vertretern allein weitergeführt.
; als Übersetzerin
 
* Edward Bellamy: ''Ein Rückblick aus dem Jahre 2000 auf das Jahr 1887.'' J. H. W. Dietz Nachf., Stuttgart 1914.
Daraufhin planten die reichsweit Zulauf erhaltenden Spartakisten die Gründung einer neuen, linksrevolutionären Partei und luden ihre Anhänger zu deren Gründungskongress Ende Dezember 1918 nach Berlin ein. Am 1. Januar 1919 stellte sich die Kommunistische Partei Deutschlands der Öffentlichkeit vor.
 
Ab dem 8. Januar nahm Liebknecht zusammen mit anderen KPD-Vertretern am [[Spartakusaufstand]] teil, mit dem die Revolutionären Obleute auf die Absetzung des zuvor rechtmäßig eingesetzten Berliner Polizeipräsidenten [[Emil Eichhorn]] (USPD) reagierten. Sie versuchten, die Übergangsregierung [[Friedrich Ebert]]s mit einem [[Generalstreik]] zu stürzen, und besetzten dazu mehrere Berliner Zeitungsgebäude. Liebknecht trat in die Streikleitung ein und rief gegen den Rat von Rosa Luxemburg zusammen mit der USPD zur Volksbewaffnung auf. KPD-Abgesandte versuchten erfolglos, einige in Berlin stationierte Regimenter zum Überlaufen zu bewegen. Nach zweitägigen ergebnislosen Beratungen trat die KPD aus dem Führungsgremium aus, dann brachen die USPD-Vertreter parallele Verhandlungen mit Ebert ab. Daraufhin setzte dieser das Militär gegen die Streikenden ein. Es kam zu blutigen Straßenkämpfen und Massenexekutionen hunderter Personen.
 
=== Ermordung ===
Nach den führenden Köpfen der jungen KPD wurde durch „zahlreiche Spitzeldienste diverser ‚staatstragender Verbände‘“<ref>Klaus Gietinger: ''Eine Leiche im Landwehrkanal. Die Ermordung der Rosa L.'' Berlin 1995, S. 26.</ref> intensiv gefahndet. Schon im Dezember waren in Berlin zahlreiche großformatige rote, gegen den Spartakusbund gerichtete Plakate angeschlagen worden, die in der Aufforderung „Schlagt ihre Führer tot! Tötet Liebknecht!“ gipfelten.<ref>Faksimile in Illustrierte Geschichte der Deutschen Revolution, Berlin 1929, S. 241.</ref> Handzettel gleichen Inhalts wurden hunderttausendfach verbreitet.<ref>Siehe Wolfram Wette: ''Gustav Noske. Eine politische Biographie.'' Düsseldorf 1987, S. 313.</ref> Verantwortlich dafür war unter anderem die ''[[Antibolschewistische Liga]]'' [[Eduard Stadtler]]s. Im ''[[Vorwärts (Deutschland)|Vorwärts]]'' wurde Liebknecht wiederholt als „geisteskrank“ dargestellt.<ref>Siehe Illustrierte Geschichte, S. 238.</ref> Der gesamte [[Rat der Volksbeauftragten]] unterzeichnete am 8. Januar ein Flugblatt, in dem angekündigt wurde, dass „die Stunde der Abrechnung naht“.<ref>Faksimile in Illustrierte Geschichte, S. 277.</ref> Am 13. Januar druckte der ''Vorwärts'' ein Gedicht [[Artur Zickler]]s ab, das die Verszeilen „Vielhundert Tote in einer Reih'&nbsp;–/Proletarier!/Karl, Rosa, Radek und Kumpanei&nbsp;–/es ist keiner dabei, es ist keiner dabei!“<ref>Faksimile in Illustrierte Geschichte, S. 293.</ref> enthielt. Unter Zivilisten und Militärangehörigen kursierten&nbsp;– verbreitet unter anderem von Scheidemanns Schwiegersohn Fritz Henck&nbsp;– Gerüchte, die besagten, dass auf die „Spartakistenführer“ regelrechte Kopfgelder ausgesetzt worden seien.<ref>Siehe Gietinger, Leiche, S. 25 f. und Illustrierte Geschichte, S. 293 f.</ref> Am 14. Januar erschien in einem Mitteilungsblatt für die sozialdemokratischen Regimenter [[Regiment Reichstag|Reichstag]] und [[Regiment Liebe|Liebe]] ein Artikel, in dem es hieß, dass „schon die nächsten Tage“ zeigen würden, dass nunmehr auch mit den „Häuptern der Bewegung (...) Ernst gemacht wird.“<ref>Zitiert nach Illustrierte Geschichte, S. 296.</ref>
 
Liebknecht und Luxemburg hatten sich&nbsp;– da ihr Leben nun offenkundig in Gefahr war&nbsp;– nach dem Einmarsch der [[Gustav Noske|Noske]]-Truppen zunächst in [[Berlin-Neukölln|Neukölln]] verborgen, waren nach zwei Tagen aber in ein neues Quartier in der Mannheimer Straße in [[Berlin-Wilmersdorf|Wilmersdorf]] ausgewichen.<ref>Siehe Pieck, Wilhelm, Erinnerungen an die Novemberrevolution und die Gründung der KPD, in: Vorwärts und nicht vergessen! Erlebnisberichte aktiver Teilnehmer der Novemberrevolution 1918/19, Berlin 1958, S. 29–78, S. 73.</ref> Der Wohnungsinhaber, der Kaufmann Siegfried Marcusson, war Mitglied der USPD und gehörte dem Arbeiter- und Soldatenrat Wilmersdorf an, seine Frau war mit Rosa Luxemburg befreundet. In dieser Wohnung schrieb Liebknecht am 14. Januar seinen Artikel ''Trotz alledem!'',<ref>[http://www.marxists.org/deutsch/archiv/liebknechtk/1919/01/trotz.htm Karl Liebknecht: ''Trotz alledem!''] In: ''[[Die Rote Fahne]].'' 15. Januar 1919.</ref> der tags darauf in der ''Roten Fahne'' erschien. Am frühen Abend des 15. Januar drangen fünf Angehörige der Wilmersdorfer Bürgerwehr&nbsp;– einer von Zivilisten gebildeten [[Bürgertum|bürgerlichen]] Miliz&nbsp;– in die Wohnung ein und nahmen Liebknecht und Luxemburg fest.<ref>Jeder an der Festnahme Beteiligte erhielt vom Vorsitzenden des Wilmersdorfer Bürgerrates eine Belohnung von 1.700 Mark. Siehe Gietinger, Leiche, S. 31.</ref> Ungeklärt ist noch immer, wer der Bürgerwehr den einschlägigen Auftrag oder Hinweis gab. Als sicher gilt, dass es sich nicht um eine mehr oder weniger zufällige Durchsuchung, sondern um einen gezielten Zugriff handelte. Gegen 21 Uhr wurde auch [[Wilhelm Pieck]] verhaftet, der die Wohnung nichtsahnend betreten hatte.<ref>Siehe Gietinger, Leiche, S. 29 f. sowie Gumbel, Emil Julius, Vier Jahre politischer Mord, Berlin 1922, S. 10.</ref>
 
Liebknecht wurde zunächst zur Wilmersdorfer [[Cecilienschule (Berlin)|Cecilienschule]] transportiert. Von dort aus rief ein Angehöriger der Bürgerwehr direkt in der [[Reichskanzlei]] an und informierte deren stellvertretenden Pressechef [[Robert Breuer]] („zufälligerweise“<ref>Gietinger, Leiche, S. 30.</ref> ein Mitglied der Wilmersdorfer SPD) über die Ergreifung Liebknechts. Breuer kündigte einen Rückruf an, der aber angeblich nicht erfolgte.<ref>Siehe Gietinger, Leiche, S. 31.</ref> Angehörige der Bürgerwehr lieferten Liebknecht gegen 21:30 Uhr per Automobil bei ihrer vorgesetzten Dienststelle ab&nbsp;– dem Hauptquartier der [[Garde-Kavallerie-Schützen-Division]] (GKSD) im [[Nürnberger Straße (Berlin)#Das Eden-Hotel|Eden-Hotel]] an der Ecke [[Budapester Straße (Berlin)|Budapester Straße]]/[[Kurfürstenstraße (Berlin-Tiergarten)|Kurfürstenstraße]], worauf unter anwesenden Hotelgästen und Militärs ein „kollektiver Erregungszustand“ ausgebrochen sein soll.<ref>Nach Gietinger: „Pogromstimmung“. Siehe Gietinger, Leiche, S. 33.</ref> Liebknecht, der bis zu diesem Zeitpunkt seine Identität geleugnet hatte, wurde in Anwesenheit des faktischen Kommandeurs<ref>Siehe Gietinger, Leiche, S. 17.</ref> der Division, Hauptmann [[Waldemar Pabst]], anhand der Initialen auf seiner Kleidung identifiziert. Pabst entschied nach wenigen Minuten des Nachdenkens, Liebknecht und die gegen 22 Uhr eintreffende Rosa Luxemburg „erledigen“ zu lassen.<ref>Siehe Gietinger, Leiche, S. 111.</ref> Er rief in der Reichskanzlei an, um mit Noske das weitere Vorgehen zu besprechen. Noske forderte ihn auf, noch mit General [[Walther von Lüttwitz|von Lüttwitz]] Rücksprache zu halten und von diesem nach Möglichkeit eine formelle Anordnung zu erwirken. Pabst hielt das für ausgeschlossen. Daraufhin erwiderte Noske: „Dann müssen Sie selbst wissen, was zu tun ist.“<ref>Zitiert nach Gietinger, Leiche, S. 111.</ref>
 
Mit der Ermordung Liebknechts beauftragte Pabst eine Gruppe ausgewählter Marineoffiziere unter dem Kommando des Kapitänleutnants [[Horst von Pflugk-Harttung]].<ref>Pflugk-Harttung sagte im Januar 1932 im Gespräch mit einem norwegischen Journalisten, Noske habe die Erschießung Liebknechts ausdrücklich befohlen. Als Noske öffentlich widersprach, ließ Pflugk-Harttung mitteilen, dass der Journalist ihn „missverstanden“ habe. Siehe Gietinger, Leiche, S. 130 f.</ref> Diese verließen&nbsp;– zur Tarnung in Mannschaftsuniformen gekleidet&nbsp;– gegen 22:45 Uhr mit Liebknecht das Hotel. Beim Verlassen des Gebäudes wurde Liebknecht von Hotelgästen bespuckt, beschimpft und geschlagen.<ref>Siehe Gietinger, Leiche, S. 34 f.</ref> Der Jäger Otto Runge, dem von einem nicht eingeweihten GKSD-Offizier dafür Geld versprochen worden war, versetzte dem gerade im Wagen platzierten Gefangenen einen Schlag mit dem Gewehrkolben. Das Automobil, auf das noch der von Pabst ebenfalls nicht über die Mordabsicht informierte Leutnant [[Rudolf Liepmann]] aufsprang, fuhr in den nahegelegenen [[Großer Tiergarten|Tiergarten]]. Hier täuschte der Fahrer an einer Stelle, „wo ein völlig unbeleuchteter Fußweg abging“<ref>Gumbel, Vier Jahre, S. 11.</ref> eine Panne vor. Liebknecht wurde aus dem Auto geführt und nach wenigen Metern am Ufer des [[Großer Tiergarten|Neuen Sees]] „aus nächster Nähe“<ref>So das Ergebnis der Leichenschau. Zitiert nach Illustrierte Geschichte, S. 306.</ref> von hinten erschossen. Schüsse gaben Kapitänleutnant Horst von Pflugk-Harttung, Leutnant zur See [[Heinrich Stiege]], Oberleutnant zur See [[Ulrich von Ritgen]] und auch Rudolf Liepmann&nbsp;– der „instinktiv mitmachte“<ref>Gietinger, Leiche, S. 113.</ref>&nbsp;– ab. Anwesend waren außerdem Hauptmann [[Heinz von Pflugk-Harttung]], Leutnant zur See [[Bruno Schulze]] sowie der Jäger Clemens Friedrich, der einzige tatbeteiligte Mannschaftsdienstgrad.<ref>Siehe Gietinger, Klaus, Der Konterrevolutionär. Waldemar Pabst – eine deutsche Karriere, Hamburg 2008, S. 126.</ref>
 
Die Täter lieferten den Toten um 23:15 Uhr als „unbekannte Leiche“ in der dem Eden-Hotel gegenüberliegenden Rettungswache ein und erstatteten anschließend bei Pabst Meldung. Eine halbe Stunde später wurde die in einem offenen Wagen abtransportierte Rosa Luxemburg etwa 40 Meter vom Eingang des Eden-Hotels entfernt mutmaßlich von Leutnant zur See [[Hermann Souchon]] erschossen. Ihren Leichnam warf man zwischen [[Lichtensteinbrücke|Lichtenstein-]] und [[Corneliusbrücke (Berlin)|Corneliusbrücke]] in den [[Landwehrkanal]]. Pabsts Presseoffizier [[Friedrich Grabowski]] verbreitete anschließend ein Kommuniqué, in dem behauptet wurde, dass Liebknecht „auf der Flucht erschossen“ und Luxemburg „von der Menge getötet“ worden sei.<ref>Siehe Gietinger, Leiche, S. 40 ff.</ref>
 
Über die Hintergründe der Morde hat Pabst sich 1969 in einem Privatbrief geäußert:
 
{{Zitat|Tatsache ist: die Durchführung der von mir angeordneten Befehle ist leider nicht ''so'' erfolgt, wie es sein sollte. Aber sie ''ist'' erfolgt, und dafür sollten diese deutschen Idioten Noske und mir auf den Knien danken, uns Denkmäler setzen und nach uns Straßen und Plätze benannt haben! Der Noske war damals vorbildlich, und die Partei (bis auf ihren halbkommunistischen linken Flügel) hat sich in ''dieser'' Affäre damals tadellos benommen. Dass ich die Aktion ohne Noskes Zustimmung gar nicht durchführen konnte (mit Ebert im Hintergrund) und auch meine Offiziere schützen musste, ist klar. Aber nur ganz wenige Menschen haben begriffen, warum ich nie vernommen oder unter Anklage gestellt worden bin, und warum die kriegsgerichtliche Verhandlung so verlaufen ist, Vogel aus dem Gefängnis befreit wurde usw. Als Kavalier habe ich das Verhalten der damaligen SPD damit quittiert, dass ich 50 Jahre lang das Maul gehalten habe über unsere Zusammenarbeit. [...] Wenn es nicht möglich ist, an der Wahrheit vorbeizukommen und mir der Papierkragen platzt, werde ich die Wahrheit sagen, was ich auch im Interesse der SPD gern vermeiden möchte.|ref=<ref>Zitiert nach Gietinger, ''Konterrevolutionär.'' S. 394. Hervorhebungen im Original.</ref>}}
 
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-08931-0002, Berlin-Friedrichsfelde, Beerdigung der Revolutionsopfer.jpg|mini|Beisetzung Liebknechts und 31 weiterer Opfer des Januaraufstands am 25. Januar 1919]]
 
Liebknecht wurde am 25. Januar zusammen mit 31 weiteren Toten der Januartage beigesetzt. Die von der KPD zunächst geplante Bestattung auf dem [[Friedhof der Märzgefallenen]] im [[Volkspark Friedrichshain|Friedrichshain]] wurde sowohl von der Regierung als auch dem Berliner [[Magistrat von Berlin|Magistrat]] untersagt.<ref>Siehe [[Heinz Voßke]]: ''Geschichte der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde.'' Berlin 1982, S. 22.</ref> Stattdessen verwies man die Beisetzungskommission an den an der (damaligen) städtischen Peripherie gelegenen Armenfriedhof in [[Berlin-Friedrichsfelde|Friedrichsfelde]] (vgl. [[Zentralfriedhof Friedrichsfelde]]). Der Trauerzug entwickelte sich zu einer Massendemonstration, an der trotz massiver Militärpräsenz mehrere zehntausend Menschen teilnahmen. An den Gräbern sprachen [[Paul Levi]] für die KPD sowie [[Luise Zietz]] und [[Rudolf Breitscheid]] für die USPD.
 
Im Januar 1935 ließen die NS-Behörden das 1926 eingeweihte Denkmal abtragen. Die Gräber wurden im Sommer 1941 eingeebnet, die Gebeine der Toten allerdings nicht&nbsp;– wie oft behauptet wird&nbsp;– gezielt entfernt.<ref>Siehe [[Joachim Hoffmann (Gewerkschafter)|Joachim Hoffmann]]: ''Berlin-Friedrichsfelde. Ein deutscher Nationalfriedhof''. Berlin 2001, S. 89.</ref> Einer der Friedhofsarbeiter konnte einige Grabplatten&nbsp;– darunter die von Liebknecht und Luxemburg&nbsp;– verstecken und übergab sie Jahre später dem [[Museum für Deutsche Geschichte]].
 
== Strafverfolgung der Mörder ==
[[Datei:Grab liebknecht luxemburg.jpg|mini|Gräber Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs, 1919]]
 
Ein ziviler Mordprozess gegen die Mörder Liebknechts und Luxemburgs fand nicht statt, eine Untersuchung zu den Hintergründen wurde nicht eingeleitet. Auch der Militärprozess wurde erst eingeleitet, nachdem die KPD durch eigene Ermittlungen unter Leitung von [[Leo Jogiches]] die Aufenthaltsorte einiger Täter kundgab. Der Ankläger Kriegsgerichtsrat [[Paul Jorns|Jorns]] vertuschte in den Untersuchungen die Morde und in der Hauptverhandlung wurden nur Otto Runge und Horst von Pflugk-Harttung zu geringen Gefängnisstrafen verurteilt, die die Verurteilten nicht antreten mussten. Bei der Berufungsverhandlung sprach ein preußisches Militärgericht sie frei. Das Urteil trug die Unterschrift Gustav Noskes. Dieser veranlasste auch die Einstellung des folgenden Revisionsverfahrens. Von den Nationalsozialisten erhielten die Täter später Haftentschädigungen.
 
Waldemar Pabst wurde weder verfolgt noch angeklagt. Otto Runge, schon 1925 und 1931 von Arbeitern erkannt und verprügelt, wurde im Mai 1945 von Mitgliedern der KPD in Berlin aufgespürt und auf Anweisung des Oberstaatsanwalts [[Max Berger]] der sowjetischen Kommandantur in der [[Prenzlauer Allee]] übergeben. Dort wurde Runge vermutlich erschossen.<ref>Siehe Gietinger, Leiche, S. 132.</ref>
== Politische Theorie ==
Liebknecht setzte sich während seines gesamten politischen Wirkens mit Fragen der politischen Theorie und Praxis auseinander, wie die 1891 beginnende Entstehungsgeschichte seiner postum veröffentlichten „Studien über die Bewegungsgesetze der gesellschaftlichen Entwicklung“ zeigt. Da er vorwiegend agitatorisch tätig war, hatte er sich in der Öffentlichkeit nur selten zur politischen Theorie geäußert und sich kaum an den theoriebezogenen Auseinandersetzungen innerhalb der SPD (Imperialismusdebatte usw.) beteiligt. Muße und Ruhe für seine Studien fand er nur während seiner Gefängnisaufenthalte. Mit seinen philosophisch ausgerichteten „Studien“ bestehend aus den Teilen „Grundbegriffe und Einteilung“, „Zusammenhänge und Gesetze“ und „Einzelne Kulturerscheinungen“ wollte er die Theorie des wissenschaftlichen Sozialismus von Karl Marx mit einer mehr konstitutiv-konstruktiven Theorie revidieren und weiterentwickeln.
 
Seiner Meinung nach hatte Marx seine Theorie allzu sehr auf die Epoche des [[Kapitalismus]] beschränkt und daher die Komplexität der gesellschaftlichen Entwicklung nicht erfassen können. Er hielt die philosophischen und ökonomischen Grundlagen von Marx für falsch, da sie sich auf die [[Historischer Materialismus|materialistische Geschichtsauffassung]] beschränkten. Erst durch das geistig-psychische Wesen der wirtschaftlichen Verhältnisse wäre ein Bezug zur menschlichen Entwicklung möglich, durch das allein sie soziale Erscheinungen seien. Er lehnte die [[Arbeitswerttheorie|Werttheorie]] ab, weil seiner Ansicht nach die Arbeitskraft über ihren eigenen Wert keinen [[Mehrwert (Marxismus)|Mehrwert]] als Produkt einer ökonomischen Urzeugung schaffen könnte. Der Wert der Güter, also auch der Arbeitskraft, werde vielmehr durch die durchschnittlichen gesellschaftlichen Produktionsbedingungen bestimmt. Für ihn war die [[Ausbeutung]] ein reines Verteilungs- und kein Produktionsproblem, wie Marx behauptet hatte. Der Wert sei keine kapitalistisch-gesellschaftliche Tatsache, weil er schon vor und nach der kapitalistischen Entwicklung existierte. Sein System würde besser zeigen, dass die Ausbeutung des Proletariats durch die Vergewaltigung und Benachteiligung bei der Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts stattfinden würde.
 
Sein universaler Ansatz gründete – anders als bei Marx – auf [[Naturphilosophie|naturphilosophischen]] Vorstellungen. Er sah die menschliche Gesellschaft als einheitlichen Organismus, der einem Höherentwicklungstrieb folgt, mit dem Ziel eines neuen, allumfassenden [[Humanismus]]. Für ihn war die Geschichte der Menschheit nicht von Klassenkämpfen, sondern von Kämpfen um die Verteilung der sozialen und politischen Funktionen innerhalb einer Gesellschaft bestimmt. Sie war kein [[Dialektik|dialektischer]] Prozess, sondern ein von objektiven und subjektiven Faktoren bestimmter [[Evolution|evolutionärer]] Vorgang.  Objektive Faktoren wären die allmähliche Angleichung der verschiedenen Interessensgruppen einer Gesellschaft, weil sie durch die Einsicht in Wesen und Bedürfnisse der Gesellschaft – die sich immer mehr mit den individuellen decken würden -  vorangetrieben würden.  Subjektive Faktoren wären das bewusste politische Handeln von Politikern im Sinne einer Höherentwicklung. Die Höherentwicklung würde durch die soziale Bewegung des Proletariats, als Entstehungs- und Kampfform des neuen Humanismus angestoßen, weil alle anderen Gesellschaftsgruppen einen Teil ihrer Privilegien aufgeben müssten.
 
Der evolutionäre Prozess beinhaltete für Liebknecht neben Fortbildung auch kulturelle und gesellschaftliche Rückschläge. Die Revolution wäre nur ein besonders intensiver Abschnitt innerhalb des Evolutionsprozesses. Liebknechts utopisches und vages Ziel eines neuen Humanismus konnte während der Novemberrevolution keinerlei Anziehungskraft auf die Massen ausüben.<ref>Helmut Trotnow: Karl Liebknecht – eine politische Biographie. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1980.</ref>
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Karl Liebknecht}}
 
== Werke ==
* ''Kompensationsvollzug und Compensationsvorbringen nach gemeinem Rechte.'' [[Dissertation]]. R. Heydeck, Paderborn 1897.
* ''Militarismus und Antimilitarismus. Unter besonderer Berücksichtigung der internationalen Jugendbewegung.'' Leipziger Buchdruckerei, Leipzig 1907. ([https://www.marxists.org/deutsch/archiv/liebknechtk/1907/mil-antimil/ online mit Links zu den einzelnen Kapiteln] auf marxists.org)
* ''Gesammelte Reden und Schriften.'' (9 Bände) Dietz-Verlag, Berlin.
* ''Lebt wohl, Ihr lieben Kinderchen. Briefe an seine Kinder.'' Hrsg. von Annelies Laschitza und Elke Keller. Berlin 1992.
* ''Karl Liebknecht zum antimilitaristischen Kampf.'' 1. Auflage. Dortmund 1977.
* ''Spartacus spricht. Kampfdokumente der Spartakusgruppe aus der Zeit des ersten Weltkriegs.'' Berlin 1961.
* ''Gedanke und Tat; Schriften, Reden, Briefe zur Theorie und Praxis der Politik.'' herausgegeben und eingeleitet von Ossip K. Flechtheim. Berlin 1976.
* ''Studien über die Bewegungsgesetze der gesellschaftlichen Entwicklung.'' Postum herausgegeben von Rudolf Manasse. München 1922.
* ''Gedanken über Kunst. Schriften. Reden. Briefe.'' Verlag der Kunst, Dresden 1988 ([[Fundus-Reihe]] 116/117)


== Literatur ==
== Literatur ==
'''Biografisches'''
=== Werke ===
* Harry Schumann: ''Karl Liebknecht. Ein unpolitisches Bild seiner Persönlichkeit.'' Reißner, Dresden 1919.
* ''Zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung Deutschlands.'' 3. Auflage. Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-88012-532-5.
* ''Karl Liebknecht. Ein Gedenkbuch.'' Mit Beiträgen von Willi Münzenberg, Franz Fischer, Karl Radek, Werner Hirsch, Otto Franke. Jugendinternationale, Berlin 1931.
* ''Kunst und Proletariat.'' 2. Auflage. Dietz-Verlag, Berlin 1979.
* Willy Kerff: ''Karl Liebknecht. 1914 bis 1916. Fragment einer Biographie.'' Herausgegeben von Annelies Laschitza. Dietz Verlag, Berlin 1967.
* ''Für die Sowjetmacht: Artikel, Reden und Briefe; 1917–1933.'' Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-88012-494-9.
* Elisabeth Hannover-Drück, Heinrich Hannover (Hrsg.): ''Der Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1967.
* ''Revolutionäre Bildungspolitik und marxistische Pädagogik. Ausgewählte Reden und Schriften.'' Verlag Volk und Wissen, Berlin 1983.
* E. Herbig, W. Otto: ''Liebknecht, Karl Paul August Friedrich.'' In: ''Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Biographisches Lexikon.''  Dietz Verlag, Berlin 1970, S. 288–293.
* ''Erinnerungen an Lenin.'' Neuer ISP-Verlag, Köln 2000, ISBN 3-929008-17-3.
* Ilse Schiel, Erna Milz (Hrsg.): ''Karl und Rosa. Erinnerungen. Zum 100. Geburtstag von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg.'' Dietz Verlag, Berlin 1971.
* Heinz Wohlgemuth: ''Karl Liebknecht. Eine Biographie.'' Dietz Verlag, Berlin 1973.
* Helmut Trotnow: ''Karl Liebknecht – eine politische Biographie.'' Kiepenheuer & Witsch, Köln 1980, ISBN 3-462-01387-4.
* Annelies Laschitza: ''Karl Liebknecht. Eine Biographie in Dokumenten.'' Dietz Verlag, Berlin 1982, ISBN 3-320-00814-5.
* Ossip K. Flechtheim: ''Karl Liebknecht zur Einführung.'' Junius, Hamburg 1985, ISBN 3-88506-819-2.
* {{NDB|14|505|506|Liebknecht, Karl|Hermann Weber|11857275X}}.
* Jakov Samojlovic Drabkin: ''Die Aufrechten. Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Franz Mehring, Clara Zetkin.'' Dietz Verlag, Berlin 1988, ISBN 3-320-01050-6.
* Arnold Schölzel: ''Liebknecht, Karl.'' In: Manfred Asendorf, Rolf von Bockel (Hrsg.): ''Demokratische Wege. Deutsche Lebensläufe aus fünf Jahrhunderten.'' J. B. Metzler, Stuttgart/ Weimar 1997, ISBN 3-476-01244-1, S. 388–390.
* Matthias John: ''Höhere Bildung in Leipzig. Karl Liebknecht als Nicolaitaner und Studiosus.'' Universitätsverlag, Leipzig 1998, ISBN 3-933240-20-4.
* Manfred Scharrer: ''Karl Liebknecht (1871–1919).'' In: Michael Fröhlich (Hrsg.): ''Das Kaiserreich.'' Darmstadt 2001.
* Annelies Laschitza: ''Die Liebknechts. Karl und Sophie – Politik und Familie.'' Aufbau Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-351-02652-3<ref>[http://www.zeit.de/2008/03/P-Liebknecht Rezension von Volker Ullrich] In: ''Die Zeit.'' 3/2008, S. 44 (''Ein Sozialist, wie er im Buche steht''.)</ref>
* ''[http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3b-1424.html?ID=4723 Liebknecht, Karl].'' In: {{BibISBN|3320021306}}
* Reimar Dänhardt: ''Vier Jahre sind ein Leben. Aus dem Leben Karl Liebknechts.'' Der Kinderbuchverlag, Berlin 1986, ISBN 3-358-00672-7.
* Volkmar Schöneburg: ''Karl Liebknecht und der Strafvollzug.'' In: ''Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung.'' Heft II/2013.
* Annelies Laschitza: ''Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Kampf gegen den drohenden Krieg 1911 bis 1913.'' In: ''Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung.'' Heft II/2014.


'''Zeitgeschichte'''
=== Sekundärliteratur ===
* Bernt Engelmann: ''Wir Untertanen. Ein Deutsches Anti-Geschichtsbuch.'' Steidl, Göttingen, ISBN 3-88243-201-2.
''Biographien''
* Bernt Engelmann: ''Einig gegen Recht und Freiheit.'' Goldmann, München 1984, ISBN 3-442-06683-2.
* [[Tânia Puschnerat]]: ''Clara Zetkin. Bürgerlichkeit und Marxismus. Eine Biographie.'' Klartext-Verlagsgesellschaft, Essen 2003, ISBN 3-89861-200-7 (Biografie).
* Sebastian Haffner: ''Die Revolution 1918/19.'' Auch erschienen unter dem Titel: ''Der Verrat.''
* [[Florence Hervé]] (Hrsg.): ''Clara Zetkin oder: Dort kämpfen, wo das Leben ist.'' Karl Dietz Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-320-02096-5.
* Manfred Spata: ''Karl Liebknechts Festungshaft in Glatz 1907/09.'' In: ''AGG-Mitteilungen.'' Nr. 11, Köln 2012.
* Gilbert Badia: ''Clara Zetkin. Eine neue Biographie.'' Dietz Verlag, Berlin 1994.
'''Belletristik'''
* [[Luise Dornemann]]: ''Clara Zetkin. Leben und Wirken.'' Dietz Verlag, Berlin 1957 (9. überarb. Auflage 1989).
* Alfred Döblin: ''Karl und Rosa.'' Verlag Karl Alber, Freiburg/ München 1950.
* ''Clara Zetkin. Kämpferin für die proletarische Weltrevolution.'' Moskau 1933.
* Emil Rudolf Greulich: ''Der anonyme Brief.'' 2. Auflage. Verlag Neues Leben, Berlin 1972.
* ''Clara Zetkin. Ein Sammelband zum Gedächtnis der großen Kämpferin.'' Moskau/ Leningrad 1934.
* ''[http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3b-1424.html?ID=5462 Zetkin, Clara].'' In: [[Hermann Weber (Historiker, 1928)|Hermann Weber]], [[Andreas Herbst (Historiker)|Andreas Herbst]]: ''Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945.'' 2., überarb. und stark erw. Auflage. Karl Dietz Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02130-6.


'''Bibliografie'''
; Aufsätze, Artikel und Quellen
* Helga Kögler: ''Karl Liebknecht – Rosa Luxemburg. Veröffentlichungen von und über Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg in der DDR. Bibliographie''. (= Bibliographische Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung 5). Institut für Marxismus-Leninismus, Berlin 1988
* [[Ulla Plener]] (Hrsg.): ''Clara Zetkin in ihrer Zeit – neue Fakten, Erkenntnisse, Wertungen''. (= Manuskripte. Band 76). Karl Dietz Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02160-3, [http://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Manuskripte_76.pdf rosalux.de] (PDF)
* [[Gisela Notz]]: ''Clara Zetkin und die internationale sozialistische Frauenbewegung.'' In: ''[[JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung]].'' Heft III/2007.
* Marta Globig, H. Karl: ''Zetkin, Clara Josephine geb. Eißner.'' In: ''Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Biographisches Lexikon.'' Dietz Verlag, Berlin 1970, S. 497–501.
* Ina Hochreuther: ''Frauen im Parlament. Südwestdeutsche Abgeordnete seit 1919.'' Im Auftrag des Landtags herausgegeben von der Landeszentrale für politische Bildung. Theiss-Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-8062-1012-8.
* Jens Becker: ''Zetkin, Clara Josephine geb. Eißner.'' In: Manfred Asendorf, Rolf von Bokel (Hrsg.): ''Demokratische Wege. Deutsche Lebensläufe aus fünf Jahrhunderten.'' J. B. Metzler, Stuttgart/ Weimar 1997, ISBN 3-476-01244-1, S. 706–708.
* Martin Grass: ''Briefe Clara Zetkins in Archiv und Bibliothek der Arbeiterbewegung in Stockholm.'' In: ''Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung.'' Heft III/2011.
* Setsu Ito: ''Clara Zetkin in ihrer Zeit – für eine historisch zutreffende Einschätzung ihrer Frauenemanzipationstheorie.'' In: ''JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung.'' Heft III/2007.


== Filme ==
== Fernsehdokumentation ==
* 1965: ''[[Solange Leben in mir ist]].'' Regie: [[Günter Reisch]]. [[Premiere]] 10. September 1965<ref>[http://www.defa.de/DesktopDefault.aspx?TabID=412&FilmID=Q6UJ9A002M8N&qpn=0 DEFA Film Stiftung]</ref>
* ''Clara Zetkin – die Unbestechliche''. Ein Film von Ernst-Michael Brandt im Rahmen der Reihe „Deutsche Lebensläufe“. Erstsendung am 1. Juni 2008 im [[MDR Fernsehen|MDR]].
* 1969: ''Der Fall Liebknecht-Luxemburg.'' Regie: Dieter Ertel und Gustav Strübel (Dokumentarspiel in zwei Teilen, das die Hintergründe der Morde an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg thematisiert. Für die Dokumentation wurden Überlebende von 1919 interviewt. Auch Waldemar Pabst, der den Geheimbefehl zur Erschießung gegeben hatte, ließ sich für den Film auf ein Interview ein).
* TV-Dokumentarspiel ''Clara Zetkin'', DDR 1975, mit [[Barbara Dittus]]
* 1972: ''Trotz alledem!'' Regie: Günter Reisch. Premiere 13. Januar 1972<ref>[http://www.defa.de/DesktopDefault.aspx?TabID=412&FilmID=Q6UJ9A002M69 DEFA Film Stiftung]</ref>
* 2010: ''Karl Liebknecht – Der Märtyrer der Revolution''. MDR Fernsehen 17. Oktober 2010, 20:15 Uhr


== Weblinks ==
== Weblinks ==<!-- viel zu viele! siehe herzu [[WP:Weblinks]] maximal 5-->
{{Wikisource|Karl Liebknecht}}
{{Commonscat}}
{{Commonscat}}
{{Wikiquote}}
{{Wikiquote}}
* {{DNB-Portal|11857275X}}
{{Wikisource}}
* {{DDB|Person|11857275X}}
* Literatur von und über Clara Zetkin [http://stabikat.sbb.spk-berlin.de/DB=1/SET=3/TTL=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1&SRT=YOP&TRM=Zetkin%2C+Clara Staatsbibliothek Berlin]
* {{Spk-digital|Karl|Liebknecht}}
* [https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/einfueh.php?bestand=6760 Biografie] beim Hauptstaatsarchiv Stuttgart
* {{ReichstagDB|11857275X}}
* [http://www.marxists.org/deutsch/archiv/zetkin/index.htm Reden und Schriften Zetkins] im [[Marxists Internet Archive]]
* {{DHM-HdG|Bio=karl-liebknecht|Titel=Karl Liebknecht|Autor=Kai-Britt Albrecht}}
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* [http://www.marxists.org/deutsch/archiv/liebknechtk/index.htm Texte von Karl Liebknecht] (Marxists’ Internet Archive – Deutsch)
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* [http://www.grin.com/e-book/110316/karl-liebknecht-und-genossen-die-ausrottung-der-armenier-waehrend-des Richard Albrecht: ''Karl Liebknecht und Genossen – Die „Ausrottung der Armenier“ während des Ersten Weltkrieges und die deutsche politische Linke'']
* Nina Gunic: [http://www.rkob.net/geschichte/clara-zetkin/ Das Erbe von Clara Zetkin.] Kritische Würdigung 2012 (mit weiterem Bild)
* [http://www.geschichte-erforschen.de/wissenschaft/liebknecht Maik Hager: ''Karl Paul Friedrich August Liebknecht.'' Eine Kurzbiographie (www.geschichte-erforschen.de)].
* [http://www.neues-deutschland.de/artikel/808645.nicht-gegen-russland.html ''Clara Zetkin und die Kommunistische Internationale''] Brief Kostja Zetkins an Elisabeth Mayer, eine Freundin der Familie
* [http://www.leistungsschein.de/archiv/geschichtswissenschaften/arbeiten/19_20_jh/Proch_Rainer_Karl_Liebknecht.pdf Reiner Proch: ''Karl Liebknechts Positionen. Sein Kampf gegen die Burgfriedenspolitik der Sozialdemokratie 1914–1916 anhand der Kriegskreditsdebatte.'' Fernuniversität Hagen SoSe 2002] (PDF-Datei; 865 kB).
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Version vom 31. Oktober 2017, 23:23 Uhr

Clara Zetkin in den 1920er Jahren, während ihrer Zeit als Reichstagsabgeordnete in der Weimarer Republik
Unterschrift (1910)

Clara Josephine Zetkin, geborene Eißner (geboren am 5. Juli 1857 in Wiederau, Amtshauptmannschaft Rochlitz, Königreich Sachsen; gestorben am 20. Juni 1933 in Archangelskoje, Oblast Moskau, Sowjetunion) war eine sozialistische deutsche Politikerin, Friedensaktivistin und Frauenrechtlerin. Sie war bis 1917 aktiv in der SPD und in dieser Partei eine markante Vertreterin der revolutionär-marxistischen Fraktion. 1917 schloss sie sich der SPD-Abspaltung USPD an. In der USPD gehörte sie zum linken Flügel bzw. zur Spartakusgruppe (1918 umbenannt in Spartakusbund). Danach war sie ein einflussreiches Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Während der Weimarer Republik war sie von 1920 bis 1933 Reichstagsabgeordnete[1] für die KPD und 1932 Alterspräsidentin des Parlaments.

Auf übernationaler Ebene gehörte Zetkin als Beteiligte am Internationalen Arbeiterkongress von 1889 in Paris zu den Gründern der Zweiten Internationale der sozialistischen Arbeiterbewegung. In der Arbeit für die Internationale gilt sie als prägende Initiatorin des Internationalen Frauentags. Als Angehörige der Zentrale bzw. des später als Zentralkomitee bezeichneten Vorstandsgremiums der KPD war sie von 1921 bis 1933 Mitglied im Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI), wo sie in ihren letzten Lebensjahren zur Minderheit der Kritiker der letztlich von Stalin vorgegebenen Sozialfaschismusthese gehörte.

Leben

Kindheit und Bildungsweg

Clara wurde als älteste Tochter von Josephine Vitale, deren Vater Jean Dominique durch die Französische Revolution 1789 und seine Teilnahme an Napoleons Kriegen geprägt war, und Gottfried Eißner, Sohn eines Tagelöhners und Dorfschullehrers von Wiederau, geboren. Ihre Mutter stand mit Pionierinnen der damals entstandenen (bürgerlichen) Frauenbewegung in Kontakt, insbesondere Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt, las Bücher von George Sand und gründete in Wiederau einen Verein für Frauengymnastik. Die Familie siedelte 1872 nach Leipzig über, um ihren Kindern eine bessere Ausbildung zu ermöglichen.

Politisches Engagement in der frühen Sozialdemokratie

Clara Zetkin 1897
Zetkin (Dritte von links) im Gasthof zum Löwen in Bendlikon bei Zürich 1893 zusammen mit der Familie Bebel und einigen anderen prominenten Vertretern der sozialdemokratischen Bewegung
(von links nach rechts: Dr. Simon – Schwiegersohn Bebels –, Frieda Simon-Bebel, Clara Zetkin, Friedrich Engels, Julie Bebel, August Bebel, Ernst Schattner,[2] Regine Bernstein, Eduard Bernstein (teilweise abgeschnitten))
Clara Zetkin (links) mit Rosa Luxemburg im Jahr 1910

Ab 1874 hatte die in Leipziger Privatseminaren ausgebildete Volksschullehrerin Kontakte zur Frauen- und Arbeiterbewegung. Clara Eißner trat 1878 der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands bei, die 1890 in SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) umbenannt wurde. Wegen des Sozialistengesetzes (1878–1890), das sozialdemokratische Aktivitäten außerhalb der Landtage und des Reichstags verbot, ging sie 1882 zuerst nach Zürich, dann nach Paris ins Exil. Dort nahm sie den Namen ihres Lebenspartners, des russischen Revolutionärs Ossip Zetkin an, mit dem sie zwei Söhne hatte, Maxim Zetkin (1883–1965) und Kostja Zetkin (1885–1980).

In ihrer Zeit in Paris hatte sie 1889 während des Internationalen Arbeiterkongresses einen bedeutenden Anteil an der Gründung der Sozialistischen Internationale.

Im Herbst 1890 kehrte die Familie nach Deutschland zurück und ließ sich in Sillenbuch bei Stuttgart nieder. Dort arbeitete Clara Zetkin als Übersetzerin für den Dietz-Verlag und seit 1892 als Herausgeberin der Frauenzeitschrift Die Gleichheit.

Nach dem Tode Ossip Zetkins heiratete sie 1899 42-jährig in Stuttgart den 24-jährigen Kunstmaler Friedrich Zundel aus Wiernsheim. Nach zunehmender Entfremdung wurde die Ehe 1927 geschieden und im selben Jahr heiratete Friedrich Zundel Paula Bosch, die Tochter seines Sillenbucher Nachbarn Robert Bosch.

1907 lernte Clara Zetkin anlässlich des Internationalen Sozialistenkongresses in Stuttgart den russischen Kommunisten Lenin kennen, mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verband.

In der SPD gehörte sie zusammen mit ihrer engen Vertrauten, Freundin und Mitstreiterin Rosa Luxemburg wortführend zum revolutionären linken Flügel der Partei und wandte sich mit ihr um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert in der Revisionismusdebatte entschieden gegen die reformorientierten Thesen Eduard Bernsteins.

Die Frauenrechtlerin

Einer ihrer politischen Schwerpunkte war die Frauenpolitik. Hierzu hielt sie beim Gründungskongress der Zweiten Internationalen am 19. Juli 1889 ein berühmt gewordenes Referat, in dem sie die Forderungen der bürgerlichen Frauenbewegung nach Frauenwahlrecht, freier Berufswahl und besonderen Arbeitsschutzgesetzen für Frauen, wie sie um Helene Lange und Minna Cauer vertreten wurden, im Rahmen des herrschenden Systems kritisierte:

„Wir erwarten unsere volle Emanzipation weder von der Zulassung der Frau zu dem, was man freie Gewerbe nennt, und von einem dem männlichen gleichen Unterricht – obgleich die Forderung dieser beiden Rechte nur natürlich und gerecht ist – noch von der Gewährung politischer Rechte. Die Länder, in denen das angeblich allgemeine, freie und direkte Wahlrecht existiert, zeigen uns, wie gering der wirkliche Wert desselben ist. Das Stimmrecht ohne ökonomische Freiheit ist nicht mehr und nicht weniger als ein Wechsel, der keinen Kurs hat. Wenn die soziale Emanzipation von den politischen Rechten abhinge, würde in den Ländern mit allgemeinem Stimmrecht keine soziale Frage existieren. Die Emanzipation der Frau wie die des ganzen Menschengeschlechtes wird ausschließlich das Werk der Emanzipation der Arbeit vom Kapital sein. Nur in der sozialistischen Gesellschaft werden die Frauen wie die Arbeiter in den Vollbesitz ihrer Rechte gelangen.“[3]

Damit erklärte Zetkin die fehlende Gleichberechtigung der Geschlechter zu einem Nebenwiderspruch der herrschenden sozialen und ökonomischen Bedingungen, den sie dem Hauptwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit unterordnete. Ihre Verschiebung der formalpolitischen Emanzipation der Frau auf die Zeit nach der Revolution vertiefte die Konflikte der deutschen Frauenbewegung vor dem Ersten Weltkrieg und führte zu langwierigen Auseinandersetzungen mit anderen, gemäßigteren Protagonistinnen auch innerhalb der sozialdemokratischen Frauenbewegung, etwa mit Lily Braun oder Luise Zietz.

Zetkin war von 1891 bis 1917 Herausgeberin der SPD-Frauenzeitung Die Gleichheit (bzw. deren Vorläuferin Die Arbeiterin), in deren programmatischer Eröffnungsnummer sie sich erneut gegen die reformistische Vorstellung wandte, durch rechtliche Gleichstellung mit den Männern unter Beibehaltung des Kapitalismus einen Fortschritt für die Frauen erreichen zu wollen:

„‚Die Gleichheit‘ […] geht von der Überzeugung aus, dass der letzte Grund der jahrtausendealten niedrigen gesellschaftlichen Stellung des weiblichen Geschlechts nicht in der jeweils‚ von Männern gemachten‘ Gesetzgebung, sondern in den durch wirtschaftliche Zustände bedingten Eigentumsverhältnisse zu suchen ist. Mag man heute unsere gesamte Gesetzgebung dahin abändern, dass das weibliche Geschlecht rechtlich auf gleichen Fuß mit dem männlichen gestellt wird, so bleibt nichtsdestoweniger für die große Masse der Frauen […] die gesellschaftliche Versklavung in härtester Form weiterbestehen: ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von ihren Ausbeutern.“

Später revidierte sie diese rigide Haltung und trat nun ebenfalls für das Frauenwahlrecht ein, das bereits seit 1891 zentraler Bestandteil des Parteiprogramms der SPD war.

1907 wurde ihr die Leitung des neu gegründeten Frauensekretariats der SPD übertragen. Beim „Internationalen Sozialistenkongress“, der im August 1907 in Stuttgart stattfand, wurde die Gründung der Sozialistischen Fraueninternationale beschlossen – mit Clara Zetkin als Internationaler Sekretärin. Auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27. August 1910 in Kopenhagen initiierte sie gegen den Willen ihrer männlichen Parteikollegen, gemeinsam mit Käte Duncker, den Internationalen Frauentag, der erstmals im folgenden Jahr am 19. März 1911 begangen werden sollte (ab 1921 am 8. März).

Während des Ersten Weltkriegs

Zusammen mit Franz Mehring, Rosa Luxemburg und sehr wenigen weiteren SPD Politikern stimmte Zetkin 1914 kurz vor Beginn des Krieges gegen die Bewilligung der Kriegskredite. Sie blieb damit dem Grundsatz der II. Internationale treu, keinen Angriffskrieg zu unterstützen und stand fortan im Widerspruch zur großen Mehrheit der im Reichstag vertretenen SPD.[4] In der Zeit des Ersten Weltkriegs lehnte Zetkin mit Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Franz Mehring und wenigen anderen einflussreichen SPD-Politikern die Burgfriedenspolitik ihrer Partei ab. Neben anderen Aktivitäten gegen den Krieg organisierte sie 1915 in Bern die Internationale Konferenz sozialistischer Frauen gegen den Krieg. In diesem Zusammenhang entstand das maßgeblich von ihr ausformulierte Antikriegs-Flugblatt «Frauen des arbeitenden Volkes!», das außerhalb der Schweiz polizeilich gesucht wurde.[5] Wegen ihrer Antikriegshaltung wurde Clara Zetkin während des Krieges mehrfach inhaftiert, ihre Post beschlagnahmt und ihre Söhne, beide Ärzte im Militärdienst, schikaniert.[6]

Von der SPD zur KPD

Zetkin (vordere Reihe ca. Bildmitte bzw. vierte von links) 1921 als KPD-Delegierte beim III. Weltkongress der Komintern; neben Zetkin rechts im Bild Alexandra Kollontai.

Sie war ab 1916 an der ursprünglich von Rosa Luxemburg gegründeten revolutionären innerparteilichen Oppositionsfraktion der SPD, der Gruppe Internationale bzw. Spartakusgruppe beteiligt, die am 11. November 1918 in Spartakusbund umbenannt wurde. 1917 schloss sich Clara Zetkin der USPD – unmittelbar nach deren Konstituierung – an. Diese neue linkssozialdemokratische Partei hatte sich aus Protest gegen die kriegsbilligende Haltung der SPD von der Mutterpartei abgespalten, nachdem die größer gewordene Gruppe der Kriegsgegner aus der SPD-Reichstagsfraktion und der Partei ausgeschlossen worden war. Nach der Novemberrevolution wurde – ausgehend vom Spartakusbund und anderen linksrevolutionären Gruppen – am 1. Januar 1919 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) gegründet, der auch Zetkin beitrat.

Von 1919 bis 1920 war Zetkin Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung Württembergs und dort eine unter den ersten 13 weiblichen Abgeordneten. Sie beteiligte sich ab dem 25. Juli 1919 am Sonderausschuss für den Entwurf eines Jugendfürsorgegesetzes. Am 25. September 1919 stimmte Zetkin gegen die Annahme der Verfassung des freien Volksstaates Württemberg.

Von 1920 bis 1933 war sie für die KPD im Reichstag der Weimarer Republik als Abgeordnete vertreten. Ab 1919 gab Clara Zetkin die Zeitschrift Die Kommunistin heraus. Von 1921 bis zu ihrem Tode war sie Präsidentin der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH). In der KPD war Zetkin bis 1924 Angehörige der Zentrale, und von 1927 bis 1929 des Zentralkomitees der Partei. Des Weiteren war sie von 1921 bis 1933 Mitglied des Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI).

1925 wurde Zetkin außerdem zur Vorsitzenden der Roten Hilfe Deutschlands gewählt.

In der KPD saß Zetkin im Lauf ihrer politischen Tätigkeit, während der die dominierenden innerparteilichen Flügel mehrfach wechselten, oft zwischen den Stühlen, behielt jedoch zeitlebens einen bedeutenden Einfluss in der Partei. Im Allgemeinen wird sie von namhaften Historikern wie beispielsweise Heinrich August Winkler eher dem „rechten“ Flügel der KPD zugeordnet, vor allem, weil sie trotz ihrer Mitgliedschaft im EKKI den ideologischen Vorgaben der Komintern und aus der Sowjetunion teilweise kritisch gegenüberstand.

Clara Zetkin (links) 1930 auf dem Weg zur Wahl des Reichstagspräsidenten

So lehnte sie 1921 – nach der Vereinigung der KPD mit dem großen linken Flügel der USPD zur zeitweilig unter dem Alternativkürzel VKPD firmierenden Partei – zusammen mit dem damaligen von März 1919 bis Februar 1921 amtierenden innerparteilich umstrittenen KPD-Vorsitzenden Paul Levi (Parteiausschluss Mitte 1921) die vom Komintern-Chef Grigori Jewsejewitsch Sinowjew befürwortete „Offensivstrategie“ als „Putschismus“ ab. Bei der entsprechenden von der KPD mehrheitlich unterstützten Kampagne war eine revolutionär ausgerichtete Arbeiterrevolte, die Märzaktion in der Provinz Sachsen, blutig gescheitert, wobei über hundert Menschen ums Leben gekommen waren. Anders als die Parteivorsitzenden Levi und Ernst Däumig blieb sie jedoch in der KPD und schloss sich nicht der Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft (KAG) an.

Am 21. Januar 1923, kurz nach dem Beginn der Besetzung des Ruhrgebietes durch französische und belgische Truppen infolge der von Deutschland nicht erfolgten Reparationszahlungen laut den Bestimmungen des Versailler Vertrags von 1919, warf Zetkin unter der Überschrift Um das Vaterland der Großbourgeoisie vor, ihr „Verrat“ sei schuld an der krisenhaften Zuspitzung der Situation der Weimarer Republik infolge von Hyperinflation und Reparationen. Mit dem Flugblatt „Zur Befreiung des deutschen Vaterlandes“ rief sie zum Sturz der Regierung Cuno und zur Bildung einer Arbeiterregierung auf. Diese nationalistisch anmutenden Töne, die kurzzeitig dazu führten, dass Zetkin von einigen Parteigenossen der Versuch vorgeworfen wurde, die bürgerlichen Parteien mit nationalen Parolen rechts überholen zu wollen, wurden zwei Tage später von der Parteizentrale korrigiert. Mit der Parole „Schlagt Poincaré an der Ruhr und Cuno an der Spree“ rief die KPD zur Solidarität der Proletarier in Deutschland und in Frankreich auf und bekräftigte damit die internationalistische Ausrichtung der KPD.

Im Juni 1923 erregte Zetkin auf der Tagung des Exekutivkomitees der Komintern in Moskau mit ihren Thesen zum Klassencharakter des Faschismus, der im Jahr zuvor in Italien an die Macht gekommen war, Aufsehen. Der bei vielen Marxisten verbreiteten These, Mussolinis Diktatur sei als „bloßer bürgerlicher Terror“ und als Angstreaktion der Kapitalisten auf die Bedrohung durch die Oktoberrevolution zu verstehen, erteilte sie eine scharfe Absage. In Wahrheit habe der Faschismus …

„[…] eine andere Wurzel. Es ist das Stocken, der schleppende Gang der Weltrevolution infolge des Verrats der reformistischen Führer der Arbeiterbewegung. Ein großer Teil der proletarisierten und von der Proletarisierung bedrohten klein- und mittelbürgerlichen Schichten, der Beamten und bürgerlichen Intellektuellen hatte die Kriegspsychologie mit einer gewissen Sympathie für den reformistischen Sozialismus ersetzt. Sie erhofften vom reformistischen Sozialismus dank der ‚Demokratie‘ eine Weltwende. Diese Erwartungen sind bitter enttäuscht worden. […] So kam es, dass sie nicht bloß den Glauben an die reformistischen Führer verloren, sondern an den Sozialismus selbst.“

Den Nationalsozialismus bezeichnete sie als „Strafe“ für das Verhalten der deutschen Sozialdemokratie in der Novemberrevolution.

Im April 1925 polemisierte Zetkin auf einer weiteren EKKI-Tagung in Moskau gegen die zu der Zeit aktuelle KPD-Führung unter Ruth Fischer und Arkadi Maslow, denen sie „sektiererische Politik“ vorwarf. Damit half sie deren Absetzung vorzubereiten. Nachfolger wurde im Herbst 1925 Ernst Thälmann, den Stalin protegierte.

Clara Zetkin um 1930 im Alter von etwa 73 Jahren

Zetkin bezeichnete die parlamentarische Demokratie der Weimarer Republik als „Klassendiktatur der Bourgeoisie“ und lehnte sie strikt ab. Zugleich stand sie jedoch auch der stalinschen Sozialfaschismusthese kritisch gegenüber, die ein Bündnis mit der Sozialdemokratie gegen den Nationalsozialismus verhinderte. Als Alterspräsidentin des Deutschen Reichstages führte sie den Vorsitz auf der konstituierenden Sitzung des Reichstages am 30. August 1932 „in der Hoffnung trotz meiner jetzigen Invalidität das Glück zu erleben, als Alterspräsidentin den ersten Rätekongreß Sowjetdeutschlands zu eröffnen.“[7] Trotz des vorausgehenden Wahlerfolgs für die KPD erkannte sie gleichwohl die Gefahr, die von der inzwischen stärksten Fraktion des Reichstags, der NSDAP, ausging, und rief in derselben Rede zum Widerstand gegen die Nationalsozialisten auf:

„Vor dieser zwingenden geschichtlichen Notwendigkeit müssen alle fesselnden und trennenden politischen, gewerkschaftlichen, religiösen und weltanschaulichen Einstellungen zurücktreten.“

– Rede als Alterspräsidentin zur Eröffnung des Reichstags im August 1932[8]

Erneutes Exil und Tod

Nach der Machtergreifung durch die NSDAP unter Adolf Hitler und dem Ausschluss der KPD aus dem Reichstag infolge des Reichstagsbrands 1933 ging Clara Zetkin noch einmal, das letzte Mal in ihrem Leben, ins Exil, diesmal in die Sowjetunion, wo sie bereits von 1924 bis 1929 ihren Hauptwohnsitz gehabt hatte. Nach Angaben von Maria Reese, einer KPD-Abgeordneten des Reichstags, die sie dort unter Schwierigkeiten besuchte, lebte sie bereits parteipolitisch isoliert. Sie starb wenig später am 20. Juni 1933 im Alter von fast 76 Jahren. Ihre Urne wurde in der Nekropole an der Kremlmauer in Moskau auf der rechten Seite im Grab Nummer 44 beigesetzt. Stalin selbst trug die Urne zur Beisetzung.

Siehe auch

Veröffentlichungen von Werken Zetkins (Auswahl)

  • Die Arbeiterinnen- und Frauenfrage der Gegenwart. Verlag der Berliner Volks-Tribüne, Berlin 1889, fes.de (PDF) Friedrich-Ebert-Stiftung.
  • Der Student und das Weib. Verlag der Sozialistischen Monatshefte, Berlin 1899 Der Student und das Weib. (DjVu, Commons).
  • Clara Zetkin: Die Schulfrage. Berlin 1904
  • Zur Frage des Frauenwahlrechts. Bearbeitet nach dem Referat auf der Konferenz sozialistischer Frauen zu Mannheim. Buchhandlung Vorwärts, Berlin 1907 Zur Frage des Frauenwahlrechts. (PDF) Friedrich-Ebert-Stiftung.
  • Das Frauenstimmrecht [Begründung zur Resolution: Das Frauenstimmrecht]. In: Internationaler Sozialisten-Kongreß zu Stuttgart 18. bis 24. August 1907. Berlin 1907, S. 40–48. (Digitalisat und Volltext)
  • Karl Marx und sein Lebenswerk. Molkenbuhr, Elberfeld 1913.
  • Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Rote Fahne, Berlin 1919.
  • Wir klagen an! Ein Beitrag zum Prozess der Sozial-Revolutionäre. Verlag der Kommunistischen Internationale, Hamburg 1922.
  • Im befreiten Kaukasus. Verlag für Literatur und Politik, Wien/Berlin 1926.
  • Erinnerungen an Lenin. Verlag für Literatur und Politik, Wien/Berlin 1929.
  • Hungermai, Blutmai, roter Mai! Carl Hoym, Hamburg/ Berlin 1932.
  • Angeklagter Hitler. Protokolle, Augenzeugen- und Tatsachenberichte aus den faschistischen Folterhöllen Deutschlands Clara Zetkin ruft zur Internationale Hilfswoche der IRH (17.–25. Juni 1933). Mopr-Verlag, Zürich 1933.
Postum herausgegebene Gesammelte Werke:
  • Ausgewählte Reden und Schriften. Drei Bände. Dietz Verlag, Berlin 1957–1960.
  • Ich will dort kämpfen, wo das Leben ist. Eine Auswahl von Schriften und Reden. Dietz-Verlag, Berlin 1955.
  • Die Kriegsbriefe (1914–1918). Band 1 von Clara Zetkin. Die Briefe 1914–1933, herausgegeben von Marga Voigt. Karl Dietz Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-320-02323-2.
als Übersetzerin
  • Edward Bellamy: Ein Rückblick aus dem Jahre 2000 auf das Jahr 1887. J. H. W. Dietz Nachf., Stuttgart 1914.

Literatur

Werke

  • Zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung Deutschlands. 3. Auflage. Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-88012-532-5.
  • Kunst und Proletariat. 2. Auflage. Dietz-Verlag, Berlin 1979.
  • Für die Sowjetmacht: Artikel, Reden und Briefe; 1917–1933. Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-88012-494-9.
  • Revolutionäre Bildungspolitik und marxistische Pädagogik. Ausgewählte Reden und Schriften. Verlag Volk und Wissen, Berlin 1983.
  • Erinnerungen an Lenin. Neuer ISP-Verlag, Köln 2000, ISBN 3-929008-17-3.

Sekundärliteratur

Biographien

  • Tânia Puschnerat: Clara Zetkin. Bürgerlichkeit und Marxismus. Eine Biographie. Klartext-Verlagsgesellschaft, Essen 2003, ISBN 3-89861-200-7 (Biografie).
  • Florence Hervé (Hrsg.): Clara Zetkin oder: Dort kämpfen, wo das Leben ist. Karl Dietz Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-320-02096-5.
  • Gilbert Badia: Clara Zetkin. Eine neue Biographie. Dietz Verlag, Berlin 1994.
  • Luise Dornemann: Clara Zetkin. Leben und Wirken. Dietz Verlag, Berlin 1957 (9. überarb. Auflage 1989).
  • Clara Zetkin. Kämpferin für die proletarische Weltrevolution. Moskau 1933.
  • Clara Zetkin. Ein Sammelband zum Gedächtnis der großen Kämpferin. Moskau/ Leningrad 1934.
  • Zetkin, Clara. In: Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. 2., überarb. und stark erw. Auflage. Karl Dietz Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02130-6.
Aufsätze, Artikel und Quellen
  • Ulla Plener (Hrsg.): Clara Zetkin in ihrer Zeit – neue Fakten, Erkenntnisse, Wertungen. (= Manuskripte. Band 76). Karl Dietz Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02160-3, rosalux.de (PDF)
  • Gisela Notz: Clara Zetkin und die internationale sozialistische Frauenbewegung. In: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung. Heft III/2007.
  • Marta Globig, H. Karl: Zetkin, Clara Josephine geb. Eißner. In: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Biographisches Lexikon. Dietz Verlag, Berlin 1970, S. 497–501.
  • Ina Hochreuther: Frauen im Parlament. Südwestdeutsche Abgeordnete seit 1919. Im Auftrag des Landtags herausgegeben von der Landeszentrale für politische Bildung. Theiss-Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-8062-1012-8.
  • Jens Becker: Zetkin, Clara Josephine geb. Eißner. In: Manfred Asendorf, Rolf von Bokel (Hrsg.): Demokratische Wege. Deutsche Lebensläufe aus fünf Jahrhunderten. J. B. Metzler, Stuttgart/ Weimar 1997, ISBN 3-476-01244-1, S. 706–708.
  • Martin Grass: Briefe Clara Zetkins in Archiv und Bibliothek der Arbeiterbewegung in Stockholm. In: Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung. Heft III/2011.
  • Setsu Ito: Clara Zetkin in ihrer Zeit – für eine historisch zutreffende Einschätzung ihrer Frauenemanzipationstheorie. In: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung. Heft III/2007.

Fernsehdokumentation

  • Clara Zetkin – die Unbestechliche. Ein Film von Ernst-Michael Brandt im Rahmen der Reihe „Deutsche Lebensläufe“. Erstsendung am 1. Juni 2008 im MDR.
  • TV-Dokumentarspiel Clara Zetkin, DDR 1975, mit Barbara Dittus

Weblinks

Commons: Clara Zetkin - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikisource: Clara Zetkin – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Clara Zetkin aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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  2. Ernst Schattner (1879–1944) ist der Stiefsohn von Eduard Bernstein. Siehe Marx-Engels-Jahrbuch 2004, S. 194.
  3. Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens archiv1 wurde kein Text angegeben.
  4. Die Kriegsbriefe von Clara Zetkin, Sybille Fuchs, 30. September 2016, In: World Socialist Web Site, https://www.wsws.org/de/articles/2016/12/30/zet1-d30.html
  5.  Hannes Obermair, Carla Giacomozzi: Clara Zetkin gesucht!. In: Stadtarchiv Bozen (Hrsg.): Das Exponat des Monats des Stadtarchivs Bozen. Nr. 43, Juli 2015 (gemeinde.bozen.it (PDF), abgerufen am 15. November 2015).
  6. Die Kriegsbriefe von Clara Zetkin, Sybille Fuchs, 30. September 2016. In: World Socialist Web Site, https://www.wsws.org/de/articles/2016/12/30/zet1-d30.html
  7. Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens archiv2 wurde kein Text angegeben.
  8. Anette Schneider: Für Frieden und Sozialismus gekämpft. In: Kalenderblatt (Rundfunksendung auf DLF). 26. März 2015, abgerufen am 26. März 2015.