Edmund Husserl und Echte Feige: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Feigenbaum.JPG|thumb|400px|Feigenbaum im Frühjahr]]


'''Edmund Husserl''' (* 8. April 1859 in [[wikipedia:Prostějov|Proßnitz]], Mähren; † 27. April 1938 in Freiburg im Breisgau) war ein [[Philosoph]] und Mathematiker des frühen [[20. Jahrhundert|20. Jahrhunderts]].
Der '''Feigenbaum''' ({{HeS|תְּאֵנָה|t<sup>e</sup>enâh}}), genauer die '''Echte Feige''' (''Ficus carica''), ist die bekannteste [[Wikipedia:Art (Biologie)|Art]] aus der [[Wikipedia:Gattung (Biologie)|Gattung]] der [[Wikipedia:Feigen|Feigen]]und gehört zur [[Wikipedia:Familie (Biologie)|Familie]] der [[Wikipedia:Maulbeergewächse|Maulbeergewächse]] aus der [[Wikipedia:Ordnung (Biologie)|Ordnung]] der [[Wikipedia:Rosenartige|Rosenartige]]n.
Der Geburt nach Österreicher, erwarb Husserl 1896 die preußische Staatsangehörigkeit.  


Husserl ist der Begründer der philosophischen [[Phänomenologie]], mit deren Hilfe er die ''Philosophie als strenge Wissenschaft'' (Titel einer programmatischen Schrift von 1910/11) zu begründen suchte. Er ist einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts.
__TOC__
Die Echte Feige wächst als sommergrüner, laubabwerfender [[Wikipedia:Strauch|Strauch]] oder auch als kleiner [[Baum]] mit wechselständig angeordneten, drei- bis fünflappigen, an den Rändern unregelmäßig gezähnten [[Wikipedia:Blatt (Pflanze)|Laubblättern]], den [[Feigenblatt|Feigenblättern]]. Die Rinde ist hellgrau und glatt, der Stamm meist knorrig gedreht und gebogen. Die ganze Pflanze ist von [[Wikipedia:Milchsaft|Milchsaft]] durchzogen. Jährlich bilden sich drei Generationen von Blütenständen; die erste im Februar oder März, dann im Mai und Juni und die letzte im August und September. Die Echte Feige ist [[Wikipedia:Monözie|einhäusig]], d.h. jede Pflanze trägt sowohl weibliche als auch männliche Blüten. Innerhalb von drei bis fünf Monaten nach der Bestäubung, die durch die [[Wikipedia:Feigenwespen|Feigenwespen]] erfolgt, reifen die grün bis dunkelviolett gefärbten, kugel- oder birnenförmigen '''Feigen''' heran. Die Feige ist eine [[Wikipedia:Scheinfrucht|Scheinfrucht]], die aus einem ganzen [[Wikipedia:Steinfruchtverband|Steinfruchtverband]] besteht. Die [[Wikipedia:Steinfrucht|Steinfrüchte]] machen sich als kleine harte linsenförmige Kerne in der Feige bemerkbar. Die Echte Feige wird im ganzen Mittelmeerraum angebaut und zählt zu den ältesten domestizierten [[Pflanze]]n und ist auch die erste Pflanze, die in der [[Wikipedia:Bibel|Bibel]] - im Zusammenhang mit dem [[Sündenfall]] - namentlich genannt wird: Nachdem [[Adam und Eva]], von [[Luzifer]] verführt, vom [[Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen]] gegessen hatten, erkannten sie, dass sie [[nackt]] waren und bedeckten ihre Blöße mit einem [[Feigenblatt]] {{Bibel|1 Mos|3|7|LUT}}.


Husserl forderte von der Philosophie, sich vorschneller Weltdeutungen zu enthalten und sich bei der analytischen Betrachtung der Dinge an das zu halten, was dem Bewusstsein unmittelbar ([[phänomen]]al) erscheint. Damit brach er mit dem um 1900 vorherrschenden [[Psychologismus]], der die Gesetze der [[Logik]] als Ausdruck bloßer psychischer Gegebenheiten sah, wodurch die Objektivität des Logischen prinzipiell unerreichbar sei. Etwa ab 1907 verband er seine Phänomenologie mit der [[Transzendentalphilosophie]], eine Wendung, der einige seiner Schüler, wie [[Max Scheler]] und [[Martin Heidegger]] nicht folgen konnten.
== Veredlung der wilden Feigen ==
 
[[Datei:Fig tree.jpg|thumb|250px|Echter Feigenbaum mit Blättern und Früchten]]
Husserl war äußerst produktiv. Der Nachlass umfasst etwa 40.000 Seiten; seit 1950 wird das Werk im Rahmen der ''Husserliana'' (Gesammelte Werke) herausgegeben. Großen Einfluss übte Husserl auf die [[Existenzphilosophie|Existenzphilosophen]] [[Merleau-Ponty|Maurice Merleau-Ponty]], [[Jean-Paul Sartre]] und Martin Heidegger aus. Aber auch [[Theodor W. Adorno]] baute auf ihn auf. Für die [[Soziologie]] machte besonders [[Alfred Schütz]] den Husserlschen Ansatz fruchtbar.
[[Bild:Albrecht Duerer Adam und Eva.jpg|thumb|250px|[[Adam und Eva]], [[Wikipedia:Albrecht Dürer|Albrecht Dürer]], 1507]]
 
[[Datei:Ficus carica leaf 01 by Line1.jpg|thumb|250px|Typisches Laubblatt der Echten Feige]]
== Husserl und die Anthroposophie ==
[[Datei:Ficus carica Panascè.jpg|thumb|250px|Feige bicolor]]
[[Datei:Feige-Schnitt.jpg|thumb|250px|Die reife Scheinfrucht im Längsschnitt]]


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"Ich muß gestehen, als ich meine «Rätsel der Philosophie» in der neuen Auflage abfaßte und versuchte, ein wenig diese neueren
"In südlicheren Gegenden, namentlich in Griechenland, spielt die Feigenzucht
Richtungen zu verarbeiten, da stand ich immer wieder vor der Frage: Was soll man nun mit dem Husserl eigentlich machen? - Es ist tatsächlich so, wenn man sich noch so sehr bemüht, etwas  
eine große Rolle. Nun gibt es sogenannte wilde Feigen, die zwar
heranzuholen, um ihm irgendwie beizukommen, ihn zu fassen, man kriegt es nicht fertig; es kommt nichts Besonderes dabei heraus. Es ist mir so stark aufgefallen, wie Husserl im Grunde
etwas süß sind, aber sie sind so, daß manche Menschen eine noch leckerere
genommen in Worten kramt, wie er auch bei aller seiner
Zunge haben und noch süßere Feigen haben möchten, als die wilden
[[Wesensschau]] und so weiter ganz abhängig ist von dem
Feigen eben Süßigkeit haben. Was tun nun diese Leute?
sekundären Wortinhalt und wie er nicht zu einem wirklichen
Schauen auch nur der einfachsten Bewußtseinstatbestände
kommen kann" {{Lit|{{G|73a|501f}}}} (1920)<ref> Dieses Zitat ist aus einem Schlußwort Rudolf Steiners nach einem Vortrag von Paula Matthes zur neueren Philosophie.


SCHLUSSWORT
[[Datei:GA351_206.gif|center|250px|Feigenbaum]]
nach dem Vortrag von Paula Matthes über die Frage «Was kann Philosophie dem Menschen heute noch geben?»
Dornach, 11. Mai 1920, S. 493 - 514


Nun denken Sie sich, da wäre ein wilder Feigenbaum. Dieser wilde
Feigenbaum, der wird ganz besonders geliebt von einer bestimmten
Wespenart, die da ihre Eier drinnen ablegt (siehe Zeichnung). Stellen wir
uns also vor: Da wäre der wilde Feigenbaum, auf dem Ast eine solche
wilde Feige, in die die Wespe ihr Ei ablegt.


"Nun hat Fräulein Matthes gerade die deutschen Richtungen in einer vorzüglichen Weise Ihnen hier vorgeführt. Für die Schweiz habe ich das Gefühl, daß diese vier deutschen Richtungen zunächst doch weniger Bedeutung haben. Hier hat ja in weiteren Kreisen die Bergsonsche Richtung einen gewissen Einfluß erlangt. Und nur in weniger intensiver Weise sind diese vier deutschen Richtungen in das philosophische Leben der Schweiz eingedrungen." (498)
Nun, der Feigenzüchter, der ist eigentlich in seiner Art ein ganz
schlauer Kerl. Er läßt diese Wespen in den wilden Feigenbäumen, die er
besonders dazu anzüchtet, ihre Eier ablegen. Nachher nimmt der Bursche
zwei solche Feigen zunächst herunter in dem Zeitpunkte, wo die
Wespenlarven drinnen noch nicht bis zu Ende sind, so daß die Wespen
also noch lange nicht reif zum Ausschlüpfen sind, aber eine Zeit ihrer
Entwickelung schon durchgemacht haben. Nun, was tut er weiter? Er
nimmt einen Binsenhalm und bindet diese zwei Feigen, in denen er diese
Wespenlarven nicht ganz zur Reife hat kommen lassen, mit diesem Binsenhalm
zusammen, so daß sie halten. Jetzt geht er an einen Feigenbaum,
bei dem er die Feigen veredeln will und hängt die zwei Feigen, die
er mit dem Binsenhalm verbunden hat und worin die Wespen genistet
haben, ihre Eier abgelegt haben, an den Feigenbaum an, den er veredeln
will. Was geschieht nun?


[[Datei:GA351_207.gif|center|250px|veredelter Feigenbaum]]


"Nun, diese vier Richtungen, die von Fräulein Matthes charakterisiert worden sind, sie sind ja alle eigentlich schon vor dem Kriege dagewesen, und gerade an ihnen ist vielleicht das Trostlose der geistigen Substanz unserer Gegenwart so recht zu bemerken." (499)
Da geschieht folgendes: Die Wespen, die spüren das, weil diese Feigen,
die er abgerissen hat, die nicht mehr auf dem Feigenbaum darauf
sind, jetzt trocken werden; die trocknen aus, die haben nicht mehr den
Saft vom Baum. Das spürt innerlich schon die noch gar nicht entwickelte
Wespe. Selbst das Ei spürt das. Und die Folge davon ist, daß sich die
Wespe mit ihrem Auskriechen furchtbar beeilt. So daß also der Züchter
im Frühling anfängt, diese Prozedur zu machen: Er läßt zuerst die
Wespe ihre Eier ablegen. Flugs, wenn es so zum Mai kommt, nimmt er
diese zwei Feigen herunter und macht damit diese Prozedur. Donnerwetter,
denkt sich das Tier, das da drinnen ist, jetzt muß ich mich beeilen!
Jetzt kommt ja schon die Zeit, wo die Feige wieder trocken wird! -
Das Tier beeilt sich furchtbar, schlüpft viel früher aus, als es sonst ausgeschlüpft
wäre. Wäre die Feige hängengeblieben, wäre es im Spätsommer
ausgeschlüpft. So muß es im Frühsommer ausschlüpfen. Die Folge aber
ist, daß das Tier, weil es im Frühsommer ausschlüpft, eine zweite Brut
machen muß, und es legt noch im Sommer Eier, während es sonst erst im
Frühjahr gelegt hätte.


 
Mit diesen Eiern geht die Wespe jetzt an die Feigen, die an dem
Folgende vier Richtungen sind gemeint:
Baume sind, der veredelt werden soll. Dahinein legt sie die Eier, Späteier, die nicht bis zu ihrer Reife kommen, sich nur bis zu einem gewissen
1. Marburger Schule (Neukantianismus)
Grade entwickeln. Und was geschieht dadurch? Diese Feigen, in die da
2. Phänomenologie
die zweite Brut hineingelegt ist, die werden doppelt so süß als die anderen
"Dann, nicht wahr, gibt es die Richtung von Husserl, aber die kommt nicht sehr stark in Betracht." (501)
wilden Feigen! Das nennt man die Veredelung der Feigen, daß sie
"Man kommt eigentlich aus seinem Gewirre durch alle möglichen Auseinandersetzungen nicht zu irgend etwas Greifbarem. Dieses Gefühl habe ich auch, wenn ich die ja zuweilen recht schönen Abhandlungen von Scheler ins Auge fasse." (502f.)
doppelt so süß werden." {{Lit|{{G|351|206ff}}}}
3. Südwestdeutsche Schule (Neukantianismus)
4. Leonard Nelson und seine Richtung
 
 
. Das philosophische Niveau dieses Schlußwortes Rudolf Steiners zu dem Vortrag Matthes' ist nicht besonders hoch. Nicht nur die Richtung von Husserl, auch die anderen drei Richtungen werden kurz abgefertigt. Das paßt zu der Ansicht Steiners, daß die neuzeitliche Philosophie in die Anthroposophie als ihrem eigentlichen Ziel einmünden müsse. Echte, gute Philosophie müsse zu ihr hinführen. Ansätze dazu werden in den neueren Richtungen nicht gesehen.
 
 
"Philosophie ohne Geisteswissenschaft kommt heute doch nur zu einem leeren Formalismus, kommt nicht zu einem Inhalt." (514)</ref>
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Entsprechend findet Husserl dann auch in der Neuauflage der "Rätsel der Philosophie" keine Erwähnung (allerdings übrigens auch [[Max Scheler]] nicht). Steiner registriert jedoch, daß Husserl wie er selbst ein Schüler [[Brentano]]s war. Wenn Steiner den heutigen Wert der Philosophie noch darin sah, daß sie eine Schule des logischen Denkens sei <Quelle>, dann kann man dem entgegen halten, daß das auf die von Husserl begründete philosophische Phänomenologie ganz sicher nicht zutrifft. Denn sie ist nicht, wenn es denn um Schulung gehen soll, Schule des logischen Denkens, sondern des genauen Beobachtens und Sehens.
== Der Feigenbaum als Symbol für das alte naturhafte Hellsehen ==


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Das alte naturhafte [[Hellsehen]], über das der [[Mensch]] in alten Zeiten verfügte, wurde durch die selben reinen [[Äther]]kräfte gespeist, die auch der [[Fortpflanzung]] zugrunde liegen. Diese Kräfte werden durch das [[Feigenblatt]] angedeutet. Durch die [[luziferisch]]e [[Versuchung]] wurden die [[Sinne]] geöffnet und die ursprünglich völlig bewusstlos erfolgende Fortpflanzung immer mehr von sinnlichen [[Begierde]]n durchsetzt. Dadurch wurde auch das alte Hellsehen immer mehr korrumpiert und begann dahinzuschwinden. Dafür trat der [[Egoismus]] immer mehr hervor. Zur Zeitenwende, mit dem Erdenleben des [[Christus]], hatte das alte Hellsehen seine ursprüngliche Berechtigung verloren - der Feigenbaum - als [[Symbol]] dieses atavistischen Hellsehens - sollte verdorren, wie es auch im [[Evangelium]] angedeutet wird:
"Eine klare Schwäche – um dies noch einzufügen – ist Husserls Schreib- und Ausdrucksstil, der vielen den Zugang erschwert. Husserl ist sehr schwankend in seiner Terminologie und knüpft auch an in der Philosophie vorbelastete Begriffe an, ohne dass ihm dies immer bewusst ist. Auch hat er viele verschiedene Begriffe für die im Wesentlichen gleichen Phänomene („Subjekt“, „Cogito“, „Bewusstsein“, usw.). Aber hierauf kann man entgegnen, dass Husserl immer wieder betont hat, dass für die von ihm beschriebenen Dinge „die Begriffe fehlen“, er also versucht, Dinge sprachlich zu fassen, die eben, der Natur des Gegenstandes gemäß, schwer sprachlich zu „fixieren“ sind." (Lit: Sebastian Luft, 2014)
</div>


Sebastian Luft bringt mit dieser Äußerung eine zu Steiners Meinung ganz entgegengesetzte Ansicht zum Ausdruck: Nicht kramte Husserl in Worten, konnte nicht zu einem Schauen auch nur der einfachsten Bewußtseinstatbestände kommen, wie Steiner behauptet, sondern umgekehrt: Husserl schaute Phänomene, Bewußtseinstatsachen, die er versuchte, in verständliche sprachliche Verfaßtheit zu bringen, was ihm aber nicht immer besonders gut gelungen ist, und Hauptursache der Schwerverständlichkeit seines Werkes ist.  Rudolf Steiner mag einfach nicht genug Zeit gefunden haben für eine gründlichere Lektüre Husserls, die zu einem gerechteren Urteil hätte führen können.
{{Zitat|12 Und am nächsten Tag, als sie von Betanien weggingen, hungerte ihn. 13 Und er sah einen Feigenbaum von ferne, der Blätter hatte; da ging er hin, ob er etwas darauf fände. Und als er zu ihm kam, fand er nichts als Blätter; denn es war nicht die Zeit für Feigen. 14 Da fing Jesus an und sprach zu ihm: Nun esse niemand mehr eine Frucht von dir in Ewigkeit! Und seine Jünger hörten das.|Markusevangelium|{{B|Mk|11|12-14}}}}


Inwieweit Steiner die "Ideen I" schon kannte, das 1913 erschienene Werk, das die transzendentale Wende Husserls dokumentiert, ist unbekannt. Laut Jaap Sijmons (Phänomenologie und Idealismus, 2008, S 4f.) befanden sich in Rudolf Steiners Bibliothek die "Logischen Untersuchungen" Husserls in der 2. Aufl. 1913. Steiner betreute die Dissertation (ersch. 1919) [[Walter Johannes Stein]]s mit, in der ein Aspekt der Übereinstimmung zwischen dem Husserl der LU und Steiners philosophischen Ansichten diskutiert wird.
[[Rudolf Steiner]] erläutert dazu in seinen Vorträgen über das [[Markus-Evangelium]]:


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"Es besteht aber auch ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Ansätzen, was möglicherweise erklärt, warum Husserl durch seine transzendentale Epoché nicht zu den gleichen Ergebnissen kam wie Steiner durch seine Meditationsübungen, und insbesondere, warum Husserls Phänomenologie nicht dieselbe Tiefe und Breite des Einblicks in die Realität der geistigen Welt wie Steiners Anthroposophie entwickelte. Für Steiner war klar, dass die „Ausklammerung" der Welt und das Zerschneiden der inneren Bänder zu ihr nur einen ersten und vorläufigen Schritt auf dem Weg in die Welt des Geistes bildet. Was einer solchen via negativa folgen muss, ist erstens eine via positiva, die in der Stärkung der Seele durch spezifische Übungen besteht, und zweitens die Ausstattung der Seele mit einer inneren Struktur, die Entwicklung der Organe der übersinnlichen Wahrnehmung. Ohne eine solche innere Strukturierung und Differenzierung ist die Seele zwar fähig, sich von der Bindung an den Körper und an die Welt der körperlichen Sinne zu befreien, aber sie ist nicht in der Lage, etwas in der geistigen Welt wahrzunehmen. Sie befindet sich vielmehr in einem Zustand, der uns aus der Erfahrung des tiefen Schlafs vertraut ist, in welchem die Seele ebenfalls vom Körper getrennt, aber eben bewusstlos ist. Mir scheint, dass Husserl der Mangel an Einsicht in die Notwendigkeit einer solchen inneren Strukturierung der Seele durch spezifische und strenge Übungen hinderte, den 'versteckten Zweck' seiner tranzendentalen Epoché zu erreichen." (Majorek, 2015, S. 1316, Hervorhebungen weggelassen)
"Eine besondere Stelle, wobei man wieder das Methodisch-Künstlerische
</div>
kennenlernen kann, was das Evangelium an okkulten Tatsachen
der Menschheitsevolution birgt, ist die folgende, die wieder eine Art
von Crux für die Erklärer ist.
«Und am folgenden Tage, als sie von Bethanien ausgezogen, hungerte
ihn.
Und er sah von weitem einen Feigenbaum, der Blätter hatte,
und trat herzu, ob er etwas auf demselben finde. Und wie er
hinkam, fand er nichts als Blätter; denn es war nicht die Zeit der
Feigen.
Und er hob an und sprach zu ihm: Nie mehr in Ewigkeit soll jemand
von dir Frucht essen! Und seine Jünger hörten es.» (11, 12-14.)


Diese Einschätzung Majoreks ist insofern unrichtig, als Husserl sich mit Recht auf das ihm Beobachtbare beschränkte. Eine geistige Welt, die sich höheren Erkenntnisvermögen der Imagination, Inspiration und Intuition erschließt, konnte nicht sein Untersuchungsgegenstand sein. Dieser ist ihm das innnere Bewußtseinsleben, und sein Verhältnis zur Welt, zu der auch die idealen Gegenstände gehören. Das Forschungsgebiet Husserls ist in etwa dasjenige der "Philosophie der Freiheit", und der anderen philosophischen Grundlagenwerke Rudolf Steiners. Husserls Forschungsresultate sind von einem enormen Detailreichtum, und seine philosophische Methode soll dazu anleiten, diese selbst aufzusuchen. Die mit solchem Bemühen verbundene Übung hat meditativen Charakter, sie stärkt das Denken bis hin zu einem sicheren Selbstgewahrsein - Voraussetzung jeder weiter gehenden geistigen Forschung, die sich höherer Organe bedient. Hauptorgan für die Wahrnehmung des Geistigen ist das Denken selbst. Ohne Schulung der [[seelische Beobachtung|seelischen Beobachtung]] - und die Einarbeitung in Husserls Werk ''ist'' eine solche Schulung - gibt es keinen sicheren, wissenschaftlichen Boden für "Geist"-forschung.
Nun sollte doch jeder ehrlicherweise fragen: Ist es denn nach dem
Evangelium nicht doch sonderbar von einem Gotte, daß er auf einen
Feigenbaum losgeht, Feigen sucht, aber keine findet, daß man noch
dazu den Grund angibt, warum er keine gefunden hat - denn es heißt
ausdrücklich «es war nicht die Zeit der Feigen», das heißt also, daß er
zur Zeit, da es keine Feigen gibt, zum Feigenbaume hingeht, Feigen
sucht und keine findet -, und nachher sagt: «Nie mehr in Ewigkeit soll
jemand von dir Frucht essen!»? Nun nehmen Sie die Erklärungen, die
zu dieser Geschichte gewöhnlich gegeben werden, während trocken
und nüchtern nichts anderes dasteht, als daß in sonderbarer Weise der
Christus Jesus Hunger verspürt, zu einem Feigenbaume geht in einer
Zeit, in welcher keine Feigen wachsen, keine Feigen findet und den
Baum dann verflucht, daß in alle Ewigkeit keine Feigen mehr auf ihm
wachsen sollen. Ja, was ist denn dann der Feigenbaum, und warum
wird das Ganze hier erzählt? Wer okkulte Schriften lesen kann, wird
in dem «Feigenbaume » - wie der Zusammenhang im Evangelium ist,
werden wir noch sehen - zunächst dasselbe erkennen, wovon bei dem
Buddha gesprochen wird, der unter dem «Bodhibaume» saß und die
Erleuchtung zu der Predigt von Benares empfing. Unter dem «[[Bodhibaum]]- das heißt auch: unter dem «Feigenbaume». Weltgeschichtlich
war zur Zeit des Buddha in bezug auf das menschliche Hellsehen
noch die « Zeit der Feigen », das heißt, man bekam, wie es bei Buddha
der Fall war, unter dem Bodhibaume - unter dem Feigenbaume - die
Erleuchtung. Jetzt war das nicht mehr so. Das sollten die Jünger lernen.
Jetzt war die weltgeschichtliche Tatsache eingetreten, daß nicht
mehr an jenem Baume, unter dem der Buddha die Erleuchtung empfangen
hat, die Früchte da waren.


Darüber hinaus stellt Husserl die philosophischen Mittel bereit, das philosophische Grundlagenwerk Rudolf Steiners zu überprüfen und kritisch zu befragen - eine Aufgabe, die Steiner selbst auch nur in Ansätzen nicht geleistet hat - und bietet mit seiner Phänomenologie eine Anschlußmöglichkeit der Anthroposophie an die heutige kontinentale Philosophie, die in ihrem phänomenologischen Zweig von Husserl ausgeht. Man mag es deshalb bedauerlich finden, daß sich Anthroposophen, von Ausnahmen abgesehen, bisher wenig mit dem Husserlschen Werk beschäftigt haben<ref>"Nicht nur die Philosophen
Und was in der ganzen Menschheit geschah, das spiegelte sich dazumal
des 20. Jahrhunderts haben Rudolf Steiners Philosophie
in der Seele des Christus. Sehen wir einen Repräsentanten der
und Anthroposophie ignoriert; die auf Steiner
Menschheit in Empedokles von Sizilien, einen Repräsentanten für viele
sich berufenden Anthroposophen haben ihrerseits
Menschen, die ähnlich hungerten, weil ihre Seele nicht mehr fand
die philosophische Entwicklung des 20. Jahrhunderts
die Offenbarung, die ihr früher gegeben war und sich jetzt mit den
kaum bearbeitet und sich nur in seltenen Fällen in
Abstraktionen des Ich begnügen mußte, so kann man von dem
ein aktives Verhältnis zu ihr gesetzt.2 Die philosophischen
hungernden Empedokles sprechen, kann sprechen von dem Hunger
Weichenstellungen des 20.
nach dem Geist, den alle Menschen der heranrückenden Zeit fühlten.
Jahrhunderts sind somit weitgehend
Und der ganze Hunger der Menschheit lud sich ab in der Seele des
jenseits von der Philosophie
Christus Jesus, bevor heranrückte das Mysterium von Golgatha.
und Anthroposophie Steiners verlaufen.
Was es hier an Versäumnis
aufzuarbeiten gilt, kann gar nicht
von Einzelnen geleistet werden –
ganze Forschungsgemeinschaften
müssten sich dieser Problematik
annehmen." (Steffen Hartmann in: "Heideggers Sein und Zeit und das Problem postanthroposophischer
Philosophie", Der Europäer Jg. 11 / Nr. 2/3 / Dezember/Januar 2006/07, S. 22)</ref>. Auch wenn es auf kritische Abgrenzungen hinauslaufen würde: es würde dadurch mehr Klarheit über die erkenntnistheoretischen Grundlagen der Anthroposophie geschaffen werden können.


=== Fremdwahrnehmung, Wahrnehmung des Alter Ego ===
Und die Jünger sollten teilnehmen an diesem Geheimnis und davon
<div style="margin-left:20px">
wissen. Der Christus führt sie hin zu dem Feigenbaum und sagt ihnen
"Es gibt zwar in der neueren Zeit eine ganz vertrackte Anschauung,
das Geheimnis von dem Bodhibaum. Er ließ aus, weil es bedeutungslos
die von allerlei Leuten vertreten wird. Vielleicht könnte man
war, daß noch der Buddha die Früchte dieses Feigenbaumes gefunden
als charakteristische Persönlichkeit unter den sie Vertretenden den
hat. Aber jetzt war nicht mehr die Zeit der «Feigen», die Buddha
Philosophen und Psychologen Lipps anführen. Die sind sich nicht
zur Zeit der Predigt von Benares von dem Bodhibaume gehabt hat;
bewußt, wenn ihnen ein Mensch gegenübertritt, daß sie einen unmittelbaren
sondern konstatieren mußte der Christus, daß bis in alle Ewigkeit an
Eindruck von seinem Ich haben, sondern sie sagen:
dem Baume, von dem heruntergeflossen ist das Licht von Benares,
Wenn ich einem Menschen gegenübertrete, so hat der ein Gesicht;
nicht mehr die Erkenntnisfrüchte reifen werden, sondern daß sie jetzt
das macht bestimmte Bewegungen, und er redet bestimmte Dinge,
kommen werden von dem Mysterium von Golgatha.
und da soll man nun aus dem, was er redet und tut, schließen können,
daß ein Ich dahinter ist. Also das Ich ist etwas Erschlossenes,
nicht etwas unmittelbar Wahrgenommenes. Dagegen ist eine neue
Philosophenschule, die ihren guten Interpreten in Max Scheler hat,
anderer Ansicht. Die hat schon die Wahrnehmung gemacht, daß
man einen unmittelbaren Eindruck von dem Ich des anderen Menschen
haben kann. Und was von dem Ich, mehr streng wissenschaftlich,
Husserl, der Philosoph, und dann etwas populärer, namentlich
in seinen neueren Aufsätzen, Scheler geschrieben hat, zeigt, daß die
neuere Philosophie auf dem Wege ist, anzuerkennen, daß ein unmittelbares
Bewußtsein auch etwas wissen kann von einem anderen
Bewußtsein." {{Lit|{{G|164|112}}}} (1915)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Wer
wirklich beobachten kann, der weiß, daß es eine unmittelbare Wahrnehmung
ist, nicht ein Analogieschluß, durch die wir zu der Wahrnehmung
des andern, des fremden Ich kommen. Es ist eigentlich nur
ein Freund, möchte ich sagen, oder ein Verwandter der Göttinger
Husserl-Schule, Max Scheler, der eben darauf gekommen ist auf dieses
unmittelbare Wahrnehmen des Ich des andern." {{Lit|{{G|322|94}}}} (1920)
</div>


(Lit.: Liangkang Ni: ''Zum Problem der Originalität der Einfühlung bei Husserl und Scheler'', Thaumàzein Rivista di Filosofia, 3/2015, [http://rivista.thaumazein.it/index.php?journal=thaum&page=article&op=download&path%5B%5D=53&path%5B%5D=55 PDF])
Welche Tatsache haben wir vor uns? Die Tatsache, daß der Christus
 
Jesus mit seinen Jüngern von Bethanien nach Jerusalem geht und
== Werke ==
daß bei dieser Gelegenheit in den Jüngern eine besonders starke Empfindung,
*  ''Beiträge zur Theorie der Variationsrechnung''. Univ. Diss. Wien 1882 [http://phaidra.univie.ac.at/o:58535 UB Wien]
eine besonders starke Kraft hervorgerufen wird, welche in
* ''Über den Begriff der Zahl. Psychologische Analysen.'' Heynemann, Halle 1887 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5870/ Uni Freiburg]
den Seelen der Jünger hellseherische Kräfte hervorruft, so daß sie besonders
* ''Philosophie der Arithmetik. Psychologische und logische Untersuchungen.'' Band 1. Pfeffer, Halle 1891 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6159/ Uni Freiburg]
zur Imagination geneigt sind. In den Jüngern werden hellseherische,
* ''Logische Untersuchungen.'' 2 Bände. 1900/1901
imaginative Kräfte erweckt. Sie sehen hellseherisch den
** Band 1: Prolegomena zur reinen Logik. Niemeyer, Halle 1900 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5920/index.html Uni Freiburg], Veit, Leipzig 1900 {{IA|logischeuntersuc01hussuoft}} 2. umgearbeitete Auflage, Niemeyer, Halle 1913 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6096/index.html Uni Freiburg]
Bodhibaum, den Feigenbaum, und der Christus Jesus bewirkt in ihnen
** Band 2: Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis. Niemeyer, Halle 1901 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6020/ Uni Freiburg], {{IA|logischeuntersuc00hussuoft}} 2. umgearbeitete Auflage, Niemeyer, Halle 1913 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6097/ Uni Freiburg]
die Erkenntnis, daß von dem Bodhibaume nicht mehr die Früchte der
* ''Philosophie als strenge Wissenschaft.'' In: Logos 1 (1911), S. 289–341 [https://www.digizeitschriften.de/download/PPN51032052X_1910-11_0001/PPN51032052X_1910-11_0001___log61.pdf Digizeitschriften.de]
Erkenntnis kommen können; denn es ist nicht mehr die Zeit der Feigen, das heißt der alten Erkenntnis. In alle Ewigkeit wird dieser Baum
* ''Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie. Buch 1: Allgemeine Einführung in die reine Phänomenologie.'' Niemeyer, Halle 1913.[http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5973/ Uni Freiburg]
verdorrt sein, und ein neuer Baum muß erwachsen, der Baum, der aus
* ''Erinnerungen an Franz Brentano''. In: [[Wikipedia:Oskar Kraus|Oskar Kraus]]: ''Franz Brentano''. München 1919, S. 150–167 {{IA|franzbrentanozur00krauuoft|150}}
dem toten Holze des Kreuzes besteht, und an dem nicht die Früchte
* ''Vorlesungen zur Phänomenologie des inneren Zeitbewusstseins.'' Martin Heidegger (Hrsg.). Niemeyer, Halle 1928 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5974/ Uni Freiburg]
reifen der alten Erkenntnis, sondern die Früchte, die der Menschheit
* ''Formale und transzendentale Logik. Versuch einer Kritik der logischen Vernunft.'' Niemeyer, Halle 1929 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6005/ Uni Freiburg]
aus dem Mysterium von Golgatha reifen können, das mit dem Kreuze
* ''Nachwort zu meinen „Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie“.'' Niemeyer, Halle 1930
von Golgatha als einem neuen Sinnbild verbunden ist. Hingestellt
* ''Mèditations cartèsiennes''. 1931
hat sich an die Stelle jener Szene der Weltgeschichte, die wir sehen in
** ''Cartesianische Meditationen und Pariser Vorträge.'' S. Strasser (Hrsg.). Nijhoff, Den Haag 1950 E-Text [http://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/20Jh/Husserl/hus_pari.html Bibliotheca Augustana]
dem Sitzen des Buddha unter dem Bodhibaum, das Bild von Golgatha,
* ''Die  Krisis des europäischen Menschentums und die Philosophie''. Vortrag, Wien 1935 E-Text [http://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/20Jh/Husserl/hus_kris.html Bibliotheca Augustana]
wo ein anderer Baum, der Baum des Kreuzes, erhöht ist, an dem die
* ''Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie. Eine Einleitung in die phänomenologische Philosophie.'' In: Philosophia 1 (1936), S. 77–176
lebendige Frucht des sich offenbarenden Menschengottes hing, damit
* ''Erfahrung und Urteil. Untersuchungen zur Genealogie der Logik.'' Ludwig Landgrebe (Hrsg.). Academia, Prag 1939 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6004/ Uni Freiburg]
von ihm ausstrahle die neue Erkenntnis des sich nun weiter ausbildenden
* ''Arbeit an den Phänomenen. Ausgewählte Schriften''. Bernhard Waldenfels (Hrsg.). München 2003 {{MDZ|00042988-3}}
Baumes, der in alle Ewigkeit die Früchte tragen soll." {{Lit|{{G|139|161ff}}}}
 
</div>
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Edmund Husserl}}


== Literatur ==
== Literatur ==
*Bernet, Kern, Marbach (Hrsg.): Edmund Husserl. Darstellung seines Denkens. 2. Auflage. Meiner, Hamburg, 1996 ; ''(Dieses Buch gilt auch heute noch als eine gelungene Gesamtdarstellung der Husserlschen Phänomenologie, die alle wesentlichen Aspekte referiert und erläutert/diskutiert. Es handelt sich jedoch um ein schwieriges Buch, das nicht für Einsteiger geeignet ist, sondern als Prüfstein für eine erfolgreiche Einarbeitung in Husserls Werk dienen kann.)''
*Di Grazia, Alessandro: ''Osservazioni sulla nozione di Io in Rudolf Steiner e Edmund Husserl'', Trieste, 2006 ; ''(nozione di io: Ich-Begriff)''
*Fabbianelli, Faustino / Luft, Sebastian (Hrsg.): ''Husserl und die klassische deutsche Philosophie'', Springer 2014, Reihe Phenomenologica 212, ISBN 978-3-319-01709-9, [https://www.springer.com/de/book/9783319017099 Inhalt] ; Review-Essay: Vittorio De Palma: ''Phänomenologie und Transzendentalphilosophie. Review-Essay zu Faustino Fabbianelli, Sebastian Luft (hg.), Husserl und die Klassische Deutsche Philosophie'', in: Metodo. International Studies in Phenomenology and Philosophy, Vol. 3, n. 1 (2015), ISSN 2281-9177, [http://www.metodo-rivista.eu/index.php/metodo/article/view/120/102 PDF]
*Falter, Reinhard: ''Was ist Phänomenologie?'', Zeitschrift Novalis, Nr. 3, 1996
*Fasching, Wolfgang: ''Phänomenologische Reduktion und Mushin. Edmund Husserls Bewusstseinstheorie und der Zen-Buddhismus'', Alber Verlag 2003, ISBN 3495480935
*[[wikipedia:Eugen Fink|Fink, Eugen]]: ''Die Phänomenologische Philosophie Edmund Husserls in der gegenwärtigen Kritik'', mit einem Vorwort von Edmund Husserl, in: Kant-Studien 38, 1-2, S. 319-383, 1933, [http://nasepblog.files.wordpress.com/2012/08/fink-eugen-die-phc3a4nomenologische-philosophie-edmund-husserls-in-der-gegenwc3a4rtigen-kritik-1933.pdf] ''(Einführung in die transzendentale Phänomenologie Husserls mittels Kontrastierung mit dem neukantianischen Kritizismus, die zudem von Husserl durchgesehen und in jeder Hinsicht als zutreffend bezeichnet wurde. Beleuchtung einiger ganz wesentlicher Aspekte von Husserls Phänomenologie und Verdeutlichung, wodurch sich Husserls Phänomenologie von anderem, was sich auch "Phänomenologie" nennt, unterscheidet.)''
*[[Benediktus Hardorp|Hardop, Benediktus]]: ''Elemente einer Neubestimmung des Geldes und ihre Bedeutung für die Finanzwirtschaft der Unternehmung'', KIT Scientific Publishing, 2009, (Diss. 1958, erw. u. akt.), ISBN 3866442653, {{VT16|http://www.ksp.kit.edu/download/1000009031}} ;Ergänzung 2009: ''Geld, Wirtschaft, Assoziation, Kapital – und was darunter zu verstehen ist'', S. 317 - 319, {{IT|16|http://d-nb.info/996982809/04|Inhaltsverzeichnis}}; (mit einem Kapitel: Die phänomenologischen Grundlagen und die soziologische Aufgabenstellung der eidetischen Ontologie) {{HT|16|http://www.dreigliederung.de/essays/2010-01-001.html|Rezension}} (Rezension Kannenberg-Rentschler)
*[[wikipedia:Klaus Held|Held, Klaus]]: ''Husserls neue Einführung in die Philosophie: Der Begriff der Lebenswelt'', in: Gethmann, Carl Friedrich (Hg.), Lebenswelt und Wissenschaft. Studien zum Verhältnis von Phänomenologie und Wissenschaftstheorie. Bonn [Bouvier Verlag] 1991, S. 79-113, ISBN 3-416-01995-4
*Held, Klaus: ''Gott in Edmund Husserls Phänomenologie'', in: Ierna C., Jacobs H., Mattens F. (Hrsg.): Philosophy, Phenomenology, Sciences. Essays in Commenmoration of Edmund Husserl, Dordrecht 2010, S. 723 - 738, ''(dieser Text ist einem Vortrag Helds zugehörig, der als mp3-Datei zum Download bereit liegt: [http://hiw.kuleuven.be/hua/Media/Recordings/Held mp3])''
*Hennigfeld, Iris: ''Zu den Sachen selbst. Horizonte wissenschaftlicher Anthroposophie-Forschung'', in Die Drei, 3/2016, [http://diedrei.org/autoren-anzeigen/autor/hennigfeld-iris.html Inhaltsverzeichnis] ; [http://www.steinerkritischeausgabe.com/henningfeld-ska-2?_escaped_fragment_=henningfeld-ska-2/vylnw#!henningfeld-ska-2/vylnw] (u.a. zur Psychologismuskritik Husserls)
*Husserl, Edmund, /[[wikipedia:Klaus Held|Klaus Held]] : ''Die Phänomenologische Methode. Ausgewählte Texte I''. Reclam (1985), ISBN 9783150080849, ''Einleitung von Klaus Held'' (S. 5-51)
*Husserl, Edmund / Klaus Held: ''Phänomenologie der Lebenswelt. Ausgewählte Texte II''. Reclam (1986), ISBN 9783150080856, ''Einleitung von Klaus Held'' (S. 5-53) ; ''Diese beiden Bändchen haben ihren Wert nicht durch augewählten Husserl-Texte, sondern durch die von Held gegebenen Einleitungen''
*Husserl, Edmund / Steiner, Uwe C.: ''Husserl. / ausgew. und vorgestellt von Uwe C. Steiner'', Diederichs, München 1997, Reihe Philosophie Jetzt! Texte aus dem Gesamtwerk, Einleitung von Uwe C. Steiner, S. 13-57, Literaturverz. S. 521-527, mit Sachwort- und Namensregister, ISBN 3424012904
*Jachmann, Otto: ''Denken wird Wahrnehmung. Die Philosophie von Brentano, Husserl, Heidegger und Derrida und die Anthroposophie''. Verlag Ch. Möllmann 2009
*Loidolt, Sophie: ''Transzendentalphilosophie und Idealismus in der Phänomenologie Überlegungen zur phänomenologischen „Gretchenfrage“'', in: Metodo. International Studies in Phenomenology and Philosophy, Special Issue, n. I, ch. 1 (2015), S. 103-135, ISSN 2281-9177, [http://www.metodo-rivista.eu/index.php/metodo/article/view/110/83 PDF]
*Luft, Sebastian: ''Husserls Transzendentalphilosophie. Fragen an Sebastian Luft'', Information Philosophie, 3/2014, S. 41 - 62, ''(Mit Tipps für die Husserl-Lektüre)'', [http://www.information-philosophie.de/?a=1&t=8259&n=2&y=4&c=113 HTML]
*Majorek, Marek B.: ''Origins of consciousness and conscious (free) intentions from the viewpoint of Rudolf Steiner's Spiritual Science (Anthroposophy) in relation to Husserl's transcendental reduction'', 2007, in:  Anna-Teresa Tymieniecka (ed.): Phenomenology of Life from the Animal Soul to the Human Mind II: The Human Soul in the Creative Transformation of the Mind, (Analecta Husserliana XCIV), Springer, pp. 259–278, ISBN 1402051816
*Malhotra, M. K.: ''Die indische Philosophie und die Phänomenologie Husserls. Der Begriff der "Wahrnehmung" in den beiden Denkrichtungen'', Zeitschrift für philosophische Forschung, Bd. 13, H. 2, Erweitertes Heft zum 100.Geburtstag von Edmund Husserl (Apr. - Jun., 1959), pp. 339-346
*Steiner, Rudolf: ''Fachwissenschaften und Anthroposophie'', [[GA 73a]] (2005), ISBN 3-7274-0735-2 {{Vorträge|073a}}
*Welburn, Andrew: ''Rudolf Steiner's Philosophy and the Crisis of Contemporary Thought'', 2004, ISBN 0-86315-436-0, ''(zu Husserl: S. 98 - 104)''
*Zahavi, Dan: ''Husserls Phänomenologie'', UTB 3239 Mohr Siebeck, 2009, ISBN 3825232395, [http://d-nb.info/994208294/04 Inhaltsverzeichnis], [http://picodella.files.wordpress.com/2010/12/sammelrezension-mayerschnellzahavi.pdf Rezension]
''(weitere Literatur siehe [[Phänomenologie]])''
== Zitierte Literatur ==
*Majorek, Marek B.: ''Rudolf Steiners Geisteswissenschaft. Mythisches Denken oder Wissenschaft?'', Narr Francke Attempto Verlag, 2015
*Sijmons, Jaap: ''Phänomenologie und Idealismus. Struktur und Methode der Philosophie Rudolf Steiners'', Schwabe Verlag Basel, 2008
== Weblinks ==
{{Wikisource}}
{{Wikiquote}}
* {{DNB-Portal|118555006}}
* {{DDB|Person|118555006}}
* {{UTB-Philosophie|Thomas Blume|25|Husserl, Edmund}}
* {{NDB|10|87|89|Husserl, Edmund|[[wikipedia:Ulrich Claesges|Ulrich Claesges]]|118555006}}
* Christian Beyer: {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/husserl/ || Christian Beyer}}
*[http://timmsrc.uni-tuebingen.de/Player/PlayerFlow/UT_20150520_001_levinas_0001 Johannes Brachtendorf, Uni Tübingen: Husserlvorlesung (1) SoSe 2015 Video]
*[http://timmsrc.uni-tuebingen.de/Player/PlayerFlow/UT_20150603_001_levinas_0001 Johannes Brachtendorf, Uni Tübingen: Husserlvorlesung (2) SoSe 2015 Video]
*[http://timmsrc.uni-tuebingen.de/Player/PlayerFlow/UT_20150610_001_levinas_0001 Johannes Brachtendorf, Uni Tübingen: Husserlvorlesung (3) SoSe 2015 Video]
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/philosophie7d3.html Projekt Phänomenologie] Wbsite


== Einzelnachweise ==
#Rudolf Steiner: ''Das Markus-Evangelium'', GA 139 (1985), ISBN 3-7274-1390-5 {{Vorträge|139}}
<references/>
#Rudolf Steiner: ''Mensch und Welt. Das Wirken des Geistes in der Natur. Über das Wesen der Bienen'', [[GA 351]] (1999), ISBN 3-7274-3510-0 {{Vorträge|351}}


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Version vom 11. Februar 2014, 20:16 Uhr

Feigenbaum im Frühjahr

Der Feigenbaum (hebr. תְּאֵנָה teenâh), genauer die Echte Feige (Ficus carica), ist die bekannteste Art aus der Gattung der Feigenund gehört zur Familie der Maulbeergewächse aus der Ordnung der Rosenartigen.

Die Echte Feige wächst als sommergrüner, laubabwerfender Strauch oder auch als kleiner Baum mit wechselständig angeordneten, drei- bis fünflappigen, an den Rändern unregelmäßig gezähnten Laubblättern, den Feigenblättern. Die Rinde ist hellgrau und glatt, der Stamm meist knorrig gedreht und gebogen. Die ganze Pflanze ist von Milchsaft durchzogen. Jährlich bilden sich drei Generationen von Blütenständen; die erste im Februar oder März, dann im Mai und Juni und die letzte im August und September. Die Echte Feige ist einhäusig, d.h. jede Pflanze trägt sowohl weibliche als auch männliche Blüten. Innerhalb von drei bis fünf Monaten nach der Bestäubung, die durch die Feigenwespen erfolgt, reifen die grün bis dunkelviolett gefärbten, kugel- oder birnenförmigen Feigen heran. Die Feige ist eine Scheinfrucht, die aus einem ganzen Steinfruchtverband besteht. Die Steinfrüchte machen sich als kleine harte linsenförmige Kerne in der Feige bemerkbar. Die Echte Feige wird im ganzen Mittelmeerraum angebaut und zählt zu den ältesten domestizierten Pflanzen und ist auch die erste Pflanze, die in der Bibel - im Zusammenhang mit dem Sündenfall - namentlich genannt wird: Nachdem Adam und Eva, von Luzifer verführt, vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen gegessen hatten, erkannten sie, dass sie nackt waren und bedeckten ihre Blöße mit einem Feigenblatt (1 Mos 3,7 LUT).

Veredlung der wilden Feigen

Echter Feigenbaum mit Blättern und Früchten
Adam und Eva, Albrecht Dürer, 1507
Typisches Laubblatt der Echten Feige
Feige bicolor
Die reife Scheinfrucht im Längsschnitt

"In südlicheren Gegenden, namentlich in Griechenland, spielt die Feigenzucht eine große Rolle. Nun gibt es sogenannte wilde Feigen, die zwar etwas süß sind, aber sie sind so, daß manche Menschen eine noch leckerere Zunge haben und noch süßere Feigen haben möchten, als die wilden Feigen eben Süßigkeit haben. Was tun nun diese Leute?

Feigenbaum
Feigenbaum

Nun denken Sie sich, da wäre ein wilder Feigenbaum. Dieser wilde Feigenbaum, der wird ganz besonders geliebt von einer bestimmten Wespenart, die da ihre Eier drinnen ablegt (siehe Zeichnung). Stellen wir uns also vor: Da wäre der wilde Feigenbaum, auf dem Ast eine solche wilde Feige, in die die Wespe ihr Ei ablegt.

Nun, der Feigenzüchter, der ist eigentlich in seiner Art ein ganz schlauer Kerl. Er läßt diese Wespen in den wilden Feigenbäumen, die er besonders dazu anzüchtet, ihre Eier ablegen. Nachher nimmt der Bursche zwei solche Feigen zunächst herunter in dem Zeitpunkte, wo die Wespenlarven drinnen noch nicht bis zu Ende sind, so daß die Wespen also noch lange nicht reif zum Ausschlüpfen sind, aber eine Zeit ihrer Entwickelung schon durchgemacht haben. Nun, was tut er weiter? Er nimmt einen Binsenhalm und bindet diese zwei Feigen, in denen er diese Wespenlarven nicht ganz zur Reife hat kommen lassen, mit diesem Binsenhalm zusammen, so daß sie halten. Jetzt geht er an einen Feigenbaum, bei dem er die Feigen veredeln will und hängt die zwei Feigen, die er mit dem Binsenhalm verbunden hat und worin die Wespen genistet haben, ihre Eier abgelegt haben, an den Feigenbaum an, den er veredeln will. Was geschieht nun?

veredelter Feigenbaum
veredelter Feigenbaum

Da geschieht folgendes: Die Wespen, die spüren das, weil diese Feigen, die er abgerissen hat, die nicht mehr auf dem Feigenbaum darauf sind, jetzt trocken werden; die trocknen aus, die haben nicht mehr den Saft vom Baum. Das spürt innerlich schon die noch gar nicht entwickelte Wespe. Selbst das Ei spürt das. Und die Folge davon ist, daß sich die Wespe mit ihrem Auskriechen furchtbar beeilt. So daß also der Züchter im Frühling anfängt, diese Prozedur zu machen: Er läßt zuerst die Wespe ihre Eier ablegen. Flugs, wenn es so zum Mai kommt, nimmt er diese zwei Feigen herunter und macht damit diese Prozedur. Donnerwetter, denkt sich das Tier, das da drinnen ist, jetzt muß ich mich beeilen! Jetzt kommt ja schon die Zeit, wo die Feige wieder trocken wird! - Das Tier beeilt sich furchtbar, schlüpft viel früher aus, als es sonst ausgeschlüpft wäre. Wäre die Feige hängengeblieben, wäre es im Spätsommer ausgeschlüpft. So muß es im Frühsommer ausschlüpfen. Die Folge aber ist, daß das Tier, weil es im Frühsommer ausschlüpft, eine zweite Brut machen muß, und es legt noch im Sommer Eier, während es sonst erst im Frühjahr gelegt hätte.

Mit diesen Eiern geht die Wespe jetzt an die Feigen, die an dem Baume sind, der veredelt werden soll. Dahinein legt sie die Eier, Späteier, die nicht bis zu ihrer Reife kommen, sich nur bis zu einem gewissen Grade entwickeln. Und was geschieht dadurch? Diese Feigen, in die da die zweite Brut hineingelegt ist, die werden doppelt so süß als die anderen wilden Feigen! Das nennt man die Veredelung der Feigen, daß sie doppelt so süß werden." (Lit.: GA 351, S. 206ff)

Der Feigenbaum als Symbol für das alte naturhafte Hellsehen

Das alte naturhafte Hellsehen, über das der Mensch in alten Zeiten verfügte, wurde durch die selben reinen Ätherkräfte gespeist, die auch der Fortpflanzung zugrunde liegen. Diese Kräfte werden durch das Feigenblatt angedeutet. Durch die luziferische Versuchung wurden die Sinne geöffnet und die ursprünglich völlig bewusstlos erfolgende Fortpflanzung immer mehr von sinnlichen Begierden durchsetzt. Dadurch wurde auch das alte Hellsehen immer mehr korrumpiert und begann dahinzuschwinden. Dafür trat der Egoismus immer mehr hervor. Zur Zeitenwende, mit dem Erdenleben des Christus, hatte das alte Hellsehen seine ursprüngliche Berechtigung verloren - der Feigenbaum - als Symbol dieses atavistischen Hellsehens - sollte verdorren, wie es auch im Evangelium angedeutet wird:

„12 Und am nächsten Tag, als sie von Betanien weggingen, hungerte ihn. 13 Und er sah einen Feigenbaum von ferne, der Blätter hatte; da ging er hin, ob er etwas darauf fände. Und als er zu ihm kam, fand er nichts als Blätter; denn es war nicht die Zeit für Feigen. 14 Da fing Jesus an und sprach zu ihm: Nun esse niemand mehr eine Frucht von dir in Ewigkeit! Und seine Jünger hörten das.“

Markusevangelium: Mk 11,12-14 EU

Rudolf Steiner erläutert dazu in seinen Vorträgen über das Markus-Evangelium:

"Eine besondere Stelle, wobei man wieder das Methodisch-Künstlerische kennenlernen kann, was das Evangelium an okkulten Tatsachen der Menschheitsevolution birgt, ist die folgende, die wieder eine Art von Crux für die Erklärer ist. «Und am folgenden Tage, als sie von Bethanien ausgezogen, hungerte ihn. Und er sah von weitem einen Feigenbaum, der Blätter hatte, und trat herzu, ob er etwas auf demselben finde. Und wie er hinkam, fand er nichts als Blätter; denn es war nicht die Zeit der Feigen. Und er hob an und sprach zu ihm: Nie mehr in Ewigkeit soll jemand von dir Frucht essen! Und seine Jünger hörten es.» (11, 12-14.)

Nun sollte doch jeder ehrlicherweise fragen: Ist es denn nach dem Evangelium nicht doch sonderbar von einem Gotte, daß er auf einen Feigenbaum losgeht, Feigen sucht, aber keine findet, daß man noch dazu den Grund angibt, warum er keine gefunden hat - denn es heißt ausdrücklich «es war nicht die Zeit der Feigen», das heißt also, daß er zur Zeit, da es keine Feigen gibt, zum Feigenbaume hingeht, Feigen sucht und keine findet -, und nachher sagt: «Nie mehr in Ewigkeit soll jemand von dir Frucht essen!»? Nun nehmen Sie die Erklärungen, die zu dieser Geschichte gewöhnlich gegeben werden, während trocken und nüchtern nichts anderes dasteht, als daß in sonderbarer Weise der Christus Jesus Hunger verspürt, zu einem Feigenbaume geht in einer Zeit, in welcher keine Feigen wachsen, keine Feigen findet und den Baum dann verflucht, daß in alle Ewigkeit keine Feigen mehr auf ihm wachsen sollen. Ja, was ist denn dann der Feigenbaum, und warum wird das Ganze hier erzählt? Wer okkulte Schriften lesen kann, wird in dem «Feigenbaume » - wie der Zusammenhang im Evangelium ist, werden wir noch sehen - zunächst dasselbe erkennen, wovon bei dem Buddha gesprochen wird, der unter dem «Bodhibaume» saß und die Erleuchtung zu der Predigt von Benares empfing. Unter dem «Bodhibaume» - das heißt auch: unter dem «Feigenbaume». Weltgeschichtlich war zur Zeit des Buddha in bezug auf das menschliche Hellsehen noch die « Zeit der Feigen », das heißt, man bekam, wie es bei Buddha der Fall war, unter dem Bodhibaume - unter dem Feigenbaume - die Erleuchtung. Jetzt war das nicht mehr so. Das sollten die Jünger lernen. Jetzt war die weltgeschichtliche Tatsache eingetreten, daß nicht mehr an jenem Baume, unter dem der Buddha die Erleuchtung empfangen hat, die Früchte da waren.

Und was in der ganzen Menschheit geschah, das spiegelte sich dazumal in der Seele des Christus. Sehen wir einen Repräsentanten der Menschheit in Empedokles von Sizilien, einen Repräsentanten für viele Menschen, die ähnlich hungerten, weil ihre Seele nicht mehr fand die Offenbarung, die ihr früher gegeben war und sich jetzt mit den Abstraktionen des Ich begnügen mußte, so kann man von dem hungernden Empedokles sprechen, kann sprechen von dem Hunger nach dem Geist, den alle Menschen der heranrückenden Zeit fühlten. Und der ganze Hunger der Menschheit lud sich ab in der Seele des Christus Jesus, bevor heranrückte das Mysterium von Golgatha.

Und die Jünger sollten teilnehmen an diesem Geheimnis und davon wissen. Der Christus führt sie hin zu dem Feigenbaum und sagt ihnen das Geheimnis von dem Bodhibaum. Er ließ aus, weil es bedeutungslos war, daß noch der Buddha die Früchte dieses Feigenbaumes gefunden hat. Aber jetzt war nicht mehr die Zeit der «Feigen», die Buddha zur Zeit der Predigt von Benares von dem Bodhibaume gehabt hat; sondern konstatieren mußte der Christus, daß bis in alle Ewigkeit an dem Baume, von dem heruntergeflossen ist das Licht von Benares, nicht mehr die Erkenntnisfrüchte reifen werden, sondern daß sie jetzt kommen werden von dem Mysterium von Golgatha.

Welche Tatsache haben wir vor uns? Die Tatsache, daß der Christus Jesus mit seinen Jüngern von Bethanien nach Jerusalem geht und daß bei dieser Gelegenheit in den Jüngern eine besonders starke Empfindung, eine besonders starke Kraft hervorgerufen wird, welche in den Seelen der Jünger hellseherische Kräfte hervorruft, so daß sie besonders zur Imagination geneigt sind. In den Jüngern werden hellseherische, imaginative Kräfte erweckt. Sie sehen hellseherisch den Bodhibaum, den Feigenbaum, und der Christus Jesus bewirkt in ihnen die Erkenntnis, daß von dem Bodhibaume nicht mehr die Früchte der Erkenntnis kommen können; denn es ist nicht mehr die Zeit der Feigen, das heißt der alten Erkenntnis. In alle Ewigkeit wird dieser Baum verdorrt sein, und ein neuer Baum muß erwachsen, der Baum, der aus dem toten Holze des Kreuzes besteht, und an dem nicht die Früchte reifen der alten Erkenntnis, sondern die Früchte, die der Menschheit aus dem Mysterium von Golgatha reifen können, das mit dem Kreuze von Golgatha als einem neuen Sinnbild verbunden ist. Hingestellt hat sich an die Stelle jener Szene der Weltgeschichte, die wir sehen in dem Sitzen des Buddha unter dem Bodhibaum, das Bild von Golgatha, wo ein anderer Baum, der Baum des Kreuzes, erhöht ist, an dem die lebendige Frucht des sich offenbarenden Menschengottes hing, damit von ihm ausstrahle die neue Erkenntnis des sich nun weiter ausbildenden Baumes, der in alle Ewigkeit die Früchte tragen soll." (Lit.: GA 139, S. 161ff)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Das Markus-Evangelium, GA 139 (1985), ISBN 3-7274-1390-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Mensch und Welt. Das Wirken des Geistes in der Natur. Über das Wesen der Bienen, GA 351 (1999), ISBN 3-7274-3510-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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