Nebenübungen: Unterschied zwischen den Versionen

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keine Abhaltungsgründe. -  
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Das vierte ist die [[Duldsamkeit (Toleranz)]] gegenüber Menschen, anderen Wesen
Das vierte ist die [[Toleranz|Duldsamkeit (Toleranz)]] gegenüber Menschen, anderen Wesen
und auch Tatsachen. Der Geheimschüler unterdrückt alle
und auch Tatsachen. Der Geheimschüler unterdrückt alle
überflüssige Kritik gegenüber dem Unvollkommenen,
überflüssige Kritik gegenüber dem Unvollkommenen,

Version vom 17. Juni 2013, 23:26 Uhr

Die Nebenübungen, auch die sechs Eigenschaften genannt, dienen der Stärkung des Seelenlebens und sind eine wesentliche Vorbedingung für jeden, der eine geistige Schulung anstrebt. Diese Nebenübungen müssen stets die meditativen Hauptübungen begleiten. Indem man sich in diesen sechs Eigenschaften übt, wird die 12-blättrige Lotosblume, das Herzchakra, regelmäßig ausgebildet, wird aktiv und beginnt sich zu drehen.

Die sechs Eigenschaften

"Gedankenkontrolle. Sie besteht darin, daß man wenigstens für kurze Zeiten des Tages nicht alles mögliche durch die Seele irrlichtelieren läßt, sondern einmal Ruhe in seinem Gedankenlaufe eintreten läßt. Man denkt an einen bestimmten Begriff, stellt diesen Begriff in den Mittelpunkt seines Gedankenlebens und reiht hierauf selbst alle Gedanken logisch so aneinander, daß sie sich an diesen Begriff anlehnen. Und wenn das auch nur eine Minute geschieht, so ist es schon von großer Bedeutung für den Rhythmus des physischen und Ätherleibes.

Initiative des Handelns, das heißt, man muß sich zwingen zu wenn auch unbedeutenden, aber aus eigener Initiative entsprungenen Handlungen, zu selbst auferlegten Pflichten. Die meisten Ursachen des Handelns liegen in Familienverhältnissen, in der Erziehung, im Berufe und so weiter. Bedenken Sie nur, wie wenig eigentlich aus der eigenen Initiative hervorgeht! Nun muß man also kurze Zeit darauf verwenden, Handlungen aus der eigenen Initiative hervorgehen zu lassen. Das brauchen durchaus nicht wichtige Dinge zu sein; ganz unbedeutende Handlungen erfüllen denselben Zweck.

Gelassenheit. Das dritte, um was es sich handelt, kann man nennen Gelassenheit. Da lernt man den Zustand des Hin- und Herschwankens zwischen «himmelhoch jauchzend» und «zum Tode betrübt» regulieren. Wer das nicht will, weil er glaubt, daß dadurch seine Ursprünglichkeit im Handeln oder sein künstlerisches Empfinden verlorengehe, der kann eben keine okkulte Entwickelung durchmachen. Gelassenheit heißt, Herr sein in der höchsten Lust und im tiefsten Schmerz. Ja, man wird für die Freuden und Leiden in der Welt erst dann richtig empfänglich, wenn man sich nicht mehr verliert im Schmerz und in der Lust, wenn man nicht mehr egoistisch darin aufgeht. Die größten Künstler haben gerade durch diese Gelassenheit am meisten erreicht, weil sie sich dadurch die Seele aufgeschlossen haben für subtile und innere wichtige Dinge.

Unbefangenheit (Positivität). Das vierte ist, was man als Unbefangenheit bezeichnen kann. Das ist diejenige Eigenschaft, die in allen Dingen das Gute sieht. Sie geht überall auf das Positive in den Dingen los. Als Beispiel können wir am besten eine persische Legende anführen, die sich an den Christus Jesus knüpft: Der Christus Jesus sah einmal einen krepierten Hund am Wege liegen. Jesus blieb stehen und betrachtete das Tier, die Umstehenden aber wandten sich voll Abscheu weg ob solchen Anblicks. Da sagte der Christus Jesus: Oh, welch wunderschöne Zähne hat das Tier! - Er sah nicht das Schlechte, das Häßliche, sondern fand selbst an diesem eklen Kadaver noch etwas Schönes, die weißen Zähne. Sind wir in dieser Stimmung, dann suchen wir in allen Dingen die positiven Eigenschaften, das Gute, und wir können es überall finden. Das wirkt in ganz mächtiger Weise auf den physischen und Ätherleib ein.

Glaube (Unvoreingenommenheit). Das nächste ist der Glaube. Glauben drückt im okkulten Sinne etwas anderes aus, als was man in der gewöhnlichen Sprache darunter versteht. Man soll sich niemals, wenn man in okkulter Entwickelung ist, in seinem Urteil durch seine Vergangenheit die Zukunft bestimmen lassen. Bei der okkulten Entwickelung muß man unter Umständen alles außer acht lassen, was man bisher erlebt hat, um jedem neuen Erleben mit neuem Glauben gegenüberstehen zu können. Das muß der Okkultist bewußt durchführen. Wenn einer zum Beispiel kommt und sagt: Der Turm der Kirche steht schief, er hat sich um 45 Grad geneigt - so würde jeder sagen: Das kann nicht sein. - Der Okkultist muß sich aber noch ein Hintertürchen offen lassen. Ja, er muß so weit gehen, daß er jedes in der Welt Erfolgende, was ihm entgegentritt, glauben kann, sonst verlegt er sich den Weg zu neuen Erfahrungen. Man muß sich frei machen für neue Erfahrungen; dadurch werden der physische und der Ätherleib in eine Stimmung versetzt, die sich vergleichen läßt mit der wollüstigen Stimmung eines Tierwesens, das ein anderes ausbrüten will.

Inneres Gleichgewicht. Und dann folgt als nächste Eigenschaft inneres Gleichgewicht. Es bildet sich durch die fünf anderen Eigenschaften nach und nach ganz von selbst heraus.[1] Auf diese sechs Eigenschaften muß der Mensch bedacht sein. Er muß sein Leben in die Hand nehmen und langsam fortschreiten im Sinne des Wortes: Steter Tropfen höhlt den Stein." (Lit.: GA 095, S. 117ff)

In Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten werden die sechs Eigenschaften in anderer Reihenfolge und mit anderen Bezeichnungen bzw. inhaltlichen Gewichtungen erläutert: Gedankenkontrolle, Kontrolle der Handlungen, Erziehung zur Ausdauer, Duldsamkeit (Toleranz), Unbefangenheit (Glaube), und Gleichmut: GA 010, S. 127ff.

"Das erste, was in dieser Beziehung der Geheimschüler beobachtet, ist die Regelung seines Gedankenlaufes (die sogenannte Gedankenkontrolle). So wie die sechzehnblätterige Lotusblume durch wahre, bedeutungsvolle Gedanken zur Entwickelung kommt, so die zwölfblätterige durch innere Beherrschung des Gedankenverlaufes. Irrlichtelierende Gedanken, die nicht in sinngemäßer, logischer Weise, sondern rein zufällig aneinandergefügt sind, verderben die Form dieser Lotusblume. Je mehr ein Gedanke aus dem anderen folgt, je mehr allem Unlogischen aus dem Wege gegangen wird, desto mehr erhält dieses Sinnesorgan die ihm entsprechende Form. Hört der Geheimschüler unlogische Gedanken, so läßt er sich sogleich das Richtige durch den Kopf gehen. Er soll nicht lieblos sich einer vielleicht unlogischen Umgebung entziehen, um seine Entwickelung zu fördern. Er soll auch nicht den Drang in sich fühlen, alles Unlogische in seiner Umgebung sofort zu korrigieren. Er wird vielmehr ganz still in seinem Innern die von außen auf ihn einstürmenden Gedanken in eine logische, sinngemäße Richtung bringen. Und er bestrebt sich, in seinen eigenen Gedanken überall diese Richtung einzuhalten. -

Ein zweites ist, eine ebensolche Folgerichtigkeit in sein Handeln zu bringen (Kontrolle der Handlungen). Alle Unbeständigkeit, Disharmome im Handeln gereichen der in Rede stehenden Lotusblume zum Verderben. Wenn der Geheimschüler etwas getan hat, so richtet er sein folgendes Handeln danach ein, daß es in logischer Art aus dem ersten folgt. Wer heute im anderen Sinn handelt als gestern, wird nie den charakterisierten Sinn entwickeln. -

Das dritte ist die Erziehung zur Ausdauer. Der Geheimschüler läßt sich nicht durch diese oder jene Einflüsse von einem Ziel abbringen, das er sich gesteckt hat, solange er dieses Ziel als ein richtiges ansehen kann. Hindernisse sind für ihn eine Aufforderung, sie zu überwinden, aber keine Abhaltungsgründe. -

Das vierte ist die Duldsamkeit (Toleranz) gegenüber Menschen, anderen Wesen und auch Tatsachen. Der Geheimschüler unterdrückt alle überflüssige Kritik gegenüber dem Unvollkommenen, Bösen und Schlechten und sucht vielmehr alles zu begreifen, was an ihn herantritt. Wie die Sonne ihr Licht nicht dem Schlechten und Bösen entzieht, so er nicht seine verständnisvolle Anteilnahme. Begegnet dem Geheimschüler irgendein Ungemach, so ergeht er sich nicht in abfälligen Urteilen, sondern er nimmt das Notwendige hin und sucht, soweit seine Kraft reicht, die Sache zum Guten zu wenden. Andere Meinungen betrachtet er nicht nur von seinem Standpunkte aus, sondern er sucht sich in die Lage des anderen zu versetzen. -

Das fünfte ist die Unbefangenheit gegenüber den Erscheinungen des Lebens. Man spricht in dieser Beziehung auch von dem «Glauben» oder «Vertrauen». Der Geheimschüler tritt jedem Menschen, jedem Wesen mit diesem Vertrauen entgegen. Und er erfüllt sich bei seinen Handlungen mit solchem Vertrauen. Er sagt sich nie, wenn ihm etwas mitgeteilt wird: das glaube ich nicht, weil es meiner bisherigen Meinung widerspricht. Er ist vielmehr in jedem Augenblicke bereit, seine Meinung und Ansicht an einer neuen zu prüfen und zu berichtigen. Er bleibt immer empfänglich für alles, was an ihn herantritt. Und er vertraut auf die Wirksamkeit dessen, was er unternimmt. Zaghaftigkeit und Zweifelsucht verbannt er aus seinem Wesen. Hat er eine Absicht, so hat er auch den Glauben an die Kraft dieser Absicht. Hundert Mißerfolge können ihm diesen Glauben nicht nehmen. Es ist dies jener «Glaube, der Berge zu versetzen vermag». -

Das sechste ist die Erwerbung eines gewissen Lebensgleichgewichtes (Gleichmutes). Der Geheimschüler strebt an, seine gleichmäßige Stimmung zu erhalten, ob ihn Leid, ob ihn Erfreuliches trifft. Das Schwanken zwischen «himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt» gewöhnt er sich ab. Das Unglück, die Gefahr finden ihn ebenso gewappnet wie das Glück, die Förderung. Die Leser von geisteswissenschaftlichen Schriften finden das Geschilderte als die sogenannten «sechs Eigenschaften » aufgezählt, welche der bei sich entwickeln muß, der die Einweihung anstrebt. Hier sollte ihr Zusammenhang mit dem seelischen Sinne dargelegt werden, welcher die zwölfblätterige Lotusblume genannt wird."

Wenn man Duldsamkeit (Toleranz) vielleicht der Positivtät zuordnen kann, fällt doch auf, daß die 3. Eigenschaft Ausdauer in den anderen Ausführungen zu den 6 Eigenschaften nicht vorkommt, und andererseits, was dort als 6. Eigenschaft des Lebensgleichgewichtes angegeben ist (die Harmonie der 5 Eigenschaften als die 6.), in den Ausführungen GA 10 mit der Eigenschaft Gelassenheit/Gleichmut zusammengenommen zu sein scheint. Statt des Lebensgleichgewichtes ist als erforderliche Eigenschaft die Erziehung zur Ausdauer hervorgehoben.

Die alternative Fassung wird auch in GA 53, 12. Vortrag gegeben, wo die Bezeichnung statt "Erziehung zur Ausdauer" Standhaftigkeit ist:

"Diese sechs Tugenden, die Sie in jedem theosophischen Handbuche, wo von der Entwickelung des Menschen die Rede ist, angeführt finden, sind: Kontrolle der Gedanken, Kontrolle der Handlungen, Duldsamkeit, Standhaftigkeit, Unbefangenheit und Gleichgewicht oder das, was Angelus Silesius Gelassenheit nennt." GA 053, S. 264

Wirkungen der Nebenübungen

Veränderungen des Schlaflebens

"Der Schlaf ist der Ausgangspunkt für die Betrachtung der Entwickelung geistiger Sinne. Vom schlafenden Menschen sind physischer und Ätherleib im Bett, Astralleib und Ich sind außerhalb derselben. Wenn nun der Mensch anfängt, im Schlafe schauend zu werden, dann werden dem Körper für eine gewisse Zeit Kräfte entzogen, die bisher die Wiederherstellung an physischem und Ätherleib besorgt haben. Sie müssen auf andere Weise ersetzt werden, soll nicht eine große Gefahr für den physischen und den Ätherleib entstehen. Geschieht dies nämlich nicht, dann kommen diese mit ihren Kräften sehr herunter, und amoralische Wesenheiten bemächtigen sich ihrer. Daher kann es vorkommen, daß Menschen zwar das astrale Hellsehen entwickeln, aber unmoralische Menschen werden. Wie lange die Vorübungen dauern, das ist ganz individuell. Es kommt eben ganz darauf an, auf welcher Entwickelungs stufe der Mensch bei Beginn seiner Schülerschaft schon steht. Darum muß der Lehrer zuerst den inneren Seelenzustand des Schülers durchschauen. Die Vorbereitungszeit ist deshalb oft sehr verschieden. Wichtig ist folgender Satz: Man kann eine Wesenheit und eine Sache um so mehr sich selbst überlassen, je mehr Rhythmus man hineingebracht hat. So muß der Geheimschüler auch in seine Gedankenwelt eine gewisse Regelmäßigkeit, einen Rhythmus hineinbilden. Dazu ist notwendig:

Erstens: Gedankenkontrolle, das heißt, der Schüler darf nur die Gedanken in sich hineinkommen lassen, die er selbst haben will. Diese Übungen erfordern viel Geduld und Ausdauer. Aber wenn man sie nur fünf Minuten lang täglich treibt, sind sie schon von Bedeutung für das innere Leben.

Zweitens: Initiative in den Handlungen. Diese sollen etwas sein, was ursprünglich aus der eigenen Seele selbst herauskommt.

Drittens: Innere Gelassenheit. Man entwickelt dadurch ein viel feineres Mitgefühl.

Viertens: In allen Dingen und Vorgängen die positive Seite suchen und finden. Ich erinnere dabei an die schöne Legende von Christus und dem toten Hund.

Fünftens: Unbefangenheit und Vorurteilslosigkeit. Man soll sich stets die Möglichkeit offen lassen, neue Tatsachen anzuerkennen.

Sechstens: Inneres Gleichgewicht und innere Harmonie.

Wenn der Mensch diese Eigenschaften alle in sich ausbildet, dann kommt ein solcher Rhythmus in sein inneres Leben, daß der Astralleib die Regeneration im Schlafe nicht mehr zu verrichten braucht. Denn es kommt durch diese Übungen in den Ätherleib ein solches Gleichgewicht, daß er sich selbst beschützen und wiederherstellen kann. Wer die okkulte Schulung ohne die Ausbildung dieser sechs Eigenschaften beginnt, der läuft Gefahr und ist nachts den schlimmsten Wesenheiten ausgesetzt. Wer aber die sechs Eigenschaften eine Zeitlang geübt hat, der darf damit beginnen, seine astralischen Sinne zu entwickeln, und er fängt dann an, mit Bewußtsein zu schlafen. Seine Träume sind nicht mehr willkürlich, sondern sie gewinnen Regelmäßigkeit; die Astralwelt steigt vor ihm auf. Nun hat er die Fähigkeit, alles Seelische seiner Umgebung in Bildern wahrzunehmen. Er bekommt ein Verhältnis zu der seelischen Wirklichkeit. Dieses Bilderbewußtsein nennt man die Imagination. Zuerst gewinnt der Schüler die Imagination im Schlaf, später aber muß er imstande sein, zu jeder beliebigen Tageszeit diesen Zustand hervorzurufen. Er lernt die Erfahrungen des Schlafes ins Wachbewußtsein herüberzunehmen. Aber erst dann ist diese Fähigkeit für den Okkultisten wertvoll, wenn er die Auren der Lebewesen vollbewußt schauen kann.

Die erste Stufe ist also die Imagination. Mit ihr hängt die Ausbildung der sogenannten Lotusblumen zusammen, der heiligen Räder oder - indisch - Chakrams, die an ganz bestimmten Stellen des Körpers liegen. Man unterscheidet sieben solcher astralen Organe. Die erste, die zweiblättrige Lotusblume, ist in der Gegend der Nasenwurzel; die zweite, die sechzehnblättrige, liegt in der Höhe des Kehlkopfes; die dritte, die zwölfblättrige, in der Höhe des Herzens; die vierte, die acht- bis zehnblättrige, in der Nähe des Nabels; die fünfte, die sechsblättrige, etwas tiefer unten; die sechste, die vierblättrige, die mit allem, was Befruchtung ist, zusammenhängt, ist noch weiter unten; von der siebenten kann nicht ohne weiteres gesprochen werden. Diese sechs Organe haben für die seelische Welt dieselbe Bedeutung wie die physischen Sinne für die Wahrnehmung der Sinnenwelt. Ein Bild dafür ist die sogenannte Swastika. Durch die genannten Übungen werden sie zuerst heller, dann beginnen sie sich zu bewegen. Beim heutigen Menschen sind sie unbeweglich, beim Atlantier waren sie noch beweglich, beim Lemurier noch sehr lebhaft bewegt. Aber sie drehten sich damals in entgegengesetzter Richtung als heute beim okkult Entwickelten, wo sie sich in der Richtung des Uhrzeigers drehen. Eine Analogie zu dem traumhaft hellseherischen Zustand der Lemurier ist die Tatsache, daß sich auch bei den heutigen Medien mit atavistischem Hellsehen noch immer die Lotusblumen in der Richtung drehen, wie einst in der atlantischen und lemurischen Zeit, nämlich gegen den Uhrzeiger, Das Hellsehen der Medien ist ein unbewußtes, ohne Gedankenkontrolle, das des echten Hellsehers aber bewußt und von den Gedanken genau überwacht. Die Mediumschaft ist sehr gefährlich, die gesunde Geheimschulung aber gänzlich ungefährlich." (Lit.: GA 094, S. 171ff)

Bewusstes Erleben der Wesensglieder

Eine Folge der Nebenübungen ist, dass man seine Wesensglieder vom physischen Leib bis hinauf zum Geistselbst immer bewusster zu erleben beginnt:

"Woher kommt es denn, daß man seinen physischen Körper so wenig kennt? Weil man in ihm lebt und ihn nur empfindungsgemäß wahrnimmt. Man sieht mit dem Auge, daher kann man es nicht beobachten. Der Esoteriker muß dazu gelangen, sich mit seinem Geistig-Seelischen zurückzuziehen, frei zu machen vom Physischen. Dann wird es ihm gelingen, seinen physischen Körper zu beobachten. Es verhilft uns dazu, wenn wir unsere Gedanken möglichst auf einen Punkt zusammenziehen, konzentrieren und in diesen Punkt dann untertauchen, für eine Zeitlang darin leben. Durch solche Konzentration tritt eine Verstärkung der Denkkraft ein und durch sie kann man allmählich dahin gelangen, seinen physischen Körper zu beobachten. Ferner müssen wir dahin gelangen, unseren Ätherkörper kennenzulernen. Das ist noch schwieriger, denn der ätherische Körper ist nicht von der Haut eingeschlossen wie der physische Leib, sondern er ist ein feines Gewebe, das seine Strömungen überall hinaussendet in die Außenwelt und auch von allem, was in der Außenwelt vorgeht, beeindruckt wird, oft dem Menschen ganz unbewußt.

Den Ätherleib lernt man erfühlen durch richtiges Betreiben der zweiten Nebenübung, der Übung des Willens. Gewöhnlich wird ja der Mensch durch äußere Eindrücke zu seinen Handlungen getrieben. Er sieht die Blume auf der Wiese, und da sie ihm gefällt, streckt er die Hand nach ihr aus, um sie zu pflücken. Nun, als Esoteriker, müssen wir dahin gelangen, ohne Anregung von außen, nur aus dem inneren Impulse heraus, den wir uns bewußt geben, dies oder jenes zu tun. Dann kommt man dazu [zu erkennen], es ist der Ätherleib, der die Hand zu der Bewegung veranlaßt. So fühlt man seinen Ätherleib erwachen. Durch diesen erwachenden Ätherleib lernt man nach und nach, sich zu erleben in einer ätherischen Welt. In Wirklichkeit geschieht bei jeder Bewegung, die wir machen, z. Β. wenn ich einen Gegenstand angreife, mich daran stoße, ein Angriff auf die Außenwelt. Der Nicht-Esoteriker ahnt nichts davon, er ist behütet durch den Hüter der Schwelle vor diesem Wissen, aber der Esoteriker verselbständigt nach und nach seinen Ätherleib, der in der ätherischen Welt sich erlebt. Seine Organe werden feiner, er eignet sich immer mehr eine Empfindung an dafür, daß ein jeder Raum erfüllt ist nicht nur von physischen Gegenständen, sondern von einer zahllosen Menge von Elementarwesen, die sich durch Stechen, Stoßen, Brennen bemerkbar machen. Man muß sich in dieser elementarischen Ätherwelt überall Raum schaffen durch Willensimpulse wie Ausstrecken, Zurückziehen, Stoßen, Vorwärtsschreiten etc., und solche Bewegungen müssen mit dem vollen Bewußtsein, daß man es aus seinem eigensten Wesen heraus will, geschehen. Das ist das zweite: Initiative der Handlungen. Wer sich in der Ätherwelt ohne seinen Initiativ- Willen keinen Raum schaffen kann, der kann in dieser Welt ebensowenig etwas ausrichten, wie jemand, der in der physischen Welt tanzen wollte auf einem Podium, das voller Stühle steht. Erst müssen die Stühle fortgeschafft werden. Das lernt man im Geistigen durch die zweite Übung.

Um unseres Astralleibes bewußt zu werden, müssen wir genau das Umgekehrte tun. Wir müssen da die im Astralleib wogenden Begierden zurückhalten, da müssen wir diesen gegenüber Gelassenheit und Gleichmut entwickeln. Wir müssen absolute Windstille, absolute Ruhe in uns herstellen. Dann erst fühlen wir die äußere astrale Welt an unsere innere astrale Welt stoßen. Wie wir an die ätherische Welt stoßen dadurch, daß wir von uns aus in sie eingreifen in unserem Wollen, so fühlen wir die äußere astrale Welt dadurch, daß wir ruhig in uns selber bleiben, daß wir alle Begierden, Wünsche zur Ruhe bringen.

Bevor der Astralleib soweit ist, betäubt er sich durch den Schrei. Wir wissen ja, daß ein Schmerz entsteht, wenn der physische Leib und der ätherische Leib nicht in richtigem Kontakt sind. Das empfindet der Astralleib als Schmerz. Das kleine Kind, wenn es Schmerz empfindet, schreit. Es sucht den Schmerz zu übertönen im Schreien. Der Erwachsene ruft vielleicht: au! Wenn es dem Menschen gelänge, seinen Schmerz völlig in den Vibrationen des Tons hinströmen zu lassen, so würden durch dessen Schwingungen in der Formation des Ätherleibes solche Veränderungen entstehen, daß er nicht den Schmerz empfände, sondern daß er hinuntersänke ins Unterbewußtsein.

Aber die guten Götter haben den Menschen schwächer veranlagt, und es ist gut so, denn sonst gäbe es kein Leid und auch keine artikulierte Sprache. Der Esoteriker muß dahin gelangen, alle Schmerzen, überhaupt alles, was durch das Äußere in ihm angeregt wird, in ihm vorgeht, ruhig, gelassen, gleichmütig zu ertragen. Dann wird er nicht Angriffe machen (durch seinen Astralleib) auf die Außenwelt, sondern die Angriffe wenden sich von außen an ihn. Aber da er völlige Gelassenheit entwickelt hat, so berühren sie nur seinen physischen und ätherischen Leib. Der Astralleib bleibt unberührt. Er wird sozusagen frei, und man kann ihn beobachten. Also durch die Übung in der Gelassenheit gelange ich dazu, meinen Astralleib kennenzulernen.

Schließlich muß ich auch noch dazu kommen, mein Ich kennenzulernen. Ich kann mein Ich nicht erfühlen, weil ich in ihm lebe. Daher müssen wir es in die Welt ausgießen. Mein Ich lerne ich kennen durch das, was wir bezeichnen als Positivität (Gleichnis vom Hunde).

Wenn wir es machen wie der Christus-Jesus, so sehen wir nicht das Häßliche, sondern tauchen soweit hinein in alles, daß wir an das Gute kommen. Auf diese Weise kommen wir los von unserm Ich und können es beobachten. Ich ist Liebe und Wille. Durch den entwickelten Willen lernen wir erkennen die Substanz aller Dinge, die im Göttlichen urständet. Durch die Liebe lernen wir das Wesen der Dinge miterleben. So dringen wir durch Wille und Liebe vor zum Erkennen, das frei ist vom persönlichen Ich. Als geistiges Ich lernen wir untertauchen in Wesen und Substanz aller Dinge, die ja aus dem geistigen Vatergrund stammen, wie auch unser eigenes Ich. Unser Ich schaut uns aus allem Geschaffenen an («Schwan»). Der Schüler erreicht die Stufe des «Schwan», wenn er das erleben kann.

Auf der fünften Stufe entwickeln wir Manas oder Geistselbst. Da dürfen wir uns nicht festlegen auf dasjenige, was wir bisher gesehen, gelernt, gehört haben. Wir müssen lernen, von alle dem abzusehen, uns allem, was uns entgegentritt, ganz wie ausgeleert von dem Bisherigen zu erhalten. Manas kann nur entwickelt werden, wenn man lernt, alles, was wir uns durch Eigendenken erworben haben, doch nur zu empfinden als etwas Minderwertiges gegenüber dem, was wir uns erwerben können, indem wir uns den Gedanken öffnen, die aus dem gottgewobenen Kosmos einströmen. Aus diesen göttlichen Gedanken ist alles, was uns umgibt, entstanden. Wir haben sie nicht durch unser bisheriges Denken finden können. Da verbergen es uns die Dinge. Jetzt lernen wir hinter allem wie ein verborgenes Rätsel dies Göttliche zu erahnen. Immer mehr lernen wir in Bescheidenheit einsehen, wie wenig wir bisher von diesen Rätseln ergründet haben. Und wir lernen, daß wir eigentlich alles aus unserer Seele entfernen müssen, was wir bisher gelernt haben, daß wir ganz unbefangen, wie ein Kind, allem entgegentreten müssen — daß sich nur der Unbefangenheit der Seele darbieten die göttlichen Rätsel, die uns umgeben. Kindlich muß die Seele werden, um in die Reiche der Himmel eindringen zu können. Der kindlichen Seele strömt dann entgegen die verborgene Weisheit - Manas - wie ein Geschenk der Gnade aus der geistigen Welt.

Weiter zu gehen ist für den Menschen nicht nötig, da er durch diese fünf Stufen den Kontakt mit der geistigen Welt herstellt. Es muß nun noch durch stete Wiederholung dieser fünf Übungen zwischen den verschiedenen Fähigkeiten, die durch sie erlangt werden sollen, die Harmonie des Zusammenwirkens hergestellt werden. Das bewirkt die sechste Übung.

Diese Übungen sind von allergrößter Wichtigkeit. Durch sie kann die Seele den Weg finden in die geistigen Welten. Überall, in allen Schriften, Zyklen, Vorträgen finden Sie Hinweise auf diese fünf Übungen. Und es brauchte keine esoterische Stunde stattzufinden, wenn jeder sie aufmerksam läse und die Kräfte dieser Übungen in seiner Seele zum Leben erweckte. Sie dienen den speziell gegebenen Übungen zur Unterstützung." (Lit.: GA 266c, S. 241ff)

Weitere Wirkungen

"Die charakterisierten Übungen sind durch die Methoden der Geistesschulung angegeben, weil sie bei gründlicher Ausführung in dem Geistesschüler nicht nur das bewirken, was oben als unmittelbares Ergebnis genannt worden ist, sondern mittelbar noch vieles andere im Gefolge haben, was auf dem Wege zu den geistigen Welten gebraucht wird. Wer diese Übungen in genügendem Maße macht, wird während derselben auf manche Mängel und Fehler seines Seelenlebens stoßen; und er wird die gerade ihm notwendigen Mittel finden zur Kräftigung und Sicherung seines intellektuellen, gefühlsmäßigen und Charakterlebens. Er wird gewiss noch manche andere Übungen nötig haben, je nach seinen Fähigkeiten, seinem Temperament und Charakter; solche ergeben sich aber, wenn die genannten ausgiebig durchgemacht werden. Ja, man wird bemerken, dass die dargestellten Übungen mittelbar auch dasjenige nach und nach geben, was zunächst nicht in ihnen zu liegen scheint. Wenn zum Beispiel jemand zu wenig Selbstvertrauen hat, so wird er nach entsprechender Zeit bemerken können, dass sich durch die Übungen das notwendige Selbstvertrauen einstellt. Und so ist es in bezug auf andere Seeleneigenschaften." GA 013, S. 251f.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Nach GA 13, S. 251 nicht von selbst. Siehe Inneres Gleichgewicht

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Kosmogonie, GA 94 (2001), ISBN 3-7274-0940-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Vor dem Tore der Theosophie, GA 95 (1978), Zwölfter Vortrag, Stuttgart, 2. September 1906
  3. siehe auch Rudolf Steiner: Anweisungen für eine esoterische Schulung, GA 245 (1987), S 15 ff. (Allgemeine Anforderungen, die ein jeder an sich selbst stellen muß, der eine okkulte Entwickelung durchmachen will) [1]
  4. Rudolf Steiner: Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band III: 1913 und 1914; 1920 – 1923, GA 266/3 (1998), ISBN 3-7274-2663-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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