Peter Strawson und Medizingeschichte: Unterschied zwischen den Seiten

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Sir '''Peter Frederick Strawson''' (* [[Wikipedia:23. November|23. November]] [[1919]] in [[Wikipedia:London|London]]; † [[Wikipedia:13. Februar|13. Februar]] [[Wikipedia:2006|2006]] in [[Wikipedia:Oxford|Oxford]]) war ein [[Vereinigtes Königreich|britischer]] [[Philosoph]], der der [[Analytische Philosophie|analytischen Philosophie]] zugeordnet wird und vielbeachtete Beiträge zur [[Sprachphilosophie]], [[Metaphysik]], [[Logik]], [[Epistemologie]] und zu Klassikern und Argumenten der Philosophiegeschichte, insb. zu [[Kant]], vorgelegt hat. Für die Entwicklung der analytischen Philosophie seit den 1960ern hin zu einem Wiedererstarken metaphysischer Theorieansätze war Strawsons Studie zu Einzeldingen von 1959 mit maßgebend.
{{Dieser Artikel|beschreibt einen speziellen Zweig der Geschichtswissenschaft bzw. der Medizin, der sich mit der Geschichte der Medizin befasst. Zur Geschichte der Medizin selbst siehe [[Geschichte der Medizin]].}}
'''Medizingeschichte''', auch ''Geschichte der Medizin'' genannt, ist die Bezeichnung für jenen Zweig der [[Geschichtswissenschaft]] bzw. der [[Medizin]], der die [[Geschichte der Medizin]] erforscht.<!-- Das Zitat von Herrlinger (übrigens wegen seiner Nähe zum NS-Regime ziemlich umstritten), zur Brücke zwischen Geistes- und Naturwissenschaft, charakterisiert die moderne medizingeschichtliche Forschung nicht korrekt. -->


== Biografie ==
== Entwicklung der Medizingeschichte in Deutschland ==
Strawson war [[Wikipedia:Waynflete Professor of Metaphysical Philosophy|Waynflete Professor of Metaphysical Philosophy]] an der Universität von [[Wikipedia:Oxford|Oxford]] von 1968 bis 1987.
Medizingeschichte verfügt in Deutschland über eine lange Tradition innerhalb der Medizin. Da bis ins 19. Jahrhundert hinein die antiken Texte des [[Corpus Hippocraticum]] (dem berühmten Arzt [[Hippokrates von Kos]] zugeschrieben) und des [[Galenos]] von Pergamon in der medizinischen Lehre gelesen wurden, stellte die Beschäftigung mit der Vergangenheit der Medizin eine Selbstverständlichkeit dar. Im Mittelpunkt stand dabei nicht die Geschichtsschreibung im heutigen Sinne, sondern die Zuordnung von [[Diagnose]]n und [[Therapie]]n zu historischen Autoritäten der Medizin. Im Zuge der [[Aufklärung]] etablierte sich auch in der medizingeschichtlichen Auffassung ein Bewusstsein des allgemeinen [[Fortschritt]]s in der Medizin.<ref>Wolfgang U. Eckart, Robert Jütte: ''Medizingeschichte. Eine Einführung'', Stuttgart 2007, S. 21ff</ref> Erste umfangreichere medizinhistorische Publikationen entstanden Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts.<ref>Daniel Leclerc: ''Histoire de la médicine.'' Genf 1696.</ref><ref>[[John Freind]]: ''The history of physics from the time of Galen to the beginning of the 16th century.'' I–II, London 1725–1726.</ref> Gegen Ende des 19. Jahrhunderts spezialisierten sich einige Wissenschaftler an [[Medizinische Fakultät|medizinischen Fakultäten]] und praktizierende Ärzte auf die Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte. Vereinzelt gab es, wie vertreten in Berlin durch [[Justus Hecker]] (1795–1850), auch schon Lehrstühle für das Fach.


Strawson wurde 1977 zum Ritter geschlagen. 1960 wurde er zum [[Wikipedia:Fellow|Fellow]] der [[Wikipedia:British Academy|British Academy]] und 1971 Foreign Honorary Member der [[Wikipedia:American Academy of Arts and Sciences|American Academy of Arts and Sciences]].
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlangte die Medizingeschichte durch die Verdienste von [[Karl Sudhoff]] größere Bedeutung und etablierte sich als eigenständiges Fach an den Medizinischen Fakultäten. Die von demselben geleitete Fachzeitschrift (''Archiv für Geschichte der Medizin'' seit 1907, später Sudhoffs Archiv genannt) unterstützte die Auffassung der Medizingeschichte als eigenständige Disziplin zwischen Geschichtswissenschaft und Medizin. Gerade der [[Hippokratismus]] der 1920er Jahre, in dem man sich sehr stark auf eine überhöhte Gestalt des Hippokrates berief, um aktuelle Probleme der Medizin zu lösen, führte zu einer stabilen Institutionalisierung der Medizingeschichte.


Strawsons Sohn, [[Wikipedia:Galen Strawson|Galen Strawson]], ist auch Philosoph.
Einen großen Verlust an Qualität und Führungspersönlichkeiten erlitt die deutsche Medizingeschichte in der Zeit des [[Nationalsozialismus]] 1933 bis 1945, als die führenden deutschen Medizinhistoriker in die USA auswanderten (u. a. Henry E. Sigerist, Owsei Temkin, Ludwig Edelstein, Erwin Heinz Ackerknecht). Das erste Lehrbuch für Geschichte der Medizin wurde 1968 von Irina Winter und Alexander Mette herausgegeben.<ref>Alexander Mette, Irina Winter (Hrsg.): ''Geschichte der Medizin. Einführung in ihre Grundzuüge.'' Berlin 1968.</ref> Der medizinhistorischen Forschung im Nachkriegsdeutschland mangelte es bis in die 1970er Jahre hinein an Substanz und Kreativität, bis sie durch Impulse aus den [[geschichtswissenschaft]]lichen Methodendiskussionen neu angeregt wurde.<!-- Die Liste der "bekannten" medizinhistorischen Institute ist völlig willkürlich. In Tübingen wird - bei starkem ethischen Schwerpunkt - kaum mehr Medizingeschichte betrieben. Dafür fehlen auch international bekannte, führende Institute wie das in Berlin. Sinnvollerweise sollte man auf eine solche Liste völlig verzichten. -->


Peter Strawson verstarb am 13. Februar 2006 in Oxford.
In den letzten Jahren wurden einzelne medizinhistorische Institute in Deutschland geschlossen, mit der [[Medizinethik]] institutionell zusammengefasst oder von dieser weitgehend verdrängt. Nur vereinzelt kam es zu Neugründungen, gegen den Trend wurde beispielsweise 2008 (als erstes Institut seit 1987) an der Universität Ulm das Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin eingerichtet.<ref>Bernhard vom Brocke: ''Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie im Kontext der Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte.'' In: Andreas Frewer, Volker Roelcke (Hrsg.): ''Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie: Entwicklungslinien vom 19. ins 20. Jahrhundert.'' Stuttgart, Steiner 2001, S. 187–212, hier: S. 191.</ref> In der deutschen Hochschulpolitik ist die Geschichte der Medizin als [[Kleines Fach]] eingestuft. Die Arbeitsstelle Kleine Fächer (jetzt an der Universität Mainz) gibt einen Überblick über alle Fachstandorte.<ref>[http://www.kleinefaecher.de/geschichte-der-medizin/ Seite der Arbeitsstelle Kleine Fächer über die Fachstandorte an deutschen Universitäten]</ref>


== Lehre ==
== Methodik der Medizingeschichte ==
Strawson wurde bekannt durch seinen Artikel ''On Referring'' (1950), einer Kritik an [[Bertrand Russell]]s [[Wikipedia:Theory of Descriptions|Theory of Descriptions]], die aufzeigt, dass Russells Analyse nicht alle relevanten Verwendungen des bestimmten Artikels erklären kann, insb. Fälle, wenn das fragliche Objekt nicht existiert - Russell muss dann den Satz als falsch bewerten, was, so Strawson, in vielen Fällen kontraintuitiv ist. In der Theorie der [[Wikipedia:Kennzeichnung (Logik)|Kennzeichnung]] hat Strawsons Hinweis auf den Einfluss von [[Wikipedia:Präsupposition|Präsupposition]]en auf die [[Bedeutung (Sprachphilosophie)|Bedeutung]] von Aussagen zur Fortentwicklung beigetragen. Strawsons Vorschlag, von Regeln auszugehen, die eine korrekte Referenz unter bestimmten Bedingungen bestimmen, konvergiert außerdem u.&nbsp;a. mit Grundideen [[John Langshaw Austin|Austin]]s und anderer Vertreter einer [[Sprechakttheorie]].
Die Medizingeschichte stützt sie sich hauptsächlich auf Textquellen wie etwa medizinische Lehrwerke und Traktate, Fallgeschichten und Krankenakten oder auch Tagebücher, Briefe, literarische Texte sowie, vor allem in jüngerer Zeit auch auf bildliche Darstellungen<ref>R. Joseph Petrucelli, Albert S. Lyons (Hrsg.): ''Die Geschichte der Medizin im Spiegel der Kunst.'' Aus dem Englischen übersetzt von Hans-Thomas Gosciniak und Herbert Graf, bearbeitet von Erich Püschel, Köln 1980.</ref> und historische Objekte und andere Sachquellen. Die Untersuchung von menschlichen Überresten und alten [[Krankheitserreger]]n fällt nicht in das Gebiet der Medizingeschichte, sondern der [[Paläopathologie]].<!-- Gestrichen: Hinweis auf Ethnologie. Es gibt einzelne Medizinhistoriker, die auch ethnologisch arbeiten, aber Medizingeschichte und Medizinethnologie sind zwei getrennt Disziplinen und die ältere Auffassung, dass die Medizinethnologie gewissermaßen geschichtliche Urformen erfassen könne, gilt heute als inakzeptabel. -->


Er geht davon aus, dass die Philosophie und innerhalb der Philosophie die Disziplin der [[Metaphysik]] die Aufgabe habe, „die tatsächliche Struktur unseres Denkens über die Welt zu beschreiben“, ein methodischer Ansatz, den er „deskriptive Metaphysik“ nennt und wovon er das Vorgehen unterscheidet, „eine bessere Struktur hervorzubringen“, das er als „revisionäre Metaphysik“ bezeichnet.<ref>Vgl. Strawson: ''Individuals.'' London/New York 1959, S. 9.</ref> Das Begriffssystem des [[Common-Sense-Philosophie|common sense]] bzw. der Lebenswelt ist demnach unhintergehbar - wir hantieren je schon mit Begriffen wie „Person“, aber auch mit Konzepten wie Raum, Zeit, Kausalität, Wahrheit u.&nbsp;dgl. Diese Begriffe sind daher, so Strawson, nicht reduzierbar auf grundlegendere Begriffe oder Gegebenheiten, etwa Erfahrungsdaten oder naturwissenschaftliche Begriffe. Zeitgenössische Philosophen wie [[Bertrand Russell]] kritisierte Strawson für eine zu starke Orientierung an einer [[Philosophie der idealen Sprache|idealen Sprache]]. Strawson selbst wird daher, was seine sprachphilosophischen Stellungnahmen betrifft, der sog. [[Philosophie der normalen Sprache]] zugeordnet.
Als veralteter Ansatz gilt, wie in der Wissenschaftsgeschichte insgesamt, die Fortschrittsgeschichte, die selektiv nach einzelnen Theorien und Praktiken in der Medizin früherer Zeiten sucht, die sich zumindest in ähnlicher Form bis heute behauptet haben. Grundlegendes Prinzip ist heute vielmehr die Anerkennung verschiedener [[Krankheitskonzept]]e und Praktiken als Teil und Spiegel des jeweiligen kulturellen Kontextes. Damit werden vergangene medizinische Erklärungsmodelle und Praktiken nicht einfach als ''falsch'' gebrandmarkt und am System unserer Zeit gemessen, sondern die Denkweisen anderer Epochen werden in ihrer jeweils eigenen Logik betrachtet.


Strawsons Unterscheidung zwischen ''deskriptiver Metaphysik'' und ''revisionärer Metaphysik'' wird häufig übernommen, aber auch kritisiert, u.&nbsp;a. in der Anwendung auf Klassiker, u.&nbsp;a., weil sie nicht zureichend trennscharf sei.<ref>Detailliert Winfried Löffler: ''Über deskriptive und revisionäre Metaphysik.'' In: Matthias Lutz-Bachmann & Thomas M. Schmidt (Hrsg.): ''Metaphysik heute - Probleme und Perspektiven der Ontologie.'' Alber, Freiburg 2007, S. 114–131.</ref>
Ein grundsätzliches Problem sind [[retrospektive Diagnose]]n: Manche Medizinhistoriker lehnen es grundsätzlich ab, Krankheiten in historischer Zeit mit den in der Gegenwart definierten Krankheiten zu identifizieren, da die Zeitgenossen die Beschwerden ganz anders beschrieben und deuteten als heute. Andere Strömungen halten ein solches Vorgehen dagegen, analog der Übertragung von soziologischen und kulturwissenschaftlichen Begriffen der Gegenwart auf historische Sachverhalte, in engen Grenzen und für bestimmte Fragestellungen für sinnvoll und fruchtbar. Siehe auch [[Paläopathologie]].


Hauptergebnis des Buchs ''Individuals'' ist, dass Personen und materielle Körper die grundlegenden Entitäten sind.<ref>Vgl. Winfried Löffler: ''Über deskriptive und revisionäre Metaphysik.'' In: Matthias Lutz-Bachmann & Thomas M. Schmidt (Hrsg.): ''Metaphysik heute - Probleme und Perspektiven der Ontologie.'' Alber, Freiburg 2007, S. 114 (116)</ref> Das Werk markiert nach verbreiteter Ansicht den wichtigsten Wendepunkt hin zum ''revival of metaphysics'' in den analytisch-philosophischen Traditionen.<ref>Winfried Löffler: ''Über deskriptive und revisionäre Metaphysik.'' In: Matthias Lutz-Bachmann & Thomas M. Schmidt (Hrsg.): ''Metaphysik heute - Probleme und Perspektiven der Ontologie.'' Alber, Freiburg 2007, S. 114</ref>
Seit 1967<ref>Erwin H. Ackerknecht: ''A plea for a „Behaviorist“ approach in writing the history of medicine.'' In: ''Journal of the History of Medicine an Allied Sciences.'' Band 22, 1967, S. 211–214.</ref> gestellte Forderungen an die theorielastige Medizingeschichte, auch das praktisch-therapeutische Handeln zu berücksichtigen, wurden ab 1985, [[Roy Porter]]s Ansätzen<ref>Roy Porter: ''The patient's view. Doing medical history from below.'' In: ''Theory and Society.'' Band 14, 1985, S. 175–198.</ref> folgend, durch vermehrte Erforschung von Patientengeschichten<ref>Eberhard Wolff: ''Perspektiven der Patientengeschichtsschreibung.'' In: [[Norbert W. Paul|Norbert Paul]], Thomas Schlich (Hrsg.): ''Medizingeschichte: Aufgaben, Probleme, Perspektiven.'' Frankfurt 1998, S. 311–334.</ref> berücksichtigt, womit der Kranke selbst näher ins Zentrum der Medizingeschichte rückte.<ref>[[Michael Stolberg]]: ''Homo patiens. Körper und Krankheitserfahrung in der Frühen Neuzeit''. Weimar 2003.</ref><ref>[[Marion Maria Ruisinger]]: ''Heilen mit dem Messer. Chirurgische Patienten aus der Konsiliarkorrespondenz Lorenz Heisters.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen'' 25, 2006, S. 63–73, hier: S. 63.</ref>


Strawson ist der Auffassung, dass [[Immanuel Kant|Kants]] [[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunft|Kritik der reinen Vernunft]] im Wesentlichen das Ziel einer deskriptiven Metaphysik verfolgt. In seinem 1966 erschienenen Werk ''The bounds of sense'' vertritt Strawson eine Kantinterpretation, wonach zahlreiche Thesen Kants unhaltbar sind, darunter Kants Erklärung synthetisch-a priorischer Urteile, Kants transzendentaler Idealismus u.&nbsp;v.&nbsp;a.&nbsp;m. Andere Ideen Kants versucht Strawson allerdings zu verteidigen, u.&nbsp;a., indem er Kants Argumente rekonstruiert und argumentiert, dass ein zwar etwas schwächeres, aber plausibles Beweisziel erbracht werde. Gezeigt werden könne, dass menschliches Bewusstsein in der Lage ist, seine zur Einordnung von Erfahrungen herangezogenen Kategorien auf Objekte anzuwenden, die selbst erfahrungsunabhängig sind. Insbesondere sieht Strawson auf dieser Grundlage skeptische Argumente widerlegbar. Auch ''Bounds of Sense'' wurde sofort und breit rezipiert und Strawson trug damit nicht nur zu einer Kantrenaissance in der angelsächsischen Philosophie bei, sondern entfachte zudem eine neue Debatte in der [[Transzendentalphilosophie]] um die Möglichkeit [[transzendental]]er Argumente.
== Ausbildung ==
Die Medizingeschichte ist heute in Deutschland institutionell zum größten Teil an den medizinischen Fakultäten lokalisiert und hat einen Anteil an der [[Studium der Medizin|medizinischen Ausbildung]]. Es finden sich aber auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Institutionen anderer akademischer Fächer, in denen Medizingeschichte oder bestimmte Aspekte der Medizingeschichte bearbeitet werden. So rekrutieren sich auch Medizinhistoriker aus verschiedenen Fachbereichen. Es finden sich zahlreiche Ärzte, aber auch Philosophen, Klassische Philologen, Arabisten, Historiker und Wissenschaftshistoriker unter ihnen. Manche Medizinhistoriker verfügen auch über Doppelqualifikationen.<!-- Der - jetzt gestrichene - Hinweis auf den Dr. rerum medicarum ist nicht allgemeingültig; die Möglichkeit ist auf einzelne Fakultäten beschränkt -->


Strawson hat zudem sehr einflussreiche Arbeiten zum [[Wahrheit]]sbegriff, zum [[Skeptizismus]]problem und zum Begriff des [[Analytisches Urteil|Analytisch]]en verfasst.
== Institutionen und Gesellschaften ==
Tätig sind wissenschaftlich arbeitende Medizinhistoriker meist in universitären Instituten für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, die in den medizinischen Fakultäten untergebracht sind, aber auch in den entsprechenden universitären Instituten der genannten Fächer. Allerdings gibt es auch eine Reihe von außeruniversitären Forschungsinstituten. Darüber hinaus wurden eine Reihe von gelehrten Gesellschaften gegründet, die die Erforschung allgemein der Geschichte der Naturwissenschaften und im Besonderen der Medizin zum Ziel haben und häufig die Publikation wissenschaftlicher Zeitschriften und Publikationsreihen tragen.


== Bibliografie ==
== Auszeichnungen für Medizinhistoriker ==
=== Bücher ===
Seit 1955 vergibt die von [[George Sarton]] und [[Lawrence Joseph Henderson]] gegründete History of Science Society (HSS) die [[George-Sarton-Medaille]] für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte. Zu den ersten Trägern gehörte der deutsch-US-amerikanische Medizinhistoriker [[Owsei Temkin]], der die Auszeichnung im Jahr 1960 erhielt. Mit der renommierten Medaille wurden beispielsweise auch [[John Farquhar Fulton]], [[Richard Harrison Shryock]], [[Walter Pagel]] und [[Ronald Numbers]]  ausgezeichnet.
* ''Introduction to Logical Theory.'' Methuen, London 1952.
* ''Individuals: An Essay in Descriptive Metaphysics.'' Methuen, London 1959
** ''Einzelding und logisches Subjekt. Ein Beitrag zur deskriptiven Metaphysik.'' Übers. v. Freimut Scholz. Reclam, Stuttgart 1972, ISBN 3-15-009410-0
* ''The Bounds of Sense: An Essay on Kant’s Critique of Pure Reason.'' Methuen, London 1966
** ''Die Grenzen des Sinns. Ein Kommentar zu Kants „Kritik der reinen Vernunft“.'' Übers. v. Ernst Michael Lange. Hain, Königstein 1981, ISBN 3-445-12025-0; ebd. 1992, ISBN 3-445-07018-0
* ''Logico-Linguistic Papers.'' Methuen, London 1971
** ''Logik und Linguistik. Aufsätze zur Sprachphilosophie.'' List, München 1974, ISBN 3-471-61429-X
* ''Freedom and Resentment and other Essays.'' Methuen, London 1974
* ''Subject and Predicate in Logic and Grammar.'' Methuen, London 1974
* ''Skepticism and Naturalism: Some Varieties.'' Columbia University Press, New York 1985; Routledge, 2008 (mit [http://www2.warwick.ac.uk/fac/soc/philosophy/people/faculty/cassam/foreword.doc Vorwort] von Quassim Cassam; DOC; 67&nbsp;kB)
** ''Skeptizismus und Naturalismus.'' Übers. v. M. N. Istase & Renata Soskey. Athenäum, Frankfurt 1987, ISBN 3-610-09210-6; Philo, Berlin/Wien 2001, ISBN 3-8257-0118-2
* ''Analysis and Metaphysics: An Introduction to Philosophy.'' Oxford University Press, Oxford 1992
** ''Analyse und Metaphysik. Eine Einführung in die Philosophie.'' Übers. v. Charlotte Hochkeppel. dtv, München 1994, ISBN 3-423-04615-5
* ''Entity and Identity.'' Oxford University Press, Oxford 1997.


=== Artikel ===
Weitere wissenschaftshistorische Preise für Medizinhistoriker (Auswahl):
* ''Truth.'' In: ''Analysis.'' 1949.
* Scultetus-Preis (Scultetus Gesellschaft e.&nbsp;V., Ulm)
* ''On Referring.'' In: ''Mind.'' 59, 1950, S. 320–344
* Sudhoff-Plakette der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik
** ''Über Referenz.'' In: Ursula Wolf (Hrsg.): ''Eigennamen. Dokumentation einer Kontroverse.'' Suhrkamp, Frankfurt 1985, ISBN 3-518-28657-9, S. 94–126
* [[Leibniz-Medaille]] der Preußischen Akademie der Wissenschaften
* mit H. P. Grice: ''In Defense of a Dogma.'' In: ''Philosophical Review.'' 1956.
* Akademie-Preis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
* ''Logical Subjects and Physical Objects.'' In: ''Philosophy and Phenomenological Research.'' 1957.
* [[Cothenius-Medaille]]
* ''[http://www.ucl.ac.uk/~uctytho/dfwstrawson1.htm Freedom and Resentment].'' In: ''Proceedings of the British Academy.'' Vol. 48, 1960.
* William Henry Welch-Medal der American Association for the History of Medicine
* ''Singular Terms and Predication.'' In: ''Journal of Philosophy.'' 1961.
 
* ''Universals.'' In: ''Midwest Studies in Philosophy.'' 1979.
== Museen für Medizingeschichte ==
* ''Gesellschaftliche Moral und persönliche Ideale.'' In: Günther Grewendorf & [[Wikipedia:Georg Meggle|Georg Meggle]] (Hrsg.): ''Seminar Sprache und Ethik. Zur Entwicklung der Metaethik.'' Suhrkamp, Frankfurt 1974, ISBN , S. 317–341
Ein effizientes Mittel, medizinhistorische Zusammenhänge und Forschungsergebnisse einem größeren Publikum zu vermitteln, sind insbesondere naturwissenschaftlich ausgerichtete Museen, von denen manche ausschließlich auf die Medizingeschichte allgemein spezialisiert sind, andere auf einzelne Krankheiten, auf bestimmte Fachgebiete und auf einzelne Personen sowie auf das Krankenhauswesen.<ref>[[Eckart Roloff]] und Karin Henke-Wendt: ''Besuchen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Eine Tour durch Deutschlands Museen für Medizin und Pharmazie.'' Band 1, Norddeutschland, ISBN 978-3-7776-2510-2, und Band 2, Süddeutschland, ISBN 978-3-7776-2511-9, Verlag S. Hirzel, Stuttgart 2015.</ref>
* Weitere: siehe englische Seite


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Peter Strawson}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Medizingeschichte}}
* {{WikipediaDE|Medizingeschichte}}
* {{WikipediaDE|Geschichte der Medizin}}
* {{WikipediaDE|Liste medizinhistorischer Museen}}
* {{WikipediaDE|Medizinsoziologie}}
* {{WikipediaDE|Medizinethnologie}}
* {{WikipediaDE|Ethnomedizin}}
* {{WikipediaDE|Ethno-Zahnmedizin}}
* {{WikipediaDE|Medizinethik}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Sarah-Jane Conrad & Silvan Imhof (Hrsg.): ''P. F. Strawson – Ding und Begriff.'' Ontos-Verlag, Frankfurt [u.&nbsp;a.] 2010, ISBN 978-3-86838-016-3
* Hans-Heinz Eulner, Gunter Mann, Gert Preiser, Rolf Winau, Otto Winkelmann (Hrsg.): ''Medizingeschichte in unserer Zeit. Festschrift Edith Heischkel-Artelt und Walter Artelt.'' Enke, Stuttgart 1971, ISBN 3-432-01698-0.
* Lewis Edwin Hahn (Hrsg.): ''The Philosophy of P. F. Strawson.'' Open Court, 1998, ISBN 0812693787
* Norbert Paul, Thomas Schlich (Hrg.): ''Medizingeschichte. Aufgaben, Probleme, Perspektiven''. 1998
* John Heawood: ''[http://philosophynow.org/issues/57/Peter_Strawson_1919-2006_A_Sort_of_Obituary Peter Strawson (1919-2006): A Sort of Obituary].'' In: ''Philosophy Now.'' Issue 57, September/Oktober 2006
* Wolfgang U. Eckart: ''Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin''. 7. völlig neu bearbeitete Auflage [als Druck- und E-Book-Version]. Springer, 2013. ISBN 978-3-642-34971-3
* Richard Kirkham: ''Theories of Truth.'' MIT Press, 1992 (Kapitel 10 enthält eine detaillierte Diskussion von Strawsons performativer Theorie der Wahrheit)
* Heinrich Haeser: ''Lehrbuch der Geschichte der Medicin.'' 3. Auflage. Jena 1875–1882
* Marcel Niquet: ''Transzendentale Argumente. Kant, Strawson und die Aporetik der Detranszendentalisierung.'' Suhrkamp, Frankfurt 1991, ISBN 3-518-58096-5
* August Hirsch: ''Handbuch der historisch-geographischen Pathologie.'' [Der Klassiker der globalen geografischen Medizin]. Band 1: ''Die allgemeinen acuten Infectionskrankheiten.'' Ferdinand Enke Verlag, 2. vollständig neue Bearbeitung, Stuttgart 1881.
* Winfried Löffler: ''Über deskriptive und revisionäre Metaphysik.'' In: Matthias Lutz-Bachmann & Thomas M. Schmidt (Hrsg.): ''Metaphysik heute - Probleme und Perspektiven der Ontologie.'' Alber, Freiburg/München 2007, ISBN 978-3-495-48217-9, S. 114–131.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/handbuchderhisto12hirs#page/n5/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600408.us.archive.org/11/items/handbuchderhisto12hirs/handbuchderhisto12hirs.pdf]
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_strawson.pdf Peter Strawson:Leben und Werk] PDF
* August Hirsch: ''Handbuch der historisch-geographischen Pathologie.'' [Der Klassiker der globalen geografischen Medizin]. Band 3: ''Die Organkrankheiten.'' Ferdinand Enke Verlag, 2. vollständig neue Bearbeitung, Stuttgart 1886.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/handbuchderhisto03hirs#page/n7/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600509.us.archive.org/11/items/handbuchderhisto03hirs/handbuchderhisto03hirs.pdf]
* Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): ''Handbuch der Geschichte der Medizin.'' Band 1: Altertum und Mittelalter (780 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1902.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/handbuchdergesch01puscuoft#page/n5/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600305.us.archive.org/17/items/handbuchdergesch01puscuoft/handbuchdergesch01puscuoft.pdf]
* Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): ''Handbuch der Geschichte der Medizin.'' Band 2: Die neuzeitliche Medizin (980 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1903.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/handbuchdergesch02puscuoft#page/n5/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600301.us.archive.org/0/handbuchdergesch02puscuoft/handbuchdergesch02puscuoft.pdf]
* Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): ''Handbuch der Geschichte der Medizin.'' Band 3: Geschichte der einzelnen Fachdisziplinen (1168 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1905.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/handbuchdergesch03puscuoft#page/n3/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600305.us.archive.org/28/items/handbuchdergesch03puscuoft/handbuchdergesch03puscuoft.pdf]
* Volker Roelcke: ''Medizingeschichte: Institutionalisierung - Themenbereiche, Methoden - Theorien - Problemfelder, Aufgaben.'' In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner  (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 951–956.
* Karl Sudhoff: ''Kurzes Handbuch der Geschichte der Medizin''. [3. und 4. Aufl. von J. L. Pagels "Einführung in die Geschichte der Medizin" (1898)]. S. Karger, Berlin 1922.
** Online lesen: [https://archive.org/stream/kurzeshandbuchde00unse#page/n3/mode/2up]; pdf-Download: [https://ia600706.us.archive.org/20/items/kurzeshandbuchde00unse/kurzeshandbuchde00unse.pdf]
 
'''Lexika der Medizingeschichte'''
* August Hirsch (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker''. (Hrsg. mit E. Gurlt) 6 Bände, Urban & Schwarzenberg, Wien und Leipzig 1884 bis 1888 (unveränderter Neudruck Mansfield o. J; 2. Auflage, durchgesehen und ergänzt von Wilhelm Haberling, Franz Hübotter und Hermann Vierordt. 5 Bände und Ergänzungsband, Berlin und Wien 1929–1935; unveränderte Auflage München 1962).
* Julius Pagel (Hrsg.): ''[http://www.zeno.org/Pagel-1901 Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts].'' Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1901; unveränderter Neudruck Basel und München 1989.
* Dietrich von Engelhardt (Hrsg.): ''Biographische Enzyklopädie deutschsprachiger Mediziner.'' München 2002.
* Isidor Fischer (Hrsg.): ''Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre''. 2 Bände. Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1932–1933; 2. und 3., unveränderte Auflage München und Berlin 1962; und Peter Voswinckel: ''Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre.'' Band III Nachträge und Ergänzungen. Abu-Korn. Olms - Weidmannsche Verlagsbuchhandlung, Hildesheim 2002, ISBN 978-3487116594 (Bd. IV bislang nicht erschienen).
* Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner  (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte''. De Gruyter, Berlin/ New York 2004 (2005), ISBN 3-11-015714-4; 2. Auflage in drei Bänden ebenda 2007.


== Weblinks ==
'''Geschichte und Bibliographien der Medizingeschichte als Wissenschaft'''
* {{DNB-Portal|118619128}}
* Marcel H. Bickel: ''Die Lehrbücher und Gesamtdarstellungen der Geschichte der Medizin 1696–2000. Ein Beitrag zur medizinischen Historiographie''. Schwabe, Basel 2007, ISBN 978-3-7965-2246-8
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/strawson/|Peter Frederick Strawson|Paul Snowdon}}
* Andreas Frewer, Volker Roelcke (Hrsg.): ''Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie. Entwicklungslinien vom 19. ins 20. Jahrhundert''. Stuttgart 2001
* ''[https://www.theguardian.com/news/2006/feb/15/guardianobituaries.booksobituaries Obituary: Sir Peter Strawson],'' Nachruf von Jane O’Grady im ''Guardian,'' 15. Februar 2006
* F. H. Garrison, L. T. Morton (Hrsg.): ''Morton’s medical bibliography: an annotated check-list of texts illustrating the history of medicine'', 5. Auflage, Aldershot: Scolar Pr. [u. a.], 1991
* ''[http://www.telegraph.co.uk/news/1510498/Sir-Peter-Strawson.html Sir Peter Strawson],'' Nachruf im ''Daily Telegraph,'' 15. Februar 2006


== Einzelanchweise ==
'''Medizingeschichte in der Geschichtsdidaktik'''
<references/>
* ''Medizingeschichte''. Themenheft 3/2010 der Zeitschrift ''Geschichte für heute''. Schwalbach/Ts. 2010.


{{Normdaten|TYP=p|GND=118619128|LCCN=n/80/30830|VIAF=51696277}}
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
{{Wikisource|Heilkunde}}
* [http://www.fachverband-medizingeschichte.de/ Fachverband Medizingeschichte] Der Fachverband Medizingeschichte ist die Berufsvertretung der deutschen Medizinhistoriker. Hier findet sich auch eine Linkliste zu allen deutschsprachigen Instituten
* [http://www.mla-hhss.org/histlink.htm History of the Health Sciences] umfassende englischsprachige Linksammlung zur Medizingeschichte
* [http://publicus.culture.hu-berlin.de/sammlungen/search/art/Medizin Medizinhistorische Universitätssammlungen in Deutschland] Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik
* [http://www.bium.univ-paris5.fr/sfhm/ Société Française d'Histoire de la Médecine] [Société Française d'Histoire de la Médecine)
* [http://www.nlm.nih.gov/hmd/ihm/ Images from the History of Medicine] (IHM), 70.000 Bilder der United States National Library of Medicine


{{SORTIERUNG:Strawson, Peter}}
== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Philosoph (20. Jahrhundert)]]
<references />
[[Kategorie:Philosoph (21. Jahrhundert)]]
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Version vom 30. April 2021, 18:53 Uhr

Dieser Artikel beschreibt einen speziellen Zweig der Geschichtswissenschaft bzw. der Medizin, der sich mit der Geschichte der Medizin befasst. Zur Geschichte der Medizin selbst siehe Geschichte der Medizin.

Medizingeschichte, auch Geschichte der Medizin genannt, ist die Bezeichnung für jenen Zweig der Geschichtswissenschaft bzw. der Medizin, der die Geschichte der Medizin erforscht.

Entwicklung der Medizingeschichte in Deutschland

Medizingeschichte verfügt in Deutschland über eine lange Tradition innerhalb der Medizin. Da bis ins 19. Jahrhundert hinein die antiken Texte des Corpus Hippocraticum (dem berühmten Arzt Hippokrates von Kos zugeschrieben) und des Galenos von Pergamon in der medizinischen Lehre gelesen wurden, stellte die Beschäftigung mit der Vergangenheit der Medizin eine Selbstverständlichkeit dar. Im Mittelpunkt stand dabei nicht die Geschichtsschreibung im heutigen Sinne, sondern die Zuordnung von Diagnosen und Therapien zu historischen Autoritäten der Medizin. Im Zuge der Aufklärung etablierte sich auch in der medizingeschichtlichen Auffassung ein Bewusstsein des allgemeinen Fortschritts in der Medizin.[1] Erste umfangreichere medizinhistorische Publikationen entstanden Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts.[2][3] Gegen Ende des 19. Jahrhunderts spezialisierten sich einige Wissenschaftler an medizinischen Fakultäten und praktizierende Ärzte auf die Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte. Vereinzelt gab es, wie vertreten in Berlin durch Justus Hecker (1795–1850), auch schon Lehrstühle für das Fach.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlangte die Medizingeschichte durch die Verdienste von Karl Sudhoff größere Bedeutung und etablierte sich als eigenständiges Fach an den Medizinischen Fakultäten. Die von demselben geleitete Fachzeitschrift (Archiv für Geschichte der Medizin seit 1907, später Sudhoffs Archiv genannt) unterstützte die Auffassung der Medizingeschichte als eigenständige Disziplin zwischen Geschichtswissenschaft und Medizin. Gerade der Hippokratismus der 1920er Jahre, in dem man sich sehr stark auf eine überhöhte Gestalt des Hippokrates berief, um aktuelle Probleme der Medizin zu lösen, führte zu einer stabilen Institutionalisierung der Medizingeschichte.

Einen großen Verlust an Qualität und Führungspersönlichkeiten erlitt die deutsche Medizingeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus 1933 bis 1945, als die führenden deutschen Medizinhistoriker in die USA auswanderten (u. a. Henry E. Sigerist, Owsei Temkin, Ludwig Edelstein, Erwin Heinz Ackerknecht). Das erste Lehrbuch für Geschichte der Medizin wurde 1968 von Irina Winter und Alexander Mette herausgegeben.[4] Der medizinhistorischen Forschung im Nachkriegsdeutschland mangelte es bis in die 1970er Jahre hinein an Substanz und Kreativität, bis sie durch Impulse aus den geschichtswissenschaftlichen Methodendiskussionen neu angeregt wurde.

In den letzten Jahren wurden einzelne medizinhistorische Institute in Deutschland geschlossen, mit der Medizinethik institutionell zusammengefasst oder von dieser weitgehend verdrängt. Nur vereinzelt kam es zu Neugründungen, gegen den Trend wurde beispielsweise 2008 (als erstes Institut seit 1987) an der Universität Ulm das Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin eingerichtet.[5] In der deutschen Hochschulpolitik ist die Geschichte der Medizin als Kleines Fach eingestuft. Die Arbeitsstelle Kleine Fächer (jetzt an der Universität Mainz) gibt einen Überblick über alle Fachstandorte.[6]

Methodik der Medizingeschichte

Die Medizingeschichte stützt sie sich hauptsächlich auf Textquellen wie etwa medizinische Lehrwerke und Traktate, Fallgeschichten und Krankenakten oder auch Tagebücher, Briefe, literarische Texte sowie, vor allem in jüngerer Zeit auch auf bildliche Darstellungen[7] und historische Objekte und andere Sachquellen. Die Untersuchung von menschlichen Überresten und alten Krankheitserregern fällt nicht in das Gebiet der Medizingeschichte, sondern der Paläopathologie.

Als veralteter Ansatz gilt, wie in der Wissenschaftsgeschichte insgesamt, die Fortschrittsgeschichte, die selektiv nach einzelnen Theorien und Praktiken in der Medizin früherer Zeiten sucht, die sich zumindest in ähnlicher Form bis heute behauptet haben. Grundlegendes Prinzip ist heute vielmehr die Anerkennung verschiedener Krankheitskonzepte und Praktiken als Teil und Spiegel des jeweiligen kulturellen Kontextes. Damit werden vergangene medizinische Erklärungsmodelle und Praktiken nicht einfach als falsch gebrandmarkt und am System unserer Zeit gemessen, sondern die Denkweisen anderer Epochen werden in ihrer jeweils eigenen Logik betrachtet.

Ein grundsätzliches Problem sind retrospektive Diagnosen: Manche Medizinhistoriker lehnen es grundsätzlich ab, Krankheiten in historischer Zeit mit den in der Gegenwart definierten Krankheiten zu identifizieren, da die Zeitgenossen die Beschwerden ganz anders beschrieben und deuteten als heute. Andere Strömungen halten ein solches Vorgehen dagegen, analog der Übertragung von soziologischen und kulturwissenschaftlichen Begriffen der Gegenwart auf historische Sachverhalte, in engen Grenzen und für bestimmte Fragestellungen für sinnvoll und fruchtbar. Siehe auch Paläopathologie.

Seit 1967[8] gestellte Forderungen an die theorielastige Medizingeschichte, auch das praktisch-therapeutische Handeln zu berücksichtigen, wurden ab 1985, Roy Porters Ansätzen[9] folgend, durch vermehrte Erforschung von Patientengeschichten[10] berücksichtigt, womit der Kranke selbst näher ins Zentrum der Medizingeschichte rückte.[11][12]

Ausbildung

Die Medizingeschichte ist heute in Deutschland institutionell zum größten Teil an den medizinischen Fakultäten lokalisiert und hat einen Anteil an der medizinischen Ausbildung. Es finden sich aber auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Institutionen anderer akademischer Fächer, in denen Medizingeschichte oder bestimmte Aspekte der Medizingeschichte bearbeitet werden. So rekrutieren sich auch Medizinhistoriker aus verschiedenen Fachbereichen. Es finden sich zahlreiche Ärzte, aber auch Philosophen, Klassische Philologen, Arabisten, Historiker und Wissenschaftshistoriker unter ihnen. Manche Medizinhistoriker verfügen auch über Doppelqualifikationen.

Institutionen und Gesellschaften

Tätig sind wissenschaftlich arbeitende Medizinhistoriker meist in universitären Instituten für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, die in den medizinischen Fakultäten untergebracht sind, aber auch in den entsprechenden universitären Instituten der genannten Fächer. Allerdings gibt es auch eine Reihe von außeruniversitären Forschungsinstituten. Darüber hinaus wurden eine Reihe von gelehrten Gesellschaften gegründet, die die Erforschung allgemein der Geschichte der Naturwissenschaften und im Besonderen der Medizin zum Ziel haben und häufig die Publikation wissenschaftlicher Zeitschriften und Publikationsreihen tragen.

Auszeichnungen für Medizinhistoriker

Seit 1955 vergibt die von George Sarton und Lawrence Joseph Henderson gegründete History of Science Society (HSS) die George-Sarton-Medaille für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte. Zu den ersten Trägern gehörte der deutsch-US-amerikanische Medizinhistoriker Owsei Temkin, der die Auszeichnung im Jahr 1960 erhielt. Mit der renommierten Medaille wurden beispielsweise auch John Farquhar Fulton, Richard Harrison Shryock, Walter Pagel und Ronald Numbers ausgezeichnet.

Weitere wissenschaftshistorische Preise für Medizinhistoriker (Auswahl):

  • Scultetus-Preis (Scultetus Gesellschaft e. V., Ulm)
  • Sudhoff-Plakette der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik
  • Leibniz-Medaille der Preußischen Akademie der Wissenschaften
  • Akademie-Preis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
  • Cothenius-Medaille
  • William Henry Welch-Medal der American Association for the History of Medicine

Museen für Medizingeschichte

Ein effizientes Mittel, medizinhistorische Zusammenhänge und Forschungsergebnisse einem größeren Publikum zu vermitteln, sind insbesondere naturwissenschaftlich ausgerichtete Museen, von denen manche ausschließlich auf die Medizingeschichte allgemein spezialisiert sind, andere auf einzelne Krankheiten, auf bestimmte Fachgebiete und auf einzelne Personen sowie auf das Krankenhauswesen.[13]

Siehe auch

Literatur

  • Hans-Heinz Eulner, Gunter Mann, Gert Preiser, Rolf Winau, Otto Winkelmann (Hrsg.): Medizingeschichte in unserer Zeit. Festschrift Edith Heischkel-Artelt und Walter Artelt. Enke, Stuttgart 1971, ISBN 3-432-01698-0.
  • Norbert Paul, Thomas Schlich (Hrg.): Medizingeschichte. Aufgaben, Probleme, Perspektiven. 1998
  • Wolfgang U. Eckart: Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin. 7. völlig neu bearbeitete Auflage [als Druck- und E-Book-Version]. Springer, 2013. ISBN 978-3-642-34971-3
  • Heinrich Haeser: Lehrbuch der Geschichte der Medicin. 3. Auflage. Jena 1875–1882
  • August Hirsch: Handbuch der historisch-geographischen Pathologie. [Der Klassiker der globalen geografischen Medizin]. Band 1: Die allgemeinen acuten Infectionskrankheiten. Ferdinand Enke Verlag, 2. vollständig neue Bearbeitung, Stuttgart 1881.
    • Online lesen: [1]; pdf-Download: [2]
  • August Hirsch: Handbuch der historisch-geographischen Pathologie. [Der Klassiker der globalen geografischen Medizin]. Band 3: Die Organkrankheiten. Ferdinand Enke Verlag, 2. vollständig neue Bearbeitung, Stuttgart 1886.
    • Online lesen: [3]; pdf-Download: [4]
  • Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): Handbuch der Geschichte der Medizin. Band 1: Altertum und Mittelalter (780 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1902.
    • Online lesen: [5]; pdf-Download: [6]
  • Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): Handbuch der Geschichte der Medizin. Band 2: Die neuzeitliche Medizin (980 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1903.
    • Online lesen: [7]; pdf-Download: [8]
  • Max Neuburger & Julius Pagel (Hrsg.): Handbuch der Geschichte der Medizin. Band 3: Geschichte der einzelnen Fachdisziplinen (1168 Seiten). Gustav Fischer Verlag, Jena 1905.
    • Online lesen: [9]; pdf-Download: [10]
  • Volker Roelcke: Medizingeschichte: Institutionalisierung - Themenbereiche, Methoden - Theorien - Problemfelder, Aufgaben. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 951–956.
  • Karl Sudhoff: Kurzes Handbuch der Geschichte der Medizin. [3. und 4. Aufl. von J. L. Pagels "Einführung in die Geschichte der Medizin" (1898)]. S. Karger, Berlin 1922.

Lexika der Medizingeschichte

  • August Hirsch (Hrsg.): Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. (Hrsg. mit E. Gurlt) 6 Bände, Urban & Schwarzenberg, Wien und Leipzig 1884 bis 1888 (unveränderter Neudruck Mansfield o. J; 2. Auflage, durchgesehen und ergänzt von Wilhelm Haberling, Franz Hübotter und Hermann Vierordt. 5 Bände und Ergänzungsband, Berlin und Wien 1929–1935; unveränderte Auflage München 1962).
  • Julius Pagel (Hrsg.): Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1901; unveränderter Neudruck Basel und München 1989.
  • Dietrich von Engelhardt (Hrsg.): Biographische Enzyklopädie deutschsprachiger Mediziner. München 2002.
  • Isidor Fischer (Hrsg.): Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. 2 Bände. Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1932–1933; 2. und 3., unveränderte Auflage München und Berlin 1962; und Peter Voswinckel: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Band III Nachträge und Ergänzungen. Abu-Korn. Olms - Weidmannsche Verlagsbuchhandlung, Hildesheim 2002, ISBN 978-3487116594 (Bd. IV bislang nicht erschienen).
  • Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2004 (2005), ISBN 3-11-015714-4; 2. Auflage in drei Bänden ebenda 2007.

Geschichte und Bibliographien der Medizingeschichte als Wissenschaft

  • Marcel H. Bickel: Die Lehrbücher und Gesamtdarstellungen der Geschichte der Medizin 1696–2000. Ein Beitrag zur medizinischen Historiographie. Schwabe, Basel 2007, ISBN 978-3-7965-2246-8
  • Andreas Frewer, Volker Roelcke (Hrsg.): Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie. Entwicklungslinien vom 19. ins 20. Jahrhundert. Stuttgart 2001
  • F. H. Garrison, L. T. Morton (Hrsg.): Morton’s medical bibliography: an annotated check-list of texts illustrating the history of medicine, 5. Auflage, Aldershot: Scolar Pr. [u. a.], 1991

Medizingeschichte in der Geschichtsdidaktik

  • Medizingeschichte. Themenheft 3/2010 der Zeitschrift Geschichte für heute. Schwalbach/Ts. 2010.

Weblinks

 Wiktionary: Medizingeschichte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikisource: Heilkunde – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Wolfgang U. Eckart, Robert Jütte: Medizingeschichte. Eine Einführung, Stuttgart 2007, S. 21ff
  2. Daniel Leclerc: Histoire de la médicine. Genf 1696.
  3. John Freind: The history of physics from the time of Galen to the beginning of the 16th century. I–II, London 1725–1726.
  4. Alexander Mette, Irina Winter (Hrsg.): Geschichte der Medizin. Einführung in ihre Grundzuüge. Berlin 1968.
  5. Bernhard vom Brocke: Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie im Kontext der Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte. In: Andreas Frewer, Volker Roelcke (Hrsg.): Die Institutionalisierung der Medizinhistoriographie: Entwicklungslinien vom 19. ins 20. Jahrhundert. Stuttgart, Steiner 2001, S. 187–212, hier: S. 191.
  6. Seite der Arbeitsstelle Kleine Fächer über die Fachstandorte an deutschen Universitäten
  7. R. Joseph Petrucelli, Albert S. Lyons (Hrsg.): Die Geschichte der Medizin im Spiegel der Kunst. Aus dem Englischen übersetzt von Hans-Thomas Gosciniak und Herbert Graf, bearbeitet von Erich Püschel, Köln 1980.
  8. Erwin H. Ackerknecht: A plea for a „Behaviorist“ approach in writing the history of medicine. In: Journal of the History of Medicine an Allied Sciences. Band 22, 1967, S. 211–214.
  9. Roy Porter: The patient's view. Doing medical history from below. In: Theory and Society. Band 14, 1985, S. 175–198.
  10. Eberhard Wolff: Perspektiven der Patientengeschichtsschreibung. In: Norbert Paul, Thomas Schlich (Hrsg.): Medizingeschichte: Aufgaben, Probleme, Perspektiven. Frankfurt 1998, S. 311–334.
  11. Michael Stolberg: Homo patiens. Körper und Krankheitserfahrung in der Frühen Neuzeit. Weimar 2003.
  12. Marion Maria Ruisinger: Heilen mit dem Messer. Chirurgische Patienten aus der Konsiliarkorrespondenz Lorenz Heisters. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 25, 2006, S. 63–73, hier: S. 63.
  13. Eckart Roloff und Karin Henke-Wendt: Besuchen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Eine Tour durch Deutschlands Museen für Medizin und Pharmazie. Band 1, Norddeutschland, ISBN 978-3-7776-2510-2, und Band 2, Süddeutschland, ISBN 978-3-7776-2511-9, Verlag S. Hirzel, Stuttgart 2015.
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