Biochemie und Karl Maria Wiligut: Unterschied zwischen den Seiten

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(Die Seite wurde neu angelegt: „'''Karl Maria Wiligut''' (* 10. Dezember 1866 in Wien; † 3. Januar 1946 in Arolsen; Pseudonyme: ''Karl Maria Weisthor'', ''Jarl Widar…“)
 
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[[Datei:Friedrich woehler.jpg|miniatur|rechts|[[Friedrich Wöhler]] gilt als Pionier der organischen Chemie. Als Erstem gelang es ihm, [[Oxalsäure]] und [[Harnstoff]], die bisher nur von lebenden Organismen bekannt waren, aus anorganischen Ausgangsverbindungen zu synthetisieren.]]
'''Karl Maria Wiligut''' (* [[10. Dezember]] [[1866]] in [[Wien]]; † [[3. Januar]] [[1946]] in [[Arolsen]]; Pseudonyme: ''Karl Maria Weisthor'', ''Jarl Widar'', ''Lobesam'')<ref>[[Armin Mohler]]: ''Die Konservative Revolution in Deutschland 1918–1932. Ein Handbuch. Ergänzungsband. Mit Korrigenda zum Hauptband''. Darmstadt 1989, S. 90 u. 92.</ref> war ein österreichischer [[Okkultismus|Okkultist]] und [[SS-Brigadeführer]].
Die '''Biochemie''' (von {{elS|βιο-χημεία}} ''bio-chēmeia'', „die Chemie des Lebens“) oder '''Biologische Chemie''', früher auch '''Physiologische Chemie''' genannt, ist die Lehre von chemischen Vorgängen in [[Lebewesen]], dem [[Stoffwechsel]]. [[Chemie]], [[Biologie]] und [[Medizin]] sind in der Biochemie eng miteinander verzahnt. Die Aufklärung und Heilung von Stoffwechselkrankheiten, z.&nbsp;B. Hormonmangel (z.&nbsp;B. [[Diabetes mellitus|Diabetes]]) und [[Hypovitaminose|Vitaminmangel]] wurden durch die Biochemie möglich.


== Gegenstand ==
== Leben ==
[[Datei:1GZX Haemoglobin.png|miniatur|rechts|Struktur von [[Hämoglobin]] – einem weit verbreiteten Biomolekül]]
Karl Maria Wiligut wurde in Wien römisch-katholisch getauft und trat mit 14 Jahren in die Wiener Kadettenschule ein. 1883 begann er seine Karriere im [[k. u. k.]] Infanterieregiment des serbischen Königs [[Milan I. (Serbien)|Milan I.]] als Gefreiter und wurde 1888 Leutnant. 1889 wurde er Mitglied der Vereinigung [[Schlaraffia]]. 1903 veröffentlichte er das Buch ''Seyfrieds Runen'' unter dem Namen Karl Maria Wiligut (Lobesam).<ref name="Longerich293">[[Peter Longerich]]: ''Heinrich Himmler. Biographie''. Siedler, München 2008, ISBN 978-3-88680-859-5, S. 293.</ref>
Die Biochemie beschäftigt sich mit:


* der Untersuchung biomolekularer Strukturen: wie sind die [[Biomolekül]]e aufgebaut, wie ist der [[Molekül|molekulare]] Aufbau des [[Organismus]] der Lebewesen, wie werden die molekularen Bausteine bereitgestellt und wie wechselwirken sie miteinander?
1907 heiratete er Malwine Leurs von Treuenringen aus [[Bozen]]. Aus der Ehe gingen die beiden Töchter Gertrud und Lotte hervor. Ein Zwillingsbruder eines der Mädchen starb im Kindesalter. Dies war für Wiligut eine Tragödie, da er sich nach einem männlichen Erben sehnte, um ihm sein „geheimes Wissen“ vermitteln zu können.<ref>Nicholas Goodrick-Clarke: ''Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus.'' marixverlag, 2004, S. 159f.</ref>
* der Untersuchung des Stoffwechsels: welche [[Stoff (Chemie)|Stoffe]] werden von Lebewesen wie umgesetzt, welche [[Bioenergetik (Biologie)|bioenergetischen]] Voraussetzungen sind nötig, welche [[Biokatalysator]]en sind beteiligt, wie verlaufen die jeweiligen [[Reaktionsmechanismus|Mechanismen]] der Stoffumsätze und wie wird der Stoffwechsel gesteuert?
* der Untersuchung des Informationsaustauschs innerhalb eines Organismus und zwischen Organismen: wie wird Information gespeichert, abgerufen und weitergeleitet, wie werden verschiedene Systeme innerhalb einer Zelle, zwischen verschiedenen Zellen und zwischen Organismen koordiniert?


Im Zuge dessen konzentrieren sich die Betrachtungen auf die Stoffgruppen der [[Nukleinsäure]]n, [[Protein]]e, [[Lipid]]e und [[Kohlenhydrate]] sowie deren [[Derivat (Chemie)|Derivate]], welche im Allgemeinen als [[Biomolekül]]e bezeichnet werden. Der überwiegende Teil der biochemisch wichtigen Vorgänge spielen sich in Lebewesen und somit in [[Wasser|wässrigem]] Milieu ab.
Ab 1908 soll er in Wien Kontakte mit [[völkisch]]en und [[Ariosophie|ariosophischen]] Kreisen und zu Mitgliedern des [[Neutempler-Orden|Lanzschen Neutemplerordens]] gepflegt haben.<ref name="Schnurbein1992-113">Stefanie von Schnurbein: ''Religion als Kulturkritik.'' Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1992, ISBN 3-533-04582-X, S. 113.</ref><ref>Rüdiger Sünner: ''Die Schwarze Sonne. Entfesselung und Missbrauch der Mythen in Nationalsozialismus und rechter Esoterik''. Herder, Freiburg im Breisgau 1999, ISBN 3-451-05205-9, S. 69–70.</ref> Er stand der [[Edda-Gesellschaft]] nahe und schrieb unter dem Pseudonym ''Jarl Widar'' Gedichte für deren ''Widar''-Hefte.<ref name="Schnurbein1992-113" /> Wiliguts Ideen ähnelten jenen von [[Guido von List]].<ref name="NGC283" />


== Methoden ==
Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] diente er an der [[Italienfront (Erster Weltkrieg)|Süd-]] und [[Ostfront (Erster Weltkrieg)|Ostfront]], wurde für seine Tapferkeit ausgezeichnet und 1917 zum [[Oberst]] der [[Landstreitkräfte Österreich-Ungarns 1867–1914|österreich-ungarischen Armee]] befördert. Nach Kriegsende zog er 1919 nach [[Morzg]] bei [[Salzburg]], wo er sich okkulten Studien widmete.  
In der Biochemie wird eine Vielzahl von Methoden aus verschiedenen Gebieten angewandt. Die klassische Biochemie bedient sich vor allem der [[Analytische Chemie|analytischen Chemie]], [[Organische Chemie|organischen Chemie]], [[Physikalische Chemie|physikalischen Chemie]] und der [[Physik]]. Wichtige Techniken sind dabei (Ultra-)[[Zentrifugation]], [[Ultraschall]]aufschluss, [[SDS-PAGE|SDS-Gelelektrophorese]], [[Chromatographie]], [[Elektrophorese]], [[Spektroskopie]], radioaktive Markierung ([[Tracer (Nuklearmedizin)]]), [[Isotop]]entechniken, [[Kristallisation]], [[Potentiometrie|potentiometrische]], [[Elektrometrie|elektrometrische]], [[Polarographie|polarographische]] und [[Manometrie|manometrische]] Techniken, Zellwandaufbruch durch Abkühlung, der [[Ames-Test]] in den letzten Jahrzehnten kamen dazu auch molekularbiologische Methoden und Methoden aus der [[Informatik]], der [[Mikrobiologie]] und anderen Fächern. Hinzu kommt in der modernen Biochemie stets die quantitative Auswertung der Ergebnisse mit [[Mathematik|mathematischen]] Methoden und die Bildung von formalen Theorien mit Hilfe der Mathematik.


== Geschichte ==
Die Informationen über Wiliguts Leben vor dem Eintritt in die SS sind sehr unzuverlässig und stammen überwiegend aus Kreisen, in denen er verehrt wurde bzw. noch heute verehrt wird.<ref name="Longerich293" /><ref name="Schnurbein1992-114">Stefanie von Schnurbein: ''Religion als Kulturkritik''. Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1992, ISBN 3-533-04582-X, S. 114.</ref><ref>Beispiele von ONT-Schriften über Wiligut sind Rudolf J. Mund: ''Der Rasputin Himmlers. Die Wiligut-Saga''. Volkstum-Verlag u. a., Wien u. a. 1982, ISBN 3-85342-035-4; Rudolf J. Mund, Gerhard von Werfenstein: ''Mythos Schwarze Sonne. Karl Maria Wiligut-Weisthor, der heilige Gral und das Geheimnis der Wewelsburg''. Hans Herzig, Books on Demand 2004, ISBN 3-8334-1122-8.</ref>
[[Datei:Schlosslabor-Nebenraum Arbeitsfoto.jpg|mini|Schlosslabor Hohentübingen, um 1870, eines der frühesten biochemischen Labore, heute aktuelle Dauerausstellung "Schlosslabor Tübingen. Wiege der Biochemie", [[Museum der Universität Tübingen|Museum der Universität Tübingen MUT]]]]
[[Datei:Justus_von_Liebigs_Labor,_1840.jpg|miniatur|rechts|Justus von Liebig in seinem Labor im Jahre 1840, einer Zeit, in der das Fach Biochemie noch ''Physiologische Chemie'' genannt wurde. Sechs Jahre später entdeckte von Liebig die Aminosäure ''Tyrosin''.]]
[[Datei:Gallstones.jpg|miniatur|rechts|Im 19. Jahrhundert begann man, sich für die chemische Zusammensetzung von Gallensteinen zu interessieren. Auch klinische Bezüge zum Auftreten der Steine, bevorzugt bei Frauen und bei Adipositas, werden hergestellt und systematisch untersucht. Die frühen Biochemiker empfehlen zur Prävention Pflanzenkost.]]
[[Datei:Kone_med_stor_struma.jpg|miniatur|rechts|Die Heilung des Kropfes gelang ab 1820 auf dem Wege biochemischer Forschung. Am Anfang stand die Gabe von [[Jod]]. Erst 1926 erkannte man dann den Zusammenhang mit Hormonen.]]
[[Datei:Eduardbuchner.jpg|miniatur|rechts|[[Eduard Buchner]] erhielt für seine biochemischen Forschungen 1907 den Nobelpreis.]]
[[Datei:Banting_and_Best.jpg|miniatur|Mehr als zehn Versuchshunde brauchte Frederick Banting, bis Insulin 1921 als Heilmittel bei Diabetes nachgewiesen und entdeckt war.]]


=== Anfänge ===
=== Salzburger Nervenklinik (1924–1927) ===
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden von organischen Chemikern die stoffliche Zusammensetzung von Tieren und Pflanzen und ab etwa 1840 auch komplexe Stoffwechselvorgänge systematisch untersucht. Es konnte von biologischem Material durch die [[Elementaranalyse]] der Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff- und Schwefelgehalt bestimmt werden. Ab 1860 konnten chemische [[Strukturformel]]n von Stoffen aus der elementaren Zusammensetzung durch gedankliche Kombination ermittelt werden, nun begann eine gründliche Suche nach den biologischen Körpern in Organismen. Die Suche war aufgrund der sehr geringen Stoffmenge von Biomolekülen und der mangelhaften Nachweismethoden&nbsp;– selbst die Elementaranalyse benötigte größere Stoffmengen&nbsp;– sehr zeitraubend und nicht immer erfolgreich. Erst mit Verbesserung der analytischen Geräte ab 1950 wurde die Suche und Strukturaufklärung von Biomolekülen einfacher. Eines der weltweit ersten biochemischen&nbsp;– damals physiologisch-chemischen&nbsp;– Labore wurde 1818 in der einstigen Küche des [[Schloss Hohentübingen|Schlosses Hohentübingen]] ([[Eberhard Karls Universität Tübingen]]) von [[Georg Carl Ludwig Sigwart]] und [[Julius Eugen Schlossberger]] eingerichtet. In ihm wurde von [[Felix Hoppe-Seyler]] 1861 das Hämoglobin und von seinem Schüler [[Friedrich Miescher]] 1869 die Nukleinsäure entdeckt.
Im November 1924 wurde Wiligut wegen einer [[Paraphrenie|paraphrenen]] [[Psychose]] mit Bildung von Größen- und Beeinträchtigungsideen in die [[Universitätskliniken Salzburg#Christian-Doppler-Klinik|Salzburger Nervenklinik]] eingewiesen, in der er bis zu seiner Entlassung Anfang 1927 behandelt wurde und zwischenzeitlich nach verunglückten Geldgeschäften von seiner Frau 1925 entmündigt wurde.<ref name="Clarke159">Nicholas Goodrick-Clarke: ''Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus.'' marixverlag, 2004, S. 159.</ref> Während seines Aufenthaltes in der ''Landesheilanstalt für Nerven- und Gemütskranke'' bezeichnete sich Wiligut als [[Seher]] und erklärte, der einzige Überlebende des Unterganges von [[Atlantis]] zu sein. Er spielte als [[Wahrsager]] eine wichtige Mittlerrolle bei der Verankerung des Glaubens an den neuzeitlichen Atlantismythos, als festem Bestandteil des völkischen [[Okkultismus]], wonach die [[Arier]] direkt aus der vermeintlich untergegangenen atlantidischen Zivilisation hervorgegangen seien. Diese Anschauungen wurden später hauptsächlich im Umfeld Himmlers wachgehalten. 1925 behauptete er eine prähistorische Fundstelle ausfindig gemacht zu haben, die die These der [[Welteislehre]], eine völkisch-okkultistische Vorwelttheorie des [[österreich]]ischen Ingenieurs [[Hanns Hörbiger]], stütze.<ref>[[Sabine Doering-Manteuffel]]: ''Das Okkulte. Eine Erfolgsgeschichte im Schatten der Aufklärung. Von Gutenberg bis zum World Wide Web''. Siedler, München 2008. S. 203.</ref>


Das Fach ''Physiologische Chemie'' spaltete sich 1922 von der ''Physiologie'' ab. Grundsteine für eine physiologische Chemie wurden jedoch schon früher, beispielsweise um 1840 durch [[Joseph von Scherer]], den Begründer der [[Klinische Chemie|Klinischen Chemie]], gelegt.<ref>Martin Sperling: ''Spezialisierung in der Medizin im Spiegel der Würzburger Geschichte.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen.'' Band 3, 1985, S. 153–184, hier: S. 166.</ref><ref>[[Dankwart Ackermann]]: ''Zur Entwicklung der Physiologie in Würzburg.'' In: ''Berihte der Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg.'' Band 62, 1939, S. 32–38.</ref>
=== Flucht nach Deutschland (1932) ===
1932 flüchtete Wiligut wegen seines geschändeten Ansehens aufgrund seines jahrelangen Aufenthaltes in der Nervenheilanstalt vor seiner Familie nach Deutschland, wo er sich im Münchener Vorort [[Bogenhausen]] niederließ. Hier führte er seine Ahnenforschungen fort und wurde unter Runenokkultisten populär.<ref name="Clarke159" />


=== Proteine und Fette ===
=== Karriere in der SS und im Rasse- und Siedlungshauptamt (RuSHA) (ab 1933) ===
{{Hauptartikel|Fette|Protein}}
Der SS-Offizier und Mitglied des [[Neutempler-Orden]]s Richard Anders machte Wiligut 1933 an einer Konferenz der [[Nordische Gesellschaft|Nordischen Gesellschaft]] mit [[Heinrich Himmler]] bekannt. Im Oktober 1934 wurde er zum Leiter des Archivs im [[Rasse- und Siedlungshauptamt]] (RuSHA) ernannt,<ref name="NGC283" /> wo er einen bedeutenden Einfluss auf das Departement für Vor- und Frühgeschichte ausübte.<ref>Julian Strube, Nazism and the Occult, in: Christopher Partridge (Hrsg.), ''The Occult World'', London/New York: Routledge 2015, S. 336–347, hier S. 340.</ref> Kurz darauf trat er unter dem [[Pseudonym]] „Karl Maria Weisthor“ der [[Schutzstaffel|SS]] bei und wurde Himmlers engster Ratgeber in Sachen Okkultismus.<ref name="Longerich292">Peter Longerich: ''Heinrich Himmler. Biographie''. Siedler, München 2008, S. 292.</ref>
Fette wurden von [[Eugène Chevreul]]<ref>Chevreul: ''Recherches chimiques sur les corps gras d'origine animale'', Paris 1823.</ref> und später von [[Heinrich Wilhelm Heintz]]<ref>Journ. pr. Chemie, '''68''', 1.</ref> untersucht. [[Gerardus Johannes Mulder]] konnte aus dem [[Fibrin]] des [[Blut]]es einen gelantinösen Niederschlag herstellen und gab ihm den Namen Protein. [[Louis-Nicolas Vauquelin]] untersuchte die Zusammensetzung der Haare und fand dort die chemischen Elemente Kohlenstoff, [[Wasserstoff]], [[Stickstoff]], [[Sauerstoff]] und [[Schwefel]].


=== Aminosäure ===
Im Auftrag Himmlers hatte er von 1933 bis 1939 prähistorische Studien durchzuführen.<ref name="NGC283">Nicholas Goodrick-Clarke: ''Im Schatten der Schwarzen Sonne: Arische Kulte, Esoterischer Nationalsozialismus und die Politik der Abgrenzung.'' Marix Verlag, Wiesbaden 2002, ISBN 3-86539-185-0, S. 283.</ref> Seit 20. April 1934 war er SS-Standartenführer ([[SS-Ehrenführer|Ehrenrang]]), was seinem ehemaligen militärischen Rang (Oberst) in der österreichischen Armee entsprach, und wurde am 9. November 1934 zum [[SS-Oberführer]] befördert. Am 9. November 1936 verlieh ihm Himmler den Dienstgrad [[SS-Brigadeführer]].<ref name="Longerich295">Peter Longerich: ''Heinrich Himmler. Biographie''. Siedler, München 2008, S. 295.</ref>
{{hauptartikel|Aminosäuren}}
[[Pierre Jean Robiquet]] und [[Louis-Nicolas Vauquelin]] fanden auch die erste Aminosäure, die sie im Jahre 1805 isolierten: [[Asparagin]]. [[Joseph Louis Proust]] entdeckte [[Leucin]] (1818), [[Justus von Liebig]] [[Tyrosin]] (1846). Zwischen 1865 und 1901 wurden weitere 12 Aminosäuren entdeckt, davon entdeckte [[Ernst Schulze (Chemiker)|Ernst Schulze]] drei neue Aminosäuren: [[Glutamin]], [[Phenylalanin]] und [[Arginin]].<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''17''', 1610 (1884)</ref> Erste [[Peptidsynthese]]n wurden von [[Emil Fischer]] ab 1901 unternommen.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''40''', 1755, 1764 (1907)</ref><ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''35''', 3226 (1902)</ref>


[[Justus Liebig]] erkannte, dass in der Hefe ein besonderer Stoff enthalten sein musste, der die Gärung auslöst. Er nannte diesen Stoff ''Bios''. Zum ersten Mal verwendet wurde der Begriff ''Biochemie'', als [[Vinzenz Kletzinsky]] (1826–1882) im Jahre 1858 sein ''Compendium der Biochemie'' in Wien drucken ließ. [[Felix Hoppe-Seyler]] ([[Milchsäure]] aus [[Glykogen]], [[Oxidation]]s- und [[Reduktion (Chemie)|Reduktions]][[ferment]]en, [[Hämoglobin]]), Georg Carl Ludwig Sigwart ([[Analyse]]n von [[Galle]]n- und [[Harnstein]]en), [[Anselme Payen]] (1833: [[Amylase]]), Julius Eugen Schlossberger ([[Kreatin]], [[Hämocyanin]]) erweiterten die biochemischen Kenntnisse.
Als Himmler mit [[Richard Walther Darré]] auf der Suche nach einem altehrwürdigen Gebäude für die SS in Westfalen war, lenkte der Architekt [[Hermann Bartels (Architekt)|Hermann Bartels]] am 3. November 1933 in Absprache mit dem Regierungspräsidenten und Jutta von Oeynhausen die Aufmerksamkeit auf die [[Wewelsburg]] bei Paderborn.<ref>[[Karl Hüser]]: ''Wewelsburg 1933 bis 1945. Kult- und Terrorstätte der SS. Eine Dokumentation''. 2. Auflage. Bonifatius, Paderborn 1987, ISBN 3-87088-534-3, S. 16 f.</ref> Wiligut war an der Entwicklung der SS-Rituale beteiligt. Sein Einfluss auf den befreundeten Burghauptmann der Wewelsburg, [[Manfred von Knobelsdorff]], inspirierte diesen den [[Irmin]]englauben wiederzubeleben, und „germanische“ Hochzeitszeremonien für SS-Führer und deren Bräute und jährliche Sonnenwend- und Julfeiern für die SS und die Dorfleute von Wewelsburg zu veranstalten.<ref>Nicholas Goodrick-Clarke: ''Occult Roots of Nazism: Secret Aryan Cults and Their Influence on Nazi Ideology.'' S. 187; Daniela Palumbo: [http://www.relinfo.ch/wiligut/info.html#4 Karl Maria Wiligut.] 1992.</ref> Wiligut war eine Zeit lang führend an der Umgestaltung der Wewelsburg zu einer [[NS-Ordensburg|Ordensburg]] der SS beteiligt. Er entwarf den [[SS-Ehrenring|Totenkopfring]] der SS, befasste sich mit [[Runen]], [[Heraldik]] und Symbolkunde und gab an, hellseherische Fähigkeiten zu besitzen. So beriet er auch seinen persönlichen Freund Heinrich Himmler in Fragen der [[Astrologie]]. Aufgrund seines Einflusses wurde er auch als „Himmlers [[Grigori Jefimowitsch Rasputin|Rasputin]]“ bezeichnet.<ref name="Longerich292-295">Vgl. hierzu Peter Longerich: ''Heinrich Himmler. Biographie''. Siedler, München 2008, S. 292–295.</ref> Wiligut legte die zeremoniellen Elemente fest, die die SS-Ideologie, die Ziele der Rassenreinheit und die territoriale Eroberung in einen geweihten Rahmen einbetten sollten.<ref name="NGC283" />


=== Enzyme ===
Wiligut beriet Himmler in weltanschaulichen Fragen, war ab Januar 1936 im RuSHA mit Sonderaufgaben betraut<ref name="Longerich292f">Peter Longerich: ''Heinrich Himmler. Biographie''. Siedler, München 2008, S. 292 f.</ref> und war neben dem mit ihm konkurrierenden [[Alexander Langsdorff]] an der Einrichtung der Abteilung Vor- und Frühgeschichte des RuSHAs beteiligt.<ref>[[Uta Halle]]: ''“Die Externsteine sind bis auf weiteres germanisch!” Prähistorische Archäologie im Spannungsfeld völkisch-nationalsozialistischer Wissenschaft und Politik.'' Bielefeld 2002, S. 62f., 77, 355–358; Dirk Mahsarski: ''[[Herbert Jankuhn]] (1905–1990). Ein deutscher Prähistoriker zwischen nationalsozialistischer Ideologie und wissenschaftlicher Objektivität.'' [[Rahden]] 2011, S. 28, 176f.</ref> Wiligut und Himmler verband das Interesse für okkulte, [[Esoterik|esoterische]] und [[Mythologie|mythologische]] Themen. Wiligut behauptete von sich selbst, er und seine Familie stammten direkt von den [[Ase]]n ab und seien deren letzte verbliebene Traditionsträger.
{{Hauptartikel|Enzym}}
Entdeckt wurde [[Amylase]] (damals noch Diastase) 1833 vom französischen Chemiker [[Anselme Payen]] in einer Malzlösung. Damit war Diastase das erste Enzym, das man gefunden hat.


Anfang des 19. Jahrhunderts war auch bekannt, dass bei der [[Gärung]] von abgestorbenen Organismen der Sauerstoff aus der Luft nötig ist, ferner Temperatur und Wasser auf diesen Prozess einen Einfluss hatten. Bei toten Tieren und Menschen setzt die Fäulnisbildung zuerst an den Stellen ein, die mit der Luft in Berührung kommen. Auch bei pflanzlichen Stoffen, der Bildung von Alkohol aus einer Traubensaftlösung oder der Versäuerung von Milch erkannten Chemiker Gärungsprozesse. Der Körper, der diese Prozesse begünstigte, wurde ''Ferment'' genannt. [[Eduard Buchner]] entdeckte 1896 die zellfreie Gärung. [[James Batcheller Sumner]] isolierte 1926 das Enzym der Schwertbohne und behauptete, dass alle Enzyme Proteine sein müssten.<ref>Lehninger ''Grundkurs Biochemie'', Walter de Gruyter (1983), S. 65.</ref>
=== Entlassung aus der SS (1939) ===
Im August 1939 musste er die SS verlassen, weil er zunehmend als Scharlatan entlarvt wurde und wegen seines [[Medikamentenabhängigkeit|Medikamenten-]] und [[Alkoholismus|Alkoholmissbrauch]]s nicht mehr in der SS zu halten war. Damals wurde auch sein Aufenthalt in einer Salzburger Nervenheilanstalt von 1924 bis 1927 öffentlich bekannt, sowie die 1925 erfolgte Entmündigung durch seine Frau. Zudem hatte Hitler nunmehr öffentlich gegen den Okkultismus Stellung bezogen. Himmler gab dennoch die Beziehung zu Wiligut nicht völlig auf und holte mehrmals seinen Rat ein. Im Sommer 1940 entwarf Wiligut ein Grabzeichen für gefallene SS-Mitglieder. Ebenfalls 1940 lenkte er Himmlers Interesse auf archäologische Funde aus dem [[Neolithikum]] im Tal des irakischen [[Kleiner Zab|Kleinen Zabs]] in der [[Erbil (Gouvernement)|Provinz von]] [[Erbil]]. Wiligut meinte, hier den Fantasieort „[[Atlantis#Neuzeit|Atlantis]]“ gefunden zu haben und selbst von einem der damaligen Zauberer abzustammen.<ref name="Longerich295" /><ref>Rüdiger Sünner: ''Die Schwarze Sonne. Entfesselung und Missbrauch der Mythen in Nationalsozialismus und rechter Esoterik''. Herder, Freiburg 1999, ISBN 3-451-05205-9, S. 69–70.</ref> Nach seiner Entlassung aus der SS lebte Wiligut noch einige Jahre in der mittelalterlich geprägten Stadt [[Goslar]], der er sich sehr verbunden fühlte.


[[John Howard Northrop]] isolierte wenige Jahre später [[Pepsin]], [[Trypsin]] und [[Chymotrypsin]] in kristalliner Form und konnte Sumners Hypothese bestätigen.
== Auszeichnungen ==
* [[Militärverdienstkreuz (Österreich)|Österreichisches Militärverdienstkreuz III. Klasse mit Kriegsdekoration und Schwertern]]
* [[Militär-Verdienstmedaille (Österreich)|Österreichisches Silberne Militärverdienstmedaille am Bande des Militärverdienstskreuzes mit Schwertern]]
* [[Militär-Verdienstmedaille (Österreich)|Österreichisches Bronzene Militärverdienstmedaille am Bande des Militärverdienstskreuzes mit Schwertern]]
* [[Militär-Jubiläumskreuz]]
* [[Jubiläumserinnerungsmedaille]]
* [[Erinnerungskreuz 1912/13]]
* [[Karl-Truppenkreuz]]
* [[Verwundetenmedaille (Österreich-Ungarn)|Verwundetenmedaille]]
* [[Kriegserinnerungsmedaille (Österreich)|Österreichische Kriegserinnerungsmedaille mit Schwertern]]
* [[Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938]]
* [[Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938]]
* [[Kriegsverdienstkreuz (1939)|Kriegsverdienstkreuz]] (1939) II. und I. Klasse mit Schwertern
* [[SS-Ehrenring]]
* [[SS-Ehrendegen]]


=== Nukleinsäure ===
== Werke ==
{{Hauptartikel|Nukleinsäuren}}
* Karl Maria Wiligut: ''Seyfrieds Runen.'' Friedrich Schalk Verlag, Wien 1903.
Der Physiologe [[Friedrich Miescher]] hatte 1869 die Nucleoproteide im Zellkern entdeckt. [[Albrecht Kossel]] entdeckte die Nukleinsäure [[Adenin]] (1885).<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''18''', 79, (1885).</ref> Weitere Nukleinsäuren erhielt er aus tierischem Extrakt, und zwar [[Guanin]], [[Xanthin]] (1893)<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''26''', 2754 (1893)</ref>, [[Thymin]] (1894)<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''27''', 2221, (1894).</ref>, [[Cytosin]] und [[Uracil]] (1903).<ref>Hoppe Seylers Zeitschrift für physiologische Chemie '''38''', 49 (1903).</ref> Emil Fischer gelangen die ersten Synthesen des Adenins,[[Theophyllin]]s,<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''30''', 553, 2226 (1897).</ref> Thymins und Uracils (1897–1903).<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''34''', 3751 (1901).</ref> [[Phoebus Levene]] untersuchte die Verknüpfung von einer Nukleinsäure mit einer Pentose und einem Phosphat zum Mono-[[Nukleotid]]<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''42''', 335, 2469, 2474 (1909).</ref> (1908).
* Karl Maria Wiligut: ''Darstellung der Menschheitsentwicklung aus der Geheimüberlieferung unserer Asa-Uana-Sippe Uiligotis.'' (Bundesarchiv Berlin NS 19/3671)
 
=== Kohlenhydrate ===
{{Hauptartikel|Kohlenhydrate}}
Kohlenhydrate sind ein wichtiger Bestandteil unserer Nahrung, sie wurden daher zeitig von Biochemikern untersucht. Sowohl Stärke als auch Zucker werden zu [[Glucose]] abgebaut und bei einem Überangebot in der Leber als [[Glykogen]] gespeichert. Ein konstanter Blutzuckergehalt ist für das Gehirn und die Muskeln lebensnotwendig. [[Adolf von Baeyer]] gab 1870 bereits eine erste Formel zur Glucose an.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''3''', 66 (1870).</ref> [[Emil Fischer]] machte ab 1887 umfangreiche Forschungen zur Aufklärung der chemischen Strukturen von Zuckern mit [[Phenylhydrazin]] zu gut kristallisierbaren [[Osazon]]en.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''20''', 821 (1887).</ref> Im Jahr 1893 konnte er durch Umwandlung von Glucose mit Methanol zu Methylglykosid – das die [[Fehlingsche Lösung]] nicht reduzierte – beweisen, dass die Aldehydgruppe im Ring mit einer Hydroxygruppe verknüpft (glycosidisch) ist.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''26''', 2400 (1893).</ref> Später (1922) folgerte [[Burckhardt Helferich]], dass die Glucose in einem Sechsring (1,5-glykosidisch statt 1,4-glykosidisch) vorliegen musste.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''56''', 759 (1923).</ref> Weitere wichtige Arbeiten zur Zuckerchemie und deren strukturelle Darstellung leistete [[Norman Haworth]]; er synthetisierte auch erstmals das [[Vitamin C]] (bei Mangel tritt [[Skorbut]] auf), ein Säurederivat eines Zuckers.
 
=== Vitamine ===
{{Hauptartikel|Vitamin}}
Durch mangelhafte Ernährung starben zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch viele Menschen. Im Jahr 1882 untersuchte [[Gustav von Bunge]] Ratten und Mäuse, die er nur mit Eiweiß, Kohlenhydraten und Fetten fütterte, deren Nahrung aber keine weiteren Beimischungen enthielten. Die Tiere starben. Menschen benötigen neben Eiweiß, Kohlenhydraten, Fetten noch Vitamine. Viele Vitamine wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgefunden. Die Strukturaufklärung des [[Cholesterin]]s (und damit der Gruppe der [[Steroid]]e) durch [[Adolf Windaus]] war für die Strukturaufklärung und Bildung von [[Vitamin D]] (bei dessen Mangel [[Rachitis]] auftritt) bedeutsam. Windaus war auch mit der Aufklärung der Summenformel und Struktur von [[Vitamin B1]] befasst. Sir [[Frederick Gowland Hopkins]], ein Pionier der Biochemie in Großbritannien und [[Casimir Funk]], der das Wort ''Vitamin'' prägte, leisteten bedeutende Forschungen zur Entdeckung des Vitamin B1 (bei Mangel tritt [[Beri-Beri]] auf). Hopkins entdeckte auch zwei essentielle [[Aminosäuren]] und wurde dafür 1929 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Im Jahre 1926 entdeckte [[Otto Warburg (Biochemiker)|Otto Warburg]] das Atmungsferment [[Cytochromoxidase]], ein Ferment im [[Zitronensäurezyklus]] und für Redoxvorgänge der Zelle, wofür er 1931 den Nobelpreis erhielt.
 
=== Hormone ===
{{Hauptartikel|Hormon}}
Stoffgruppen, die in menschlichen Organen produziert werden, nennt man nach [[Ernest Starling]] Hormone. [[Thomas Addison]] entdeckte 1849 eine Krankheit, die ihren Ursprung in den Nebennieren hat. T.&nbsp;B. Aldrich und [[Takamine Jōkichi]] (1901) extrahierten einen Stoff, den sie [[Adrenalin]] nannten, aus tierischen Nieren. Aldrich ermittelte die Summenformel und [[Friedrich Stolz]] gelang die [[Synthese (Chemie)|chemischen Synthese]] (1904). Damit gelang der Biochemie 1904 erstmals die künstliche Herstellung eines [[Hormon]]s.
 
Die [[Struma|Kropfbildung]] ist eine weitere hormonelle Krankheit der [[Schilddrüse]], die seit 1820 nach Jean-Francois Coindet durch [[Iod]]gaben gemildert werden konnte. Erst 1915 glückte [[Edward Calvin Kendall]] die Isolierung einer kristallinischen Substanz der Schilddrüse. Er hielt sie fälschlicherweise für ein Oxindolderivat und nannte sie daher [[Thyroxin]]. Synthetisch wurde Thyroxin seit 1926 von [[Charles Robert Harington]] darstellbar.
 
Im Jahre 1935 isolierte [[Ernst Laqueur]] aus [[Stierhoden]] das von ihm so benannte Sexualhormon [[Testosteron]]. Auch  von [[Adolf Butenandt]] wurden die Geschlechtshormone untersucht. Im Jahr 1929 isolierte er mit [[Estron]] eines der weiblichen Sexualhormone. Zwei Jahre später isolierte er mit [[Androsteron]] ein männliches Geschlechtshormon. Im Jahr 1934 entdeckte er das Hormon [[Progesteron]]. Durch seine Forschung wurde gezeigt, dass die Geschlechtshormone eng mit [[Steroide]]n verwandt sind. Seine Untersuchungen auf dem Gebiet der Sexualhormone ermöglichte die Synthese von [[Cortison]] sowie andere Steroide. Dies führte schließlich zur Entwicklung von modernen Verhütungsmitteln.
 
Der Mangel des Bauchspeichelhormons konnte durch Gabe von Rinder-[[Insulin]] 1920 durch [[Frederick Banting]] und Best gelindert werden. Erst 1953 wurde die Aminosäuresequenz von Insulin durch [[Frederick Sanger]] aufgeklärt.
 
== Wichtige Forschungsgebiete der modernen Biochemie ==
In Lehrbüchern der Biochemie werden die Prozesse der [[Gärung]] von Zucker zu [[Ethanol]] und [[Milchsäure]] sowie der Aufbau von Glucose zu [[Glykogen]] ausführlich beschrieben. Diese Umwandlungen werden unter dem Stichwort [[Glykolyse]] zusammengefasst.
 
Die Energiegewinnung in lebenden Zellen erfolgt über den Abbau von Fetten, Aminosäuren und Kohlenhydraten über Oxalacetat zu Citrat durch Acetyl-S-CoA unter Freisetzung von Kohlendioxid und Energie. Acetyl-S-CoA enthält ein wasserlösliches Vitamin – die [[Pantothensäure]]. Dieser Prozess wurde von H. Krebs 1937 untersucht und wird [[Citratzyklus]] genannt.
 
Oxidationen von Biomolekülen in Zellen verlaufen über mehrere Enzyme an denen das Vitamin B2 beteiligt ist. Dieser Prozess wird in Lehrbüchern als oxidative Phosphorylierung oder [[Atmungskette]] beschrieben.
 
Ein weiterer biochemischer Prozess ist die [[Photosynthese]]. Kohlenstoffdioxid aus der Luft und Wasser wird durch Strahlungsenergie durch das Pigment Chlorophyll in Pflanzenzellen und [[Phototrophie|phototrophen]] Mikroorganismen in Kohlenhydrate und Sauerstoff überführt.
 
Im menschlichen und tierischen Organismen wird überschüssige Energie aus der Nahrung in Form von Fetten gespeichert. Bei Energiemangel der Zellen werden diese Fette wieder abgebaut. Dieser Prozess erfolgt über die Oxidation von Fettsäuren mittels Acetyl-CoA.
 
Bei Krankheiten (schwere Diabetes) oder extremen Nahrungsmangel greifen Zellen auch auf Aminosäuren zur Energiegewinnung zurück. Dabei werden Proteine zu Aminosäuren und diese zu Kohlendioxid abgebaut. Der [[Harnstoffzyklus]] beschreibt die ablaufenden Umwandlungen.
 
In pflanzlichen und tierischen Zellen können Kohlenhydrate aus anderen Stoffen – beispielsweise der Milchsäure oder aus Aminosäuren – biochemisch aufgebaut werden. Die Untersuchungen zu den einzelnen biochemischen Schritten werden in [[Gluconeogenese]] untersucht.
Ferner wurden die Biosynthesen von [[Aminosäure]]n, [[Nucleotid]]en, [[Porphyrin]]en, der [[Stickstoffzyklus]] in Pflanzen gründlich untersucht.
 
Ein weiterer Teilbereich der biochemischen Forschung ist die [[Resorption]] und der Transport von Stoffwechselprodukten durch das Blutplasma.
 
Die Weitergabe der gespeicherten Information im Zellkern auf der [[DNA]] (genauer: bestimmter Abschnitte der DNA, den [[Gen]]en) zur Herstellung von Enzymen verläuft über die [[Replikation]], [[Transkription (Biologie)|Transkription]] und [[Proteinbiosynthese]]. Dies ist ein sehr wichtiges Gebiet der synthetischen Biochemie ([[Biotechnologie]]), da Bakterien auf ihrer zyklischen DNA ([[Plasmid]]en) dazu gebracht werden können, bestimmte Enzyme zu produzieren.
 
Einzelne Proteine können mittels Gel-[[Elektrophorese]]<ref>Kurt Schlösser: ''Kurzzeit Elektrophorese'', Chemie in unserer Zeit (Februar 1971), S. 28–29.</ref> nachgewiesen werden. Durch den [[Edman-Abbau]] kann die Aminosäure-Sequenz des Proteins bestimmt werden.
 
== Meilensteine der Biochemie ==
[[Datei:Citratcyclus.svg|miniatur|rechts|300px|Der [[Citratzyklus]]&nbsp;– ein biochemischer Stoffwechselweg]]
=== 19. Jahrhundert ===
* 1805 – Entdeckung und Isolierung der ersten [[Aminosäure]] durch [[Pierre Jean Robiquet]] und [[Louis-Nicolas Vauquelin]]
* 1828 – Synthese des organischen [[Harnstoff]]s aus anorganischem Ammoniumcyanat durch [[Friedrich Wöhler]]
* 1833 – Entdeckung des ersten Enzyms (Diastase) durch [[Anselme Payen]]
* 1869 – Entdeckung der Erbsubstanz [[Nuclein]] durch [[Friedrich Miescher]]
* 1896 – Entdeckung der zellfreien [[Gärung]] durch [[Eduard Buchner]]
 
=== 20. Jahrhundert ===
* 1904 – Synthese eines Hormons (Testosteron) durch [[Friedrich Stolz]]
* 1926 – Entdeckung des Atmungsferments [[Cytochromoxidase]] durch Otto Warburg
* 1927 – Isolierung von Vitamin C aus der Nebenniere, Orangensaft beziehungsweise Weißkohl durch [[Albert von Szent-Györgyi Nagyrápolt]]
* 1929 – Aufklärung des Mechanismus der [[Glykolyse]] durch [[Gustav Embden]] und [[Otto Meyerhof]], sowie [[Jakub Parnas]]
* 1932 – Aufklärung des [[Citratzyklus]] durch [[Hans Adolf Krebs]]
* 1953 – Aufklärung der Struktur der [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]] durch [[James Watson]] und [[Francis Crick]]
 
== Forschungsinstitute im deutschen Sprachraum ==
(Die Listen sind unvollständig)
 
=== Max-Planck-Gesellschaft ===
Führend in der biochemischen Forschung sind beispielsweise die ''Max-Planck-Institute'' der [[Max-Planck-Gesellschaft]], aber auch die ''Leibniz-Institute'' der [[Leibniz-Gemeinschaft]]:
 
* [[Max-Planck-Institut für Biochemie]], [[Martinsried]]
* [[Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie]], [[Berlin]]
* [[Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie]], Halle (Saale)
* [[EMBL|European Molecular Biology Laboratory]], Heidelberg
* [[Max-Planck-Forschungsstelle für Enzymologie der Proteinfaltung]], Halle (Saale)
* [[Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie]], [[Dortmund]]
* [[Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie]], [[Tübingen]]
* [[Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie]], [[Göttingen]]
* [[Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin]], [[Münster]]
* [[Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie]], [[Hamburg]]
 
=== Universitätsinstitute und Fakultäten ===
Die Biochemie gehört zum festen Bestandteil der hochschulischen Ausbildung in den Naturwissenschaften. Vor allem Mediziner und Biologen, aber auch andere Naturwissenschaftler, widmen sich an den Universitäten dem Fach. So finden sich ''Institute für Biochemie'' an vielen deutschsprachigen Hochschulen:
 
In Deutschland:
 
* Institut für Biochemie der [[Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg]]
* Institut für physiologische Chemie der [[Philipps-Universität Marburg]]<ref>{{Internetquelle|url=https://www.uni-marburg.de/fb20/physiolchemie|titel=Willkommen – Philipps-Universität Marburg – Institut für Physiologische Chemie |autor=loeffle1 |werk=uni-marburg.de |zugriff=2016-12-23}}</ref>
* Institut für Biochemie der [[Charité|Charité - Universitätsmedizin Berlin]]<ref>{{Literatur|Autor=Sylvia Rechel, Daniela Höcke|Titel=Institut für Biochemie|Sammelwerk=Name der Abteilung|Online=https://biochemie.charite.de/|Abruf=2016-12-23}}</ref>
* Institut für Biochemie der [[Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald]]<ref>{{Internetquelle|url=https://biochemie.uni-greifswald.de/|titel=Biochemie – Fakultät – Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald |hrsg=Universität Greifswald |werk=biochemie.uni-greifswald.de |zugriff=2016-12-23}}</ref>
* Biochemisches Institut der [[Albert-Ludwigs-Universität Freiburg]]
* Institut für Biochemie der [[Georg-August-Universität Göttingen]]
* Institut für Biochemie der [[Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf|Heinrich-Heine Universität Düsseldorf]]
* Zentrum für Biochemie der medizinischen Fakultät an der [[Universität zu Köln]]
* Institut für Biochemie der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]]
* Institut für Biochemie der [[Westfälische Wilhelms-Universität|Westfälischen Wilhelms-Universität Münster]]
* Interfakultäres Institut für Biochemie der [[Eberhard Karls Universität Tübingen]]
* Institut für Chemie und Biochemie der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität Berlin]]
* Institut für Biochemie und Biophysik der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena]]
 
In Österreich:
 
* Institut für BioChemie der [[Universität Graz]]
* Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB) der [[Medizinische Universität Innsbruck|Medizinischen Universität Innsbruck]] und der [[Leopold-Franzens-Universität Innsbruck]]
* Institut für Biologische Chemie der [[Universität Wien]]
 
In der Schweiz:
 
* [[Biozentrum der Universität Basel]]
* Institut für Biotechnologie an der [[ETH Zürich]]
* Institut für Biochemie der [[Universität Zürich]]
 
== Gliederung ==
Je nach Betrachtungswinkel wird die Biochemie in Bezug auf menschliche [[Erkrankung]]en als medizinische Biochemie, in Bezug auf [[Ökosystem]]e ökologische Biochemie, in Bezug auf Pflanzen als Pflanzenbiochemie, in Bezug auf das Immunsystem als [[Immunologie|Immunbiochemie]] und in Bezug auf das Nervensystem als [[Neurochemie]] bezeichnet. Ebenso wird die Biochemie nach Stoffgruppen eingeteilt, z.&nbsp;B. [[Proteinchemie]], [[Nukleinsäure]]biochemie, [[Kohlenhydrat]]biochemie und [[Lipid]]biochemie. [[Small molecule]]s werden von der [[Naturstoffchemie]] behandelt. Die [[Enzymologie]] und die [[Signaltransduktion]] stellen Sonderbereiche der Biochemie dar. Die [[Biophysikalische Chemie]] untersucht [[Biomolekül]]e und [[Lebewesen]] mit Methoden der [[Physikalische Chemie|physikalischen Chemie]].
 
== Nobelpreisträger aus dem Fachgebiet ==
In der nachfolgenden Galerie findet sich eine Auswahl wichtiger Nobelpreisträger, die für Forschungen auf dem Gebiet der Biochemie (oder deren unmittelbare Nachbardisziplinen) ausgezeichnet wurden:
 
<gallery>
Datei:Emil-fischer.jpg|Hermann Emil Fischer erhielt 1902 den [[Nobelpreis für Chemie]] „als Anerkennung des außerordentlichen Verdienstes, das er sich durch seine Arbeiten auf dem Gebiet der [[Zucker]]- und [[Purine|Purin]]-Gruppen erworben hat“.
File:Otto_Fritz_Meyerhof.jpg|Der Biochemiker [[Otto Fritz Meyerhof]] bekam 1922 gemeinsam mit [[Archibald Vivian Hill]] für seine Forschungen über den Stoffwechsel im Muskel den Nobelpreis.
File:Otto_Heinrich_Warburg_(cropped).jpg|Otto Warburg erhielt 1931 für „die Entdeckung der Natur und der Funktion des Atmungsferments“ den Nobelpreis. Die [[Otto-Warburg-Medaille]] ist dagegen eine der wichtigsten Auszeichnungen im Bereich der Biochemie in Deutschland.
File:Gerty_Theresa_Cori.jpg|1947 erhielten [[Gerty Cori|Gerty]] und [[Carl Ferdinand Cori|Carl Cori]] gemeinsam mit [[Bernardo Alberto Houssay]] den Nobelpreis für ihre biochemischen Arbeiten über den Zucker-Stoffwechsel.
File:Hans_Adolf_Krebs.jpg|Auch für die Entdeckung des Citratzyklus von Hans Adolf Krebs gab es 1953 einen Nobelpreis.
File:James_D_Watson.jpg|James D. Watson erhielt 1962 den Nobelpreis für seine Forschungen zur DNA.
</gallery>
 
== Biochemiker ==
=== Studium ===
2008 gab es in Deutschland Studiengänge der Biochemie mit den Abschlüssen [[Diplom]], [[Bachelor]] und [[Master]]. Die Diplomstudiengänge werden schrittweise durch konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzt:
* Der Diplomstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 9 bis 10 [[Semester]]n, eine Höchststudiendauer von 13 bis 14 Semestern und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Diplom-Biochemiker/in''.
* Der Bachelorstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 6 bis 8 Semestern und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Bachelor of Science – Biochemie''.
* Der Masterstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 3 bis 4 Semestern und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Master of Science – Biochemie''.
 
Neben dem reinen Biochemie-Studium besteht die Möglichkeit, die Fachrichtungen Chemie oder Biologie zu studieren und während des Studiums den Fächerkanon Biochemie zu vertiefen. Eine Spezialisierung erfolgt üblicherweise durch Biochemie als Wahlpflichtfach bzw. Hauptfach sowie die Anfertigung einer Diplom-, [[Bachelorarbeit|Bachelor-]] oder [[Masterarbeit]] im Bereich der Biochemie. Diese Variante bietet den Vorteil, dass sich Studienanfänger nicht direkt für ein reines Biochemie-Studium entscheiden müssen. Vielmehr haben sie die Möglichkeit, im Grundstudium verschiedene Fächer kennenzulernen, um sich dann während des Hauptstudiums zu spezialisieren, z.&nbsp;B. in Biochemie. Die Möglichkeit dazu ist an vielen Universitäten gegeben und die Regelstudienzeiten entsprechen denen der reinen Biochemie-Studiengänge. Bei den Bachelor- und Masterstudiengängen hat sich inzwischen im Bereich der [[Biowissenschaften]] eine Vielfalt von Studiengängen mit unterschiedlichen Namen und Spezialisierungen etabliert. Ihnen ist gemeinsam, dass sie besonderen Wert auf die molekularen Grundlagen legen und einen hohen Praxisanteil in der Ausbildung haben (siehe Weblinks). Außerdem überschneidet sich zumeist ein großer Teil des (Grund-)Studiums mit den Studiengängen der [[Chemiestudium|Chemie]] sowie der [[Biologiestudium|Biologie]], weist aber oft auch entscheidende Unterschiede auf (z.&nbsp;B. weniger Vertiefung im Bereich der [[Botanik]], [[Zoologie]] oder der [[Anorganische Chemie|Anorganischen Chemie]] als im Chemie - bzw. Biologie-Studium). Ein besonderer Wert wird im [[Studienordnung|Curriculum]] der Studiengänge auch auf die Module der [[Organische Chemie]], [[Physikalische Chemie|Physikalischen Chemie]] und der Biochemie gelegt, da diese eine erforderliche Grundkenntnis für die Tätigkeit als Biochemiker darstellen.
 
=== Der Facharzt für Biochemie ===
Es besteht auch die Möglichkeit, nach einem absolvierten [[Medizinstudium]] in Deutschland als ''[[Facharzt]] für Biochemie'' tätig zu werden. Hierfür bedarf es einer vierjährigen Weiterbildungszeit. Auf diese anrechenbar ist
* Ein Jahr [[Innere Medizin]] oder [[Pädiatrie]]
 
Am 31. Dezember 2010 waren 102 Fachärzte für Biochemie registriert, von denen einer niedergelassen war. 52 übten keine ärztliche Tätigkeit aus. Die Zahl der ärztlich tätigen registrierten Fachärzte für Biochemie reduzierte sich innerhalb des Jahrzehntes 2000–2010 um fast 50 %.
 
== Siehe auch ==
{{Portal|Biochemie}}
* {{WikipediaDE|Biochemie}}
 
== Literatur ==
=== Lehrbücher ===
* Donald Voet et al.: ''Lehrbuch der Biochemie.'' Wiley-VCH, 2002, ISBN 3-527-30519-X
* Manfred Schartl, Manfred Gessler, Arnold von Eckardstein: ''Biochemie und Molekularbiologie des Menschen.'' 1. Auflage. Elsevier: München 2009. ISBN 978-3-437-43690-1
* Philipp Christen, Rolf Jaussi: ''Biochemie. Eine Einführung mit 40 Lerneinheiten.'' Springer-Verlag, 2005, ISBN 3-540-21164-0
* David L. Nelson & Michael M. Cox: ''Lehninger Biochemie.'' Springer, 4. vollständig überarbeitete & erweiterte Auflage, korrigierter Nachdruck 2011. (Übersetzung der 5. amerikanischen Auflage). ISBN 978-3-540-68637-8
* Jeremy M. Berg, Lubert Stryer, John L. Tymoczko und diverse Übersetzer: ''Stryer Biochemie.'' Springer Spektrum, 7. Auflage 2012 ISBN 978-3-8274-2988-9 ([https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK21154/ Online Version der 5.Auflage von 2003, Volltextsuche (englisch)])
* David L. Nelson & Michael M. Cox: ''Lehninger Principles of Biochemistry.'' W. H. Freeman, 6th International Edition 2013. ISBN 978-1-4641-0962-1
* Peter C. Heinrich et al.: ''Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie.'' Springer, 9. vollständig überarbeitete Auflage 2014. ISBN 978-3-642-17971-6 (Print); ISBN 978-3-642-17972-3 (eBook)
* Florian Horn: ''Biochemie des Menschen – Das Lehrbuch für das Medizinstudium.'' Thieme, Stuttgart, 6. überarbeitete Auflage, 2015, ISBN 978-3-13-130886-3 (Taschenbuch)
* Joachim Rassow, Karin Hauser, Roland Netzker, Rainer Deutzmann: Duale Reihe ''Biochemie.'' Thieme, 4. Auflage 2016. ISBN 978-3-13-125354-5 (Taschenbuch)
 
=== Geschichte der organischen Chemie und Biochemie ===
* Graeme K. Hunter: ''Vital Forces. The discovery of the molecular basis of life.'' Academic Press, London 2000, ISBN 0-12-361811-8 (englisch)
* Paul Walden: Geschichte der organischen Chemie seit 1880, Springer-Verlag, Berlin*Heidelberg*New York 1972, ISBN 3-540-05267-4
* Uschi Schling-Brodersen: ''Biochemie.'' In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 182 f.
 
=== Biochemische Wörterbücher ===
* Peter Reuter: ''Taschenwörterbuch der Biochemie. Deutsch - Englisch/Englisch - Deutsch'', Birkhäuser Verlag, Basel/Boston/Berlin 2000, ISBN 3-7643-6197-2
 
=== Lehrmaterialien im Internet ===
* [http://online-media.uni-marburg.de/chemie/bioorganic/index2.html Online-Grundkurs]
* [http://www.online-vorlesungen.info/?Fach=Chemie&Rubrik=Biochemie Online Biochemie Vorlesungen]
* [http://employees.csbsju.edu/hjakubowski/classes/ch331/bcintro/default.html Biochemistry Online – An Approach Based on Chemical Logic (englisch)] – didaktisch hervorragendes Online-Lehrbuch
* Michael W. King: [http://themedicalbiochemistrypage.org/ King's Biochemistry]
 
=== Biochemische Fachzeitschriften ===
* [http://www.jbc.org/ ''The Journal of Biological Chemistry'' - JBC] (englisch) Zeitschrift der amerikanischen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie {{ISSN|0021-9258}}
* [http://pubs.acs.org/journals/bichaw/ ''Biochemistry''] (englisch)
* [http://www.biochemj.org/ ''Biochemical Journal''] (englisch)
* [http://www.chembiol.com/ ''Chemistry and Biology''] (englisch)
* [http://www.degruyter.com/view/j/bchm?rskey=DEot7B&result=9&q= ''Biological Chemistry''] (englisch)
* [http://www.journals.elsevier.com/febs-letters/ ''FEBS Letters''] (englisch)
* [http://www.elsevier.com/life-sciences/bba/ ''Biochimica et Biophysica Acta''] (englisch)


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Biochemistry|Biochemie}}
* [http://www.antiquariatlange.de/texte/wiligut-weisthor/ Hans-Jürgen Lange: Himmlers Erberinnerer Karl Maria Wiligut und seine Quellen]
{{Wikibooks|Biochemie und Pathobiochemie}}
* {{DNB-Portal|118633120}}
{{Wiktionary}}
* [http://www.gbm-online.de/ GBM - Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie e.&nbsp;V.]
* [http://www.gbm-online.de/studium-molekulare-biowissenschaften.html Studiengänge „Molekulare Biowissenschaften“ in Deutschland]
* [http://timms.uni-tuebingen.de/Browser/Browser01.aspx?path=%2fUniversit%C3%A4t+T%C3%BCbingen%2fMathematisch-Naturwissenschaftliche+Fakult%C3%A4t%2fPharmazie+und+Biochemie%2fInterfakult%C3%A4res+Institut+f%C3%BCr+Biochemie%2fRingvorlesung+Biochemie+SoSe+2002%2f Ringvorlesung Biochemie] Videoaufzeichnungen einer Ringvorlesung zur Biochemie. Von TIMMS, Tübinger Internet Multimedia Server der Eberhard Karls Universität Tübingen.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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[[Kategorie:Teilgebiet der Chemie]]
{{SORTIERUNG:Wiligut, Karl Maria}}
[[Kategorie:Medizin nach Fachgebieten]]  
[[Kategorie:Okkultist]]
[[Kategorie:Medizinisches Fachgebiet]]
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Literatur (Deutsch)]]
[[Kategorie:Literatur (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Sachliteratur (Esoterik)]]
[[Kategorie:SS-Mitglied]]
[[Kategorie:Völkische Bewegung]]
[[Kategorie:Freundeskreis Himmler]]
[[Kategorie:Träger des SS-Ehrenrings]]
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[[Kategorie:Träger des Österreichischen Militärverdienstkreuzes III. Klasse]]
[[Kategorie:Träger des Karl-Truppenkreuzes]]
[[Kategorie:Person (Cisleithanien)]]
[[Kategorie:Österreicher]]
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[[Kategorie:Mann]]


{{Wikipedia}}
{{Personendaten
|NAME=Wiligut, Karl Maria
|ALTERNATIVNAMEN=Weisthor, Karl Maria; Widar, Jarl; Lobesam
|KURZBESCHREIBUNG=österreichischer Offizier, nationalsozialistischer Esoteriker
|GEBURTSDATUM=10. Dezember 1866
|GEBURTSORT=[[Wien]]
|STERBEDATUM=3. Januar 1946
|STERBEORT=[[Arolsen]]
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Version vom 14. November 2021, 19:22 Uhr

Karl Maria Wiligut (* 10. Dezember 1866 in Wien; † 3. Januar 1946 in Arolsen; Pseudonyme: Karl Maria Weisthor, Jarl Widar, Lobesam)[1] war ein österreichischer Okkultist und SS-Brigadeführer.

Leben

Karl Maria Wiligut wurde in Wien römisch-katholisch getauft und trat mit 14 Jahren in die Wiener Kadettenschule ein. 1883 begann er seine Karriere im k. u. k. Infanterieregiment des serbischen Königs Milan I. als Gefreiter und wurde 1888 Leutnant. 1889 wurde er Mitglied der Vereinigung Schlaraffia. 1903 veröffentlichte er das Buch Seyfrieds Runen unter dem Namen Karl Maria Wiligut (Lobesam).[2]

1907 heiratete er Malwine Leurs von Treuenringen aus Bozen. Aus der Ehe gingen die beiden Töchter Gertrud und Lotte hervor. Ein Zwillingsbruder eines der Mädchen starb im Kindesalter. Dies war für Wiligut eine Tragödie, da er sich nach einem männlichen Erben sehnte, um ihm sein „geheimes Wissen“ vermitteln zu können.[3]

Ab 1908 soll er in Wien Kontakte mit völkischen und ariosophischen Kreisen und zu Mitgliedern des Lanzschen Neutemplerordens gepflegt haben.[4][5] Er stand der Edda-Gesellschaft nahe und schrieb unter dem Pseudonym Jarl Widar Gedichte für deren Widar-Hefte.[4] Wiliguts Ideen ähnelten jenen von Guido von List.[6]

Im Ersten Weltkrieg diente er an der Süd- und Ostfront, wurde für seine Tapferkeit ausgezeichnet und 1917 zum Oberst der österreich-ungarischen Armee befördert. Nach Kriegsende zog er 1919 nach Morzg bei Salzburg, wo er sich okkulten Studien widmete.

Die Informationen über Wiliguts Leben vor dem Eintritt in die SS sind sehr unzuverlässig und stammen überwiegend aus Kreisen, in denen er verehrt wurde bzw. noch heute verehrt wird.[2][7][8]

Salzburger Nervenklinik (1924–1927)

Im November 1924 wurde Wiligut wegen einer paraphrenen Psychose mit Bildung von Größen- und Beeinträchtigungsideen in die Salzburger Nervenklinik eingewiesen, in der er bis zu seiner Entlassung Anfang 1927 behandelt wurde und zwischenzeitlich nach verunglückten Geldgeschäften von seiner Frau 1925 entmündigt wurde.[9] Während seines Aufenthaltes in der Landesheilanstalt für Nerven- und Gemütskranke bezeichnete sich Wiligut als Seher und erklärte, der einzige Überlebende des Unterganges von Atlantis zu sein. Er spielte als Wahrsager eine wichtige Mittlerrolle bei der Verankerung des Glaubens an den neuzeitlichen Atlantismythos, als festem Bestandteil des völkischen Okkultismus, wonach die Arier direkt aus der vermeintlich untergegangenen atlantidischen Zivilisation hervorgegangen seien. Diese Anschauungen wurden später hauptsächlich im Umfeld Himmlers wachgehalten. 1925 behauptete er eine prähistorische Fundstelle ausfindig gemacht zu haben, die die These der Welteislehre, eine völkisch-okkultistische Vorwelttheorie des österreichischen Ingenieurs Hanns Hörbiger, stütze.[10]

Flucht nach Deutschland (1932)

1932 flüchtete Wiligut wegen seines geschändeten Ansehens aufgrund seines jahrelangen Aufenthaltes in der Nervenheilanstalt vor seiner Familie nach Deutschland, wo er sich im Münchener Vorort Bogenhausen niederließ. Hier führte er seine Ahnenforschungen fort und wurde unter Runenokkultisten populär.[9]

Karriere in der SS und im Rasse- und Siedlungshauptamt (RuSHA) (ab 1933)

Der SS-Offizier und Mitglied des Neutempler-Ordens Richard Anders machte Wiligut 1933 an einer Konferenz der Nordischen Gesellschaft mit Heinrich Himmler bekannt. Im Oktober 1934 wurde er zum Leiter des Archivs im Rasse- und Siedlungshauptamt (RuSHA) ernannt,[6] wo er einen bedeutenden Einfluss auf das Departement für Vor- und Frühgeschichte ausübte.[11] Kurz darauf trat er unter dem Pseudonym „Karl Maria Weisthor“ der SS bei und wurde Himmlers engster Ratgeber in Sachen Okkultismus.[12]

Im Auftrag Himmlers hatte er von 1933 bis 1939 prähistorische Studien durchzuführen.[6] Seit 20. April 1934 war er SS-Standartenführer (Ehrenrang), was seinem ehemaligen militärischen Rang (Oberst) in der österreichischen Armee entsprach, und wurde am 9. November 1934 zum SS-Oberführer befördert. Am 9. November 1936 verlieh ihm Himmler den Dienstgrad SS-Brigadeführer.[13]

Als Himmler mit Richard Walther Darré auf der Suche nach einem altehrwürdigen Gebäude für die SS in Westfalen war, lenkte der Architekt Hermann Bartels am 3. November 1933 in Absprache mit dem Regierungspräsidenten und Jutta von Oeynhausen die Aufmerksamkeit auf die Wewelsburg bei Paderborn.[14] Wiligut war an der Entwicklung der SS-Rituale beteiligt. Sein Einfluss auf den befreundeten Burghauptmann der Wewelsburg, Manfred von Knobelsdorff, inspirierte diesen den Irminenglauben wiederzubeleben, und „germanische“ Hochzeitszeremonien für SS-Führer und deren Bräute und jährliche Sonnenwend- und Julfeiern für die SS und die Dorfleute von Wewelsburg zu veranstalten.[15] Wiligut war eine Zeit lang führend an der Umgestaltung der Wewelsburg zu einer Ordensburg der SS beteiligt. Er entwarf den Totenkopfring der SS, befasste sich mit Runen, Heraldik und Symbolkunde und gab an, hellseherische Fähigkeiten zu besitzen. So beriet er auch seinen persönlichen Freund Heinrich Himmler in Fragen der Astrologie. Aufgrund seines Einflusses wurde er auch als „Himmlers Rasputin“ bezeichnet.[16] Wiligut legte die zeremoniellen Elemente fest, die die SS-Ideologie, die Ziele der Rassenreinheit und die territoriale Eroberung in einen geweihten Rahmen einbetten sollten.[6]

Wiligut beriet Himmler in weltanschaulichen Fragen, war ab Januar 1936 im RuSHA mit Sonderaufgaben betraut[17] und war neben dem mit ihm konkurrierenden Alexander Langsdorff an der Einrichtung der Abteilung Vor- und Frühgeschichte des RuSHAs beteiligt.[18] Wiligut und Himmler verband das Interesse für okkulte, esoterische und mythologische Themen. Wiligut behauptete von sich selbst, er und seine Familie stammten direkt von den Asen ab und seien deren letzte verbliebene Traditionsträger.

Entlassung aus der SS (1939)

Im August 1939 musste er die SS verlassen, weil er zunehmend als Scharlatan entlarvt wurde und wegen seines Medikamenten- und Alkoholmissbrauchs nicht mehr in der SS zu halten war. Damals wurde auch sein Aufenthalt in einer Salzburger Nervenheilanstalt von 1924 bis 1927 öffentlich bekannt, sowie die 1925 erfolgte Entmündigung durch seine Frau. Zudem hatte Hitler nunmehr öffentlich gegen den Okkultismus Stellung bezogen. Himmler gab dennoch die Beziehung zu Wiligut nicht völlig auf und holte mehrmals seinen Rat ein. Im Sommer 1940 entwarf Wiligut ein Grabzeichen für gefallene SS-Mitglieder. Ebenfalls 1940 lenkte er Himmlers Interesse auf archäologische Funde aus dem Neolithikum im Tal des irakischen Kleinen Zabs in der Provinz von Erbil. Wiligut meinte, hier den Fantasieort „Atlantis“ gefunden zu haben und selbst von einem der damaligen Zauberer abzustammen.[13][19] Nach seiner Entlassung aus der SS lebte Wiligut noch einige Jahre in der mittelalterlich geprägten Stadt Goslar, der er sich sehr verbunden fühlte.

Auszeichnungen

Werke

  • Karl Maria Wiligut: Seyfrieds Runen. Friedrich Schalk Verlag, Wien 1903.
  • Karl Maria Wiligut: Darstellung der Menschheitsentwicklung aus der Geheimüberlieferung unserer Asa-Uana-Sippe Uiligotis. (Bundesarchiv Berlin NS 19/3671)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Armin Mohler: Die Konservative Revolution in Deutschland 1918–1932. Ein Handbuch. Ergänzungsband. Mit Korrigenda zum Hauptband. Darmstadt 1989, S. 90 u. 92.
  2. 2,0 2,1 Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie. Siedler, München 2008, ISBN 978-3-88680-859-5, S. 293.
  3. Nicholas Goodrick-Clarke: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus. marixverlag, 2004, S. 159f.
  4. 4,0 4,1 Stefanie von Schnurbein: Religion als Kulturkritik. Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1992, ISBN 3-533-04582-X, S. 113.
  5. Rüdiger Sünner: Die Schwarze Sonne. Entfesselung und Missbrauch der Mythen in Nationalsozialismus und rechter Esoterik. Herder, Freiburg im Breisgau 1999, ISBN 3-451-05205-9, S. 69–70.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 Nicholas Goodrick-Clarke: Im Schatten der Schwarzen Sonne: Arische Kulte, Esoterischer Nationalsozialismus und die Politik der Abgrenzung. Marix Verlag, Wiesbaden 2002, ISBN 3-86539-185-0, S. 283.
  7. Stefanie von Schnurbein: Religion als Kulturkritik. Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1992, ISBN 3-533-04582-X, S. 114.
  8. Beispiele von ONT-Schriften über Wiligut sind Rudolf J. Mund: Der Rasputin Himmlers. Die Wiligut-Saga. Volkstum-Verlag u. a., Wien u. a. 1982, ISBN 3-85342-035-4; Rudolf J. Mund, Gerhard von Werfenstein: Mythos Schwarze Sonne. Karl Maria Wiligut-Weisthor, der heilige Gral und das Geheimnis der Wewelsburg. Hans Herzig, Books on Demand 2004, ISBN 3-8334-1122-8.
  9. 9,0 9,1 Nicholas Goodrick-Clarke: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus. marixverlag, 2004, S. 159.
  10. Sabine Doering-Manteuffel: Das Okkulte. Eine Erfolgsgeschichte im Schatten der Aufklärung. Von Gutenberg bis zum World Wide Web. Siedler, München 2008. S. 203.
  11. Julian Strube, Nazism and the Occult, in: Christopher Partridge (Hrsg.), The Occult World, London/New York: Routledge 2015, S. 336–347, hier S. 340.
  12. Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie. Siedler, München 2008, S. 292.
  13. 13,0 13,1 Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie. Siedler, München 2008, S. 295.
  14. Karl Hüser: Wewelsburg 1933 bis 1945. Kult- und Terrorstätte der SS. Eine Dokumentation. 2. Auflage. Bonifatius, Paderborn 1987, ISBN 3-87088-534-3, S. 16 f.
  15. Nicholas Goodrick-Clarke: Occult Roots of Nazism: Secret Aryan Cults and Their Influence on Nazi Ideology. S. 187; Daniela Palumbo: Karl Maria Wiligut. 1992.
  16. Vgl. hierzu Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie. Siedler, München 2008, S. 292–295.
  17. Peter Longerich: Heinrich Himmler. Biographie. Siedler, München 2008, S. 292 f.
  18. Uta Halle: “Die Externsteine sind bis auf weiteres germanisch!” Prähistorische Archäologie im Spannungsfeld völkisch-nationalsozialistischer Wissenschaft und Politik. Bielefeld 2002, S. 62f., 77, 355–358; Dirk Mahsarski: Herbert Jankuhn (1905–1990). Ein deutscher Prähistoriker zwischen nationalsozialistischer Ideologie und wissenschaftlicher Objektivität. Rahden 2011, S. 28, 176f.
  19. Rüdiger Sünner: Die Schwarze Sonne. Entfesselung und Missbrauch der Mythen in Nationalsozialismus und rechter Esoterik. Herder, Freiburg 1999, ISBN 3-451-05205-9, S. 69–70.