Mulatte

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Gemälde von Miguel Cabrera, 18. Jahrhundert, Neuspanien.
Text: „Aus einem Schwarzen und einer Spanierin entsteht ein Mulatte – Schwarzer 1. Spanierin 2. Mulatte 3.“

Mulatte ist eine inzwischen selten verwendete, rassistische Bezeichnung für einen Menschen, dessen Vorfahren (insbesondere die Eltern) teils schwarze, teils weiße Hautfarbe hatten.[1][2]

Etymologie

Die Bezeichnung Mulatte geht auf das spanische und portugiesische Wort mulato zurück und wurde im 16./17. Jahrhundert ins Deutsche übernommen. Für den Ursprung des Wortes sind drei verschiedene Möglichkeiten zu finden.

  1. In der Orientalistik[3] hält man zurückgehend auf den spanischen Sprachwissenschaftler Eguilaz[4] das arabische Wort muwallad für den Ursprung von Mulatte. Muwallad (Plural: muwalladin) bezeichnet eine Person mit Eltern unterschiedlicher Herkunft. Im mittelalterlichen maurischen Spanien nannte man die Nachkommen von Einheimischen und Arabern muwalladin.
  2. Die Real Academia Española gibt an, dass mulato auf das Wort mulo/mula = Maultier für die Kreuzung zwischen Pferd und Esel zurückgeht, das sich wiederum vom lateinischen Wort mulus mit gleicher Bedeutung ableitet. Dieser Herleitung folgen der Duden, die deutschsprachigen Lexika sowie Wissenschaftler.[1][5] Muleto bzw. mulato bezeichnete ursprünglich ein junges Maultier.
  3. Laut den Autoren Marco Carini und Flora Macallan könnte der Ursprung auch auf Madagaskar zu finden sein. Die Insel St. Marie (das heutige Nosy Boraha), 18 km nordwestlich von Madagaskar gelegen, diente ab dem 17. Jahrhundert vielen Piraten als Handelsumschlagplatz. Da die meist hellhäutigen Piraten bei den Inselbewohnern einen sehr hohen Stellenwert genossen – viel Geld, gute Krieger –, kam es nicht selten zu Eheschließungen zwischen den hellhäutigen Piraten und den dunkelhäutigen Inselbewohnern. Die Kinder aus diesen Verbindungen bildeten dann ab dem 18. Jahrhundert sogar eine eigenständige gesellschaftliche Gruppe, die Malatas oder eben Mulatten.

Verwendung des Begriffs

Besonders infolge einer Assoziation mit Maultier wird die Bezeichnung Mulatte von vielen abgelehnt, da der vermeintliche Vergleich mit einem Tier als erniedrigend empfunden wird. Dabei bestand früher die Vorstellung, Mulatten seien wie Maultiere unfruchtbar.[1][5]

Geschichtliche Verwendung des Begriffs

Der Begriff Mulatte wurde im System der Castas, in das die Menschen im spanischen Kolonialreich nach rassischen Kriterien eingeteilt wurden, wie auch im Sprachgebrauch der französischen und englischen Kolonien in Amerika sowie in den USA nur für die erste Generation der Nachkommen von Schwarzen und Weißen verwendet (siehe Abbildung). Für weitere Generationen der Vermischung gab es eigene Bezeichnungen.

Auch in den USA war die Bezeichnung Mulatte bis zum Aufkommen der sogenannten Eintropfenregel verbreitet, nach der jede Person mit einem schwarzen Vorfahren („einem Tropfen Blut“) als Schwarzer galt. Dieser Grundsatz ging in die Gesetzgebung ein und verbreitete sich im allgemeinen Bewusstsein der Bevölkerung. Infolgedessen wurden Mulatten ab 1930 im Zensus nicht mehr als eigene Bevölkerungsgruppe aufgeführt. Obwohl die Eintropfenregel gesetzlich längst abgeschafft ist, ist sie im Bewusstsein der amerikanischen Bevölkerung sowohl bei Weißen als auch bei Afroamerikanern nach wie vor verankert. Menschen mit einem weißen und einem schwarzen Elternteil oder auch mit nur einem schwarzen Großelternteil werden in der Regel als Schwarze angesehen. Ein generelles Bewusstsein für eine gemischte Abstammung nimmt erst seit den 1980er Jahren zu, und der Zensus bietet nun auch die Möglichkeit, sich als biracial („zweirassig“) oder multiracial („mehrrassig“) einzuordnen.

Siehe auch

Literatur

  • Susan Arndt (Hrsg.): AfrikaBilder. Studien zu Rassismus in Deutschland. Unrast, Münster 2006, ISBN 3-89771-028-5.
  • Susan Arndt und Antje Hornscheidt (Hrsg.): Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. ISBN 978-3-89771-424-3.
  • Katharina Oguntoye, May Ayim, Dagmar Schultz (Hrsg.): Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte. Orlanda Frauenverlag, Berlin 1986, ISBN 3-922166-21-0.
  • Katharina Oguntoye: Eine Afro-deutsche Geschichte. Zur Lebenssituation von Afrikanern und Afro-Deutschen in Deutschland von 1884 bis 1950. Hoho-Verlag Hoffmann, Berlin 1997, ISBN 3-929120-08-9.
  • Peggy Piesche, Michael Küppers, Ani Ekpenyong (Hrsg.): May Ayim Award – Erster internationaler schwarzer deutscher Literaturpreis 2004. Orlanda Frauenverlag, Berlin 2005, ISBN 3-936937-21-4.
  • Fatima El-Tayeb: Schwarze Deutsche. Der Diskurs um „Rasse“ und nationale Identität 1890–1933. Campus, Frankfurt/Main 2001, ISBN 3-593-36725-4.
  • Grada Kilomba: Die Kolonisierung des Selbst – der Platz des Schwarzen. In: Hito Steyerl. Encarnación Gutiérrez Rodriguez (Hrsg.): Spricht die Subalterne deutsch? Migration und postkoloniale Kritik. Unrast, Münster 2003, ISBN 3-89771-425-6.
  • Grada Kilomba: „Don’t You Call Me Neger!“ – Das N-Wort, Trauma und Rassismus. In: ADB, cyberNomads (Hrsg.): TheBlackBook. Deutschlands Häutungen. IKO, Frankfurt/Main 2004, ISBN 3-88939-745-X.
  • Grada Kilomba: Plantation Memories. Episodes of Everyday Racism. Münster, 2008. ISBN 978-3-89771-485-4.

Weblinks

 Wiktionary: Mulatte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Susan Arndt: Kolonialismus, Rassismus und Sprache. Kritische Betrachtungen der deutschen Afrikaterminologie. Aufsatz, September 2004, S. 4 (von der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlicht)
  2. Vgl. Eintrag im Duden, abgerufen am 4. August 2014.
  3. Enzyclopedia of Islam, Leiden 1993
  4. Leopoldo Eguilaz y Yanguas (1886): Glosario de las palabras españolas (castellanas, catalanas, gallegas, mallorquinas, pottugueses, valencianas y bascongadas), de orígen oriental (árabe, hebreo, malayo, persa y turco). Granada, La Lealtad, 1886
  5. 5,0 5,1 Petra Schaeber: Die Macht der Trommeln. Dissertation an der FU Berlin, Juli 2003, S. 31 f.


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