Niklas Luhmann und Sender-Empfänger-Modell: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Niklas Luhmann''' (* 8. Dezember 1927 in Lüneburg; † 6. November 1998 in Oerlinghausen) war ein deutscher [[Soziologe]] und [[Gesellschaftstheorie|Gesellschaftstheoretiker]]. Als einer der Begründer der [[Soziologische Systemtheorie|soziologischen Systemtheorie]] zählt Luhmann zu den herausragenden Klassikern der [[Sozialwissenschaften]] im 20. Jahrhundert.
[[Datei:Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver.jpg|mini|Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver]]


== Wissenschaftlicher Werdegang ==
Das '''Sender-Empfänger-Modell''' ist ein klassisches [[Kommunikationsmodell]]. Es wurde in den [[1940er|40er Jahren]] von [[Claude Elwood Shannon|Claude E. Shannon]] und [[Warren Weaver]] entwickelt und ist daher auch unter dem Namen '''Shannon-Weaver-Modell''' bekannt. Es handelt sich um ein [[Binärcode|binäres]] [[mathematisches Modell]] mit dem Ziel der Optimierung der [[Kommunikation]] im [[Nachrichtentechnik|nachrichtentechnischen]] Sinn als Austausch von [[Information]]en zwischen zwei Systemen, dem [[Absender|Sender]] und dem [[Empfänger (Information)|Empfänger]].
Luhmann studierte von 1946 bis 1949 Rechtswissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, mit einem Schwerpunkt auf  römischem Recht. Es folgte bis 1953 eine Referendarausbildung in Lüneburg. 1954 bis 1962 war er Verwaltungsbeamter in Lüneburg, 1954 bis 1955 am Oberverwaltungsgericht Lüneburg Assistent des Präsidenten. In dieser Zeit begann er auch mit dem Aufbau seiner [[wikipedia:Zettelkasten|Zettelkästen]].
1960/1961 erhielt Luhmann ein Fortbildungs-Stipendium für die Harvard-Universität, das er nach seiner Beurlaubung wahrnehmen konnte. Dort kam er in Kontakt mit [[Talcott Parsons]] und dessen [[wikipedia:Strukturfunktionalismus|strukturfunktionaler]] [[wikipedia:Systemtheorie#Systemtheorie bei Parsons|Systemtheorie]]. Nach seiner Tätigkeit als Referent an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer von 1962 bis 1965 und als Abteilungsleiter an der Sozialforschungsstelle an der Universität Münster in Dortmund von 1965 bis 1968 (1965/66 daneben ein Semester Studium der Soziologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster (Westfalen)) promovierte er dort 1966 zum Dr.sc.pol. (Doktor der Sozialwissenschaften) mit dem bereits 1964 erschienenen Buch ''Funktionen und Folgen formaler Organisation''. Fünf Monate später habilitierte] er sich bei [[wikipedia:Dieter Claessens|Dieter Claessens]] und [[wikipedia:Helmut Schelsky|Helmut Schelsky]] mit ''Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung. Eine verwaltungswissenschaftliche Untersuchung''. Mit seiner Berufung 1968 wurde Luhmann der erste Professor der Universität Bielefeld. Dort trug er zum Aufbau der ersten soziologischen Fakultät im deutschsprachigen Raum bei, lehrte und forschte bis zu seiner Emeritierung 1993.<ref>{{Literatur|Autor=Niklas Luhmann |Titel=„Was ist der Fall?” und „Was steckt dahinter?” Die zwei Soziologien und die Gesellschaftstheorie |Ort=Bielefeld |Jahr=1993 |Seiten=3}}</ref>


== Die funktional-strukturelle Systemtheorie Luhmanns bis 1975 ==
== Modellbeschreibung ==
Ein wesentliches Kennzeichen der luhmannschen Systemtheorie dieser Zeit (der Grundbegriff ist hier für ihn noch die soziale Handlung, im Gegensatz zu seiner späteren Systemtheorie, wo Systeme aus Kommunikationen bestehen) ist eine Umstellung im funktionalistischen Paradigma. [[Parsons]] Systemtheorie war ein Strukturfunktionalismus, Strukturen oder Systeme nehmen Funktionen für ein übergeordenetes System wahr, dienen der Strukturerhaltung. Luhmann kritisiert diese Sichtweise und entwickelt seine funktional-strukturelle Systemtheorie, in der Funktionen und deren Analyse eine andere Bedeutung bekommen als noch bei Parsons.
[[Datei:Bild 146xyz.jpg|mini|[[Joseph Beuys]]: "Letter from London" mit dem Detail "Sender (S) und Empfänger (E)". Darunter die Überkreuz-Bewegung der Geschichte vom Mythos (Mond) zum Sonnenstaat (Jupiter)]]
Beide Modellentwickler arbeiteten für eine [[Telefongesellschaft]], so dass das Modell ursprünglich technisch unter dem Blickwinkel des [[Medium (Kommunikation)|Mediums Telefon]] bezüglich einer Reduktion der Störanfälligkeit zwischen Übertragung und Empfang ausgerichtet war und die inhaltliche Bedeutung der [[Nachricht|Botschaft]] selbst nicht primär thematisierte.<ref name="RöhnerSchütz21">{{Literatur|Autor=Jessica Röhner, Astrid Schütz|Titel=Psychologie der Kommunikation|Verlag=Springer Verlag|Jahr=2015|Auflage=2.|Ort=Wiesbaden|ISBN=978-3-658-10024-7|Seiten=21| Online ={{Google Buch|BuchID=Sx03CwAAQBAJ | Seite = 21}}}}</ref> Im Rahmen der von Shannon entwickelten [[Informationstheorie]] ging es um die mathematische Beschreibung eines Transfervorgangs,<ref>{{Literatur|Autor=Christian Rohrlack|Titel=Reverse Technology Transfer in multinationalen Unternehmen: Bedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten|Verlag=Springer Verlag|Jahr=2010|Ort=Heidelberg/Berlin|ISBN=9783834988089|Seiten=98| Online ={{Google Buch|BuchID=H-ADBEw_hk8C| Seite = 98}}}}</ref> also unter anderem um [[Entropie]], [[Datenübertragung]], [[Datenkompression]] und das [[Signal-Rausch-Verhältnis]].
Shannon und Weaver propagierten die Modellkomponenten: Sender als [[Quelle (Nachrichtendienst)|Informationsquelle]] und Empfänger als Adressaten, Sendegerät als [[Kodierung|Kodierer]] und Empfängergerät als Dekodierer, zu übertragende [[Signal]]e, einen [[Kanal (Informationstheorie)|Übertragungskanal]] sowie auftretende, potentielle Störungen,<ref name="RöhnerSchütz21" /> wobei je nach Literatur die Elemente Signal und Störung weggelassen werden.<ref name="MattauschFrey">{{Internetquelle|titel=Kommunikationsmodelle|autor=Eva Traut-Mattausch, Dieter Frey|url=https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/psyifp/aeechterhoff/wintersemester2011-12/vorlesungkommperskonflikt/trautmattauschfrey_kommmodelle_handbkap2006.pdf |zugriff=2016-07-26}}</ref>
Bedingung für den Kommunikationsprozess ist die Einrichtung eines geeigneten Kommunikationskanals. Dies kann die Herstellung eines Blickkontaktes oder auch die Anwahl der gewünschten Telefon- beziehungsweise Handynummer sein.<ref name="MattauschFrey" /> Der Sender wählt eine Nachricht aus, verschlüsselt sie mittels Gerät und schickt die umgewandelten Signale durch den Kanal an das entschlüsselnde Empfängergerät, wo sie dann auf den Adressaten treffen.
Diesbezüglich ist zu beachten, dass in der Regel neben der Sprache auch [[nonverbal]]e Signale wie [[Mimik]] und [[Gestik]] gesendet werden.<ref name="MattauschFrey" />


Neben dem Beitrag zur Systemerhaltung bezieht sich Funktionalität nun zusätzlich auf umweltbedingte Problemlösungsanforderungen in spezifischen Situationen. Die funktionale Analyse verlagert den Bezugspunkt der theoretischen Orientierung von den Strukturen auf die Funktionen. Funktionen sind nicht als "zu bewirkende Wirkung", sondern als "regulatives Sinnschema" zu fassen, das zu Zwecken der Bewältigung von Umwelteinwirkungen gebildet wird. Funktionen sind unter dem funktional-strukturellen Aspekt im wesentlichen Anpassungsleistungen an die Umwelt.<ref>Vgl. Gabor Kiss: Einführung in die soziologischen Theorien II, 3. Aufl. 1977, S. 321ff.</ref>
== Störungen im Kommunikationsprozess ==
Die Kommunikation kann als erfolgreich gewertet werden, wenn die gesendete Nachricht mit der empfangenen identisch ist. Voraussetzung dafür ist, dass die benutzten Geräte kompatibel sind, die Ver- und Entschlüsselung übereinstimmen und die Übertragung selbst störungsfrei abläuft. Als Erfolgskontrolle kann die [[Feedback (Kommunikation)|Rückmeldung des Empfängers]] an den Sender gelten, die aber nicht zwangsläufig denselben Kanal nutzen muss.<ref name="RöhnerSchütz21" />


==== Handlung als Reduktion von Komplexität ====
Das Ausbleiben oder eine vom Sender nicht intendierte Reaktion des Empfängers deuten auf Störungen hin.
Soziales Handeln ist für Luhmann nicht wie für [[Max Weber]] durch sinnhafte Bezogenheit auf fremdes Verhalten bestimmt, z.B. Verfolgung von Zielen unter Berücksichtigung der zu erwartenden Reaktionen anderer, sondern stellt eine Reduktionsleistung dar:
Störungen können technischer, systemimmanenter Natur oder auch in den Kommunikationspartnern behaftet sein.
Als besonders [[Störungstheorie|störanfällig]] wird der Vorgang der [[Datenübertragung|Signalübertragung]] (z.B. durch [[Rauschen (Physik)|Rauschen]]) betrachtet.<ref name="RöhnerSchütz21" /> Weitere Störquellen sind medienimmanent bei verzerrten Funkwellen oder Bildstörungen auszumachen. Aber auch bei der [[Zwischenmenschliche Kommunikation|zwischenmenschlichen Kommunikation]], bei der die Nachricht aus der [[Gesprochene Sprache|gesprochenen Sprache]] besteht, kann es dann zu Störungen kommen, wenn es nicht vollkommen leise ist. Beispielsweise könnten gelangweilte Zuhörer in einer Vorlesung durch nicht zum Thema gehörige Nebengespräche Hintergrundgeräusche erzeugen, so dass die Nachricht nicht deutlich wahrgenommen werden kann.<ref name="RöhnerSchütz22">{{Literatur|Autor=Jessica Röhner, Astrid Schütz|Titel=Psychologie der Kommunikation, Basiswissen Psychologie|Verlag=Springer Verlag|Jahr=2015|Auflage=2.|Ort=Wiesbaden|ISBN=978-3-658-10024-7|Seiten=22 |Online ={{Google Buch|BuchID=Sx03CwAAQBAJ | Seite = 22}}}}</ref> Auch eine [[Verfälschung]] durch den [[Stille Post]]-Effekt ist möglich. Neben der erforderlichen gegenseitigen Aufmerksamkeit kann es zu Mehrdeutigkeiten und Übertragungsfehlern kommen, wenn die Zeichenverwendungen für den Kodierungsvorgang nicht eindeutig belegt sind, wie dies unter anderen bei der [[Übersetzung (Linguistik)|Übersetzung]] von einer Sprache in eine andere der Fall ist<ref name="RöhnerSchütz22" /> oder wenn die Kommunikationspartner aus unterschiedlichen [[Kulturkreis]]en stammen<ref name="Bornand">{{Literatur|Autor=Jilline Bornand|Titel=Einführung in die Psychologie und Pädagogik: Lerntext, Aufgaben mit kommentierten Lösungen und Glossar|Verlag=Compendio Bildungsmedien AG|Jahr=2004|Ort=Zürich|ISBN=9783715592213|Seiten=109 |Online ={{Google Buch|BuchID=8am8rLtiZ20C | Seite = 109}}}}</ref> sogar verschiedenen Generationen angehören.<ref name="Wingchen" >{{Literatur|Autor=Jürgen Wingchen|Titel=Kommunikation und Gesprächsführung für Pflegeberufe: Ein Lehr- und Arbeitsbuch.|Verlag=[[Schlütersche Verlagsgesellschaft]]|Jahr=2014|Ort=Hannover|ISBN=9783842685369|Seiten=16 |Online ={{Google Buch|BuchID=XN2EBQAAQBAJ | Seite = 16}}}}</ref>


"Für Luhmann ist Handlung Reduktion, d.h. ein Ergebnis jener Selektionsleistungen, die soziologisch nicht [[wikipedia:soziologische Handlungstheorie|handlungstheoretisch]], sondern immer nur systemtheoretisch - d.h. in Handlungs''systemen'' transparent gemacht werden können. (...) Das Faktum der Weltkomplexität macht eben im Interesse des Überlebens eine handlungsorientierende Überlebensstrategie erforderlich, deren grundlegendes Merkmal in der Reduktion dieser Komplexitäten besteht." (Gabor Kiss: 326f.)
Ursächlich für weitere Störungen, die den an der Kommunikation beteiligten Personen zuzuschreiben sind, können unter anderem in der [[Soziale Kognition|sozialen Informationsverarbeitung]] und der damit verbundenen [[Einstellung (Psychologie)| Haltung]] gegenüber der Information selbst und der Beziehung zwischen den Partnern gesehen werden, was die Wahrnehmung verzerren könnte. Hier fällt auch die [[Kongruenz (Psychotherapie)|Kongruenz]] zwischen verbalen und nonverbalen Signalen hinein. Dies zielt insbesondere auf die [[Motivation]] und Fähigkeit ab, Nachrichten [[zielgruppe]]nadäquat zu kodieren und darauf, dies entsprechend zu dekodieren und damit zu verstehen. Beispielsweise könnte in Artikeln die [[Verständlichkeit]] durch die Verwendung von [[Fachbegriff]]en für bestimmte Personengruppen erschwert werden. In diesem Zusammenhang spielt auch [[Zeitdruck]] eine Rolle.<ref name="MattauschFrey" />
Den Sender kann zu einer reibungsfreieren Kommunikation beitragen, indem er Methoden zur Erhöhung der Verständlichkeit im Vorfeld mit einbezieht wie kurze Sätze, die Nutzung von Wort und Bild und ähnliches.<ref name="MattauschFrey" />


==== Interaktionen, Organisationen und Gesellschaft als soziale Systeme ====
== Stärken und Schwächen des Modells ==
Durch die Popularisierung von sozialwissenschaftlichen Begriffen, wie dem des sozialen Systems, denkt man zu "System" gewöhnlich an größere Einheiten, wie dem Wirtschaftsystem etwa. Aus systemtheoretischer Sicht ist jedoch eine jede Organisation, wie z.B. eine [[Waldorfschule]], ein soziales System.
Eine wesentliche Stärke des Modells liegt darin, dass es Kommunikation einfach strukturiert mit wesentlichen Kernelementen abbildet.
Die Entwicklung des Modells geschah jedoch vor dem geschichtlichen Hintergrund des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]]. So bildet der Hauptkritikpunkt die Annahme, dass Kommunikation immer einen sachlichen Informationsfluss bedient, der durch einen Informationskanal fließt und sicher sowie störungsfrei zu ver- und entschlüsseln sei, es geht „also um Fragen, mit denen sich kriegführende Parteien, Geheimdienste, Telefongesellschaften und Funk- und Fernsehtechniker befassen.“<ref name="Kannetzky"> {{Internetquelle|autor= Frank Kannetzky|titel=Dilemmata der Kommunikationstheorie|url=http://www.uni-leipzig.de/~kannetzk/Texte/Kannetzky%20Dilemmata%20der%20Kommunikationstheorie.pdf|zugriff=2016-07-28}}</ref> Kommunikation muss nicht zwangsläufig primär, wenngleich auch, auf eine Informationshandlung abzielen, wie das beispielsweise beim Begrüßen beim Betreten eines Raumes der Fall sein kann. Teilweise kann die Sache selbst auch verschwiegen und so nicht mitgeteilt werden. Demzufolge fehlt dem Modell die differenzierte Betrachtung des Sprechaktes, welche beispielsweise dazu führt, dass eine Information als [[Witz]] oder [[Ironie]] erkannt wird. Fraglich ist weiterhin die Unterstellung der Gleichwertigkeit der Kanäle, das bedeutet, ein Face-to-Face Gespräch wird genauso wie ein maschinell übertragener Prozess erfasst und die Gleichsetzung einer störungsfreien mit einer gelungenen Kommunikation.<ref name="Kannetzky" />


Das Handlungssystem [[Parsons]] ist zwar das übergeordnete "Großeganze", aber gleichzeitig auch die einzelne Handlung eines Individuums, als systemischer Vorgang betrachtet. Zur sozialen Systembildung kommt es bereits auf der Ebene der [[wikipedia:Interaktion|Interaktion]]. Dies wird von Luhmann am Beipiel der [[wikipedia:Doppelte Kontingenz|Doppelten Kontingenz]] erörtert. Bei der Begegnung von sich bisher unbekannten Ego und Alter, oder in neuen Situationen, für die es keine Rezepte gibt, entsteht die Situation einer völligen Offenheit, was zu tun ist, etwa einen Smalltalk beginnen. Sobald jedoch das Gespräch in Gang kommt, verringert sich die Kontingenz, es bildet sich ein Interaktionssystem, weil Ego und Alter sich aufeinander einstellen, und es im Fortlauf der Interaktionen eine stabilisierende Einschränkung stattfindet, was weiter folgen kann. Dies ist die Komplexitätsreduktion, von der Luhmann annimmt, daß soziales Handeln wesentlich durch sie bestimmt ist.
== Modellvarianten ==
In der [[Kommunikationspsychologie]] und in der [[Gruppendynamik]] wird das ursprünglich technisch orientierte Modell variiert. So griff beispielsweise der [[Soziologe]] [[Stuart Hall (Soziologe)|Stuart Hall]] in den [[80er Jahre]]n das Sender-Empfänger-Modell auf und thematisierte insbesondere die [[Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung|psychosozial]]e Komponente.<ref name="Polzin/Weigl">{{Literatur|Autor=Brigitte Polzin, Herre Weigl|Titel=Führung, Kommunikation und Teamentwicklung im Bauwesen: Grundlagen – Anwendung – Praxistipps|Verlag=Springer Verlag|Jahr=2015|Ort=Berlin/Heidelberg|ISBN=9783658066987|Seiten= 76|Online ={{Google Buch|BuchID=gY-3BgAAQBAJ| Seite =76}}}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Tobias Amshoff u.a.|Titel=physiolexikon: Physiotherapie von A bis Z|Verlag=Georg Thieme Verlag|Jahr=2010|Ort=Stuttgart|ISBN=9783131630018|Seiten=457 |Online ={{Google Buch|BuchID=Bv3a01Dn_9AC| Seite =457 }}}}</ref>


Komplexität bezieht sich mehr auf Wahrnehmung und Erleben, Kontingenz auf mögliche Alternativen der Selektion. Indem das handelnde Individuum die Kontingenz einschränkt und Komplexität reduziert, ist es zusammen mit anderen sozialen Individuen Stifter der sozialen Systeme, angefangen bei den Interaktionen, über Institutionen und Organisationen bis zum System der Gesellschaft. Die Gesellschaft als System ist aus Handeln aufgebaut, bzw. dem, was als Handeln ''erwartbar'' ist. Die Erwartbarkeit des Handelns ist ein wesentliches Element von Handlungssystemen. Von einem Lehrer einer Waldorfschule erwartet man anderes Verhalten als von einem Schüler.
Das [[Vier-Seiten-Modell]] von [[Friedemann Schulz von Thun]] baute weiterhin das Shannon-Weaver-Modell dahingehend aus, dass Nachrichten sowohl vom Sender als auch vom Empfänger nach den vier Seiten Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehung und Appell interpretiert werden können.<ref name="Polzin/Weigl" />
Bereits in den [[70er Jahre]]n erweiterte [[Carl Friedrich Graumann|Graumann]] das ursprüngliche Modell um eine achte Komponente, die Rückmeldung. Dieses Modell beschränkt sich auf einen Kommunikationsbegriff, der den Austausch von Informationen als objektiv messbar ansieht, so dass Störungen auf einen fehlerhaften Kommunikationskanal oder Fehler beim Ko- und Dekodieren zurückgeführt werden.<ref name="Nerdinger" >{{Literatur|Autor=Friedemann W. Nerdinger u. a.|Titel=Arbeits- und Organisationspsychologie|Verlag=Springer Verlag|Jahr=2014|Auflage=3.|Ort=Berlin/Heidelberg|ISBN=9783642411304|Seiten= 60|Online ={{Google Buch|BuchID=xiQjBAAAQBAJ| Seite =60 }}}}</ref>


Aus solcher systemtheoretischen Sicht findet Soziales generell im Rahmen von Systemen statt. Es gibt kein soziales Handeln außerhalb solcher Systeme, oder wenn es solches soziales Handeln gibt, dann ist mit ihm die System''bildung'' gegeben. Dieser Systemcharakter des sozialen Handelns zeigt sich in der modernen Gesellschaft als stark gesteigert, die moderne Gesellschaft ist ''organisiert'', weshalb Soziologen auch von der modernen Gesellschaft als einer [[wikipedia:Organisationsgesellschaft|Organisationsgesellschaft]] sprechen.
== Anwendungen ==
Das Sender-Empfänger-Modell findet immer dort Einzug, wo Kommunikation eine besondere Bedeutung besitzt. Dies ist beispielsweise der Fall bei [[Geisteswissenschaft]]en,<ref>{{Literatur|Autor=Doris Ternes|Titel=Kommunikation - eine Schlüsselqualifikation: Einführung zu wesentlichen Bereichen zwischenmenschlicher Kommunikation|Verlag=[[Junfermann]] Verlag|Jahr=2008|Ort=Paderborn|ISBN=9783873877054|Seiten= 31|Online ={{Google Buch|BuchID=hWjjfN0sRF4C| Seite =31 }}}}</ref> der [[Arbeitspsychologie|Arbeits-]] und [[Organisationspsychologie]],<ref name="Nerdinger" /> der [[Psychologie]] und [[Pädagogik]]<ref name="Bornand" /> oder auch ganz konkret in der [[Gesundheits- und Krankenpflege|Pflege]]<ref name="Wingchen" /> der [[Patient-Arzt-Beziehung|ärztlichen Kommunikation]]<ref>{{Literatur|Autor=Axel Schweickhardt, Kurt Fritzsche|Titel=Kursbuch ärztliche Kommunikation: Grundlagen und Fallbeispiele aus Klinik und Praxis|Verlag=Deutscher Ärzteverlag|Jahr=2007|Ort=Köln|ISBN=9783769132281|Seiten= 4|Online ={{Google Buch|BuchID=TPKKPITKSsEC| Seite =4 }}}}</ref> und sogar im [[Bauwesen]].<ref name="Polzin/Weigl" />


Dies ist auch ein Thema eines Interviews mit [[Konrad Schily]] 2010 gewesen:
== Siehe auch ==
<div style="margin-left:20px">
* {{WikipediaDE|Sender-Empfänger-Modell}}
"''Thomas Brunner'': Da kann ich ganz gut anschließen mit der nächsten Frage. Wir gehen über in grundsätzliche Fragestellungen. [[Pestalozzi]] unterscheidet, ganz deutlich zwischen individueller Existenz und kollektiver Existenz und er sagt, der Mensch wird entwurzelt, wenn er in seinem Bildungsweg in ein generalisiertes, verallgemeinertes System verpflanzt wird. Also deswegen ist er ja erst mal auch ein Gegner von organisierter Schule. Der Soziologe Niklas Luhmann hingegen, nennt diese ganze idealistische Zeit einen moralischen Mythos. Er sagt, das sind schöne Ideale. Heute gelte es, in den modernen komplexen Gesellschaften aber, eine adäquate Wahrheitstheorie zu entwickeln, also nicht mehr die Vernunft des Individuums solle zur Wirksamkeit kommen, sondern eine adäquate, die sich nicht mehr durch die menschliche Unmittelbarkeit definiert, sondern grundsätzlich im Sinne eines generalisierenden und abstrakten Codes von Regeln.
* {{WikipediaDE|Liste der Kommunikationsmodelle}}


''Konrad Schily'': Also es gibt nicht die Wahrheit, sondern es gibt die Vereinbarung.
== Weblinks ==
 
{{Commonscat|Shannon-Weaver communication model|Sender-Empfänger-Modell|3=S}}
''Thomas Brunner'': Genau. Für Luhmann gibt es deshalb nur die Möglichkeit sich mit den bestehenden Systemen durch Kompromisse zu arrangieren. Realität haben für ihn nur der Markt und der Staat.
 
''Konrad Schily'': Ich halte den Luhmann für den Philosophen des Unwesentlichen, denn er macht ja alles Wesentliche zu einem Surrogat. Zu einem Vorgestellten. Und der Chomeni sagt, die Gemeinde in Allah ist einig und wer nicht einig ist, ist nicht bei Allah und den kann man umbringen. Und das macht der Westen auch. Der grenzt auch aus. Das ist die Vereinbarung. Ja, da gibt ´s mal Vereinbarungen hin und her. Also deutsche Rechtschreibung und so. Das ist dann wieder komisch. Aber manchmal ist es gar nicht komisch. Oder ich könnte auch sagen, Luhmann ist für mich jemand des „Dran vorbei“, ja? Ein Organismus ist etwas total anderes, als ein System. Aber alle Leute lieben heute das System. Das System tut. Na, das eignet sich wunderbar. Alle Moleküle versammeln sich im System und das System beschließt, ja? Das System beschließt also jetzt machen wir den aufrechten Menschen oder wir machen die Qualle oder so. Na, Unsinn ist das! Oder die Gehirnforscher sagen, das Gehirn überlegt. Ich sage, ja und heute Morgen kam ich ans Klavier. Da hat sich das Klavier Mozart überlegt. War wunderbar. Hab´s nur nicht gehört, weil da saß keiner, der Mozart spielt. Also da merkt man, wie man in die Täuschung gerät.
 
''Ralf Gleide'': Ja, mal eine freie Frage dazwischen. Jetzt noch mal, wenn man jetzt unterscheidet: Individuelle Existenz und kollektive Existenz und sagen, wir sind mit dem Staat und mit den Verabredungen im Reich dieser kollektiven Existenz und im Geistesleben brauchen wir aber die Individualität mit ihrer Ursprünglichkeit, wie Sie das auch in Ihrem Buch nennen. Warum haben Sie vorhin davon gesprochen, dass es gegenüber der Klüngelei eine Aufsichtsfunktion des Staates braucht? Also warum sehen Sie den Staat als die Instanz an, die diese Aufsichtsfunktion übernehmen muss."<ref>Die Standardisierung ist genau das Mittel, um die Komplexität nicht mehr begreifbar zu machen, Konrad Schily, 8/2010          
 
Thomas Brunner, Ralf Gleide und Clara Steinkellner im Gespräch mit Dr. Konrad Schily, Witten, 17.8.2010. Eine gekürzte Fassung ist in Die Drei, Ausgabe 2011/1 erschienen. zitiert nach [http://www.dreigliederung.de/essays/2010-08-001.html]</ref></div>
 
Die erwähnten "Vereinbarungen" sind aber aus systemtheoretischer Sicht nur eine Variante von ''Erwartbarkeit''. In dem Ausschnitt des Interviews ist die Fragestellung mit der Unterscheidung von individueller vs. kollektiver Existenz scharf herausgestellt: Darf eine Waldorfschule ''organisiert'' sein, wenn sie ihren Auftrag einer freiheitlichen Erziehung wahrnehmen können soll? Und wenn ja, wie unterscheidet sich dann solche Organisation von der üblichen Organisationsweise? Nicht nur auf der großen Ebene der drei Teilbereiche der Gesellschaft ist diese Frage gestellt: Eine Waldorfschule als sozialer Organismus ist etwas total anderes als ein soziales System. (Sinngemäß K. Schily) ''(oder sollte es sein, wozu der Unterschied genauer zu bestimmen wäre.)
''
 
Luhmann selbst liefert mit seiner späteren Umstellung des Grundbegriffs seiner Systemtheorie von Handlung auf Kommunikation einen Aspekt: Diese Umstellung erfolgt nicht, weil sie "wahrer" ist, sondern weil die Phänomene des Sozialen so besser faßbar und adäquater zu beschreiben seien, womit Luhmann keine objektive Wahrheit beansprucht, sondern die Sichtweise seiner neuen Systemtheorie als ihm gutdünkende Bewältigung von "Irritationen" aus "Struktureller Kopplung" ansieht. Gemäß der hier näher zu untersuchenden frühen Systemtheorie, bezieht sich das auf die Funktionaliät von System und Strukturen in ihrem Umweltbezug.
 
==== Exkurs: Die Grenzen von Systemen und der intersystemische Austausch ====
Zu dem scheinbar leicht faßbaren Begriff des Systems gehört der Begriff der "Grenze". Ein System ist abgegrenzt zu seiner Umwelt, hat aber Beziehungen zur Umwelt. Diese Beziehungswirklichkeit ist auch bei Annahme autopoietisch geschlossener Systeme nicht aufgehoben.
Wie sich etablierte oder sich etablierende Systeme zur Umwelt verhalten ist wichtiges Forschungsgebiet der Sozialwissenschaften.
Die besondere Schwierigkeit für die Forschung auf dem Gebiet ist die Verquickung von Begriff und Wahrnehmung mit dem aktiven Handeln und der realitätsbewirkenden Macht des Handelns, auch des sozialen Verhaltens ohne Handlungsintention. Der amerikanische [[Pragmatismus]] hat diesen <ref>Dies entspricht nicht dem populären Verständnis von "Pragmatismus". Die erkenntnistheoretische Position ist darüber hinaus, daß Wahrheit ein Produkt des Wollens ist, des Ja-Sagens zu einer zukünftigen Realität, die aber natürlich nur aus dem schon gegebenen gesetzmäßig hervorgehen kann, wobei die Freiheit der Fortsetzung dann zukünftige Realität schafft.</ref><ref>Der amerikanische Pragmatismus ist eine orignräre Schöpfung des invasiven Amerikas, ist nicht 'anglo-amerikanisch', sondern Ergebnis des Kulturbedürfnisses entwurzelter Auswanderer, sich in einer fremden Welt zurecht zu finden, in der die mitgebrachten kulturellen Traditionen nutzlos waren.</ref>Aspekt zum Prinzip seiner Philosophie erhoben, und es ist in der Tat wahr, daß die soziale Realität mit ein Ergebnis davon ist, wie Menschen über sie denken, und wie sie entsprechend handeln.
Dies gilt natürlich auch für die Wahrnehmung von Grenzen, und ihre Bestätigung oder ''Überschreitung'' im sozialen Handeln. Der Grenzbegriff ist in sich widersprüchlich. Eine Grenze ist eine Grenze und zugleich keine. Man kann zum Beispiel [[wikipedia:Korruption|Korruption]] als eine ''unerlaubte'' Überschreitung einer rechtlich bestimmten oder sozial anerkannten Grenze ansehen. In der implizit gegebenen Anerkennung des Verbots bei seiner Mißachtung wird die Grenze zwar bestätigt, aber mit einer massenhaften Überschreitung ist oft die Beschädigung oder gar Auflösung verbunden. Es gibt Länder oder Regionen, oder es gibt solche Verhältnisse zu Zeiten, in denen ohne Bestechung sich von den zuständigen Beamten nichts erreichen läßt, ihr Verhalten ökonomisch manipuliert ist, statt dem Prinzip der Gleichbehandlung zu folgen. Ähnlich im Verhältnis zwischen Wissenschaft (Kultursystem) und dem Ökonomischen, wenn z.B. ein von der Zigarettenindustrie bezahlter Wissenschaftler Forschungsergebnisse bezügl. der Schädlichkeit des Rauchens manipuliert.
Der Übergang von einem erlaubten oder erwünschten Verhalten bei Grenzüberschreitungen zu einem unerlaubten oder jedenfalls nicht wünschenswerten, oder unter anderem Aspekt objektiv schädlichen Verhalten kann fließend sein, wie beim [[wikipedia:Lobbyismus|Lobbyismus]], dessen grassierende Auswüchse demokratische Prinzipien zu untergraben drohen.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references />
== Werke (Auswahl) ==
*''Funktionen und Folgen formaler Organisation'' (1964)
*''Zweckbegriff und Systemrationalität'' (1968) ''(Ein Klassiker der [[wikipedia:Organisationssoziologie|Organisationssoziologie]]; [http://www.suhrkamp.de/buecher/zweckbegriff_und_systemrationalitaet-niklas_luhmann_27612.pdf Suhrkamp Klappentext])''
*''Rechtssoziologie'' (1980)
 
''Geeignete Einstiegsliteratur:''
*Liebe als Passion: Zur Codierung von Intimität Suhrkamp, 1982 ''(Luhmanns schönstes Buch heißt es, untersucht die Genese der romantischen Liebe)''
*Ökologische Kommunikation: Kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstellen? 1986 ''(An einem populären Thema stellt Luhmann alle wesentlichen Aspekte seiner späteren Systemtheorie vor. Das Buch ist von ihm möglichst einfach und verständlich gehalten, und insofern als Einführung geeignet)''


[[Kategorie:Kommunikationswissenschaft]]
[[Kategorie:Kommunikationsmodell]]
[[Kategorie:Sozialpsychologie]]


[[Kategorie: Soziologie und Anthroposophie]]
{{Wikipedia}}
{{wikipedia}}

Version vom 9. März 2018, 05:16 Uhr

Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver

Das Sender-Empfänger-Modell ist ein klassisches Kommunikationsmodell. Es wurde in den 40er Jahren von Claude E. Shannon und Warren Weaver entwickelt und ist daher auch unter dem Namen Shannon-Weaver-Modell bekannt. Es handelt sich um ein binäres mathematisches Modell mit dem Ziel der Optimierung der Kommunikation im nachrichtentechnischen Sinn als Austausch von Informationen zwischen zwei Systemen, dem Sender und dem Empfänger.

Modellbeschreibung

Joseph Beuys: "Letter from London" mit dem Detail "Sender (S) und Empfänger (E)". Darunter die Überkreuz-Bewegung der Geschichte vom Mythos (Mond) zum Sonnenstaat (Jupiter)

Beide Modellentwickler arbeiteten für eine Telefongesellschaft, so dass das Modell ursprünglich technisch unter dem Blickwinkel des Mediums Telefon bezüglich einer Reduktion der Störanfälligkeit zwischen Übertragung und Empfang ausgerichtet war und die inhaltliche Bedeutung der Botschaft selbst nicht primär thematisierte.[1] Im Rahmen der von Shannon entwickelten Informationstheorie ging es um die mathematische Beschreibung eines Transfervorgangs,[2] also unter anderem um Entropie, Datenübertragung, Datenkompression und das Signal-Rausch-Verhältnis. Shannon und Weaver propagierten die Modellkomponenten: Sender als Informationsquelle und Empfänger als Adressaten, Sendegerät als Kodierer und Empfängergerät als Dekodierer, zu übertragende Signale, einen Übertragungskanal sowie auftretende, potentielle Störungen,[1] wobei je nach Literatur die Elemente Signal und Störung weggelassen werden.[3] Bedingung für den Kommunikationsprozess ist die Einrichtung eines geeigneten Kommunikationskanals. Dies kann die Herstellung eines Blickkontaktes oder auch die Anwahl der gewünschten Telefon- beziehungsweise Handynummer sein.[3] Der Sender wählt eine Nachricht aus, verschlüsselt sie mittels Gerät und schickt die umgewandelten Signale durch den Kanal an das entschlüsselnde Empfängergerät, wo sie dann auf den Adressaten treffen. Diesbezüglich ist zu beachten, dass in der Regel neben der Sprache auch nonverbale Signale wie Mimik und Gestik gesendet werden.[3]

Störungen im Kommunikationsprozess

Die Kommunikation kann als erfolgreich gewertet werden, wenn die gesendete Nachricht mit der empfangenen identisch ist. Voraussetzung dafür ist, dass die benutzten Geräte kompatibel sind, die Ver- und Entschlüsselung übereinstimmen und die Übertragung selbst störungsfrei abläuft. Als Erfolgskontrolle kann die Rückmeldung des Empfängers an den Sender gelten, die aber nicht zwangsläufig denselben Kanal nutzen muss.[1]

Das Ausbleiben oder eine vom Sender nicht intendierte Reaktion des Empfängers deuten auf Störungen hin. Störungen können technischer, systemimmanenter Natur oder auch in den Kommunikationspartnern behaftet sein. Als besonders störanfällig wird der Vorgang der Signalübertragung (z.B. durch Rauschen) betrachtet.[1] Weitere Störquellen sind medienimmanent bei verzerrten Funkwellen oder Bildstörungen auszumachen. Aber auch bei der zwischenmenschlichen Kommunikation, bei der die Nachricht aus der gesprochenen Sprache besteht, kann es dann zu Störungen kommen, wenn es nicht vollkommen leise ist. Beispielsweise könnten gelangweilte Zuhörer in einer Vorlesung durch nicht zum Thema gehörige Nebengespräche Hintergrundgeräusche erzeugen, so dass die Nachricht nicht deutlich wahrgenommen werden kann.[4] Auch eine Verfälschung durch den Stille Post-Effekt ist möglich. Neben der erforderlichen gegenseitigen Aufmerksamkeit kann es zu Mehrdeutigkeiten und Übertragungsfehlern kommen, wenn die Zeichenverwendungen für den Kodierungsvorgang nicht eindeutig belegt sind, wie dies unter anderen bei der Übersetzung von einer Sprache in eine andere der Fall ist[4] oder wenn die Kommunikationspartner aus unterschiedlichen Kulturkreisen stammen[5] sogar verschiedenen Generationen angehören.[6]

Ursächlich für weitere Störungen, die den an der Kommunikation beteiligten Personen zuzuschreiben sind, können unter anderem in der sozialen Informationsverarbeitung und der damit verbundenen Haltung gegenüber der Information selbst und der Beziehung zwischen den Partnern gesehen werden, was die Wahrnehmung verzerren könnte. Hier fällt auch die Kongruenz zwischen verbalen und nonverbalen Signalen hinein. Dies zielt insbesondere auf die Motivation und Fähigkeit ab, Nachrichten zielgruppenadäquat zu kodieren und darauf, dies entsprechend zu dekodieren und damit zu verstehen. Beispielsweise könnte in Artikeln die Verständlichkeit durch die Verwendung von Fachbegriffen für bestimmte Personengruppen erschwert werden. In diesem Zusammenhang spielt auch Zeitdruck eine Rolle.[3] Den Sender kann zu einer reibungsfreieren Kommunikation beitragen, indem er Methoden zur Erhöhung der Verständlichkeit im Vorfeld mit einbezieht wie kurze Sätze, die Nutzung von Wort und Bild und ähnliches.[3]

Stärken und Schwächen des Modells

Eine wesentliche Stärke des Modells liegt darin, dass es Kommunikation einfach strukturiert mit wesentlichen Kernelementen abbildet. Die Entwicklung des Modells geschah jedoch vor dem geschichtlichen Hintergrund des Zweiten Weltkriegs. So bildet der Hauptkritikpunkt die Annahme, dass Kommunikation immer einen sachlichen Informationsfluss bedient, der durch einen Informationskanal fließt und sicher sowie störungsfrei zu ver- und entschlüsseln sei, es geht „also um Fragen, mit denen sich kriegführende Parteien, Geheimdienste, Telefongesellschaften und Funk- und Fernsehtechniker befassen.“[7] Kommunikation muss nicht zwangsläufig primär, wenngleich auch, auf eine Informationshandlung abzielen, wie das beispielsweise beim Begrüßen beim Betreten eines Raumes der Fall sein kann. Teilweise kann die Sache selbst auch verschwiegen und so nicht mitgeteilt werden. Demzufolge fehlt dem Modell die differenzierte Betrachtung des Sprechaktes, welche beispielsweise dazu führt, dass eine Information als Witz oder Ironie erkannt wird. Fraglich ist weiterhin die Unterstellung der Gleichwertigkeit der Kanäle, das bedeutet, ein Face-to-Face Gespräch wird genauso wie ein maschinell übertragener Prozess erfasst und die Gleichsetzung einer störungsfreien mit einer gelungenen Kommunikation.[7]

Modellvarianten

In der Kommunikationspsychologie und in der Gruppendynamik wird das ursprünglich technisch orientierte Modell variiert. So griff beispielsweise der Soziologe Stuart Hall in den 80er Jahren das Sender-Empfänger-Modell auf und thematisierte insbesondere die psychosoziale Komponente.[8][9]

Das Vier-Seiten-Modell von Friedemann Schulz von Thun baute weiterhin das Shannon-Weaver-Modell dahingehend aus, dass Nachrichten sowohl vom Sender als auch vom Empfänger nach den vier Seiten Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehung und Appell interpretiert werden können.[8] Bereits in den 70er Jahren erweiterte Graumann das ursprüngliche Modell um eine achte Komponente, die Rückmeldung. Dieses Modell beschränkt sich auf einen Kommunikationsbegriff, der den Austausch von Informationen als objektiv messbar ansieht, so dass Störungen auf einen fehlerhaften Kommunikationskanal oder Fehler beim Ko- und Dekodieren zurückgeführt werden.[10]

Anwendungen

Das Sender-Empfänger-Modell findet immer dort Einzug, wo Kommunikation eine besondere Bedeutung besitzt. Dies ist beispielsweise der Fall bei Geisteswissenschaften,[11] der Arbeits- und Organisationspsychologie,[10] der Psychologie und Pädagogik[5] oder auch ganz konkret in der Pflege[6] der ärztlichen Kommunikation[12] und sogar im Bauwesen.[8]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Sender-Empfänger-Modell - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3  Jessica Röhner, Astrid Schütz: Psychologie der Kommunikation. 2. Auflage. Springer Verlag, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-10024-7, S. 21 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  2.  Christian Rohrlack: Reverse Technology Transfer in multinationalen Unternehmen: Bedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten. Springer Verlag, Heidelberg/Berlin 2010, ISBN 9783834988089, S. 98 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Eva Traut-Mattausch, Dieter Frey: Kommunikationsmodelle. Abgerufen am 26. Juli 2016.
  4. 4,0 4,1  Jessica Röhner, Astrid Schütz: Psychologie der Kommunikation, Basiswissen Psychologie. 2. Auflage. Springer Verlag, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-10024-7, S. 22 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  5. 5,0 5,1  Jilline Bornand: Einführung in die Psychologie und Pädagogik: Lerntext, Aufgaben mit kommentierten Lösungen und Glossar. Compendio Bildungsmedien AG, Zürich 2004, ISBN 9783715592213, S. 109 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  6. 6,0 6,1  Jürgen Wingchen: Kommunikation und Gesprächsführung für Pflegeberufe: Ein Lehr- und Arbeitsbuch.. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover 2014, ISBN 9783842685369, S. 16 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  7. 7,0 7,1 Frank Kannetzky: Dilemmata der Kommunikationstheorie.pdf Dilemmata der Kommunikationstheorie. Abgerufen am 28. Juli 2016.
  8. 8,0 8,1 8,2  Brigitte Polzin, Herre Weigl: Führung, Kommunikation und Teamentwicklung im Bauwesen: Grundlagen – Anwendung – Praxistipps. Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 2015, ISBN 9783658066987, S. 76 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  9.  Tobias Amshoff u.a.: physiolexikon: Physiotherapie von A bis Z. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 9783131630018, S. 457 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  10. 10,0 10,1  Friedemann W. Nerdinger u. a.: Arbeits- und Organisationspsychologie. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 2014, ISBN 9783642411304, S. 60 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  11.  Doris Ternes: Kommunikation - eine Schlüsselqualifikation: Einführung zu wesentlichen Bereichen zwischenmenschlicher Kommunikation. Junfermann Verlag, Paderborn 2008, ISBN 9783873877054, S. 31 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  12.  Axel Schweickhardt, Kurt Fritzsche: Kursbuch ärztliche Kommunikation: Grundlagen und Fallbeispiele aus Klinik und Praxis. Deutscher Ärzteverlag, Köln 2007, ISBN 9783769132281, S. 4 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).


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