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Homoiomerien
Homoiomerien (griech. ὁμοιομερῆ, hómoiosmere, von griech. ὅμοιος hómoios „gleich, gleichartig, ähnlich“ und μέρος meros „Teil“) sind nach der Naturphilosophie des Anaxagoras die unendlich vielen, kleinen, sinnlich nicht wahrnehmbaren, chaotisch gemischten Bestandteile, die „Samen der Dinge“, aus denen der Nus, die ordnende Weltvernunft, durch Mischung die sinnliche Erscheinungswelt aufbaut. Dabei gebe es unendlich viele verschiedene Arten dieser „Urstoffe“, die den Dingen entsprechen, die sich aus ihnen zusammensetzen.
„Anaxagoras, der Sohn des Hegesibulos, aus Klazomenai erwies als Anfänge des Seienden die "Gleichteilchen"; denn es schien ihm ganz unmöglich zu sein, wie aus Nichtseiendem etwas entstehen, bzw. in das Nichtseiende vergehen könne. Wir nehmen jedenfalls jeweils nur eine Art einfacher Nahrung zu uns: Brot und Wasser, doch aus ihr nähren sich Haare, Venen, Arterien, Muskeln, Nerven, Knochen und die übrigen Teile <des Körpers>. Insofern müssen wir zugeben, dass in der zugeführten Nahrung alle diese Stoffe enthalten sind und aus ihrem Nährboden alles erwächst. In jener Nahrung sind also Teile, die das Wachstum des Blutes, der Nerven, der Knochen usw. in Gang setzen.
Diese Teilchen waren <nach ihm> nur durch Denken erkennbar; denn man darf nicht alles der sinnlichen Wahrnehmung zuführen wollen, nur weil es sich aus Brot und Wasser aufbaut; nein, in diesen gibt es nur durch Denken erkennbare Teilchen.
Weil nun die Teilchen in der Nahrung dem, was daraus entsteht, gleich ist, nannte er sie "Gleichteilchen" und erwies sie als die Anfänge der seienden Dinge, und zwar die Gleichteilchen als Stoff, als wirkende Ursache aber den alles ordndenden Geist.“
„Indem Anaxagoras den alten Lehrsatz fand, dass nichts aus dem nichts entsteht, beseitigte er die Entstehung und führte statt der Entstehung die Aussonderung ein; denn er schwatzte daher, dass alles miteinander vermischt sei, sich aber absondere, indem es heranwachse. Denn in dem selben Keim seien Haare und Zehen und Venen und Arterien und Sehnen und Knochen, aber sie seien unerkennbar wegen ihrer Kleinteiligkeit, indem sie aber allmählich heranwüchsen, sonderten sie sich aus. "Denn wie könnte," sagte er, "aus Nichthaar Haar und Fleisch aus Nichtfleisch entstehen?" Dies behauptete er nicht nur von den Körpern, sondern auch von den Farben; denn es sei auch in dem Weißen das Schwarze und das Schwarze in dem Weißen. Die selbe These vertrat er auch zum Gewicht, indem er annahm, zu dem Schweren sei das Leichte gemischt und, dieses wieder zu jenem.“
Die Bezeichnung „Homoiomerien“ ist allerdings nicht direkt von Anaxagoras überliefert, sondern geht auf Aristoteles zurück.
„Anaxagoras von Klazomenae ... nimmt eine unendliche Vielheit von Urbestandteilen an. So ziemlich alles, was aus gleichartigen Teilen besteht nach der Art von Wasser oder Feuer, entstehe und vergehe allein durch Mischung und Scheidung; ein Entstehen und Vergehen in anderem Sinne habe es nicht, sondern bleibe ewig.“
Literatur
- Hermann Diels, Walther Kranz: Die Fragmente der Vorsokratiker. 6. Auflage, 1951, Nr. 59 Digitalisat; griechisch-deutsch
- Wilhelm Capelle: Die Vorsokratiker. Die Fragmente und Quellenberichte. 9. Auflage, Alfred Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-520-11909-4 (Quellentexte in deutscher Übersetzung)
- Patricia Curd (Hrsg.): Anaxagoras of Clazomenae. Fragments and Testimonia. A Text and Translation with Notes and Essays (= The Phoenix Presocratics, 6. Phoenix Supplementary Volumes, 44). University of Toronto Press, Toronto 2007, ISBN 978-0-8020-9325-7
- Laura Gemelli Marciano (Hrsg.): Die Vorsokratiker. Band 3, Artemis & Winkler, Mannheim 2010, ISBN 978-3-538-03502-7, S. 6–179 (griechische Quellentexte mit deutscher Übersetzung, Erläuterungen sowie Einführung zu Leben und Werk)