Religionsgeschichte und Girolamo Savonarola: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Religionsgeschichte''' ist ein universitäres Fach – eine '''Wissenschaft''', die sich mit der  historischen und gegenwärtigen Entwicklung der [[Religion]]en und der [[Wikipedia:Religiosität|Religiosität]] hinsichtlich ihrer jeweiligen Entwicklung im historischen Kontext befasst. Hierbei werden die entsprechende Religionen zunächst in der ihr eigenen Geschichte und Tradition untersucht, um diese später zum Beispiel anhand funktionaler oder typologischer Kriterien einzuordnen, zu klassifizieren und schließlich eine [[Wikipedia:Klassifikation|Systematik]] der Glaubenssysteme zu erarbeiten. So entsteht eine Basis, die für das ''glaubensunabhängige'' Vergleichen verschiedener Religionen (komparative Religionswissenschaft) essentiell ist. In der Praxis ist der Übergang zu dem eigenständigen Fach [[Wikipedia:Religionswissenschaft|Religionswissenschaft]] fließend. Im Gegensatz hierzu steht die phänomenologische Strömung innerhalb der Religionsgeschichte, welche den Begriff 'Religion' als Abstractum begreift, und daher vergleichende oder geschichts-chronologisch einordnende Methoden zurückweist, da diese der Einzigartigkeit der verschiedenen religiösen Vorstellungen nicht gerecht werden können.
[[Datei:Savonarola.jpg|mini|hochkant|Girolamo Savonarola, Bildnis von [[w:Fra Bartolommeo|Fra Bartolommeo]], ca. 1498]]
[[Datei:Portrait of Girolamo Savonarola 1524.jpg|mini|hochkant|Girolamo Savonarola ([[w:Alessandro Moretto|Alessandro Moretto]], 1524)]]


Die erste Fragestellung der Religionsgeschichte lautet: „Unterliegt die Religionsentwicklung einer direkten [[Wikipedia:Soziokulturelle Evolution|soziokulturellen Evolution]] oder ist sie nur ein Nebenprodukt anderer kognitiver Entwicklungen?“ Ein evolutionärer Prozess setzt immer [[Wikipedia:Selektion (Evolution)|selektive Faktoren]] voraus, so dass die Frage nur beantwortet werden kann, wenn zweifelsfreie Faktoren ermittelt werden können, die gläubigen Menschen irgendwelche Überlebensvorteile verschaffen.
'''Girolamo Maria Francesco Matteo Savonarola''' (lateinisch ''Hieronymus Savonarola''; * [[21. September]] [[1452]] in [[w:Ferrara|Ferrara]]; † [[23. Mai]] [[1498]] in [[w:Florenz|Florenz]]) war ein italienischer [[Dominikaner]], [[Bußprediger]] und [[Kirchenreform]]ator.  


Religionsgeschichte wurde vor allem im 19. Jahrhundert von Religionswissenschaftlern und [[Wikipedia:Religionsethnologie|Religionsethnologen]] meist [[Wikipedia:Evolutionismus|evolutionistisch]] interpretiert, häufig mit kolonialistisch-darwinistischer Färbung, das heißt als Entwicklung von ursprünglichen, "primitiven" Formen, die nicht selten als niedriger gesehen wurden – [[Wikipedia:Animismus (Religion)|Animismus]], [[Wikipedia:Totemismus|Totemismus]] oder dem sogenannten Urmonotheismus [[Wikipedia:Wilhelm Schmidt (Ethnologe)|Wilhelm Schmidts]] – linear und undifferenziert zu weiter entwickelten, höheren Formen, also etwa über den [[Wikipedia:Polytheismus|Polytheismus]] zum [[Wikipedia:Monotheismus|Monotheismus]]; zu den „[[Wikipedia:Hochrelition|Hochreligion]]en“.                                [[Wikipedia:James Frazer|James Frazer]] postulierte eine Entwicklung von der [[Wikipedia:Magie|Magie]] über die Religion zur [[Wissenschaft]]. Diese [[Teleologie|teleologischen]] Positionen krankten oft an unzureichenden [[Wikipedia:Empirie|empirischen Grundlagen]], enthielten meist explizite oder implizite [[Wikipedia:Werturteil|Wertungen]] ''(von primitiven zu höheren Stadien)'' und waren vielfach auf den Einzelfall konkreter religionsgeschichtlicher Ereignisse nicht anwendbar. Nur wenige Forscher (etwa Edward Burnett Tylor) erkannten bereits damals, dass auch die Evolution von Religion kein stetiges Aufwärtsschreiten bedeutet. In der modernen Religionswissenschaft spielen evolutionistische Stufenmodelle nur noch als Materiallieferanten So legte Frazer seiner These eine Fülle historischer Daten zugrunde (siehe auch: [[Wikipedia:Ethnische Religion#Sackgassen der ethnologischen Religionsforschung|Sackgassen der ethnologischen Religionsforschung]])''.
== Leben und Wirken ==


Später hat sich im Gegenzug eine egalitär beschreibende, [[Wikipedia:Religionsphänomenologie|phänomenologische]] Betrachtungsweise innerhalb der wissenschaftlichen Disziplin herausgebildet, die dazu geführt hat, dass Bücher mit dem Titel "Religionsgeschichte" nur noch eine zusammenhanglose Nebeneinanderstellung von Monographien sein können. Andere Autoren geben nun zu bedenken, dass bei Verzicht auf den Versuch, Entwicklungen nachzuzeichnen und das Spätere aus seinem Verhältnis zum Vorausgehenden zu begreifen, der Begriff ''Geschichte'' seinen Inhalt verliert (s. z.B. Leslie White und andere Vertreter des [[Wikipedia:Neoevolutionismus|Neoevolutionismus]]).
Savonarola wurde als drittes von insgesamt sieben Kindern<ref>zwei Töchter und fünf Söhne</ref> des später verarmten Bankiers und Geschäftsmanns Niccolò Savonarola und dessen Ehefrau Elena Bonacolsi (oder Bonacossi) aus [[w:Mantua|Mantua]]<ref>Friedrich Karl Meier: ''Girolamo Savonarola: aus großenth. handschriftl. Quellen dargestellt : mit dem Bildnisse und Facsimile der Handschrift Savonarolas.'' G. Reimer, Berlin 1836, S.&nbsp;11</ref> geboren.<ref>Ernst Piper: ''Savonarola: Prophet der Diktatur Gottes.'' Buch & Media, München 2009, ISBN 3-8690-6969-4, S.&nbsp;13</ref> Nachdem er mit 22 Jahren das [[Medizin]]studium abgebrochen hatte, trat er am 24.&nbsp;April 1475 in das [[Dominikaner]]kloster San Domenico von [[w:Bologna|Bologna]] ein, um „nicht wie ein Tier unter Schweinen, sondern als vernünftiger Mensch“ zu leben. Am 1.&nbsp;Mai 1477 wurde er zum [[w:Diakonat|Diakon]] geweiht und wirkte fortan als [[Lektor]] und [[Prediger]].
Aufsehen erregte Savonarola mit seiner zunehmend schärfer werdenden Fundamentalkritik der [[Kirche]] und war in der [[w:Republik Florenz|Republik Florenz]] von 1494 bis 1498 geistliche Stütze nach dem Sturz der [[w:Medici|mediceischen]] Tyrannis. Er trat für eine breite politische Teilhabe ein und geißelte die Eitelkeit und Machtgier der herrschenden Oligarchie.  


In neuerer Zeit tritt die Religionsgeschichte als Universalgeschichte gegenüber dem Studium der Geschichte einzelner Religionen oder Kulturräume zurück. Jedoch finden religionsgeschichtliche Theoriekonzepte wie [[Wikipedia:Säkularistierung|Säkularisierung]] und [[Wikipedia:Pluralismus|Pluralismus (Politik)|Pluralisierung]] wieder verstärkt Beachtung.
Die offene Unterstützung König [[w:Karl VIII. (Frankreich)|Karls VIII.]] von Frankreich und sein Kampf gegen Papst [[w:Alexander VI.|Alexander VI.]] wurden ihm schließlich zum Verhängnis. 1495 untersagte ihm Papst Alexander VI. weiter zu predigen, doch Sanonarola liesß sich in seinen Bestrebungen nicht hemmen. Anfang Februar 1497 ließ er große Scharen von Jugendlichen und Kindern („Fanciulli“) durch Florenz ziehen, die „im Namen Christi“ alles beschlagnahmten, was als Symbol für die Verkommenheit der Menschen gedeutet werden konnte. Dazu zählten nicht nur heidnische Schriften (oder solche, die von Savonarola dazu gezählt wurden) oder pornographische Bilder, sondern auch Gemälde, Schmuck, Kosmetika, Spiegel, weltliche Musikinstrumente und -noten, Spielkarten, aufwändig gefertigte Möbel oder teure Kleidungsstücke.  Am 7. Februar 1497 und am 17. Februar 1498 wurden all diese Gegenstände auf einem riesigen Scheiterhaufen im „Fegefeuer der Eitelkeiten“ auf der [[w:Piazza della Signoria|Piazza della Signoria]] verbrannt. Am 13. Mai 1497 wurde Savonarola als „Häretiker, Schismatiker und Verächter des Heiligen Stuhls“ von Alexander VI. exkommuniziert und 1498 eingekerkert, gefoltert und zum Tod verurteilt. Am 23. Mai 1498 wurde er auf der Piazza della Signoria vor einer riesigen Menschenmenge zunächst gehängt und dann verbrannt.  


== Entwicklung der Wissenschaft Religionsgeschichte in Deutschland ==
{{GZ|Der heutige
Der erste Lehrstuhl für Religionsgeschichte wurde 1912 für den schwedischen Religionsphänomenologen [[Wikipedia:Nathan Södebohm|Nathan Söderblom]] in [[Wikipedia:Religionswissenschaftliches Institut der Universität Leipzig|Leipzig]] eingerichtet. Dies geschah, obwohl die Kirchen eher an einer konfessionell gebundenen Theologie als an der damals wenig beliebten Religionsgeschichte interessiert waren, und bedeutete eine grundlegend neue Entwicklung hinsichtlich der wissenschaftlichen Erforschung von Religionen. Die historisch bedingte Entwicklung der Religionsgeschichte aus den christlichen Theologien hatte zur Folge, dass dieses Fach in den theologischen Fakultäten ansässig war - was auch heute noch zu beobachten ist. Aus der Religionsgeschichte entwickelte sich später die Religionswissenschaft. Trotz der relativ kurzen Einflussnahme wirkt die christliche Sichtweise sich noch immer hemmend auf die religionsgeschichtliche Forschung aus.
Historiker redet zum Beispiel über die Zeit des Savonarola im fünfzehnten
Jahrhundert so, daß er wirklich über das damalige Florenz
redet, wie man über eine heutige Stadt redet, nicht wahr, so wie
man erzählen würde, wie heute die Leute meinetwillen vor den
Butterläden sich ansammeln und dort in einer gewissen Stimmung
sind. So redet man über das damalige Florenz. Man bedenkt nicht,
daß man sich da erst in die Stimmung der damaligen Zeit versetzen
muß, in jene Stimmung, wo man das Geistige noch etwas miterlebte.
Was war es denn, was in einer gewissen Woche in Florenz jeden,
jedermann, den man auf der Straße sehen kann, mit gedrücktem
Leibe, mit trübem Auge, wie unter einer schweren Last dahinwandeln
ließ? Das war es, daß Savonarola am letzten Sonntag gesagt
hatte: Wenn die Moral so fortgehen werde, wie sie war, dann werde
hereinbrechen die Sintflut. Und geschlossen hatte er mit den Worten:
Ecce ego aducam aquas super terram — Ich sage euch, die Wasser
werden über die Erde fließen! — Und diese Worte waren belebt
von Geist, und der Geist strömte aus. Und unter diesem geistigen
Einflüsse standen eine Woche lang die Bewohner von Florenz und
wandelten so, wie ich es geschildert habe.|167|120}}


== Religionsgeschichte und Religionswissenschaft ==
== Werke ==
Obgleich die praxisrelevanten Unterschiede zwischen Religionsgeschichte und Religionswissenschaft gering sein mögen, gibt es Stimmen, die den Fächern abgrenzende Eigenheiten zuweisen. So gibt es das Argument, dass die Religionsgeschichte als historische Wissenschaft die Religionen „in der Tiefe“ untersucht, die Religionswissenschaft Religionen dagegen „in der Breite“ gegenüberstellt und vergleicht. D.h. die Methodik der beiden Fächer unterscheidet sich in diesen Punkten. Grundsätzlich ist hierbei zu sagen, dass die Religionsgeschichte die Grundlagen für eine ''systematische'' Religionswissenschaft bereitstellt. Diese wichtige Verknüpfung der beiden Fächer ist es, welche die Religionsgeschichte im Gegensatz zu anderen Disziplinen wie die [[Wikipedia:Relitionssoziologie|Religionssoziologie]] oder auch [[Wikipedia:Religionspsychologie|Religionspsychologie]] am engsten mit der Religionswissenschaft verbindet. Dies drückt sich beispielsweise auch in der Namensgebung der größten religionswissenschaftlichen Vereinigung in Deutschland, der DVRG (Deutsche Vereinigung für Religionsgeschichte), aus, obgleich es Universitäten gibt, an welchen man sowohl Religionswissenschaft als auch Religionsgeschichte studieren kann.
[[File:Savonarola, Girolamo – Epistola contra sententiam excommunicationis, 1497 – BEIC 2453377.jpg|thumb|''Epistola contra sententiam excommunicationis'' (1497)]]
 
* {{Cite book|title=Epistola contra sententiam excommunicationis|volume=|publisher=Bartolomeo de' Libri|location=Florenz|year=1497|language=la|url=https://gutenberg.beic.it/webclient/DeliveryManager?pid=2453377}}
* {{Cite book|title=Expositio in septem gradus Bonaventurae|volume=|publisher=Bartolomeo de' Libri|location=Florenz|year=1497|language=la|url=https://gutenberg.beic.it/webclient/DeliveryManager?pid=1596088}}
* ''Expositio super tribus versibus psalmi XXX scilicet In te domine speravi'' (Einheitssachtitel: ''Expositio in psalmum XXX: In te domine speravi''). Theodor Martinus, Antverpiae ca. 1502, Inkunabel {{ULBDD|urn:nbn:de:hbz:061:1-506401}}


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Religionsgeschcite}}
 
* {{WikipediaDE|Girolamo Savonarola}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Hans G. Kippenberg et al. (Hrsg.): ''Europäische Religionsgeschichte. Ein mehrfacher Pluralismus.'' 2 Bände, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2009 (UTB), ISBN 978-3-8252-3206-1
* Oliver Bernhardt: ''Gestalt und Geschichte Savonarolas in der deutschsprachigen Literatur. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart''. Königshausen&Neumann, Würzburg 2016, ISBN 978-3-8260-5903-2.  
* Hans G. Kippenberg: ''Die Entdeckung der Religionsgeschichte. Religionswissenschaft und Moderne'', München: C. H. Beck, 1997
* [[w:Horst Herrmann (Theologe)|Horst Herrmann]]: '' Savonarola. Der Ketzer von San Marco''. München: Bertelsmann 1977, ISBN 3-570-02932-8
* Günter Lanczkowski: ''Einführung in die Religionsgeschichte''. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983, ISBN 3-534-08780-1
* [[w:Ernst Piper|Ernst Piper]]: ''Savonarola. Umtriebe eines Politikers und Puritaners im Florenz der Medici''. Berlin: Wagenbach 1979
*''Religionsgeschichte der Neuzeit. Profile und Perspektiven''. Themenheft der Zeitschrift ''zeitenblicke'', 5. Jg. 2006, Nr. 1 ([http://www.zeitenblicke.de/2006/1/ alle Artikel im Volltext])
* {{BBKL|archiveurl=https://web.archive.org/web/20070629111001/http://www.bautz.de/bbkl/s/s1/savonarola_h.shtml |band=8|spalten=1461-1472|autor=[[w:Raimund Lachner|Raimund Lachner]]|artikel=Savonarola, Hieronymus}}
* [[w:Wolfgang von Löhneysen|Wolfgang von Löhneysen]], Karina Cerná-Lobpreis: ''Savonarolas heimliche Zeitgenossen'', Berlin 2002, ISBN 3-936037-05-1
* Peter Segl: ''Savonarola.'' In: ''Lexikon für Theologie und Kirche'', Band 9, Freiburg 2006, Seite 92–96.
* Pierre Antonetti: ''Savonarola – Die Biographie'', Düsseldorf: Patmos 2007, ISBN 978-3-491-69145-2
* Ernst Piper: ''Savonarola. Prophet der Diktatur Gottes''. München: Allitera 2009
* [[Rudolf Steiner]]: ''Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste'', [[GA 167]] (1962), ISBN 3-7274-1670-X {{Vorträge|167}}


== Weblinks ==
== Einzelnachweise ==
* [http://www.dvrg.de Deutsche Vereinigung für Religionsgeschichte]
* [http://www.easr.de European Association for the Study of Religions]
* [http://www.iahr.dk International Association for the History of Religions]


[[Kategorie:Geschichtswissenschaft nach Fachgebiet]]
<references />
[[Kategorie:Geschichtswissenschaftliches Fachgebiet]]
[[Kategorie:Religionswissenschaft]]
[[Kategorie:Religion]]


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Version vom 2. April 2020, 18:08 Uhr

Girolamo Savonarola, Bildnis von Fra Bartolommeo, ca. 1498
Girolamo Savonarola (Alessandro Moretto, 1524)

Girolamo Maria Francesco Matteo Savonarola (lateinisch Hieronymus Savonarola; * 21. September 1452 in Ferrara; † 23. Mai 1498 in Florenz) war ein italienischer Dominikaner, Bußprediger und Kirchenreformator.

Leben und Wirken

Savonarola wurde als drittes von insgesamt sieben Kindern[1] des später verarmten Bankiers und Geschäftsmanns Niccolò Savonarola und dessen Ehefrau Elena Bonacolsi (oder Bonacossi) aus Mantua[2] geboren.[3] Nachdem er mit 22 Jahren das Medizinstudium abgebrochen hatte, trat er am 24. April 1475 in das Dominikanerkloster San Domenico von Bologna ein, um „nicht wie ein Tier unter Schweinen, sondern als vernünftiger Mensch“ zu leben. Am 1. Mai 1477 wurde er zum Diakon geweiht und wirkte fortan als Lektor und Prediger.

Aufsehen erregte Savonarola mit seiner zunehmend schärfer werdenden Fundamentalkritik der Kirche und war in der Republik Florenz von 1494 bis 1498 geistliche Stütze nach dem Sturz der mediceischen Tyrannis. Er trat für eine breite politische Teilhabe ein und geißelte die Eitelkeit und Machtgier der herrschenden Oligarchie.

Die offene Unterstützung König Karls VIII. von Frankreich und sein Kampf gegen Papst Alexander VI. wurden ihm schließlich zum Verhängnis. 1495 untersagte ihm Papst Alexander VI. weiter zu predigen, doch Sanonarola liesß sich in seinen Bestrebungen nicht hemmen. Anfang Februar 1497 ließ er große Scharen von Jugendlichen und Kindern („Fanciulli“) durch Florenz ziehen, die „im Namen Christi“ alles beschlagnahmten, was als Symbol für die Verkommenheit der Menschen gedeutet werden konnte. Dazu zählten nicht nur heidnische Schriften (oder solche, die von Savonarola dazu gezählt wurden) oder pornographische Bilder, sondern auch Gemälde, Schmuck, Kosmetika, Spiegel, weltliche Musikinstrumente und -noten, Spielkarten, aufwändig gefertigte Möbel oder teure Kleidungsstücke. Am 7. Februar 1497 und am 17. Februar 1498 wurden all diese Gegenstände auf einem riesigen Scheiterhaufen im „Fegefeuer der Eitelkeiten“ auf der Piazza della Signoria verbrannt. Am 13. Mai 1497 wurde Savonarola als „Häretiker, Schismatiker und Verächter des Heiligen Stuhls“ von Alexander VI. exkommuniziert und 1498 eingekerkert, gefoltert und zum Tod verurteilt. Am 23. Mai 1498 wurde er auf der Piazza della Signoria vor einer riesigen Menschenmenge zunächst gehängt und dann verbrannt.

„Der heutige Historiker redet zum Beispiel über die Zeit des Savonarola im fünfzehnten Jahrhundert so, daß er wirklich über das damalige Florenz redet, wie man über eine heutige Stadt redet, nicht wahr, so wie man erzählen würde, wie heute die Leute meinetwillen vor den Butterläden sich ansammeln und dort in einer gewissen Stimmung sind. So redet man über das damalige Florenz. Man bedenkt nicht, daß man sich da erst in die Stimmung der damaligen Zeit versetzen muß, in jene Stimmung, wo man das Geistige noch etwas miterlebte. Was war es denn, was in einer gewissen Woche in Florenz jeden, jedermann, den man auf der Straße sehen kann, mit gedrücktem Leibe, mit trübem Auge, wie unter einer schweren Last dahinwandeln ließ? Das war es, daß Savonarola am letzten Sonntag gesagt hatte: Wenn die Moral so fortgehen werde, wie sie war, dann werde hereinbrechen die Sintflut. Und geschlossen hatte er mit den Worten: Ecce ego aducam aquas super terram — Ich sage euch, die Wasser werden über die Erde fließen! — Und diese Worte waren belebt von Geist, und der Geist strömte aus. Und unter diesem geistigen Einflüsse standen eine Woche lang die Bewohner von Florenz und wandelten so, wie ich es geschildert habe.“ (Lit.:GA 167, S. 120)

Werke

Epistola contra sententiam excommunicationis (1497)

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. zwei Töchter und fünf Söhne
  2. Friedrich Karl Meier: Girolamo Savonarola: aus großenth. handschriftl. Quellen dargestellt : mit dem Bildnisse und Facsimile der Handschrift Savonarolas. G. Reimer, Berlin 1836, S. 11
  3. Ernst Piper: Savonarola: Prophet der Diktatur Gottes. Buch & Media, München 2009, ISBN 3-8690-6969-4, S. 13
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