Darwinismus und Girolamo Savonarola: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Die Gartenlaube (1873) b 711.jpg|mini|Die Gartenlaube, 1873:<br /> „Die vier Hauptvertreter des Darwinismus“: [[Charles Darwin|Darwin]], [[Jean-Baptiste de Lamarck|Lamarck]], [[Ernst Haeckel|Haeckel]], [[Wikipedia:Étienne Geoffroy Saint-Hilaire|St. Hilaire]]<br /> (von links im Uhrzeigersinn)]]
[[Datei:Savonarola.jpg|mini|hochkant|Girolamo Savonarola, Bildnis von [[w:Fra Bartolommeo|Fra Bartolommeo]], ca. 1498]]  
Als '''Darwinismus''' bezeichnet man das Theoriensystem zur Erklärung der Artentransformation ([[Evolution]]) von [[Charles Darwin]], wobei insbesondere die [[Selektion (Evolution)|natürliche Auslese]], d.&nbsp;h. das Selektionsprinzip, im Vordergrund steht. Daneben wird der Begriff auch in der Bedeutung des '''universellen Darwinismus''' verwendet, einer General[[theorie]] der Evolutionsmechanismen, die besagt, dass in beliebigem Rahmen (d.&nbsp;h. auch außerhalb der Biologie) bei Vorhandensein von Variabilität und einem [[Selektionsdruck]] Evolution stattfinden kann. Im 19. Jahrhundert war Darwinismus auch ein gebräuchlicher Oberbegriff für mehrere Theorien und Konzepte aus der Biologie, der Philosophie und den Gesellschaftswissenschaften. Die Bezeichnung Darwinismus wird oft abwertend von Gegnern, u.&nbsp;a. [[Kreationismus|Kreationisten]], gebraucht. Deshalb, aber vor allem weil es sich nicht um einen „[[ismus]]“ im Sinne einer Ideologie, sondern um ein von Darwin und [[Alfred Russel Wallace]] erkanntes Naturprinzip handelt, wird diese Bezeichnung heute von vielen Evolutionsbiologen abgelehnt.<ref>E. O. Wilson sprach von „Scientists don't call it 'Darwinism'.“ in Jerry Adler (28. November 2005): ''Charles Darwin: Evolution of a Scientist''. Newsweek.</ref> Der Begriff Darwinismus wurde im April 1860 von [[Thomas Henry Huxley]] populär gemacht, als er im ''Westminster Journal'' Darwins ''[[Wikipedia:Über die Entstehung der Arten|On the Origin of Species]]'' besprach.<ref>Huxley, T. H. (1860): [http://darwin-online.org.uk/content/frameset?viewtype=side&itemID=A32&pageseq=29''Darwin On The origin of Species'']. In: ''Westminster Review''. Band 17, S. 541–570.</ref>
[[Datei:Portrait of Girolamo Savonarola 1524.jpg|mini|hochkant|Girolamo Savonarola ([[w:Alessandro Moretto|Alessandro Moretto]], 1524)]]


== Evolutionstheorien ==
'''Girolamo Maria Francesco Matteo Savonarola''' (lateinisch ''Hieronymus Savonarola''; * [[21. September]] [[1452]] in [[w:Ferrara|Ferrara]]; † [[23. Mai]] [[1498]] in [[w:Florenz|Florenz]]) war ein italienischer [[Dominikaner]], [[Bußprediger]] und [[Kirchenreform]]ator.
{{Hauptartikel|Evolutionstheorie}}


Die Evolution wurde bereits im 19. Jh. als Tatsache akzeptiert.<ref>Kutschera, U. (2009): ''Tatsache Evolution. Was Darwin nicht wissen konnte.'' München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 291–292.</ref> Verschiedene Theorien erklären die Entstehung, die Entwicklung und die Vielfalt der [[Lebewesen]] auf natürliche, d.&nbsp;h. physikalisch-chemische Weise. Grundsätzlich wird der Begriff Darwinismus verwendet, um den Inhalt von Darwins ''Origin of Species'' von anderen Evolutionstheorien zu unterscheiden, beispielsweise von dem nach [[Jean-Baptiste de Lamarck|Lamarck]] benannten [[Lamarckismus]]. Die Darwin'sche Theorie basiert auf der [[Vererbung (Biologie)|Vererbung]], der Variabilität und der natürlichen Auslese (Selektion). In diesem Zusammenhang wird der Begriff Darwinismus auch manchmal verwendet, um den Aspekt der natürlichen Selektion besonders zu betonen, der von Darwin und Wallace erstmals beschrieben wurde und den entscheidenden Unterschied zu anderen, diskreditierten Evolutionstheorien bildet, wie Lamarckismus oder [[Mutationismus]], die nur noch von historischer Bedeutung sind.
== Leben und Wirken ==


Weiterhin wird die u.&nbsp;a. von Wallace<ref name="Wallace">Wallace, A. R. (1889): ''Darwinismus. An Exposition of the Theory of Natural Selection with some of its Applications.'' London: MacMillan & Co. S. VIII.</ref> verbreitete Bezeichnung ''Darwinismus'' benutzt, um die Rolle von Charles Darwin als Vordenker und Pionier der Evolutionsforschung hervorzuheben, oder auch um eine Abgrenzung von nicht durch Darwin einbezogene Evolutionsmechanismen vorzunehmen, wie [[Gendrift]] und [[Genfluss]], die in der modernen Synthese ([[synthetische Evolutionstheorie]]) unter anderen Aspekten neu eingeführt wurden. Oft wird in diesem Zusammenhang von [[Wikipedia:Synthetische Evolutionstheorie|Neodarwinismus]] gesprochen, ein auf [[August Weismann]] zurückgehendes Theoriesystem, das eine Übergangsform zwischen der Darwin'schen und der Synthetischen Theorie darstellt: Dabei war die Vererbung über [[Chromosom]]en bereits einbezogen, noch nicht jedoch die [[Populationsgenetik]]. Diese Disziplin wurde von Theodosius Dobzhansky begründet und in die [[Evolutionsbiologie]] integriert.
Savonarola wurde als drittes von insgesamt sieben Kindern<ref>zwei Töchter und fünf Söhne</ref> des später verarmten Bankiers und Geschäftsmanns Niccolò Savonarola und dessen Ehefrau Elena Bonacolsi (oder Bonacossi) aus [[w:Mantua|Mantua]]<ref>Friedrich Karl Meier: ''Girolamo Savonarola: aus großenth. handschriftl. Quellen dargestellt : mit dem Bildnisse und Facsimile der Handschrift Savonarolas.'' G. Reimer, Berlin 1836, S.&nbsp;11</ref> geboren.<ref>Ernst Piper: ''Savonarola: Prophet der Diktatur Gottes.'' Buch & Media, München 2009, ISBN 3-8690-6969-4, S.&nbsp;13</ref> Nachdem er mit 22 Jahren das [[Medizin]]studium abgebrochen hatte, trat er am 24.&nbsp;April 1475 in das [[Dominikaner]]kloster San Domenico von [[w:Bologna|Bologna]] ein, um „nicht wie ein Tier unter Schweinen, sondern als vernünftiger Mensch“ zu leben. Am 1.&nbsp;Mai 1477 wurde er zum [[w:Diakonat|Diakon]] geweiht und wirkte fortan als [[Lektor]] und [[Prediger]].
[[Datei:HugoRheinholdApeWithSkull.DarwinMonkey.3.jpg|miniatur|right|Der ''Affe mit Schädel'' von Hugo Rheinhold]]
Durch die Weiterentwicklungen innerhalb der Biologie hat der Darwinismus (im Sinne der Darwin-Wallace'schen Selektionstheorie) heute im Wesentlichen nur noch historische Bedeutung.
Aufsehen erregte Savonarola mit seiner zunehmend schärfer werdenden Fundamentalkritik der [[Kirche]] und war in der [[w:Republik Florenz|Republik Florenz]] von 1494 bis 1498 geistliche Stütze nach dem Sturz der [[w:Medici|mediceischen]] Tyrannis. Er trat für eine breite politische Teilhabe ein und geißelte die Eitelkeit und Machtgier der herrschenden Oligarchie.  


Der Begriff des Darwinismus wird von Kreationisten bzw. Gegnern der Evolutionsbiologie als eine eher abschätzige Bezeichnung für die Evolutionswissenschaften im Allgemeinen sowie naturalistischer Evolutionstheorien im Speziellen verwendet. Sie sprechen dabei von Evolution in der Rolle eines -ismus – einer Lehre bzw. eines Glaubens –, um darauf aufbauend die Gleichbehandlung von Glaubensauffassungen, wie dem Kreationismus oder dem [[Intelligent Design]], zu fordern. Im gleichen Kontext wird oft auch die abfällige Bezeichnung [[Evolutionismus]] benutzt; dieser Begriff hat aber in der [[Ethnologie]] eine andere Bedeutung.
Die offene Unterstützung König [[w:Karl VIII. (Frankreich)|Karls VIII.]] von Frankreich und sein Kampf gegen Papst [[w:Alexander VI.|Alexander VI.]] wurden ihm schließlich zum Verhängnis. 1495 untersagte ihm Papst Alexander VI. weiter zu predigen, doch Sanonarola liesß sich in seinen Bestrebungen nicht hemmen. Anfang Februar 1497 ließ er große Scharen von Jugendlichen und Kindern („Fanciulli“) durch Florenz ziehen, die „im Namen Christi“ alles beschlagnahmten, was als Symbol für die Verkommenheit der Menschen gedeutet werden konnte. Dazu zählten nicht nur heidnische Schriften (oder solche, die von Savonarola dazu gezählt wurden) oder pornographische Bilder, sondern auch Gemälde, Schmuck, Kosmetika, Spiegel, weltliche Musikinstrumente und -noten, Spielkarten, aufwändig gefertigte Möbel oder teure Kleidungsstücke.  Am 7. Februar 1497 und am 17. Februar 1498 wurden all diese Gegenstände auf einem riesigen Scheiterhaufen im „Fegefeuer der Eitelkeiten“ auf der [[w:Piazza della Signoria|Piazza della Signoria]] verbrannt. Am 13. Mai 1497 wurde Savonarola als „Häretiker, Schismatiker und Verächter des Heiligen Stuhls“ von Alexander VI. exkommuniziert und 1498 eingekerkert, gefoltert und zum Tod verurteilt. Am 23. Mai 1498 wurde er auf der Piazza della Signoria vor einer riesigen Menschenmenge zunächst gehängt und dann verbrannt.  


== Darwinismus im 19. Jahrhundert ==
{{GZ|Der heutige
In den Jahrzehnten nach dem Erscheinen von Darwins ''[[Über die Entstehung der Arten|Origin of Species]] by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life (Deutsch: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe ums Dasein)'' (1859) stand ''Darwinismus'' für eine ganze Bandbreite von auf Evolution basierenden (und damals z.&nbsp;T. revolutionären) Philosophien sowohl in der Biologie als auch in den Gesellschaftswissenschaften. Einer der prominenteren Ansätze wurde vom Philosophen [[Herbert Spencer]] in dem Schlüsselsatz ''[[Survival of the Fittest]]'' (dt.: Überleben des am besten Angepassten)<ref>Während in der angelsächsischen Welt dies als das fitteste Individuum angesehen wurde, wurde es in Deutschland als fitteste Rasse interpretiert, vgl. Arnd Krüger: ''A Horse Breeder's Perspective. Scientific Racism in Germany. 1870–1933.'' In: Norbert Finzsch, Dietmar Schirmer (Hrsg.): ''Identity and Intolerance. Nationalism, Racism, and Xenophobia in Germany and the United States.'' University Press Cambridge, Cambridge 1998, ISBN 0-521-59158-9, S. 371–396.</ref> zusammengefasst. Dieser wurde später als Sinnbild für den Darwinismus verwendet, obwohl Spencers eigenes Verständnis von Evolution mehr dem von Lamarck als dem von Darwin entsprach. Was heutzutage als [[Sozialdarwinismus]] bezeichnet wird, war damals im Begriff des Darwinismus enthalten – die Anwendung der Darwin'schen Prinzipien des Überlebenskampfs auf die Gesellschaft, für gewöhnlich zugunsten von anti-[[philanthrop]]ischen politischen Strömungen. Dabei wurde Darwins Begriff der besten Anpassung oft als die Überlegenheit des Stärkeren und der Kampf ums Dasein als gewalttätiger Krieg um das Überleben missverstanden. Eine andere Interpretation vertrat insbesondere Darwins Vetter [[Francis Galton]]. Er glaubte an eine vordergründige Gefahr, dass in einer Zivilisation die natürliche Selektion nicht mehr funktionieren würde und dass überlegene Menschenrassen deshalb von unterlegenen Rassen (die sonst ausgefiltert würden) überflutet werden könnten. Er hielt Gegenmaßnahmen für notwendig – die Grundlage der [[Eugenik]].
Historiker redet zum Beispiel über die Zeit des Savonarola im fünfzehnten
Jahrhundert so, daß er wirklich über das damalige Florenz
redet, wie man über eine heutige Stadt redet, nicht wahr, so wie
man erzählen würde, wie heute die Leute meinetwillen vor den
Butterläden sich ansammeln und dort in einer gewissen Stimmung
sind. So redet man über das damalige Florenz. Man bedenkt nicht,
daß man sich da erst in die Stimmung der damaligen Zeit versetzen
muß, in jene Stimmung, wo man das Geistige noch etwas miterlebte.
Was war es denn, was in einer gewissen Woche in Florenz jeden,
jedermann, den man auf der Straße sehen kann, mit gedrücktem
Leibe, mit trübem Auge, wie unter einer schweren Last dahinwandeln
ließ? Das war es, daß Savonarola am letzten Sonntag gesagt
hatte: Wenn die Moral so fortgehen werde, wie sie war, dann werde
hereinbrechen die Sintflut. Und geschlossen hatte er mit den Worten:
Ecce ego aducam aquas super terram — Ich sage euch, die Wasser
werden über die Erde fließen! — Und diese Worte waren belebt
von Geist, und der Geist strömte aus. Und unter diesem geistigen
Einflüsse standen eine Woche lang die Bewohner von Florenz und
wandelten so, wie ich es geschildert habe.|167|120}}


Zu Lebzeiten Darwins gab es keine klare Definition des Darwinismus-Begriffs. Er wurde von Anhängern wie Gegnern von Darwins Theoriensystem gleichsam in jeder beliebigen Bedeutung verwendet, die in den größeren Kontext passte.
== Werke ==
[[File:Savonarola, Girolamo – Epistola contra sententiam excommunicationis, 1497 – BEIC 2453377.jpg|thumb|''Epistola contra sententiam excommunicationis'' (1497)]]


== Universeller Darwinismus ==
* {{Cite book|title=Epistola contra sententiam excommunicationis|volume=|publisher=Bartolomeo de' Libri|location=Florenz|year=1497|language=la|url=https://gutenberg.beic.it/webclient/DeliveryManager?pid=2453377}}
Der Universelle Darwinismus (manchmal auch ''universale Selektionstheorie'',<ref>Hodgson, G. M. (2005): Generalizing Darwinism to social evolution: Some early attempts. Journal of Economic Issues, 39, S. 899–914.</ref> oder ''Darwinistische Metaphysik''<ref>von Sydow, M. (2012). [http://www.univerlag.uni-goettingen.de/content/list.php?cat=subject&show=Biologie&details=isbn-978-3-86395-006-4 From Darwinian Metaphysics towards Understanding the Evolution of Evolutionary Mechanisms.] A Historical and Philosophical Analysis of Gene-Darwinism and Universal Darwinism. Universitätsverlag Göttingen.</ref><ref>von Sydow, M. (2013). [http://crisp.psi.uni-heidelberg.de/sites/default/files/vonSydow/von_Sydow_2013_Darwinian_Metaphysics.pdf ''Darwinian Metaphysics.''] In: A. Runehov & L. Oviedo (Hrsg.): ''Encyclopedia of Sciences and Religions.'' Springer Science, Heidelberg und New York 2013, S. 1306–1314, ISBN 978-1-4020-8264-1, [[doi:10.1007/978-1-4020-8265-8]].</ref><ref>M. von Sydow: [http://crisp.psi.uni-heidelberg.de/sites/default/files/vonSydow/von_Sydow_2014_Survival_of_the_Fittest_in_Darwinian_Metaphysics_Scan.pdf ''‘Survival of the Fittest’ in Darwinian Metaphysics – Tautology or Testable Theory?''] In: E. Voigts, B. Schaff & M. Pietrzak-Franger (Hrsg.): ''Reflecting on Darwin.'' Ashgate, Farnham und London 2014, S. 199–222.</ref> genannt) bezeichnet die insbesondere von [[Richard Dawkins]] und [[Daniel Dennett]]<ref>Dennett, D. C. (1995): ''Darwin's Dangerous Idea: Evolution and the Meanins of Life: Evolution and the Meanings of Life''. New York: Simon & Schuster, S. 343.</ref> formulierte Verallgemeinerung des Darwinismus auf Gebiete, auch außerhalb der Biologie. Dabei wird folgendes Schema genutzt:
* {{Cite book|title=Expositio in septem gradus Bonaventurae|volume=|publisher=Bartolomeo de' Libri|location=Florenz|year=1497|language=la|url=https://gutenberg.beic.it/webclient/DeliveryManager?pid=1596088}}
* ''Expositio super tribus versibus psalmi XXX scilicet In te domine speravi'' (Einheitssachtitel: ''Expositio in psalmum XXX: In te domine speravi''). Theodor Martinus, Antverpiae ca. 1502, Inkunabel {{ULBDD|urn:nbn:de:hbz:061:1-506401}}


# [[Reproduktion]]/[[Vererbung (Biologie)|Vererbung]]: Eine Anzahl von Einheiten, sogenannte Replikatoren, müssen fähig sein, Kopien von sich selbst anzufertigen oder andere Einheiten zu veranlassen, entsprechende Kopien zu erzeugen. Die Kopien müssen ebenfalls reproduktionsfähig sein und müssen Eigenschaften erben. Dabei werden verschiedene Variationen rekombiniert.
== Siehe auch ==
# [[Mutation|Variation]]: Es muss eine Bandbreite von verschiedenen Merkmalen in der Population der Einheiten gegeben sein. Es muss einen Mechanismus geben, der neue Variationen in die Population einführt. Diese Varianten können zum Beispiel durch ungenaue Replikation entstehen.
# [[Selektion (Evolution)|Selektion]]: Vererbte Merkmale müssen (auf längere Sicht gesehen) die Reproduktionsfähigkeit der Einheiten beeinflussen, entweder durch Überlebensfähigkeit (natürliche Selektion) oder die Fähigkeit, für die Reproduktion notwendige Partner zu finden (sexuelle Selektion). Die Überlebensfähigkeit kann sich dabei auf die konkrete Umgebung beziehen, einschließlich anderer entsprechender Systeme. Selektionsursachen können zum Beispiel Ressourcenknappheit oder die Möglichkeit zu [[Kooperation]] sein.
 
Wenn ein Replikant (Erbe) der Einheit oder des [[Organismus]] bis zur weiteren Reproduktionsstufe überlebt, beginnt der Prozess von neuem. Im anderen Fall kann er seine Eigenschaften nicht an die kommende Generation weitergeben. Bei engeren Formulierungen wird manchmal zusätzlich verlangt, dass Variation und Selektion auf verschiedene Einheiten wirken, Variation beim [[Genotyp]] und Selektion beim [[Phänotyp]].
 
Das Konzept des universellen Darwinismus geht nun davon aus, dass bei jedem System mit diesen Bedingungen Evolution stattfinden wird, ganz gleich in welchem konkreten Rahmen. Das heißt, dass sich bei den Einheiten mit der Zeit komplexe Eigenschaften herausbilden, die ihre Reproduktion begünstigen, während in jeder Generation auch ein Teil verdrängt wird (d.&nbsp;h. ausstirbt). Teilweise können Eigenschaften auch an Komplexität verlieren, wenn der entsprechende Selektionsdruck nachlässt oder sich eine weniger komplexe Eigenschaft als vorteilhafter durchsetzt. Der Universelle Darwinismus sagt für die Entwicklung keine Zielrichtung voraus (die Leistungen von A. R. Wallace als Mitentdecker des Selektionsprinzips wird hierbei ignoriert.<ref name="Wallace" />)
 
Ganz offensichtlich kann sich dies auf die biologische Evolution beziehen. Es gibt jedoch auch andere potentielle Bereiche, wovon das [[Mem]], das als [[Replikator]] wirkt, wohl am bekanntesten ist. Es ist ein Konzept der Weitergabe und Veränderung von Ideen, das von [[Richard Dawkins]] in seinem Buch ''Das egoistische Gen'' (1976) eingeführt wurde. Es ist jedoch umstritten, ob dies ein darwinischer Prozess ist, da es keine zwingenden Anzeichen dafür gibt, dass die bei den Memen stattfindenden Mutationen zufälliger Natur sind.
 
== Darwinismus-Kritik ==
Oscar Hertwig nahm in seiner Schrift ''Zur Abwehr des ethischen, des sozialen, des politischen Darwinismus'' (1918) gegen diese die gesellschaftliche Entwicklungen massiv beeinflussenden Strömungen ausführlich Stellung.<ref>http://www.zum.de/stueber/hertwig/</ref><ref>Kutschera, U. (2004): ''Streitpunkt Evolution. Darwinismus und Intelligentes Design.'' Berlin: Lit-Verlag, S. 270–273.</ref> Hierbei bezog er sich primär auf die als Sozialdarwinismus bezeichnete politische Ideologie.
 
Voraussetzung darwinistischer Entwicklungen ist die Blindheit der evolvierenden Individuen gegenüber den Rahmenbedingungen. Nur unter dieser Bedingung kann von rein zufälligen Vorgängen gesprochen werden. Wer den Menschen für erkenntnisfähig hält, z.&nbsp;B. zur [[Erkenntnis]] eines in der Natur vorhandenen Evolutionsgeschehens, der wird das Darwin-Wallace'sche Ausleseprinzip nicht problemlos auf menschliche, zumindest nicht auf intellektuelle Phänomene, anwenden können. Kritik am Darwinismus wird u.&nbsp;a. auch von Vertretern des [[Kreationismus]] und der [[Wikipedia:Frankfurter Evolutionstheorie|Frankfurter Evolutionstheorie]] geübt,<ref>Kutschera, U. (2013): ''Design-Fehler in der Natur. Alfred Russel Wallace und die Gott-lose Evolution.'' Berlin: Lit-Verlag, S. 289–320.</ref> wobei im Rahmen dieser alternativen Modelle u.&nbsp;a. das Darwin-Wallace-Prinzip der natürlichen Selektion als Triebkraft der Arten- bzw. Bauplan-Transformation abgelehnt wird.


== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Girolamo Savonarola}}
* {{WikipediaDE|Darwinismus}}
* {{WikipediaDE|Geschichte der Evolutionstheorie}}
* {{WikipediaDE|Kulturdarwinismus}}
* {{WikipediaDE|Soziokulturelle Evolution}}
* {{WikipediaDE|Neoevolutionismus}}
* {{WikipediaDE|Evolutionary Archaeology}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Charles Darwin: ''On the Origin of Species.'' Faksimile der Erstausgabe. Harvard University Press, Cambridge, MA 1964; 2003, ISBN 0-674-63752-6 (englisch).
* Oliver Bernhardt: ''Gestalt und Geschichte Savonarolas in der deutschsprachigen Literatur. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart''. Königshausen&Neumann, Würzburg 2016, ISBN 978-3-8260-5903-2.  
* Ernst Mayr: ''One Long Argument. Charles Darwin and the Genesis of Modern Evolutionary Thought.'' Harvard University Press, Cambridge, MA 1991, ISBN 0-674-63906-5 (englisch).
* [[w:Horst Herrmann (Theologe)|Horst Herrmann]]: '' Savonarola. Der Ketzer von San Marco''. München: Bertelsmann 1977, ISBN 3-570-02932-8
* Franz Wuketits: ''Darwin und der Darwinismus'' (= ''Beck'sche Reihe'', Band 2381: ''C. H. Beck Wissen''). Beck, München 2005, ISBN 3-406-50881-2.
* [[w:Ernst Piper|Ernst Piper]]: ''Savonarola. Umtriebe eines Politikers und Puritaners im Florenz der Medici''. Berlin: Wagenbach 1979
* Günter Altner (Hrsg.): ''Der Darwinismus, Geschichte einer Theorie'' (= ''Wege der Forschung'', Band 449). WBG Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1981, ISBN 3-534-06738-X (Sammlung von historischen, kurzen zentralen Auszügen aus Originalarbeiten (four essays in English), die recht breit als „darwinistisch“ zu bezeichnen sind).
* {{BBKL|archiveurl=https://web.archive.org/web/20070629111001/http://www.bautz.de/bbkl/s/s1/savonarola_h.shtml |band=8|spalten=1461-1472|autor=[[w:Raimund Lachner|Raimund Lachner]]|artikel=Savonarola, Hieronymus}}
* James Watson: ''Darwin: The Indelible Stamp, The Evolution of an Idea.'' Running Press, Philadelphia, PA 2005, ISBN 0-7624-2136-3 (englisch).
* [[w:Wolfgang von Löhneysen|Wolfgang von Löhneysen]], Karina Cerná-Lobpreis: ''Savonarolas heimliche Zeitgenossen'', Berlin 2002, ISBN 3-936037-05-1
* Thomas P. Weber: ''Darwinismus'' (= ''Fischer'', Band 15367: ''Fischer kompakt''). Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2002, ISBN 978-3-596-15367-1.
* Peter Segl: ''Savonarola.'' In: ''Lexikon für Theologie und Kirche'', Band 9, Freiburg 2006, Seite 92–96.
* Ulrich Kutschera: ''Evolutionsbiologie. Ursprung und Stammesentwicklung der Organismen.'' 4. Auflage, Eugen Ulmer, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-8252-8623-1.
* Pierre Antonetti: ''Savonarola – Die Biographie'', Düsseldorf: Patmos 2007, ISBN 978-3-491-69145-2
 
* Ernst Piper: ''Savonarola. Prophet der Diktatur Gottes''. München: Allitera 2009
== Weblinks ==
* [[Rudolf Steiner]]: ''Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste'', [[GA 167]] (1962), ISBN 3-7274-1670-X {{Vorträge|167}}
{{Wikisource|Charles Darwin}}
{{Wikisource|Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl}}
{{Wiktionary|Darwinismus}}
{{Wiktionary|survival of the fittest|Survival of the Fittest}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/darwinism/|Darwinism|James Lennox}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>


[[Kategorie:Charles Darwin]]
<references />
[[Kategorie:Biologiegeschichte]]
[[Kategorie:Evolutionsbiologie]]
[[Kategorie:Evolution]]


{{Normdaten|TYP=p|GND=118605933|LCCN=n/50/80411|VIAF=74117553}}
{{SORTIERUNG:Savonarola, Girolamo}}
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[[Kategorie:Mann]]
{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 2. April 2020, 18:08 Uhr

Girolamo Savonarola, Bildnis von Fra Bartolommeo, ca. 1498
Girolamo Savonarola (Alessandro Moretto, 1524)

Girolamo Maria Francesco Matteo Savonarola (lateinisch Hieronymus Savonarola; * 21. September 1452 in Ferrara; † 23. Mai 1498 in Florenz) war ein italienischer Dominikaner, Bußprediger und Kirchenreformator.

Leben und Wirken

Savonarola wurde als drittes von insgesamt sieben Kindern[1] des später verarmten Bankiers und Geschäftsmanns Niccolò Savonarola und dessen Ehefrau Elena Bonacolsi (oder Bonacossi) aus Mantua[2] geboren.[3] Nachdem er mit 22 Jahren das Medizinstudium abgebrochen hatte, trat er am 24. April 1475 in das Dominikanerkloster San Domenico von Bologna ein, um „nicht wie ein Tier unter Schweinen, sondern als vernünftiger Mensch“ zu leben. Am 1. Mai 1477 wurde er zum Diakon geweiht und wirkte fortan als Lektor und Prediger.

Aufsehen erregte Savonarola mit seiner zunehmend schärfer werdenden Fundamentalkritik der Kirche und war in der Republik Florenz von 1494 bis 1498 geistliche Stütze nach dem Sturz der mediceischen Tyrannis. Er trat für eine breite politische Teilhabe ein und geißelte die Eitelkeit und Machtgier der herrschenden Oligarchie.

Die offene Unterstützung König Karls VIII. von Frankreich und sein Kampf gegen Papst Alexander VI. wurden ihm schließlich zum Verhängnis. 1495 untersagte ihm Papst Alexander VI. weiter zu predigen, doch Sanonarola liesß sich in seinen Bestrebungen nicht hemmen. Anfang Februar 1497 ließ er große Scharen von Jugendlichen und Kindern („Fanciulli“) durch Florenz ziehen, die „im Namen Christi“ alles beschlagnahmten, was als Symbol für die Verkommenheit der Menschen gedeutet werden konnte. Dazu zählten nicht nur heidnische Schriften (oder solche, die von Savonarola dazu gezählt wurden) oder pornographische Bilder, sondern auch Gemälde, Schmuck, Kosmetika, Spiegel, weltliche Musikinstrumente und -noten, Spielkarten, aufwändig gefertigte Möbel oder teure Kleidungsstücke. Am 7. Februar 1497 und am 17. Februar 1498 wurden all diese Gegenstände auf einem riesigen Scheiterhaufen im „Fegefeuer der Eitelkeiten“ auf der Piazza della Signoria verbrannt. Am 13. Mai 1497 wurde Savonarola als „Häretiker, Schismatiker und Verächter des Heiligen Stuhls“ von Alexander VI. exkommuniziert und 1498 eingekerkert, gefoltert und zum Tod verurteilt. Am 23. Mai 1498 wurde er auf der Piazza della Signoria vor einer riesigen Menschenmenge zunächst gehängt und dann verbrannt.

„Der heutige Historiker redet zum Beispiel über die Zeit des Savonarola im fünfzehnten Jahrhundert so, daß er wirklich über das damalige Florenz redet, wie man über eine heutige Stadt redet, nicht wahr, so wie man erzählen würde, wie heute die Leute meinetwillen vor den Butterläden sich ansammeln und dort in einer gewissen Stimmung sind. So redet man über das damalige Florenz. Man bedenkt nicht, daß man sich da erst in die Stimmung der damaligen Zeit versetzen muß, in jene Stimmung, wo man das Geistige noch etwas miterlebte. Was war es denn, was in einer gewissen Woche in Florenz jeden, jedermann, den man auf der Straße sehen kann, mit gedrücktem Leibe, mit trübem Auge, wie unter einer schweren Last dahinwandeln ließ? Das war es, daß Savonarola am letzten Sonntag gesagt hatte: Wenn die Moral so fortgehen werde, wie sie war, dann werde hereinbrechen die Sintflut. Und geschlossen hatte er mit den Worten: Ecce ego aducam aquas super terram — Ich sage euch, die Wasser werden über die Erde fließen! — Und diese Worte waren belebt von Geist, und der Geist strömte aus. Und unter diesem geistigen Einflüsse standen eine Woche lang die Bewohner von Florenz und wandelten so, wie ich es geschildert habe.“ (Lit.:GA 167, S. 120)

Werke

Epistola contra sententiam excommunicationis (1497)

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. zwei Töchter und fünf Söhne
  2. Friedrich Karl Meier: Girolamo Savonarola: aus großenth. handschriftl. Quellen dargestellt : mit dem Bildnisse und Facsimile der Handschrift Savonarolas. G. Reimer, Berlin 1836, S. 11
  3. Ernst Piper: Savonarola: Prophet der Diktatur Gottes. Buch & Media, München 2009, ISBN 3-8690-6969-4, S. 13
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