Vittorio Hösle und Joseph Levine: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Vhoesle.jpg|mini|Vittorio Hösle, 2016]]
'''Joseph Levine''' (* [[Wikipedia:17. Januar|17. Januar]] [[Wikipedia:1952|1952]]) ist ein US-amerikanischer [[Philosoph]] der vor allem im Fachbereich der [[Philosophie des Geistes]] tätig ist.
'''Vittorio Hösle''' (* [[Wikipedia:25. Juni|25. Juni]] [[Wikipedia:1960|1960]] in [[Wikipedia:Mailand|Mailand]]) ist ein deutscher [[Philosoph]]. Er lehrt zurzeit an der [[Wikipedia:University of Notre Dame|University of Notre Dame]] in [[Wikipedia:Indiana|Indiana]] (USA).


Hösle ist Verfasser zahlreicher Bücher, unter anderem zum [[Deutscher Idealismus|deutschen Idealismus]], zur [[Philosophiegeschichte]], zur [[Diskursethik]] und zur [[Praktische Philosophie|praktischen Philosophie]]. In seiner Philosophie verbindet er einen „[[Objektiver Idealismus|objektiven Idealismus]]“ mit einer Theorie der [[Intersubjektivität]], ein Ansatz, der die traditionelle idealistische Philosophie von [[Platon]] und [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel|Hegel]] mit der von [[Wikipedia:Karl-Otto Apel|Karl-Otto Apel]] etablierten [[Wikipedia:Transzendentalpragmatik|Transzendentalpragmatik]] in Einklang zu bringen versucht.
== Leben ==
 
Levine studierte [[Philosophie]] an der [[Wikipedia:University of California, Los Angeles|University of California, Los Angeles]], wo er 1975 seinen [[Wikipedia:Bachelor of Arts|Bachelor of Arts]] erhielt. Sein weiteres Studium an der [[Wikipedia:Harvard University|Harvard University]] schloss er 1981 mit dem [[Wikipedia:Ph.D.|Ph.D.]] ab. Danach war er an verschiedenen amerikanischen Universitäten tätig. Seit 2006 lehrt Levine Philosophie an der [[Wikipedia:University of Massachusetts Amherst|University of Massachusetts Amherst]].
 
== Erklärungslücke ==
 
{{Hauptartikel|Erklärungslücke}}
 
Bekannt wurde Levine vor allem für sein 1983 formuliertes Argument der [[Erklärungslücke]] ({{EnS|''explanatory gap''}}), die zwischen dem bewussten Erleben der sog. [[Qualia]] und der materiellen Grundlage des [[Bewusstsein]]s bestehe.
 
Levine argumentiert auf materialistischer Grundlage. Angenommen es gibt eine innere Verbindung zwischen dem Feuern von [[C-Faser]]n, die für die Schmerzempfindung zuständig sind, und dem subjektiven Erlebnis des [[Schmerz]]es. Nun sei aber theoretisch auch ein physisch oder funktional ganz anders als der Mensch gebautes [[Lebewesen]] denkbar. Faktisch mag es wahr wahr oder falsch sein, dass auch dieses Lebewesen ein subjektives Schmerzempfinden hat. [[Erkenntnistheorie|Erkenntnistheoretisch]] kann das aber aufgrund der Erklärungslücke nicht abgeklärt werden. Solange die Erklärungslücke nicht geschlossen werden kann, wird folglich das [[Leib-Seele-Problem]] weiter bestehen.
 
Kritisiert wurden Levines Argumente u.a. von dem englischen Philosophen [[Wikipedia:David Papineau|David Papineau]] (* 1947), der sich als [[Naturalist]] versteht und von der vollkommenen [[Identität]] der objektiven neuronalen Zustände und der subjektiv erlebten Qualia ausgeht; daher gäbe es hier gar nichts zu erklären und folglich auch keine Erklärungslücke.
 
Der australische Philosoph [[David Chalmers]] sieht hingegen in der Erklärungslücke eine Bestätigung dafür, dass eine rein materialistische Erklärung des Bewusstseins scheitern muss und schlägt daher einen [[Eigenschaftsdualismus]] vor. Demnach gebe es zwar nur eine einheitliche [[Substanz|Grundsubstanz]] der Welt (Substanzmonismus), doch diese habe nicht nur materielle, sondern auch nicht-materielle mentale Eigenschaften.
 
Letztlich beruht das ganze Problem auf der von [[John Locke]] (1632-1704) propagierten Unterscheidung [[Primäre und sekundäre Sinnesqualitäten|primärer und sekundärer Sinnesqualitäten]], von denen nur ersteren eine äußerlich objektive [[Realität]] entspräche. [[Rudolf Steiner]] hat darauf hingewiesen, dass aber gerade die primären Qualitäten innerlich erlebt werden, indem wir uns etwa durch den [[Gleichgewichtssinn]] und den [[Eigenbewegungssinn]] in der [[raumzeit]]lichen Welt orientieren. Die sekundären Qualitäten (Farben, Töne usw.) erleben wir hingegen in der Außenwelt. Durch unsere Sinne erleben wir sie zunächst nur als Bilder; ihre eigentliche Wirklichkeit liegt in der seelisch-geistigen Außenwelt.
 
{{GZ|Mit Bezug auf die Sinneswahrnehmungen ist man
aber in eine wahre wissenschaftliche Verwirrung gekommen.
Die Menschen meinen vielfach - die Physiologen
haben sich in dieser Beziehung sogar den Erkenntnistheoretikern
und Philosophen im 19. Jahrhundert angeschlossen
-, wenn wir zum Beispiel Rot sehen, so ist
der äußere Vorgang irgendein Schwingungsvorgang, der
sich fortpflanzt bis zu unserem Sehorgan, bis zum Gehirn.
Dann wird ausgelöst das eigentliche Rot-Erlebnis.
Oder es wird durch den äußeren Schwingungsvorgang
ausgelöst der Ton Cis auf dieselbe Weise. Hier ist man in
Verwirrung geraten, weil man dasjenige, was in uns, in
unserer Körperbegrenzung lebt, gar nicht mehr von dem
Äußeren unterscheiden kann. Hier spricht man durchaus
davon, daß alle Sinnesqualitäten, Farben, Töne, Wärmequalitäten,
eigentlich nur subjektiv seien; daß das äußere
Objektive etwas ganz anderes sei.
 
Wenn wir nun geradeso, wie wir die drei Raumesdimensionen
zunächst aus uns heraus bilden, um sie an
und in den Dingen wieder zu finden, wenn wir ebenso
dasjenige, was in uns sonst als Sinnesempfindung auftritt,
aus uns selbst schöpfen und dann außer uns versetzen
könnten, dann würden wir das erst in uns Gefundene
in den Dingen ebenso finden, ja, auf uns zurückschauend,
es wiederfinden, wie wir das als Raum in uns
Erlebte in der Außenwelt finden und auf uns zurückschauend,
uns selbst diesem Räume angehörend finden.
Wir würden, wie wir die Raumeswelt um uns haben, eine
Welt von ineinanderfließenden Farben und Tönen um
uns haben. Wir würden sprechen von einer objektivierten
farbigen, tönenden Welt, einer flutenden, farbigen,
tönenden Welt, so wie wir von dem Raume um uns
herum sprechen.
 
Das kann der Mensch aber durchaus erreichen, daß
er diese Welt, die sonst für ihn nur vorliegt als die Welt
der Wirkungen, kennenlernt als die Welt seiner eigenen
Bildung. Wie wir unbewußt, einfach aus unserer
menschlichen Natur heraus, uns die Raumesgestalt ausbilden,
um sie dann in der Welt wiederzufinden, indem
wir sie erst metamorphosiert haben, so kann der Mensch
durch gewisse Übung - das muß er jetzt bewußt ausführen
- dazu kommen, aus sich heraus den gesamten
Umfang der Qualitäten enthaltenden Welt zu finden, um
sie dann wiederzufinden in den Dingen, wiederzufinden
zurückschauend auf sich selbst.
 
Was ich Ihnen hier schildere, das ist das Aufsteigen zu
der sogenannten imaginativen Anschauung.|82|58f}}
 
== Schriften ==
;Bücher
 
* ''Purple Haze. The Puzzle of Consciousness''. Oxford University Press 2001, ISBN 978-0195173086
 
;Publikationen
 
* ''Materialism and Qualia: The Explanatory Gap''. In: ''Pacific Philosophical Quarterly''. Band 64, Nr. 4, Oktober 1983, S. 354–361 [http://course.sdu.edu.cn/G2S/eWebEditor/uploadfile/20140227112822014.pdf pdf]
* ''On Leaving Out What It's Like''. In: G. Humphreys und M. Davies (Hrsg.): ''Consciousness. Psychological and Philosophical Essays''. Basil Blackwell, Oxford 1993, S. 121–136. Nachdruck in: [[Wikipedia:Ned Block|N.J. Block]], O. Flanagan, and G. Güzeledere (Hrsg.): ''The Nature of Consciousness. Philosophical Debates''. MIT Press, Cambridge, Massachusetts 1997.
* ''Collective Responsibility and the Individual'', Essays in Philosophy. Vol. 10, no. 2, June 2009.
* ''Demonstrative Thought''. Mind and Language, Vol. 25, no. 2, 2010, pp. 169-195.
* ''The Q Factor: Modal Rationalism vs. Modal Autonomism''. The Philosophical Review, Vol. 119, no. 3, 2010, pp. 365-380.
* ''Phenomenal Experience: A Cartesian Theater Revival''. Philosophical Issues, 20, Philosophy of Mind, 2010.
* ''On the Phenomenology of Thought''. In Bayne, T. & Montague, M. eds., Cognitive Phenomenology, Oxford University Press, 2011.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==


* {{WikipediaDE|Vittorio Hösle}}
* {{WikipediaDE|Joseph Levine}}
 
== Literatur ==


== Werke ==
* Rudolf Steiner: ''Damit der Mensch ganz Mensch werde'', [[GA 82]] (1994), ISBN 3-7274-0820-0 {{Vorträge|082}}
* ''Wahrheit und Geschichte. Studien zur Struktur der Philosophiegeschichte unter paradigmatischer Analyse der Entwicklung von Parmenides bis Platon.'' Stuttgart/ Bad Cannstatt 1984, ISBN 3-7728-0889-1.
* Rudolf Steiner: ''Der Entstehungsmoment der Naturwissenschaft in der Weltgeschichte und ihre seitherige Entwickelung'', [[GA 326]] (1977), ISBN 3-7274-3260-8 {{Vorträge|326}}
* ''Hegels System. Der Idealismus der Subjektivität und das Problem der Intersubjektivität.''  Meiner, Hamburg, unveränderter Print-on-Demand-Nachdruck der 2., erw. Aufl. von 1998, ISBN 978-3-7873-1336-5, ISBN 3-7873-0706-0.
* Hösle (Hrsg.): ''Die Rechtsphilosophie des Deutschen Idealismus.'' Band Nr. 9 In: ''Schriften zur Transzendentalphilosophie.'' Hamburg 1989, ISBN 3-7873-0967-5.
* ''Die Krise der Gegenwart und die Verantwortung der Philosophie. Transzendentalpragmatik, Letztbegründung, Ethik''. München 1990, ISBN 3-406-39274-1.
* ''Philosophie der ökologischen Krise.'' München 1991, ISBN 3-406-38368-8.
* ''Philosophiegeschichte und objektiver Idealismus.'' München 1996, ISBN 3-406-39259-8.
* ''[[Wikipedia:Moral und Politik|Moral und Politik]]. Grundlagen einer Politischen Ethik für das 21. Jahrhundert.'' München 1997, ISBN 3-406-42797-9 ([http://books.google.de/books?id=ik082hxXPZkC&printsec=frontcover&dq=moral+und+politik&cd=1#v=onepage&q&f=false bei Google-Books])
* ''Die Philosophie und die Wissenschaften.'' Beck, München 1999, ISBN 3-406-42109-1 ([http://books.google.de/books?id=Fpt2fxh5CdIC&printsec=frontcover&dq=Die+Philosophie+und+die+Wissenschaften&cd=1#v=onepage&q&f=false bei Google Books])
* ''Darwin'' (zus. mit [[Wikipedia:Christian Illies|Christian Illies]]), Freiburg/ Basel/ Wien 1999, ISBN 3-7661-6660-3.
* ''Woody Allen. Versuch über das Komische.'' München 2001, ISBN 3-423-34254-4.
* ''Das Café der toten Philosophen. Ein philosophischer Briefwechsel für Kinder und Erwachsene.'' (zus. mit Nora K.), 2. Auflage. München 2001, ISBN 3-406-47574-4. (in 12 Sprachen übersetzt)
* ''Philosophie und Öffentlichkeit.'' Würzburg 2003, ISBN 3-8260-2445-1.
* ''Platon interpretieren.'' Paderborn 2004, ISBN 3-506-71688-3.
* ''Der philosophische Dialog.'' München 2006, ISBN 3-406-54219-0.
* ''Vernunft an die Macht: Streitgespräch zwischen Boris Groys und Vittorio Hösle.'' Berlin/ Wien: Turia & Kant 2011, ISBN 978-3-85132-653-6.
* ''Eine kurze Geschichte der deutschen Philosophie. Rückblick auf den deutschen Geist.'' Beck, München 2013, ISBN 978-3-406-64864-9


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|119115166}}
* [http://www.umass.edu/philosophy/member/joseph-levine Homepage von Joseph Levine] - [[Wikipedia:University of Massachusetts Amherst|University of Massachusetts Amherst]]
; Texte
 
* [http://nd.edu/~vhosle/cvitaede.doc Ausführliche Biografie und Bibliografie (Worddokument; 227 kB)]
== Einzelnachweise ==
* [http://www.br-online.de/download/pdf/alpha/h/hoesle_vittorio.pdf Gespräch mit Vittorio Hösle in BR alpha, 2003] (PDF; 53 kB)
* [http://hegel.net/werkstatt/personen/hoesle/moralische_reflexion.htm Aufsatz „Moralische Reflexion und Institutionenzerfall“]
* [http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/forschungundgesellschaft/693402/ Gespräch mit Vittorio Hösle auf Deutschlandradio Kultur "Gegen Beliebigkeit und Werterelativismus"]
* [http://denkanstoesse.de/Dossier/221-Die%20%C3%B6kologische%20Krise%20der%20Gegenwart%20und%20die%20Philosophie Gespräch mit Vittorio Hösle bei "Denkanstöße"]
* [http://ndias.nd.edu/about-us/from-the-director/conversation-with-vittorio-hosle/ Interview mit Hösle an der University of Notre Dame] (2013, engl.)
* [http://www.faz.net/aktuell/wissen/geist-soziales/philosophischer-idealismus-ein-gespraech-mit-vittorio-hoesle-14781890.html/ Gespräch über Hösles objektiven Idealismus] mit [[Wikipedia:Ulf von Rauchhaupt|Ulf von Rauchhaupt]], Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 29. Januar 2017


; Audios und Videos
<references />
* [http://www.ici-berlin.org/docu/spannungsuebung-1/ „Die Vernunft an die Macht“: Diskussion mit] [[Wikipedia:Boris Groys|Boris Groys]] an der [[Wikipedia:HfG Karlsruhe|HfG Karlsruhe]] am 23. Mai 2007


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{{SORTIERUNG:Hösle, Vittorio}}
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[[Kategorie:Philosoph (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Philosoph]]
[[Kategorie:Philosoph (21. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Vertreter der Philosophie des Geistes]]
[[Kategorie:Neuhegelianer]]
[[Kategorie:US-Amerikaner]]
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[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1960]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Mann]]
{{Wikipedia}}

Version vom 5. Juli 2018, 14:20 Uhr

Joseph Levine (* 17. Januar 1952) ist ein US-amerikanischer Philosoph der vor allem im Fachbereich der Philosophie des Geistes tätig ist.

Leben

Levine studierte Philosophie an der University of California, Los Angeles, wo er 1975 seinen Bachelor of Arts erhielt. Sein weiteres Studium an der Harvard University schloss er 1981 mit dem Ph.D. ab. Danach war er an verschiedenen amerikanischen Universitäten tätig. Seit 2006 lehrt Levine Philosophie an der University of Massachusetts Amherst.

Erklärungslücke

Hauptartikel: Erklärungslücke

Bekannt wurde Levine vor allem für sein 1983 formuliertes Argument der Erklärungslücke (eng. explanatory gap), die zwischen dem bewussten Erleben der sog. Qualia und der materiellen Grundlage des Bewusstseins bestehe.

Levine argumentiert auf materialistischer Grundlage. Angenommen es gibt eine innere Verbindung zwischen dem Feuern von C-Fasern, die für die Schmerzempfindung zuständig sind, und dem subjektiven Erlebnis des Schmerzes. Nun sei aber theoretisch auch ein physisch oder funktional ganz anders als der Mensch gebautes Lebewesen denkbar. Faktisch mag es wahr wahr oder falsch sein, dass auch dieses Lebewesen ein subjektives Schmerzempfinden hat. Erkenntnistheoretisch kann das aber aufgrund der Erklärungslücke nicht abgeklärt werden. Solange die Erklärungslücke nicht geschlossen werden kann, wird folglich das Leib-Seele-Problem weiter bestehen.

Kritisiert wurden Levines Argumente u.a. von dem englischen Philosophen David Papineau (* 1947), der sich als Naturalist versteht und von der vollkommenen Identität der objektiven neuronalen Zustände und der subjektiv erlebten Qualia ausgeht; daher gäbe es hier gar nichts zu erklären und folglich auch keine Erklärungslücke.

Der australische Philosoph David Chalmers sieht hingegen in der Erklärungslücke eine Bestätigung dafür, dass eine rein materialistische Erklärung des Bewusstseins scheitern muss und schlägt daher einen Eigenschaftsdualismus vor. Demnach gebe es zwar nur eine einheitliche Grundsubstanz der Welt (Substanzmonismus), doch diese habe nicht nur materielle, sondern auch nicht-materielle mentale Eigenschaften.

Letztlich beruht das ganze Problem auf der von John Locke (1632-1704) propagierten Unterscheidung primärer und sekundärer Sinnesqualitäten, von denen nur ersteren eine äußerlich objektive Realität entspräche. Rudolf Steiner hat darauf hingewiesen, dass aber gerade die primären Qualitäten innerlich erlebt werden, indem wir uns etwa durch den Gleichgewichtssinn und den Eigenbewegungssinn in der raumzeitlichen Welt orientieren. Die sekundären Qualitäten (Farben, Töne usw.) erleben wir hingegen in der Außenwelt. Durch unsere Sinne erleben wir sie zunächst nur als Bilder; ihre eigentliche Wirklichkeit liegt in der seelisch-geistigen Außenwelt.

„Mit Bezug auf die Sinneswahrnehmungen ist man aber in eine wahre wissenschaftliche Verwirrung gekommen. Die Menschen meinen vielfach - die Physiologen haben sich in dieser Beziehung sogar den Erkenntnistheoretikern und Philosophen im 19. Jahrhundert angeschlossen -, wenn wir zum Beispiel Rot sehen, so ist der äußere Vorgang irgendein Schwingungsvorgang, der sich fortpflanzt bis zu unserem Sehorgan, bis zum Gehirn. Dann wird ausgelöst das eigentliche Rot-Erlebnis. Oder es wird durch den äußeren Schwingungsvorgang ausgelöst der Ton Cis auf dieselbe Weise. Hier ist man in Verwirrung geraten, weil man dasjenige, was in uns, in unserer Körperbegrenzung lebt, gar nicht mehr von dem Äußeren unterscheiden kann. Hier spricht man durchaus davon, daß alle Sinnesqualitäten, Farben, Töne, Wärmequalitäten, eigentlich nur subjektiv seien; daß das äußere Objektive etwas ganz anderes sei.

Wenn wir nun geradeso, wie wir die drei Raumesdimensionen zunächst aus uns heraus bilden, um sie an und in den Dingen wieder zu finden, wenn wir ebenso dasjenige, was in uns sonst als Sinnesempfindung auftritt, aus uns selbst schöpfen und dann außer uns versetzen könnten, dann würden wir das erst in uns Gefundene in den Dingen ebenso finden, ja, auf uns zurückschauend, es wiederfinden, wie wir das als Raum in uns Erlebte in der Außenwelt finden und auf uns zurückschauend, uns selbst diesem Räume angehörend finden. Wir würden, wie wir die Raumeswelt um uns haben, eine Welt von ineinanderfließenden Farben und Tönen um uns haben. Wir würden sprechen von einer objektivierten farbigen, tönenden Welt, einer flutenden, farbigen, tönenden Welt, so wie wir von dem Raume um uns herum sprechen.

Das kann der Mensch aber durchaus erreichen, daß er diese Welt, die sonst für ihn nur vorliegt als die Welt der Wirkungen, kennenlernt als die Welt seiner eigenen Bildung. Wie wir unbewußt, einfach aus unserer menschlichen Natur heraus, uns die Raumesgestalt ausbilden, um sie dann in der Welt wiederzufinden, indem wir sie erst metamorphosiert haben, so kann der Mensch durch gewisse Übung - das muß er jetzt bewußt ausführen - dazu kommen, aus sich heraus den gesamten Umfang der Qualitäten enthaltenden Welt zu finden, um sie dann wiederzufinden in den Dingen, wiederzufinden zurückschauend auf sich selbst.

Was ich Ihnen hier schildere, das ist das Aufsteigen zu der sogenannten imaginativen Anschauung.“ (Lit.:GA 82, S. 58f)

Schriften

Bücher
Publikationen
  • Materialism and Qualia: The Explanatory Gap. In: Pacific Philosophical Quarterly. Band 64, Nr. 4, Oktober 1983, S. 354–361 pdf
  • On Leaving Out What It's Like. In: G. Humphreys und M. Davies (Hrsg.): Consciousness. Psychological and Philosophical Essays. Basil Blackwell, Oxford 1993, S. 121–136. Nachdruck in: N.J. Block, O. Flanagan, and G. Güzeledere (Hrsg.): The Nature of Consciousness. Philosophical Debates. MIT Press, Cambridge, Massachusetts 1997.
  • Collective Responsibility and the Individual, Essays in Philosophy. Vol. 10, no. 2, June 2009.
  • Demonstrative Thought. Mind and Language, Vol. 25, no. 2, 2010, pp. 169-195.
  • The Q Factor: Modal Rationalism vs. Modal Autonomism. The Philosophical Review, Vol. 119, no. 3, 2010, pp. 365-380.
  • Phenomenal Experience: A Cartesian Theater Revival. Philosophical Issues, 20, Philosophy of Mind, 2010.
  • On the Phenomenology of Thought. In Bayne, T. & Montague, M. eds., Cognitive Phenomenology, Oxford University Press, 2011.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise