August Wilhelm Schlegel und Joseph Levine: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:August Wilhelm von Schlegel.jpg|mini|hochkant=1|August Wilhelm Schlegel]]
'''Joseph Levine''' (* [[Wikipedia:17. Januar|17. Januar]] [[Wikipedia:1952|1952]]) ist ein US-amerikanischer [[Philosoph]] der vor allem im Fachbereich der [[Philosophie des Geistes]] tätig ist.
'''August Wilhelm Schlegel von Gottleben<ref>Einer seiner Ahnen, Christoph Schlegel (1613–1678), war wegen seiner Verdienste als Prediger in Leutschau 1651 von Ferdinand III. mit den Beinamen „von Gottleben“ geadelt, siehe Christian Ader: [http://www.heraldik-wappen.de/viewtopic.php?f=16&t=6773&p=63307 ''Die Familie Schlegel de Gottleben''], abgerufen am 27. August 2016.</ref> ''', ab 1812 '''von Schlegel''' (* [[5. September]]<ref>Eduard Engel: ''Geschichte der Deutschen Literatur von den Anfängen bis in die Gegenwart.'' Band 2: ''Das 19. Jahrhundert und die Gegenwart.'' Leipzig 1907, S. 33.</ref> oder [[8. September]]<ref>Gunter E. Grimm, Frank Reiner Max: ''Deutsche Dichter'', Band 5: Romantik, Biedermeier und Vormärz, Stuttgart 1990, S. 9.</ref><ref>Hilde Marianne Paulini: ''August Wilhelm Schlegel und die Vergleichende Literaturwissenschaft.'' Frankfurt am Main 1985, S. 40.</ref> [[1767]] in Hannover; † [[12. Mai]] [[1845]] in Bonn), war ein deutscher Literaturhistoriker und Literaturkritikerkritiker, Übersetzer, Alt-Philologe und Indologe. Er lehrte ab 1795 an der Universität Jena, von 1798 bis 1801 als außerordentlicher Professor. Zusammen mit seiner Frau [[Caroline Schelling|Caroline Schlegel]], seinem Bruder [[Friedrich Schlegel|Friedrich]] und dessen Frau [[Dorothea Schlegel]], [[Johann Gottlieb Fichte]] und später [[Ludwig Tieck]] sowie [[Novalis]] prägte er die neue [[Romantik|„romantische Schule“]]. Als Übersetzer machte er sich um die italienische, spanische und portugiesische Literatur verdient; seine Hauptleistung ist aber die Übersetzung von 17 der Stücke [[William Shakespeare|Shakespeares]].


== Leben ==
== Leben ==
[[Datei:Domenico Quaglio Marktkirche Hannover.jpg|mini|Die Marktkirche Anfang des 19.&nbsp;Jahrhunderts; [[Ölgemälde]] nach [[Domenico Quaglio]] von 1832]]


=== Herkunft ===
Levine studierte [[Philosophie]] an der [[Wikipedia:University of California, Los Angeles|University of California, Los Angeles]], wo er 1975 seinen [[Wikipedia:Bachelor of Arts|Bachelor of Arts]] erhielt. Sein weiteres Studium an der [[Wikipedia:Harvard University|Harvard University]] schloss er 1981 mit dem [[Wikipedia:Ph.D.|Ph.D.]] ab. Danach war er an verschiedenen amerikanischen Universitäten tätig. Seit 2006 lehrt Levine Philosophie an der [[Wikipedia:University of Massachusetts Amherst|University of Massachusetts Amherst]].
August Wilhelm Schlegel war der vierte Sohn des evangelisch-lutherischen Pastors [[Johann Adolf Schlegel]], der ursprünglich aus Sachsen stammte. Sein Vater war Pfarrer in Hannover an der [[Marktkirche (Hannover)|Marktkirche]]. Die Mutter Johanna Christiane Erdmuthe Hübsch (1735–1811) war die Tochter eines Mathematiklehrers in Schulpforta und das Paar hatte insgesamt acht Söhne und zwei Töchter. In der Familie bestand ein künstlerisch und intellektuell aufgeschlossenes Umfeld. August absolvierte das Gymnasium in Hannover.


=== Studium ===
== Erklärungslücke ==
Schlegel studierte zunächst (1786) in Göttingen [[Evangelische Theologie|Theologie]], entschied sich aber für [[Philologie]], als er in [[Gottfried August Bürger]] einen Mentor fand, der ihm Einblicke in die Übersetzungspraxis aus klassischen sowie neueren Sprachen vermittelte. August Wilhelm Schlegel wurde ein fleißiger Schüler des Altphilologen [[Christian Gottlob Heyne]].<ref>Karl Aner: ''Schlegel, August Wilhelm.'' In: ''[[Religion in Geschichte und Gegenwart|Die Religion in Geschichte und Gegenwart]].'' 1. Auflage. Band 5: ''Roh–Zypressen''. Mohr, Tübingen 1913, Sp. 300.</ref> Schon im Juni des nächsten Jahres verdiente er sich mit einer lateinischen Abhandlung über die [[Homer]]ische Geographie (1788 gedruckt) einen akademischen Preis. In diese Zeit lernte er [[Caroline Böhmer]] und [[Wilhelm von Humboldt]] kennen. 1789 starb sein Bruder, Carl August Schlegel, im Alter von 28 Jahren in Hannoverschen Regimentsdiensten in [[Madras]].<ref>Gerhard Koch (Hrsg.): ''[[Christoph Adam Carl von Imhoff|Imhoff]], Indienfahrer. Ein Reisebericht aus dem 18. Jahrhundert in Briefen und Bildern''. Wallstein, Göttingen 2001, ISBN 3-89244-483-8, S. 19.</ref> Um 1790 zog sein jüngster Bruder Friedrich zu ihm nach Göttingen. Die beiden Brüder wurden beeinflusst von [[Johann Gottfried Herder]], [[Immanuel Kant]], [[Tiberius Hemsterhuis]], [[Johann Joachim Winckelmann]] und [[Karl Theodor von Dalberg]].<ref>[[Achim Hölter]]: ''August Wilhelm Schlegels Göttinger Mentoren.'' In: York-Gothart Mix, Jochen Strobel (Hrsg.): ''Der Europäer August Wilhelm Schlegel. Romantischer Kulturtransfer – romantische Wissenswelten''. Walter de Gruyter, Berlin 2010, S. 13–29.</ref> August Wilhelm Schlegel unternahm eine Teil-Übersetzung von [[Dante Alighieri|Dantes]] [[Göttliche Komödie|La Divina Commedia]] und eine Übersetzung von Shakespeares [[Ein Sommernachtstraum|Midsummer Night's Dream]] (1789). 1791 beendete er sein Studium.


[[Datei:Exterieur VOORGEVEL, OVERZICHT - Amsterdam - 20298475 - RCE.jpg|mini|Herengracht 476]]
{{Hauptartikel|Erklärungslücke}}
Von 1791 bis 1795 war er [[Hauslehrer]] von Willem Ferdinand Mogge Muilman (1778–1849), des späteren Direktors der [[De Nederlandsche Bank|Nederlandsche Bank]], am [[Gouden Bocht]] in [[Amsterdam]].<ref>Geschichte des Hauses Herengracht 476 und seiner Bewohner: [http://www.amsterdamsegrachtenhuizen.info/grachten/hge/hge500/hg20476/?tx_sbtab_pi1%5Btab%5D=4 Willem Ferdinand Mogge Muilman] auf der Webseite amsterdamsegrachtenhuizen.info (niederländisch), abgerufen am 27. August 2016.</ref> Als seine spätere Frau [[Caroline Böhmer]] vom preußischen Militär verhaftet worden war, beteiligte sich Schlegel an den Bemühungen zu ihrer Freilassung und brachte sie von [[Kronberg im Taunus]] nach Leipzig und schließlich im benachbarten Städtchen [[Lucka]] bei einer Bauernfamilie unter.<ref>Ernst Behler: ''Friedrich Schlegel in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten'' (= ''Rowohlts Monographien.'' Band 123). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1966, S. 28.</ref> Danach kehrte er nach Amsterdam zurück. Seitdem Schlegel 1794 in Briefwechsel mit Schiller getreten war, wurde er als Kritiker und Rezensent in den von Schiller herausgegebenen ''[[Die Horen (Schiller)|Horen]]'' tätig. Er ging zunächst zu seiner Mutter, dann nach Braunschweig. Hier traf er wieder mit Caroline Böhmer zusammen. Schlegel hoffte auf eine Anstellung am [[Technische Universität Braunschweig|Collegium Carolinum]], ging dann aber nach Jena und hielt dort Vorlesungen zur [[Ästhetik]]. In den nächsten vier Jahren verfasste er etwa dreihundert, mitunter höchst umfangreiche, Rezensionen, großenteils für die Jenaer [[Allgemeine Literatur-Zeitung]].


=== Jena ===
Bekannt wurde Levine vor allem für sein 1983 formuliertes Argument der [[Erklärungslücke]] ({{EnS|''explanatory gap''}}), die zwischen dem bewussten Erleben der sog. [[Qualia]] und der materiellen Grundlage des [[Bewusstsein]]s bestehe.
Am 1. Juli 1796 feierte er seine Hochzeit mit Caroline Böhmer. Friedrich folgte seinem Bruder August und dessen Frau nach Jena. Zu Schiller war das Verhältnis zunächst gut. Das änderte sich, als August Wilhelm Schlegel Schillers [[Das Lied von der Glocke|Lied von der Glocke]] kritisierte, in dem nach Schlegel von allem und jedem die Rede sei und das sachliche Fehler enthalte (der Klöppel würde nicht erwähnt und die Mischung der Bestandteile – beim Glockenguss sind es Zinn und Kupfer – stimme ebenfalls nicht). Der daraufhin verstimmte Schiller griff seinerseits Schlegel in den ''[[Xenien]]'' (erschienen im ''Musenalmanach auf das Jahr 1797'') an. Friedrich Schlegels verletzende Rezension von Schillers Zeitschrift ''Die Horen'' führte im Mai 1797 zum endgültigen Bruch.<ref>[[Hartmut Fröschle]]: ''Goethes Verhältnis zur Romantik''. Königshausen & Neumann, Würzburg 2002, ISBN 3-8260-2298-X, S. 203.</ref> Die Brüder entschieden sich im Oktober 1797, selbst eine Zeitschrift ''[[Athenäum (Schlegel)|Athenaeum]]'' herauszugeben, die ab Mai 1798 zweimal pro Jahr bis 1800 erschien. Sie gilt als das Sprachorgan der Jenaer [[Frühromantik]]. In ihr wurden die [[Französische Revolution]], das Werk Goethes und [[Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre|Fichtes Wissenschaftslehre]] besprochen. Der Inhalt bestand meist aus [[Fragment (Literatur)|Fragmenten]]. Schon 1796 hatte Schlegel seine Übersetzung der Werke Shakespeares angekündigt, die 1797–1810 erschien und 17 [[Drama|Dramen]] in 14 Bänden umfasste.<ref>Ausstellung ''Papiers à Mr. Schlegel'' im Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), 2004: [http://fotothek.slub-dresden.de/schlegel/thema_8-1.htm ''Shakespeare-Übersetzungen. Eigenhändige Manuskripte in 14 Bänden''], abgerufen am 27. August 2016.</ref> Diese Übertragung, später durch [[Dorothea Tieck]] und [[Wolf Heinrich Graf von Baudissin]] ergänzt, ist bis heute die deutsche Standardversion.<ref>[[Anselm Salzer]]: ''Illustrierte Geschichte der deutschen Literatur''. Neubearbeitung und Aktualisierung von Claus Heinrich und Jutta Münster-Holzlar. Band 3: ''Von der Klassik bis zur Romantik''. Naumann und Göbel, Köln 1996, S. 238.</ref> 1798 lernte er während eines zweimonatlichen Aufenthaltes in Berlin [[Ludwig Tieck]] persönlich kennen.


[[Datei:Musen-Almanach für das Jahr 1796 (Titel).jpg|mini|hochkant=1.3|Titelblatt der ersten Ausgabe von Schillers Musen-Almanach]]
Levine argumentiert auf materialistischer Grundlage. Angenommen es gibt eine innere Verbindung zwischen dem Feuern von [[C-Faser]]n, die für die Schmerzempfindung zuständig sind, und dem subjektiven Erlebnis des [[Schmerz]]es. Nun sei aber theoretisch auch ein physisch oder funktional ganz anders als der Mensch gebautes [[Lebewesen]] denkbar. Faktisch mag es wahr wahr oder falsch sein, dass auch dieses Lebewesen ein subjektives Schmerzempfinden hat. [[Erkenntnistheorie|Erkenntnistheoretisch]] kann das aber aufgrund der Erklärungslücke nicht abgeklärt werden. Solange die Erklärungslücke nicht geschlossen werden kann, wird folglich das [[Leib-Seele-Problem]] weiter bestehen.


1799 lebten die beiden Brüder, August Wilhelms Ehefrau Caroline sowie [[Dorothea Veit]] für ein halbes Jahr zu viert zusammen – im Hinterhaus, An der Leutra 5, in Jena. „Das kleine Jena war zu einer Geistesmetropole geworden.“<ref>[[Gerd Fesser]]: ''Jenas goldene Jahre. Im Februar feiert Jenas Universität ihren 450. Geburtstag. Zu Schillers Zeit war das Saalestädtchen Deutschlands geistige Metropole.'' In: Die Zeit vom 17. Januar 2008 [http://www.zeit.de/2008/04/A-Jena (online)]</ref> Diese „Romantiker-Wohngemeinschaft“ bildete das Kernstück der Jenaer Romantik und publizierte im [[Musen-Almanach]]. Die Autoren brachen mit vielen Konventionen: Beispielsweise mischten sie in ihre Romane Gedichte und Balladen, kleine Märchen etc.; dabei bezogen sie sich oft auf Goethes Werke („[[Die Leiden des jungen Werthers]]“, „[[Wilhelm Meisters Lehrjahre]]“). Goethe bat seinerseits August Wilhelm Schlegel in dessen Jenaer Zeit mehrfach um Rat in Fragen der [[Verslehre|Metrik]]. Er schätzte Schlegel als Literaturhistoriker und -kritiker, als Übersetzer und als Person; als Dichter hielt Goethe ihn für weniger bedeutend.<ref>Hartmut Fröschle: ''Goethes Verhältnis zur Romantik''. Königshausen & Neumann, Würzburg 2002, S. 171.</ref> Im Kampf gegen den [[Rationalismus]] standen die Brüder Schlegel auf Goethes Seite.
Kritisiert wurden Levines Argumente u.a. von dem englischen Philosophen [[Wikipedia:David Papineau|David Papineau]] (* 1947), der sich als [[Naturalist]] versteht und von der vollkommenen [[Identität]] der objektiven neuronalen Zustände und der subjektiv erlebten Qualia ausgeht; daher gäbe es hier gar nichts zu erklären und folglich auch keine Erklärungslücke.  


Eine erste Sammlung von August Wilhelm Schlegels Gedichten erschien 1800. Viel frischer und unmittelbarer erwies sich sein Talent in der [[Satire]]. Den Mittel- und Höhepunkt der Satire bildete das empfindsam-romantische Schauspiel in zwei Aufzügen „[[August Kotzebue|Kotzebue]]’s Rettung oder der tugendhafte Verbannte“, voll boshaft-witziger Anspielungen auf die meisten Werke des Angegriffenen und auf seine neuesten Schicksale in Russland und Sibirien.
Der australische Philosoph [[David Chalmers]] sieht hingegen in der Erklärungslücke eine Bestätigung dafür, dass eine rein materialistische Erklärung des Bewusstseins scheitern muss und schlägt daher einen [[Eigenschaftsdualismus]] vor. Demnach gebe es zwar nur eine einheitliche [[Substanz|Grundsubstanz]] der Welt (Substanzmonismus), doch diese habe nicht nur materielle, sondern auch nicht-materielle mentale Eigenschaften.


Als Dichter erlebte er Misserfolge. Anfang 1802 fiel sein klassizistisches Schauspiel ''Ion'', basierend auf einem Original von [[Euripides]], aber ohne griechische Formelemente wie Prolog und Chor, durch.<ref>Ausstellung ''Papiers à Mr. Schlegel'' im Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, 2004: [http://fotothek.slub-dresden.de/schlegel/thema_4-6_2 ''Ion''], abgerufen am 27. August 2016.</ref> Das Stück lag im Rahmen einer zeitgenössischen Strömung, sich die Antike durch Modernisierung bzw. „Romantisierung“ anzueignen.<ref>Beatrice Osdrowski: ''Die Brüder Schlegel und die „romantische“ Dramatik. Ein typologischer Vergleich von Theorie und Praxis des „romantischen“ Dramas in Deutschland und Spanien''. Diss. Universität Jena, 2004, S. 180. [http://www.db-thueringen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-7733/Dissertation_Osdrowski.pdf (online)]</ref> Auch Goethe nahm Stellung. Er hatte sich als Theaterdirektor um die Einstudierung und Aufführung bemüht, tadelte Schlegel jedoch dafür, weil dieser bei seiner Überarbeitung des ''Ion'' den Euripides gebührenden Respekt habe vermissen lassen.<ref>Hartmut Fröschle: ''Goethes Verhältnis zur Romantik''. Königshausen & Neumann, Würzburg 2002, S. 183.</ref>
Letztlich beruht das ganze Problem auf der von [[John Locke]] (1632-1704) propagierten Unterscheidung [[Primäre und sekundäre Sinnesqualitäten|primärer und sekundärer Sinnesqualitäten]], von denen nur ersteren eine äußerlich objektive [[Realität]] entspräche. [[Rudolf Steiner]] hat darauf hingewiesen, dass aber gerade die primären Qualitäten innerlich erlebt werden, indem wir uns etwa durch den [[Gleichgewichtssinn]] und den [[Eigenbewegungssinn]] in der [[raumzeit]]lichen Welt orientieren. Die sekundären Qualitäten (Farben, Töne usw.) erleben wir hingegen in der Außenwelt. Durch unsere Sinne erleben wir sie zunächst nur als Bilder; ihre eigentliche Wirklichkeit liegt in der seelisch-geistigen Außenwelt.


=== Berlin ===
{{GZ|Mit Bezug auf die Sinneswahrnehmungen ist man
[[Datei:A.W.Schlegel.jpg|mini|hochkant=1|Schlegel um 1800]]
aber in eine wahre wissenschaftliche Verwirrung gekommen.
Schlegel lebte mittlerweile in Berlin. Dort hielt er von 1801 bis 1804 die Vorlesungsreihe ''Über schöne Literatur und Kunst'', in der er die Literaturen des klassischen Altertums, des germanischen und provenzalischen Mittelalters und der romanischen (besonders spanischen und italienischen) Neuzeit als ebenbürtig darstellte. Neben den Jenaer Vorlesungen ''Über philosophische Kunstlehre'' (1798/1799) und den 1803/1804 ebenfalls in Berlin gehaltenen ''Vorlesungen über Enzyklopädie'' sind die Berliner Vorlesungen ''Über schöne Literatur und Kunst'' die Hauptquelle für August Wilhelm Schlegels [[Sprachphilosophie|sprachphilosophische Konzepte]], die neben denjenigen [[Wilhelm von Humboldt]]s als der bedeutendste Beitrag des frühen 19. Jahrhunderts zu diesem Themenkomplex gelten können. Im Sinne Herders und Winckelmanns forderte und versuchte Schlegel eine Verbindung von philosophischer Theorie und von Geschichte der Kunst; das vermittelnde Bindeglied zwischen beidem sah er in der [[Kritik]]. Die Berliner Jahre waren „die Glanzzeit Schlegels, auch im gesellschaftlichen Leben“.<ref>Edgar Lohner: ''August Wilhelm Schlegel.'' In: [[Benno von Wiese]]: ''Deutsche Dichter der Romantik: Ihr Leben und Werk''. 2., überarb. und verm. Auflage. Schmidt, Berlin 1983, ISBN 3-503-01664-3, S. 146.</ref>
Die Menschen meinen vielfach - die Physiologen
haben sich in dieser Beziehung sogar den Erkenntnistheoretikern
und Philosophen im 19. Jahrhundert angeschlossen
-, wenn wir zum Beispiel Rot sehen, so ist
der äußere Vorgang irgendein Schwingungsvorgang, der
sich fortpflanzt bis zu unserem Sehorgan, bis zum Gehirn.
Dann wird ausgelöst das eigentliche Rot-Erlebnis.
Oder es wird durch den äußeren Schwingungsvorgang
ausgelöst der Ton Cis auf dieselbe Weise. Hier ist man in
Verwirrung geraten, weil man dasjenige, was in uns, in
unserer Körperbegrenzung lebt, gar nicht mehr von dem
Äußeren unterscheiden kann. Hier spricht man durchaus
davon, daß alle Sinnesqualitäten, Farben, Töne, Wärmequalitäten,
eigentlich nur subjektiv seien; daß das äußere
Objektive etwas ganz anderes sei.


=== Coppet ===
Wenn wir nun geradeso, wie wir die drei Raumesdimensionen
[[Datei:Coppet Schloss.jpg|mini|Schloss Coppet, Wohnsitz von [[Anne Louise Germaine de Staël|Madame de Staël]]]]
zunächst aus uns heraus bilden, um sie an
und in den Dingen wieder zu finden, wenn wir ebenso
dasjenige, was in uns sonst als Sinnesempfindung auftritt,
aus uns selbst schöpfen und dann außer uns versetzen
könnten, dann würden wir das erst in uns Gefundene
in den Dingen ebenso finden, ja, auf uns zurückschauend,
es wiederfinden, wie wir das als Raum in uns
Erlebte in der Außenwelt finden und auf uns zurückschauend,
uns selbst diesem Räume angehörend finden.
Wir würden, wie wir die Raumeswelt um uns haben, eine
Welt von ineinanderfließenden Farben und Tönen um
uns haben. Wir würden sprechen von einer objektivierten
farbigen, tönenden Welt, einer flutenden, farbigen,
tönenden Welt, so wie wir von dem Raume um uns
herum sprechen.


Im Frühling 1802 beschlossen Caroline und August Wilhelm Schlegel, ihre Ehe zu lösen. Das gelang erst nach Überwindung mehrerer Hindernisse am 17. Mai 1803. Caroline heiratete bald darauf [[Friedrich Schelling]]. Nach der Auflösung der Ehe war Schlegel bis 1817 literarischer Berater und Sekretär von [[Anne Louise Germaine de Staël|Madame de Staël]], die seit kurzem getrennt vom Schriftsteller [[Benjamin Constant]] lebte. Schlegel traf sie im Frühjahr 1804 in Berlin.<ref>Frederick Burwick: ''Mimesis and its romantic reflections''. Pennsylvania State University Press, University Park, Pa. 2001, ISBN 0-271-02037-7, S. 24, Fußnote 11.</ref> Gegen ein üppiges Gehalt wurde er zum Erzieher von Madame de Staëls Kindern ernannt.<ref>Ausstellung ''Papiers à Mr. Schlegel'' im Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, 2004: [http://fotothek.slub-dresden.de/schlegel/thema_11-x1.htm ''Anne-Germaine von Staël-Holstein.''] abgerufen am 27. August 2016.</ref> Einige Wochen später besuchten sie Caroline und Schelling in Würzburg.
Das kann der Mensch aber durchaus erreichen, daß
er diese Welt, die sonst für ihn nur vorliegt als die Welt
der Wirkungen, kennenlernt als die Welt seiner eigenen
Bildung. Wie wir unbewußt, einfach aus unserer
menschlichen Natur heraus, uns die Raumesgestalt ausbilden,
um sie dann in der Welt wiederzufinden, indem
wir sie erst metamorphosiert haben, so kann der Mensch
durch gewisse Übung - das muß er jetzt bewußt ausführen
- dazu kommen, aus sich heraus den gesamten
Umfang der Qualitäten enthaltenden Welt zu finden, um
sie dann wiederzufinden in den Dingen, wiederzufinden
zurückschauend auf sich selbst.


Zu ihrem Freundenkreis auf ihrem Schloss [[Coppet]] am [[Genfersee]] gehörten [[Karl Viktor von Bonstetten]] (ein durch die Revolution gestürzter Berner Staatsmann), der Genfer Historiker [[Jean-Charles-Léonard Simonde de Sismondi]], der Herzog [[Mathieu de Montmorency-Laval]], Benjamin Constant und später auch [[Adelbert von Chamisso]].<!--1804 reiste Friedrich nach Coppet, zu seinem Bruder und Mme de Staël.--> Ende des Jahres reisten De Staël und Schlegel nach Italien. Schlegel veröffentlichte 1804 „Blumensträuße italienischer, spanischer und portugiesischer Poesie“ mit mustergültigen Übertragungen aus Dante, [[Petrarca]], an dem er sich seit seinen Universitätsjahren wiederholt versucht hatte, [[Giovanni Boccaccio|Boccaccio]], [[Torquato Tasso|Tasso]], [[Giovanni Battista Guarini|Guarini]], [[Jorge de Montemayor|Montemayor]], [[Cervantes]] und [[Luís de Camões|Camões]]. Schlegel veröffentlichte in der Zeitschrift „[[Europa (Zeitschrift)|Europa]]“ seines Bruders den Aufsatz ''Über das spanische Theater'', eine überschwängliche Lobrede auf [[Pedro Calderón de la Barca|Calderón]].<ref>Anselm Salzer: ''Illustrierte Geschichte der deutschen Literatur''. Neubearbeitung und Aktualisierung von Claus Heinrich und Jutta Münster-Holzlar. Band 3: ''Von der Klassik bis zur Romantik''. Naumann und Göbel, Köln 1996, S. 239.</ref> Ende Juni 1805 war er mit Madame de Staël wieder nach Coppet zurückgekehrt. Mit ihr verbrachte er den folgenden Winter großenteils in Genf und reiste im Frühling 1806 nach Frankreich. 1806 war er in [[Auxerre]] und [[Rouen]], 1807 in [[Aubergenville]] und hielt sich im [[Schloss d'Acosta]] auf. Im Mai 1807 fuhren sie zurück nach Coppet. Im Dezember 1807 besuchten sie Schelling und seine Frau in München.<ref>Frederick Burwick: ''Mimesis and its romantic reflections''. Pennsylvania State University Press, University Park, Pa. 2001, ISBN 0-271-02037-7, S. 24, Fußnote 12.</ref> Anschließend fuhr er ohne Madame de Staël nach Wien.
Was ich Ihnen hier schildere, das ist das Aufsteigen zu
der sogenannten imaginativen Anschauung.|82|58f}}


[[Datei:Château d'Acosta.jpg|mini|Château d'Acosta]]
== Schriften ==
;Bücher


Höhepunkt dieser Jahre waren, neben seiner [[Hamlet]]übersetzung, die 1808 in Wien gehaltenen Vorlesungen ''Über dramatische Kunst und Literatur'' (1809–1811 veröffentlicht), die aus seinen Shakespeare- und Calderón-Übersetzungen (1803–1809) hervorgingen, und zur Verbreitung der romantischen Ideen beitrugen.<ref>Anselm Salzer: ''Illustrierte Geschichte der deutschen Literatur''. Neubearbeitung und Aktualisierung von Claus Heinrich und Jutta Münster-Holzlar. Band 3: ''Von der Klassik bis zur Romantik''. Naumann und Göbel, Köln 1996, S. 241.</ref> In Frankreich und Amerika erschienen Übersetzungen; nach der italienischen Übersetzung folgten weitere Übersetzungen u. a. ins Spanische, Portugiesische, Polnische, Russische. Trotz seiner altphilologischen Schulung und trotz seiner Nähe zur [[Weimarer Klassik]] Goethes und zu Wilhelm von Humboldt vertrat Schlegel die Ansicht, dass die großen mittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Dichter Dante, Cervantes, Calderón, Shakespeare die maßgeblichen Vorbilder der modernen Poesie seien.
* ''Purple Haze. The Puzzle of Consciousness''. Oxford University Press 2001, ISBN 978-0195173086


Mit Madame de Staël, in die er offenbar unglücklich und eifersüchtig verliebt war,<ref>Ausstellung ''Papiers à Mr. Schlegel'' im Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, 2004: [http://fotothek.slub-dresden.de/schlegel/thema_3-n4_1.htm Brief von Charlotte Ernst an August Wilhelm Schlegel vom 14. Januar 1810], abgerufen am 27. August 2016.</ref> ging Schlegel im Mai 1808 nach Dresden und Weimar. Da ihm vorgeworfen wurde, Feind Napoleons, Frankreichs und der französischen Literatur zu sein, wurde er vom [[Präfekt (Frankreich)|Präfekten]] aus dem ganzen französischen Reich, ja selbst aus Coppet ausgewiesen. 1811 schloss er mit der zweibändigen Sammlung seiner „Poetischen Werke“ seine dichterische Tätigkeit im großen und ganzen ab. Mit ihr entkam er über Wien, Kiew, Moskau und Sankt Petersburg nach Stockholm. Er trat als Regierungsrat und Sekretär in die Dienste [[Karl XIV. Johann (Schweden)|Jean Baptiste Bernadottes]], des künftigen schwedischen Königs. Aus sicherer Entfernung beteiligt sich Schlegel von Schweden aus an der politischen Publizistik gegen Napoleon. Er publizierte u. a.: ''Über das Continentalsystem und den Einfluß desselben auf Schweden''. Im Frühling 1813 folgte er Bernadotte ins Hauptquartier der Nordarmee nach Stralsund. 1813 beschäftigte er sich mit der [[Völkerschlacht bei Leipzig]].<ref>Ausstellung ''Papiers à Mr. Schlegel'' im Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, 2004: [http://fotothek.slub-dresden.de/schlegel/thema_12-n8.htm ''Dépêches et lettres interceptées par des partis détachés de l’Armée combinée du nord de l’Allemagne''], abgerufen am 27. August 2016.</ref> Während der [[Herrschaft der Hundert Tage]] war er mit Madame de Staël in Paris, bis sie Napoleons Rückkehr von Elba im März 1815 wieder nach Coppet zurücktrieb. Im nächsten Jahr beschäftigte er sich in Florenz mit etymologischen, antiquarischen und kunstgeschichtliche Studien. Er blieb bis zu ihrem Tod bei Madame de Staël und blieb auch danach mit deren Tochter Albertine und ihrem Ehemann Herzog Victor de Broglie und deren Kindern eng verbunden (sie besuchten ihn 1834 in Bonn). Als Madame de Staël 1817 starb,<ref>Aus dem Jahr 1817 stammt ein Schlegel-Porträt im Schloss Coppet (Schweiz) von [[Albert Gregorius]] (1774–1853).</ref> heiratete er in Heidelberg Sophie Paulus, Tochter des Theologen [[Heinrich Eberhard Gottlob Paulus]].<ref>Roger Paulin: ''The life of August Wilhelm Schlegel. Cosmopolitan of art and poetry''. Open Book Publishers, Cambridge 2016, S. 437.</ref> Er zog nach Bonn, wo er Professor für Literatur- und Kunstgeschichte an der neu gegründeten Universität wurde. Da er Sophie nicht bewegen konnte, ihm dahin zu folgen, scheiterte die Ehe schon nach einigen Wochen.<ref>Roger Paulin: ''The life of August Wilhelm Schlegel. Cosmopolitan of art and poetry''. Open Book Publishers, Cambridge 2016, S. 438–440.</ref>
;Publikationen


=== Bonn ===
* ''Materialism and Qualia: The Explanatory Gap''. In: ''Pacific Philosophical Quarterly''. Band 64, Nr. 4, Oktober 1983, S. 354–361 [http://course.sdu.edu.cn/G2S/eWebEditor/uploadfile/20140227112822014.pdf pdf]
[[Datei:Bhagavata Purana manuscript, 18 century.jpg|mini|Bhagavata Purana Manuskript, 18. Jahrhundert]]
* ''On Leaving Out What It's Like''. In: G. Humphreys und M. Davies (Hrsg.): ''Consciousness. Psychological and Philosophical Essays''. Basil Blackwell, Oxford 1993, S. 121–136. Nachdruck in: [[Wikipedia:Ned Block|N.J. Block]], O. Flanagan, and G. Güzeledere (Hrsg.): ''The Nature of Consciousness. Philosophical Debates''. MIT Press, Cambridge, Massachusetts 1997.
* ''Collective Responsibility and the Individual'', Essays in Philosophy. Vol. 10, no. 2, June 2009.
* ''Demonstrative Thought''. Mind and Language, Vol. 25, no. 2, 2010, pp. 169-195.
* ''The Q Factor: Modal Rationalism vs. Modal Autonomism''. The Philosophical Review, Vol. 119, no. 3, 2010, pp. 365-380.
* ''Phenomenal Experience: A Cartesian Theater Revival''. Philosophical Issues, 20, Philosophy of Mind, 2010.
* ''On the Phenomenology of Thought''. In Bayne, T. & Montague, M. eds., Cognitive Phenomenology, Oxford University Press, 2011.


1818 wurde er Inhaber des ersten Lehrstuhls für [[Indologie]] in Deutschland an der neu gegründeten [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Universität Bonn]].<ref>Anil Bhatti: ''August Wilhelm Schlegels Indienexperiment. Kulturtransfer und Wissenschaft.'' In: York-Gothart Mix, Jochen Strobel (Hrsg.): ''Der Europäer August Wilhelm Schlegel. Romantischer Kulturtransfer – romantische Wissenswelten''. Walter de Gruyter, Berlin 2010, S. 237–253.</ref> Im selben Jahr unternahm er eine Rhein-Reise mit seinem Bruder Friedrich. In Bonn war er 1819/1820 der Literatur-Lehrer von [[Heinrich Heine]]. August Wilhelm Schlegel hatte sich in Paris Buchstaben für den Satz des indischen [[Devanagari]]-Alphabets herstellen lassen, um damit die ersten Sanskrit-Texte in Europa zu drucken.<ref>Ausstellung ''Papiers à Mr. Schlegel'' im Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, 2004: [http://fotothek.slub-dresden.de/schlegel/thema_9-z3.htm ''Specimen novae typographiae Indicae. Litterarum figuras ad elegantissimorum codicum Bibliothecae Regiae Parisiensis exemplaria delineavit''], abgerufen am 27. August 2016.</ref> Das erste Buch war 1823 die [[Bhagavad Gita]] mit einer lateinischen Übersetzung von Schlegel selbst.<ref>[[Volker Zotz]]: ''Auf den glückseligen Inseln''. Theseus, 2000, S. 67–68.</ref> Zwischen 1818 und 1825 arbeitete er an einer „Indischen Bibliothek“. Den Satz und Druck finanzierte Schlegel selbst.<ref>Ausstellung ''Papiers à Mr. Schlegel'' im Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, 2004: [http://fotothek.slub-dresden.de/schlegel/thema_9-8_1.htm ''Ramayana. Id est carmen epicum de Ramae rebus gestis''], abgerufen am 27. August 2016.</ref> Von 1829 bis 1838 erschien die lateinische Übersetzung des [[Ramayana]] in drei Bänden, 1829 bzw. 1831 erschien die lateinische Übersetzung des [[Panchatantra|Hitopadesha]] in zwei Bänden.<ref>Ausstellung ''Papiers à Mr. Schlegel'' im Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, 2004: [http://fotothek.slub-dresden.de/schlegel/thema_9-z7.htm ''Hitopadesas. Id est institutio salutaris''], abgerufen am 27. August 2016.</ref> Der Norweger [[Christian Lassen]] setzte als sein Schüler und Nachfolger diese Arbeit fort.<ref>[[Arnulf Krause]]: [http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/S/Seiten/AugustWilhelmvonSchlegel.aspx ''August Wilhelm von Schlegel (1767–1845), Schriftsteller und Professor''] im Portal „Rheinische Geschichte“.</ref> Seine Berühmtheit wusste Schlegel mit seinem residenzartigen Haus in der Sandkaule 529 in Bonn zu unterstreichen. Sein Auftreten mit Kalesche, Diener und in modischem Pariser Anzug machte seine Eitelkeit in Bonn sprichwörtlich. 1824/25 amtierte er als [[Rektor]] der Universität.
== Siehe auch ==


Er gehörte wie Humboldt und [[Franz Bopp]] zu den Begründern der [[Komparatistik]], d.&nbsp;h. der modernen komparativen [[Linguistik]] und Philologie. Aber nicht nur die reine Philologie interessierte ihn. Ausdrücklich schreibt er, dass er sich von den vergleichenden Sprachforschungen auch Aufschlüsse über die [[Anthropologie|„Naturgeschichte des Menschen“]] und die „Blutsreinheit“ der von ihm beschriebenen Menschengruppen erhoffe (''pureté du sang'', vgl. ''Oeuvres'').<ref>Vgl. da Rocha Abreu, Manuel: Zwischenruf - Rassistisch. In: Frankfurter Rundschau, 17. Januar 2006, S. 26.</ref>
* {{WikipediaDE|Joseph Levine}}


Mit zunehmendem Alter wurde der berühmt gewordene Schlegel häufig Ziel von Kritik (etwa seines Schülers [[Heinrich Heine]]), der seine Eitelkeit und Ehe mit Sophie Paulus verspottete. Seine 1827 in Berlin gehaltenen ''Vorlesungen über die Theorie und Geschichte der bildenden Künste'' waren ein Misserfolg. Der Zwiespalt, der sich zwischen den Brüdern auftat, wurde nicht mehr überbrückt und führte 1828 zur öffentlichen Distanzierung August Wilhelms von Friedrich. 1841 reist er erneut nach Berlin, wegen der Herausgabe der Gesammelten Werke [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrichs des Großen]], kehrte aber nach einem Semester nach Bonn zurück.
== Literatur ==
 
Er starb am 12. Mai 1845 in Bonn; sein Grab befindet sich dort auf dem [[Alter Friedhof Bonn|Alten Friedhof]].
 
== Werk ==
[[Datei:Awschlegelgrab.jpg|hochkant=1|mini|Schlegels Grab in Bonn]]


August Wilhelm Schlegel gilt als der wichtigste Sprachphilosoph der deutschen Frühromantik sowie als Mitbegründer der altindischen Philologie. Er war Mitarbeiter an [[Die Horen (Schiller)|Schillers ''Horen'']], dem ''[[Musenalmanach]]'' und der ''Jenaer [[Allgemeine Literatur-Zeitung|Allgemeinen Literatur-Zeitung]]''. Mit seinem Bruder [[Friedrich Schlegel|Friedrich]] teilte er sich die Herausgeberschaft der Zeitschrift [[Athenäum (Schlegel)|''Athenäum'']]. Später war er Herausgeber der ''Indischen Bibliothek''. An literarischen Werken verfasste er [[Sonett]]e, [[Ballade]]n und [[Dramatik|Dramen]]. Blieben seine eigenen literarischen Werke auch unbedeutend und ohne Erfolg, so sind seine Verdienste für die deutsche Literatur als Übersetzer, zum Teil gemeinsam mit Ludwig Tieck (und dessen Tochter [[Dorothea Tieck|Dorothea]] sowie [[Wolf Heinrich Graf von Baudissin|Wolf von Baudissin]]), unbezweifelbar und maßgebend. August Wilhelm Schlegel gilt zusammen mit seinem Bruder Friedrich als wichtigster Initiator der literarischen Romantik in Deutschland. Beide versammelten einen Kreis hochrangiger Literaten, wie [[Novalis]], [[Ludwig Tieck]] oder [[Friedrich Wilhelm Joseph Schelling]] um sich und legten das Fundament für eine literarische Strömung, die das erste Drittel des 19. Jahrhunderts beherrschte und auch danach noch zahlreiche Anhänger fand.
* Rudolf Steiner: ''Damit der Mensch ganz Mensch werde'', [[GA 82]] (1994), ISBN 3-7274-0820-0 {{Vorträge|082}}
 
* Rudolf Steiner: ''Der Entstehungsmoment der Naturwissenschaft in der Weltgeschichte und ihre seitherige Entwickelung'', [[GA 326]] (1977), ISBN 3-7274-3260-8 {{Vorträge|326}}
== Nachlass ==
Große Teile des Nachlasses August Wilhelm Schlegels erwarb 1873 die [[Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden|Königliche Bibliothek zu Dresden]]. Weitere Nachlassteile wurden 1998 aus Schweizer Privatbesitz bei [[Christie’s]] in London für die [[Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden]] (SLUB) mit Sondermitteln des Freistaates Sachsen ersteigert und 2004 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.<ref>Sächsische Landesbibliothek: [http://august-wilhelm-schlegel.de/briefedigital/info/milestones Digitale Edition der Korrespondenz August Wilhelm Schlegels], abgerufen am 27. August 2016.</ref> Damit besitzt die SLUB mit rund 650 von insgesamt rund 3100 Briefen an Schlegel sowie Manuskripten zu Gedichten, Übersetzungen, Vorlesungen, Kritiken und wissenschaftlichen Beiträgen den größten Teil seines schriftlichen Nachlasses.<ref>{{Literatur |Autor=SLUB Dresden |Titel=SLUB-Schätze auf Reisen: Aufbruch ins romantische Universum |Online=http://blog.slub-dresden.de/beitrag/2017/09/08/slub-schaetze-auf-reisen-aufbruch-ins-romantische-universum/ |Abruf=2017-09-14}} Siehe die beiden digitalisierten Kataloge zur Erschließung des Nachlasses: [http://digital.slub-dresden.de/id286087677 Rekonstruierter Spezialkatalog des Nachlasses von August Wilhelm v. Schlegel - Mscr.Dresd.e.90]; [http://digital.slub-dresden.de/id286071053 Spezialkatalog zum schriftlichen Teilnachlass von August Wilhelm v. Schlegel - Mscr.Dresd.App.2712] bei der Sächsischen Landesbibliothek Dresden.</ref>
 
== Schriften ==
* (Übers.): ''W. Shakespeare: Dramatische Werke'' 9 Bände. Unger, Berlin 1797–1810. (Ergänzt u. erläutert von Ludwig Tieck. Theil 1–9. Berlin: Reimer 1825–33)
* ''Athenaeum.'' 3 Bände. Vieweg, Berlin (1) bzw. Frölich, Berlin (2–3) 1798–1800.
** ''Athenaeum. Eine Zeitschrift 1798–1800 von August Wilhelm Schlegel und Friedrich Schlegel.'' Ausgewählt und bearbeitet von Curt Grützmacher. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1969.
* ''Ehrenpforte und Triumphbogen für den Theater-Präsidenten von Kotzebue bey seiner gehofften Rückkehr ins Vaterland.'' [1800]
* ''Gedichte.'' Cotta, Tübingen 1800.
* ''Charakteristiken und Kritiken.'' 2 Bände. Nicolovius, Königsberg 1801.
* ''Musen-Almanach für das Jahr 1802.'' Cotta, Hg. A. W. Schl. u. L. Tieck. Tübingen 1802.
* ''An das Publikum. Rüge einer in der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung begangnen Ehrenschändung.'' Cotta, Tübingen 1802.
* Gedichtzyklus ''Die Sylbenmaaße''. Erstmals abgedruckt in: Friedrich Schlegel (Hrsg.): ''Europa''. Band 1,2 (1803), S. 117f. [http://books.google.de/books?id=pRJGAAAAcAAJ&pg=RA1-PA117 Google Books]
* ''Ion. Ein Schauspiel.'' Perthes, Hamburg 1803.
* ''Blumensträuße italienischer, spanischer und portugiesischer Poesie.'' Berlin 1803.
* ''Spanisches Theater.'' 2 Bände. Berlin 1803–1809
* ''Über dramatische Kunst und Litteratur. Vorlesungen'' 3 Bände. Mohr & Zimmer, Heidelberg 1809–11.
* ''Poetische Werke.'' 2 Bände. Mohr & Zimmer, Heidelberg 1811.
* (Hrsg.): ''Indische Bibliothek.'' 3 Bände. (von Band 3 nur Heft 1). Weber, Bonn 1820–30.
* ''Bhagavad-Gita.'' Weber, Bonn 1823.
* ''Die Rheinfahrt des Königs von Preußen auf dem Cölnischen Dampfschiffe Friedrich Wilhelm zur Einweihung desselben am 14. September 1825. In lateinischer Sprache besungen. Nebst einer deutschen Übersetzung von Justizrath Bardua in Berlin. Für das abgebrannte Städtchen Friesac.'' Nauck, Berlin 1825
* ''Kritische Schriften.'' 2 Bände. Reimer, Berlin 1828
* ''Zu Goethe‘s Geburtsfeier am 28. August 1829.''
* ''Réflexions sur l‘étude des Langues Asiatiques suivies d‘une lettre à M. Horace Hayman Wilson.'' Weber, Bonn 1832
* ''Essais littéraires et historiques.'' Weber, Bonn 1842
* ''Oeuvres.'' 1846 (posthum)
* ''Spanisches Theater''. Herausgegeben von Eduard Böcking. 10 Bände. Weidmann, Leipzig 1845
* ''Sämtliche Werke''. Herausgegeben von Eduard Böcking. 16 Bände. I-XII: Sämtliche Werke, XIII-XV: OEuvres, écrites en français, XVI: Opuscula, quae Schlegelius latine scripta reliquit. Leipzig 1846–48. Neudruck Verlag Olms, Hildesheim 1971f.
; Briefwechsel:
* Ralf Georg Czapla, Franca Victoria Schankweiler (Hrsg.): ''Meine liebe Marie – Werthester Herr Professor. Der Briefwechsel zwischen August Wilhelm von Schlegel und seiner Bonner Haushälterin Marie Löbel''. Bernstein-Verlag, Bonn 2012.
 
== Literatur ==
* Michael Bernays: ''Zur Entstehungsgeschichte des Schlegelschen Shakespeare.'' Leipzig 1872 ([http://digital.slub-dresden.de/id362653771 Digitalisat]; Neuausgabe: Celtis, Berlin 2013, ISBN 978-3-944253-02-2).
* Ernst Behler: ''Die Theorie der Kunst ist ihre Geschichte: Herder und die Brüder A. W. Schlegel.'' In: Ders.: ''Studien zur Romantik und zur idealistischen Philosophie.'' Band 2, Paderborn 1993, S. 187–205.
* Ernst Behler: ''Die Zeitschriften der Brüder A. W. Schlegel. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Romantik.'' Darmstadt 1983.
* Ernst Behler: ''Sokrates und die griechische Tragödie: Nietzsche und die Brüder A. W. Schlegel über den Ursprung der Moderne.'' In: Ders.: ''Studien zur Romantik und zur idealistischen Philosophie.'' Band 2, Paderborn 1993, S. 143–156.
* Peter Gebhardt: '' A. W. Schlegels Shakespeare-Übersetzung: Untersuchungen zu seinem Übersetzungsverfahren am Beispiel des Hamlet.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1970 [http://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00047169_00002.html (Digitalisat)].
* {{NDB|23|38|40|Schlegel, August Wilhelm von|Johannes John|118607960}}
* Agnes Kornbacher: ''August Wilhelm Schlegels Einfluß auf den Aufsatz ‚Über epische und dramatische Dichtung von Goethe und Schiller’ (1797).'' In: ''Goethe-Jahrbuch.'' 115, 1998, S. 63–67.
* York-Gothart Mix: ''Kunstreligion und Geld. Ludwig Tieck, die Brüder Schlegel und die Konkurrenz auf dem literarischen Markt um 1800.'' In: Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin (Hrsg.) unter Mitarbeit von Heidrun Markert: ''„lasst uns, da es uns vergönnt ist, vernünftig seyn!“ Ludwig Tieck (1773–1853).'' Peter Lang, Berlin u. a. 2004, ISBN 3-03910-419-5, S. 241–258.
* York-Gothart Mix, Jochen Strobel (Hrsg.): ''Der Europäer August Wilhelm Schlegel. Romantischer Kulturtransfer – romantische Wissenswelten''. Walter de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-022846-5.
* {{ADB|31|354|368|Schlegel, August Wilhelm von|Franz Muncker|ADB:Schlegel, August Wilhelm von}}
* Günter Niggl: ''Die Anfänge der romantischen Literaturgeschichtsschreibung: Friedrich und August Wilhelm Schlegel.'' In: Ders.: ''Studien zur Literatur der Goethezeit.'' Berlin 2001, S. 247–263.
* Roger Paulin: ''The life of August Wilhelm Schlegel. Cosmopolitan of art and poetry.'' Open Book Publishers, Cambridge 2016, ISBN 978-1-909254-96-1.
** deutsch von Philipp Multhaupt: ''August Wilhelm Schlegel. Biographie''. Schöningh, Paderborn 2017, ISBN 978-3-506-78437-7.
* Ulrike Schenk-Lenzen: ''Das ungleiche Verhältnis von Kunst und Kritik. Zur Literaturkritik August Wilhelm Schlegels.'' Würzburg 1991.
* Ruth Schirmer: ''August Wilhelm Schlegel und seine Zeit. Ein Bonner Leben.'' Bouvier, Bonn 1986, ISBN 3-416-01990-3.
* Andreas Wistoff: ''Die deutsche Romantik in der öffentlichen Literaturkritik. Die Rezensionen zur Romantik in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung“ und der „Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung“ 1795–1812.'' Bonn/ Berlin 1992.
* Jochen Strobel: ''August Wilhelm Schlegel. Romantiker und Kosmopolit.'' Theiss, Darmstadt 2017, ISBN 978-3-8062-3613-2.<ref>[http://www.deutschlandfunk.de/august-wilhelm-schlegel-ein-romantiker-der-unromantisch.700.de.html?dram:article_id=394980 Rezension] im Deutschlandfunk von Michaela Schmitz am 3. September 2017.</ref>
* Héctor Canal: ''Romantische Universalphilologie. Studien zu August Wilhelm Schlegel.'' Winter, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-8253-6729-9.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wikisource}}
* [http://www.umass.edu/philosophy/member/joseph-levine Homepage von Joseph Levine] - [[Wikipedia:University of Massachusetts Amherst|University of Massachusetts Amherst]]
{{Commonscat}}
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* {{DNB-Portal|118607960}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/schlegel-aw/|August Wilhelm von Schlegel|Katia D. Hay}}
* [http://fotothek.slub-dresden.de/schlegel/index.htm Online-Katalog zur Ausstellung „Papiers à Mr. Schlegel. Nachlass der Romantik - romantischer Nachlass“] 2004 in der Sächsischen Landesbibliothek Dresden
'''Digitalisate und Volltexte'''
* {{DDB|Person|118607960}}
* {{Zeno-Autor|Literatur/M/Schlegel,+August+Wilhelm}}
* {{PGDA|519}}
* {{PGIA|2356}}
* [http://www.zbk-online.de/texte.htm Werke August Wilhelm Schlegels in der ZBK-Volltextsammlung]
'''Korrespondenz'''
* [http://www.textkritik.de/briefkasten/schlegel_a_w/schlegel_a_w_index.htm Briefwechsel]
* [http://digitale-sammlungen.ulb.uni-bonn.de/ulbbnhans/topic/view/1709084 Digitalisierte Korrespondenzen von August Wilhelm Schlegel der ULB Bonn]
* [http://august-wilhelm-schlegel.de/ Digitale Edition der Korrespondenz August Wilhelm Schlegels]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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Version vom 5. Juli 2018, 13:20 Uhr

Joseph Levine (* 17. Januar 1952) ist ein US-amerikanischer Philosoph der vor allem im Fachbereich der Philosophie des Geistes tätig ist.

Leben

Levine studierte Philosophie an der University of California, Los Angeles, wo er 1975 seinen Bachelor of Arts erhielt. Sein weiteres Studium an der Harvard University schloss er 1981 mit dem Ph.D. ab. Danach war er an verschiedenen amerikanischen Universitäten tätig. Seit 2006 lehrt Levine Philosophie an der University of Massachusetts Amherst.

Erklärungslücke

Hauptartikel: Erklärungslücke

Bekannt wurde Levine vor allem für sein 1983 formuliertes Argument der Erklärungslücke (eng. explanatory gap), die zwischen dem bewussten Erleben der sog. Qualia und der materiellen Grundlage des Bewusstseins bestehe.

Levine argumentiert auf materialistischer Grundlage. Angenommen es gibt eine innere Verbindung zwischen dem Feuern von C-Fasern, die für die Schmerzempfindung zuständig sind, und dem subjektiven Erlebnis des Schmerzes. Nun sei aber theoretisch auch ein physisch oder funktional ganz anders als der Mensch gebautes Lebewesen denkbar. Faktisch mag es wahr wahr oder falsch sein, dass auch dieses Lebewesen ein subjektives Schmerzempfinden hat. Erkenntnistheoretisch kann das aber aufgrund der Erklärungslücke nicht abgeklärt werden. Solange die Erklärungslücke nicht geschlossen werden kann, wird folglich das Leib-Seele-Problem weiter bestehen.

Kritisiert wurden Levines Argumente u.a. von dem englischen Philosophen David Papineau (* 1947), der sich als Naturalist versteht und von der vollkommenen Identität der objektiven neuronalen Zustände und der subjektiv erlebten Qualia ausgeht; daher gäbe es hier gar nichts zu erklären und folglich auch keine Erklärungslücke.

Der australische Philosoph David Chalmers sieht hingegen in der Erklärungslücke eine Bestätigung dafür, dass eine rein materialistische Erklärung des Bewusstseins scheitern muss und schlägt daher einen Eigenschaftsdualismus vor. Demnach gebe es zwar nur eine einheitliche Grundsubstanz der Welt (Substanzmonismus), doch diese habe nicht nur materielle, sondern auch nicht-materielle mentale Eigenschaften.

Letztlich beruht das ganze Problem auf der von John Locke (1632-1704) propagierten Unterscheidung primärer und sekundärer Sinnesqualitäten, von denen nur ersteren eine äußerlich objektive Realität entspräche. Rudolf Steiner hat darauf hingewiesen, dass aber gerade die primären Qualitäten innerlich erlebt werden, indem wir uns etwa durch den Gleichgewichtssinn und den Eigenbewegungssinn in der raumzeitlichen Welt orientieren. Die sekundären Qualitäten (Farben, Töne usw.) erleben wir hingegen in der Außenwelt. Durch unsere Sinne erleben wir sie zunächst nur als Bilder; ihre eigentliche Wirklichkeit liegt in der seelisch-geistigen Außenwelt.

„Mit Bezug auf die Sinneswahrnehmungen ist man aber in eine wahre wissenschaftliche Verwirrung gekommen. Die Menschen meinen vielfach - die Physiologen haben sich in dieser Beziehung sogar den Erkenntnistheoretikern und Philosophen im 19. Jahrhundert angeschlossen -, wenn wir zum Beispiel Rot sehen, so ist der äußere Vorgang irgendein Schwingungsvorgang, der sich fortpflanzt bis zu unserem Sehorgan, bis zum Gehirn. Dann wird ausgelöst das eigentliche Rot-Erlebnis. Oder es wird durch den äußeren Schwingungsvorgang ausgelöst der Ton Cis auf dieselbe Weise. Hier ist man in Verwirrung geraten, weil man dasjenige, was in uns, in unserer Körperbegrenzung lebt, gar nicht mehr von dem Äußeren unterscheiden kann. Hier spricht man durchaus davon, daß alle Sinnesqualitäten, Farben, Töne, Wärmequalitäten, eigentlich nur subjektiv seien; daß das äußere Objektive etwas ganz anderes sei.

Wenn wir nun geradeso, wie wir die drei Raumesdimensionen zunächst aus uns heraus bilden, um sie an und in den Dingen wieder zu finden, wenn wir ebenso dasjenige, was in uns sonst als Sinnesempfindung auftritt, aus uns selbst schöpfen und dann außer uns versetzen könnten, dann würden wir das erst in uns Gefundene in den Dingen ebenso finden, ja, auf uns zurückschauend, es wiederfinden, wie wir das als Raum in uns Erlebte in der Außenwelt finden und auf uns zurückschauend, uns selbst diesem Räume angehörend finden. Wir würden, wie wir die Raumeswelt um uns haben, eine Welt von ineinanderfließenden Farben und Tönen um uns haben. Wir würden sprechen von einer objektivierten farbigen, tönenden Welt, einer flutenden, farbigen, tönenden Welt, so wie wir von dem Raume um uns herum sprechen.

Das kann der Mensch aber durchaus erreichen, daß er diese Welt, die sonst für ihn nur vorliegt als die Welt der Wirkungen, kennenlernt als die Welt seiner eigenen Bildung. Wie wir unbewußt, einfach aus unserer menschlichen Natur heraus, uns die Raumesgestalt ausbilden, um sie dann in der Welt wiederzufinden, indem wir sie erst metamorphosiert haben, so kann der Mensch durch gewisse Übung - das muß er jetzt bewußt ausführen - dazu kommen, aus sich heraus den gesamten Umfang der Qualitäten enthaltenden Welt zu finden, um sie dann wiederzufinden in den Dingen, wiederzufinden zurückschauend auf sich selbst.

Was ich Ihnen hier schildere, das ist das Aufsteigen zu der sogenannten imaginativen Anschauung.“ (Lit.:GA 82, S. 58f)

Schriften

Bücher
Publikationen
  • Materialism and Qualia: The Explanatory Gap. In: Pacific Philosophical Quarterly. Band 64, Nr. 4, Oktober 1983, S. 354–361 pdf
  • On Leaving Out What It's Like. In: G. Humphreys und M. Davies (Hrsg.): Consciousness. Psychological and Philosophical Essays. Basil Blackwell, Oxford 1993, S. 121–136. Nachdruck in: N.J. Block, O. Flanagan, and G. Güzeledere (Hrsg.): The Nature of Consciousness. Philosophical Debates. MIT Press, Cambridge, Massachusetts 1997.
  • Collective Responsibility and the Individual, Essays in Philosophy. Vol. 10, no. 2, June 2009.
  • Demonstrative Thought. Mind and Language, Vol. 25, no. 2, 2010, pp. 169-195.
  • The Q Factor: Modal Rationalism vs. Modal Autonomism. The Philosophical Review, Vol. 119, no. 3, 2010, pp. 365-380.
  • Phenomenal Experience: A Cartesian Theater Revival. Philosophical Issues, 20, Philosophy of Mind, 2010.
  • On the Phenomenology of Thought. In Bayne, T. & Montague, M. eds., Cognitive Phenomenology, Oxford University Press, 2011.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise