Merkantilismus

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Wohlstand einer fiktiven Hafenstadt, Gemälde von Claude Lorrain (1639)

Merkantilismus (von franz. mercantile, lat. mercator, deutsch ‚Kaufmann‘) bezeichnet die vorherrschende Wirtschaftspolitik und Wirtschaftstheorie in der Epoche des Frühkapitalismus (vom 16. bis zum 18. Jahrhundert). Mit dem Bedürfnis der absolutistisch regierten Staaten nach wachsenden, sicheren Einnahmen zur Bezahlung der stehenden Heere und des wachsenden Beamtenapparats sowie des repräsentativen Aufwands des Herrschers entwickelte sich in den verschiedenen europäischen Staaten eine vom Interventionismus geprägte wirtschaftspolitische Praxis, der erste Ansätze einer Wirtschaftstheorie zugrunde lagen. Gemeinsames Merkmal merkantilistischer Wirtschaftspolitik ist das Streben nach größtmöglicher Förderung der produktiven Kräfte im Inland und der Erwirtschaftung von Überschüssen im Außenhandel. Regierungen unterstützten demnach diese Ziele, indem sie Exporte von Fertigwaren aktiv förderten und Importe von Fertigwaren hemmten. Zu den wirtschaftspolitischen Empfehlungen gehörte auch der Abbau von Zunftprivilegien und die Schaffung eines Binnenmarktes durch Abschaffung der Binnenzölle. In dieser Zeit entstanden erste Strukturen des modernen kapitalistischen Systems.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Merkantilismus in Frankreich durch die Physiokratie, im übrigen Europa durch die klassische Nationalökonomie verdrängt. Seit dem 19. Jahrhundert wird eine Wirtschaftspolitik, welche auf Zahlungsbilanzüberschüsse und eine protektionistische Beschäftigungsstabilisierung ausgerichtet ist, als Neomerkantilismus bezeichnet.

Überblick

Johann Joachim Becher (hinten links) als Berater des Grafen Friedrich Kasimir von Hanau (1669). Gemälde von Johann David Welcker 1676.

Verschiedene Strömungen theoretischer und praktischer Wirtschaftspolitik, die unter dem Begriff des Merkantilismus zusammengefasst werden, dominierten vom 16. bis zum 18. Jahrhundert das politische Handeln. Die große Vielfalt der praktischen Empfehlungen kann nicht als eine geschlossene Theorie verstanden werden. Gleichwohl beruhten die Empfehlungen auf theoretischen Überlegungen, die erste Ansätze einer Wirtschaftstheorie darstellten.[1]

Das oberste Ziel des Merkantilismus war die Mehrung des Reichtums des jeweiligen Herrschers. Die Steigerung der Staatseinnahmen sollte Macht und Einfluss des Landesherren stärken. Dazu wurde vor allem ein hohes Bevölkerungswachstum angestrebt. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt war der Zusammenhang zwischen Lohnhöhe und Beschäftigung. Insbesondere durch ein hohes Bevölkerungswachstum sollte das Lohnniveau niedrig und das Arbeitskräftepotential hoch gehalten werden (Förderung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ausländischer Produktion). Zudem wurde erwartet, dass ein Bevölkerungswachstum automatisch die Inlandsnachfrage (consumptio interna) erhöhe. Die Förderung des inländischen Handwerks und vor allem von Manufakturen sollte der Steigerung der Produktion und einer Substitution des Imports von Fertigwaren durch inländische Produkte dienen. Die Geldpolitik zielte auf eine Vereinheitlichung des Münzwesens und die Vermeidung von Geldabflüssen in das Ausland.[2][3] Außerdem strebten Merkantilisten die Schaffung eines Binnenmarktes durch Abschaffung der inländischen Zölle und Vereinheitlichung der Gewichte, Maße und des Münzwesens an.

Eine Grundannahme des Merkantilismus war die Annahme von Unterbeschäftigung, die durch aktive Wirtschaftsförderung gelindert werden sollte. Man erkannte früh den Zusammenhang zwischen Geldumlauf, Geldmenge und dem Stand der Beschäftigung. Merkantilisten strebten deshalb neben der Vermehrung der Geldmenge Handelsbilanzüberschüsse an. Die Theorie, dass Handelsbilanzüberschüsse im Inland Wirtschaftswachstum ankurbeln, geht auf Thomas Mun zurück.[3] Handelsbilanzüberschüsse bewirken nach Ansicht der Merkantilisten zunehmende Inlandsbeschäftigung und, wenn das Geld nicht gehortet wird, auch eine zunehmende Inlandsnachfrage (consumptio interna).[4]

Erste Ansätze ökonomischer Theorie

Erst zu Beginn der Neuzeit begannen sich erste Gelehrte mit wirtschaftswissenschaftlichen Themen zu befassen, insbesondere auf dem Gebiet der Geldtheorie. Die Theoretiker des Merkantilismus gehörten zu den Pionieren der Volkswirtschaftslehre.[5] Erst das merkantilistische Versprechen von Steuermehreinnahmen durch Wirtschaftsförderung motivierte Könige und Fürsten dazu, an Universitäten erste Lehrstühle für Wirtschaftswissenschaften einzurichten. Besonders deutlich wurde dies im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, wo u.a. Veit Ludwig von Seckendorff, Philip Wilhelm von Hornick, Georg Heinrich Zincke, Johann Heinrich Gottlob von Justi und Joseph von Sonnenfels einen Lehrauftrag für Kameralwissenschaft erhielten.[6] Veit Ludwig von Seckendorff wurde vom preußischen König sogar mit der Gründung der Friedrichs-Universität Halle beauftragt.

Theorem der aktiven Handelsbilanz

Datei:Mun - England's treasure by forraign trade.djvu In der frühen Neuzeit wurde das Denken von der simplen Gleichsetzung „Reichtumb das ist Gelt“ dominiert.[7] Hinzu kam, dass frühe Monetaristen wie Thomas Gresham und John Hales und die Bullionisten um Thomas Milles die staatlichen Edelmetallreserven als Maßstab für die wirtschaftliche und militärische Stärke eines Staates nahmen, da es damals noch keine Messgrößen für das Volkseinkommen gab. Im Vereinigten Königreich wurde die Devise am konsequentesten umgesetzt und eine bullionistische Geldpolitik betrieben. Da man Geld und Gold mit Reichtum gleichsetzte, wurde ein Ausfuhrverbot für Geld und Edelmetalle erlassen. Das Ausfuhrverbot wurde noch durch eine Devisenbewirtschaftung ergänzt. Der gesamte Zahlungsverkehr mit dem Ausland musste über den „King’s Exchanger“ abgewickelt werden. Dieser sollte darauf achten, dass mit jedem Geschäft mehr Geld nach England hereinfloss als hinaus.[8]

Die bullionistische Sichtweise wurde von Thomas Mun in seinem Hauptwerk England’s Treasure by Forraign Trade (veröffentlicht 1664) für zu eng erklärt. Es könne nicht darauf ankommen, im Außenhandel mit jedem einzelnen Staat einen Überschuss zu erzielen, sondern durchaus sinnvoll sein, viele Rohstoffe und Rohwaren zu importieren, um diese nach Verarbeitung in England zu höheren Preisen im Ausland zu verkaufen. Es solle nur darauf geachtet werden, dass in der Gesamtbilanz des Außenhandels ein Überschuss besteht.[8]

“The ordinary means therefore to encrease our wealth and treasure is by Forraign Trade, wherein wee must ever observe this rule; to sell more to strangers yearly than wee consume of theirs in value.”

„Deshalb besteht das übliche Mittel um unseren Wohlstand zu mehren und die Schatztruhe zu füllen im Außenhandel, bei dem wir diese Regel befolgen müssen: Wir müssen jährlich mehr an Ausländer verkaufen als wir von diesen wertmäßig kaufen.“

Thomas Mun: England’s treasure by forraign trade. 1630 (veröffentlicht 1664)

Damit gelang erstmals eine logische Trennung von Reichtum und Geld. Zudem schuf Mun damit eine Außenhandelstheorie, die sich von der Betrachtung der Kapitalbilanz löste. Die Bullionisten verfolgten das Ziel einer positiven Kapitalbilanz durch Vermeidung jeglicher Kapitalabflüsse. Dies führte zwar automatisch zu einer positiven Zahlungsbilanz, schränkte aus Sicht von Thomas Mun aber den Außenhandel und damit die Entfaltung der Produktivkräfte übermäßig ein. Mun riet dazu, eine positive Zahlungsbilanz durch geeignete Gestaltung des Außenhandels zu erzielen. Der Focus rückte damit auf die Handelsbilanz. Konkret empfahl Mun alle Importe außer die von Rohwaren zu beschränken, die Exporte von Fertigwaren zu fördern und den Außenhandel möglichst nur über inländische Transportunternehmer zuzulassen.[9] Ähnliche Empfehlungen hatte bereits Jean Bodin 1576 in seinen Les six livres de la république entwickelt. Durch Ausfuhrzölle auf Waren, deren Import für das Ausland unerlässlich ist, durch niedrige Einfuhrzölle auf benötigte Rohstoffe und durch hohe Importzölle auf ausländische Fertigprodukte sollte auf eine aktive Handelsbilanz (Handelsbilanzüberschuss) hingewirkt werden.[8] Diese Thesen bildeten die Kernidee des Merkantilismus.

Geldlehre

Jean Bodin

Eine einfache (naive) Quantitätstheorie des Geldes entwickelte Jean Bodin vor dem Hintergrund des starken Edelmetallzuflusses aus den Kolonien und der dadurch verursachten Inflation der Gold- und Silberwährungen (Preisrevolution). Demnach stehen Geldmenge und Geldwert in einem umgekehrten Verhältnis zueinander, das heißt, der Geldwert ist umso geringer, je höher die Geldmenge ist.[10]

Entgegen späterer Kritik von Adam Smith propagierten die führenden Merkantilisten keineswegs eine simple Gleichsetzung von Geld mit Reichtum. John Locke war der erste, der in seiner 1668 verfassten, aber erst 1692 veröffentlichten Schrift Some Considerations of the Consequences of the Lowering of Interest, and Raising the Value of Money auf die Relevanz der Geldumlaufgeschwindigkeit hinwies. Diese Erkenntnis wurde später von Richard Cantillon in dem Essai sur la nature du commerce en général vertieft. Die Merkantilisten propagierten eine rasche Geldumlaufgeschwindigkeit und verurteilten Geldhortung:[10]

„Der Wert des Geldes besteht einzig in seiner Verkehrung: je öffter es aus einer in eine andere Hand rouliret, je mehr bringet es seinem Eigenthümer ein. Wann aber in Cästen es verschlossen lieget, ist es kein Gold, sondern eine Todte und inutile Erde; und je mehr davon steril liegend […]: je stärker wird dadurch aller Handel und Wandel geschwächet und verhindert.“

Theodor Ludwig Lau: Entwurff einer wohleingerichteten Policy (1717)

Bei den meisten Merkantilisten standen hinsichtlich der Funktionalität des Geldes die Funktionen als Tauschmittel sowie als Recheneinheit und Wertmaßstab im Vordergrund, weniger aber die Wertbewahrungsfunktion. Zur Zeit des Merkantilismus bestanden die Währungen in der Regel aus Kurantmünzen. Zur Ausweitung der Geldmenge mussten also Edelmetalle angekauft werden. Während Spanien sehr viel Gold und Silber aus den Kolonien gewann, verfügten viele andere europäische Staaten über wenig bis keine Gold- und Silberbergwerke. Diese Staaten konnten Edelmetalle zur Münzprägung nur aus Außenhandelsüberschüssen gewinnen. Von Wilhelm von Schröder stammt die Überlegung, der Volkswirtschaft durch Ausgabe landesfürstlicher Wechsel einen monetären Impuls zu geben.[11] Die Ausweitung der Geldmenge führte im ausgehenden Mittelalter und der frühen Neuzeit zu einer weiteren Ausweitung der Geldwirtschaft, die wiederum eine stärkere Arbeitsteilung förderte.[12]

Nach der einfachen Quantitätstheorie des Geldes wäre eigentlich davon auszugehen gewesen, dass eine Erhöhung der Geldmenge und der Geldumlaufgeschwindigkeit, wie sie die Merkantilisten anstrebten, bei nicht sofort einsetzender Erhöhung des Güterangebots zu Preissteigerungen (also einer Erhöhung der Inflation) und somit über Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit zu einer Verschlechterung der Exportchancen und somit zu einer passiven Außenhandelsbilanz führen muss. Die Merkantilisten gingen jedoch von einem Zustand der Unterbeschäftigung aus. Die Produktionskapazitäten seien unterausgelastet, so dass ein Anstieg der Nachfrage über eine gestiegene Geldmenge ohne größere Zeitverzögerung zu einer Erhöhung der Produktion führen würde. Eine steigende Geldmenge führe also zu keiner Erhöhung der Inflation.[8]

Monopole

Josiah Child, porträtiert von John Riley (Datum unbekannt)

Die meisten Theoretiker wie z. B. Josiah Child oder Charles Davenant lehnten Monopole prinzipiell strikt ab, sahen in einzelnen Monopolgesellschaften aber auch Vorteile. In der Praxis wurden Monopole im Inlandsmarkt abgelehnt, Monopole zur Ausschaltung ausländischer Konkurrenz aber bisweilen befürwortet.[13] Im Deutschen Reich wandte sich vor allem Johann Joachim Becher gegen Monopole, also die Situation, dass ein größerer Markt von nur einem Anbieter bedient wird, weil ein Monopol nur einen ernährt, obwohl der Markt bei optimaler Konkurrenzsituation für mehrere Anbieter existenzsichernde Geschäfte möglich machen würde. Er wandte sich auch gegen Polypole, also eine Situation wo mehrere Anbieter einen Markt bedienen, der so klein ist, dass er nur zur Existenzsicherung von einem Anbieter ausreicht. Außerdem bezeichnete er Propole (Verkaufskartelle) als schädlich, weil sie dazu führen, dass Waren zunächst im Lager angehäuft werden, damit sie später einzeln zu Überpreisen verkauft werden können. Damit leistete Becher einen ersten Beitrag zur Marktformenlehre.[14][15] Mit Reichstagsbeschluss von 1671 wurden Monopole verboten, Kartellabsprachen untersagt und die Vergabe kaiserlicher Privilegien abgeschafft.[16]

Arbeitsmarkt

Aus dem Ziel der Förderung von Exporten und der Verringerung der Importe folgt, dass eine hohe Produktion zu konkurrenzfähigen Preisen erzielt werden musste. Hierzu war es erforderlich, dass eine Reserve an billigen und fleißigen Arbeitskräften zur Verfügung stand. 1720 formulierte John Cary, dass fleißige Menschen den Wohlstand der Nation ausmachen. Deshalb sollten die Arbeitslosen nicht der Bettelei oder bestenfalls zweifelhaften Methoden des Gelderwerbs überlassen werden, sondern in Arbeitshäusern bei relativ niedrigem Lohn eine Arbeit von dem Staat zugewiesen bekommen. In seinem Werk An Essay Towards Regulating the Trade and Employing the Poor of this Kingdom pries er den Export von Fertigwaren als eine Möglichkeit die Löhne für die englischen Tagelöhner vom Ausland bezahlen zu lassen.[17] William Petty sah darin auch den Vorteil, dass die Arbeit im arbeitsteiligen Manufaktursystem der Arbeitshäuser besonders effizient sein konnte. In seinem Treatise of Taxes and Contributions (1662) formulierte er, dass selbst eine völlig sinnlose Tätigkeit Nachfrageimpulse auslöste, deren Multiplikatoreffekt den Reichtum der Nation mehren würde. Auch die Substitution von Importen durch Ansiedlung von Gewerben, die bisher im Ausland produzierten, sollte durch niedrige Arbeitslöhne gefördert werden.[13]

Marktgesetze und Marktungleichgewichte

James Denham-Steuart

Ein Vertreter des späten Merkantilismus war James Denham-Steuart. In seinen Inquiry into the Principles of Political Economy (1767) benutzte er als erster die Begriffe Angebot und Nachfrage. Nach Denham-Steuart ist der Marktpreis bestimmt durch die Produktionskosten zuzüglich dem Gewinnaufschlag, den die Nachfragesituation zulässt. Sein intellektueller Konkurrent, der Begründer der Klassischen Nationalökonomie Adam Smith sah in seinem Werk The Wealth of Nations (1776) den Marktpreis als im Wesentlichen durch die Produktionskosten bestimmt an, die Nachfrage hatte bei ihm einen geringeren Einfluss auf den Preis als bei Denham-Steuart.[18] Den Grenznutzen kannten beide Autoren noch nicht. Die ersten modernen Marktdiagramme entwickelte erst Alfred Marshall.

Denham-Steuarts Markttheorie führte in der Praxis dazu, dass er überbordenden staatlichen Interventionismus kritisierte. Anders als Adam Smith glaubte er aber, dass Marktungleichgewichte durch staatliche Intervention schneller beseitigt werden könnten als dies der Markt selbst vermag. Sein Werk wurde daher trotz gewisser Parallelen von der klassischen Nationalökonomie um Adam Smith eher kritisch gesehen. Breit rezipiert wurde es hingegen von der Historischen Schule der Nationalökonomie.[6]

Kolonien

Die Besiedlung von Kolonien führte zu einer Bevölkerungsabwanderung aus dem Mutterland und wurde daher von Merkantilisten nicht uneingeschränkt begrüßt. Der Vorteil von Kolonien bestand darin, dass von dort Rohstoffe bezogen werden konnten, deren Bezug über andere Länder tatsächlich oder potentiell Beschränkungen unterworfen war. Zudem dienten die Kolonien als Absatzmarkt für Fertigwaren des Mutterlandes. John Cary empfahl daher, die Besiedlung einzelner Kolonien davon abhängig zu machen, ob die Kolonien den Beschäftigungsgrad im Mutterland erhöhen könnten.[13]

Besonderheiten des Kameralismus

Veit Ludwig von Seckendorff (Kupferstich von Martin Bernigeroth, 1701)

Der Kameralismus ist die deutsche Variante des Merkantilismus, die sich graduell von den anderen Varianten unterscheidet. Während sich die meisten Merkantilisten auf die Förderung des Handels und des Gewerbes konzentrierten, empfahlen die Kameralisten wie Johann Joachim Becher und Philip Wilhelm von Hornick eine gleichgewichtige Entwicklung von Landwirtschaft, gewerblicher Fertigung und Handel, damit die Inlandsnachfrage aus allen drei Sektoren ausreichend bedient werden kann. Vor dem Hintergrund der massiven Bevölkerungsverluste durch den Dreißigjährigen Krieg – in vielen Territorien des Deutschen Reiches hatte sich die Bevölkerungszahl halbiert – hatte sogar der landwirtschaftliche Sektor gewaltige Produktionsrückgänge zu verzeichnen. Becher formulierte deshalb, dass die merkantilistische Formel: „Je mehr Menschen an einem Ort zusammenkommen, desto mehr können voneinander leben“ nur dann funktioniere, wenn alle Sektoren expandieren.[11][19] Während andere Varianten des Merkantilismus in erster Linie Gewinne aus dem Handel anstreben und den Wohlstand der Nationen daher als Nullsummenspiel betrachteten bei der eine Nation nur durch günstigere Handelsbedingungen auf Kosten anderer Nationen zu Wohlstand gelangen kann, entstand nach Ansicht des Kameralismus Wohlstand bereits durch Produktion. Für die Kameralisten war der Wohlstand der Nationen also kein Nullsummenspiel.[20]

Die theoretische Grundlage der Peuplierungspolitik, also der (wieder-) Besiedlung entvölkerter oder dünn besiedelter Gebiete bildete der 1656 veröffentlichte Teutsche Fürstenstaat von Veit Ludwig von Seckendorff. Ein weiterer wichtiger Vertreter war Joseph von Sonnenfels. Er sah im Bevölkerungswachstum sogar den eigentlichen Grund für die Fortentwicklung einer Volkswirtschaft. Seiner Ansicht nach wird eine Bevölkerungszunahme bestmöglich durch Arbeitsbeschaffung stimuliert. Demnach bewertete er den Außenhandel auch weniger anhand von Leistungsbilanzdaten, sondern anhand der Beschäftigungsbilanz.[11]

Darüber hinaus begann das merkantilistische Schrifttum in Deutschland sich über Haushalt, Verwaltungs- und Besteuerungsverfahren, Staatskredite und staatliche Buchführung Gedanken zu machen und diese zu systematisieren. Weitere bekannte Kameralisten sind Johann Heinrich Gottlob von Justi, Caspar Klock und Wilhelm von Schröder.

Wenig ökonomische Theorie in Frankreich

In Frankreich gab es zwar eine umfangreiche merkantilistische Wirtschaftspolitik, aber wenig theoretische Arbeiten hierüber. Barthélemy de Laffemas führte in seinen Les Trésors et richesses pour mettre l’Estat en splendeur die Unterkonsumtionstheorie ein. Eine der frühen Schriften war auch Traité d’économie politique (1615), die Antoine de Montchrétien für Ludwig XIII. verfasste. Am bekanntesten sind Einzelschriften von Sébastien Le Prestre de Vauban, von denen einige durch Ludwig XIV. verboten wurden. In der Regierungszeit von Ludwig XV. wurden die theoretischen Arbeiten bereits durch die physiokratischen Kritiker des französischen Merkantilismus dominiert.[21] Einer der letzten französischen Theoretiker des Merkantilismus war François Véron de Duverger Forbonnais (1722–1800).

Einordnung

Begriffsgeschichte

Der Begriff Merkantilismus ist keine Selbstbezeichnung, sondern wurde von den Begründern der klassischen Nationalökonomie um Adam Smith und John Ramsay McCulloch eingeführt. Diese verstanden unter Merkantilismus die Verwechselung von Reichtum mit Geld und das ihrer Ansicht nach sinnlose Unterfangen, Handelsbilanzüberschüsse anzustreben. Sie kritisierten Merkantilismus als eine Politik, die nur dazu diene, privilegien- und monopolversessene Kaufleute zu stützen. In den Debatten des frühen 19. Jahrhunderts wurde Merkantilismus als protektionistischer Gegenpol zum Freihandelsgedanken der klassischen Nationalökonomie und zum Laissez-faire des Manchesterliberalismus verstanden. Die Debatte führte zu einer Überspitzung der Unterschiede und zu einem deformierten Verständnis des Merkantilismus, dessen Protagonisten Protektionismus keineswegs als Selbstzweck bzw. erstrebenswerten Dauerzustand sahen. Auch die Freihandelstheorie von Adam Smith wurde von den Manchesterliberalen um Richard Cobden viel doktrinärer ausgelegt als sie ursprünglich gedacht war. Im späten 19. Jahrhundert erfuhr der Merkantilismus durch Wirtschaftshistoriker wie Wilhelm Roscher und Gustav Schmoller eine positive Uminterpretation dergestalt, dass im Merkantilismus das Entstehen des modernen, starken Staates gesehen wurde. Der Wirtschaftshistoriker Donald Cuthbert Coleman stellte 1980 die These auf, dass es einen Merkantilismus nie gegeben hat, weil Theorie und Praxis gänzlich inkohärent gewesen seien. In der wissenschaftlichen Diskussion hat sich zwar die Erkenntnis durchgesetzt, dass die merkantilistischen Theoretiker oft unsystematisch und inkonsequent arbeiteten. Gleichwohl halten die meisten Historiker an dem Begriff Merkantilismus fest, weil in einer über reinen Pragmatismus hinausgehenden Systematik und zumindest in einigen Punkten praktischer Wirtschaftspolitik ein gemeinsamer modus operandi erkennbar ist.[22][23] Lars Magnusson beispielsweise definiert Merkantilismus als ein Bündel ähnlicher Vorstellungen, wie durch Außenhandel und Manufakturen Macht und Wohlstand des frühmodernen Staates vergrößert werden konnten.[20]

Zeitgenössische Kritik

Zeitgenössische Kritik wurde u.a. von den Physiokraten geäußert. Sie kritisierten den Dirigismus und im Falle Frankreichs auch die Vernachlässigung der Landwirtschaft. Vincent de Gournay formulierte als Gegenmotto zum Merkantilismus: Vorlage:"-fr.[24]

David Hume kritisierte die Vorstellung, Außenhandel als Fortsetzung eines Krieges mit anderen Mitteln zu betrachten. Vielmehr führt der Reichtum anderer Länder zu einer verstärkten Nachfrage nach Importgütern, so dass sich der Reichtum auch auf andere Länder überträgt:[25]

“Were our narrow and malignant politics to meet with success, we should reduce all our neighbouring nations to the same state of sloth and ignorance that prevails in MOROCCO and the coast of BARBARY. But what would be the consequence? They could send us no commodities: They could take none from us: Our domestic commerce itself would languish for want of emulation, example, and instruction: And we ourselves should soon fall into the same abject condition, to which we had reduced them.”

„Um unsere kleingeistige und bösartige Politik erfolgreich zu machen, sollten wir all unsere Nachbarnationen auf den gleichen Stand der Faulheit und Unwissenheit reduzieren, der in Marokko und an der Barbarenküste herrscht. Aber was wäre die Folge? Sie könnten uns keine Waren schicken: Sie könnten uns keine Waren abnehmen: Unser heimischer Handel würde selbst erlahmen, aus Mangel an Nachahmung, Vorbild und Belehrung: Und wir würden selbst bald in denselben kläglichen Zustand fallen, auf den wir sie zu reduzieren versuchen.“

David Hume: Essay OF THE JEALOUSY OF TRADE, 1759/60

David Hume formulierte auch eine lange Zeit sehr einflussreiche Kritik an der merkantilistischen Lehrmeinung, dass stetige Außenhandelsüberschüsse anzustreben seien. Er führte aus, dass es der Goldautomatismus unmöglich mache, stetige Außenhandelsüberschüsse zu erzielen. Die Anhäufung von Gold aus Außenhandelsüberschüssen führe zu einer Erhöhung der Geldmenge und damit zu einer höheren Inflation. Dies wiederum führt über steigende Preise (unter den Bedingungen einer Goldumlaufwährung) zu einer Verschlechterung der Exportchancen und einer Erhöhung des Importanreizes. Josiah Tucker widersprach dem insoweit, als eine Erhöhung der Geldmenge den Anstoß zu vertiefter Arbeitsteilung, neuen Bedürfnissen und verbesserten Technologien geben könne. Er unterschied den Fall, dass die Erhöhung der Geldmenge durch Ausbeutung von Kolonien oder der Entdeckung neuer Minen entstand und den Fall, dass der Goldzufluss durch Wirtschaftstätigkeit bewirkt wird. Im ersteren Fall käme es (wie in Spanien) zu steigenden Preisen und einem Anstieg der Untätigkeit, also zu einer realen Verarmung des Landes. Im letzteren Fall käme es zu einer dynamischeren wirtschaftlichen Entwicklung und steigendem Wohlstand. Heute ist der von Hume ausformulierte Goldmechanismus grundsätzlich volkswirtschaftlich allgemein anerkannt.[26] Allerdings hat sich die Volkswirtschaftslehre insoweit weiterentwickelt, dass die Inflation nicht von der Entwicklung der Geldmenge allein abhängt, sondern von der Entwicklung der Geldmenge in Relation zum Wirtschaftswachstum. In neuerer Zeit wird dem Merkantilismus von keynesianischen, neukeynsianischen und monetaristischen Ökonomen zugute gehalten, dass die Anhäufung möglichst großer Goldbestände bei einem Währungsregime der Goldumlaufwährung durchaus rational war. Denn wenn das Wachstum der Geldmenge hinter dem Wirtschaftswachstum zurückbleibt, kann die Wirtschaft in eine Deflation geraten und deshalb das Wirtschaftswachstum unter dem Potential bleiben. Eine andere Frage ist aber, ob Freihandelspolitik dem Ziel der Goldanhäufung nicht besser hätte dienen können.[27]

Aktuelle Einordnung

Eine der Seeschlachten im Englisch-Niederländischer Krieg (1652–1654). Gemälde von Willem van Diest (Mitte 17. Jahrhundert).

Kritisch wird angemerkt, dass die merkantilistische Vorstellung von internationalem Wettbewerb als Nullsummenspiel zu den vielen Kabinettskriegen beigetragen habe. Dem wird entgegengehalten, dass Wirtschaftspolitik im Zeitalter des Absolutismus nur Mittel zum Zweck der Machtpolitik war und Kriege nie allein aus wirtschaftlichen Motiven geführt wurden. Am Beispiel der Vertreibung der Hugenotten aus Frankreich zeigt sich, dass machtpolitische Überlegungen oft wichtiger waren als ökonomische Rationalität.[28] Die Historiker Gijs Rommelse und Roger Downing verwarfen 2012 die These, dass merkantilistische Wirtschaftspolitik für die ersten beiden englisch-niederländischen Kriege als Kriegsgrund eine Rolle gespielt habe. Der Grund sei vielmehr die Enttäuschung der Engländer darüber gewesen, dass die seinerzeit aufstrebenden Holländer eine stärkere Bindung an England ablehnten.[20]

Im März 2012 diskutierten Historiker in den Räumlichkeiten des deutschen historischen Instituts in Paris über das Thema Merkantilismus? Wiederaufnahme einer Debatte und stellten dabei mehrheitlich fest, dass situative Handlungsempfehlungen der Merkantilisten in der Rezeption oft als Dogmen missverstanden wurden. Guillaume Garner verwies darauf, dass die Zustimmung bzw. Ablehnung von Schutzzöllen durch Händler und Produzenten stark von der jeweiligen individuellen Marktsituation abhingen und wenig von abstrakten Überlegungen. Thomas Simon betonte die Notwendigkeit, Kommerzialismus und Colbertismus stärker vom deutschen Kameralismus zu unterscheiden. Während Kommerzialismus und Colbertismus auf der Ansicht basiere, erst durch Handel könnten Gewinne realisiert werden, entstehe nach Ansicht der Kameralismus Wohlstand bereits durch Produktion. Für die Kameralisten war der Wohlstand der Nationen also kein Nullsummenspiel, bei dem eine Nation nur auf Kosten einer anderen Wohlstand erlangen könnte. Jean-Yves Grenier verwies auf eine starke scholastische Tradition des Merkantilismus. Im Binnenmarkt waren Monopole verpönt, weil ein gerechter Preis realisiert werden sollte. Im Außenhandel jedoch waren Monopole nützlich, um möglichst hohe Renditen zu erzielen. Aus theologischen Gründen sei jeder zu nicht mehr als standesgemäßem Konsum verpflichtet gewesen. Moritz Isenmann vertrat in seinem Aufsatz War Colbert ein Merkantilist? die These, dass Colbert von früheren Historikern einseitig interpretiert wurde. Die Außenhandelspolitik Colberts bestand darin, durch Einfuhrzölle Preisvorteile auszugleichen. Über den Absatzerfolg sollte nicht der günstigste Preis, sondern die Qualität der Produktion entscheiden. Eine Handels- und Machtpolitik auf Kosten der Nachbarn sei in Wirklichkeit nicht die Strategie Frankreichs, sondern Großbritanniens gewesen. Jochen Hook, Burkhard Nolte und Junko Thérèse Takeda arbeiteten heraus, dass staatlicher Dirigismus im 18. Jahrhundert von geringer praktischer Relevanz war. Der absolutistische Staat hatte viel weniger Kontrollmöglichkeiten, als es die heutigen modernen Staaten haben. Aus der Tatsache, dass staatliche Vorschriften ständig erneuert wurden lässt sich schließen, dass diese keine nachhaltige Wirkung entfalteten.[20]

Basis des Merkantilismus war der steigende Geldbedarf des absolutistischen Staates. Es zeigte sich, dass die Ausweitung und Entfaltung der Produktivkräfte der Volkswirtschaft des Mutterlandes die Steuereinnahmen erhöhten. Daraus erwuchs ein Interesse an Volkswirtschaftslehre. In der Praxis des Merkantilismus drehte sich der Schwerpunkt der Überlegungen weniger um die Nutzenmaximierung für alle Untertanen, als vielmehr um die Stärkung der wirtschaftlichen und finanziellen Basis des Staates. Daraus folgern einige Historiker, dass der Merkantilismus nicht nur zeitgleich mit dem politischen Absolutismus auftrat, sondern dass Merkantilismus die ökonomische Ausprägung des Absolutismus war. Dagegen wird argumentiert, dass z. B. der französische und brandenburgisch-preußische Merkantilismus zwar durchaus von staats- und planwirtschaftlichen Elementen durchsetzt war, dass das letztendliche Ziel aber nicht eine Staatswirtschaft war, sondern die Privatisierung international wettbewerbsfähiger Unternehmen. In diesem Sinn wird der brandenburgisch-preußische Merkantilismus auch als Vorbereiter des Privatkapitalismus interpretiert. Die Geldknappheit des absolutistischen Staates zwang dazu, nur Kernbereiche der jeweiligen Volkswirtschaft zu fördern. In Frankreich war das die Luxusgüterindustrie, in England der Handel, in Deutschland das Gewerbe und der Agrarsektor. Das war gleichsam eine Vorwegnahme der Führungssektor-Konzeption.[29]

Der Merkantilismus war nur Mittel zum Zweck der Stärkung der Finanzkraft eines Landes. Daraus erklärt sich, dass sich keine geschlossene kohärente Theorie entwickelte, sondern Theorie und Praxis von Pragmatismus dominiert wurden. Direkte Nutznießer des Merkantilismus waren neben den Landesfürsten die Unternehmer, Verleger und Großhändler. Deren Aufstieg ging mit einem Bedeutungsverlust der Zünfte und Gilden sowie des Landadels einher. Die wirtschaftlichen Folgen des Merkantilismus sind schwer einzuschätzen, da es keine brauchbaren Statistiken aus der Zeit gibt. Einerseits hat die Entwicklung eines Binnenmarktes und die Begründung neuer Gewerbezweige sicherlich der Volkswirtschaft genutzt. Andererseits schlug die Gewerbeförderung oftmals im blanken Dirigismus um, der das Unternehmertum schwächte. Im Falle Frankreichs wird auch die einseitige Ausrichtung auf den sekundären und tertiären Sektor kritisiert, denn drei von vier Arbeitskräften arbeiteten in der Landwirtschaft.[30]

Vergleich mit anderen Wirtschaftssystemen

Das nationale System der politischen Ökonomie von Friedrich List ist eines der bedeutendsten Werke des Neomerkantilismus.

Im Gegensatz zum Merkantilismus sieht der klassische Wirtschaftsliberalismus staatliche Eingriffe als grundsätzlich schädlich an. Nach dem Idealbild des klassischen Wirtschaftsliberalismus soll sich der Staat darauf beschränken eine für alle Menschen unterschiedslos verbindliche Rechtsordnung zu errichten, die militärische Verteidigung gegenüber Angriffen anderer Staaten sicherzustellen und einige für die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung relevante öffentliche Güter wie innere Sicherheit, Rechtsprechung, und Infrastruktur bereitzustellen.[31] Der klassische Wirtschaftsliberalismus propagiert zudem Freihandel als in jeder Situation erstrebenswert. Der Laissez-Faire-Liberalismus bzw. Manchesterliberalismus verkürzte die Argumentation des klassischen Wirtschaftsliberalismus dahingehend, dass sich der Staat jeglicher Beeinflussung von Wirtschaftsprozessen enthalten sollte, auch im Falle von Marktversagen und sozialen Missständen. Jegliche Konjunkturpolitik wurde ebenfalls abgelehnt.[32] Der Neoliberalismus im Sinne des Ordoliberalismus sieht im Gegensatz dazu die Notwendigkeit staatlicher Eingriffe bei Marktversagen.[33]

Der Neomerkantilismus sah Freihandel als ein auf lange Sicht überlegenes Prinzip an. Im Gegensatz zum klassischen Wirtschaftsliberalismus wurde aber ein vorübergehender Handelsprotektionismus (Erziehungszoll) und Staatsintervention zur Stützung junger, noch nicht konkurrenzfähiger Industriezweige befürwortet. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte England einen erheblichen Vorsprung in der Industrialisierung und hatte deshalb einen großen Vorsprung im Produktionsvolumen und der Produktionseffizienz. Alexander Hamilton und Friedrich List, die geistigen Begründer des Neomerkantilismus waren daher der Ansicht, dass eine Industrialisierung der Vereinigten Staaten und Deutschlands nicht von selbst erfolgen könnte.[34] Ende des 19. Jahrhunderts und von 1929 bis Mitte der 1930er Jahre gab es weitere als Neomerkantilismus bezeichnete Phasen, in denen aus Anlass von Wirtschaftskrisen viele Staaten eine ausgeprägte Schutzzollpolitik, Beggar-thy-Neighbor-Politik und zum Teil Devisenbewirtschaftung verfolgten.[35]

Das heute am weitesten verbreitete Wirtschaftssystem wird als marktwirtschaftlicher Interventionismus bezeichnet, ein Beispiel ist die Soziale Marktwirtschaft. Das System sieht einen staatlichen Ordnungsrahmen vor, innerhalb dessen sich die Wirtschaft frei entfaltet. Vorübergehende Staatsinterventionen in den Wirtschaftsprozess werden dann befürwortet, wenn sie der besseren Funktionsfähigkeit des Marktes dienen. In diesem Wirtschaftssystem gibt es auch Raum für Sozialpolitik.[36]

Siehe auch

Literatur

  • Fritz Behrens: Grundriss der Geschichte der politischen Ökonomie. Band 1: Die politische Ökonomie bis zur bürgerlichen Klassik. Akademie-Verlag, Berlin 1962.
  • Fritz Blaich: Die Epoche des Merkantilismus (= Wissenschaftliche Paperbacks Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. 3, ISSN 0170-3579). Wiesbaden 1973.
  • Ingomar Bog: Der Merkantilismus in Deutschland. In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik. Bd. 173, 1961, S. 125–145.
  • Rainer Gömmel: Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus 1620–1800. München, 2010, ISBN 978-3-486-70212-5 (online bei De Gruyter).
  • Jochen Hoock, Pierre Jeannin, Wolfgang Kaiser (Hrsg.): Ars mercatoria. Eine analytische Bibliographie. (Handbücher und Traktate für den Gebrauch des Kaufmanns, 1470–1820). 6 Bände. Schöningh, Paderborn u. a. 1993 ff.
  • Moritz Isenmann (Hrsg.): Merkantilismus. Wiederaufnahme einer Debatte (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte. 228), Franz Steiner, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-515-10857-7 (Rezension).
  • Ilja Mieck: Preußische Gewerbepolitik in Berlin 1806–1844. Staatshilfe und Privatinitiative zwischen Merkantilismus und Liberalismus. Mit einer Einführung von Wolfram Fischer und Otto Büsch (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin beim Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, Band 20). de Gruyter, Berlin 1965 (Überarbeitete Dissertation FU Berlin, 276 Seiten: Ein Teil dieser Arbeit wurde 1957 von der Philosophischen Fakultät der Freien Universität Berlin unter dem Titel „Merkantilismus und Liberalismus in der preussischen Gewerbepolitik von 1815 bis 1844 unter besonderer Berücksichtigung Berlins“ als Dissertation angenommen).
  • Gerhard Kolb, Ökonomische Ideengeschichte, 2. Auflage, 2015, ISBN 978-3-11-041380-9 (Online bei De Gruyter).
  • Richard H. Tilly, Geschichte der Wirtschaftspolitik. Reprint 2015, ISBN 978-3-486-78496-1 (Online bei De Gruyter).
  • Immanuel Wallerstein: Das moderne Weltsystem. Band 2: Der Merkantilismus. Europa zwischen 1600 und 1750 (= Edition Weltgeschichte. 1). Promedia, Wien 1998, ISBN 3-85371-138-3 (engl. Erstauflage: New York 1980).
  • Angelika Westermann, Ekkehard Westermann (Hrsg.): Wirtschaftslenkende Montanverwaltung – Fürstliche Unternehmer – Merkantilismus. Zusammenhänge zwischen der Ausbildung einer fachkompetenten Beamtenschaft und der staatlichen Geld- und Wirtschaftspolitik in der Frühen Neuzeit. Matthiesen, Husum 2009, ISBN 978-3-7868-5301-5.

Einzelnachweise

  1. Rainer Gömmel: Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus 1620–1800. S. 41, 42.
  2. Rainer Gömmel: Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus 1620–1800. S. 44, 45.
  3. 3,0 3,1 Rainer Gömmel: Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus 1620–1800. S. 42.
  4. Rainer Gömmel: Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus 1620–1800. S. 47–48.
  5. Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik. S. 8.
  6. 6,0 6,1 Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik. S. 11.
  7. Drei Flugschriften über den Münzstreit der sächsischen Albertiner und Ernestiner um 1530, zitiert nach Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik. S. 8.
  8. 8,0 8,1 8,2 8,3 Gerhard Kolb: Ökonomische Ideengeschichte. S. 17.
  9. Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik. S. 9.
  10. 10,0 10,1 Gerhard Kolb: Ökonomische Ideengeschichte. S. 16, 17.
  11. 11,0 11,1 11,2 Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik. S. 12.
  12. E. Damsgård Hansen, European Economic History: From Mercantilism to Maastricht and Beyond, Copenhagen Business School Press DK, 2001, ISBN 978-87-630-0017-8, S. 77.
  13. 13,0 13,1 13,2 Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik. S. 10.
  14. Gerhard Kolb: Ökonomische Ideengeschichte. S. 20.
  15. Klaus-Peter Kruber: Theoriegeschichte der Marktwirtschaft, LIT Verlag Münster, 2002, ISBN 978-3-8258-6288-6, S. 9.
  16. Rainer Gömmel: Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus 1620–1800. S. 49.
  17. Lars Magnusson, Mercantilism: The Shaping of an Economic Language, Routledge, 2002, ISBN 978-1-134-90772-4, Abschnitt 29.
  18. Alessandro Roncaglia, Some notes on the notion of production prices in: John Vint, J. Stanley Metcalfe, Heinz D. Kurz, Neri Salvadori, Paul Samuelson, Economic Theory and Economic Thought: Essays in Honour of Ian Steedman, Routledge, 2010, ISBN 978-1-135-18300-4, S. 186.
  19. Gerhard Kolb: Ökonomische Ideengeschichte. S. 19, 20.
  20. 20,0 20,1 20,2 20,3 Yaman Kouli, Rezension: Merkantilismus. Wiederaufnahme einer Debatte, H/SOZ/KULT, 20. März 2015.
  21. Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik. S. 13.
  22. Lars Magnusson, The Political Economy of Mercantilism, Routledge, 2015, E-book, ISBN 978-1-317-43980-6, Introduction.
  23. Johann von Diest, Wirtschaftspolitik und Lobbyismus im 18. Jahrhundert: Eine quellenbasierte Neubewertung der wechselseitigen Einflussnahme von Obrigkeit und Wirtschaft in Brandenburg-Preußen und Kurhannover, Vandenhoeck & Ruprecht, 2016, ISBN 978-3-8470-0603-9.
  24. Werner Ehrlicher, Kompendium der Volkswirtschaftslehre, Band 1, Vandenhoeck & Ruprecht, 1975, ISBN 978-3-525-13148-0, S. 481.
  25. Margaret Schabas, Carl Wennerlind, David Hume's Political Economy, Routledge, 2008, ISBN 978-1-134-36250-9, S. 301.
  26. Peter Rosner, Die Entwicklung ökonomischen Denkens: ein Lernprozess, Duncker & Humblot, 2012, ISBN 978-3-428-53693-1, S. 138.
  27. Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik. S. 32.
  28. Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik. S. 31–33.
  29. Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik. S. 28, 29.
  30. Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik. S. 28–31.
  31. Gabler Wirtschaftslexikon, klassischer Liberalismus, Springer Gabler Verlag.
  32. Gabler Wirtschaftslexikon, Laissez-Faire-Liberalismus, Springer Gabler Verlag.
  33. Gabler Wirtschaftslexikon, Neoliberalismus, Springer Gabler Verlag.
  34. Theodore H. Cohn, Global Political Economy: Theory and Practice, Routledge, 2016, ISBN 978-1-317-33482-8, S. 58–59.
  35. Theodore H. Cohn, Global Political Economy: Theory and Practice, Routledge, 2016, ISBN 978-1-317-33482-8, S. 59.
  36. Willi Albers, Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Band 9, ISBN 3-525-10260-7, S. 345.
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