Johannes Scottus Eriugena

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Darstellung Eriugenas in der Handschrift Paris, Bibliothèque Nationale, Lat. 6734

Johannes Scottus Eriugena (auch Johannes Scotus Eriugena oder Johannes Scotus Erigena; * im frühen 9. Jahrhundert; † im späten 9. Jahrhundert) war ein westfränkischer Gelehrter irischer Herkunft, der am Hof Karls des Kahlen (823-877) als Lehrer der Sieben Freien Künste wirkte und zahlreiche philosophische und theologische Werke verfasste. Durch seine logisch saubere Gedankenführung in der theologischen Argumentation bereitete er bereits die scholastische Denkweise vor. Augrund seiner guten, wenn auch nicht hervorragenden Griechischkenntnisse, die damals nur sehr selten anzutreffen waren, konnte er viele Werke der griechischen Philosophen und Kirchenväter ins Lateinische übertragen und kommentieren und dadurch zugänglich machen und trug so vor allem zur Verbreitung des neuplatonischen Gedankenguts bei. Besonders bedeutsam war seine Übersetzung der aus tiefer Esoterik geschöpften Werke des Dionysius Areopagita, die die christliche Engellehre entscheidend prägten. Eriguenas Hauptwerk, das in fünf Bücher gegliederte Periphyseon (Über die Einteilung der Natur), gibt reichen Aufschluss über sein Denken. In der Schule von Chartres wurden die Werke von Johannes Scottus Eriugena hoch geschätzt, die aber wegen ihrer kühnen Gedankenführung später mehrfach verurteilt und viele Exemplare seiner Schriften verbrannt wurden.

Leben und Werk

Über das Leben des Eriugena - ein Beiname, der er sich selbst gegeben hat - ist wenig bekannt, sein Werk blieb wie durch ein Wunder großteils erhalten.

„Man könnte sagen, wie durch eine Art historischen Wunders ist ja eigentlich die Nachwelt dazu gekommen, die Schriften des Johannes Scotus Erigena zu kennen. Sie erhielten sich, im Gegensatz zu anderen Schriften aus den ersten Jahrhunderten, die ähnlich waren und die ganz verlorengegangen sind, bis ins IL, 12. Jahrhundert, einige wenige noch bis ins 13. Sie waren ja in dieser Zeit vom Papste als ketzerisch erklärt worden, es war der Befehl gegeben worden, daß alle Exemplare aufgesucht und verbrannt werden müßten. Nur viel später in einem verlorenen Kloster hat man Handschriften aus dem 11. und 13. Jahrhundert wieder gefunden. Im 14., 15., 16., 17. Jahrhundert wußte man ja von Johannes Scotus Erigena nichts. Die Schriften waren verbrannt worden wie ähnliche Schriften, welche Ähnliches enthielten aus derselben Zeit, und bei denen man eben vom Standpunkte Roms aus glücklicher war: man hatte alle anderen Exemplare dem Feuer übergeben können! Von Scotus Erigena blieben eben einzelne zurück.“ (Lit.:GA 204, S. 260)

„Es ist außerordentlich wichtig, einmal genau hinzusehen, wie die Gliederung der Erkenntnis bei Johannes Scotus Erigena war. Er unterscheidet in seiner großen Schrift über die Gliederung der Natur, die eben auf die geschilderte Weise auf die Nachwelt gekommen ist, in vier Kapiteln dasjenige, was er über die Welt zu sagen hat, und er spricht zuerst im ersten Kapitel von der nichtgeschaffenen und schaffenden Welt (siehe Darstellung S. 262). Das ist das erste Kapitel, das schildert in der Art, wie Johannes Scotus Erigena dies glaubt tun zu können, gewissermaßen Gott, wie er war, bevor er herangetreten ist an irgend etwas, das Weltschöpfung ist. Johannes Scotus Erigena schildert da durchaus so, wie er es, ich möchte sagen, gelernt hat durch die Schriften des Dionysius, und er schildert, indem er höchste Verstandesbegriffe ausbildet, aber zu gleicher Zeit sich bewußt ist, mit denen kommt man nur bis zu einer gewissen Grenze, jenseits welcher die negative Theologie liegt.“ (S. 261ff)

„Für ihn stellt sich die Welt als eine Entwickelung in vier «Naturformen» dar. Die erste ist die «schaffende und nicht geschaffene Natur». In ihr ist der rein geistige Urgrund der Welt enthalten, aus dem sich die «schaffende und geschaffene Natur» entwickelt. Das ist eine Summe von rein geistigen Wesenheiten und Kräften, die durch ihre Tätigkeit erst die «geschaffene und nicht schaffende Natur» hervorbringen, zu welcher die Sinnenwelt und der Mensch gehören. Diese entwickeln sich so, daß sie aufgenommen werden in die «nicht geschaffene und nicht schaffende Natur», innerhalb welcher die Tatsachen der Erlösung, die religiösen Gnadenmittel usw. wirken.“ (Lit.:GA 18, S. 88)

Zeichnung aus GA 204, S. 262
Zeichnung aus GA 204, S. 262

„Man nähert sich also nur dem, was eigentlich wahres Wesen des Geistigen, des Göttlichen ist. Wir finden da in diesem Kapitel unter anderem die schöne, für die heutige Zeit noch lehrreiche Abhandlung über die göttliche Trinität. Er sagt, wenn wir die Dinge um uns herum anschauen, so finden wir zuerst als allgeistige Eigenschaft das Sein (siehe S. 262). Dieses Sein ist gewissermaßen das, was alles umfaßt. Wir sollten Gott nicht das Sein, so wie es die Dinge haben, beilegen, aber wir können doch nur gewissermaßen, indem wir hinaufschauen auf das, was Übersein ist, doch nur zusammenfassend vom Sein der Gottheit sprechen. Ebenso finden wir, daß die Dinge in der Welt von Weisheit durchstrahlt und durchsetzt sind. Wir sollten Gott nicht bloß Weisheit, sondern Überweisheit beilegen. Aber eben, wenn wir von den Dingen ausgehen, kommen wir bis zu der Grenze des Weisheitsvollen. Aber es ist nicht nur Weisheit in allen Dingen: Alle Dinge leben; es ist Leben in allen Dingen. Wenn also Johannes Scotus Erigena sich die Welt vergegenwärtigt, so sagt er: Ich sehe in der Welt Sein, Weisheit, Leben. Die Welt erscheint mir gewissermaßen in diesen drei Aspekten als seiende, als weisheitsvolle, als lebendige Welt. Gleichsam sind ihm das drei Schleier, die sich der Verstand ausbildet, wenn er über die Dinge hinblickt. Man müßte durchsehen durch die Schleier, dann würde man in das Göttlich- Geistige hineinsehen. Aber er schildert zunächst die Schleier und sagt: Wenn ich auf das Sein sehe, so repräsentiert mir das den Vater; wenn ich auf die Weisheit sehe, so repräsentiert mir das den Sohn im All; wenn ich auf das Leben sehe, so repräsentiert mir das den Heiligen Geist im All.

Sie sehen, Johannes Scotus Erigena geht durchaus von philosophischen Begriffen aus und erhebt sich zu dem, was die christliche Trinität ist. Er macht also den Weg im Inneren noch durch, vom Begreifen ausgehend, in das sogenannte Unbegreifliche hinein. Das ist auch durchaus seine Überzeugung. Aber er redet eben so, daß man der Art und Weise, wie er die Dinge gibt, ansieht, daß er von Dionysius gelernt hat. Er möchte eigentlich in dem Momente, wo er zu Sein, Weisheit, Leben kommt, und ihm diese repräsentieren Vater, Sohn und Geist, er möchte eigentlich diese Begriffe auseinanderschwimmen lassen in ein allgemeines Geistiges hinein, in das sich der Mensch dann überbegriffuch erheben müßte. Aber er schreibt dem Menschen nicht zu die Fähigkeit, zu solchem Überbegrifflichen zu kommen.

Damit ist Johannes Scotus Erigena ein Sohn seines Zeitalters, das den Verstand ausbildete, und das ja wirklich, wenn es sich selbst richtig verstand, sich sagen mußte, es könne nicht hineinkommen in das ÜberbegriffLiche.

Das zweite Kapitel schildert dann gewissermaßen eine zweite Schichte des Weltendaseins, die geschaffene und schaffende Welt (siehe S. 262). Das ist diejenige Welt der geistigen Wesenheiten, in der wir zu suchen haben Angeloi, Archangeloi, Archaiund so weiter. Diese Welt der geistigen Wesenheiten, die wir ja auch bei dem Dionysius dem Areopagiten verzeichnet finden, diese Welt der geistigen Wesenheiten schafft überall in der Welt, aber sie ist selbst geschaffen, sie ist von dem höchsten Wesen angefangen, also geschaffen, und sie schafft in allen Einzelheiten des Daseins, das uns umgibt.

Als dritte Welt im dritten Kapitel schildert er dann die geschaffene und nichtschaffende Welt. Das ist die Welt, die wir um uns herum mit unseren Sinnen wahrnehmen. Das ist die Welt der Tiere, Pflanzen und Mineralien, der Sterne und so weiter. In diesem Kapitel behandelt er ungefähr alles dasjenige, was wir nennen würden Kosmologie, Anthropologie und so weiter, dasjenige, was wir etwa heute bezeichnen als den Umfang des Wissenschaftlichen. In dem vierten Kapitel behandelt er die nichtgeschaffene und nichtschaffende Welt. Es ist wiederum dieses die Gottheit, aber so, wie sie sein wird, wenn alle Wesen, namentlich alle Menschen, zu ihr zurückgekehrt sein werden, wenn sie nicht mehr schaffend sein wird, wenn sie in sich aufgenommen hat in seliger Ruhe - so stellt sich ja Johannes Scotus Erigena das vor - alle diejenigen Wesen, die eben aus ihr hervorgegangen sind.

Nun, wenn wir diese vier Kapitel überschauen, so haben wir ja darinnen eigentlich, ich möchte sagen, etwas wie ein Kompendium alles Überlieferten, so wie es vorhanden war in den Weisheitsschulen, aus denen Johannes Scotus Erigena hervorgegangen ist. Wenn man dasjenige nimmt, was er schildert in dem ersten Kapitel, so haben wir etwa dasjenige, was man in seinem Sinne die Theologie genannt hat, die Theologie, die eigentliche Lehre von dem Göttlichen. Wenn man das zweite Kapitel nimmt, so hat man darinnen dasjenige, was er nennt Idealwelt, etwa in unserer heutigen Sprache, Ideal aber vorgestellt als wesenhaft. Er schildert ja nicht abstrakte Ideen, sondern eben Engel, Erzengel und so weiter, er schildert die ganze intelligible Welt, wie man es nannte, die aber nicht eine intelligible Welt wie die unsre war, sondern die eine Welt von lebendiger Wesenheit war, von lebendigen intelligiblen Wesenheiten. In dem dritten Kapitel schildert er, wie gesagt, dasjenige, was wir heute unsere Wissenschaft nennen würden, aber doch anders. Wir haben seit der Galilei-Kopernikus-Zeit, die ja später fällt, nicht mehr dasjenige, was man in der Zeit des Scotus Erigena Kosmologie oder Anthropologie nennt. Was man die Kosmologie nennt, ist durchaus noch etwas, das aus dem Geiste heraus beschrieben wird, ist etwas, das so beschrieben wird, daß geistige Wesenheiten die Sterne lenken, daß geistige Wesenheiten auch in den Sternen leben, daß die Elemente Feuer, Wasser, Luft, Erde durchsetzt werden von geistigen Wesenheiten. Also es ist etwas anderes, was da als Kosmologie geschildert wird. Jene materialistische Anschauungsweise, die seit der Mitte des 15. Jahrhunderts heraufgekommen ist, die gab es eben dazumal noch nicht, und was er etwa als Anthropologie hat, das ist auch etwas ganz anderes, als was wir heute etwa Anthropologie in unserem materialistischen Zeitalter nennen.

Da kann ich Ihnen ja etwas sagen, was außerordentlich charakteristisch ist für dasjenige, was bei Johannes Scotus Anthropologie ist. Er sieht den Menschen an und sagt: Der Mensch trägt zunächst das Sein in sich. Er ist also mineralisches Wesen, er hat in sich mineralisches Wesen. Also erstens: der Mensch ist ein mineralisches Wesen (siehe S. 262). Zweitens: der Mensch leibt und lebt wie eine Pflanze. Drittens: der Mensch empfindet als Tier. Viertens: der Mensch urteilt und schließt, macht Schlüsse als Mensch. Fünftens: der Mensch erkennt als Engel.

Nun, das ist selbstverständlich etwas in unserer Zeit Ungeheuerliches! Wenn Johannes Scotus Erigena von Urteilen, Schließen spricht, was man ja zum Beipiel auch macht in der Gerichtsstube, wenn man über jemanden aburteilen will, dann urteilt und schließt der Mensch als Mensch. Wenn er aber erkennt, wenn er erkennend eindringt in die Welt, dann verhält sich der Mensch nicht als Mensch, sondern als Engel! Ich will das zunächst aus dem Grunde sagen, um Ihnen zu zeigen, daß Anthropologie für diese Zeit noch etwas anderes ist als für die jetzige Zeit, denn, nicht wahr, es würde heute kaum irgendwo, nicht einmal an einer theologischen Fakultät gehört werden können, daß der Mensch erkennt als Engel. So daß man sagen muß: Dasjenige, was Johannes Scotus Erigena im dritten Kapitel schildert, das haben wir als unsere Wissenschaft nicht mehr. Es ist etwas anderes geworden bei uns. Wenn wir es mit einem Worte nennen wollten, das heute auf nichts Betriebenes anwendbar ist, so würden wir etwa sagen müssen: Geistige Lehre vom Weltall und dem Menschen, Pneumatologie.

Und dann das vierte Kapitel. Dieses vierte Kapitel enthält bei Johannes Scotus Erigena erstens die Lehre von dem Mysterium von Golgatha und die Lehre von dem, was der Mensch als die Zukunft zu erwarten hat, als seinen Hingang in die göttlich-geistige Welt, also dasjenige, was man etwa nach heutigem Gebrauche benennen würde Soteriologie, Soter ist ja der Heiland, der Erlöser, und die Lehre von der Zukunft, Eschatologie. Wir finden da behandelt die Begriffe von Kreuzigung, Auferstehung, von der Ausströmung der göttlichen Gnade, von dem Hingang des Menschen zur göttlichgeistigen Welt und so weiter.

Eines sollte Ihnen dabei auffallen, und das fällt einem ja wirklich auf, wenn man unbefangen ist, indem man so etwas wie dieses Werk «De divisione naturae» von Johannes Scotus Erigena, von der Gliederung der Natur, aufmerksam liest. Da ist von der Welt geredet durchaus als von etwas, das in geistigen Qualitäten erkannt wird. Man spricht vom Geistigen, indem man die Welt betrachtet. Und was ist nicht darinnen? Man muß ja auch auf das aufmerksam sein, was nicht in einer solchen Universalwissenschaft ist, wie sie da Johannes Scotus Erigena begründen will.

Sie finden bei Johannes Scotus Erigena ungefähr gar nichts von dem, was wir heute Soziologie nennen, Sozialwissenschaft und dergleichen. Man möchte fast sagen, es sieht so aus, als ob der Johannes Scotus Erigena den Menschen, wie er sich sie dachte, ebensowenig eine Sozialwissenschaft habe geben wollen, wie etwa, wenn irgendeine Tierart, die Löwenart oder die Tigerart, oder irgendeine Vogelart eine Wissenschaft herausgeben würde, sie auch nicht eine Soziologie herausgeben würde. Denn der Löwe würde nicht reden über die Art und Weise, wie er mit anderen Löwen zusammenleben soll, oder wie er zu seiner Nahrung kommen soll und so weiter; das ist ihm instinktmäßig gegeben. Ebensowenig können wir uns eine Soziologie der Spatzen denken. Spatzen könnten gewiß allerlei höchst Interessantes an Weltengeheimnissen von ihrem Gesichtspunkte aus hervorbringen, aber sk würden niemals eine Ökonomie, eine Ökonomielehre hervorbringen, denn das würden die Spatzen für das ganz Selbstverständliche ansehen, daß sie das tun, was ihnen eben ihr Instinkt sagt. Das ist das Eigentümliche: Indem wir bei Johannes Scotus Erigena so etwas noch nicht finden, sind wir uns klar darüber, daß er die menschliche Gesellschaft noch so ansah, als ob sie das Soziale aus ihren Instinkten hervorbrächte. Er weist hin gerade in seiner besonderen Art von Erkenntnis auf dasjenige, was in dem Menschen noch als Instinkt lebte, auf die Triebe, die Impulse des sozialen Zusammenseins. Über diesem sozialen Zusammensein ist dasjenige, was er schildert. Er schildert, wie der Mensch aus dem Göttlichen hervorgegangen ist, welche Wesenheiten über der Sinneswelt liegen. Er schildert dann, wie der Geist die Sinneswelt durchzieht, etwa in einer Art Pneumatologie, er schildert dasjenige, was in die Sinneswelt als Geistiges eingedrungen ist in seinem vierten Kapitel in der Soteriologie, in der Eschatologie. Aber er schildert nirgendwo, wie die Menschen zusammenleben sollen. Ich möchte sagen, alles ist herausgehoben über die Sinneswelt. Das war überhaupt ein Charakteristikum dieser älteren Wissenschaft, daß alles über die Sinneswelt hinausgehoben war.

Und vertieft man sich im geisteswissenschaftlichen Sinn in so etwas wie die Lehre des Johannes Scotus Erigena, so sieht man, er hat gar nicht mit denjenigen Organen gedacht, mit denen heute die Menschheit denkt. Man versteht ihn eben nicht, wenn man ihn verstehen will mit demjenigen Denken, das heute die Menschheit vollführt. Man versteht ihn nur, wenn man sich durch Geisteswissenschaft eine Anschauung errungen hat von dem, wie man mit dem Ätherleib denkt, mit demjenigen Leib, der als ein feinerer Leib dem groben sinnlichen Leib zugrunde liegt.

Also Johannes Scotus Erigena hat nicht mit dem Gehirn, sondern mit dem Ätherleib gedacht. Wir haben in ihm einfach einen Geist, der noch nicht mit dem Gehirn gedacht hat. Und alles dasjenige, was er niederschreibt, kommt zustande als Ergebnis des Denkens mit dem Ätherleib. Im Grunde genommen beginnt man erst nach seiner Zeit mit dem physischen Leib zu denken, und so recht eigentlich erst vom 15. Jahrhundert an. Was man gewöhnlich nicht sieht, ist daß sich wirklich das menschliche Leben als Seelenleben in dieser Zeit geändert hat, daß man wirklich, wenn man zurückgeht ins 13., 12., 11. Jahrhundert, auf ein Denken stößt, wie es der Johannes Scotus Erigena hatte, daß man da kommt an ein Denken, das noch nicht mit dem physischen Leib, sondern mit dem Ätherleib vollzogen worden ist. Dieses Denken mit dem Ätherleib, das sollte nicht hereinragen in die spätere Zeit, in der man scholastisch dialektisiert hat über starre Begriffe; da wurde dieses ältere Denken mit dem Ätherleib, das aber durchaus auch das Denken der ersten christlichen Jahrhunderte war, eben verketzert. Deshalb auch die Verbrennung der Schriften des Johannes Scotus Erigena.“ (Lit.:GA 204, S. 263ff)

Denken im Gespräch mit dem Engel

„Bei Johannes Scotus ist es so, daß er in diesem Zwiespalt lebt. Er kann bloß denken; aber wenn dieses Denken zum Erkennen wird, da fühlt er, da ist noch etwas da von den alten Mächten, welche den Menschen durchdrungen haben in der alten Art der Erkenntnis. Er fühlt den Engel, den Angelos in sich. Daher sagt er, der Mensch erkenne als Engel. Es war Erbstück aus den alten Zeiten, daß in dieser Zeit der Verstandeserkenntnis ein solcher Geist wie Scotus Erigena noch sagen konnte, der Mensch erkenne wie ein Engel. In den Zeiten der ägyptischen, der chaldäischen Zeit, in den älteren Zeiten der hebräischen Zivilisation würde niemand etwas anderes gesagt haben, als: Der Engel erkennt in mir, und ich nehme Teil als Mensch an der Erkenntnis des Engels. Der Engel wohnt in mir, der erkennt, und ich mache das mit, was der Engel erkennt. - Das war in der Zeit, als noch kein Verstand da war. Als dann der Verstand heraufgekommen war, da mußte man das mit dem Verstände durchdringen; aber es war eben in Scotus Erigena noch ein Bewußtsein von diesem Durchdrungensein mit der Angelosnatur.“ (Lit.:GA 204, S. 269f)

Siehe auch

Literatur

  1. Wolf-Ulrich Klünker: Johannes Scotus Eriugena - Denken im Gespräch mit dem Engel, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1988, ISBN 978-3-7725-0826-4
  2. Rudolf Steiner: Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt, GA 18 (1985), ISBN 3-7274-0180-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Perspektiven der Menschheitsentwickelung, GA 204 (1979), ISBN 3-7274-2040-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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