Myelin

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Aufbau einer Nervenzelle

Myelin ist eine 1854 von dem Pathologen Rudolf Virchow (1821–1902) lichtmikroskopisch an Gewebeschnitten entdeckte[1], aus lipidreichen (fettigen) Substanzen aufgebaute Biomembran, die spiralförmig um die Axone der meisten Nervenzellen der Wirbeltiere gewickelt ist. Myelin wird häufig als ein spezielles Merkmal der Wirbeltiere angesehen, doch besitzen auch einige wirbellose Tiergruppen funktionale und strukturelle Analogien.

Durch den hohen Lipidgehalt von etwa 70% und den geringen Proteingehalt von ca. 30%[2] erscheint Myelin mit freiem Auge weiß. Stark myelinisierte Nervenregionen wie etwa das subkortikal gelegene Marklager werden daher als „weiße Substanz“ bezeichnet.

Myelinscheide

Transmissionselektronenmikroskopisches Bild der das Axon konzentrisch umgebenden Myelinscheide

Mylein wird durch Gliazellen gebildet - im Zentralnervensystem von Oligodendrozyten, im peripheren Nervensystem von Schwann-Zellen. Es sorgt für die elektrische Isolation die Axone und ermöglicht so eine höhere Geschwindigkeit der Erregungsleitung. Die Myelinisierung der Nervenzellen erfolgt, indem die Gliazellen die Axone mehrfach umwickeln. Im Gegensatz zu einem isolierten elektrischen Draht bildet Myelin keine einzige durchgehende Hülle über die gesamte Länge des Axons. Vielmehr isoliert jede Myelinscheide das Axon nur über einen einzigen Abschnitt.

1858 entdeckte Carl von Mettenheim (1824–1898) die optische Doppelbrechung des Myelins. Otto Lehmann (1855–1922), der „Vater der Flüssigkristalle“, erkannte, dass Myelin mit Wasser als Lösungsmittel lyotrope Flüssigkristalle bildet[3].

Ranvier-Schnürring

Genauere Untersuchungen, deren Ergebnisse der Pathologe Louis-Antoine Ranvier (1835–1922) erstmals 1871 in der Pariser Akademie vorstellte[4], zeigten, dass jedes Axon zumeist aus mehreren langen myelinierten Abschnitten besteht, die durch kurze Lücken, die sogenannten Ranvier-Schnürring voneinander getrennt sind, die für die rasche saltatorischen Erregungsleitung essentiell sind.

Geisteswissenschaftlicher Hintergrund

Die weiße Substanz ist laut Rudolf Steiner ein Produkt der durch den Astralleib bewirkten Abbauprozesse. Die graue Substanz hingegen ist jener Teil der Hirnmaterie, der durch die Ich-Organisation gleichsam gerettet und neu belebt wird.

„Wenn wir ein menschliches Gehirn betrachten, so sehen wir in den hellen Partien, in den mehr unter der Oberfläche liegenden Partien des Gehirns, den Partien, die als Nervenstränge von den Sinnen ausgehen, eine sehr komplizierte Organisation, aber eine Organisation, die für denjenigen, der sie durchschauen kann, in Abbau begriffen ist, in fortwährendem Abbau in Wirklichkeit, wenn der Abbau auch sehr langsam geht, so daß er mit grober Physiologie nicht verfolgt werden kann. Aber aus alledem baut sich auf im Menschen, der sich dadurch gerade vom Tiere unterscheidet, das peripherische Gehirn, das eigentlich der menschlichen Organisation zugrunde liegende Gehirn. In bezug auf den menschlichen Bau ist eigentlich das zentrale Gehirn, die Fortsetzung der Sinnesnerven und ihre Verbindungen, vollkommener. Das äußere Gehirn, das der gewöhnlichen Organisation des Menschen zugrunde liegt, ist eigentlich mehr noch ein dem Stoffwechsel naheliegendes Organ als die tieferen Partien des Gehirns. Aber dafür ist auch dieses, das dem Menschen eigentümliche peripherische Gehirn, das eigentliche Stirngehirn, eigentlich durch die Ich-Organisation herausgerettet aus demjenigen, was sonst schon zerfällt. Und so geht es durch den ganzen menschlichen Organismus. Die Ich-Organisation rettet aus dem Zerfall, den der astralische Leib bewirkt, wiederum gewisse Elemente, aus denen nun aufgebaut wird dasjenige, was dem harmonisch geordneten Denken, Fühlen und Wollen des Menschen zugrunde liegt.

Ich kann diese Dinge natürlich nur andeuten, möchte aber doch darauf hinweisen, daß wir auf dem Gebiet der geistigen Forschung genau ebenso exakt verfahren, wie nur irgendeine äußere Wissenschaft experimentierend verfahren kann, und uns auch verantwortlich fühlen, so daß wir uns jederzeit fragen: Stimmt dasjenige überein, was wir im geistigen Schauen finden, mit demjenigen, was Ergebnis der äußeren empirischen, physischen Forschung ist? - Anderes wird nicht in Wirklichkeit, wenigstens prinzipiell nicht gelten gelassen.

Aber gerade der Bau des Gehirnes weist uns hin auf dieses, was man dann mit dem Schauen, mit dem geistigen Schauen, mit dem spirituellen Wahrnehmen erkennt, daß beim Menschen zu den drei Gliedern, dem physischen Leib, dem Ätherleib, dem astralischen Leib, die Ich-Organisation zugrunde liegt, die gewissermaßen einen Parasiten aus den Zerfallsprodukten wiederum aufbaut, gewissermaßen wiederum lebendig macht. So haben wir vier Glieder der menschlichen Organisation. Diese vier Glieder der menschlichen Organisation müssen zueinander im gesunden menschlichen Organismus ganz bestimmte Verhältnisse haben.“ (Lit.:GA 319, S. 213f)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. R. Virchow: Über das ausgebreitete Vorkommen einer dem Nervenmark analogen Substanz in den tierischen Geweben. In: Virchows Arch. Pathol. Anat. 6, 1854, S. 562–572.
  2. Renate Lüllmann-Rauch: Taschenlehrbuch Histologie. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-13-129243-8, S. 189.
  3. Horst Stegemeyer, Hans-Roland Stegemeyer: Die scheinbar lebenden Flüssigkristalle. In: Nachr. Chem. 52, 2004, S. 903–908, doi:10.1002/nadc.20040520907.
  4. Recherches sur l'histologie et la physiolige des nerfs. In: Archives des Physiologie Normale et Pathologique IV/2 (Mars 1872), S. 129–149
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