Knorpel und Sattelgelenk: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Knorpelgewebe''' ist ein festes sowohl druck- als auch biegungselastisches, gefäßloses Stützgewebe, das in der Entwicklung zudem die Anlage des knöchernen Skeletts bildet. Es ist schneidbar und besteht wie die anderen [[Binde- und Stützgewebe|Binde- und Stützgewebsarten]] aus [[Zelle (Biologie)|Zellen]] und der sie umgebenden [[Interzellularsubstanz]], die aus geformten und ungeformten Komponenten besteht.
[[Datei:Gelenke_Zeichnung01.jpg|thumb|1. [[Kugelgelenk]], 2. [[Eigelenk]], 3. '''Sattelgelenk''', 4. [[Scharniergelenk]] und 5. [[Zapfengelenk]]]]  


== Aufbau ==
Ein '''Sattelgelenk''' (die ''Articulatio sellaris'') ist ein [[Gelenk]], das eine Bewegung in zwei senkrecht zueinander stehenden [[Bewegungsachse|Achsen]] erlaubt und somit zwei ''Freiheitsgrade'' besitzt. Die Bewegungsrichtungen sind hier eine [[Flexion (Medizin)|Beugung]]/[[Extension (Medizin)|Streckung]] bzw. eine [[Abduktion (Physiologie)|Abduktion]]/[[Adduktion]] des Gelenks. Dabei sind jeweils beide Gelenkflächen wie ein [[Reitsattel]] geformt und es entspricht die [[Konvexität]] der einen Gelenkfläche der [[Konkavität]] der anderen und umgekehrt.  
[[Datei:chondron.jpg|mini|Schematisches Beispiel eines Chondrons]]
Als Knorpelzellen kommen [[Chondroblast]]en, [[Chondrozyt]]en, und Chondroklasten vor. Als ''Chondroblasten'' („Knorpelbildner“) werden die Vorläuferzellen der Chondrozyten bezeichnet. Sie stammen von [[mesenchym]]alen [[Stammzelle]]n ab und stellen die aktive Form der Knorpelzelle dar, da sie alle Komponenten der Knorpelmatrix synthetisieren können. Sobald sie diese Synthesefunktion eingestellt haben, differenzieren sie sich zu den ''Chondrozyten'', den eigentlichen Knorpelzellen. Die Chondrozyten sind kleiner als die Chondroblasten, kugelig geformt, besitzen einen rundlichen [[Zellkern]] und enthalten viel Wasser, Fett und [[Glykogen]]. Ihre Anzahl, Lage und Dichte ist für jede Knorpelart spezifisch. Chondrozyten können sich im unausgereiften Zustand noch teilen, was zum charakteristischen Auftreten von „isogenen Gruppen“ führen kann. Sie entstehen, wenn die sich teilenden Zellen schon von Knorpelmatrix umgeben sind und so nicht mehr auseinanderweichen können. Die isogenen Gruppen sind Chondrozyten-Komplexe, bei denen jeder Komplex aus einem einzigen Chondrozyten entstanden ist. Die einzelnen Komplexe scheinen von einer Knorpelkapsel umgeben zu sein und in einer Knorpelhöhle (Lakune) zu liegen, die allerdings erst bei der Fixierung entsteht und den ursprünglich von den Chondrozyten eingenommenen Platz widerspiegelt. Daran schließt sich ein Knorpelhof an, der durch seine [[basophil]]e Eigenschaft deutlich anfärbbar ist (=Territorium). Die isogenen Gruppen sind dabei meist säulenartig angeordnet. Die isogene Gruppe und ihr Territorium fasst man als „Chondron“ zusammen. Sobald die Chondrozyten ausdifferenziert sind, verlieren sie ihre Fähigkeit zur Teilung. Als ''Chondroklasten'' bezeichnet man wiederum Fresszellen, die sich auf Knorpel spezialisiert haben. Sie sind wesentlich größer und durch Fusion aus mehreren [[Monozyt]]en entstanden und somit meist mehrkernige [[Riesenzelle]]n. Sie spielen die Hauptrolle beim Abbau des frühen Knorpel-Knochen-Modells ([[Ossifikation#Chondrale Ossifikation|chondrale Ossifikation]]) zum späteren Knochen bzw. in diesem Kontext auch bei der [[Knochenheilung|Heilung nach Knochenbrüchen]].


Die Interzellularsubstanz besteht aus geformten und ungeformten Komponenten. Zu den geformten Komponenten zählt man den Faseranteil aus [[kollagen]]en bzw. [[Elastische Faser|elastischen Fasern]], der bei den drei Knorpelarten jeweils unterschiedlich ist. Hauptbestandteile der ungeformten Interzellularsubstanz sind Wasser (ca. 70 %), [[Proteoglykan]]e (hauptsächlich [[Aggrecan]]) und [[Hyaluronsäure]]. Die Proteoglykane sind [[Anion|polyanionisch]] und ziehen deshalb Natriumkationen an, welche wiederum den Wassereinstrom bewirken.
Ein Beispiel ist das Wurzelgelenk des Daumens ([[Daumensattelgelenk]], ''Articulatio carpometacarpalis pollicis'') zwischen dem [[Großes Vieleckbein|großen Vieleckbein]] und dem ersten [[Mittelhandknochen]]. Durch Kombination der Bewegungen in beiden Hauptachsen ist ein Kreisen des Daumens möglich. Das Sattelgelenk am Daumen hat keine besonderen Einrichtungen.


Knorpelgewebe ist beim Erwachsenen frei von Gefäßen und Nerven. Die Ernährung der Zellen muss daher über Diffusion erfolgen. Dieses geschieht entweder über eine bindegewebige, schützende Hülle ([[Perichondrium]]), welche den Knorpel (Ausnahme Gelenkknorpel und Faserknorpel) als Knorpelhaut überzieht, oder beim Gelenkknorpel über die [[Synovia]]lflüssigkeit des Gelenkspaltes.
Auch das Gelenk zwischen den beiden [[Gehörknöchelchen]] [[Hammer (Anatomie)|Hammer]] (''Malleus'') und [[Amboss (Anatomie)|Amboss]] (''Incus''), die ''Articulatio incudomallearis'', ist ein Sattelgelenk.


== Unterteilung ==
== Entstehungsgeschichte des Sattelgelenks ==
Die Interzellularsubstanz bestimmt mit der Art ihrer Zusammensetzung und ihrem Faseranteil die Unterteilung des Knorpelgewebes in
Bis zu 80 % der Frauen im Alter von über 40 Jahren sind von der [[Rhizarthrose]] betroffen. Das liegt an einer Wachstumsstörung, die dazu führt, dass der Sattel des Sattelgelenks bei Frauen häufig schräg steht. Die Tatsache, dass die ''Rhizarthrose'' so häufig vorkommt, hängt damit zusammen, dass das betreffende Sattelgelenk – gemessen an der Dauer der Entstehungsgeschichte des Menschen – relativ „jung“ ist, nämlich acht Millionen Jahre. Erst durch dieses spezielle Gelenk bekam der Mensch die Möglichkeit, Gegenstände richtig fest zu halten und beispielsweise Flöte zu spielen. Weil aber dieses Gelenk in der Entstehungsgeschichte des Menschen erst sehr spät entstand und deshalb relativ „jung“ ist, ist es noch nicht perfekt ausgebildet und nicht so belastbar, wie es wünschenswert wäre.<ref>Sebastian Knoppik: Wenn der Reiter vom Sattel rutscht. Hildesheimer Handchirurg Rieck informiert beim Sarstedter Patientenforum über spezielle Form der Arthrose. In: ''Leine Nachrichten'' Ausgabe 21/2016 vom 26. Januar 2016 (Beilage der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung).</ref>
 
* [[Wikipedia:hyalin|hyalin]]en,
* elastischen und
* Faserknorpel.
 
=== Hyaliner Knorpel ===
Hyaliner Knorpel hat eine hohe Druckelastizität, deshalb findet man ihn überall dort, wo hauptsächlich Druckbelastungen auftreten (wie z.&nbsp;B. in den meisten Gelenkflächen). Die Chondrozyten liegen hier meist als Chondrone beieinander. Sie scheiden die durchsichtige Interzellularsubstanz aus (Zwischensubstanz, [[Extrazellularmatrix]]), in der sie selbst mit den kollagenen Fasern (hauptsächlich vom Typ II, auch Typ IX und XI) liegen. Da die Fasern denselben [[Brechungsindex]] wie die Interzellularsubstanz besitzen, erscheint der hyaline Knorpel im Lichtmikroskop meist als gleichmäßige Masse. Die Kollagenfasern sind hier also verdeckt (maskiert). Wenn mit dem Alterungsprozess jedoch die Interzellularsubstanz abnimmt, werden einige der Fasern wieder sichtbar. Man bezeichnet sie als Asbestfasern. Die Abgrenzung zum Faserknorpel muss dann über die Gestalt und Anordnung der Chondrozyten erfolgen.
 
Im hyalinen Knorpel finden sich schon frühzeitig Kalkeinlagerungen. Seine Gefäßarmut begünstigt, zusammen mit der oft hohen mechanischen Belastung, degenerative Prozesse. Im Gelenkknorpel fehlen das umgebende Perichondrium und damit auch die mesenchymalen Zellen, die zu Chondroblasten differenzieren können, sodass kaum [[Regeneration (Biologie)|Regeneration]] stattfinden kann. (Die Ernährung des Knorpels erfolgt über die [[Synovia]].)
 
Hyaliner Knorpel kommt als Gelenk-, Rippen-, Nasenknorpel, in den Knorpelspangen der [[Luftröhre]], in den [[Epiphysenfuge]]n und im [[Ossifikation|knorpelig präformierten Skelett]] vor. In der [[Hämatoxylin-Eosin-Färbung]] hat hyaliner Knorpel eine milchig-bläuliche Farbe.
 
=== Elastischer Knorpel ===
Elastischer Knorpel ist das zellreichste Knorpelgewebe. Er ist prinzipiell wie hyaliner Knorpel aufgebaut, jedoch ist er in der extrazellulären Matrix zusätzlich von reichlich [[Elastische Faser|elastischen Fasern]] durchzogen, die für seine charakteristische gelbliche Farbe sorgen und aus [[Fibrillin]] bestehen, welches mit amorphem [[Elastin]] assoziiert ist. Durch das Zusammenwirken dieser Komponenten ist der elastische Knorpel sehr druck- und biegeelastisch.
Er zeigt darüber hinaus keine Tendenz zur Verkalkung.
 
Elastischer Knorpel kommt in der Ohrmuschel, dem äußeren [[Gehörgang]], der [[Eustachi-Röhre|Ohrtrompete]], dem [[Epiglottis|Kehldeckel]], der [[Cartilago corniculata]] und den kleinen [[Bronchien]] vor.
 
=== Faserknorpel ===
Faserknorpel wird auch als ''Bindegewebsknorpel'' bezeichnet und enthält weniger Zellen als die erstgenannten beiden Arten, dafür viele Kollagenfibrillen, unter anderem auch vom Typ I. Bei ihm kommt kein Perichondrium vor.<ref>Theodor H. Schiebler, Horst-W. Korf: ''Anatomie: Histologie, Entwicklungsgeschichte, makroskopische und mikroskopische Anatomie, Topographie.'' 10. Ausgabe. Springer, 2007, ISBN 978-3-7985-1770-7, S. 49.</ref>
 
Faserknorpel kommt überall dort vor, wo [[Scherung (Mechanik)|Scherkräfte]] auftreten, wie beispielsweise im Faserring (''Anulus fibrosus'') der Zwischenwirbelscheiben ([[Bandscheibe]]n), der [[Schambeinfuge]] und anderen [[Symphyse]]n, den Gelenklippen (''[[Labrum acetabulare]]'', ''[[Labrum glenoidale]]'') und den [[Meniskus (Anatomie)|Menisken]].
 
Faserknorpel kommt auch im Kiefergelenk und im Sternoclaviculargelenk (SCG) vor, sowie übergangsweise bei der [[Knochenheilung#Sekundäre Knochenheilung|sekundären Knochenheilung]].
 
== Entstehung des Knorpelgewebes und sein Wachstum ==
Bei dem Vorgang der Knorpelentstehung, der auch ''Chondrogenese'' genannt wird, vergrößern sich zunächst aus dem [[Mesenchym]] die dicht zusammengelegenen Chondroblasten. Diese nehmen schließlich ihre Funktion auf und sondern dabei eine [[Extrazelluläre Matrix|Matrix]] ab, die reich an [[Chondromukoprotein]] ist. Gleichzeitig wird [[Tropokollagen]] produziert und im [[Extrazellularraum]] als [[Kollagen]] abgelagert. Durch die Produktion dieser Substanzen rücken die Chondroblasten immer weiter auseinander. Gleichzeitig differenzieren sie sich zu Chondrozyten, die entweder einzeln in der Matrix liegen oder sich durch Teilung vermehren und dann als isogene Gruppen vorkommen können. Das Wachstum des Knorpels geschieht somit vornehmlich durch die Größenzunahme der Interzellularsubstanz, was auch als ''intussuszeptionelles Wachstum'' bezeichnet wird und nur im Rahmen der Knorpelentstehung auftritt. Für das weitere Wachsen bzw. in begrenztem Rahmen auch bei der Regeneration des Knorpelgewebes ist hauptsächlich das Anlagerungswachstum (''appositionelles Wachstum'') verantwortlich. Hier kommt es zur Bildung von Knorpelgewebe von der Oberfläche her, also durch die Knorpelhaut. In ihrer inneren Schicht sitzen Chondroblasten, die die Matrix synthetisieren und sich noch [[Mitose|mitotisch]] teilen können.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Knorpel}}
* {{WikipediaDE|Sattelgelenk}}
* {{WikipediaDE|Rhizarthrose}}
* {{WikipediaDE|Daumen}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* H.-G. Liebich: ''Funktionelle Histologie der Haussäugetiere.'' 4. Auflage. Schattauer, Stuttgart 2003, ISBN 3-7945-2311-3.
*Kurt Tittel: ''Beschreibende und funktionelle Anatomie des Menschen''. Elsevier, Urban & Fischer, 14. Auflage 2003, ISBN 3-437-46151-6, S. 49.
* U. Welsch: ''Sobotta Lehrbuch Histologie''. Urban & Fischer, München 2002, ISBN 3-437-42420-3.
 
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
* [http://www.cartilage.org/ '''Cartilage.org'''], Internationale Knorpelforschungsgesellschaft


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


{{Normdaten|TYP=s|GND=4031355-4}}
[[Kategorie:Gelenkformen]]
 
[[Kategorie:Organismus]]
[[Kategorie:Anatomie]]
[[Kategorie:Knorpel|!]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 21. Dezember 2017, 19:18 Uhr

Schematische Zeichnung
1. Kugelgelenk, 2. Eigelenk, 3. Sattelgelenk, 4. Scharniergelenk und 5. Zapfengelenk

Ein Sattelgelenk (die Articulatio sellaris) ist ein Gelenk, das eine Bewegung in zwei senkrecht zueinander stehenden Achsen erlaubt und somit zwei Freiheitsgrade besitzt. Die Bewegungsrichtungen sind hier eine Beugung/Streckung bzw. eine Abduktion/Adduktion des Gelenks. Dabei sind jeweils beide Gelenkflächen wie ein Reitsattel geformt und es entspricht die Konvexität der einen Gelenkfläche der Konkavität der anderen und umgekehrt.

Ein Beispiel ist das Wurzelgelenk des Daumens (Daumensattelgelenk, Articulatio carpometacarpalis pollicis) zwischen dem großen Vieleckbein und dem ersten Mittelhandknochen. Durch Kombination der Bewegungen in beiden Hauptachsen ist ein Kreisen des Daumens möglich. Das Sattelgelenk am Daumen hat keine besonderen Einrichtungen.

Auch das Gelenk zwischen den beiden Gehörknöchelchen Hammer (Malleus) und Amboss (Incus), die Articulatio incudomallearis, ist ein Sattelgelenk.

Entstehungsgeschichte des Sattelgelenks

Bis zu 80 % der Frauen im Alter von über 40 Jahren sind von der Rhizarthrose betroffen. Das liegt an einer Wachstumsstörung, die dazu führt, dass der Sattel des Sattelgelenks bei Frauen häufig schräg steht. Die Tatsache, dass die Rhizarthrose so häufig vorkommt, hängt damit zusammen, dass das betreffende Sattelgelenk – gemessen an der Dauer der Entstehungsgeschichte des Menschen – relativ „jung“ ist, nämlich acht Millionen Jahre. Erst durch dieses spezielle Gelenk bekam der Mensch die Möglichkeit, Gegenstände richtig fest zu halten und beispielsweise Flöte zu spielen. Weil aber dieses Gelenk in der Entstehungsgeschichte des Menschen erst sehr spät entstand und deshalb relativ „jung“ ist, ist es noch nicht perfekt ausgebildet und nicht so belastbar, wie es wünschenswert wäre.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Kurt Tittel: Beschreibende und funktionelle Anatomie des Menschen. Elsevier, Urban & Fischer, 14. Auflage 2003, ISBN 3-437-46151-6, S. 49.

Einzelnachweise

  1. Sebastian Knoppik: Wenn der Reiter vom Sattel rutscht. Hildesheimer Handchirurg Rieck informiert beim Sarstedter Patientenforum über spezielle Form der Arthrose. In: Leine Nachrichten Ausgabe 21/2016 vom 26. Januar 2016 (Beilage der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung).