Phaidros

Aus AnthroWiki
Die druckbare Version wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisiere deine Browser-Lesezeichen und verwende stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.
Der Anfang des Phaidros in der ältesten erhaltenen mittelalterlichen Handschrift, dem 895 geschriebenen Codex Clarkianus (Oxford, Bodleian Library, Clarke 39)

Der Phaidros (altgriechisch Φαῖδρος Phaídros, latinisiert Phaedrus) ist ein in Dialogform verfasstes Werk des griechischen Philosophen Platon. Wiedergegeben wird ein fiktives, literarisch gestaltetes Gespräch von Platons Lehrer Sokrates mit seinem Freund Phaidros, nach dem der Dialog benannt ist.

Das Thema ist die Kunst des sprachlichen Ausdrucks, die in der Rhetorik machtvoll zur Geltung kommt. Dabei geht es um das Verhältnis zwischen rhetorischer Überzeugungskraft und philosophischer Wahrheitsfindung. Auch der Gegensatz zwischen mündlicher und schriftlicher Mitteilung wird erörtert. Den konkreten Anlass der Diskussion bietet eine rhetorisch gestaltete Schrift des Lysias, eines berühmten Redenschreibers, die Phaidros mitgebracht hat und vorliest. Lysias vertritt die Ansicht, die Liebesleidenschaft sei eine schlechte Voraussetzung für eine Freundschaft; daher sei es besser, mit einem Nichtverliebten befreundet zu sein. Sokrates trägt aus dem Stegreif eine alternative Stellungnahme vor, in der er ebenfalls vor den schädlichen Wirkungen der Verliebtheit warnt. Anschließend distanziert er sich aber von dieser Sichtweise und plädiert eindringlich für die gegenteilige Auffassung. Nunmehr wirbt er für ein tieferes Verständnis der erotischen Leidenschaft, die er als einen irrationalen Gemütszustand göttlichen Ursprungs bestimmt. Solcher „Wahnsinn“ sei nicht negativ zu bewerten. Vielmehr handle es sich um eine Ergriffenheit der Seele. Dabei werde die Seele von der gewaltigen Macht ihrer Sehnsucht nach dem Schönen angetrieben.

Sokrates veranschaulicht seine Deutung des erotischen Begehrens mit einer mythischen Erzählung vom Schicksal der unsterblichen Seele im Jenseits. Dem Mythos zufolge lenkt die geflügelte Seele ihren Seelenwagen durch das Himmelsgewölbe. Den Wagen ziehen zwei ebenfalls geflügelte Pferde, ein gehorsames und ein störrisches, deren sehr unterschiedliche Veranlagung große Schwierigkeiten bereitet. Sofern die Seele nicht abstürzt oder anderweitig scheitert, kann sie einen „überhimmlischen Ort“ erreichen, wo sie die „platonischen Ideen“ wahrnimmt, darunter die Idee des Schönen, das heißt das Urbild alles Schönen. Wenn sie später im Verlauf der Seelenwanderung einen menschlichen Körper annimmt, erinnert sie sich beim Anblick schöner Gestalten undeutlich an dieses prägende Erlebnis und wird daher von erotischer Begierde ergriffen. Das eigentliche, unbewusst erstrebte Ziel ihrer Sehnsucht ist aber nicht ein einzelner schöner Körper, sondern die göttliche Schönheit jenseits des Himmels, die das körperliche Auge nicht sieht.

Schon in der Antike wurde der Phaidros breit rezipiert. In der Geistesgeschichte der Neuzeit fanden die Schilderung der erotischen Ergriffenheit und die mythische Darstellung des Schicksals der Seele starken Widerhall. In der neueren Forschung stoßen Platons grundsätzliche Überlegungen zur Wissensvermittlung auf besonderes Interesse.

Ort und Zeit

Sokrates (römische Büste, 1. Jahrhundert, Louvre, Paris)

Eine Rahmenhandlung fehlt, das fiktive Dialoggeschehen setzt unmittelbar ein und wird durchgängig in direkter Rede mitgeteilt. Das Gespräch beginnt in Athen, der Heimatstadt der beiden Männer, und wird dann in der Umgebung der Stadt fortgesetzt. Phaidros hat im Haus des Tragödiendichters Morychos in der Nähe des Olympieions, des großen Tempels des olympischen Zeus, die Ausführungen des Lysias gehört und will sich nun zu einem Spaziergang aufs Land begeben. Auf der Straße trifft er zufällig Sokrates, der sich entschließt ihn zu begleiten. Am Ufer des Flüsschens Ilissos südlich der Stadtmauer lassen sie sich nieder; dort findet der philosophische Dialog statt. Der Ort kann genauer bestimmt werden, denn das nahe Heiligtum des Gottes Pan, auf das Sokrates am Ende des Dialogs indirekt Bezug nimmt, ist identifiziert worden; dort wurde 1759 ein Relief aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. gefunden.[1]

Der Zeitpunkt der Dialoghandlung ist unklar. Er lässt sich nur annähernd bestimmen, da nur wenige chronologisch relevante Angaben vorliegen, die zum Teil nicht leicht miteinander zu vereinbaren sind. Auf historische Stimmigkeit legte Platon keinen Wert, er machte hier – wie auch in anderen Werken – von seiner literarischen Gestaltungsfreiheit Gebrauch. Da Phaidros ab 415 v. Chr. rund ein Jahrzehnt lang nicht in Athen war und Sokrates im Jahr 399 v. Chr. hingerichtet wurde, ist entweder an eine Zeit vor 415 oder an eines der letzten Lebensjahre des Sokrates zu denken. Die berühmten Tragödiendichter Sophokles und Euripides, die beide 406 gestorben sind, werden im Dialog so erwähnt, dass der Eindruck entsteht, sie seien noch am Leben. Dies könnte für eine Datierung vor 415 sprechen. Damit schwer vereinbar sind jedoch Bemerkungen des Sokrates über den 436/435 geborenen Redner Isokrates. Dieser wird zwar als noch jung bezeichnet, ist aber offenbar schon mit beachtlichen Leistungen hervorgetreten. Hinzu kommt, dass Lysias, dem Phaidros am Tag des Dialogs zugehört hatte, erst ab 412/411 seinen Wohnsitz in Athen hatte. Daher ist eine widerspruchsfreie Datierung schwierig. Die in der Forschung erwogenen Ansätze schwanken zwischen ca. 420 und dem Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr., wobei Unstimmigkeiten in Kauf genommen werden.[2]

Die Teilnehmer

Die Dialogfigur Sokrates zeigt im Phaidros Merkmale, die den Lesern anderer Dialoge Platons vertraut sind: Er ist an der erotischen – das heißt in seinem Milieu: homoerotischen – Thematik stark interessiert und bringt auf diesem Gebiet beträchtliche Erfahrung mit.[3] Da er Phaidros philosophisch weit überlegen ist, lenkt er das Gespräch in seinem Sinne und streut dabei wie gewohnt gern ironische Bemerkungen ein. Als Asket ist er wie immer barfuß unterwegs. Er ist ein naturferner Stadtmensch; in der freien Landschaft außerhalb der Stadtmauern, die er kaum je aufsucht, verhält er sich wie ein Fremdling. Zwar findet er lobende Worte für die Lieblichkeit der Natur am Rastplatz, doch bringt er kein wirkliches Interesse für sie auf. Nur wegen der Aussicht auf ein fruchtbares Gespräch ist er mitgegangen; er bezeichnet sich als lernbegierig und stellt fest: „Die Landschaft und die Bäume wollen mich nichts lehren, wohl aber in der Stadt die Menschen“.[4] Ihm geht es um seine Lieblingsthemen, auf die er zielbewusst hinsteuert: die Beschaffenheit der menschlichen Seele, ihre Unsterblichkeit und ihr Schicksal nach dem Tod, das Streben nach Schönheit, die Erlangung und Vermittlung philosophischen Wissens sowie die Rolle der Beredsamkeit und deren Verhältnis zur Wahrheitssuche. Wie auch in anderen Dialogen nutzt er die Gelegenheit, seinen Gesprächspartner zu unablässigen Bemühungen auf der Suche nach echter Erkenntnis zu ermuntern und zu einer konsequent philosophischen Denk- und Lebensweise anzuregen. Dabei nimmt er auf die begrenzte Einsicht des Phaidros Rücksicht, indem er sich nicht auf zu anspruchsvolle Fragen einlässt.[5]

Platon lässt hier seinen Sokrates die auch in anderen Dialogen thematisierte Ideenlehre vertreten, bei der es sich um platonisches Gedankengut handelt, das dem historischen Sokrates fremd war. Unter philosophiegeschichtlichem Gesichtspunkt ist zu beachten, dass generell die Ansichten, die Platon seiner Dialogfigur Sokrates in den Mund legt, nicht mit denen des historischen Vorbilds übereinstimmen müssen.[6] Manche Eigenheiten der literarischen Gestalt dürften aber denen der geschichtlichen entsprechen, etwa ihre Naturferne und asketische Haltung und die Konzentration ihrer Aufmerksamkeit auf seelische und zwischenmenschliche, insbesondere erotische Belange.[7]

Phaidros ist auch außerhalb von Platons Werken bezeugt. Es handelt sich um eine historische Person, einen vornehmen Athener aus dem Demos Myrrhinous, der tatsächlich zum Umkreis des Sokrates gehörte. Er wurde um die Mitte des 5. Jahrhunderts geboren, war also rund zwei Jahrzehnte jünger als Sokrates. Seine Frau, eine Enkelin des Feldherrn Xenophon, war zugleich seine Cousine.[8]

Unliebsames Aufsehen erregte der historische Phaidros durch seine Verwicklung in einen Skandal, der im Jahr 415 das politische Leben Athens erschütterte. Junge Männer hatten in Privathäusern die Mysterien von Eleusis parodierend nachgeahmt und dadurch profaniert. Das wurde als schweres Verbrechen gegen die Religion strafrechtlich verfolgt. Phaidros gehörte zu den Personen, die der Beteiligung an dem Religionsfrevel beschuldigt wurden. Er wartete ebenso wie andere Tatverdächtige ein Gerichtsverfahren nicht ab, sondern floh ins Exil.[9] Seine Verurteilung in Abwesenheit ist inschriftlich bezeugt.[10] Sein Besitz wurde konfisziert. Später profitierte er jedoch von einer Amnestie und durfte zurückkehren.

In Platons Dialog ist Phaidros zwar philosophisch interessiert, doch verfügt er offenbar auf diesem Gebiet über wenig Erfahrung und Kompetenz. Die Mythen des griechischen Volksglaubens betrachtet er mit Skepsis. Seine Bewunderung für die Rhetorik des Lysias lässt erkennen, dass er für die Macht der Beredsamkeit empfänglich und daher manipulierbar ist. Er ist begeisterungsfähig, neigt zu einem vorschnellen Enthusiasmus und zu kritikloser Bewunderung dessen, was ihn beeindruckt hat. Die Autorität anerkannter Fachleute bedeutet ihm viel. Auffallend ist seine Besorgnis um seine Gesundheit;[11] den Spaziergang unternimmt er auf ärztlichen Rat. Sokrates möchte ihn dazu bringen, sich nicht nur um die körperliche, sondern auch um die seelische Gesundheit zu kümmern.[12]

Platon ließ Phaidros auch in seinem berühmten Dialog Symposion auftreten. Dort ist Phaidros einer der Redner, die versuchen, das Wesen des Eros zu beleuchten und zu würdigen. Seine Ausführungen lassen seine Beherrschung der Redekunst und seine gute Bildung erkennen.

Inhalt

Die Einleitung

Zufällig begegnet Sokrates auf der Straße seinem Freund Phaidros, der zuvor eine Probe der Redekunst des berühmten Logographen (Redenschreibers) Lysias gehört hat und nun einen Spaziergang unternimmt. Sokrates entschließt sich, den Freund zu begleiten. Lysias hat, wie Phaidros nun berichtet, über Liebesbeziehungen gesprochen, das heißt über die in der Oberschicht Athens üblichen homoerotischen Bindungen. Zu diesem Thema hat Lysias die Ansicht vertreten, es sei nicht ratsam, der Werbung eines Verliebten nachzugeben. Besser sei es, sich mit jemandem zu befreunden, der von Liebesleidenschaft frei sei. Phaidros, ein begeisterter Bewunderer der Redekunst des Lysias, hat sich das Manuskript aushändigen lassen. Die beiden Spaziergänger verlassen die Stadt. Unter einer Platane rasten sie in einer reizvollen Umgebung, und Phaidros liest den Text des Lysias vor.[13]

Der Text des Lysias

Der fiktive Sprecher, dem Lysias seine rhetorisch gestaltete Darlegung in den Mund legt, ist jemand, der um die Freundschaft eines Jugendlichen oder jungen Mannes wirbt, ohne in ihn verliebt zu sein. Er versucht den Umworbenen davon zu überzeugen, dass eine Freundschaft ohne erotische Begierde einer Liebesbeziehung vorzuziehen sei. Seine Hauptargumente lauten: Liebesleidenschaft erkaltet eines Tages, und dann bereut man die Wohltaten, die man dem Geliebten erwiesen hat. Wer hingegen nicht vom Eros beherrscht und gesteuert wird, der wird seine Gesinnung nicht ändern, denn er hat seinen Freund aus freiem Entschluss gefördert, nicht unter dem Zwang eines zeitweiligen erotischen Drangs. Er ist somit zuverlässiger als ein Verliebter. Der Verliebte bringt zunächst Opfer und nimmt Mühen und Nachteile auf sich, um der begehrten Person gefällig zu sein. Dabei handelt er aber nicht uneigennützig, denn aus seinen Leistungen leitet er Ansprüche ab. Ein Nichtverliebter hat zu einer solchen fordernden und berechnenden Einstellung keinen Anlass. Außerdem kann sich der Erotiker jederzeit in jemand anderen verlieben und ist dann sogar bereit, seinen früheren Geliebten schlecht zu behandeln, wenn der neue das wünscht. Hinzu kommt, dass man, wenn man einen verliebten Freund haben will, von vornherein nur eine relativ kleine Auswahl hat; wer einen Nichtverliebten als Freund vorzieht, der hat die Wahl aus vielen und kann sich für den passendsten von ihnen entscheiden. Überdies werden Liebesbeziehungen in der Öffentlichkeit beobachtet, zumal Verliebte gern der Umwelt mit ihrem erotischen Erfolg imponieren; das kann leicht Anstoß erregen und zu Klatsch und übler Nachrede führen. Ein Verliebter ist empfindlich und eifersüchtig; er will seinen Geliebten für sich allein besitzen und versucht daher, ihn dem gewohnten Umfeld zu entfremden, was zur Isolation oder zu Streitigkeiten führen muss. Leicht gerät der Verliebte wegen Kleinigkeiten in heftige Erregung. Da seine Urteilskraft durch seine Leidenschaft getrübt ist, äußert er sich nicht unbefangen und sachgerecht, sondern redet seinem Geliebten nach dem Mund. Er lobt ihn grundlos und wagt ihm nicht zu widersprechen. Damit fördert er ihn aber nicht. Daher ist er ein schlechter Ratgeber und kein echter Freund.[14]

Die erste Rede des Sokrates und seine Selbstkritik

Während Phaidros von dem Text des Lysias begeistert ist, ist Sokrates zu einer kritischen Einschätzung gelangt. Er meint schon Besseres zum Thema gehört zu haben und erklärt sich schließlich bereit, improvisierend eine alternative „Rede“ vorzutragen. Dabei handelt es sich um einen rhetorisch gestalteten, aber fiktiv nur für einen einzigen Zuhörer bestimmten Text. Sokrates lässt einen schlauen Verliebten als Sprecher auftreten. Dieser gibt vor, nicht verliebt zu sein, und schildert dem jungen Burschen, den er begehrt, die Vorzüge einer nichterotischen Freundschaft.[15]

Wie der fiktive Sprecher zunächst feststellt, kann man nur dann sinnvoll über die Bewertung von etwas reden, wenn man verstanden hat, was es ist, und wenn hierüber Einigkeit erzielt ist. Wenn es um den Nutzen oder Schaden der Verliebtheit geht, muss man sich also zuerst klarmachen, was Verliebtheit ist. Zweifellos ist sie ein Begehren, das sich auf die Schönheit der geliebten Person richtet. Aber auch Nichtverliebte begehren Schönes. Der Unterschied besteht darin, dass der Verliebte von dem angeborenen Trieb, der ihn zu dem begehrten Vergnügen zieht, überwältigt wird und dadurch der Maßlosigkeit verfällt; er verliert die Herrschaft über sich selbst. Anders ist die Lage des Nichtverliebten: Er bewahrt seine Selbstkontrolle und büßt daher seine Urteilskraft nicht ein, sondern kann rational einschätzen, was das jeweils Beste ist, und sich dafür entscheiden.[16]

Ein weiterer Nachteil der Erotik ergibt sich aus dem besitzergreifenden Charakter der Verliebten. Wer dem Eros verfallen ist, will die begehrte Person unter seiner Kontrolle haben. Zu diesem Zweck versucht er sie in einem Zustand der Unwissenheit, Unterlegenheit und Unselbständigkeit zu halten. Aus der Sicht des Verliebten ist es daher erwünscht, dass der Geliebte in jeder Hinsicht schwach und abhängig ist. Er soll lieber arm als reich sein, lieber verweichlicht und unfähig als abgehärtet und tüchtig und am besten ohne Familie, da Familienangehörige dem Verliebten in die Quere kommen könnten. Der Erotiker will ständig mit seinem Geliebten zusammen sein, wodurch er ihn einengt und ihm auf die Dauer lästig wird. Wenn die Liebesleidenschaft – eine Form von Wahnsinn – endet, sind dem Liebhaber seine einstigen Versprechungen und Schwüre nur noch peinlich, und er versucht den eingegangenen Verpflichtungen zu entkommen. Dann kommt es zu üblem Zerwürfnis. Der Verliebte ist nicht wirklich wohlwollend, sondern er liebt den Geliebten so wie der Wolf das Lamm.[17]

Damit beendet Sokrates seine Rede, obwohl Phaidros gern noch etwas über die Vorzüge der Nichtverliebten gehört hätte. Sokrates möchte aufbrechen, entscheidet sich dann aber zu bleiben, da ihm plötzlich sein Daimonion – eine innere Stimme – eingegeben hat, dass er einen Fehler begangen hat, den er sogleich berichtigen sollte. Er hat alle Verliebten pauschal als selbstsüchtig, missgünstig und töricht dargestellt und damit den Hochherzigen und Edlen unter ihnen Unrecht getan. Zudem hat er den Einfluss des Eros als durchweg schädlich beschrieben; Eros ist aber eine Gottheit, und alle Götter sind nach Sokrates’ Überzeugung gut und niemals Urheber von Schlechtem. Somit hat sich Sokrates ebenso wie Lysias an der Gottheit versündigt. Dies will er nun wiedergutmachen, indem er ein Plädoyer für die gegenteilige Auffassung hält und die Liebe verherrlicht.[18]

Die zweite Rede des Sokrates

Die Neubewertung des Eros

An der Bezeichnung des erotischen Affekts als manía („Wahnsinn“) hält Sokrates weiterhin fest. Was sich aber grundlegend ändert, ist seine Bewertung dieses Zustands. Die mania als Gegenteil von Nüchternheit, Verständigkeit und Leidenschaftslosigkeit ist, wie Sokrates nun ausführt, keineswegs immer negativ zu beurteilen. Der Begriff bezeichnet nicht nur in abwertendem Sinn Wahnsinn, Tollheit und Raserei, sondern auch eine Verzückung und Begeisterung, die ein Zeichen göttlicher Gunst ist. So ist beispielsweise der entrückte Zustand der Prophetinnen und Priesterinnen, die weissagen, Orakel verkünden und beraten, eine Form von mania. Solche göttliche mania enthüllt verborgenes Wissen und weist Kranken den Weg zur Heilung. Eine andere Erscheinungsform davon ist die Inspiration, die begnadete Dichter zu ihren außerordentlichen Leistungen befähigt. Der Enthusiasmus, den diese Göttergabe herbeiführt, ist dem nüchternen Verstand, der menschlichen Ursprungs ist, überlegen. Dies zeigt sich etwa darin, dass ein Dichter, der nur über ein „technisches“ Wissen, über „handwerkliche“ Fertigkeiten verfügt, nie etwas Bedeutendes hervorbringt; alle großen Dichter sind göttlich inspiriert. Somit ist eine differenzierte, unvoreingenommene Beurteilung der außergewöhnlichen Gemütszustände erforderlich.[19]

Die Ewigkeit der Seele

Da von seelischen Phänomenen die Rede ist, muss man sich zunächst über die Beschaffenheit der Seele Klarheit verschaffen. Die Seele ist imstande, sich unablässig aus eigener Kraft zu bewegen, sie bedarf dazu nicht wie unbelebte Objekte eines äußeren Anstoßes. Sie ist selbst der Ursprung von eigener und fremder Bewegung und damit der Ursprung ihrer eigenen Lebensäußerungen. Sie lebt nicht, weil etwas anderes sie belebt, sondern aufgrund ihrer eigenen Natur. Daraus ist ersichtlich, dass sie unsterblich ist, das heißt, dass sie – wie alles Ursprüngliche und Autarke – dem Bereich des Ungewordenen und Unvergänglichen angehört.[20]

Der Mythos vom Seelenwagen

Was das Wesen der Seele betrifft, greift Sokrates zwecks Veranschaulichung zu einem mythischen Gleichnis. Er vergleicht die Seele mit einem Zweigespann von zwei geflügelten Pferden, die einen Wagen mit einem ebenfalls geflügelten Wagenlenker ziehen.[21] Der Lenker durchstreift mit seinem Wagen das ganze Himmelsgewölbe. Das ist die Tätigkeit menschlicher Seelen, die sich ohne Körper frei im Himmel bewegen. Auch die Seelen der Götter kann man sich so vorstellen. Der Unterschied zwischen ihnen und den menschlichen Seelen besteht darin, dass bei den Göttern sowohl Wagenlenker als auch Pferde von einwandfreier Beschaffenheit sind, wohingegen bei den Menschen eines der Pferde tüchtig, das andere jedoch von schlechtem Naturell und widerspenstig ist. Daraus ergeben sich für den menschlichen Wagenlenker große Schwierigkeiten.[22]

Entscheidend ist die Qualität der Flügel, deren Kraft das Schwere emporhebt. Wenn die menschliche Seele ihr Gefieder nicht richtig nährt, verliert sie es, was zur Folge hat, dass sie vom Himmel herabstürzt und zur Erde fällt. Dort erhält sie dann einen irdischen Körper als Wohnstätte, und so entsteht ein Mensch als beseeltes Wesen. Das bedeutet für die Seele „Mühe und Kampf bis zum Äußersten“, da sie sich in dieser fremden Umgebung behaupten muss. Ganz anders ergeht es den Seelen, denen es gelingt, ihr Gefieder zu behalten. Sie können im Gefolge der Götter den Himmel durchfahren und den Anblick von allem, was es dort zu sehen gibt, genießen. Eine Schar von Göttern, geführt vom Göttervater Zeus, unternimmt mit ihren Wagen gemeinsam einen großen Zug durch die himmlischen Gefilde. Die menschlichen Seelen schließen sich dem Götterzug an, soweit sie dazu fähig sind. Im Gefolge der Götter erreichen sie nach steiler Fahrt die Spitze des Himmelsgewölbes. Dieses wird hier als hohle, am Rand durchlässige Kugel mit der Erde als Mittelpunkt aufgefasst. Am höchsten Punkt der Weltkugel stellen sich die Götter mit ihren Gespannen auf die Oberfläche des Himmelsgewölbes. Dazu sind die menschlichen Wagenlenker nicht imstande, doch können sie zumindest den Kopf aus der Weltkugel hinausstrecken. So vermögen nicht nur die göttlichen, sondern auch die menschlichen Seelen das wahrzunehmen, was jenseits des Himmels ist: den „überhimmlischen Ort“, den kein Dichter jemals gebührend besingen kann. Er ist die Stätte des formlosen, den Sinnen unzugänglichen, rein geistigen Seins, das unwandelbar ist. Nur dieser Bereich – nicht die Welt der veränderlichen, vergänglichen Phänomene – ist im eigentlichen Sinn „seiend“. Dort sind die „platonischen Ideen“ zu finden, etwa die Ideen der Gerechtigkeit, der Besonnenheit und der Erkenntnis. Von der übersinnlichen Wahrnehmung dieser Wirklichkeit – Sokrates spricht metaphorisch von „Erblicken“ – nährt sich die Seele. Der überhimmlische Ort ist die „Weide“, von der sie die Nahrung aufnimmt, die ihrem Gefieder die benötigte Kraft verleiht. Bei der Auffahrt erweist sich aber die Mangelhaftigkeit des menschlichen Gespanns als großes Hindernis. Das störrische Pferd widersetzt sich, wenn es nicht gut dressiert ist, es drängt in eine falsche Richtung und bringt das Gespann in Verwirrung, sodass die Wahrnehmung des überhimmlischen Orts nur unzulänglich oder überhaupt nicht gelingt. Viele Gespanne behindern einander, die Pferde werden lahm oder das Gefieder zerbricht, bevor es zur „Schau“ des Seienden kommt. Der Ungehorsam des störrischen Pferdes und das Ungeschick des Wagenlenkers werden mancher Seele zum Verhängnis: Da sie die nährende Weide nicht erreichen kann, wird sie so geschwächt, dass sie ihr Gefieder verliert und zur Erde abstürzt.[23]

Sokrates versichert, dass jede Seele, die im Gefolge eines Gottes etwas von der überhimmlischen Wirklichkeit gesehen hat, dadurch befähigt wird, unversehrt in der Götterwelt zu bleiben. Grundsätzlich ist es möglich, dass sie für immer in diesem Zustand verbleibt. Dies setzt allerdings voraus, dass sie den überhimmlischen Ort regelmäßig aufsucht, um dort durch das „Schauen“ die benötigte Nahrung aufzunehmen. Widerfährt ihr dabei unterwegs ein Missgeschick, so kann es geschehen, dass sie ihr Gefieder verliert und zur Erde fällt. Dort bleibt ihr das Dasein in menschlicher Gestalt nicht erspart. In den Körper ist sie dann eingesperrt wie eine Auster in die Schale.[24] Damit beginnt im Rahmen der Seelenwanderung die Reihe ihrer Inkarnationen. Je nach ihrem Wissensstand und ihrem Verhalten fallen ihr bestimmte irdische Rollen zu, die sie nacheinander übernimmt, wobei sie auch eine gewisse Wahlmöglichkeit hat. Das Spektrum der möglichen menschlichen Lebensformen reicht vom Philosophen als höchster Form bis zum Tyrannen als niederster. Die zweitschlechteste menschliche Daseinsweise ist die des Sophisten oder Demagogen. Im Verlauf eines Seelenwanderungszyklus absolviert die gefallene Seele normalerweise zehn Inkarnationen, wobei sie je nach ihren Verdiensten oder Missetaten auf- oder absteigt. Es kann sogar vorkommen, dass sie in ein tierisches Leben gerät. Die zehn Inkarnationen erfolgen jeweils im Abstand von tausend Jahren; in den langen Zwischenzeiten halten sich die Seelen entweder in der Unterwelt oder in einem bestimmten Himmelsbereich auf. Somit dauert ein gewöhnlicher, aus zehn Leben bestehender Inkarnationszyklus zehntausend Jahre. Erst nach Ablauf des zehnten Jahrtausends wird die Seele wieder beflügelt und kann einen neuen Versuch unternehmen, den überhimmlischen Ort zu erreichen.[25] Eine Ausnahme von dieser Gesetzmäßigkeit stellt allerdings das philosophische Leben dar. Der Philosoph ist stets dem Göttlichen zugewandt. Daher kann eine Seele, die dreimal hintereinander ein philosophisches Leben gewählt hat, schon nach drei Inkarnationen, also nach dreitausend Jahren, aus dem irdischen Exil zurückkehren.[26]

Das neue Verständnis des Eros

Vor dem Hintergrund dieses Mythos deutet Sokrates nun die göttliche mania im Menschen. Fast alle überhimmlischen Vollkommenheiten – beispielsweise die Gerechtigkeit oder die Vernunft – sind abstrakt in dem Sinne, dass ihre irdischen Erscheinungsformen nicht anschaulich sind. Sie haben keine Korrelate im Bereich des bildhaft Wahrnehmbaren. Die einzige Ausnahme ist die Schönheit. Sie allein existiert sowohl – als platonische Idee der Schönheit – jenseits des Himmels als auch unter den sichtbaren irdischen Objekten. Daher kommt ihr eine Brückenfunktion zu: Der Anblick irdischer Schönheit, die ein Abglanz der überhimmlischen ist, erinnert die im Körper gefangene Seele an das, was sie einst am überhimmlischen Ort gesehen hat. Wenn diese Seele einen Menschen von gottähnlicher Schönheit erblickt, ist sie zunächst von dem Erlebnis erschüttert, ein Schauer ergreift sie. Dann beginnt sie die schöne Gestalt zu vergöttern. Durch solche Wahrnehmungen erwacht in der Seele die Sehnsucht nach der jenseitigen Welt. Das heißt in der bildlichen Sprache des Mythos, dass der Seele Flügel wachsen. Sie wird beschwingt und möchte wie ein Vogel emporfliegen. Dazu reicht allerdings die Kraft ihrer keimenden Flügel nicht aus. Das Keimen der Flügel wird nicht nur als freudiges Ereignis empfunden, sondern es erzeugt auch ein Unbehagen, ein Jucken wie beim Zahnen der Kinder. Außerdem ist die Getrenntheit vom sehnsüchtig Begehrten mit Schmerz verbunden. So gerät die vom Anblick der Schönheit berührte Seele in einen zwiespältigen Gemütszustand: Die gesehene Schönheit bereitet ihr eine einzigartige Freude, versetzt sie in höchste Erregung und lässt sie alles andere vergessen, aber die Begrenztheit ihres Zugangs zum Gegenstand ihrer Sehnsucht verwirrt und peinigt sie. Sie ist ratlos, die Erregung raubt ihr den Schlaf, sie benimmt sich wie wahnsinnig. Das ist der Zustand, den die Menschen Liebesleidenschaft nennen, die erotische mania. Der davon Ergriffene achtet nicht mehr auf das Schickliche und Standesgemäße, auf seinen Status und Besitz. Er ist auch bereit das Leben eines Sklaven zu führen, wenn er nur in der Nähe des schönen Wesens bleiben kann, das er zum Gegenstand seiner Anbetung macht.[27]

Die unterschiedlichen Wirkungen der erotischen Ergriffenheit

Ebenso wie die Götter sind die Menschen, die den einzelnen Gottheiten folgen, unterschiedlich veranlagt. Daher reagieren sie auf verschiedene Weise, wenn die Macht des Eros in ihr Leben einbricht. Wer beispielsweise von der Sinnesart des Göttervaters Zeus ist, der versucht seinem Geliebten zur Entwicklung königlicher Qualitäten zu verhelfen. Wer dem Kriegsgott Ares folgt, wird aggressiv, wenn er meint, dass ihm als Liebendem Unrecht geschieht. Die Erotiker versuchen, sowohl sich selbst als auch ihre Geliebten den Göttern so ähnlich wie möglich zu machen; der Eros spornt sie dazu an, nach Höherem zu streben. Allerdings bereitet der liebenden Seele die Verschiedenartigkeit ihrer beiden Pferde große Schwierigkeiten. Hier erläutert Sokrates, was er mit der Metapher des Pferdegespanns veranschaulichen möchte. Der Wagenlenker und die beiden Pferde stellen die drei Teile dar, aus denen die Seele besteht. Der Lenker ist die seelische Instanz, die den einzuschlagenden Weg wählt. Er fällt die Entscheidungen, von denen das künftige Schicksal der Seele abhängt, und hat dafür zu sorgen, dass die Pferde – die seelischen Antriebe – seine Anweisungen ausführen. Das gute, gehorsame Pferd ist der vernünftige Seelenteil, der erkennt, was wirklich das Beste für die Seele ist, und darauf hinstrebt. Das schlechte, störrische Pferd ist der vernunftlose, nur auf unmittelbare Bedürfnisbefriedigung abzielende Seelenteil, der blindlings auf sein Ziel losstürmt und damit die ganze Seele ins Verderben reißt, da ihm die Einsicht in die Folgen seines impulsiven Verhaltens fehlt. Das gute Pferd gehorcht willig, das schlechte muss mit Peitsche und Stachel gezähmt und gelenkt werden. Wenn es zwei erotisch Verbundenen gelingt, ihre widerspenstigen Pferde gut unter Kontrolle zu bringen, können sie miteinander ein glückseliges philosophisches Leben führen.[28]

Konsequenzen

Phaidros ist von der Überzeugungskraft des Sokrates tief beeindruckt, er schätzt sie nun mehr als die des Lysias, seines bisherigen Vorbilds. Damit stellt sich die Frage nach einer Neubewertung der Tätigkeit des Lysias, der seinen Ruhm seiner Sprachgewalt verdankt. Im Licht der neuen Einsichten kann sein Werk als fragwürdig erscheinen, da sich seine Abwertung der Erotik als verfehlt erwiesen hat. Sokrates betont jedoch, dass das Verfassen rhetorischer Texte an und für sich nichts Schlechtes sein kann. Schimpflich ist nicht die Autoren- oder Rednertätigkeit als solche, sondern nur das Schreiben von Hässlichem. Somit kommt es darauf an, das „schöne“ Schreiben und Reden vom „hässlichen“ zu unterscheiden. Dieser Aufgabe will sich Sokrates nun zuwenden.[29]

Der Zikadenmythos

In der Mittagshitze singen die Zikaden über den Köpfen der beiden Diskutanten. Sokrates mahnt, man solle sich von diesem Naturgeräusch nicht einschläfern lassen. Er will unbeirrt mit der Untersuchung fortfahren, statt sich träge einem Mittagsschlaf hinzugeben. Einem Mythos zufolge, den Sokrates nun beiläufig erzählt, sind die Zikaden Nachkommen verzauberter Menschen. Als einst die Musen den Gesang in die Welt brachten, waren diese Menschen davon derart hingerissen, dass sie vor lauter Freude das Essen und Trinken vergaßen. So starben sie, ohne es zu bemerken. Darauf wurden sie in Zikaden verwandelt. Von den Musen haben die Zikaden die Fähigkeit erhalten, bis zum Ende ihres Lebens ohne Speise und Trank nur zu singen. Sie sind beauftragt, das Treiben der Menschen zu beobachten und den Musen zu melden, was die einzelnen Menschen in den Musenkünsten leisten. Auch darum soll man in der Mittagszeit beim Zikadengesang nicht einschlafen, sondern sich geistig betätigen.[30]

Die Aufgabe von Autoren und das Verhältnis der Sprachkunst zur Wahrheit

Für Phaidros, der von der Rhetorik fasziniert ist und selbst Reden schreibt, ist die Frage nach Sinn und Wert der Sprachkunst von großer Bedeutung. Hier stoßen zwei gegensätzliche Konzepte aufeinander. Nach der einen Vorstellung, einem sehr verbreiteten, rein pragmatischen Ansatz, hat sprachliche Kommunikation nur den Zweck, den Hörer oder Leser zu etwas zu überreden. Die Frage nach einer objektiven Wahrheit ist dabei belanglos; es geht nur darum, auf der Grundlage bereits bestehender Vorurteile die Meinungsbildung zu beeinflussen. Nach der gegenteiligen Auffassung, zu der sich Sokrates bekennt, muss man vor allem die Wahrheit über das, worüber man sich äußern will, kennen. Dagegen könnte allerdings eingewendet werden, die bloße Kenntnis der Wahrheit sei nutzlos, wenn die Fähigkeit zu kunstgerechter Überredung fehle. Damit stellt sich die Frage, ob die Rhetorik überhaupt eine „Kunst“ oder Technik (téchnē) – das heißt ein Fachgebiet, eine Wissenschaft – ist oder nur eine Routine ohne sachliche Begründung, ein auf Übung beruhendes unwissenschaftliches Verfahren. Wenn sie eine Technik ist, kann sie für beliebige Zwecke erfolgreich eingesetzt werden, unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Meinung, für die der Redner jeweils eintritt. Tatsächlich weiß ein erfahrener Redner, wie man ein Gericht oder eine Volksversammlung von einem Standpunkt oder auch von dessen Gegenteil überzeugt. Hierzu macht Sokrates aber geltend, dass man dafür nicht nur rednerische Fertigkeiten benötige, sondern auch Sachkompetenz. Wenn man Zuhörer irreführen wolle, müsse man sie unbemerkt in kleinen Schritten vom Wahren zum Unwahren führen. Das setze voraus, dass der Redner die Wahrheit kenne. An der Wahrheit komme somit niemand vorbei, der etwas erreichen wolle. Das gilt nach Sokrates’ Verständnis nicht nur für öffentliche Reden, sondern generell für jede Situation, in der jemand versucht, andere oder jemand anders von etwas zu überzeugen, auch im privaten Bereich. Demnach ist Rhetorik „Seelenführung“ schlechthin, in der Volksrede ebenso wie in einem Gespräch unter vier Augen.[31]

Hiervon ausgehend wendet sich Sokrates nun der Darlegung des Lysias und seinen eigenen konkurrierenden Ausführungen zu, um die Qualität dieser Texte beispielhaft zu untersuchen. Er bemängelt, Lysias habe es versäumt, seine Argumentation sinnvoll aufzubauen. Ein guter Text müsse ein organisches Ganzes bilden wie der Körper eines Lebewesens. Das sei bei dem Plädoyer des Lysias nicht der Fall, denn er sei nicht methodisch vorgegangen. Er selbst – Sokrates – hingegen habe seine Darlegungen folgerichtig strukturiert. Dabei sei er methodisch sauber verfahren, indem er zuerst den Gegenstand der Untersuchung definiert habe. Sokrates rekapituliert sein Vorgehen: Den Ausgangspunkt bildete die Bestimmung der erotischen Liebe als eine Art von mania. Es ergab sich eine Zweiteilung der mania, des Zustands ohne rationale Überlegung: Sie ist entweder Krankheit oder Ergriffenheit von einer göttlichen Macht. Bei der einen Art von erotischer mania handelt es sich um eine Gemütskrankheit, den Liebeswahn, dessen üble Folgen Sokrates in seiner ersten Rede beschrieben hat. Die andere Art ist der göttliche Enthusiasmus, der den Menschen aus seinen gewohnten Lebensverhältnissen entrückt. Dieses Phänomen war das Thema von Sokrates’ zweiter Rede. Wie auch immer man die einzelnen Argumente beurteilen mag, das analytische Vorgehen war jedenfalls methodisch korrekt. Analyse und Synthese bilden zusammen die Dialektik, die philosophische Untersuchungsmethode, die Sokrates propagiert. Die Synthese besteht in der korrekten Einordnung von Unterbegriffen (wie „Liebesleidenschaft“) unter einen Oberbegriff (hier mania), die Analyse erfolgt mittels Unterteilung (Dihairesis) des Oberbegriffs zwecks genauer Bestimmung des zu definierenden Unterbegriffs.[32]

Anschließend befasst sich Sokrates auf ironische Weise mit den Regeln der Rhetorik, die ein handbuchmäßiges Wissen darstellen. Dabei kommt es ihm darauf an zu zeigen, dass die Kenntnis einzelner Kniffe und Techniken nutzlos ist, wenn man die dargelegten Einzelheiten nicht korrekt in den Gesamtzusammenhang einer objektiven Wahrheit einordnen kann. Wenn jemand als Lehrmeister der Medizin aufträte und erklären könnte, wie bestimmte Mittel im Körper wirken, aber nicht wüsste, wann, bei wem und in welcher Dosierung man sie einzusetzen hat, würde man ihn für verrückt halten. Ebenso wäre jemand einzuschätzen, der sich als Lehrer der Tragödiendichtung ausgäbe und wüsste, wie klagende, drohende oder furchterregende Äußerungen zu formulieren sind, aber nicht angeben könnte, wie man das aus den einzelnen Äußerungen zusammengesetzte Gesamtwerk zu einer Einheit gestaltet. Ein solcher Angeber würde sich vor wirklichen Dichtern wie Sophokles oder Euripides lächerlich machen. So ist auch jemand zu beurteilen, der einzelne rhetorische Mittel kennt und mit ihnen Textstücke verfasst, aber diese nicht zu einem durchdachten Ganzen verbinden kann. Er besitzt nur Vorkenntnisse. So wie ein Arzt zu wissen hat, was dem Körper zuträglich ist, muss ein Redner, der auf die Seelen seiner Hörer einwirkt, wissen, was Seelen fördert. Wenn die Rhetorik eine Wissenschaft ist, ist ihre Grundlage die Seelenkunde. Ein Rhetoriklehrer, der als Fachmann mit wissenschaftlichem Anspruch auftritt, muss nicht nur über die Natur der menschlichen Seele im Allgemeinen Bescheid wissen, sondern auch über die einzelnen Seelentypen, denen er jeweils seine Vorgehensweise anzupassen hat.[33]

Die Bewertung der Mündlichkeit und der Schriftlichkeit

Zuletzt schneidet Sokrates ein weiteres Thema an: die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine schriftliche Wissensvermittlung angebracht ist. Hierzu erzählt er den Mythos von der Erfindung der Schrift durch den ägyptischen Gott Theuth. Theuth war der Begründer verschiedener Wissenszweige: Er erfand die Mathematik, die Astronomie und auch die Schrift. Ferner ersann er Brett- und Würfelspiele. Mit seinen Erfindungen begab er sich zu Thamus, dem König von Ägypten, um ihm und durch ihn dem Volk die entsprechenden Fertigkeiten beizubringen. Die Schrift pries er als Mittel zur Bewahrung von Wissen an. Thamus wollte aber nichts ungeprüft übernehmen. Hinsichtlich der Schrift zeigte er sich äußerst skeptisch. Er befürchtete, sie werde das Gedächtnis schwächen, da es durch schriftliche Aufzeichnungen aus der Übung komme. Außerdem sei die Schrift zur Vermittlung von Weisheit ungeeignet; dazu sei mündlicher Unterricht erforderlich. Als Leser bilde man sich ein, etwas begriffen zu haben, obwohl man es in Wirklichkeit nicht verstehe. Das führe zu einer verhängnisvollen falschen Selbsteinschätzung. Solchen Irrtümern könne nur ein Lehrer vorbeugen, der mündlich unterweise.[34]

Hieran anknüpfend trägt Sokrates seine fundamentale Kritik an der schriftlichen Verbreitung von Wissen vor. Er meint, Geschriebenes sei nicht zur Wissensvermittlung geeignet, sondern nur als Gedächtnisstütze nützlich, wenn man den Inhalt bereits verstanden hat. Das Schreiben sei nur ein mangelhaftes Abbild des Redens. Der geschriebene Text scheine zu sprechen, aber in Wirklichkeit „schweige“ er, denn er könne weder Verständnisfragen beantworten noch sich gegen unberechtigte Kritik zur Wehr setzen. Auf die individuellen Bedürfnisse des Lesers könne er nicht wie ein Gesprächspartner eingehen. Weisheit lasse sich daher auf diesem Wege nicht vermitteln; nicht auf einem Beschreibstoff solle man sie aufzeichnen, sondern in der Seele des dafür empfänglichen Schülers. Dort solle der Lehrer den lebendigen Samen des Wissens aussäen wie ein guter Landwirt, der wisse, wo er zu säen habe.[35] Dann werde der Schüler das, was er verstanden habe, auch vertreten, verteidigen und verbreiten können. Das Aufschreiben sei zwar nicht falsch, doch ein Philosoph betreibe es nur als nebensächliche, spielerische Betätigung. Seine wesentlichen Leistungen, bei denen es ihm ernst sei, vollbringe der Philosoph in der unmittelbaren Seelenführung.[36] Sokrates drückt seine Hoffnung aus, dass der junge Isokrates, ein sehr talentierter Redner, den er Lysias vorzieht, den Weg zu einer in diesem Sinne aufgefassten Philosophie finden wird.[37] Hier lässt Platon seinen Sokrates eine Erwartung aussprechen, die sich nicht erfüllt hat; tatsächlich hat der historische Isokrates eine glanzvolle Tätigkeit als Rhetoriker entfaltet und das Philosophieverständnis Platons, mit dem er als Erzieher der Jugend rivalisierte, abgelehnt.[38]

Abschließend, bevor die beiden Freunde aufbrechen, richtet Sokrates ein Gebet an Pan und die anderen Gottheiten des Ortes. Er bittet sie ihm zu helfen, innerlich schön zu werden und das Äußere mit dem Inneren in Einklang zu bringen.[39]

Philosophischer Gehalt

In der philosophiegeschichtlichen Forschung sind vier Aspekte des Dialogs auf besonderes Interesse gestoßen: erstens Platons im Vergleich mit dem frühen Dialog Gorgias anscheinend positivere und differenziertere Beurteilung der Rhetorik; zweitens die Frage, wie radikal seine Kritik an der Schriftlichkeit ist und welche Konsequenzen sie für sein Verhältnis zu seinen eigenen Werken hat; drittens das im Mythos dargelegte Konzept einer dreiteiligen Seele; viertens das Spannungsverhältnis zwischen dem sokratisch-platonischen Rationalismus und der positiven Bewertung irrationaler Zustände im Phaidros.

Die philosophische Bewertung der Rhetorik

Die Rhetorik, die Platons Sokrates verwirft, ist die in Athen damals übliche der Volks- und Gerichtsredner; diejenige, die er gutheißt, entspricht im Wesentlichen dem Verfahren bei einer philosophischen Untersuchung. Er betont die Notwendigkeit, dass der Sprecher jeweils die spezifische seelische Beschaffenheit der einzelnen Hörer kennt und berücksichtigt. Daraus ist ersichtlich, dass es ihm nicht um öffentliche Reden vor einem größeren Publikum geht, sondern um Dialoge unter vier Augen oder in einem kleinen Kreis. Für Volks- oder Gerichtsreden kommt die von ihm empfohlene Vorgehensweise kaum in Betracht. Somit bedeutet die im Phaidros positivere Beurteilung des Überzeugens mit rhetorischen Mitteln keine Abkehr von der im Gorgias geübten Kritik an der Tätigkeit der athenischen Redner. Gebilligt wird die Überzeugungskunst hier nur unter der Voraussetzung, dass sie auf philosophische Weise und zu philosophischen Zwecken eingesetzt wird. Platons Sokrates verwendet selbst rhetorische Mittel, um auf das Gemüt seines Gesprächspartners einzuwirken. Das Ziel seiner Bemühungen ist, Phaidros dazu anzuregen, sich der Ideenwelt zuzuwenden.[40]

Die Tragweite der Schriftkritik

Bei der Interpretation der Schriftkritik stellt sich die Frage, ob oder inwieweit Platon damit seine eigene schriftstellerische Tätigkeit und den philosophischen Gehalt seiner Werke abwertet.[41] Daneben wird in der Forschung – teils mit großer Schärfe – kontrovers diskutiert, ob Platons Betonung der Überlegenheit mündlicher Vermittlung von philosophischem Wissen als Hinweis auf seine „ungeschriebene Lehre“ oder Prinzipienlehre zu verstehen ist. Hier geht es insbesondere um das Urteil von Platons Sokrates, wer nichts „Wertvolleres“ (timiōtera) habe als schriftliche Texte, an deren Formulierung er lange gefeilt hat, der sei kein Philosoph, sondern nur Autor.[42] Das „Wertvollere“ – die Deutung dieser Stelle ist sehr umstritten – wird von Forschern der „Tübinger und Mailänder Platonschule“ (Konrad Gaiser, Hans Joachim Krämer, Thomas Alexander Szlezák, Giovanni Reale) als Hinweis auf die ungeschriebene Lehre aufgefasst.[43] Als Wortführer der Gegenseite ist im deutschen Sprachraum Ernst Heitsch hervorgetreten, der einen Bezug der Phaidros-Stelle auf prinzipiell nur mündlich darzustellende Inhalte vehement bestreitet. Seine dezidierte Stellungnahme hat zu einer mit Heftigkeit ausgetragenen Kontroverse zwischen ihm und Szlezák geführt.[44] Gegen die Deutung der Schriftkritik des Phaidros im Sinne des „Tübinger Paradigmas“ wenden sich auch Wolfgang Wieland,[45] Wilfried Kühn[46] und Margherita Isnardi Parente.[47] Rafael Ferber meint, die Schriftkritik im Phaidros betreffe nicht die Schrift als solche, sondern nur die schriftliche Publikation für weitere Kreise. Der Grund, aus dem Platon seine „ungeschriebene Lehre“ nicht schriftlich fixierte, sei nicht die Mangelhaftigkeit der Schriftlichkeit, sondern der Umstand, dass diese Lehre seinem eigenen Anspruch an Wissenschaftlichkeit nicht genügt habe.[48] Bedeutsam ist der Umstand, dass Lysias seinen Text schriftlich aufgezeichnet und lange daran gearbeitet hat, während Sokrates seine beiden Reden, die besser durchdacht sind, aus dem Stegreif vorträgt. Damit will Platon den höheren Rang freien Sprechens illustrieren. Sokrates beherrscht die Thematik souverän, daher kann er improvisieren und bedarf keiner schriftlichen Konstruktion eines sprachlichen Kunstwerks.[49]

Eine weitere Forschungsdebatte dreht sich um die Konsequenzen, die Platon aus seiner Betonung des Werts des mündlichen gemeinsamen Philosophierens zieht. Hierbei geht es um die Frage, ob der mündliche Dialog nicht nur für die Wissensvermittlung, sondern auch für die philosophische Forschung – also für jede Art philosophischer Betätigung – die angemessene Vorgehensweise ist.[50]

Die Deutung der platonischen Seelenlehre

Anlass zu umfangreichen Forschungsdiskussionen hat die im Phaidros dargelegte Seelenlehre gegeben. Hierbei geht es um die Frage nach einer Entwicklung in Platons Seelenverständnis. Im Dialog Phaidon, der als Frühwerk gilt und jedenfalls vor dem Phaidros entstanden ist, wird die Seele als einfach und einheitlich beschrieben. Ihre Natur ist durch ihre Erkenntnisfähigkeit bestimmt; irrationale mentale Vorgänge werden auf den Einfluss des Körpers, in dem sie sich zeitweilig aufhält, zurückgeführt. Im Mythos des Phaidros hingegen wird die Quelle des Irrationalen in die Seele selbst verlegt. Diese wird als dreiteilig dargestellt, wobei ein Teil, das „schlechte Pferd“, durch seine üble Veranlagung die Missgeschicke der Gesamtseele verschuldet und sie auf Irrwege führt. Abhilfe kann nur eine strenge Disziplinierung des minderwertigen Seelenteils schaffen. Das Modell einer dreigeteilten Seele, das die in ihr wirkenden irrationalen und schädlichen Kräfte erklären soll, hat Platon schon früher in seinem großen Dialog Politeia dargelegt. Im Phaidros greift er offenbar auf das dort vorgestellte Konzept zurück. Die Annahme eines von Natur aus – nicht durch die Einwirkung des Körpers und der Materie – minderwertigen Seelenteils wirft eine Fülle von Fragen auf, die in der Forschungsliteratur erörtert werden. Wenn der minderwertige Teil, wie im Mythos vorausgesetzt wird, unsterblich ist, muss er ursprünglich Bestandteil eines harmonisch strukturierten Ganzen gewesen sein, da der ursprüngliche Zustand der Seele optimal war. Dann kann die Verschlechterung dieses Zustands und der Absturz der Seele nicht auf einen Konflikt zwischen einander widerstreitenden Seelenteilen zurückgeführt werden; vielmehr bedarf die Möglichkeit der Entstehung eines solchen Konflikts einer Erklärung. Problematisch ist auch der Umstand, dass das störrische Pferd nicht durch philosophische Überzeugungsarbeit zu richtigem Verhalten bewogen werden kann, sondern gewaltsam gebändigt werden muss. Ein weiteres Problem ist die Frage, wie die Selbstbewegung der Seele, die eine Veränderung darstellt, mit ihrer Unwandelbarkeit zu vereinbaren ist.[51]

Platons Einschätzung des Irrationalen und die Frage der Lehrentwicklung

Trotz des konsequenten Rationalismus, zu dem sich Platons Sokrates in den Dialogen zu bekennen pflegt, lobt er im Phaidros den irrationalen Zustand einer von den Göttern gewollten mania. Er billigt dort nicht nur bestimmte Erscheinungsformen der mania, sondern fasst die erotische Ergriffenheit sogar als göttliche Gabe auf, die man als Philosoph benötige, um sein Ziel zu erreichen. Dieser Gegensatz hat in der Forschung zu unterschiedlichen Deutungen des Verhältnisses zwischen dem Rationalen und dem Irrationalen in Platons Philosophie Anlass gegeben. Die Wertschätzung des Irrationalen wird teils relativiert oder als nicht ernst gemeint aufgefasst, teils betont und als paradox betrachtet.[52] Oft zitiert wird die Bemerkung von Gregory Vlastos, es sei ein in der Forschung zu wenig beachtetes Paradox, dass der „Ultrarationalist“ Platon den Eros als Form von mania eingestuft und diese „Verrücktheit“ eng mit der Philosophie verknüpft habe.[53]

Eine Erklärungsmöglichkeit besteht in der Annahme, Platon habe anfänglich einen radikalen Rationalismus vertreten und ihn später abgeschwächt oder modifiziert. Martha Nussbaum nimmt eine deutliche Meinungsänderung Platons in der philosophischen Einschätzung des erotischen Begehrens, der mania und der Dichtkunst an. Im Phaidros vertrete er zu Grundfragen dieser Themenbereiche Positionen, die mit denen in früheren Dialogen unvereinbar seien. In der ersten Rede des Sokrates seien Auffassungen dargelegt, die Platons früheren, nun widerrufenen Positionen entsprächen. Die Kritik daran, die Platons Sokrates in seiner zweiten Rede übt, sei eine Selbstkritik des Autors. Der Phaidros biete eine grundlegende Neubewertung des Irrationalen, das nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen als hilfreich und ehrenhaft gewürdigt werde. Die erotische mania werde hier sogar als notwendige Bedingung für wichtige Einsichten dargestellt. Damit bekennt sich Nussbaum in der umstrittenen Frage, ob oder inwieweit eine Entwicklung von Platons Lehre erkennbar ist, zur Entwicklungshypothese, das heißt zu einer „revisionistischen“ Platon-Interpretation. Unter „Revisionismus“ versteht man die Annahme eines gravierenden Meinungswandels des Philosophen. In der intensiven, anhaltenden Forschungsdebatte über die Frage einer Lehrentwicklung stehen „revisionistische“ Sichtweisen „unitarischen“ gegenüber. „Unitarier“ nennt man die Philosophiehistoriker, die meinen, Platon habe in Kernfragen seiner Philosophie durchgängig eine kohärente Lehre vertreten.[54] Nussbaums Interpretation ist umstritten; Christopher Rowe hat sie einer eingehenden Kritik unterzogen.[55]

Entstehung

Platon (römische Kopie des griechischen Platonporträts des Silanion, Glyptothek München)

In der Antike war die Ansicht verbreitet, der Phaidros sei Platons erstes Werk.[56] Noch im 19. Jahrhundert hatte die Frühdatierung einflussreiche Befürworter. Der Platon-Übersetzer Friedrich Schleiermacher glaubte, es handle sich um den ersten Dialog des Philosophen. In der neueren Forschung wird die Schrift aber überwiegend viel später eingeordnet. Man setzt sie jetzt gewöhnlich in Platons mittlere Schaffensperiode, meist an deren Ende, oder stellt sie gar unter die Spätwerke. Für die Einordnung in die letzte Phase der mittleren Zeit sprechen sowohl sprachstatistische als auch inhaltliche Anhaltspunkte. Der Phaidros scheint Ausführungen in der Politeia vorauszusetzen. Die Abfassung wird gewöhnlich in die Zeit um 370 v. Chr. oder in die 360er Jahre gesetzt.[57] Holger Thesleff vermutet, Platon habe schon in den 380er Jahren oder noch früher eine kürzere Urfassung erstellt und den Dialog dann in den 360er Jahren überarbeitet und erweitert.[58]

Textüberlieferung

Randbemerkungen auf einer Seite der ältesten mittelalterlichen Phaidros-Handschrift, des Codex Clarkianus (Oxford, Bodleian Library, Clarke 39)

Die direkte antike Textüberlieferung besteht aus einigen Papyrus-Fragmenten aus dem 2. und dem 3. Jahrhundert. Diese Überlieferung bietet manche für die Textkritik relevante Lesarten.[59] Die älteste erhaltene mittelalterliche Phaidros-Handschrift wurde im Jahr 895 im Byzantinischen Reich für Arethas von Caesarea angefertigt.[60] Die mittelalterlichen Textzeugen tragen großenteils den Alternativtitel Über das Schöne.

Siehe auch

Ausgaben und Übersetzungen

Ausgaben (teilweise mit Übersetzung)

  • Wolfgang Buchwald: Platon: Phaidros. Heimeran, München 1964 (mit Übersetzung)
  • Gunther Eigler (Hrsg.): Platon: Werke in acht Bänden, Bd. 5, 4. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-19095-5 (Abdruck der kritischen Ausgabe von Léon Robin; daneben die deutsche Übersetzung von Friedrich Schleiermacher, 2., verbesserte Auflage, Berlin 1817)
  • Léon Robin, Claudio Moreschini, Paul Vicaire (Hrsg.): Platon: Œuvres complètes, Bd. 4, Teil 3: Phèdre. Les Belles Lettres, Paris 1985, ISBN 2-251-00379-7 (kritische Edition von Moreschini, Einleitung von Robin, Übersetzung von Vicaire)
  • Harvey Yunis (Hrsg.): Plato: Phaedrus. Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-61259-3 (kritische Edition mit Kommentar)

Übersetzungen

  • Ludwig Georgii: Phaidros. In: Erich Loewenthal (Hrsg.): Platon: Sämtliche Werke in drei Bänden, Bd. 2, unveränderter Nachdruck der 8., durchgesehenen Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, ISBN 3-534-17918-8, S. 409–481
  • Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar (= Platon: Werke, hrsg. von Ernst Heitsch und Carl Werner Müller, Bd. III 4). 2., erweiterte Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997, ISBN 3-525-30437-4
  • Kurt Hildebrandt: Platon: Phaidros oder Vom Schönen. Reclam, Stuttgart 2012 (Nachdruck der Ausgabe von 1957), ISBN 978-3-15-005789-6
  • Arthur Hübscher: Platon: Phaidros oder Vom Schönen. 2. Auflage, Piper, München/Zürich 1989, ISBN 3-492-10952-7
  • Constantin Ritter: Platons Dialog Phaidros. In: Otto Apelt (Hrsg.): Platon: Sämtliche Dialoge, Bd. 2, Meiner, Hamburg 2004, ISBN 3-7873-1156-4 (mit Einleitung und Erläuterungen; Nachdruck der 2., durchgesehenen Auflage, Leipzig 1922)
  • Rudolf Rufener: Platon: Meisterdialoge (= Jubiläumsausgabe sämtlicher Werke, Bd. 3). Artemis, Zürich/München 1974, ISBN 3-7608-3640-2, S. 183–267 (mit Einleitung von Olof Gigon S. LX–LXXXVI)

Literatur

Übersichtsdarstellungen

  • Michael Erler: Platon (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, hrsg. von Hellmut Flashar, Bd. 2/2). Schwabe, Basel 2007, ISBN 978-3-7965-2237-6, S. 215–223, 628–633
  • Peter Gardeya: Platons Phaidros. Interpretation und Bibliographie. Königshausen & Neumann, Würzburg 1998, ISBN 3-8260-1384-0
  • Franz von Kutschera: Platons Philosophie, Bd. 2: Die mittleren Dialoge. Mentis, Paderborn 2002, ISBN 3-89785-265-9, S. 121–137

Kommentare

  • Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar (= Platon: Werke, hrsg. von Ernst Heitsch und Carl Werner Müller, Bd. III 4). 2., erweiterte Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997, ISBN 3-525-30437-4
  • Christopher J. Rowe: Plato: Phaedrus. Aris & Phillips, Warminster 1986, ISBN 0-85668-314-0 (griechischer Text mit englischer Übersetzung und Kommentar)
  • Gerrit Jacob de Vries: A Commentary on the Phaedrus of Plato. Hakkert, Amsterdam 1969
  • Harvey Yunis (Hrsg.): Plato: Phaedrus. Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-61259-3 (kritische Edition mit Kommentar)

Untersuchungen

  • Marcel van Ackeren: Das Wissen vom Guten. Bedeutung und Kontinuität des Tugendwissens in den Dialogen Platons. Grüner, Amsterdam 2003, ISBN 90-6032-368-8, S. 213–226
  • Ronna Burger: Plato’s Phaedrus. A Defense of a Philosophic Art of Writing. The University of Alabama Press, Alabama 1980, ISBN 0-8173-0014-7
  • Giovanni R. F. Ferrari: Listening to the Cicadas. A Study of Plato’s Phaedrus. Cambridge University Press, Cambridge 1987, ISBN 0-521-26778-1
  • Charles L. Griswold, Jr.: Self-Knowledge in Plato’s Phaedrus. Pennsylvania State University Press, University Park 1986, ISBN 0-271-01618-3
  • Thomas Alexander Szlezák: Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie. Interpretationen zu den frühen und mittleren Dialogen. De Gruyter, Berlin 1985, ISBN 3-11-010272-2, S. 7–48
  • David A. White: Rhetoric and Reality in Plato’s Phaedrus. State University of New York Press, Albany 1993, ISBN 0-7914-1234-2

Aufsatzsammlungen

  • Livio Rossetti (Hrsg.): Understanding the Phaedrus. Proceedings of the II Symposium Platonicum. Academia Verlag, Sankt Augustin 1992, ISBN 3-88345-630-6

Weblinks

  • Phaidros, griechischer Text nach der Ausgabe von John Burnet, 1901
  • Phaidros, deutsche Übersetzung nach Ludwig von Georgii, 1853, bearbeitet
  • Phaidros, deutsche Übersetzung nach Ludwig von Georgii, 1853
  • Phaidros, deutsche Übersetzung von Friedrich Schleiermacher
  • Phaidros, deutsche Übersetzung von Kurt Hildebrandt

Einzelnachweise

  1. Siehe zur Bestimmung des Spazierwegs und des Rastorts Luc Brisson (Übersetzer): Platon: Phèdre, Paris 1989, S. 29–32 (und Karte S. 70); Michael Erler: Platon, Basel 2007, S. 217 f.; Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 72, S. 226 und Anm. 538; William K. C. Guthrie: A History of Greek Philosophy, Bd. 4, Cambridge 1975, S. 397; Léon Robin: Notice. In: Léon Robin, Claudio Moreschini, Paul Vicaire (Hrsg.): Platon: Œuvres complètes, Bd. 4, Teil 3: Phèdre, Paris 1985, S. VII–CCV, hier: XVII–XX (mit Skizze S. XVIII).
  2. Joachim Dalfen: Literarische Fiktion – Funktion von Literatur. Zum „Lysiastext“ in Platons Phaidros. In: Grazer Beiträge 12/13, 1985/1986, S. 101–130, hier: 104–107; Michael Erler: Platon, Basel 2007, S. 216; Debra Nails: The People of Plato, Indianapolis 2002, S. 314; Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 231 f.
  3. Vgl. zum erotischen Hintergrund der Konstellation zwischen den Gesprächspartnern Michael Enßlen: Vom schönen Phaidros – Ästhetik und Pädagogik bei Platon. In: Gregor Fitzi (Hrsg.): Platon im Diskurs, Heidelberg 2006, S. 169–177.
  4. Platon, Phaidros 230d. Vgl. Michael Erler: Natur und Wissensvermittlung. In: Rheinisches Museum für Philologie 132, 1989, S. 280–293, hier: 281–287.
  5. Thomas Alexander Szlezák: Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie, Berlin 1985, S. 24–27, 44, 46–48.
  6. Siehe dazu beispielsweise Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 92.
  7. Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 72 f.
  8. Siehe zum historischen Phaidros Luc Brisson: Phèdre de Myrrhinonte. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5, Teil 1, Paris 2012, S. 286 f.; Debra Nails: The People of Plato, Indianapolis 2002, S. 232–234.
  9. Andokides, Über die Mysterien 15.
  10. Russell Meiggs, David Lewis (Hrsg.): A Selection of Greek Historical Inscriptions to the End of the Fifth Century B.C., 2. Auflage, Oxford 1988, S. 244, 246. Zum Hintergrund siehe Debra Nails: The People of Plato, Indianapolis 2002, S. 17–20; Martin Ostwald: From Popular Sovereignty to the Sovereignty of Law, Berkeley 1986, S. 537–550.
  11. Luc Brisson: Phèdre de Myrrhinonte. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 5, Teil 1, Paris 2012, S. 286 f.
  12. Zur literarischen Gestalt des Phaidros bei Platon siehe Michael Stoeber: Phaedrus of the ‚Phaedrus’: The Impassioned Soul. In: Philosophy & Rhetoric 25, 1992, S. 271–280; Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 74 f.; Charles L. Griswold: Self-Knowledge in Plato’s Phaedrus, 2., ergänzte Auflage, University Park 1986, S. 18–25.
  13. Platon, Phaidros 227a–230e.
  14. Platon, Phaidros 230e–234c. Vgl. David Levy: Eros and Socratic Political Philosophy, New York 2013, S. 56–65, 111.
  15. Platon, Phaidros 234c–237b. Vgl. Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 81–84.
  16. Platon, Phaidros 237b–238e. Vgl. Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 84–86; David Levy: Eros and Socratic Political Philosophy, New York 2013, S. 67–73.
  17. Platon, Phaidros 238e–241d. Vgl. Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 86 f.; David Levy: Eros and Socratic Political Philosophy, New York 2013, S. 65–67, 73–80.
  18. Platon, Phaidros 241d–244a. Vgl. Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 88–90; David Levy: Eros and Socratic Political Philosophy, New York 2013, S. 81–83.
  19. Platon, Phaidros 244a–245c. Vgl. Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 91 f.; Stefan Büttner: Die Literaturtheorie bei Platon, Tübingen 2000, S. 353–355; David Levy: Eros and Socratic Political Philosophy, New York 2013, S. 83–87.
  20. Platon, Phaidros 245c–246a. Vgl. Peter M. Steiner: Psyche bei Platon, Göttingen 1992, S. 85–89; Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 105–109; Richard Bett: Immortality and the Nature of the Soul in the Phaedrus. In: Phronesis 31, 1986, S. 1–26; Robert J. Hankinson: Implications of Immortality. In: Proceedings of the Boston Area Colloquium in Ancient Philosophy 6, 1990, S. 1–27; David Levy: Eros and Socratic Political Philosophy, New York 2013, S. 87–89; Margot Fleischer: Hermeneutische Anthropologie, Berlin 1976, S. 104–106.
  21. Siehe zu dem Motiv der Seelenflügel und des Seelengespanns Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 93–100.
  22. Platon, Phaidros 246a–b.
  23. Platon, Phaidros 246b–248c. Vgl. Dietmar Koch: Zur Bewegung der göttlichen und der menschlichen Seele in Platons Dialog Phaidros. In: Dietmar Koch u. a. (Hrsg.): Platon und das Göttliche, Tübingen 2010, S. 98–111.
  24. Platon, Phaidros 250c.
  25. Siehe dazu die gegensätzlichen Auffassungen von Richard S. Bluck: The Phaedrus and Reincarnation. In: American Journal of Philology 79, 1958, S. 156–164 und Donal McGibbon: The Fall of the Soul in Plato’s Phaedrus. In: The Classical Quarterly 14, 1964, S. 56–63.
  26. Platon, Phaidros 248c–249d. Vgl. Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 103–105.
  27. Platon, Phaidros 249d–252b.
  28. Platon, Phaidros 252c–257b. Vgl. zum innerseelischen Konflikt Jacqueline de Romilly: Les conflits de l’âme dans le Phèdre de Platon. In: Wiener Studien Neue Folge 16, 1982, S. 100–113; Giovanni R. F. Ferrari: The Struggle in the Soul: Plato, Phaedrus 253c7–255a1. In: Ancient Philosophy 5, 1985, S. 1–10.
  29. Platon, Phaidros 257b–258e.
  30. Platon, Phaidros 258e–259d. Vgl. Irmgard Männlein-Robert: Die Musenkunst des Philosophen oder Sokrates und die Zikaden in Platons Phaidros. In: Dietmar Koch u. a. (Hrsg.): Platon und die Mousiké, Tübingen 2012, S. 83–103; Bruce Gottfried: Pan, the Cicadas, and Plato’s Use of Myth in the Phaedrus. In: Gerald A. Press (Hrsg.): Plato’s Dialogues. New Studies and Interpretations, Lanham 1993, S. 179–195.
  31. Platon, Phaidros 259e–262c. Vgl. Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 126–135; Harvey Yunis: Eros in Plato’s Phaedrus and the Shape of Greek Rhetoric. In: Arion 13, 2005, S. 101–125, hier: 103–106.
  32. Platon, Phaidros 262c–266c. Vgl. William K. C. Guthrie: A History of Greek Philosophy, Bd. 4, Cambridge 1975, S. 427–431; Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 135–151.
  33. Platon, Phaidros 266d–274b. Vgl. Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 151–187.
  34. Platon, Phaidros 274b–275c. Vgl. John J. Mulhern: Socrates on Knowledge and Information (Phaedrus 274B6–277A5). In: Classica et Mediaevalia 30, 1969, S. 175–186, hier: 175–183; Christopher Moore: The Myth of Theuth in the Phaedrus. In: Catherine Collobert u. a. (Hrsg.): Plato and Myth, Leiden 2012, S. 279–303; Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 188–191.
  35. Vgl. Michael Erler: Natur und Wissensvermittlung. In: Rheinisches Museum für Philologie 132, 1989, S. 280–293, hier: 287–293; John J. Mulhern: Socrates on Knowledge and Information (Phaedrus 274B6–277A5). In: Classica et Mediaevalia 30, 1969, S. 175–186, hier: 183–186; Thomas Alexander Szlezák: Platon lesen, Stuttgart-Bad Cannstatt 1993, S. 60–63.
  36. Platon, Phaidros 275c–278e. Vgl. Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2., erweiterte Auflage, Paderborn 2000, S. 85–98, 658 f.; Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 191–218.
  37. Platon, Phaidros 278e–279b.
  38. Gerrit J. de Vries: A Commentary on the Phaedrus of Plato, Amsterdam 1969, S. 15–18; Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 221–225, 257–262; Marcelle Laplace: L’hommage de Platon à Isocrate dans le Phèdre. In: Revue de philologie, de littérature et d’histoire anciennes 62, 1988, S. 273–281.
  39. Platon, Phaidros 279b–c. Siehe dazu die ausführliche Untersuchung von Konrad Gaiser: Das Gold der Weisheit. In: Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 501–530. Vgl. Diskin Clay: Socrates’ Prayer to Pan. In: Glen W. Bowersock u.a. (Hrsg.): Arktouros, Berlin 1979, S. 345–353; Thomas G. Rosenmeyer: Plato’s Prayer to Pan (Phaedrus 279B8–C3). In: Hermes 90, 1962, S. 34–44; David Bouvier: Socrate, Pan et quelques nymphes: à propos de la prière finale du Phèdre (279b4–c8). In: Francesca Prescendi, Youri Volokhine (Hrsg.): Dane le laboratoire de l’historien des religions, Genève 2011, S. 251–262.
  40. Daniel Werner: Rhetoric and Philosophy in Plato’s Phaedrus. In: Greece & Rome 57, 2010, S. 21–46; Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 180–182; Marina McCoy: Plato on the Rhetoric of Philosophers and Sophists, Cambridge 2008, S. 167–196; William K. C. Guthrie: A History of Greek Philosophy, Bd. 4, Cambridge 1975, S. 412–417; James S. Murray: Disputation, Deception, and Dialectic: Plato on the True Rhetoric („Phaedrus“ 261–266). In: Philosophy & Rhetoric 21, 1988, S. 279–289.
  41. Siehe dazu Giovanni R. F. Ferrari: Listening to the Cicadas, Cambridge 1987, S. 204–222; William K. C. Guthrie: A History of Greek Philosophy, Bd. 4, Cambridge 1975, S. 56–64; Michel Narcy: La leçon d’écriture de Socrate dans le Phèdre de Platon. In: Marie-Odile Goulet-Cazé u.a. (Hrsg.): Sophies maietores, “Chercheurs de sagesse”. Hommage à Jean Pépin, Paris 1992, S. 77–92; Thomas Alexander Szlezák: Gilt Platons Schriftkritik auch für die eigenen Dialoge? In: Zeitschrift für philosophische Forschung 53, 1999, S. 259–267; Christopher J. Rowe: Plato’s Use of Irony: A Case Study. In: Toivo Viljamaa u. a. (Hrsg.): Sprachaspekte als Experiment, Turku 1989, S. 83–97, hier: 83–91.
  42. Platon, Phaidros 278d–e.
  43. Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 31–33; Hans Joachim Krämer: Arete bei Platon und Aristoteles, Heidelberg 1959, S. 392–400; Hans Joachim Krämer: Die grundsätzlichen Fragen der indirekten Platonüberlieferung. In: Hans-Georg Gadamer, Wolfgang Schadewaldt (Hrsg.): Idee und Zahl, Heidelberg 1968, S. 124–128; Hans Krämer: Neue Literatur zum neuen Platonbild. In: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 14, 1989, S. 59–81, hier: 59–72; Hans Krämer: Zu neuen Büchern über Platon. In: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 22, 1997, 49–68, hier: 51–59; Thomas A. Szlezák: Dialogform und Esoterik. In: Museum Helveticum 35, 1978, S. 18–32; Thomas Alexander Szlezák: Zum Kontext der platonischen τιμιώτερα. In: Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft Neue Folge 16, 1990, S. 75–85; Thomas Alexander Szlezák: Platon lesen, Stuttgart-Bad Cannstatt 1993, S. 67–76, 86; Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2., erweiterte Auflage, Paderborn 2000, S. 85–98, 658–661.
  44. Ernst Heitsch: ΤΙΜΙΩΤΕΡΑ. In: Ernst Heitsch: Gesammelte Schriften, Bd. 3, München 2003, S. 338–347; Ernst Heitsch: πλημμελούμενος καὶ οὐκ ἐν δίκῃ λοιδορηθείς. In: Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft Neue Folge 17, 1991, S. 143–151, hier: 150 f.
  45. Wolfgang Wieland: Platon und die Formen des Wissens, Göttingen 1982, S. 27, 41 f.
  46. Wilfried Kühn: Welche Kritik an wessen Schriften? In: Zeitschrift für philosophische Forschung 52, 1998, S. 23–39; Wilfried Kühn: La fin du Phèdre de Platon. Critique de la rhétorique et de l’écriture, Firenze 2000, S. 7 ff. Vgl. die Entgegnung von Thomas Alexander Szlezák: Gilt Platons Schriftkritik auch für die eigenen Dialoge? In: Zeitschrift für philosophische Forschung 53, 1999, S. 259–267.
  47. Margherita Isnardi Parente: Phdr. 274c ss., o Il discorso orale come autoelenchos. In: Livio Rossetti (Hrsg.): Understanding the Phaedrus, Sankt Augustin 1992, S. 108–121.
  48. Rafael Ferber: Die Unwissenheit des Philosophen oder Warum hat Plato die „ungeschriebene Lehre“ nicht geschrieben?, Sankt Augustin 1991, S. 22–30.
  49. Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 83.
  50. Alex G. Long: Conversation and Self-Sufficiency in Plato, Oxford 2013, S. 10–12, 24.
  51. William K. C. Guthrie: A History of Greek Philosophy, Bd. 4, Cambridge 1975, S. 421–425; Marcel van Ackeren: Das Wissen vom Guten, Amsterdam 2003, S. 215–226; Andreas Graeser: Probleme der platonischen Seelenteilungslehre, München 1969, S. 41–50; Martin Holtermann: Die Suche nach der Struktur der Seele in Platons Phaidros. In: Manuel Baumbach u. a. (Hrsg.): Mousopolos stephanos, Heidelberg 1998, S. 426–442; Myles F. Burnyeat: Explorations in Ancient and Modern Philosophy, Bd. 2, Cambridge 2012, S. 249–258.
  52. Mary P. Nichols: Socrates on Friendship and Community, Cambridge 2009, S. 91–93; Dominic Scott: Philosophy and Madness in the Phaedrus. In: Oxford Studies in Ancient Philosophy 41, 2011, S. 169–200; Daniel Werner: Plato on Madness and Philosophy. In: Ancient Philosophy 31, 2011, S. 47–71.
  53. Gregory Vlastos: The Individual as an Object of Love in Plato. In: Gregory Vlastos: Platonic Studies, 2., korrigierte Auflage, Princeton 1981, S. 3–42, hier: S. 27 und Anm. 80.
  54. Martha Craven Nussbaum: The fragility of goodness, Cambridge 1986, S. 200–233.
  55. Christopher Rowe: Philosophy, Love, and Madness. In: Christopher Gill (Hrsg.): The Person and the Human Mind, Oxford 1990, S. 227–246. Vgl. auch Paul W. Gooch: Has Plato Changed Socrates’ Heart in the Phaedrus? In: Livio Rossetti (Hrsg.): Understanding the Phaedrus, Sankt Augustin 1992, S. 309–312.
  56. Heinrich Dörrie, Matthias Baltes: Der Platonismus in der Antike, Bd. 2, Stuttgart-Bad Cannstatt 1990, S. 364; Michael Erler: Platon, Basel 2007, S. 216.
  57. Michael Erler: Platon, Basel 2007, S. 216; William K. C. Guthrie: A History of Greek Philosophy, Bd. 4, Cambridge 1975, S. 396 f.; Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, 2., erweiterte Auflage, Göttingen 1997, S. 232 f.; Gerrit J. de Vries: A Commentary on the Phaedrus of Plato, Amsterdam 1969, S. 7–11; Gerard R. Ledger: Re-counting Plato, Oxford 1989, S. 209 f. Für die alte Frühdatierung plädiert hingegen Julius Tomin in einer Reihe von Aufsätzen; siehe Julius Tomin: Plato’s disappointment with his Phaedran characters and its impact on his theory of psychology. In: The Classical Quarterly 50, 2000, S. 374–383 (S. 374 Anm. 2 Zusammenstellung von Tomins früheren einschlägigen Publikationen).
  58. Holger Thesleff: Platonic Patterns, Las Vegas 2009, S. 318–321, 326, 495 f.
  59. Corpus dei Papiri Filosofici Greci e Latini (CPF), Teil 1, Bd. 1***, Firenze 1999, S. 231–284. Vgl. Otwin Vinzent: Textkritische Untersuchungen der Phaidros-Papyri, Saarbrücken 1961, S. 7–10, 153–156.
  60. Oxford, Bodleian Library, Clarke 39 (= „Codex B“ der Platon-Textüberlieferung).
Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Phaidros aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.