Wilhelm Meisters theatralische Sendung und Chemische Bindung: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''chemische Bindung''' verbindet [[Atom]]e oder [[Ion]]en zu [[Molekül]]en bzw. [[Chemische Verbindung|chemischen Verbindungen]], die [[Energie|energetisch]] stabiler sind als die getrennten Bestandteile. Sie beruht auf der [[Wechselwirkung]] der [[Elektron]]en aus der äußersten [[Elektronenschale]] der an der Bindung beteiligten Atome.
'''Wilhelm Meisters theatralische Sendung''', der so genannte ''[[Wilhelm Meister|Urmeister]]'', ist das Fragment eines Theaterromans von [[Johann Wolfgang von Goethe]]. In den Jahren 1777 bis 1785 entstanden, verwertete Goethe diesen [[Wikipedia:Künstlerroman|Künstlerroman]] für seinen [[Wikipedia:Bildungsroman|Bildungsroman]] [[Wilhelm Meisters Lehrjahre]]. Eine von [[Wikipedia:Barbara Schulthess|Barbara Schulthess]] und ihrer Tochter gefertigte Abschrift des ''Urmeisters'' wurde 1910 gefunden und lag 1911 im Erstdruck vor.


__TOC__
== Grundlagen ==
== Theater ==
Im Roman wird das Verhalten des Schauspielers zum [[Wikipedia:Rolle (Theater)|Rollentext]], zum [[Wikipedia:Theater|Ensemble]] und zum [[Wikipedia:Bühnenwerk|Bühnenstück]] ausgiebig durchgespielt. Die Konfrontation des [[Wikipedia:Bühnenautor|Bühnenautor]]s mit seinem [[Wikipedia:Stoff (Literatur)|Stoff]], mit der [[Wikipedia:Schauspieler|Schauspieler]]truppe, auch mit dem [[Wikipedia:Publikum|Publikum]] und besonders mit der [[Wikipedia:Bürgertum|bürgerlichen]] und [[Wikipedia:Feudalismus|feudalen]] Gesellschaft des 18. Jahrhunderts nimmt breiten Raum im Romantext ein.


== Handlung ==
Atome bestehen nach heutiger [[naturwissenschaft]]licher Sicht aus einem elektrisch positiv geladenen [[Atomkern]] und einer Hülle aus negativ geladenen [[Elektron]]en. Als Teilchen mit halbzahligen [[Spin]] sind sie nach den Gesetzen der [[Quantentheorie]] sogenannte [[Fermionen]], die dem [[Pauli-Prinzip]] unterliegen, nach dem die Elektronen der Hülle nicht in allen Quantenzahlen übereinstimmen dürfen. Sie können sich daher nicht im untersten, energieärmsten Niveau zusammendrängen, sondern müssen sich auch auf höhere, ausgedehntere und energiereichere [[Elektronenschale]]n bzw. [[Atomorbital]]e verteilen. Sie bedingen dadurch die relativ große räumliche Ausdehnung der Elektronenhülle, die den Atomkern um das 20.000- bis 150.000-fache übertrifft. Die Elektronen der äußersten Schale, der sogenannten [[Valenzschale]], bestimmen die [[Chemie|chemische Eigenschaften]] eines Atoms und seine Stellung im [[Periodensystem der chemischen Elemente]].  
<small>Zahlen verweisen auf das betreffende Kapitel.</small>
;Erstes Buch
3 Der Schuljunge Wilhelm Meister hat vier Geschwister. Seine Mutter kriegt ''noch in ihren ältern Jahren eine Leidenschaft für einen abgeschmackten Menschen''. Das Familienleben leidet unter dem Verhältnis, denn der Vater, ein ehrbarer Kaufmann, hasst schimpflichen ''Ehe- und Scheidungsprozeß''.


4 Wilhelm, der mit seinem Puppentheater Rollen für den ''[[Wikipedia:Saul|König Saul]]'' und ''[[Wikipedia:David (Israel)|David]]'' einübt und spielt, geht seinen Weg über die erste ''Freude der Überraschung und des Staunens ''zur'' Wollust des Aufmerkens und Forschens''.
[[Datei:H2O 2D labelled.svg|mini|150px|Bindungslängen und Bindungswinkel des Wassermoleküls (H<sub>2</sub>O)]]
Die Valenzschale erreicht ihren energetisch stabilsten Zustand, wenn sie mit der maximal möglichen Zahl von Elektronen vollständig aufgefüllt ist. Das ist aber nur bei den [[Edelgase]]n der Fall, die entsprechend reaktionsträge sind, da sie ihren stabilsten Zustand bereits erreicht haben. Atome mit unvollständig aufgefüllter Valenzschale können sich dadurch stabilisieren, dass sie solange von ihren Bindungspartnern Elektronen aufnehmen oder an diese abgeben, bis sie eine vollkommen abgeschlossene Außenschale erreicht haben. Die so aneinander gebunden Atome erreichen damit gemeinsam ihren stabilsten, energieärmsten Zustand. Nach der von [[w:Gilbert Newton Lewis|Gilbert Newton Lewis]] und [[w:Walther Kossel|Walther Kossel]] 1916 formulierten '''Edelgasregel''' sind chemische Verbindungen besonders stabil, wenn die daran beteiligten Atome die im [[Periodensystem]] nächstgelegene '''Edelgaskonfiguration''' ausbilden können. Mit Ausnahme des [[Helium]]s haben die Edelgase 8 Außenelektronen. Nach der darauf basierenden '''Oktettregel''' sind Verbindungen besonders stabil, wenn die gebundenen Atome dadurch 8 Elektronen haben und dadurch der Edelgaskonfiguration entsprechen.


5 Aus der Vorratskammer stiehlt Wilhelm ''ein geschriebenes Büchelchen, darin die [[Wikipedia:Komödie|Komödie]] von [[Wikipedia:Goliath (Bibel)|David und Goliath]] aufgezeichnet'' ist. Der Junge lernt ''sein Schauspiel'' auswendig, studiert ''das Stück ganz in sich hinein'' und ergreift ''alle Rollen''.
Um eine chemische Bindung wieder zu spalten, muss eine entsprechende '''Bindungsenergie''' aufgewendet werden, die man meist in [[Joule]] pro [[Mol]] angibt. Die '''Bindungslänge''' ergibt sich aus dem von [[Atomkern]] zu Atomkern gemessene Abstand der aneinander gebundenen Atome. Bei [[kristall]]inen [[Feststoff]]en kann sie experimentell durch [[Kristallstrukturanalyse]] ermittel werden und liegt bei kovalenten Bindungen je nach den beteiligten Atomsorten typischerweise zwischen etwa 75 und 250 [[Pikometer|pm]] (1&nbsp;pm = 10<sup>−12</sup>&nbsp;m). Auf diesem Weg lassen sich auch die '''Bindungswinkel''' zwischen den einzelnen Bindungen eines [[Molekül]]s ermitteln. Bindungslängen und Bindungswinkel bestimmen die [[Molekülgeometrie]], die sich durch entsprechende [[Strukturformel]]n veranschaulichen lässt.


8 Über die Bücher seines Vaters kommt Wilhelm an die ''„Teutsche Schaubühne“ und verschiedene italienisch-teutsche Opern'' heran. Nun muss ''König Saul in seinem schwarzen Samtkleide den Chaumigrem, Cato und Darius spielen''. Wilhelm spielt ''meistensteil nur die fünften Akte, wos an ein Totstechen'' geht. ''Der Donner ''gelingt'' nicht immer''. Wilhelm schafft ''sich nach und nach neue Theatergarderobe. Dies oder jenes Stück ''interessiert'' ihn um irgend einer Szene willen''.
=== Elektronegativität ===


9 ''Besonders ''fesselt'' ihn Chlorinde, ''wirkt'' auf den keimenden Geist der Liebe, der sich in dem Knaben'' entwickelt.
Eine relatives Maß für die Fähigkeit von Atomen, Elektronen zur Auffüllung ihrer Valenzschale an sich zu ziehen, bietet das 1932 von [[w:Linus Pauling|Linus Pauling]] (1901-1994) eingeführte Konzept der '''Elektronegativität''' (kurz: '''EN'''; Formelzeichen <math>\chi</math>). Atome mit nahezu vollständig gesättigter Valenzschale, wie etwa die [[Halogene]], nehmen sehr leicht Elektronen auf und haben eine entsprechend hohe Elektronegativität. Atome mit nur wenigen Außenelektronen, wie etwa die [[Alkalimetalle]], geben diese leicht an ihre Bindungspartner ab und haben daher eine geringe Elektronegativität.


10 Wilhelms Schulkameraden lassen sich Rollen geben und spielen mit. Die Jungen glauben, ''es sei leichter, ein [[Wikipedia:Tragödie|Trauerspiel]] als ein Lustspiel zu machen''.
== Bindungsarten ==


12 Der Vater hofft, dass sich Wilhelm ''zeitig und ganz dem Handelsgeschäfte widmen möchte''. Wilhelms schulische Leistungen sind vielversprechend. Im Laden des Vaters wird Wilhelm ''über das unendliche Wählen der Frauenzimmer nie verdrießlich; ''steht'' ihnen vielmehr mit gutem Rate'' bei. Aber ''mit großen Schmerzen'' muss der Vater schließlich bemerken, wie ''Wilhelm, der seinen Vater'' liebt, das Handelsgewerbe verachtet.
Auf rein [[physisch]]er Ebene entsprechen die drei Grundtypen der chemischen Bindung den [[Tria Principia]] des [[Paracelsus]]<ref>Gutmann/Hengge, S. 3</ref>:


14-16 ''Wilhelm, der das Schauspiel, das etlichemal des Jahrs in ''seine'' Stadt'' kommt, besucht, lernt dort Mariane kennen. Mariane war ''eine Gewissensheurat mit einem Menschen ohne Gewissen eingegangen''. Der Gewissenlose ist verschwunden und Mariane gilt ''wechselweise für Jungfrau, Frau und Witwe''. Wilhelms ''Gutheit, Ergebenheit, Beschränktheit, Unschuld, Genügsamkeit, Verehrung und Herzlichkeit ''machen Mariane'' anfangs verlegen.'' Sie ist ''von Natur eine gute Seele'', fürchtet aber, Wilhelm ''möchte Erfahrenheit in'' ihren Augen ''lesen''. Wilhelm bemerkt die Unordnung bei Mariane, denn ''in einem feinen Bürgerhause erzogen, ''ist'' Ordnung und Reinlichkeit das Element, worin er'' atmet.
* [[Sal]] entspricht der salzartigen [[#Ionische Bindung|ionischen Bindung]],
* [[Mercurius]] der [[#Metallische Bindung|metallischen Bindung]],
* [[Sulphur]] der [[#Kovalente Bindung|kovalenten Bindung]]


17 ''Mariane ''lernt'' das Glück der Liebe, das ihr fremd war, in ''Wilhelms'' Armen erst kennen''. Als berechnende Frau erkundigt sie ''sich gar bald wie nebenher nach Wilhelms Vermögen''.
=== Ionische Bindung ===
[[Datei:NaCl polyhedra.png|mini|200px|Ausschnitt aus der kubischen Kristallstruktur des [[w:Natriumchlorid|Natriumchlorid]]s.]]


18 ''„Sie ist dein! Sie hat sich dir hingegeben!“'' jubiliert Wilhelm. Er will die Familie, seine uneinigen Eltern, verlassen. ''Dazu'' kommt, ''daß'' Werner, ''ein sehr gesetzter Mensch, um seine Schwester sich bewirbt und seine Stelle vertreten'' könnte. ''Seine Bestimmung zum Theater ''ist Wilhelm'' nunmehr klar, das hohe Ziel'' - der vollkommenste ''Schauspieler, Schöpfer eines großen Nationaltheaters''.
Die '''ionische Bindung''' (auch: '''Ionenbindung''') entsteht zwischen [[Chemische Elemente|chemischen Elementen]], deren Atome sich stark in ihrer [[#Elektronegativität|Elektronegativität]] unterscheiden. Das Atom mit der geringeren Elektronegativität gibt dadurch sehr leicht seine Außenelektronen an das elektronegativere Atom ab und wird dadurch wegen der nun überwiegenden Kernladung zu einem ein- oder mehrfach positiv geladenen [[Kation]]. Im Gegenzug erhält das elektronegativere Atom eine negative Überschussladung und wird dadurch in gleichem Maß zu einem negativ geladenen [[Anion]]. Die gegensätzlich geladenen [[Ion]]en werden durch die [[Elektrostatik|elektrostatische Anziehung]] fest aneinander gebunden und fügen sich in ein regelmäßig geordnetes [[Kristallgitter]] ein. Dadurch entstehen [[Salze|salzartige]], meist schwer schmelzbarer '''Ionenkristalle''', die die Grundlage der [[Mineralwelt]] bilden. Ein typisches Beispiel ist das aus [[Natrium]] und [[Chlor]] gebildete [[Natriumchlorid]] (NaCl), das als [[Kochsalz]] wohlbekannt ist. Jedes Na<sup>+</sup>-Ion (grau) ist von 6 [[Oktaeder|oktaedrisch]] angeordneten Cl<sup>-</sup>-Ionen (grün) umgeben, von denen jedes wiederum von 6 Na<sup>+</sup>-Ionen umgeben ist. Die Anzahl der nächsten Nachbarn im Kristallgitter, die hier für beiden Ionensorten 6 beträgt, wird als '''Koordinationszahl''' (KZ) bezeichnet. Das '''Koordinationspolyeder''' ist jeweils ein [[Oktaeder]] (siehe Zeichnung).


20 Mariane sieht Mutterfreuden entgegen. Mindestens zwei Männer kommen als Vater in Frage.
=== Kovalente Bindung ===


21-23 Werner übernimmt das Handelsgeschäft und will Wilhelm auf Geschäftsreisen schicken. Mariane ist das recht, denn dann kann sie sich ungestört mit ''Norman, Wilhelms Nebenbuhler'', abgeben. Zum Abschied schreibt Wilhelm Mariane einen glühenden Liebesbrief. Darin setzt er sie auch von seinen ernsten Absichten ins Bild. Als Wilhelm von Mariane Abschied nehmen will, entdeckte er - da ist ein Nebenbuhler.
Die '''kovalente Bindung''' (veraltet auch '''Atombindung''', '''Elektronenpaarbindung''' oder '''homöopolare Bindung'''), wie sie vor allem für [[organische Verbindung]]en typisch ist, entsteht zwischen Atomen mit gleicher oder vergleichbarer Elektronegativität. Eine Ionenbindung kann in diesem Fall nicht entstehen, statt dessen teilen die beteiligten Atome ein oder mehrere bindende Elektronenpaare und bilden durch Überlagerung der an der Bindung beteiligten zwei [[Atomorbital]]e ein gemeinsames bindendes und ein antibindendes '''Molekülorbital''' ('''MO''') aus, wobei aber nur das energetisch tiefer liegende bindende Molekülorbital von den beiden bindenden Elektronen besetzt wird. Die Atome werden dadurch zu einem [[Molekül]] verbunden. So verwandelt sich etwa der hochreaktive atomare [[Wasserstoff]] (H), der z.B. durch die Reaktion unedeler [[Metalle]] mit [[Säuren]] entsteht, praktisch augenblicklich in das wesentlich stabilere Wasserstoffmolekül (H<sub>2</sub>) um. Auch [[Stickstoff]] (N) und [[Sauerstoff]] (O) kommen in der [[Luft]] niemals in atomarer, sondern stets nur in molekularer Form vor, d.h. als N<sub>2</sub> bzw. O<sub>2</sub>. Schon [[w:Amadeo Avogadro|Amadeo Avogadro]] (1776-1856) unterschied zwischen Atomen (''molécules élémentaires'') und Molekülen (''molécules intégrantes'') und vermutete, dass die [[Chemische Elemente|chemischen Elemente]] in der Gasphase nicht als einzelne Atome, sondern als zweiatomige Moleküle vorliegen. Seine Ansichten gerieten aber für längere Zeit in Vergessenheit. Erst seinem Schüler [[Wikipedia:Stanislao Cannizzaro|Stanislao Cannizzaro]] (1826-1910) gelang der Nachweis, dass [[Wasserstoff]] im Gaszustand als H<sub>2</sub>-Molekül vorliegt.


;Zweites Buch
<center><gallery widths="150px" heigths="150px" caption="Die Molekülorbitale des Wasserstoffmoleküls H<sub>2</sub>">
1-5 Wilhelm ist lange krank. ''Er ''flieht'' die Menschen, ''enthält'' sich in seiner Stube. Und er wäre auch untergegangen, hätte ihn nicht die Kraft seiner Natur, die wieder zum Geraden und Reinen strebte, gerettet.'' Wilhelm liest ''mit vielem Vergnügen Theaterbücher - des [[Aristoteles]] „Poetik“ ''und'' [[Wikipedia:Pierre Corneille|Corneille]] - ''die'' Abhandlung über die drei Einheiten'' Handlung, Ort und Zeit. Werner, der inzwischen die Schwester geheiratet hat, bewundert, was Wilhelm ''so vielerlei geschrieben'' hat. Im Gespräch mit Werner definiert Wilhelm den großen Theaterdichter: ''Eine tiefe innere Selbständigkeit ist der Grund aller seiner Charaktere, Stärke des Geistes in allen Situationen ist das Liebste, was er schildert. Wer hat, ''schwärmt er weiter'', Götter gebildet, uns zu ihnen erhoben, sie zu uns hernieder gebracht, als der Dichter?'' Dann kommt Wilhelm auf das Thema Mariane und bricht ''in einen Strom von Tränen aus. Werner ''steht'' in der größten Verlegenheit dabei.'' In ellenlangen Gesprächen mit Werner favorisiert Wilhelm ''im [[Wikipedia:Drama|Drama]] die Handlung ''als'' die Hauptsache''.
Wave functions binding.svg|Additive Überlagerung der Wellenfunktionen (bindend)
Dihydrogen-HOMO-phase-3D-balls.svg|Bindendes Molekülorbital
Wave functions anti-binding.svg|Subtraktive Überlagerung der Wellenfunktion (antibindend)
Dihydrogen-LUMO-phase-3D-balls.png|Antibindendes Molekülorbital
Wasserstoff-Orbitale.svg|Besetzungsschema der Molekülorbitale
</gallery></center>


6-7 Während einer Landpartie mit Werner lernt Wilhelm den jungen Schauspieler Melina und seine Madame kennen. Melina hat sich ''mit seiner jungen Braut'' gegen den Willen ihrer Eltern davongemacht. Die Madame will die Welt sehen und sich der Welt zeigen. Wilhelm möchte den beiden helfen. Melina strebt eine ''bürgerliche Bedienung'' an. Wilhelm, der möchte, dass Melina Schauspieler bleibt, hat Vorstellungen vom Schauspielerberuf, die Melina keineswegs teilen kann. Wilhelm: … ''überdies wüßte ich keine ''[Lebensart]'', die Ihnen so viele Annehmlichkeiten darbietet als die eines Schauspielers''. Melina: ''Man sieht, daß Sie keiner gewesen sind.'' Als Wilhelm dann allein ist, hält er an seinem Ideal fest: ''Nichts ist auf der Erde ohne Beschwerlichkeit, nur der innere Trieb, die Lust, die Liebe helfen uns Hindernisse überwinden.'' Wilhelm meint, ''daß in den Menschen ein besserer Funke lebt''.
[[Quantenmechanik|Quantenmechanisch]] lassen sich Atombindungen näherungsweise durch die [[1927]] von [[w:Walter Heitler|Walter Heitler]] und [[w:Fritz London|Fritz London]] entwickelte [[w:Valenzstrukturtheorie|Valenzstrukturtheorie]] (VB-Theorie) oder durch die wenig später von [[w:Friedrich Hund|Friedrich Hund]] und [[w:Robert S. Mulliken|Robert S. Mulliken]] aufgestellte [[w:Molekülorbitaltheorie|Molekülorbitaltheorie]] (MO-Theorie)berechnen.


8 Wilhelm wird von Werner als Schuldeneintreiber auf Reisen geschickt.
[[Datei:Ch4 hybridization.svg|mini|Die 4 bindenden sp<sup>3</sup>-[[Hybridorbitale]] von [[w:Methan|Methan]] (CH<sub>4</sub>), durch die 4 Wasserstoffatome kovalent an das zentrale Kohlenstoffatom gebunden sind.]]


;Drittes Buch
Um die [[Molekülgeometrie|geometrischen Verhältnisse]] bei Atombindungen wirklichkeitsgetreuer zu beschreiben, führte [[w:Linus Pauling|Linus Pauling]] um 1931 das Konzept der [[Hybridorbitale]] ein. Er nützte dabei die Tatsache aus, dass alle Linearkombinationen der [[Wellenfunktion]]en, die sich als Lösungen der [[Schrödingergleichung]] ergeben, gültige Lösungen derselben sind.  
1 Auf seiner Reise kommt Wilhelm ''in einsamen Gebürgen, zwischen undurchdringlichen Wäldern zu Hochdorf'' an einer ''Wachstapetenfabrik'' vorbei, deren ''Fabrikdirektor'' auf Wilhelms Liste der Schuldner steht. Der biedere Direktor zahlt anstandslos ''auf der Stelle in Golde aus'' und ist auch noch menschenfreundlich: Wenn es an Aufträgen mangelt, lässt er seine Arbeiter Komödien spielen. Eine solche Aufführung erlebt Wilhelm mit.


2 ''Nach einigen Tagereisen'' treibt Wilhelm weitere Schulden ein und trifft auf ''eine große Gesellschaft von Seiltänzern, Springern, Gauklern''. Wilhelm macht sich Gedanken über das Trauerspiel - ''daß es die Leidenschaften reinige'' - findet aber niemanden, ''dem er diese Betrachtungen hätte mitteilen können''.
Ein Beispiel möge dies verdeutlichen: Ein [[Kohlenstoff]]atom (C) verbindet sich mit vier [[Wasserstoff]]atomen (H) zu dem [[Kohlenwasserstoff]] [[w:Methan|Methan]] (CH<sub>4</sub>). Wasserstoff verfügt nur über ein einziges Elektron, das sich im Grundzustand im 1s-Orbital aufhält. Kohlenstoff hat insgesamt 6 Elektronen, von denen sich zwei in der inneren 1s-Schale befinden, die an der Bindung unbeteiligt ist. Die restlichen 4 Elektronen befinden sich in der 2. Schale und verteilen sich auf das kugelsymmetrische 2s-Orbital und die drei hantelförmigen 2p-Orbitale, d.h. auf 2p<sub>x</sub>, 2p<sub>y</sub> und 2p<sub>z</sub>, die rechtwinkelig zueinander stehen. Da die [[kovalente Bindung]] der 4 Wasserstoffatome an den Kohlenstoff durch Überlagerung der äußeren Atomorbitale erfolgt, müssten theoretisch unterschiedliche Bindungen entstehen je nach dem, ob sich das 1s-Orbital des Wasserstoffs mit dem 2s-Orbital oder einem der drei 2p-Orbitale des Kohlenstoffs überlagert. Empirisch zeigt sich allerdings, dass alle 4 Bindungen völlig gleichwertig und nach den Ecken eines [[Tetraeder]]s ausgerichtet sind. Das Problem lässt sich lösen, wenn man das 2s-Orbital und die drei 2p-Orbitale durch Linearkombination zu vier gleichwertigen sp<sup>3</sup>-Hybridorbitalen umwandelt, die tetraedrisch ausgerichtet und mit je einem Elektron besetzt sind.


3 ''Zu Hochstädt'' dann schwillt Wilhelms eingetriebenes Kapital auf ''beinahe fünfzehnhundert Taler'' an. Einige ''Handelsleute'' machen sogar noch ''Bestellungen'' bei ihm. Wilhelm kann sich wenden, wohin er will - er trifft auf eine ''Truppe Komödianten. Muß denn das Schicksal'', sagt er sich, ''immer zu diesen Leuten führen, mit denen ich doch keine Gemeinschaft haben will noch soll. Herr und Frau Melina'' sind mit von der Partie.
Unterscheiden sich die Elektronegativitäten der Bindungspartner voneinander, entsteht eine '''polare Atombindung''', bei der sich die miteinander verbunden Atome zwar nicht zu [[Ion]]en verwandeln, aber doch positive und negative Partialladungen tragen.


4-6 Wilhelm begegnet bei der Truppe, die von der Direktrice Madame de Retti zusammengehalten wird, dem Mädchen [[Mignon (Figur)|Mignon]]. Wilhelm schätzt Mignon ''zwölf bis dreizehn Jahre. Ihr Körper ''ist'' gut gebaut, ihre Gesichtsfarbe bräunlich.'' Mignon antwortet Wilhelm ''in einem gebrochenen Deutsch und mit einer Art, die Wilhelmen in Verwirrung'' setzt. Madame de Retti hat Mignon dem Herrn einer Seiltänzertruppe für ''hundert Dukaten'' abgekauft, weil dieser das Kind auspeitschte. Nach Madame Melinas Ansicht ist Mignon ''zu gar nichts nütze. Auswendig lernt sie sehr geschwind, spielt aber erbärmlich.'' Mignon will hundert Dukaten sparen. ''Mignons Gestalt und Wesen ''wird Wilhelm'' immer reizender.''
==== Koordinative Bindung ====


7 Wilhelm bleibt bei der Truppe der Direktrice Madame de Retti. ''Madame Melina ''zieht'' ihn an, indem sie von ihm zu lernen und sich nach ihm zu bilden ''sucht''. Man ''lässt'' ihn merken, daß er sowohl Kenner als Liebhaber und Beschützer des Theaters'' ist. Wilhelm borgt der Direktrice größere Summen einkassierten Geldes. Die Direktrice wird bei anderen Gläubigern wieder kreditwürdig. Man isst und trinkt, man lebt in Freuden.
Die '''koordinative Bindung''' (auch '''Donator-Akzeptor-Bindung''' oder veraltet '''dative Bindung''') ist eine besondere Form der Elektronenpaarbindung, bei der das bindende Elektronenpaar allein von einem der beiden Bindungspartner (dem ''Donator'') bereitgestellt wird. Sie bildet die Grundlage der '''Komplexchemie'''. Die koordinativ an das '''Zentralatom''' gebundenen Atome, Ionen oder Moleküle werden als '''Liganden''' (von [[lat.]] ''ligare'' „binden“) bezeichnet. Als Zentralatome kommen vor allem [[Metalle]] infrage, die über freie [[d-Orbital]]e verfügen, wie etwa [[Kupfer|Cu<sup>2+</sup>]], [[Magnesium|Mg<sup>2+</sup>]], [[Eisen|Fe<sup>2+</sup>]], [[Eisen|Fe<sup>3+</sup>]], [[Eisen|Fe<sup>0</sup>]], [[Chrom|Cr<sup>0</sup>]], [[Nickel|Ni<sup>2+</sup>]] und [[Nickel|Ni<sup>0</sup>]].


8 ''Am allerlustigen'' feiert die Truppe auf Wilhelms Kosten. Als Mignon von einem Unbekannten geküsst wird und ihn dafür ins Gesicht schlägt, dass ''die Ohren sumsen und der Backen brennt'', setzt sich Wilhelm für sie ein. Darauf kommt Mignon zu ihm und sagt ''Herr, ich bin dein Sklave, kaufe mich von meiner Frau, daß ich dir allein zuhöre.''
So sind etwa die vier [[w:Ammoniak|Ammoniak]]-Moleküle (NH<sub>3</sub>) in dem tiefblauen [[w:Tetraamminkupfersulfat|Tetraamminkupfer(II)-sulfat]] [Cu(NH<sub>3</sub>)<sub>4</sub>]SO<sub>4</sub> koordinativ über das einsame Elektronenpaar des [[Stickstoff]]s an das zentrale Kupferatom gebunden.


9 Wilhelm arbeitet an seinem ''Trauerspiel „[[Wikipedia:Belsazar|Belsazar]]“''. Der ''medische [[Wikipedia:Darius (Medien)|König Darius]]'' hat darin einen ''Anschlag auf [[Wikipedia:Babylon|Babylon]]'' vor. Die Truppe ist sich einig - das Stück muss gespielt werden.
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10 Herr Bendel, der Geliebte der Direktrice, ''eine ungeschickte, breite Figur ohne den mindesten Anstand, ohne Gefühl'', soll den Darius spielen. Der Trinker Bendel hat ''alle Fehler, die einen Schauspieler verwerflich machen''.
[[Datei:Nuvola di elettroni.svg|mini|Ein Metallgitter aus positiv geladenen Atomrümpfen, die von frei beweglichen Elektronen umgeben sind.]]
Auf ähnliche Weise ist auch das [[Kristallwasser]] in dem blauen [[w:Kupfersulfat|Kupfersulfat-Pentahydrat]] Cu[SO<sub>4</sub>]·5H<sub>2</sub>O und ähnlichen [[Salze]]n koordinativ  gebunden. Treibt man das Kristallwasser durch Erhitzen aus, bleibt das kristallwasserfrei farblos weißliche Kupfersulfat CuSO<sub>4</sub> zurück.


11 Wilhelm freundet sich mit Herrn von C. an. ''Dieses Stück, ''schätzt der neue Freund Wilhelms Trauerspiel ein'', ist nur von innen heraus geschrieben, es ist ein einziger Mensch, der fühlt und handelt. Man sieht, daß der Autor sein eignes Herz kennt, aber er kennt die Menschen nicht.''
=== Metallische Bindung ===


12 Die Direktrice nutzt Wilhelm aus. Nach und nach gibt er sein ganzes Geld für Bühnenhandwerker et cetera hin. Am Tage der Uraufführung des ''Belsazar'' hat Herr ''Bendel wieder einen neuen, schweren Anfall seiner Krankheit.'' ''Das ganze Haus ''ist'' angefüllt, das Publikum ''wird'' unruhig und ''pocht'' schon eine Viertelstunde''. Von der Direktrice und Madame Melina überredet, spielt Wilhelm unvorbereitet den Darius und hat Erfolg.
[[Metalle]] haben nur relativ wenige Außenelektronen und geben diese auch ohne Reaktionspartner leicht ab. Dadurch entstehen leicht bewegliche freie Elektronen, die den Metallen ihre hohe [[Elektrische Leitfähigkeit|elektrische]] und [[Wärmeleitung|thermische Leitfähigkeit]] verleiht.


;Viertes Buch
== Siehe auch ==
1 ''Gehst du nach Italien'', sagt Mignon zu Wilhelm, ''so nimm mich mit, es friert mich hier''. Mignon singt:
[[Datei:Goethe, Die Solfatara von Pozzuoli, 1787.jpg|miniatur|hochkant=1.3|Am Golf von Neapel – Zeichnung von Goethe anno 1787]]
:''Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,''
:''Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,''
:''Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,''
:''Die Myrte still und froh der Lorbeer steht,''
:''Kennst du es wohl?''
:''Dahin! Dahin''
:''Möcht ich mit dir, o mein Gebieter, ziehn.''
:
:''Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,''
:''Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,''
:''Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:''
:''Was hat man dir, du armes Kind, getan?''
:''Kennst du es wohl?''
:''Dahin! Dahin''
:''Möcht ich mit dir, o mein Gebieter, ziehn.''
:
:''Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?''
:''Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg,''
:''In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut,''
:''Es stürzt der Fels und über ihn die Flut:''
:''Kennst du ihn wohl?''
:''Dahin! Dahin''
:''Geht unser Weg! Gebieter, laß uns ziehn!''
2 Herr Melina überredet Wilhelm, er solle bei der Direktrice wenigstens einen Teil des verborgten Geldes eintreiben. Widerwillig begibt sich Wilhelm zu Madame de Retti. Die speist ihn mit einem Bruchteil des Geldes ab. Den Löwenanteil hat Herr Bendel.


3 Wilhelm will ''nie das Theater wieder betreten''. Mignon führt Wilhelm einen Eiertanz vor. Wilhelm möchte ''dieses verlassene Wesen an Kindesstatt seinem Herzen'' einverleiben.
* {{WikipediaDE|Chemische Bindung}}
* {{WikipediaDE|Ionische Bindung}}
* {{WikipediaDE|Kovalente Bindung}}
* {{WikipediaDE|Metallische Bindung}}
* {{WikipediaDE|Van-der-Waals-Kräfte}}
* {{WikipediaDE|Wasserstoffbrückenbindung}}


5-8 Während der zweiten Aufführung des ''Belsazar'' wird der Herr Bendel in der Rolle des Darius von Pomeranzen aus dem Parkett getroffen. Das Ensemble zieht sich hinter die Kulisse zurück. Herr Bendel kämpft allein gegen das Publikum, indem er zurückwirft und trifft. ''Eine große Anzahl mit Stecken bewaffneter Zuschauer'' ersteigt die Bühne und verwüstet sie. In dem Getümmel verschwindet die Kasse mit den Tageseinnahmen. In der Nacht macht sich die Direktrice mit ihrem Herrn Bendel davon.
== Literatur ==
 
9 Zwar hat Wilhelm sein Geld verloren, glaubt ''aber, daß es doch am Ende wohl angewendet sei, weil er dafür teure Erfahrungen gemacht, welche ihm auf sein ganzes Leben nützlich sein würden.''
 
10 Die Direktrice ist ''abgegangen'', hat aber Mignon nicht mitgenommen. ''Mademoiselle Philine, eine junge, muntere Aktrice, ''die'' wir bisher gar nicht erwähnt haben, ''kommt zu Wilhelm'' aufs Zimmer''. Die ''leichtfertige'' Philine beträgt sich ''so artig, so schmeichelnd, so eifrig,'' dass Wilhelm sie nicht abweist.
 
12 Weiter geht die Reise. ''Wilhelm ''sitzt'' in einem Wagen mit Mignon, Frau Melina und ihrem Manne. Nach einer Reise von etlichen Tagen'' in einem Wirtshause, weist Wilhelm die Annäherungsversuche von Madame Melina ab. Seit dem Fiasko mit Mariane hat Wilhelm ''ein Gelübde getan, das treulose Geschlecht zu meiden''. Da meldet sich ein alter Harfenspieler bei Wilhelm an. Nach dem Harfenspiel fühlt sich Wilhelm ''wie neugeboren'' und ruft aus: ''Nimm meine Verehrung und meinen Dank, fühle, daß wir alle dich bewundern, und vertraue uns, wenn du etwas bedarfst!'' Zur Antwort singt der Harfner:
:''Was hör ich draußen vor dem Tor,''
:''Was schallet auf der Brücken?''…
:''Der König sprachs, der Page lief,''
:''Der Knabe kam, der König rief:''
:''Laßt ihn herein den Alten!''
:…
:''Ich singe, wie der Vogel singt,''
:''Der in den Zweigen wohnet…''
13 Philine liebkost Wilhelm auf offener Straße wie ihren Ehemann. Wilhelm, der, ''wenn eine Laube sie mit Einsamkeit umgeben'', die Liebkosung sogar erwidert hätte, weist sie ab. Philine hat noch einen anderen Verehrer - den gräflichen Herrn Stallmeister, der hoch zu Ross daherkommt. Wilhelm, unruhevoll, sucht Ruhe bei dem alten Harfner. Er sucht und findet den Alten ''in einem entfernten Winkel des Städtchens.'' Wilhelm horcht an der Tür des Alten und vernimmt dessen ''wehmütige Klage'':
:''Wer nie sein Brot mit Tränen aß,''
:''Wer nie die kummervollen Nächte''
:''Auf seinem Bette weinend saß,''
:''Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte.''
:
:''Ihr führt ins Leben uns hinein,''
:''Ihr laßt den Armen schuldig werden,''
:''Dann überlaßt ihr ihn der Pein;''
:''Denn alle Schuld rächt sich auf Erden.''
14 Der kunstsinnige Herr Graf erscheint, und Herr Melina stellt ihm seine Truppe vor. Die Frau Gräfin bemängelt Philines Garderobe. Die Truppe hofft ''auf einige Wochen glückliche Aussichten''.
 
16 Wilhelm ist hin und her gerissen. ''Die flüchtige Neigung zu Philinen ''regt'' seine Lebensgeister. Mit Harfenspiel und Gesang ''erhebt'' ihn der Alte zu den höchsten Gefühlen.'' Aber Wilhelm befindet sich bei den Schauspielern in schlechter Gesellschaft. Dabei ist ''sein altes bürgerliches Verhältnis schon wie durch eine Kluft von ihm getrennt. Sein gepreßtes Herz ''strebt'' nach Erleichterung''. Die findet Wilhelm bei Mignon. ''„Mein Kind!“'' ruft Wilhelm aus, ''„mein Kind! du bist ja mein! ich werde dich behalten! dich nicht verlassen!“'' Tränen fließen. ''Sanft ''fängt'' vor der Türe die Harfe an zu klingen.''
 
;Fünftes Buch
1-2 Geht nun Wilhelm mit der Truppe ''auf das gräfliche Schloß'' oder macht er als Werners Schuldeneintreiber weiter? Die Truppe isst und trinkt bereits ''auf Rechnung des Grafen'' und lernt Rollen. Die gräflichen ''Herrschaften haben große Liebe für die Literatur, besonders für die deutsche''. Wilhelm zieht ''Szenen zusammen, ''richtet'' Rollen nach dem Geschicke des Akteurs mehr ein''. Die Truppe hofft beim Grafen auf ''Glück, Ehre und Wohlstand'', wird aber ganz schäbig und äußerst mangelhaft untergebracht.
 
3 Nur Philine hat den Vogel abgeschossen - sie darf aufs gräfliche Schloss. Wilhelm, obwohl geladen, bleibt in der Absteige bei der Truppe.
 
4 In der gräflichen Umgebung lernt Wilhelm Jarno kennen. Wilhelm empfindet ''gegen Jarno, ob er gleich etwas Kaltes und Abstoßendes ''hat'', eine gewisse Neigung.'' Herr Melina befiehlt der Truppe ''sehr strenge, sie ''sollen'' sich nunmehro ordentlich halten, ein jeder seine Rollen auf das beste lernen.'' Aber man lebt zügellos. ''Das Theatergerüste ''wird'' aufgeschlagen, ausgezieret, was man von Dekorationen in dem Gepäcke'' hat. Wilhelm wird von der Gräfin empfangen. Er soll vorlesen, kommt aber gar nicht dazu. Die Gräfin widmet ihre Aufmerksamkeit lieber einem Galanteriehändler und beschäftigt sich mit ihrer Toilette. Wilhelm wird mit einem Geschenk abgespeist.
 
6 Der Graf und Jarno bereiten akribisch eine fragwürdige Szene zur Begrüßung des Prinzen vor. Wilhelm studiert die Lobeshymne ein. Philine, die Favoritin des Stallmeisters, probt freudig und ausgelassen mit. Mignon verweigert den Eiertanz-Auftritt.
 
7-11 Der Prinz kommt an. Jarno, der ''gefühllose Weltmann'', sagt Wilhelm ''mit hartherziger Kälte'' die Wahrheit: ''Es ist schade, daß Sie mit hohlen Nüssen um hohle Nüsse spielen.'' Wilhelm wird angehalten, [[Wikipedia:Jean Racine|Racine]], den Lieblingsautor des Prinzen, ''gelegentlich ''zu'' loben''. Jarno gibt Wilhelm ''auf eine unfreundliche Art neue Ideen''. Er muss von Wilhelm erfahren, dass dieser [[Wikipedia:William Shakespeare|Shakespeare]] nicht kennt. ''Wilhelm ''fängt'' an zu wittern, daß es in der Welt anders zugehe, als er sichs gedacht.'' Er schließt sich ein. Nur Mignon und der Harfner haben Zutritt zu Wilhelms ''Shakespearischer Welt''. Wilhelm ''glaubt, vor den aufgeschlagenen ungeheuern Büchern des Schicksals zu stehen.'' Philine schmeichelt sich bei den vornehmen und großen Damen ein. Der Prinz reist ab. Auch die Truppe darf nicht länger bleiben.
 
14-15 Vor Räubern auf der nächsten Wegstrecke der Truppe wird gewarnt. Wilhelm und einige der Theaterleute bewaffnen sich. Wilhelm ermutigt die Furchtsamen. Auf einem Waldplatz wird die Truppe dann tatsächlich überfallen und ''ausgeplündert''. Wilhelm wird ''von einem Schuß, der ihn zwischen der Brust und Schulter ''trifft'', verwundet.''
 
;Sechstes Buch
1 Auf dem Waldplatz erscheint eine ''schöne [[Wikipedia:Amazonen|Amazone]]. Ein weiter Mannsüberrock, der ihr nicht ''passt, verbirgt'' ihre Gestalt.'' Ein ''Wundarzt'' in ihrem Gefolge erledigt bei Wilhelm die chirurgische Erstversorgung. Die ''gnädige Dame'' deckt den Verwundeten mit ihrem Überrock zu. Als Wilhelm ''wieder zu sich ''kommt, sind'' Reuter und Wagen, die Schöne samt ihrer Begleitung verschwunden''.
 
2-3 Die Truppe findet Notunterkunft. Philine und Wilhelm werden ''für das Ehepaar'' gehalten. ''Jedermann ''wirft'' nun die Schuld eines so üblen Ausgangs auf'' Wilhelm. Er fühlt sich unschuldig und ist entsetzt, weil er von der Truppe so behandelt wird, ''das erstemal, da ''er'' Hülfe erwarten könnte''. Trotzdem verspricht er der Truppe, sie aus dem Elend herauszuführen. Mehr noch - ''ein jeder soll doppelt und dreifach so viel ''erwerben'', als er verloren.''
 
4 Es stellt sich heraus, die ''schöne Amazone'' sollte wahrscheinlich statt der Truppe überfallen werden. Aus Dankbarkeit habe die ''gnädige Dame'' für die Truppe gesorgt, als Wilhelm ohnmächtig wurde. Und sie sorgt im Hintergrund weiter. Wilhelm bekommt den nächsten ''Chirurgus''.
 
7 Auf dem Krankenlager studiert Wilhelm ''die Shakespearischen Schriften, ''besonders'' [[Wikipedia:Hamlet|Hamlet]]''. ''Das Bild der hülfreichen Schönen ''schwebt'' vor seinem Gemüte'' und im Nebenzimmer singt Mignon zur Harfe:
:''Nur wer die Sehnsucht kennt,''
:''Weiß, was ich leide!''
:''Allein und abgetrennt''
:''Von aller Freude,''
:''Seh ich ans Firmament''
:''Nach jener Seite.''
:
:''Ach, der mich liebt und kennt,''
:''Ist in der Weite!''
:''Es schwindelt mir, es brennt.''
:''Mein Eingeweide.''
:''Ach wer die Sehnsucht kennt,''
:''Nur wer die Sehnsucht kennt,''
:''Weiß, was ich leide!''
Mignon spricht ''noch immer sehr gebrochen deutsch, und nur wenn sie den Mund zum Singen ''auftut, scheint'' sie sich des einzigen Organs zu bedienen, wodurch sie ihr Inneres aufschließen und mitteilen'' kann.
 
8 In H. angekommen, trifft Wilhelm den Theaterdirektor Serlo, dessen Schwester, die junge Witwe Aurelia und die vorausgeeilte Truppe Melina. Wilhelm empfiehlt Serlo die Truppe.
 
9 Philine setzt Wilhelm ins Bild. Aurelia hat einen dreijährigen unehelichen Sohn von Lothar.
 
11 Aurelia durchschaut Wilhelm: ''Mit Verwunderung bemerkte ich an Ihnen den großen und richtigen Blick, mit dem Sie Dichtung und besonders dramatische Dichtung beurteilen … Ohne die Gegenstände in der Natur gekannt zu haben, erkennen Sie solche im Bilde; es scheint eine Vorempfindung der ganzen Welt in Ihnen zu liegen … von außen kommt nichts in Sie hinein! Ich habe nicht leicht jemanden gesehen, der die Menschen, mit denen er lebt, so von Grund aus verkennt wie Sie.'' Wilhelm, der Introvertierte, erkennt, ''niemand ''hat'' ihn so mit sich selbst bekannt gemacht'' und bestätigt: ''Ich habe von Jugend auf mehr einwärts als auswärts gesehen, und da ist es sehr natürlich, daß ich den Menschen bis auf einen gewissen Grad habe kennen lernen, ohne mich auf die Menschen im geringsten zu verstehen.'' Aurelia sieht in Wilhelm den jungen Dichter und Künstler. Seine Unschuld sei ''wie jene Hülle, die eine Knospe einschließt und nährt.'' Unerbittlich wirft Aurelia Wilhelm vor: ''Was ist Ihre ganze Gesellschaft, die Sie meinem Bruder empfohlen, für ein erbärmliches Volk!''
 
Mignon versetzt Wilhelm in Verlegenheit. ''Bei einer Guten Nacht ''schließt'' sie ihn so fest in ihre Arme und ''küsst'' ihn mit solcher Inbrunst, daß es ihm vor der Heftigkeit dieser aufkeimenden Natur oft angst und bange'' wird.
 
12 Wilhelm empfindet keine Zärtlichkeit für Aurelia und bezeichnet sich als ihren Freund. ''Ihr leidenschaftlicher Verstand ''leitet'' ihn aus der idealischen Welt in die wahre herüber.'' Wilhelm gesteht Aurelia seine unglückliche Liebe zu Mariane. Aurelia nennt sich eine Halbwahnsinnige und benimmt sich mitunter auch so. Serlo wird Wilhelms ''Lehrer und Führer in seiner Lieblingskunst''.
 
13 Serlo will Wilhelm an seiner Bühne haben. Wilhelm zögert: ''Bei Serlo wollte ich unterzukommen suchen, er sucht nun mich''. Serlo will schließlich Wilhelm und die ganze Truppe Melina dazu. Nun muss Wilhelm ''Ja denn'' sagen. ''Melina soll Garderobemeister werden, um den Motten zu wehren.''
 
== Zitat ==
*''Sie sah ihn mit einer wilden Gleichgültigkeit an…''<ref>Quelle S.680, 6. Z.v.o.</ref>.
 
== Mignon ==
[[Wikipedia:Mignon (Figur)|Mignon]] wird im Fragment durchweg als Mädchen beschrieben. Nur im 3. Kapitel des 4. Buches<ref>Quelle S.584</ref> ist fünfmal hintereinander - bezogen auf Mignon - von ''er'' die Rede. Nach [[Wikipedia:Richard Friedenthal|Friedenthal]]<ref>Friedenthal S. 474</ref> wird unter Mignon in der [[Wikipedia:Goethezeit|Goethezeit]] ''homosexueller Liebling'' verstanden. Wilhelm wird von Frauen geradezu umschwärmt. Nach dem Fiasko mit Mariane wendet er sich aber keiner zweiten Frau zu, obwohl es - wie gesagt - an „Angeboten“ keineswegs mangelt. Wilhelm behält durch alle Fährnisse hindurch sein ''allerliebstes Schoßkind'' Mignon bei sich.
 
== Rezeption ==
*[[Wikipedia:Hermann Hesse|Hermann Hesse]] bewundert das Werk. Der Anlass von Hesses kleiner Notiz dürfte ein Aufsehen erregender Fund aus dem Jahre 1910 in Zürich sein. Eine Kopie des ''Urmeisters'' aus den Jahren 1777 bis 1785 wurde entdeckt und ein Jahr darauf veröffentlicht. Welche Fassung ist ''schöner und wertvoller'', fragt Hesse, dieser ''Künstlerroman'', der ''Urmeister'' oder der, der aus ihm hervorgegangen ist - ''Wilhelm Meisters Lehrjahre'' - ''der Roman des Menschen''? Hesse findet ein wundervolles Gleichnis: Die Frage ist vergleichbar mit der: Ist der Frühling schöner als der Sommer? Folgerichtig stellt Hesse den kostbaren Fund als ''unersetzliches, prächtiges Stück Goethescher Jugendprosa'' heraus<ref>Michels S. 158-159</ref>.
*Nach Friedenthal hat Goethe mit der Madame de Retti die [[Wikipedia:Friederike Caroline Neuber|Neuberin]] porträtiert. Als Figuren durchgestaltet seien außer Wilhelm besonders Mignon und Philine. Unbedingt zutreffend ist Friedenthals Beobachtung, nach der Wilhelm ''Bildungsgepäck aufgeladen wird''<ref>Friedenthal S. 472</ref>. Der Roman ist gleichsam mit „Lehrstoff“ zur Theaterpraxis überfrachtet.
*Jørgensen, Bohnen und Øhrgaard vergleichen die ''Theatralische Sendung'' mit den ''Lehrjahren''.
*Boyle geht ausführlich und sehr treffend auf das Geschehen in jedem der sechs Bücher des Romans ein. Wilhelm, der den Vornamen Shakespeares trägt, hat eine Sendung. Diese ist nichts Geringeres als ''die literarische Veränderung Deutschlands''<ref>Boyle S. 419</ref>. Die Aversion Goethes gegen das fahrende Volk der Schauspieler zeige sich insbesondere in der Abwendung Wilhelms von Philine und in der Hinwendung zu Mignon und zum Harfner. In Verbindung damit wird die erstaunliche lyrische „Unterlage“ (Gedichte) des Prosatextes beleuchtet.
*[[Wikipedia:Gero von Wilpert|Wilpert]] betont Goethes lebendigen Erzählstil in der ''Theatralischen Sendung''.
*[[Wikipedia:Karl Otto Conrady|Conrady]] hebt den autobiographischen Charakter der ''Theatralischen Sendung'' und ihre Ausforschung durch die [[Psychoanalyse|Psychoanalytiker]] hervor.


== Briefe ==
* [[Viktor Gutmann]], Edwin Hengge: ''Allgemeine und anorganische Chemie'', 5. Auflage, Verlag Chemie, Weinheim 1990, ISBN 978-3527281596
 
* A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: ''Lehrbuch der Anorganischen Chemie'', 102. Auflage, de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1
{{Zitat|Meine ersten Capitel von ''Wilhelm Meister'' sind nun bald in der Ordnung und dann hoff ich soll die Lust kommen fortzufahren.|Quelle=Brief Goethes vom 21. Juni 1782 an [[Charlotte von Stein]]}}
* K. P. C. Vollhardt, Neil E. Schore, Holger Butenschön (Hrsg.): ''Organische Chemie'', 5. Auflage, Wiley-VCH 2011, ISBN 978-3527327546
{{Zitat|Das zweyte Buch von ''Wilhelm Meister'' erhälst<!-- Sic--> du bald ich habe es mitten in dem Taumel geschrieben.|Quelle=Brief Goethes vom 27. Juli 1782 an [[Karl Ludwig von Knebel]]}}
* Paula Y. Bruice: ''Organische Chemie: Studieren kompakt'', 5. Auflage, Pearson Studium 2011, ISBN 978-3868941029, eBook {{ASIN|B00QV6QM0O}}
{{Zitat|Das fünfte Buch von ''Wilhelm Meister'' habe ich indessen geendigt und muß nun abwarten wie es aufgenommen wird.|Quelle=Brief Goethes vom 28. Oktober 1784 an [[Carl August (Sachsen-Weimar-Eisenach)|Herzog Carl August]]}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<div class="references-small" style="-moz-column-count:5; column-count:5;">
<references/></div>
== Literatur ==
;Quelle
*Johann Wolfgang von Goethe: ''Poetische Werke, Band 6''. S. 473-684. Phaidon Verlag Essen 1999, ISBN 3-89350-448-6
;Sekundärliteratur
<small>Geordnet nach dem Erscheinungsjahr</small>
*Richard Friedenthal: ''Goethe – sein Leben und seine Zeit.'' S. 468-475. R. Piper Verlag München 1963
*[[Wikipedia:Volker Michels|Volker Michels]] (Hrsg.): ''Hermann Hesse: Eine Literaturgeschichte in Rezensionen und Aufsätzen.'' suhrkamp taschenbuch 252. Frankfurt a. M. 1975, ISBN 3-518-36752-8
*Sven Aage Jørgensen, Klaus Bohnen, Per Øhrgaard: ''Aufklärung, Sturm und Drang, frühe Klassik 1740-1789''. In Helmut de Boor (Hrsg.), Richard Newald (Hrsg.): ''Geschichte der deutschen Literatur, Band VI''. S. 504-506. München 1990, ISBN 3-406-34573-5
*Nicholas Boyle: ''Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Bd. 1: 1749–1790.'' S. 418-431. München 1995, ISBN 3-406-39801-4
*Gero von Wilpert: ''Goethe-Lexikon.'' S. 1186-1187. Stuttgart 1998, ISBN 3-520-40701-9
*Karl Otto Conrady: ''Goethe - Leben und Werk.'' S. 631-641. Düsseldorf und Zürich 1999, ISBN 3-538-06638-8
{{Navigationsleiste Goethe}}


{{SORTIERUNG:Wilhelm Meisters Theatralische Sendung}}
<references />
[[Kategorie:Literarisches Werk von Goethe]]
[[Kategorie:Literarisches Werk]]
[[Kategorie:Wilhelm Meister]]
[[Kategorie:Roman]]


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[[Kategorie:Chemie]]

Version vom 1. Januar 2019, 15:53 Uhr

Die chemische Bindung verbindet Atome oder Ionen zu Molekülen bzw. chemischen Verbindungen, die energetisch stabiler sind als die getrennten Bestandteile. Sie beruht auf der Wechselwirkung der Elektronen aus der äußersten Elektronenschale der an der Bindung beteiligten Atome.

Grundlagen

Atome bestehen nach heutiger naturwissenschaftlicher Sicht aus einem elektrisch positiv geladenen Atomkern und einer Hülle aus negativ geladenen Elektronen. Als Teilchen mit halbzahligen Spin sind sie nach den Gesetzen der Quantentheorie sogenannte Fermionen, die dem Pauli-Prinzip unterliegen, nach dem die Elektronen der Hülle nicht in allen Quantenzahlen übereinstimmen dürfen. Sie können sich daher nicht im untersten, energieärmsten Niveau zusammendrängen, sondern müssen sich auch auf höhere, ausgedehntere und energiereichere Elektronenschalen bzw. Atomorbitale verteilen. Sie bedingen dadurch die relativ große räumliche Ausdehnung der Elektronenhülle, die den Atomkern um das 20.000- bis 150.000-fache übertrifft. Die Elektronen der äußersten Schale, der sogenannten Valenzschale, bestimmen die chemische Eigenschaften eines Atoms und seine Stellung im Periodensystem der chemischen Elemente.

Bindungslängen und Bindungswinkel des Wassermoleküls (H2O)

Die Valenzschale erreicht ihren energetisch stabilsten Zustand, wenn sie mit der maximal möglichen Zahl von Elektronen vollständig aufgefüllt ist. Das ist aber nur bei den Edelgasen der Fall, die entsprechend reaktionsträge sind, da sie ihren stabilsten Zustand bereits erreicht haben. Atome mit unvollständig aufgefüllter Valenzschale können sich dadurch stabilisieren, dass sie solange von ihren Bindungspartnern Elektronen aufnehmen oder an diese abgeben, bis sie eine vollkommen abgeschlossene Außenschale erreicht haben. Die so aneinander gebunden Atome erreichen damit gemeinsam ihren stabilsten, energieärmsten Zustand. Nach der von Gilbert Newton Lewis und Walther Kossel 1916 formulierten Edelgasregel sind chemische Verbindungen besonders stabil, wenn die daran beteiligten Atome die im Periodensystem nächstgelegene Edelgaskonfiguration ausbilden können. Mit Ausnahme des Heliums haben die Edelgase 8 Außenelektronen. Nach der darauf basierenden Oktettregel sind Verbindungen besonders stabil, wenn die gebundenen Atome dadurch 8 Elektronen haben und dadurch der Edelgaskonfiguration entsprechen.

Um eine chemische Bindung wieder zu spalten, muss eine entsprechende Bindungsenergie aufgewendet werden, die man meist in Joule pro Mol angibt. Die Bindungslänge ergibt sich aus dem von Atomkern zu Atomkern gemessene Abstand der aneinander gebundenen Atome. Bei kristallinen Feststoffen kann sie experimentell durch Kristallstrukturanalyse ermittel werden und liegt bei kovalenten Bindungen je nach den beteiligten Atomsorten typischerweise zwischen etwa 75 und 250 pm (1 pm = 10−12 m). Auf diesem Weg lassen sich auch die Bindungswinkel zwischen den einzelnen Bindungen eines Moleküls ermitteln. Bindungslängen und Bindungswinkel bestimmen die Molekülgeometrie, die sich durch entsprechende Strukturformeln veranschaulichen lässt.

Elektronegativität

Eine relatives Maß für die Fähigkeit von Atomen, Elektronen zur Auffüllung ihrer Valenzschale an sich zu ziehen, bietet das 1932 von Linus Pauling (1901-1994) eingeführte Konzept der Elektronegativität (kurz: EN; Formelzeichen ). Atome mit nahezu vollständig gesättigter Valenzschale, wie etwa die Halogene, nehmen sehr leicht Elektronen auf und haben eine entsprechend hohe Elektronegativität. Atome mit nur wenigen Außenelektronen, wie etwa die Alkalimetalle, geben diese leicht an ihre Bindungspartner ab und haben daher eine geringe Elektronegativität.

Bindungsarten

Auf rein physischer Ebene entsprechen die drei Grundtypen der chemischen Bindung den Tria Principia des Paracelsus[1]:

Ionische Bindung

Ausschnitt aus der kubischen Kristallstruktur des Natriumchlorids.

Die ionische Bindung (auch: Ionenbindung) entsteht zwischen chemischen Elementen, deren Atome sich stark in ihrer Elektronegativität unterscheiden. Das Atom mit der geringeren Elektronegativität gibt dadurch sehr leicht seine Außenelektronen an das elektronegativere Atom ab und wird dadurch wegen der nun überwiegenden Kernladung zu einem ein- oder mehrfach positiv geladenen Kation. Im Gegenzug erhält das elektronegativere Atom eine negative Überschussladung und wird dadurch in gleichem Maß zu einem negativ geladenen Anion. Die gegensätzlich geladenen Ionen werden durch die elektrostatische Anziehung fest aneinander gebunden und fügen sich in ein regelmäßig geordnetes Kristallgitter ein. Dadurch entstehen salzartige, meist schwer schmelzbarer Ionenkristalle, die die Grundlage der Mineralwelt bilden. Ein typisches Beispiel ist das aus Natrium und Chlor gebildete Natriumchlorid (NaCl), das als Kochsalz wohlbekannt ist. Jedes Na+-Ion (grau) ist von 6 oktaedrisch angeordneten Cl--Ionen (grün) umgeben, von denen jedes wiederum von 6 Na+-Ionen umgeben ist. Die Anzahl der nächsten Nachbarn im Kristallgitter, die hier für beiden Ionensorten 6 beträgt, wird als Koordinationszahl (KZ) bezeichnet. Das Koordinationspolyeder ist jeweils ein Oktaeder (siehe Zeichnung).

Kovalente Bindung

Die kovalente Bindung (veraltet auch Atombindung, Elektronenpaarbindung oder homöopolare Bindung), wie sie vor allem für organische Verbindungen typisch ist, entsteht zwischen Atomen mit gleicher oder vergleichbarer Elektronegativität. Eine Ionenbindung kann in diesem Fall nicht entstehen, statt dessen teilen die beteiligten Atome ein oder mehrere bindende Elektronenpaare und bilden durch Überlagerung der an der Bindung beteiligten zwei Atomorbitale ein gemeinsames bindendes und ein antibindendes Molekülorbital (MO) aus, wobei aber nur das energetisch tiefer liegende bindende Molekülorbital von den beiden bindenden Elektronen besetzt wird. Die Atome werden dadurch zu einem Molekül verbunden. So verwandelt sich etwa der hochreaktive atomare Wasserstoff (H), der z.B. durch die Reaktion unedeler Metalle mit Säuren entsteht, praktisch augenblicklich in das wesentlich stabilere Wasserstoffmolekül (H2) um. Auch Stickstoff (N) und Sauerstoff (O) kommen in der Luft niemals in atomarer, sondern stets nur in molekularer Form vor, d.h. als N2 bzw. O2. Schon Amadeo Avogadro (1776-1856) unterschied zwischen Atomen (molécules élémentaires) und Molekülen (molécules intégrantes) und vermutete, dass die chemischen Elemente in der Gasphase nicht als einzelne Atome, sondern als zweiatomige Moleküle vorliegen. Seine Ansichten gerieten aber für längere Zeit in Vergessenheit. Erst seinem Schüler Stanislao Cannizzaro (1826-1910) gelang der Nachweis, dass Wasserstoff im Gaszustand als H2-Molekül vorliegt.

Quantenmechanisch lassen sich Atombindungen näherungsweise durch die 1927 von Walter Heitler und Fritz London entwickelte Valenzstrukturtheorie (VB-Theorie) oder durch die wenig später von Friedrich Hund und Robert S. Mulliken aufgestellte Molekülorbitaltheorie (MO-Theorie)berechnen.

Die 4 bindenden sp3-Hybridorbitale von Methan (CH4), durch die 4 Wasserstoffatome kovalent an das zentrale Kohlenstoffatom gebunden sind.

Um die geometrischen Verhältnisse bei Atombindungen wirklichkeitsgetreuer zu beschreiben, führte Linus Pauling um 1931 das Konzept der Hybridorbitale ein. Er nützte dabei die Tatsache aus, dass alle Linearkombinationen der Wellenfunktionen, die sich als Lösungen der Schrödingergleichung ergeben, gültige Lösungen derselben sind.

Ein Beispiel möge dies verdeutlichen: Ein Kohlenstoffatom (C) verbindet sich mit vier Wasserstoffatomen (H) zu dem Kohlenwasserstoff Methan (CH4). Wasserstoff verfügt nur über ein einziges Elektron, das sich im Grundzustand im 1s-Orbital aufhält. Kohlenstoff hat insgesamt 6 Elektronen, von denen sich zwei in der inneren 1s-Schale befinden, die an der Bindung unbeteiligt ist. Die restlichen 4 Elektronen befinden sich in der 2. Schale und verteilen sich auf das kugelsymmetrische 2s-Orbital und die drei hantelförmigen 2p-Orbitale, d.h. auf 2px, 2py und 2pz, die rechtwinkelig zueinander stehen. Da die kovalente Bindung der 4 Wasserstoffatome an den Kohlenstoff durch Überlagerung der äußeren Atomorbitale erfolgt, müssten theoretisch unterschiedliche Bindungen entstehen je nach dem, ob sich das 1s-Orbital des Wasserstoffs mit dem 2s-Orbital oder einem der drei 2p-Orbitale des Kohlenstoffs überlagert. Empirisch zeigt sich allerdings, dass alle 4 Bindungen völlig gleichwertig und nach den Ecken eines Tetraeders ausgerichtet sind. Das Problem lässt sich lösen, wenn man das 2s-Orbital und die drei 2p-Orbitale durch Linearkombination zu vier gleichwertigen sp3-Hybridorbitalen umwandelt, die tetraedrisch ausgerichtet und mit je einem Elektron besetzt sind.

Unterscheiden sich die Elektronegativitäten der Bindungspartner voneinander, entsteht eine polare Atombindung, bei der sich die miteinander verbunden Atome zwar nicht zu Ionen verwandeln, aber doch positive und negative Partialladungen tragen.

Koordinative Bindung

Die koordinative Bindung (auch Donator-Akzeptor-Bindung oder veraltet dative Bindung) ist eine besondere Form der Elektronenpaarbindung, bei der das bindende Elektronenpaar allein von einem der beiden Bindungspartner (dem Donator) bereitgestellt wird. Sie bildet die Grundlage der Komplexchemie. Die koordinativ an das Zentralatom gebundenen Atome, Ionen oder Moleküle werden als Liganden (von lat. ligare „binden“) bezeichnet. Als Zentralatome kommen vor allem Metalle infrage, die über freie d-Orbitale verfügen, wie etwa Cu2+, Mg2+, Fe2+, Fe3+, Fe0, Cr0, Ni2+ und Ni0.

So sind etwa die vier Ammoniak-Moleküle (NH3) in dem tiefblauen Tetraamminkupfer(II)-sulfat [Cu(NH3)4]SO4 koordinativ über das einsame Elektronenpaar des Stickstoffs an das zentrale Kupferatom gebunden.

Ein Metallgitter aus positiv geladenen Atomrümpfen, die von frei beweglichen Elektronen umgeben sind.

Auf ähnliche Weise ist auch das Kristallwasser in dem blauen Kupfersulfat-Pentahydrat Cu[SO4]·5H2O und ähnlichen Salzen koordinativ gebunden. Treibt man das Kristallwasser durch Erhitzen aus, bleibt das kristallwasserfrei farblos weißliche Kupfersulfat CuSO4 zurück.

Metallische Bindung

Metalle haben nur relativ wenige Außenelektronen und geben diese auch ohne Reaktionspartner leicht ab. Dadurch entstehen leicht bewegliche freie Elektronen, die den Metallen ihre hohe elektrische und thermische Leitfähigkeit verleiht.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Gutmann/Hengge, S. 3