Kontemplation und Gelassenheit: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Kontemplation''' (von [[Latein|lat.]] ''contemplari'' „anschauen, betrachten“) bedeutet allgemein Beschaulichkeit oder auch beschauliche Betrachtung. Kontemplation ist auch als [[Mystik|mystischer]] Weg der westlichen Tradition bekannt. In der Regel wird durch ein kontemplatives Leben oder Handeln ein besonderer Empfindungszustand oder eine [[Wikipedia:Bewusstseinserweiterung|Bewusstseinserweiterung]] angestrebt. Eine kontemplative Haltung ist von [[Ruhe]] und sanfter Aufmerksamkeit auf einen Gedanken bestimmt und unterscheidet sich von der [[Meditation]] durch die dort angestrebte vollkommene Leere des Geistes.
'''Gelassenheit''' (von [[Wikipedia:Mittelhochdeutsch|mhd.]] ''gelazen'' , "sich niederlassen"; mit der späteren Bedeutung "maßvoll, ruhig, gottergeben sein"), '''Gleichmut''', '''innere Ruhe''' oder '''Gemütsruhe''' besteht in der [[Fähigkeit]], auch in schwierigen, [[gefühl]]smäßig und [[emotion]]al belastenden Situationen ruhig und [[besonnen]] zu bleiben.


== Sprachliche Varianz==
''Gelassenheit'' ist die dritte der [[Nebenübungen]], die nach [[Rudolf Steiner]] unerlässliche Voraussetzung dafür sind, einen [[Schulungsweg|geistigen Schulungsweg]] gehen zu können. Es wird dadurch die '''Gleichmut des [[Gefühl]]s''' erreicht.


[[Vita contemplativa]] meint eine ''kontemplative'' Lebensweise, beispielsweise bei [[Mönch]]en verschiedener Religionen. Man verwendet den Begriff auch häufig im Zusammenhang mit der Betrachtung der [[Natur]] oder eines [[Kunst]]werks. Das Adjektiv '''kontemplativ''' meint hier [[Konzentration]] auf [[geistig]]e Inhalte. Die gängigste Verwendung hat jedoch ihre Bedeutung in der religiösen Auffassung im Sinne einer geistigen Versenkung in Gott oder eine Gottheit oder in göttliche Werke und [[Anschauung]]en.
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"Im dritten Monat soll als neue Übung in den Mittelpunkt des Lebens gerückt werden die Ausbildung eines gewissen Gleichmutes gegenüber den Schwankungen von Lust und Leid, Freude und Schmerz, das «Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt» soll mit Bewußtsein durch eine gleichmäßige Stimmung ersetzt werden. Man gibt auf sich acht, daß keine Freude mit einem durchgehe, kein Schmerz einen zu Boden drücke, keine Erfahrung einen zu maßlosem Zorn oder Ärger hinreiße, keine Erwartung einen mit Ängstlichkeit oder Furcht erfülle, keine Situation einen fassungslos mache, usw., usw. Man befürchte nicht, daß eine solche Übung einen nüchtern und lebensarm mache; man wird vielmehr alsbald bemerken, daß an Stelle dessen, was durch diese Übung vorgeht, geläutertere Eigenschaften der Seele auftreten; vor allem wird man eines Tages eine innere Ruhe im Körper durch subtile Aufmerksamkeit spüren können; diese gieße man, ähnlich wie in den beiden oberen Fällen, in den Leib, indem man sie vom Herzen nach den Händen, den Füßen und zuletzt nach dem Kopfe strahlen läßt. Dies kann natürlich in diesem Falle nicht nach jeder einzelnen Übung vorgenommen werden, da man es im Grunde nicht mit einer einzelnen Übung zu tun hat, sondern mit einer fortwährenden Aufmerksamkeit auf sein inneres Seelenleben. Man muß sich jeden Tag wenigstens einmal diese innere Ruhe vor die Seele rufen und dann die Übung des Ausströmens vom Herzen vornehmen. Mit den Übungen des ersten und zweiten Monats verhalte man sich, wie mit der des ersten Monats im zweiten." {{Lit|GA 245 (1968), S 15 ff}}
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== Christliche Bedeutung ==
Im [[Buddhismus]] zählt Gleichmut ([[Sanskrit|skrt.]] [[upekkhā]]) neben [[Liebe]] ([[Wikipedia:Pali|Pali]] [[metta]]; skrt. [[maitri]]), [[Mitgefühl]] (skrt. [[karuna]]) und [[Mitfreude]] (skrt. [[mudita]]) zu den "[[Brahmavihara|Vier Unermesslichen]]", welche die feste Grundlage für jede [[Geistesschulung]] bilden.
 
Der mystische Weg innerhalb der christl. Religion ist fast so alt wie das [[Christentum]] selbst. Das 40-tägige [[Fasten]] [[Jesus von Nazaret|Jesu]] in der Jüdäischen Wüste, bei dem ihm der [[Satan]] erschien, weist darauf hin.  
 
Die Vertreter der kontemplativen Tradition blieben lange eine mehr geduldete als geachtete Randgruppe innerhalb des Christentums, da es teilweise Differenzen zu den [[Wikipedia:dogma|dogma]]tischen Ansichten der [[Wikipedia:katholisch|katholisch]]en [[Kirche]] beim Gottesbegriff gab. Während die allgemeine Lehrmeinung von einem [[Gott]] als [[Person]] ausgeht, zu dem man - wie zu einem Mensch - sprechen kann, übt sich der kontemplative Mensch darin, auf Gott zu lauschen. Innerhalb der katholischen Tradition gibt es viele, hochverehrte Heilige, die das Gebet der Kontemplation ausgeübt haben und aus diesem Geist heraus auch die Kirche mit geprägt haben, unter anderem [[Teresa von Avila]], die 1970 zur Kirchenlehrerin erhoben wurde, [[Wikipedia:Johannes vom Kreuz|Johannes vom Kreuz]] und [[Nikolaus von der Flüe]].  
In den evangelischen Kirchen spielt die Kontemplation traditionellerweise keine nennenswerte Rolle.
 
Das Ziel der Kontemplation ist es, sich für Gottes Geist zu öffnen. Dies kann in einem Dreischritt erfolgen:
# Reinigung
# [[Erleuchtung]]
# Seeleneinheit mit Gott.
 
Dem Ziel der Kontemplation kann sich der Mystiker durch verschiedene Methoden nähern, wichtige sind:
* [[Ignatius von Loyola|ignatianische]] Exerzitien - geistliche Übungen
* [[Benediktiner|benediktinische]] Methode (''lectio'', ''meditatio'', ''oratio'')
* [[Jesusgebet]] (wiederholte Rezitation des Wortes [[Jesus von Nazareth|Jesu]] bzw. des veränderbaren Satzes ''Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner, des [[Sünder]]s'')
 
Besonders geprägt wurde die Vita contemplativa durch [[Theresa von Ávila]], [[Meister Eckhart|Meister Eckhardt]], [[Johannes vom Kreuz]], [[Angelus Silesius]], [[Hildegard von Bingen]]. Wichtige lebende Lehrer der Kontemplation sind u.a.: der ehemalige Benediktiner und Zenmeister [[Willigis Jäger]], Pater [[Franz Jalics]] SJ, Pater [[Anselm Grün]] und Pater [[Laurence Freeman]].
 
Im engeren Sinne nennt man eine Gemeinschaft (meist einen [[Ordensgemeinschaft|Orden]] oder eine [[Kommunität]]) dann kontemplativ, wenn deren Mitglieder sich ganz diesem Weg als Lebens- und Glaubensweg verschrieben haben und praktisch keine nach außen wirksame Arbeit betreiben - im Unterschied zu denjenigen Orden, die [[karitativ]] oder [[mission]]arisch tätig sind.
 
== Westlicher Weg fernöstlicher Mystik ==
 
Im Gegensatz zu vielen Formen östlicher [[Meditation]], bei der der Schüler (hier auch ''Sucher'' genannt) versucht, seinen Geist zu leeren, um eins mit Gott zu werden, versteht die christliche Mystik unter Kontemplation ein sich Ausrichten auf einen bedingungslos liebenden Gott. Kontemplation ist Einübung einer Haltung. Die Erfahrung von Gottes Gegenwart kann nicht vom Betenden selbst hergestellt werden, sie ist Geschenk und reine Gnade.
 
Der [[Rinzai]]-[[Zen]]-[[Buddhismus]], einige [[New Age]]-Bewegungen und das dem westlichen Lebensstil angepasste [[Eckankar]] gehen davon aus, dass es hilfreicher sei, eine innere Betrachtung, zum Beispiel liebevoller Gedanken, [[Postulat]]e oder von Menschen die man liebt, aber auch einer [[Weisheit]] beziehungsweise eines [[Affirmation|Sinnspruches]] mit in die Kontemplation zu nehmen, als zu versuchen, den Geist vollkommen zu leeren. Diese Technik soll dem Gläubigen zum einen die Möglichkeit verleihen sich mit universeller [[Liebe]] anzufüllen, andererseits wird so der Erkenntnis Rechnung getragen, dass eine vollkommene Stille im mentalen Bereich kaum zu erreichen, noch schwerer aufrecht zu erhalten ist. In sofern haben also bestimmte [[Esoterik|esoterische]] Schulen sich dem Konzept der Kontemplation als einen einfacheren und praxistauglicheren Weg zur [[Erleuchtung]] bedient.
 
In tiefer Kontemplation ist es nach Angaben von Praktikern ebenso möglich, [[Bewusstseinserweiterung|transzendentale]] Erfahrungen zu machen wie in [[Meditation]].


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Anweisungen für eine esoterische Schulung (Sonderausgabe)'', ([[GA 245]]) (1993) [http://bdn-steiner.ru/cat/ga/245.pdf]


* Franz Jalics, Kontemplative Exerzitien, Echter Verlag, 2001
{{GA}}
* Frico Melzer: ''Konzentration, Meditation, Kontemplation'', Kassel, 1974
* Octavio Paz: ''Lektüre und Kontemplation'', Frankfurt/Main, 1991
 
== Siehe auch ==
 
* {{Wiktionary|Kontemplation}}
* [[Wikipedia:Christliche Mystik|Christliche Mystik]]
* [[Kontemplation (Malerei)]]
Übergeordnete Assoziationen:
* [[Mystik]]
* [[Esoterik]]
Weitere Wege mit kontemplativem Schwerpunkt:
* [[Zen]]
* [[Wikipedia:Eckankar|Eckankar]]
* [[Wikipedia:Quietismus|Quietismus]]
Biografische Verweise:
* [[Wikipedia:Benedikt von Nursia|Benedikt von Nursia]]
* [[Wikipedia:Hannah Arendt|Hannah Arendt]]
* [[Wikipedia:Arthur Schopenhauer|Arthur Schopenhauer]]
== Weblinks ==
* [http://www3.rpi-virtuell.de/workspace/users//1029/C.Mystik-im-Christentum/Uebersicht-christliche-Mystik.htm Textsammlung zur christlichen Mystik und Kontemplation auf www.weltreligionen-und-mystik.de]
 
[[Kategorie:Meditation]]
[[Kategorie:Schulungsweg]]


{{Wikipedia}}
[[Kategorie:Schulungsweg]] [[Kategorie:Nebenübungen]]

Version vom 17. Juni 2013, 11:22 Uhr

Gelassenheit (von mhd. gelazen , "sich niederlassen"; mit der späteren Bedeutung "maßvoll, ruhig, gottergeben sein"), Gleichmut, innere Ruhe oder Gemütsruhe besteht in der Fähigkeit, auch in schwierigen, gefühlsmäßig und emotional belastenden Situationen ruhig und besonnen zu bleiben.

Gelassenheit ist die dritte der Nebenübungen, die nach Rudolf Steiner unerlässliche Voraussetzung dafür sind, einen geistigen Schulungsweg gehen zu können. Es wird dadurch die Gleichmut des Gefühls erreicht.

"Im dritten Monat soll als neue Übung in den Mittelpunkt des Lebens gerückt werden die Ausbildung eines gewissen Gleichmutes gegenüber den Schwankungen von Lust und Leid, Freude und Schmerz, das «Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt» soll mit Bewußtsein durch eine gleichmäßige Stimmung ersetzt werden. Man gibt auf sich acht, daß keine Freude mit einem durchgehe, kein Schmerz einen zu Boden drücke, keine Erfahrung einen zu maßlosem Zorn oder Ärger hinreiße, keine Erwartung einen mit Ängstlichkeit oder Furcht erfülle, keine Situation einen fassungslos mache, usw., usw. Man befürchte nicht, daß eine solche Übung einen nüchtern und lebensarm mache; man wird vielmehr alsbald bemerken, daß an Stelle dessen, was durch diese Übung vorgeht, geläutertere Eigenschaften der Seele auftreten; vor allem wird man eines Tages eine innere Ruhe im Körper durch subtile Aufmerksamkeit spüren können; diese gieße man, ähnlich wie in den beiden oberen Fällen, in den Leib, indem man sie vom Herzen nach den Händen, den Füßen und zuletzt nach dem Kopfe strahlen läßt. Dies kann natürlich in diesem Falle nicht nach jeder einzelnen Übung vorgenommen werden, da man es im Grunde nicht mit einer einzelnen Übung zu tun hat, sondern mit einer fortwährenden Aufmerksamkeit auf sein inneres Seelenleben. Man muß sich jeden Tag wenigstens einmal diese innere Ruhe vor die Seele rufen und dann die Übung des Ausströmens vom Herzen vornehmen. Mit den Übungen des ersten und zweiten Monats verhalte man sich, wie mit der des ersten Monats im zweiten." (Lit.: GA 245 (1968), S 15 ff)

Im Buddhismus zählt Gleichmut (skrt. upekkhā) neben Liebe (Pali metta; skrt. maitri), Mitgefühl (skrt. karuna) und Mitfreude (skrt. mudita) zu den "Vier Unermesslichen", welche die feste Grundlage für jede Geistesschulung bilden.

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Anweisungen für eine esoterische Schulung (Sonderausgabe), (GA 245) (1993) [1]
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.