Sinneswahrnehmung und Spirituelles Bewusstsein: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Sinneswahrnehmung''' oder '''Sensation''' (von {{FrS|''sensation''}} „'''Sinneseindruck'''“; aus [[[lat.]] ''sensus'' [[Gefühl]], [[Verstand]] bzw. ''sentire'' „[[Empfindung|empfinden]], fühlen, mit den [[Sinne]]n wahrnehmen“) ist ein spezieller Fall der [[Wahrnehmung]] überhaupt. In seiner [[Sinneslehre]] hat [[Rudolf Steiner]] zwölf [[physisch]]e [[Sinne]] unterschieden, durch die wir die [[sinnliche Welt]] wahrnehmen. Am Zustandekommen der Sinneswahrnehmung sind aber nicht nur Vorgänge der sinnlichen Welt, sondern auch solche höherer Welten wesentlich mitbeteiligt. Und entsprechend ist beim [[Mensch]]en nicht nur der [[Physischer Leib|physische Leib]] tätig, sondern auch die höheren [[Wesensglieder]] wirken mit, wie es Rudolf Steiner am [[Farbwahrnehmungsprozeß]] exemplarisch gezeigt hat.
Das '''spirituelle Bewusstsein''', auch '''Intuition''' (von [[lat.]] ''intuitio'' = unmittelbare Anschauung, zu lat. ''intueri'' = ansehen, betrachten<ref>vgl. ([http://www.duden.de/rechtschreibung/Intuition Duden])</ref>) genannt, die unmittelbarste [[nichtdiskursiv]]e Form des [[Erkenntnis|Erkennens]], ist ein allumfassendes [[ganzheit]]liches [[Bewusstsein]], durch das in letzter Konsequenz die geistigen Geschehnisse im ganzen Kosmos miterlebt werden können. Es ist das umgewandelte und mit dem klaren [[Selbstbewusstsein]] verbundene [[Trance-Bewusstsein]], das der [[Mensch]] auf dem [[Alter Saturn|alten Saturn]] hatte. Voll ausgebildet wird der Mensch es erst auf dem [[Vulkan]] haben. Durch [[Schulungsweg|geistige Schulung]] kann das intuitive Bewusstsein schon jetzt in gewissem Grade ausgebildet werden, wenn die [[Empfindungsseele]] zur [[Intuitionsseele]] umgestaltet wird. Eine Vorstufe dazu bildet das '''intuitive Denken'''. Keineswegs zu verwechseln ist das, was [[Rudolf Steiner]] als Intuition bezeichnet, mit dem halb [[Unterbewusstsein|unbewussten]], [[traum]]artigen [[Bauchgefühl]], das umgangssprachlich häufig auch als Intuition bezeichnet wird und nur ein letzter Rest einer sehr alten, heute nicht mehr zeitgemäßen [[Erkenntnis]]form ist, die sich letztlich auf das in der Frühzeit weit verbreitete [[Bauchhellsehen]] gründet. Das von Steiner beschriebene spirituelle Bewusstsein steht demgegenüber bezüglich Klarheit und Bewusstseinsgrad drei Stufen über dem gegenwärtigen wachen [[Tagesbewusstsein]] und ist damit die höchste und bewussteste Form der Erkenntnis, die dem Menschen heute - zumindest in seinen ersten Anfängen - zugänglich ist.


== Sinneswahrnehmung und Ideenwelt ==
Was Intuition bereits auf der Ebene des [[Denken]]s bedeutet, hat Rudolf Steiner schon in seiner [[Philosophie der Freiheit]] so formuliert:


Die sinnliche Wahrnehmung löscht alle [[nichtsinnlich]]en, [[idee]]llen Inhalte aus. Diese können nur durch das [[Denken]] - und im erweiterten Sinn durch die [[Geistesschau]] - erfasst werden und geben erst zusammen mit der [[Wahrnehmung]] die ganze [[Wirklichkeit]].
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"''Intuition'' ist das im rein Geistigen verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes." {{Lit|{{G|004|146}}}}
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Im intuitiven Denken habe der Mensch daher bereits ein rein geistiges Erlebnis:
 
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"Die geistige Wahrnehmungswelt kann
dem Menschen, sobald er sie erlebt, nichts Fremdes sein, weil er im intuitiven Denken
schon ein Erlebnis hat, das rein geistigen Charakter trägt." {{Lit|{{G|004|181}}}}
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"Man kann sehr leicht den Ausdruck Intuition mißverstehen,
weil zum Beispiel derjenige, der Phantasie hat, der dichterisches
Vermögen hat, die gefühlsmäßigen Empfindungen von der Welt,
die er hat, auch schon Intuition nennt. Aber das ist eine dunkle,
bloß gefühlte Intuition. Sie ist aber doch verwandt mit demjenigen,
was ich Intuition hier nenne. Denn wie der Mensch vollständig hier
als Erdenmensch seine sinnliche Wahrnehmung hat, so hat er einen
Abglanz der höchsten Art der Erkenntnis der Intuition durch das
irdische Gefühl und den irdischen Willen. Er würde sonst kein
sittliches Wesen sein können. So daß dasjenige, was sich dunkel,
ahnungsvoll für den Menschen im Gewissen kundgibt, ein Abglanz
ist, gewissermaßen ein Schattenbild des Höchsten, das nun erst in
der wahren Intuition, in der höchsten dem Menschen zunächst als
Erdenmenschen möglichen Erkenntnisart erscheint.
 
Der Mensch hat wirklich als Erdenmensch etwas von dem Untersten,
und wiederum ein Schattenbild des Obersten, das erst in
der Intuition erreichbar ist. Gerade die mittleren Gebiete fehlen
ihm zunächst vollständig als Erdenmenschen. Die muß er sich erwerben:
Imagination und Inspiration. Die Intuition in der reinen,
lichtvollen Innerlichkeit muß er sich auch erwerben; aber er hat
gerade in der sittlichen Empfindung, im Inhalt des sittlichen
Gewissens ein irdisches Abbild desjenigen, was dann als Intuition
auftritt. So daß man auch sagen kann: Wenn der Mensch als ein
Initiierter, Erkennender zu einem wirklichen intuitiven Erkennen
der Welt aufsteigt, so wird ihm die Welt, die er sonst nur in Naturgesetzen
kennt, so innerlich, so mit ihm verbunden, wie für ihn
als Erdenmenschen sonst nur die sittliche Welt ist. Und das ist
gerade das Bedeutsame in der Menschenwesenheit auf Erden, daß
wir wie mit einem innersten dunklen Erahnen hängen an dem
Allerhöchsten, was wiederum nur der entwickelten Erkenntnis in
seiner wahren Gestalt zugänglich ist." {{Lit|{{G|227|59}}}}
</div>
 
<div style="margin-left:20px">
"Von der Inspiration kann der geistige Beobachter zur
Intuition aufsteigen. In der Ausdrucksart der Geheimwissenschaft
bedeutet dieses Wort in vieler Beziehung das
genaue Gegenteil von dem, wofür man es im gewöhnlichen
Leben oft anwendet. In letzterem spricht man von
Intuition, wenn man einen dunkel als wahr gefühlten
Einfall im Auge hat, dem an sich die klare, begriffliche
Feststellung noch fehlt. Man sieht darinnen mehr eine
Vorstufe der Erkenntnis denn eine solche selbst. Solch ein
entsprechender «Einfall» mag - nach dieser
Begriffsbestimmung - eine große Wahrheit wie in
einem Blitzlicht erleuchten; als Erkenntnis kann er erst
gelten, wenn er durch begriffliche Urteile begründet wird.
Bisweilen bezeichnet man auch als Intuition etwas, was
man als Wahrheit «fühlt», wovon man ganz überzeugt ist,
was man aber durch Verstandesurteile nicht belasten will.
Menschen, an welche die geheimwissenschaftlichen
Erkenntnisse herankommen, sagen gar oft: Das war mir
«intuitiv» schon immer klar. Von all dem muß ganz
abgesehen werden, wenn man den Ausdruck «Intuition» in
seiner hier gemeinten wahren Bedeutung ins Auge fassen
will. Intuition ist, in dieser Anwendung, nicht eine
Erkenntnis, die an Klarheit hinter der Verstandeserkenntnis
zurückbleibt, sondern welche diese weit überragt." {{Lit|{{G|012|76f}}}}
</div>
 
<div style="margin-left:20px">
"Das
''Leben'' der Dinge in der ''Seele'' ist nun die ''Intuition''. Es ist
eben ganz wörtlich zu nehmen, wenn man von der Intuition
sagt: man kriecht durch sie in alle Dinge hinein. - Im gewöhnlichen
Leben hat der Mensch nur ''eine'' Intuition, das
ist diejenige des «Ich» selber. Denn das «Ich» kann auf
keine Weise von außen wahrgenommen werden, es kann
nur im Innern erlebt werden. Eine einfache Erwägung kann
das klarmachen. Es ist dies eine Erwägung, die allerdings
von den Psychologen nicht mit der wünschenswerten
Schärfe gemacht wird. So unscheinbar sie aber ist: für den,
der ''sie'' ganz versteht, ist sie von der allerweittragendsten
Bedeutung. Sie ist die folgende: Ein jedes Ding
der Außenwelt kann von allen Menschen mit demselben
Namen genannt werden. Der Tisch kann von allen mit
«Tisch», die Tulpe von allen mit «Tulpe», der Herr Müller
von allen mit «Herr Müller» angesprochen werden. Aber es
gibt ein Wort, das jeder nur zu sich selbst sprechen kann.
Dies ist das Wort «Ich». Kein anderer kann zu mir «Ich»
sagen, für jeden anderen bin ich ein «Du». Ebenso ist jeder
andere für mich ein «Du». Nur er selbst kann zu sich «Ich»
sagen. Das rührt davon her, daß man nicht ''außer'', sondern
''in'' dem «Ich» lebt. Und so lebt man durch die ''intuitive''
Erkenntnis in allen Dingen. Die Wahrnehmung des eigenen
«Ich» ist das Vorbild für alle intuitive Erkenntnis. Um so in
die Dinge hineinzukommen, muß man allerdings erst aus
sich selbst heraustreten. Man muß «selbstlos» werden, um
mit dem «Selbst», dem «Ich», einer anderen Wesenheit zu
verschmelzen." {{Lit|{{G|012|20f}}}}
</div>
 
<div style="margin-left:20px">
"Man hat erst dann etwas
intuitiv erfaßt, wenn man diesem «Etwas» gegenüber zu
der Empfindung gekommen ist: es äußert sich in ihm ein
Wesen, das von derselben Art und inneren Geschlossenheit
wie das eigene Ich ist." {{Lit|{{G|012|78}}}}
</div>
 
Konkreter aus der [[übersinnlich]]en [[Erfahrung]] gesprochen, ist Intuition das vollkommene Einswerden mit anderen [[Geistige Wesen|geistigen Wesen]], indem man in sie untertaucht bzw. diese in uns untertauchen, ohne dass man dabei aber die eigene Identität verliert. Dann gibt es keinen Unterschied mehr zwischen mir und den anderen geistigen Wesen, man ist gleichsam ''im Gotte stehend'' - und doch ist man gerade dann am allermeisten bei sich selbst. Ein Paradoxon, auf das schon [[Paulus]] hingedeutet hat mit dem Wort, das [[Rudolf Steiner]] meist so zitiert: ''Nicht ich, sondern der Christus in mir.'' [[Wikipedia:Meister Eckhart|Meister Eckhart]] hat es so ausgesprochen:
 
:"Das Auge, durch das ich Gott sehe, das ist das gleiche Auge, mit dem Gott mich sieht. Mein Auge und Gottes Auge das ist ein Auge und ein Sehen und ein Erkennen und ein Empfinden." {{lit|1,2}}
 
In der intuitiven Erkenntnis bedient sich der Mensch jener Kräfte, die bis zum [[Zahnwechsel]] im [[Siebentes Lebensjahr|siebenten Lebensjahr]] an der Gestaltung des [[Physischer Leib|physischen Leibes]] arbeiten.
 
<div style="margin-left:20px">
"... die Kräfte, die in der Intuition, in der intuitiven Erkenntnis
angewendet werden, sind dieselben Kräfte, mit denen man bis zum
siebenten Jahre so wächst, daß dieses Wachsen seinen Ausdruck
findet im Zahnwechsel. Diese schlafenden Kräfte, die bis zum siebenten
Jahr tätig sind in der Menschennatur, die benützt man in der übersinnlichen
Erkenntnis, um zur Intuition zu kommen." {{Lit|{{G|191|32}}}}
</div>
 
<div style="margin-left:20px">
"Wenn die Übungen für die Intuition gemacht werden, so
wirken sie nicht allein auf den Ätherleib, sondern bis in die
übersinnlichen Kräfte des physischen Leibes hinein. Man
sollte sich allerdings nicht vorstellen, daß auf diese Art
Wirkungen im physischen Leibe vor sich gehen, welche der
gewöhnlichen Sinnenbeobachtung zugänglich sind. Es sind
Wirkungen, welche nur das übersinnliche Erkennen beurteilen
kann. Sie haben mit aller ''äußeren'' Erkenntnis nichts zu
tun. Sie stellen sich ein als Erfolg der Reife des Bewußtseins,
wenn dieses in der Intuition Erlebnisse haben kann, trotzdem
es alle vorher gekannten äußeren und inneren Erlebnisse
aus sich herausgesondert hat. — Nun sind aber die
Erfahrungen der Intuition zart, intim und fein; und der
physische Menschenleib ist auf der gegenwärtigen Stufe seiner
Entwickelung im Verhältnisse zu ihnen grob. Er bietet
deshalb ein stark wirkendes Hindernis für den Erfolg der
Intuitionsübungen. Werden diese mit Energie und Ausdauer
und in der notwendigen inneren Ruhe fortgesetzt, so überwinden
sie zuletzt die gewaltigen Hindernisse des physischen
Leibes. Der Geistesschüler bemerkt das daran, daß er
allmählich gewisse Äußerungen des physischen Leibes, die
vorher ganz ohne sein Bewußtsein erfolgten, in seine Gewalt
bekommt. Er bemerkt es auch daran, daß er für kurze
Zeit das Bedürfnis empfindet, z.B. das Atmen (oder dergleichen)
so einzurichten, daß es in eine Art Einklang oder
Harmonie mit dem kommt, was in den Übungen oder sonst
in der inneren Versenkung die Seele verrichtet. Das Ideal der
Entwickelung ist, daß durch den physischen Leib selbst gar
keine Übungen, auch nicht solche Atemübungen gemacht
würden, sondern daß alles, was mit ihm zu geschehen hat, sich
''nur'' als eine Folge der reinen Intuitionsübungen einstellte." {{Lit|{{G|013|371f}}}}
</div>
 
== Der Intuitionsbegriff der 'Philosophie der Freiheit' ==
<div style="margin-left:20px">
"Im
Gegensatz zum Wahrnehmungsinhalte, der uns von außen
gegeben ist, erscheint der Gedankeninhalt im Innern. Die
Form, in der er zunächst auftritt, wollen wir als Intuition
bezeichnen. Sie ist für das Denken, was die Beobachtung für
die Wahrnehmung ist. Intuition und Beobachtung sind die
Quellen unserer Erkenntnis." (S. 95)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Intuition und Beobachtung sind die
Quellen unserer Erkenntnis. Wir stehen einem beobachteten
Dinge der Welt so lange fremd gegenüber, so lange wir in
unserem Innern nicht die entsprechende Intuition haben,
die uns das in der Wahrnehmung fehlende Stück der Wirklichkeit
ergänzt." (S. 95)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Was uns in der
Beobachtung an Einzelheiten gegenübertritt, das verbindet
sich durch die zusammenhängende, einheitliche Welt unserer
Intuitionen Glied für Glied;" (S. 96)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Die Frage nach dem «Was» einer Wahrnehmung
kann also nur auf die begriffliche Intuition gehen, die
ihr entspricht." (S. 99)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Ein Glied in meinem Gedankensysteme,
eine bestimmte Intuition, ein Begriff verbindet sich mit der
Wahrnehmung. Wenn dann die Wahrnehmung aus meinem
Gesichtskreise verschwindet: was bleibt zurück? Meine Intuition
mit der Beziehung auf die bestimmte Wahrnehmung,
die sich im Momente des Wahrnehmens gebildet hat." (S. 106)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Die ''Vorstellung'' ist nichts anderes als eine auf eine
bestimmte Wahrnehmung bezogene Intuition, ein Begriff,
der einmal mit einer Wahrnehmung verknüpft war, und
dem der Bezug auf diese Wahrnehmung geblieben ist." (S. 107)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Die Vorstellung steht also zwischen Wahrnehmung und
Begriff. Sie ist der bestimmte, auf die Wahrnehmung deutende
Begriff."
</div>
Bei diesen Ausführungen Steiners fällt auf, daß nebeneinander die Wörter '[[Begriff]]' und 'Intuition' verwendet werden, als wären es Synonyme. Aber wenn es für Steiner Synonyme sind, warum sagt er das dann nicht? Und warum wählt er einmal das Wort 'Begriff', dann wieder 'Intuition', aber auch Kombinationen wie 'begriffliche Intuition'? Zudem kommen die Wörter 'Inhalt' und 'Form' vor. Ein Gedanken''inhalt'' tritt ''zunächst'' in der ''[[Form]]'' der Intuition auf.
 
Als Formmerkmale von Begriffen oder Intuitionen können Erscheinung, Auftreten, [[Ursprung|Quellcharakter]], [[Bewußtsein|Bewußtheit]], Aktivität, Beweglichkeit, Innerlichkeit, Subjektivtät, Zusammenhang, Einheitlichkeit, Gliedcharakter, Bestimmtheit, Begrenztheit,  [[Intentionalität]], Funktionalität, Bezüglichkeit, usw. in Frage kommen, insofern sie nicht dem Gedankeninhalt zuzurechnen sind. Einige dieser Attribute sind in den Zitaten angeführt, andere implizit mitgemeint, oder es ist dies im übrigen Text der 'Philosophie der Freiheit' der Fall. Vgl. auch S. 154, wo von dem "ideellen und folglich allgemeinen Inhalt" einer Intuition gesprochen wird, und S. 153 davon, daß der "Inhalt eines Begriffes durch reine Intuition aus der ideellen Sphäre heraus" bestimmt werdern kann, ohne Bezug auf eine Wahrnehmung. Seite 166 heißt es jedoch:
<div style="margin-left:20px">
"Der Unterschied
zwischen mir und meinem Mitmenschen liegt durchaus nicht
darin, daß wir in zwei ganz verschiedenen Geisteswelten
leben, sondern daß er aus der uns gemeinsamen Ideenwelt
andere Intuitionen empfängt als ich." (S. 166)
</div>


{{GZ|Die sinnliche Wahrnehmung
Was kann da mit "Intuitionen" anderes gemeint sein als Gedanken''inhalte''? Wenn man statt 'empfangen' das Wort 'intuieren' verwendete, würde es dann heißen: Aus der [[Ideen]]welt Intuitionen intuieren. Die anfängliche Bestimmung von Intuition als Form, bzw. daß ausschließlich formhaftes Intuition genannt wird, wird von Steiner offenbar nicht durchgängig beibehalten, sondern Intuition kann auch den Inhalt von [[Gedanke]]n bezeichnen. Dies wird auch durch eine Formulierung auf Seite 191 bestätigt:
schaltet alles Nichtsinnliche von den Dingen aus. Die Dinge
<div style="margin-left:20px">
werden durch sie alles dessen entkleidet, was an ihnen nichtsinnlich
"Der freie Geist handelt nach seinen Impulsen, das sind Intuitionen,
ist. Schreite ich dann zu dem geistigen, dem ideellen
die aus dem Ganzen seiner Ideenwelt durch das
Inhalt fort, so stelle ich nur dasjenige wieder her, was
Denken ausgewählt sind. (S. 191)
die sinnliche Wahrnehmung an den Dingen ausgelöscht
</div>
hat. Somit zeigt mir die sinnliche Wahrnehmung nicht das
Hier könnte man wohl wieder umformulieren zu: Intuitionen, die aus dem Ganzen der Ideenwelt durch Intuition ausgewählt sind. Seite 240 ist dann wieder die Form gemeint:
tiefste Wesen der Dinge; sie trennt mich vielmehr von diesem
<div style="margin-left:20px">
Wesen. Die geistige, ideelle Erfassung verbindet mich
"Das Individuum muß seine Begriffe durch eigene Intuition gewinnen."
aber wieder mit diesem Wesen. Sie zeigt mir, daß die Dinge
</div>
in ihrem Innern genau von demselben geistigen Wesen
Auch da könnte man wohl ohne [[Bedeutung|Sinnänderung]] formulieren: Das Individuum muß seine Intuitionen durch eigene Intuition gewinnen.
sind, wie ich selbst. Die Grenze zwischen mir und der Außenwelt
fällt durch die geistige Erfassung der Welt dahin.
In einem Zusatz zur Neuauflage 1918 wird ein weiteres [[Merkmal]] der Intuition genannt. Es wird von '[[Kraft|Kräften]]' der Intuition gesprochen, die eine Vertiefung der Erkenntnis ermöglichen würden:
Ich bin von der Außenwelt getrennt, insofern ich ein sinnliches
Ding unter sinnlichen Dingen bin. Mein Auge und
die Farbe sind zwei verschiedene Wesenheiten. Mein Gehirn
und die Pflanze sind zweierlei. Aber der ideelle Inhalt
der Pflanze und der Farbe gehören mit dem ideellen Inhalt
meines Gehirns und des Auges einer einheitlichen ideellen
Wesenheit an.|7|43}}


Bei der Sinneswahrnehmung strömt in die Sinne zunächst [[Äther]]isches von außen ein, das durch die von innen aufsteigende abstrakte [[Ideen]]welt abgetötet wird und dadurch nur abgeschattet als [[physische Welt]] erscheint. Diese von innen aufsteigende Ideenwelt ist, wie schon [[Platon]] richtig bemerkt hatte, der Schattenwurf unserer vorgeburtlichen [[Existenz]]:
<div style="margin-left:20px">
"Eine Vermehrung
oder Andersgestaltung der menschlichen Sinne würde ein
anderes Wahrnehmungsbild ergeben, eine Bereicherung oder
Andersgestaltung der menschlichen Erfahrung; aber eine
wirkliche Erkenntnis müßte auch dieser Erfahrung gegenüber
durch die Wechselwirkung von Begriff und Wahrnehmung
gewonnen werden. Die Vertiefung der Erkenntnis
hängt von den im Denken sich auslebenden Kräften der Intuition (vergleiche Seite 95) ab.
Diese Intuition kann in
demjenigen Erleben, das im Denken sich ausgestaltet, in
tiefere oder weniger tiefe Untergründe der Wirklichkeit
tauchen. Durch die Erweiterung des Wahrnehmungsbildes
kann dieses Untertauchen Anregungen empfangen und auf
diese Art mittelbar gefördert werden." (S. 130f. aus Zusatz für Neuauflage 1918)
</div>


[[Bild:Abtoetung_des_Aetherischen.gif|thumb|243px|Abtötung des von außen einströmenden Ätherischen durch die von innen aufsteigende abstrakte Ideenwelt]]
Dabei ist fraglich, ob diese 'Kräfte' der Intuition ein anderes Wort für [[Fähigkeit]] zu Intuitionen bzw. Intuitionsvermögen sind, von dem andernorts gesprochen wird, oder ob nicht doch noch etwas anderes [[zeigen|bezeichnet]] werden soll.
{{GZ|Machen wir uns klar: Wir lassen im wachenden Zustande niemals diese Welt nur in uns einströmen. Wenn wir auch ein nur wenig aktives Denken in Ideen entwickeln, so bringen wir doch gewissermaßen aus dem Inneren heraus diesen auf uns einstürmenden Tönen, Farben, Gerüchen, Geschmäcken, überhaupt allen Sinnesqualitäten, den aus unserem Inneren aufsteigenden Gegenstoß der Ideenwelt entgegen. Und wer nun wiederum nicht nach der abstrakten Wortpsychologie der Gegenwart denkt, sondern wer wirklich beobachten gelernt hat, der kann sich fragen: Wie begegnen sich in unseren Sinnesorganen die von außen einstürmenden Wahrnehmungsinhalte und der Gegenstoß von innen, die Ideenwelt? - Sehen Sie, wenn wir bloß hingegeben wären an die Welt der Wahrnehmungen, dann lebten wir eigentlich als Menschen in unserem ätherischen Leibe und mit dem ätherischen Leibe in einer ätherischen Welt. Sie brauchen sich nur vorzustellen, wie Sie, hingegeben durch die Augen an die Farbenwelt, in einer wogenden, ätherisch wogenden Farbenwelt leben würden, wie Sie, hingegeben durch Ihre Ohren an die tönende Welt, in einem wogenden Tonmeer leben würden, das allerdings nicht ätherisch zunächst ist, aber es würde ätherisch sein, wenn Sie nicht den Gegenstoß durch die Ideen liefern würden. Nämlich so, wie die Töne zunächst für uns Menschen sind, so sind sie das Ätherische. Wir schwimmen im Luftmeere und dadurch im verdichteten Ätherischen. Es ist also Ätherisches, das nur bis zur Luft materiell verdichtet ist; die Töne sind nur der luftförmig-materielle Ausdruck wiederum vom Ätherischen. Und so ist es mit den Wärmequalitäten, mit den Geschmacks-, mit den Geruchsqualitäten, mit allen Sinnesqualitäten. Denken Sie sich also weg den Gegenstoß der Ideenwelt von innen, denken Sie sich, Sie lebten in einem ätherischen Meere als ätherische Wesenheit, Sie würden niemals zu jener menschlichen Konsistenz kommen, mit der Sie eigentlich zwischen Geburt und Tod in der Welt dastehen. Wodurch nur können Sie zu dieser Konsistenz kommen? Dadurch, daß Sie darauf hinorganisiert sind, dieses Ätherische abzutöten, abzulähmen. Und wodurch lähmen wir es ab? Wodurch töten wir es ab? Durch den Gegenstoß der Ideen! Es ist wirklich so: Es käme gewissermaßen von außen her - wenn ich schematisch zeichnen soll - die Welt des Wahrnehmungsinhaltes in lebendiger Ätherität (rot), und wir würden als ätherische Wesen schwimmen in lebendiger Ätherität, wenn wir nicht hineinsenden würden von innen den Gegenstoß der Ideenwelt (blau), die so, wie sie zwischen Geburt und Tod Ideenwelt ist, das Ätherische ertötet und uns die Welt als physische Welt erscheinen läßt. Wir hätten eine ätherische Welt um uns, wenn wir nicht durch die Ideenwelt ertöteten dieses Ätherische, es herunterbrächten zur physischen Gestaltlichkeit. Die Ideenwelt, so wie wir sie als Mensch haben, sie verbindet sich in unseren Gesamtorganen mit den Sinnesqualitäten, lähmt diese Sinnesqualitäten ab und bringt sie herunter bis zu dem, was wir eben als physische Welt erleben...


Also wir haben auf der einen Seite diesen Tatbestand, daß wir durch die Ideenwelt herabdämpfen das ätherische Gewoge der Sinnesqualitäten. Womit hängt das nun im weiteren zusammen? Es hängt im weiteren damit zusammen, daß unsere Ideenwelt, die wir als Mensch zwischen Geburt und Tod erleben als von innen aufsteigend, nicht in ihrer wahren Gestalt erscheint. Das können die Menschen nicht durchschauen, daß sie an den Ideen so, wie man sie erlebt als Mensch im physischen Leibe, nicht die wahre Gestalt dieser Ideen haben. Die Menschen sind noch so grob organisiert in der gegenwärtigen Zivilisation, daß sie gar nicht darauf kommen, sich zum Beispiel einmal zu sagen: Du fährst aus dem Schlafe auf, du hast einen ganzen Traum erlebt, der dir symbolisch ausgedrückt hat, was draußen auf der Straße «Feurio!» schreit. - Man erlebt symbolisch etwas, was draußen ganz anders ist. Was wir in den Ideen haben, ist eben sehr verschieden von dieser Ausbildung eines äußeren Ereignisses in der Traumphantasie; aber in der Ideenwelt haben wir dennoch auch etwas, was nichts anderes ist als das Hereinscheinen einer ganz anderen Welt. Und welche Welt ist es? Davon haben wir oftmals gesprochen. Es ist die Welt, die der Mensch durchgemacht hat vor der Geburt, oder sagen wir vor der Empfängnis. Das ist dasjenige, was hier im Leben abgeschattet ist bis zur abstrakten Ideenwelt, konkret erlebt. Zwischen dem Tod und einer neuen Geburt leben wir in der Realität dessen, was hier in der Ideenwelt nur in diesen Schattenbildern der Begriffe, der Vorstellungen, der Ideen vorhanden ist. So wie die äußere Welt in den Traum hereinscheint, so scheint die vorgeburtliche Welt herein in unsere Welt zwischen Geburt und Tod, indem sie nachwirkt in der Bildung von Ideen. Aber während alles lebt in dem, was die Ideen sind zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, während da das, was in der Ideenwelt real ist, unsere eigene Wesenheit berührt, während wir da, indem wir uns selber berühren, unser ideelles Substantielles berühren, so wie wir jetzt unseren physischen Leib berühren, schattet sich herein in dieses irdische Leben von dieser Substantialität der Ideenwelt nur dasjenige, wovon wir nicht einmal wissen, daß wir aus ihm im Irdischen die Realität des eigenen Ich schöpfen. Aber wir verwenden diesen Schatten unserer geistigen Existenz dazu, um uns gerade die Existenz auf Erden möglich zu machen. Was geben uns denn die Götter mit, indem sie durch die Geburt uns hereinsenden in diese Welt? Sie geben uns mit das Schattenbild jener Existenz, die wir haben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Dieses Schattenbild sind die Ideen, und diese Ideen dienen uns hier, um überhaupt physisch Mensch zu werden, sonst würden wir als ätherische Wesen im ätherischen Meer schwimmen. Wir töten ab das ätherische Leben mit den Schattenbildern unseres Lebens zwischen dem Tod und einer neuen Geburt.|198|217ff}}
Was Intuition auf der Ebene des [[Denken]]s bedeutet, hat Rudolf Steiner dann weiter so formuliert:
<div style="margin-left:20px">
"Wer aber
durchschaut, was bezüglich des Denkens vorliegt, der wird
erkennen, daß in der Wahrnehmung nur ein Teil der Wirklichkeit
vorliegt und daß der andere zu ihr gehörige Teil,
der sie erst als volle Wirklichkeit erscheinen läßt, in der denkenden
Durchsetzung der Wahrnehmung ''erlebt'' wird. Er
wird in demjenigen, das als Denken im Bewußtsein auftritt,
nicht ein schattenhaftes Nachbild einer Wirklichkeit sehen,
sondern eine auf sich ruhende geistige Wesenhaftigkeit. Und
von dieser kann er sagen, daß sie ihm durch ''Intuition'' im Bewußtsein
gegenwärtig wird. ''Intuition'' ist das im rein Geistigen
verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes.
Nur durch eine Intuition kann die Wesenheit des
Denkens erfaßt werden. {{Lit|{{G|004|146}}}} (aus Zusatz für Neuausgabe 1918)
</div>
Im Anschluß wird dann gesagt, daß die [[Wesenheit]] des Denkens selbst eine intuitive sei. Die Erfassung des intuitiven Wesens des Denkens ist nur durch Intuition möglich.


== Phantome der Sinnesempfindungen ==
Im intuitiven Denken habe der Mensch bereits ein rein geistiges Erlebnis:


<div style="margin-left:20px">
<div style="margin-left:20px">
"Etwas höchst Eigentümliches
"Die geistige Wahrnehmungswelt kann
zeigt sich, wenn man den Wahrnehmungsvorgang hellseherisch
dem Menschen, sobald er sie erlebt, nichts Fremdes sein, weil er im intuitiven Denken
beobachtet. Sagen wir, irgend etwas wirke auf unser Auge, wir
schon ein Erlebnis hat, das rein geistigen Charakter trägt." {{Lit|{{G|004|181}}}}
nehmen Licht oder Farbe wahr, wir haben also in unserem Bewußtsein
</div>
die Empfindung des Lichtes oder der Farbe: das Merkwürdige,
was man nun entdeckt durch die Geistesforschung, ist, daß im Menschenwesen
nicht nur dieses Licht und diese Farbe auftreten, sondern
daß da wie im Gefolge von Licht und Farbe gleichzeitig mit unserer
Empfindung von Licht- und Farbenbildern, man möchte sagen, eine
Art von Licht- oder Farbenleichnam in uns auftritt. Unser Auge veranlaßt
uns, daß wir die Licht- und Farbenempfindung haben. Man
könnte also sagen: das Licht strömt zu und bereitet uns die Lichtempfindung,
aber tiefer in unser Wesen hineinschauend, entdecken
wir, daß, während in unserem Bewußtsein das Licht sitzt, unser Menschenwesen
durchzogen wird von etwas, was in diesem Menschenwesen
sterben muß, damit wir die Lichtempfindung haben können.
Keine Wahrnehmung, keine Empfindung von außen können wir
haben, ohne daß sich gleichsam durchdrückt durch diese Empfindung
eine Art Leichenbildung, die wie im Gefolge dieser Empfindung auftritt.
Geistesforschung muß eben sagen: Da schaue ich mir den Menschen
an, ich weiß, jetzt empfindet er rot. Ich sehe aber, daß dieses
Rot, das in seinem Bewußtsein lebt, von sich gleichsam etwas ausgießt,
sein ganzes Wesen, insofern es in seine Haut und in die Grenzen
seines Ätherleibes eingeflossen ist, durchdringt mit etwas, was wie
der Leichnam der Farbe ist, was etwas ertötet in dem Menschen. Denken
Sie nur einmal, daß wir eigentlich immer, indem wir der physischen
Welt gegenüberstehen und unsere Sinnesorgane offen haben, die
Leichname aller unserer Wahrnehmungen wie Phantome, aber wirksame
Phantome, in uns aufnehmen. Immer stirbt etwas in uns, indem
wir die Außenwelt wahrnehmen. Es ist das ein höchst eigentümliches
Phänomen. Und der Geistesforscher muß sich fragen: Ja, was geschieht
denn da? Was ist denn die Ursache von diesem höchst eigenartigen
Phänomen?


Da muß man betrachten, wie es sich eigentlich mit dem verhält,
=== Der Intuitionsbegriff gemäß Seite 95ff. der 'Philosophie der Freiheit' ===
was da wie Licht an uns heranstürmt. Dieses Licht hat eben vieles
Da offensichtlich im Text der Philosophie der Freiheit der Begriff der Intuition nicht klar definiert ist, und das Wort 'Intuition' in unterschiedlichen Bedeutungen bzw. Kontexten verwendet wird, ist es verständlich, daß Rudolf Steiner in den Zusätzen der Neuauflage nochmals darauf hinweist, wo man im Text nachzusehen hat, um Aufschluß über die Intuition bzw. das intuitive Denken zu erhalten. Zweimal wird ausdrücklich auf die Seite 95, bzw. 95ff. verwiesen. Die eine Stelle befindet sich auf Seite 130f. (Zitat s.o.), die andere ist folgende:
hinter sich. Es ist gleichsam das, was das Licht offenbart, nur der
<div style="margin-left:20px">
Vorposten desjenigen, was an uns heranstürmt. Hinter dem Licht
"Die
steht allerdings nicht jene Wellenbewegung, von der die äußere Physik
Wahrnehmung ist der Teil der Wirklichkeit, der objektiv,
phantasiert, sondern hinter dem Licht, hinter allen Wahrnehmungen,
der Begriff derjenige, der subjektiv (durch Intuition, vgl.
hinter allen Eindrücken steht zunächst das, was wir nur erfassen,
Seite 95 ff.) gegeben wird." (S. 247)
wenn wir geisteswissenschaftlich die Welt anschauen durch Imaginationen,
</div>
durch schöpferische Bilder. In dem Augenblick, wo wir alles
Natürlich müssen auch gerade diese Stellen, in denen nach Seite 95 bzw. 95ff. verwiesen wird, für den Intuitionsbegriff aufschlußreich sein, da es sich auf Seite 130, und Seite 247 wegen des Bezuges sich um den gleichen [[Gegenstand]] handeln muß.  
sehen würden, alles wahrnehmen würden, was in dem Licht oder in
dem Tone oder in der Wärme lebt, würden wir hinter dem, was uns
zum Bewußtsein kommt, die schöpferische Imagination wahrnehmen
und in dieser sich wieder offenbarend die Inspiration, und in dieser
die Intuition. Es ist dasjenige, was uns zum Bewußtsein kommt als
Licht- und Tonempfindung, gleichsam die oberste Schicht, gleichsam
nur der Schaum dessen, was an uns heranschwingt, aber es lebt darin,
was, wenn es uns zum Bewußtsein käme, zur Imagination, Inspiration,
Intuition in uns werden könnte.


Also eigentlich haben wir nur ein Viertel von dem, was an uns
In dem obigen Zitat wird nun deutlich zwischen Begriff und Intuition unterschieden. Die Begriffe werden [[Subjekt|subjektiv]] durch Intuition [[Gegebenes|gegeben]]. Weiter heißt es, daß die Begriffe der Intuition [[Erscheinung|erscheinen]]:
heranstürmt, wirklich in der Wahrnehmung gegeben, die anderen
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drei Viertel dringen in uns ein, ohne daß es uns zum Bewußtsein
"Unsere geistige Organisation
kommt. Während wir also dastehen und eine Farbenempfindung
reißt die Wirklichkeit in diese beiden Faktoren auseinander.
haben, dringen, gleichsam durch die Fläche der Farbenempfindung,
Der eine Faktor erscheint dem Wahrnehmen, der andere der
die schöpferische Imagination, die Inspiration, die Intuition in uns
Intuition." (S.247f.)
ein, versenken sich in uns. Wenn wir sie näher untersuchen, diese drei
</div>
letzteren Eindringlinge, so finden wir, daß, wenn diese Imagination,
Inspiration, Intuition so, wie sie sich durch die Sinnesempfindung
in unseren Organismus hereindrängen wollen, wirklich in diesen hereinkämen,
sie so wirken würden, daß sie auch noch während der Zeit
unseres physischen Erdendaseins zwischen Geburt und Tod eine
solche Vergeistigung in uns hervorrufen würden, wie ich sie gestern
angedeutet habe als ein mögliches Ergebnis der Verführung Luzifers.
Es würden diese Imagination, Inspiration, Intuition so auf uns wirken,
daß wir den Drang bekämen, alles, alles liegen zu lassen, was
noch an Anlagen für unser Streben nach fernen Zukünften, zum
Menschenideal, in uns vorhanden ist, und wir würden uns vergeistigen
wollen mit all dem, wie wir sind. Wir würden geistige Wesenheiten
werden wollen auf dem Vollkommenheitsgrade, den wir bis
dahin erlangt haben durch unser Vorleben. Wir würden uns gewissermaßen
sagen: Mensch zu werden, das ist uns eine zu große Anstrengung,
da müßten wir noch einen schwierigen Weg in die Zukunft
gehen. Wir lassen das, was noch an Möglichkeiten zum Menschen
hin in uns liegt. Wir werden lieber ein Engel mit all den Unvollkommenheiten,
die wir an uns tragen, denn da kommen wir in die
geistige Welt unmittelbar hinauf, da vergeistigen wir unser Wesen.
Wir werden dann allerdings unvollkommener, als wir nach unseren
Anlagen werden könnten im Kosmos, aber wir werden eben geistige,
engelartige Wesen.


Da ersehen Sie wiederum an einem Beispiel, wie wichtig das ist,
Da die Intuition bzw. das intuitive Denken für das Denken in sich selbst ein bewußtes [[Erlebnis|Erleben]]<ref>Erleben eines Inhalts, nicht der Tätigkeit als solcher im Unterschied zum Inhalt: "''Intuition'' ist das im rein Geistigen verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes" (S. 146).</ref> ermöglichen soll, als 'rein geistiger [[Vorgang]]', gilt es für die [[Bestimmung]] des Begriffes der 'Intuition' genau [[Feststellung|festzustellen]], wie dieser im [[Vollzug]] ein bewußtes Erleben zukommen kann. "Erleben" ist selbst ein erklärungsbedürftiges Wort bzw. unklarer Begriff, das in diesem [[Zusammenhang]] so nicht weiterhilft. Die Art der Bewußtheit hat man aber wohl sicher innerhalb eines Begriffsfeldes von Beobachtung, [[Wahrnehmung]], [[Erfahrung]] und Erlebnis, es gibt auch andere zugehörige Wörter wie 'gewahren' usw., zu suchen.
was man nennt: die Schwelle der geistigen Welt, und wie wichtig die
Wesenheit ist, die man den Hüter der Schwelle nennt. Denn da steht
er schon an dem Punkt, von dem ich eben jetzt gesprochen habe. Er
läßt in unser Bewußtsein nur die Empfindung selber herein und läßt
nicht dasjenige hereinkommen, was als Imagination, als Inspiration,
als Intuition, wenn es in unser Bewußtsein eintreten würde, einen
unmittelbaren Drang nach Vergeistigung, so wie wir sind, mit Verzicht
auf alles folgende Menschheitsleben in uns erzeugen würde. Das
muß uns verhüllt werden, davor wird die Türe unseres Bewußtseins
zugeschlossen, aber in unsere Wesenheit dringt es ein. Und indem es
in unsere Wesenheit eindringt, ohne daß wir es mit dem Lichte unseres
Bewußtseins durchleuchten können, indem wir es hinuntersteigen lassen
müssen in die finsteren Untergründe unseres Unterbewußtseins,
kommen die geistigen Wesenheiten, deren Gegner Luzifer ist, von der
anderen Seite in unser Wesen herein, und es entsteht jetzt in uns der
Kampf zwischen Luzifer, der seine Imagination, Inspiration, Intuition
hereinsendet, und denjenigen geistigen Wesenheiten, deren Gegner
Luzifer ist. Diesen Kampf würden wir immer schauen bei jeder Empfindung,
bei jeder Wahrnehmung, wenn nicht für das äußere Wahrnehmen
die Schwelle der geistigen Welt gesetzt wäre, der gegenüber
sich nur der hellseherische Blick nicht verschließt.


Daraus ersehen Sie, was sich eigentlich alles abspielt in dem Inneren
Die Art der Intuitionsbewußtheit im Denken muß von präzis bestimmbarer Art sein, und sich von anderen Bewußtseinsarten, etwa einem vagen Erlebnisgefühl, unterscheiden lassen, sonst machte es keinen Sinn, über Intuition so zu sprechen, wie Rudolf Steiner in seiner 'Philosophie der Freiheit'. Das Mittel, den Begriff der Intuition präzis zu fassen, kann aber nur die Intuition selbst sein. "Begriffe werden durch Intuition gegeben".
der Menschennatur. Das Ergebnis dieses Kampfes, der sich da abspielt,
 
ist das, was ich als eine Art von Leichnam, von partiellem
Die Passage auf Seite 95 ist diese:
Leichnam in uns charakterisiert habe. Dieser Leichnam ist der Ausdruck
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für das, was in uns ganz materiell werden muß, wie ein mineralischer
"[D]as Denken [zieht] seine Fäden von Wesen zu Wesen. Diese Tätigkeit
Einschluß, damit wir nicht in die Lage kommen, es zu vergeistigen.
des Denkens ist eine inhaltvolle. (...) Diesen Inhalt bringt das Denken der Wahrnehmung aus
Würde sich dieser Leichnam durch den Kampf von Luzifer
der Begriffs- und Ideenwelt des Menschen entgegen. Im
und seinen Gegnern nicht ausbilden, so würden wir statt dieses
Gegensatz zum Wahrnehmungsinhalte, der uns von außen
Leichnams das Ergebnis der Imagination, Inspiration und Intuition
gegeben ist, erscheint der Gedankeninhalt im Innern. Die
in uns haben, und wir würden unmittelbar in die geistige Welt aufsteigen.
Form, in der er zunächst auftritt, wollen wir als Intuition
Dieser Leichnam bildet das Schwergewicht, durch das uns
bezeichnen. Sie ist für das Denken, was die Beobachtung für
die guten geistigen Wesenheiten, deren Gegner Luzifer ist, in der physischen
die Wahrnehmung ist. Intuition und Beobachtung sind die
Welt zunächst erhalten, so erhalten, daß wir darin gleichsam
Quellen unserer Erkenntnis. Wir stehen einem beobachteten
verhüllt haben, was als Drang in uns entstehen müßte nach Vergeistigung,
Dinge der Welt so lange fremd gegenüber, so lange wir in
damit wir anstreben nach dieser Verhüllung das wirkliche Ideal
unserem Innern nicht die entsprechende Intuition haben,
der menschlichen Natur, all die Entfaltung der Anlagen, die in uns
die uns das in der Wahrnehmung fehlende Stück der Wirklichkeit
sein können. Dadurch, daß also dieser Einschluß, gleichsam dieses
ergänzt. Wer nicht die Fähigkeit hat, die den Dingen
Leichnamphantom sich in uns bildet, daß wir, indem wir wahrnehmen,
entsprechenden Intuitionen zu finden, dem bleibt die
uns immer sozusagen durchdringen mit etwas, was zu gleicher Zeit
volle Wirklichkeit verschlossen." (S. 95)
Leichnam ist, dadurch ertöten wir in uns während des Wahrnehmens
</div>
dieses immer aufsteigende Drängen nach Vergeistigung. Und während
Auf Seite 96, sowie 98f. folgt:
sich dieser Einschluß bildet, entsteht das, was ich öfter angedeutet
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habe und was wichtig ist, daß man es einsieht in seiner ganzen Bedeutung.
"Was uns in der Beobachtung an Einzelheiten gegenübertritt, das verbindet
Sehen Sie, wenn Sie in einen Spiegel hineinschauen, so haben Sie
sich durch die zusammenhängende, einheitliche Welt unserer
eine Glasscheibe vor sich, aber durch diese Scheibe würden Sie
Intuitionen Glied für Glied; (...) Außer durch Denken und Wahrnehmen ist uns direkt
hindurchschauen, wenn sie nicht mit einem Spiegelbelage belegt wäre.
nichts gegeben. (S. 96)
Dadurch, daß die Glasscheibe einen Spiegelbelag hat, spiegelt sich,
</div>
was vor dem Spiegel ist. Wenn Sie vor Ihrem physischen Körper so
<div style="margin-left:20px">
stehen würden, daß Sie erleben würden, wie außer den Wahrnehmungen
"Man kann in bezug auf dieses Gegebene nur
auch die Imaginationen, Inspirationen, Intuitionen hineingehen,
fragen, was es außerhalb der Wahrnehmung, das ist: für das Denken ist. Die Frage nach dem «Was» einer Wahrnehmung
dann würden Sie durch den physischen Leib hindurchschauen, und
kann also nur auf die begriffliche Intuition gehen, die
Sie würden ein solches Gefühl erleben, daß Sie sich etwa sagen würden:
ihr entspricht." (S. 98f.)
Ich will mit diesem physischen Leibe nichts zu tun haben, ich
beachte ihn gar nicht, sondern ich erhebe mich, so wie ich bin, in die
geistige Welt. Wirklich, es stünde der physische Leib vor Ihnen wie
der Glasspiegel, der keinen Belag hat. Aber nun ist der physische
Leib durchdrungen mit diesem Leichnam. Das ist wie der Belag des
Spiegels. Und jetzt spiegelt sich alles das, was darauf fällt, aber eben
nur so, wie wir es in den Sinneswahrnehmungen haben. Dadurch
entstehen die Sinneswahrnehmungen." {{Lit|{{G|153|107ff}}}}
</div>
</div>


== Sinneswahrnehmung und Nerventätigkeit ==
Auch wenn sich ein präziser Intuitionsbegriff anhand solcher Angaben nicht so leicht gewinnen läßt, entsteht doch der Eindruck, daß es mit dem 'intuitiven' Denken nichts weiter auf sich hat. Es ist keine besondere Art des Denkens, sondern Denken eben. Nichts weiter. Jedes Denken, das alltägliche Denken des Menschen ist intuitives Denken.


Damit die Sinneswahrnehmung zum bewussten seelischen Erleben werden kann, wird ein Teil der in die [[Sinnesorgane]] einströmenden [[Astralwelt|elementarischen (astralen) Welt]] von den Sinnesorganen aufgehalten und in unser [[Bewusstsein]] heraufgespiegelt. Die Welt offenbart sich uns dadurch in Form der für jedes Sinnesorgan spezifischen [[Sinnesqualitäten]].  
Da verwundert es doch etwas, warum so ein Spektakel um die 'Intuition' gemacht wird. Allerdings hat man mit der Feststellung der Gewöhnlichkeit der 'Intuition' und des 'intuitiven Denkens' noch keinen Begriff von ihr. Es ist aber sicher ganz falsch, Intuition irgendwie mit dem Ausnahmezustand in Verbindung zu bringen, von dem im 3. Kapitel die Rede ist. Intuition ist ''kein'' Ausnahmezustand.
 
Das Wort 'Intuition' wird von Steiner allgemein für 'Denken' verwendet. Es soll mit ihm aber wohl der [[Tätigkeit]]saspekt hervorgehoben werden. Zwar verwendet Steiner auch für das Resultat, den Begriffsinhalt, gelegentlich das Wort Intuition, aber das ist nicht unüblich, das Resultat einer Tätigkeit mit dem gleichen Namen zu benennen. Mit der Formulierung, daß die Intuition für das Denken sei, was die Beobachtung für die Wahrnehmung ist, wird eine Unterscheidung gemacht, die ausschließt, daß auch der Gedankeninhalt Intuition sein kann, denn Beobachtung ist kein Inhalt. Entsprechend wäre Intuition kein Inhalt. Sie ''hat'' auch keinen Gedankeninhalt, bzw. ''noch'' keinen, in dem Stadium, wo sie erst anhebt, einen Begriff zu fassen. Wenn sie den Begriff gefaßt hat, dann hat sie diesen Inhalt. Es gibt in dem [[Prozeß]] eine Phase, die einen ähnlichen Charakter wie die auf Wahrnehmungen bezogene Beobachtung hat: Das Suchen nach einem Begriff. Es muß dies nicht ein Begriff für eine Wahrnehmung sein, es kann auch das Suchen nach einem Begriff sein, veranlaßt durch den Inhalt eines anderen Begriffs, also bei einer [[Logik|logischen]] Folge z.B. Dies [[Geschehen|geschieht]] dann innerhalb des Denkens ohne Bezug auf Wahrnehmung. Also auch innerhalb des Denkens selbst kann die Intuition in Beobachtungs-, Such- oder [[Aufmerksamkeit]]sstellung sein, oder wie man es nennen will. Es ist aber fraglich, ob man den Beobachtungsbegriff, wie er für die Wahrnehmung gilt, einfach auf die Intuition übertragen kann. Denn wenn man einen Begriffsinhalt "beobachtet", dann ist die [[Erkenntnis]] damit abgeschlossen. Die wahrnehmliche Beobachtung hat nicht diese [[Qualität]], für die Erkenntnis von [[sinnliche Wahrnehmung|sinnlichen Wahrnehmungen]] muß erst noch die Intuition hinzu kommen, bzw. sich vollziehen.
 
<div style="margin-left:20px">
"[W]enn auch einerseits das
intuitiv erlebte Denken ein im Menschengeiste sich vollziehender
tätiger Vorgang ist, so ist es andererseits zugleich
eine geistige, ohne sinnliches Organ erfaßte Wahrnehmung.
Es ist eine Wahrnehmung, in der der Wahrnehmende selbst
tätig ist, und es ist eine Selbstbetätigung, die zugleich wahrgenommen
wird. Im intuitiv erlebten Denken ist der Mensch
in eine geistige Welt auch als Wahrnehmender versetzt". (S. 256)
</div>


Der andere Teil der astralen Welt, der ungehindert durch die Sinnesorgane hindurchströmt, baut die Sinnesorgane auf. Erst dort, wo die Sinnesorgane in die Sinnesnerven übergehen, werden die astralen Kräfte vollkommen aufgehalten. Von hier an strömen nur mehr die Kräfte der noch höheren [[Geistige Welt|geistigen Welten]] durch.
Diese Formulierung kann man wohl nur dahingehend verstehen, daß das 'Erleben' bzw. die 'Wahrnehmung' des [[Geist]]igen dadurch zustande kommt, daß die Intuition in Anwendung auf sich selbst ihre eigene Tätigkeit erfaßt. Intuitiv erlebtes Denken ist nicht gleichzusetzen mit intuitivem Denken (sonst machte die Hinzufügung des Wortes 'Erlebnis' keinen Sinn), aber bedient sich ebenso der Intuition. Aber inwiefern unterscheidet sich der Gegenstand des intuitiv erlebten Denkens von demjenigen des "bloß" intuitiven Denkens? Erscheint dem intuitiv erlebten Denken sein Gegenstand 'Intuition' genauso wie dem intuitiven Denken als ''Begriffs''inhalt? Oder ist Intuition als Gegenstand der Intuition, ein Inhalt, der sich von den sonstigen Inhalten von Intuitionen qualitativ unterscheidet?


Die Kräfte der [[Unteres Devachan|unteren geistigen Welt]] bauen den [[Nerven|Nerv]] bzw. überhaupt das ganze [[Nervensystem]], das nach kosmischen Gesetzmäßigkeiten ausgestaltet wird, auf. Die 12 Paar [[Gehirnnerven]] entsprechen dem Jahreslauf der [[Sonne]] durch den Tierkreis. Und hierin ist auch die Zwölfzahl der physischen Sinnesorgane begründet. Die 31 Paar [[Wikipedia:Spinalnerv|Rückenmarksnerven]] spiegeln, mit einer gewissen Abweichung, den Mondumlauf wider. Diese Abweichung (die siderische Umlaufzeit des Mondes beträgt etwa 27,3 Tage, die synodische Umlaufzeit von Neumond zu Neumond ungefähr 29,5 Tage) ist für den Menschen höchst bedeutsam, denn er kann sich dadurch bis zu einem gewissen Grad von den kosmischen Verhältnissen emanzipieren.  
Möglicherweise will Rudolf Steiner das 'intuitiv erlebte Denken' als ein Denken verstanden wissen, das die gewöhnliche Intuition fortlaufend nebenbei in der Anwendung auf sich selbst begleitet. Erst wenn man so unterscheidet und dann meinetwegen das 'intuitiv erlebte Denken' als das eigentliche intuitive Denken verstehen will, auf das es ankäme, stellt sich die Frage, wie die Intuition sich selbst beobachten könne, was genau unter einem sog. Ausnahmezustand zu verstehen wäre, und wie die Unbeobachtbarkeit des ''[[Aktualität|aktuellen]]'' Denkens (gemäß 3. Kapitel der 'Philosophie der Freiheit') mit solchem intuitiven Denken als einem intuitiv erlebten Denken zusammenpassen könnte.


Ein Teil der Strömungen der unteren geistigen Welt werden dort, wo der Nerv in das [[Gehirn]] übergeht, in das Bewusstsein gespiegelt, wodurch wir befähigt werden, die der Wahrnehmungswelt zugrunde liegenden [[Naturgesetz]]e zu erkennen.
=== Die Beobachtung des Denkens (3. Kap. der 'Philosophie der Freiheit') ===
Ein Begriff der Intuition, der Denken und Beobachtung zugleich umfasst, als von ''einem'' Wesen, ist im 3. Kap. noch nicht entwickelt. Denken und Beobachten erscheinen als zwei verschiedene Tätigkeiten: [[Hervorbringen]] und [[Betrachten]]. Das Ziel in diesem 3. Kap. ist, das Denken so zu erfassen, daß es als ein sich durchsichtiges, vollkommen durchschautes Fundament für das weitere Erkennen der Welt dienen kann. Das Mittel soll dazu die Beobachtung sein.  


Weiter gehen noch die Kräfte der [[Oberes Devachan|höheren geistigen Welt]], der [[Vernunftwelt]]. Sie gehen großteils in das Gehirn hinein und bauen es auf. Was von diesen Kräften ins Bewusstsein reflektiert wird, gibt uns unser inneres geistiges Leben, unsere [[Vernunft]].
<div style="margin-left:20px">
"''Beobachtung und Denken'' sind die beiden Ausgangspunkte
für alles geistige Streben des Menschen, insoferne er sich
eines solchen bewußt ist. Die Verrichtungen des gemeinen
Menschenverstandes und die verwickeltesten wissenschaftlichen
Forschungen ruhen auf diesen beiden Grundsäulen
unseres Geistes. Die Philosophen sind von verschiedenen
Urgegensätzen ausgegangen: Idee und Wirklichkeit, Subjekt
und Objekt, Erscheinung und Ding an sich, Ich und Nicht-
Ich, Idee und Wille, Begriff und Materie, Kraft und Stoff,
Bewußtes und Unbewußtes. Es läßt sich aber leicht zeigen,
daß allen diesen Gegensätzen der von ''Beobachtung'' und
''Denken'', als der für den Menschen wichtigste, vorangehen
muß." (S. 38)
</div>
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"Zeitlich geht die Beobachtung sogar dem Denken voraus.
Denn auch das Denken müssen wir erst durch Beobachtung
kennenlernen." (S. 39)
</div>
Daß [[Zeitlichkeit]], Beobachtung und Denken Begriffe sind, die durch das Denken ja erst gefaßt werden müssen, wird hier noch nicht thematisiert. (Im 4. Kap. gibt es dann die Feststellung: "Das Denken ist ''jenseits'' von Subjekt und Objekt". So weit ist der Untersuchungsprozeß im 3. Kap. noch nicht gediehen.<ref>Man kann wohl annehmen, daß die Beobachtung als solche dadurch entsteht, daß sich das Denken von sich selbst unterscheidet. Es ist der ''erste'' Unterschied, der ''Ur''unterschied für das Denken, nicht nur der wichtigste für den Menschen (wie Steiner sagt). Alle anderen Unterscheidungen, auch die zwischen Tätigkeit und Inhalt, kommen später, sofern sie nicht nur andere Bezeichnungen für diesen ersten Unterschied sind. Fraglich ist, ob das Denken diesen Unterschied bewußt vornehmen kann, oder ob nicht eher das Bewußtsein erst durch diese Unterscheidung entsteht. Die Formulierung Rudolf Steiners S. 38: "Beobachtung und Denken sind die beiden Ausgangspunkte für alles geistige Streben des Menschen, insoferne er sich eines solchen bewußt ist", könnte genau das aussagen wollen, daß diese erste Unterscheidung unbewußt verläuft. Insofern die seelische Beobachtung nur bewußte Tatsachen aufsuchen kann, müßte von der Gegebenheit dieses Unterschiedes ausgegangen werden. (Um ihn dann später im nachherein als selbstgesetzt erkennen zu können, falls das möglich sein sollte.)</ref>)
Aber als gegeben angenommen, daß die Beobachtung zeitlich dem Denken vorausgeht, was keineswegs ohne weiteres einleuchtet: Sollte man dann nicht, um ein sicheres Fundament für das Erkennen zu gewinnen, zunächst erst die Beobachtung untersuchen?
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"Zwei Dinge vertragen sich nicht: tätiges Hervorbringen
und beschauliches Gegenüberstellen." (S. 43)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Es wird heute sehr vielen Menschen
schwer, den Begriff des Denkens in seiner Reinheit zu
fassen." (S. 45)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Er sucht das Denken durch einen bloßen Beobachtungsprozeß
zu finden in derselben Art, wie wir bei anderen
Gegenständen des Weltinhaltes verfahren. Er kann es aber
auf diesem Wege nicht finden, weil es sich, wie ich nachgewiesen
habe, gerade da der normalen Beobachtung entzieht." (S. 45)
</div>


Die Kräfte noch höherer übersinnlicher Welten durchströmen den Menschen, aber sie können von ihm normalerweise nicht aufgehalten werden. Sie wirken daher weder organbildend, noch findet sich in unserem wachen Bewusstsein der Schatten ihrer Tätigkeit. Nur durch [[Schulungsweg|geistige Schulung]] können die Kräfte der [[Urbilderwelt]] ([[Buddhiplan]]) aufgehalten werden und unsere geistigen Wahrnehmungsorgane ausbilden. Was von diesen Kräften der Urbilderwelt ins Bewusstseingespiegelt wird, gibt uns die Möglichkeit von der Sinneswahrnehmung zur ersten Stufe der geistigen Wahrnehmung, der [[Imagination]], überzugehen. Durch die Imagination lernen wir die astrale Welt in ihrer wahren Gestalt kennen, die sich in der Sinneswahrnehmung nur in der sinnlichen Abschattung offenbart.
Der ''normalen'' Beobachtung als ein ''bloßer'' Beobachtungs''prozeß'' (Beobachtungs''verfahren'') entzieht sich das Denken als unbeobachtbar, da es zu dem Zeitpunkt, wo es mittels Beobachtung ins Auge gefaßt werden könnte, als eine hervorbringende Tätigkeit bereits vorbei ist, mithin für die Beobachtung nicht mehr [[Vorhandenheit|vorhanden]] ist, bzw. weil die Beobachtung als eine separate Tätigkeit ''warten'' muß. Die Beobachtung kann nicht [[Gleichzeitigkeit|gleichzeitig]] zusammen mit dem Denken beginnen, quasi im Zeitverlauf parallel das Denken ins Auge fassen. (Es kann immer nur eine Tätigkeit zugleich ausgeführt werden, die Tätigkeit des Hervorbringens, und die Tätigkeit des Beobachtens können im Zeitablauf nur im Wechsel auftreten. Das Erkenntnissubjekt kann sich nicht in zwei Subjekte aufspalten: Eines das denkt, und ein anderes, das beobachtet.)


Darüber hinaus vertritt Rudolf Steiner für dieses Beobachten die Ansicht, das gelte auch, wenn man das Denken eines anderen Subjektes beobachtet. Auch da muß das zu beobachtende Objekt zunächst hervorgebracht worden sein. Erst dann kann es ins Auge gefaßt werden:
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"Wir wollen uns die Frage vorlegen: Wodurch kommt es zustande, daß wir im Aufwachen plötzlich um uns herum die Sinneswahrnehmungen haben, Farben, Töne, Lichteindrücke und andere Sinneswahrnehmungen? - Wir wollen das einmal in bezug auf eine bestimmte Farbe ins Auge fassen. Nehmen wir an, wir sehen am Morgen, wenn wir aufwachen, auf eine blaue Fläche. Wir haben also als ersten Sinneseindruck die Farbe Blau. Wie kommt das zustande? Über die Art, wie das geschieht, ist nämlich das gewöhnliche, normale Bewußtsein des Menschen ganz im unklaren; es stellt sich die Sache ganz verkehrt vor. Dieser Sinneseindruck kommt dadurch zustande, daß, indem das Ich hereingeht aus dem Makrokosmos in den Mikrokosmos, zunächst etwas wie ein Hindernis da ist für das Hereinströmen all der Kräfte, die da draußen in der geistigen Welt sind, ein Hindernis da ist zunächst für alles dasjenige, was wir nennen die elementarische Welt. Also dasjenige, was wir gestern und vorgestern als die elementarische Welt charakterisiert haben, das ist etwas, was zunächst aufgehalten wird. Nicht ganz wird es aufgehalten, aber so wird es aufgehalten, daß nur ein Teil der elementarischen Welt eigentlich einströmt. Wenn wir eine Fläche mit blauer Farbe vor uns haben, dann ist das so, daß durch diese Fläche hindurch, die wir als blaues Farbenbild vor uns haben, hindurchströmen alle die Kräfte aus den höheren Welten, die wir beschrieben haben, mit Ausnahme eines Teiles der elementarischen Welt. Dasjenige, was da zurückgehalten wird von der elementarischen Welt, das ist so, daß es dem Menschen zum Bewußtsein kommt wie ein Spiegelbild, wie eine Rückstrahlung, und diese Rückstrahlung ist eben die blaue Farbe. Alles, was wir gestern beschrieben haben von den Elementen des Feuers, der Luft, des Wassers und der Erde als der elementarischen Welt angehörig, das strömt hindurch. Es strömt durch das Auge alles das ein, was es an Elementen in der Welt gibt, mit Ausnahme dessen, was wir gerade sehen. Dadurch kommt also die Sinneswahrnehmung zustande, daß unser Auge zurückhält aus der elementarischen Welt das Licht, daß unser Ohr zurückhält aus der elementarischen Welt den Ton, daß unsere übrige Organisation zurückhält zum Beispiel einen Teil der Wärme und so weiter. Was nicht zurückgehalten wird, das strömt ein.
"Das
Denken, das beobachtet werden soll, ist nie das dabei in
Tätigkeit befindliche, sondern ein anderes. Ob ich zu diesem
Zwecke meine Beobachtungen an meinem eigenen früheren
Denken mache, oder ob ich den Gedankenprozeß einer anderen
Person verfolge, oder endlich, ob ich, wie im obigen
Falle mit der Bewegung der Billardkugeln, einen fingierten
Gedankenprozeß voraussetze, darauf kommt es nicht an." (S. 43)
</div>


Nun können Sie das ergänzen, was wir in den vorhergehenden Vorträgen gesagt haben. Wir haben gesagt: Das Auge wird am Licht für das Licht gebildet. Wenn das Auge das Licht wahrnimmt, so wird es natürlich nicht von dem gebildet, was gesehen wird, sondern von demjenigen, was es hineinläßt, und das ist ein Teil der elementarischen Welt. So daß wir also sagen können (es wird gezeichnet): Wenn hier all die Kräfte aus den übersinnlichen Welten einströmen, werden hier gewisse Kräfte im Auge zurückgehalten, und analog ist es bei den anderen Sinnen. Was nicht hineinströmt in uns selber, was zurückgehalten wird, das ist die Summe unserer Sinneswahrnehmungen. Wir sehen, hören und so weiter also das, was wir nicht in uns selber hineinlassen. Dasjenige aber, was wir in uns hineinlassen, das ist das, was die physische Organisation, zum Beispiel des Auges, gebildet hat. Also gewisse Kräfte halten wir zurück, gewisse Kräfte lassen wir durch. Diejenigen Kräfte, die wir durchlassen, sind Kräfte der elementarischen Welt, die bilden unser Auge; so daß wir, wenn wir unseren Augapfel ansehen, sagen können: In der elementarischen Welt, die wir gerade nicht sehen, weil sie durchgelassen wird, haben wir zugleich dasjenige, was unseren Sinn des Auges bildet; auch unsere anderen Sinne werden auf dieselbe Weise aus der elementarischen Welt heraus gebildet. So sind wir als Sinneswesen aus der elementarischen Welt heraus gebildet. Die elementarische Welt, die wir sehen, wenn wir uns dazu fähig machen, in sie hineinzuschauen, die bildet uns unsere Sinne.
Das ist schwer nachvollziehbar, da es in dem Fall der Beobachtung des Denkens eines anderen Subjektes zwei Subjekte gibt, und auch eine Gleichzeitigkeit der hervorbringenden Tätigkeit und der beobachtenden Tätigkeit möglich zu sein scheint. Wird das Beobachtungsobjekt 'Denken' als mit einer zeitlosen Plötzlichkeit gegeben angenommen?  Eine alternative Interpretation könnte sein, daß während des Beobachtens nie das ''eigene'' dabei in Tätigkeit befindliche Denken beobachtet werden kann, was [[Implikation|implizieren]] würde, daß zum Beobachten Denken erforderlich ist. Weiter heißt es dann:


Da aber, wo der Sinn nach innen begrenzt ist, an der Hinterwand des Auges, da befindet sich gleichsam ein zweiter Spiegel, da fließen in uns hinein alle anderen Kräfte aus einer weiteren Welt, außer denen, die widergespiegelt werden. Ich sage «gleichsam», aber es ist das eine völlige Erklärung. An der Hinterwand des Auges werden zurückgehalten und widergespiegelt die elementarischen Kräfte selber; dadurch hören sie auf zu wirken, und es strömen dahinter nur noch die Kräfte der geistigen Welt durch, und das sind diejenigen Kräfte, die uns zum Beispiel unseren Sehnerv bilden. Ebenso wie das Auge den Sehnerv hat durch das Einströmen der geistigen Welt, ebenso hat das Ohr den Hörnerv durch das Einströmen der geistigen Welt und so weiter. Unser gesamtes Nervensystem wird somit aus der geistigen Welt heraus gebildet. Aus ihr heraus strömen uns diejenigen Kräfte und Wesenheiten zu, die die Bildner unseres Nervensystems sind. Und unsere Nerven sind so angeordnet wie die Gesetze der Planetenwelt draußen; denn die Planetenwelt haben wir gleichsam wie den äußeren Ausdruck einer Art Uhr auffassen können für das, was da als geistige Tatsachen und geistige Wesenheiten wirkt.
<div style="margin-left:20px">
"So ist es auch mit unserem Denken. Es muß erst da
sein, wenn wir es beobachten wollen.
Der Grund, der es uns unmöglich macht, das Denken in
seinem jeweilig gegenwärtigen Verlauf zu beobachten, ist
der gleiche wie der, der es uns unmittelbarer und intimer
erkennen läßt als jeden andern Prozeß der Welt. Eben weil
wir es selbst hervorbringen, kennen wir das Charakteristische
seines Verlaufs, die Art, wie sich das dabei in Betracht
kommende Geschehen vollzieht. Was in den übrigen Beobachtungssphären
nur auf mittelbare Weise gefunden werden
kann: der sachlich-entsprechende Zusammenhang und das
Verhältnis der einzelnen Gegenstände, das wissen wir beim
Denken auf ganz unmittelbare Weise." (S. 44)
</div>


Nun wäre es naheliegend, daß wir uns fragten: Wenn das der Fall sein sollte, wenn da wirklich an unseren Nerven diese Welt wirken würde, welche sich ausdrückt in äußeren Zeichen in unserem Planetensystem, dann müßte unserem Nervensystem etwas zugrunde liegen an Regelmäßigkeit, was entsprechen würde dem äußeren Sonnensystem. Wir müßten gleichsam in unserem Nervensystem eine Art inneren Sonnensystems haben. Denn es sind, wenn wir durch die elementarische Welt hindurchgegangen sind, die Kräfte der geistigen Welt, die sich ausdrücken im Planeten-Sonnensystem. Die Kräfte aus der Himmelswelt strömen herein und organisieren unser Nervensystem. Versuchen wir einmal, uns zu fragen, ob denn nun wirklich unser Nervensystem sich ausnimmt wie eine Art Spiegelbild dessen, was draußen im Makrokosmos sich ausdrückt in den Planeten und Tierkreisbildern.
Das bestätigt beide Lesarten des vorigen Zitats: Das Denken muß [[Dasein|da]] sein, um beobachtet werden zu können. Um die Beobachtung des [[Werden]]s von Denkergebnissen durch Tätigkeit geht es hier nicht, obwohl vom Denkprozeß gesprochen wird. Und da nun von [[Erkenntnis]] gesprochen wird, muß die Beteiligung des Denkens beim Beobachten schon mitgedacht sein, es sei denn, Steiner wollte mit den Ausführungen eine Erkenntnis lediglich durch Beobachtung [[Behauptung|postulieren]]<ref>Das könnte bei dem besonderen Beobachtungsobjekt 'Denken' tatsächlich der Fall sein, da ja die beiden für die Erkenntnis zu verbindenden "Hälften" der [[Wirklichkeit]], Begriff und Wahrnehmung, vorliegen. Nur umgekehrt wie sonst. Eine zusätzliche Intuition bräuchte es bei der Beobachtung des Denkens möglicherweise nicht, da diese ja schon als Beobachtungsobjekt vorliegt, allerdings "nur" als Inhalt.</ref>


Nun, Sie wissen alle, daß unsere Zeit geregelt wird durch die Stellung der Erde zur Sonne und durch den Durchgang der Sonne im Jahreslauf durch die zwölf Tierkreisbilder. Scheinbar wandert die Sonne während eines Jahres durch die zwölf Tierkreisbilder. Das ist eine Haupteinteilung des Jahres, die Einteilung in zwölf Monate, bewirkt durch die Gesetzmäßigkeit, welche im Sonnensystem zwischen Planeten und Tierkreisbildern herrscht. Die Zahl Zwölf ist eine solche Zahl, welche die Gesetzmäßigkeit dieser Stellungen und Bewegungen ausdrückt. Wir haben zwölf Monate im Jahr, und wir haben für die Monate, welche die längsten sind, die Zahl Einunddreißig, einunddreißig Tage. Das ist wiederum etwas, was herausgeholt ist aus der Stellung unserer Himmelskörper zueinander, wiederum etwas, was zusammenhängt mit unserem Zeitsystem. Die längsten Monate haben einunddreißig Tage, die anderen dreißig Tage und der Monat Februar achtundzwanzig oder neunundzwanzig Tage. Hier herrscht eine gewisse Unregelmäßigkeit, aber diese Unregelmäßigkeit hat ihre guten Gründe. Wir können uns nur hier nicht besonders darauf einlassen.
Verständlich ist aber, daß ein Denken, das zusammen mit Beobachtung zur Erkenntnis des Denkens bemüht werden müßte, schon ein anderes wäre, wenn das zu beobachtende Denken immer schon da sein muß. Denn es wäre mit einem Beobachten verbunden, das erst auftreten könnte, wenn das zu beobachtende Denken schon da ist. Sollte nun die Erkenntnis des Denkens, obwohl sich das aktuelle Denken nicht beobachten läßt, deshalb [[Möglichkeit|möglich]] sein, weil das zu beobachtende vorherige Denken schon da ist, ''noch'' da ist, nämlich in seinen Resultaten?
 
<div style="margin-left:20px">
"Zwei Dinge vertragen sich nicht: tätiges Hervorbringen
und beschauliches Gegenüberstellen. Das weiß schon das
erste Buch Moses. An den ersten sechs Welttagen läßt es
Gott die Welt hervorbringen, und erst als sie da ist, ist die
Möglichkeit vorhanden, sie zu beschauen: «Und Gott sahe
an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr
gut.»" (S. 43f.)
</div>


Versuchen wir einmal, diese merkwürdige Zeiteinteilung da draußen in der großen Weltenuhr uns vor die Seele zu führen und uns zu sagen: Wenn nun wirklich dasjenige, was dieser großen Welt des Kosmos zugrunde liegt, auch die Bildungskräfte für unser Nervensystem liefert, dann müßten sich die Zahlen im Nervensystem spiegeln. - Nun, wir haben zwölf Paar Gehirnnerven und einunddreißig Paar Rückenmarksnerven, das heißt, es spiegeln sich tatsächlich die kosmischen Gesetzmäßigkeiten, die beherrscht werden durch die Zahl Zwölf und die Zahl Einunddreißig, in unserem Nervensystem.
Daraus folgt, daß Rudolf Steiner der Ansicht ist, daß durch das Erkennen der Ergebnisse des Denkens auch die Tätigkeit miterkannt ist, die diese Ergebnisse hervorgebracht hat, trotzdem diese Tätigkeit zum Zeitpunkt des Beobachtens und Erkennens des Denkens bereits Vergangenheit ist<ref>Wie dies möglich sein könnte, und was genau vorgeht, bedarf freilich einer eingehenderen Untersuchung. Es scheint, daß zumindest der letzte Gedankenschritt auf irgendeine Art im Bewußtsein noch präsent sein muß. (Was noch da sein könnte, das ist das Ende der hervorbringenden Tätigkeit. Dieses Ende fällt zeitlich in einem Punkt zusammen mit dem Beginn der Beobachtung. Das Gewahren des Gedankens scheint aber keine Zeit zu benötigen. Es könnte sein, daß das Denken in diesem Endpunkt der hervorbringenden Tätigkeit auf diese zurückblickt, und sie gewissermaßen räumlich wahrnimmt. Der Übergang vom Fassen des Gedankens zu seiner Wahrnehmung wäre demnach ein Dimensionswechsel: Das Denken sieht sich nach, blickt auf sich zurück, indem es seine Tat räumlich als Inhalt sieht. Dadurch weiß es, was es gedacht hat, kann fortsetzen und den nächsten Gedanken anschließen.)</ref>. Dies vielleicht deshalb, weil zum Erkennen der Ergebnisse eines Denkens die Tätigkeit, die diese Ergebnisse hervorgebracht hatte, erneut vollzogen werden muß, ''nach''vollzogen werden muß, um die Denkergebnisse verstehen zu können. Durch diesen Nachvollzug der vorherigen Tätigkeit hat man dann nicht nur die Ergebnisse des vorherigen Denkens [[Präsenz|präsent]], sondern konnte die Ergebnisse nochmal denken. Und man weiß, wie es gemacht wird, sonst könnte man den Prozeß nicht nachvollziehen.


Und daß eine gewisse Unregelmäßigkeit herrscht, ist deshalb, weil der Mensch ein selbständiges Wesen werden soll durch sein Nervensystem und weil er unabhängig werden soll von dem, was äußerlich im Räume sich abspielt. Der Mensch hat seine einunddreißig Rückenmarksnervenpaare. Ebenso wie sich die Zwölfzahl der Monate nach dem Durchgang der Sonne durch den Tierkreis regelt, so müßte sich die Zahl der Tage im Monat eigentlich nach dem Mond richten; das würde nur Achtundzwanzig Tage ergeben. Und wenn wir nicht drei Nervenpaare sozusagen im Überfluß hätten, wodurch wir uns als freie Menschen unabhängig machen können, so würden wir auch tatsächlich der Zahl Achtundzwanzig unterworfen sein. Damit sehen Sie in ein tiefes Geheimnis hinein, in einen wunderbaren Zusammenhang zwischen dem, was da draußen in den großen Symbolen des Raumes sich ausdrückt, die eine Abspiegelung sind von Wesenheiten und Wirksamkeiten in der geistigen Welt, und dem, was wir in unserem Nervensystem haben.
Wenn Rudolf Steiner die Möglichkeit, das Denken zu erkennen, so verstanden wissen will, liegt der Einwand nahe, daß es nichts ungewöhnliches ist, die eigenen Denkergebnisse später nicht mehr zu verstehen: Man hat vergessen, wie sie zustande gekommen sind. Der Nachvollzug gelingt nicht, das Denken kommt ins Stocken. Das ist aber nicht wirklich ein Einwand, denn es zeigt nur, daß man in diesem besonderen Fall nicht zur Erkenntnis des Denkens fähig war. Grundsätzlich ist dies aber möglich, und ist auch notwendig, um überhaupt denken zu können.


Nun kommen wir zu dem dritten Teil der Spiegelung. Unser Nervensystem wird also aufgebaut von der geistigen Welt. Da, wo jeder Nerv einmündet in das Gehirn oder in das Rückenmark, bei dieser Einmündungsstelle findet wieder eine Spiegelung statt. Da wird zurückgehalten die geistige Welt, und hindurch dringt jetzt das, was wir in der Vernunftwelt kennengelernt haben: die Kräfte der Hierarchien; und es baut uns die Vernunftwelt dasjenige auf, was hinter den Nerven liegt, unser Gehirn und Rückenmark; so daß wir in Gehirn und Rückenmark das Resultat all der Tätigkeit haben, die zuletzt herrührt aus der Vernunftwelt. Derjenige, der hellseherisch überschaut die geistige Welt, findet auch in den kleinsten Widerspiegelungen im Gehirn und in dem Nervensystem genaue Abbilder der großen Weltenvorgänge.
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"Das ist gerade der Grund, warum mir
die Dinge so rätselhaft gegenüberstehen: daß ich an ihrem
Zustandekommen so unbeteiligt bin. Ich finde sie einfach
vor; beim Denken aber weiß<ref>Das mag als konstatierender Befund so richtig sein. Für die in sich durchsichtige Klarheit des Denkens wünscht man sich aber doch auch Aufschluß darüber, woher dieses Wissen kommt? Es scheint da zu sein wie eine Art Instinkt. Kann der Befund als solcher die Zweifel, ob es nicht doch das Gehirn sei, das denkt, aufheben? 'Tätigkeit' und 'Inhalt' sind freilich Begriffe des Denkens, sie müssen daher im [[Ursprung]] des Denkens, der jenseits von Tätigkeit und Inhalt "ist", aufgehoben sein</ref> ich, wie es gemacht wird. Daher
gibt es keinen ursprünglicheren Ausgangspunkt für das
Betrachten alles Weltgeschehens als das Denken." (49f.)
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Ganz durch uns durch aber geht, ohne daß wir sie aufhalten können, dasjenige, was wir die Urbilderwelt nennen, die Welt der geistigen Urbilder der Dinge. Wodurch können wir denn im gewöhnlichen Leben ein Bewußtsein von irgend etwas haben? Dadurch, daß wir es aufhalten können. Wir bekommen ein Bewußtsein von einem Teil der elementarischen Welt, indem wir einen Teil der elementarischen Welt aufhalten. Wir sind selber ein Produkt dieser elementarischen Welt in unseren Sinnesorganen. Wir werden uns unserer Sinne bewußt, indem wir einen Teil der elementarischen Welt aufhalten. Wir sind ein Produkt der geistigen Welt in unseren Nerven. Wenn wir uns unserer Nerven bewußt werden, werden wir uns in gewisser Weise der geistigen Welt bewußt, natürlich nur in Abbildern, indem wir einen Teil der geistigen Welt aufhalten. Was kennt denn der Mensch von der elementarischen Welt? Er kennt von der elementarischen Welt dasjenige, was ihm durch die Sinne widergespiegelt wird. Und was kennt der Mensch von der geistigen Welt? Er kennt das, was ihm seine Nerven widerspiegeln, das ist das, was man gewöhnlich die Naturgesetze nennt. Die Naturgesetze sind nichts anderes als ein Schattenbild, ein abgeschwächtes Spiegelbild der geistigen Welt. Und das, was der Mensch als sein inneres geistiges Leben, als seine Vernunft kennt, das ist ein abgeschwächtes Spiegelbild der äußeren Vernunftwelt. Was man in unserer Sprache Intellekt, Verstand nennt, das ist ein Abbild der Vernunftwelt, aber ein schwaches, schattenhaftes Abbild.
Der Ausnahmezustand ist von Rudolf Steiner lediglich dadurch charakterisiert, daß man das Denken selbst ins Auge faßt, anstatt wie gewöhnlich nur die sinnlichen Gegenstände. Etwas dem Ausnahmezustand entsprechendes muß aber, nach der Interpretation der Ansichten Rudolf Steiners wie oben vorgenommen, wenn auch meist unbewußt, das Denken permanent begleiten, denn es würde sonst den Faden verlieren. Beobachtung des Denkens und intuitiv erlebtes Denken sind ein und dasselbe und beinhalten [[Selbsterkenntnis]]. ''Diese''<ref>Interpretationen von Steiners Ausführungen, daß es zusätzlich zur Beobachtung noch eine weitere Erlebnisquelle des Denkens gäbe bzw. geben müsse, die separat von der Beobachtung eine Erfahrung des Denkens möglich mache, insbesondere des aktuellen Denkens, muß eine Absage erteilt werden, insofern dies auf eine Doppelung, Spaltung in zwei Bewußtseine hinauslaufen würde, die von Steiner ausdrücklich als unmöglich behauptet wird, und natürlich auch sonst nicht plausibel ist. Es gibt nur ''ein'' Bewußtsein: Die Selbstbeobachtung des Denkens. (Auch wenn die Intuition für die Seite der sinnlichen Wahrnehmung einen Begriff faßt und einen sinnlichen Gegenstand erkennt, ist dies Selbstbeobachtung (=Selbsterkenntnis) oder, in anderen Worten, intuitiv erlebtes Denken.) Wenn man sich Intuition als eine Art geistiges Atmen vorstellt, kommt Bewußtsein lediglich der Phase des Einatmens zu. Das Ausatmen ist der schöpferische Prozeß. Wollte man dem Ausatmen auch ein Bewußtsein zukommen lassen, wäre das wie ein Ausatmen, das zugleich in irgendeiner Weise einatmet. Die Anführung des Zitates aus Buch Mose im 3. Kap. der 'Philosophie der Freiheit' könnte auch so zu verstehen sein, daß Rudolf Steiner ein solches Verständnis der Intuition als ein gleichzeitiges Einatmen beim Ausatmen ausgeschlossen wissen will.</ref> Intuitionsbewußtheit läßt sich durch den übenden Nachvollzug der Gedanken der 'Philosophie der Freiheit', und auch durch den Nachvollzug der Ergebnisse des [[seelische Beobachtung|seelischen Beobachtens]] anderer Autoren bzw. Redner, verstärken.


Was müßten wir also können, müssen wir uns jetzt fragen, wenn wir in die Lage kommen wollten, mehr zu sehen als das, was wir eben angeführt haben? Wenn wir mehr sehen wollten, so müßten wir in der Lage sein, mehr aufzuhalten. Wollten wir einen Einfluß erleiden von der Urbilderwelt, dann müßten wir die Urbilderwelt in irgendeiner Weise aufhalten können. Wir können nur dadurch physische Sinnesorgane haben, daß wir die elementarische Welt in uns einlassen und sie dann aufhalten. Dadurch bildet sich zum Beispiel unser Auge. Wir können ein Nervensystem nur dadurch haben, daß wir die geistige Welt einlassen in uns und dann aufhalten. Wir können nur dadurch eine Denkkraft haben, daß wir die Vernunftwelt einlassen und dann aufhalten. Dadurch bildet sich unser Gehirn. Sollen sich noch höhere Organe bilden, dann müssen wir die Möglichkeit haben, eine weitere, eine noch höhere Welt aufzuhalten. Wir müssen ihr etwas entgegenschicken können, wie wir in unserem Gehirn der Vernunftwelt dasjenige entgegenschicken, was sie aufhält, damit sie sich spiegelt. Der Mensch muß also etwas tun, wenn er sich höherentwickeln will. Der Mensch muß etwas tun, um eine höhere Welt aufhalten zu können, um aus ihr Kräfte zu bekommen, die sonst einfach durch ihn durchgehen. Denn die Kräfte der Urbilderwelt gehen einfach durch ihn durch. Er muß nun selber einen Spiegelungsapparat schaffen. In dem Sinn, wie das der heutige Mensch kann und soll, schafft einen solchen Spiegelungsapparat die geisteswissenschaftliche Methode, welche in der Bearbeitung der Seele behufs der Erkenntnis der höheren Welten ausgeht von der sogenannten imaginativen Erkenntnis. Was der Mensch gewöhnlich erkennt, das ist die äußere physische Welt.
=== Geistige Wahrnehmung ===
Eine geistige Wahrnehmung durch denkende Intuition hätte man sich demnach so vorzustellen, daß der Gedankeninhalt der Intuition insofern über den normalen Begriffsinhalt hinausginge, als die Tätigkeit, die diesen Begriffsinhalt hervorgebracht hat, in dem Begriffsinhalt mitenthalten ist und durch Nachvollzug wahrgenommen wird. Dies gälte dann nicht nur für das eigene Denken, sondern auch für andere geistige Wesen in der denkenden Intuition: Die Wahrnehmung des geistigen Wesens entsteht durch den Nachvollzug der Tätigkeit dieses geistigen Wesens, die sich in seiner Erscheinung als Gedankeninhalt ausdrückt.


Wenn der Mensch zu höherer Erkenntnis gelangen will, dann muß er also etwas tun, um sich zunächst höhere Organe zu schaffen. Er muß eine höhere Welt, als die Vernunftwelt ist, in sich zum Stillstand bringen, und das geschieht dadurch, daß der Mensch eine neue Tätigkeit ausführt. Sie können leicht begreifen, daß es unmöglich ist, mit demjenigen, was der Mensch im normalen Bewußtsein ausführt, zu höherer Erkenntnis zu kommen, denn was der Mensch im normalen Bewußtsein ausführt, erschöpft sich in dem, was wir angeführt haben. Der Mensch muß also etwas tun, um in sich eine neue Tätigkeit auszubilden, die nun sich der Urbilderwelt entgegenstellen und sie aufhalten kann. Das geschieht auf die Weise, daß der Mensch zum Beispiel lernt, solche inneren Erlebnisse durchzumachen, die nicht zu den gewöhnlichen Bewußtseinserlebnissen gehören. Und ein solches inneres Erlebnis, das ja eine Art typischen Erlebnisses ist, finden Sie beschrieben in meiner «Geheimwissenschaft» in dem Aufbau der Vorstellung des Rosenkreuzes." {{Lit|{{G|119|196ff}}}}
=== Moralische Intuition ===
''--> Hauptartikel: [[Moralische Intuition]]''
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"Die höchste Stufe des individuellen Lebens ist das begriffliche
Denken ohne Rücksicht auf einen bestimmten Wahrnehmungsgehalt.
Wir bestimmen den Inhalt eines Begriffes
durch reine Intuition aus der ideellen Sphäre heraus." (S. 165)
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"Wenn wir unter dem Einflüsse von
Intuitionen handeln, so ist die Triebfeder unseres Handelns
das [[reines Denken|''reine'' Denken]]. Da man gewohnt ist, das reine Denkvermögen
in der Philosophie als Vernunft zu bezeichnen, so ist
es wohl auch berechtigt, die auf dieser Stufe gekennzeichnete
moralische Triebfeder die praktische Vernunft zu nennen." (S. 165)
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== Siehe auch ==
[[Denk-Erlebnis]]
== Anmerkungen ==


== Literatur ==
<references/>


*Rudolf Steiner: ''Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung'', [[GA 7]] (1990), ISBN 3-7274-0070-6; '''Tb 623''', ISBN 978-3-7274-6230-6 {{Schriften|007}}
==Literatur==
*Steiner, Rudolf: ''Schriften. Kritische Ausgabe (SKA)''. Band 5: Schriften über Mystik, Mysterienwesen und Religionsgeschichte<br>''Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung'' ''Das Christentum als mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums''. Herausgegeben und kommentiert von [[Christian Clement]]. Frommann-Holzboog Verlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7728-2635-1
*Franz Pfeiffer, ''Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts'', Zweiter Band: Meister Eckhart, Leipzig 1857, S 312 (Eckhart, Predigt 96)
*Rudolf Steiner: ''Makrokosmos und Mikrokosmos'', [[GA 119]] (1988), Achter Vortrag, Wien, 28. März 1910
* Rudolf Steiner: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4; '''Tb 627''', ISBN 978-3-7274-6271-9 {{Schriften|004}}
*Rudolf Steiner: ''Inneres Wesen des Menschen und Leben zwischen Tod und neuer Geburt'', [[GA 153]] (1997), ISBN 3-7274-1530-4 {{Vorträge|153}}
*Rudolf Steiner: ''Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung'', [[GA 7]] (1987), Kapitel ''Gottesfreundschaft''
*Rudolf Steiner: ''Heilfaktoren für den sozialen Organismus'', [[GA 198]] (1984), Dreizehnter Vortrag, Dornach, 10. Juli 1920
*Rudolf Steiner: ''Die Stufen der höheren Erkenntnis'', [[GA 12]] (1993), ISBN 3-7274-0120-6 {{Schriften|012}}
*Rudolf Steiner: ''Die Geheimwissenschaft im Umriß'', [[GA 13]] (1989), ISBN 3-7274-0130-3 {{Schriften|013}}
*Rudolf Steiner: ''Soziales Verständnis aus geisteswissenschaftlicher Erkenntnis'', [[GA 191]] (1989), ISBN 3-7274-1910-5 {{Vorträge|191}}
*Rudolf Steiner: ''Initiations-Erkenntnis'', [[GA 227]] (2000), ISBN 3-7274-2271-8 {{Vorträge|227}}
*[[Herbert Witzenmann]]: ''Intuition und Beobachtung'', Aufsatz in: Intuition und Beobachtung TL 1. Das Erfassen des Geistes im Erleben des Denkens, S. 73-102 (erstmals erschienen in Die Drei, 1948, überarbeitet), Verlag Freies Geistesleben, 1977, ISBN 3772506755
{{GA}}


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[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Bewusstsein]] [[Kategorie:Schulungsweg]] [[Kategorie:Intuition]] [[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]]

Version vom 5. Juni 2015, 12:58 Uhr

Das spirituelle Bewusstsein, auch Intuition (von lat. intuitio = unmittelbare Anschauung, zu lat. intueri = ansehen, betrachten[1]) genannt, die unmittelbarste nichtdiskursive Form des Erkennens, ist ein allumfassendes ganzheitliches Bewusstsein, durch das in letzter Konsequenz die geistigen Geschehnisse im ganzen Kosmos miterlebt werden können. Es ist das umgewandelte und mit dem klaren Selbstbewusstsein verbundene Trance-Bewusstsein, das der Mensch auf dem alten Saturn hatte. Voll ausgebildet wird der Mensch es erst auf dem Vulkan haben. Durch geistige Schulung kann das intuitive Bewusstsein schon jetzt in gewissem Grade ausgebildet werden, wenn die Empfindungsseele zur Intuitionsseele umgestaltet wird. Eine Vorstufe dazu bildet das intuitive Denken. Keineswegs zu verwechseln ist das, was Rudolf Steiner als Intuition bezeichnet, mit dem halb unbewussten, traumartigen Bauchgefühl, das umgangssprachlich häufig auch als Intuition bezeichnet wird und nur ein letzter Rest einer sehr alten, heute nicht mehr zeitgemäßen Erkenntnisform ist, die sich letztlich auf das in der Frühzeit weit verbreitete Bauchhellsehen gründet. Das von Steiner beschriebene spirituelle Bewusstsein steht demgegenüber bezüglich Klarheit und Bewusstseinsgrad drei Stufen über dem gegenwärtigen wachen Tagesbewusstsein und ist damit die höchste und bewussteste Form der Erkenntnis, die dem Menschen heute - zumindest in seinen ersten Anfängen - zugänglich ist.

Was Intuition bereits auf der Ebene des Denkens bedeutet, hat Rudolf Steiner schon in seiner Philosophie der Freiheit so formuliert:

"Intuition ist das im rein Geistigen verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes." (Lit.: GA 004, S. 146)

Im intuitiven Denken habe der Mensch daher bereits ein rein geistiges Erlebnis:

"Die geistige Wahrnehmungswelt kann dem Menschen, sobald er sie erlebt, nichts Fremdes sein, weil er im intuitiven Denken schon ein Erlebnis hat, das rein geistigen Charakter trägt." (Lit.: GA 004, S. 181)

"Man kann sehr leicht den Ausdruck Intuition mißverstehen, weil zum Beispiel derjenige, der Phantasie hat, der dichterisches Vermögen hat, die gefühlsmäßigen Empfindungen von der Welt, die er hat, auch schon Intuition nennt. Aber das ist eine dunkle, bloß gefühlte Intuition. Sie ist aber doch verwandt mit demjenigen, was ich Intuition hier nenne. Denn wie der Mensch vollständig hier als Erdenmensch seine sinnliche Wahrnehmung hat, so hat er einen Abglanz der höchsten Art der Erkenntnis der Intuition durch das irdische Gefühl und den irdischen Willen. Er würde sonst kein sittliches Wesen sein können. So daß dasjenige, was sich dunkel, ahnungsvoll für den Menschen im Gewissen kundgibt, ein Abglanz ist, gewissermaßen ein Schattenbild des Höchsten, das nun erst in der wahren Intuition, in der höchsten dem Menschen zunächst als Erdenmenschen möglichen Erkenntnisart erscheint.

Der Mensch hat wirklich als Erdenmensch etwas von dem Untersten, und wiederum ein Schattenbild des Obersten, das erst in der Intuition erreichbar ist. Gerade die mittleren Gebiete fehlen ihm zunächst vollständig als Erdenmenschen. Die muß er sich erwerben: Imagination und Inspiration. Die Intuition in der reinen, lichtvollen Innerlichkeit muß er sich auch erwerben; aber er hat gerade in der sittlichen Empfindung, im Inhalt des sittlichen Gewissens ein irdisches Abbild desjenigen, was dann als Intuition auftritt. So daß man auch sagen kann: Wenn der Mensch als ein Initiierter, Erkennender zu einem wirklichen intuitiven Erkennen der Welt aufsteigt, so wird ihm die Welt, die er sonst nur in Naturgesetzen kennt, so innerlich, so mit ihm verbunden, wie für ihn als Erdenmenschen sonst nur die sittliche Welt ist. Und das ist gerade das Bedeutsame in der Menschenwesenheit auf Erden, daß wir wie mit einem innersten dunklen Erahnen hängen an dem Allerhöchsten, was wiederum nur der entwickelten Erkenntnis in seiner wahren Gestalt zugänglich ist." (Lit.: GA 227, S. 59)

"Von der Inspiration kann der geistige Beobachter zur Intuition aufsteigen. In der Ausdrucksart der Geheimwissenschaft bedeutet dieses Wort in vieler Beziehung das genaue Gegenteil von dem, wofür man es im gewöhnlichen Leben oft anwendet. In letzterem spricht man von Intuition, wenn man einen dunkel als wahr gefühlten Einfall im Auge hat, dem an sich die klare, begriffliche Feststellung noch fehlt. Man sieht darinnen mehr eine Vorstufe der Erkenntnis denn eine solche selbst. Solch ein entsprechender «Einfall» mag - nach dieser Begriffsbestimmung - eine große Wahrheit wie in einem Blitzlicht erleuchten; als Erkenntnis kann er erst gelten, wenn er durch begriffliche Urteile begründet wird. Bisweilen bezeichnet man auch als Intuition etwas, was man als Wahrheit «fühlt», wovon man ganz überzeugt ist, was man aber durch Verstandesurteile nicht belasten will. Menschen, an welche die geheimwissenschaftlichen Erkenntnisse herankommen, sagen gar oft: Das war mir «intuitiv» schon immer klar. Von all dem muß ganz abgesehen werden, wenn man den Ausdruck «Intuition» in seiner hier gemeinten wahren Bedeutung ins Auge fassen will. Intuition ist, in dieser Anwendung, nicht eine Erkenntnis, die an Klarheit hinter der Verstandeserkenntnis zurückbleibt, sondern welche diese weit überragt." (Lit.: GA 012, S. 76f)

"Das Leben der Dinge in der Seele ist nun die Intuition. Es ist eben ganz wörtlich zu nehmen, wenn man von der Intuition sagt: man kriecht durch sie in alle Dinge hinein. - Im gewöhnlichen Leben hat der Mensch nur eine Intuition, das ist diejenige des «Ich» selber. Denn das «Ich» kann auf keine Weise von außen wahrgenommen werden, es kann nur im Innern erlebt werden. Eine einfache Erwägung kann das klarmachen. Es ist dies eine Erwägung, die allerdings von den Psychologen nicht mit der wünschenswerten Schärfe gemacht wird. So unscheinbar sie aber ist: für den, der sie ganz versteht, ist sie von der allerweittragendsten Bedeutung. Sie ist die folgende: Ein jedes Ding der Außenwelt kann von allen Menschen mit demselben Namen genannt werden. Der Tisch kann von allen mit «Tisch», die Tulpe von allen mit «Tulpe», der Herr Müller von allen mit «Herr Müller» angesprochen werden. Aber es gibt ein Wort, das jeder nur zu sich selbst sprechen kann. Dies ist das Wort «Ich». Kein anderer kann zu mir «Ich» sagen, für jeden anderen bin ich ein «Du». Ebenso ist jeder andere für mich ein «Du». Nur er selbst kann zu sich «Ich» sagen. Das rührt davon her, daß man nicht außer, sondern in dem «Ich» lebt. Und so lebt man durch die intuitive Erkenntnis in allen Dingen. Die Wahrnehmung des eigenen «Ich» ist das Vorbild für alle intuitive Erkenntnis. Um so in die Dinge hineinzukommen, muß man allerdings erst aus sich selbst heraustreten. Man muß «selbstlos» werden, um mit dem «Selbst», dem «Ich», einer anderen Wesenheit zu verschmelzen." (Lit.: GA 012, S. 20f)

"Man hat erst dann etwas intuitiv erfaßt, wenn man diesem «Etwas» gegenüber zu der Empfindung gekommen ist: es äußert sich in ihm ein Wesen, das von derselben Art und inneren Geschlossenheit wie das eigene Ich ist." (Lit.: GA 012, S. 78)

Konkreter aus der übersinnlichen Erfahrung gesprochen, ist Intuition das vollkommene Einswerden mit anderen geistigen Wesen, indem man in sie untertaucht bzw. diese in uns untertauchen, ohne dass man dabei aber die eigene Identität verliert. Dann gibt es keinen Unterschied mehr zwischen mir und den anderen geistigen Wesen, man ist gleichsam im Gotte stehend - und doch ist man gerade dann am allermeisten bei sich selbst. Ein Paradoxon, auf das schon Paulus hingedeutet hat mit dem Wort, das Rudolf Steiner meist so zitiert: Nicht ich, sondern der Christus in mir. Meister Eckhart hat es so ausgesprochen:

"Das Auge, durch das ich Gott sehe, das ist das gleiche Auge, mit dem Gott mich sieht. Mein Auge und Gottes Auge das ist ein Auge und ein Sehen und ein Erkennen und ein Empfinden." (Lit.: 1,2)

In der intuitiven Erkenntnis bedient sich der Mensch jener Kräfte, die bis zum Zahnwechsel im siebenten Lebensjahr an der Gestaltung des physischen Leibes arbeiten.

"... die Kräfte, die in der Intuition, in der intuitiven Erkenntnis angewendet werden, sind dieselben Kräfte, mit denen man bis zum siebenten Jahre so wächst, daß dieses Wachsen seinen Ausdruck findet im Zahnwechsel. Diese schlafenden Kräfte, die bis zum siebenten Jahr tätig sind in der Menschennatur, die benützt man in der übersinnlichen Erkenntnis, um zur Intuition zu kommen." (Lit.: GA 191, S. 32)

"Wenn die Übungen für die Intuition gemacht werden, so wirken sie nicht allein auf den Ätherleib, sondern bis in die übersinnlichen Kräfte des physischen Leibes hinein. Man sollte sich allerdings nicht vorstellen, daß auf diese Art Wirkungen im physischen Leibe vor sich gehen, welche der gewöhnlichen Sinnenbeobachtung zugänglich sind. Es sind Wirkungen, welche nur das übersinnliche Erkennen beurteilen kann. Sie haben mit aller äußeren Erkenntnis nichts zu tun. Sie stellen sich ein als Erfolg der Reife des Bewußtseins, wenn dieses in der Intuition Erlebnisse haben kann, trotzdem es alle vorher gekannten äußeren und inneren Erlebnisse aus sich herausgesondert hat. — Nun sind aber die Erfahrungen der Intuition zart, intim und fein; und der physische Menschenleib ist auf der gegenwärtigen Stufe seiner Entwickelung im Verhältnisse zu ihnen grob. Er bietet deshalb ein stark wirkendes Hindernis für den Erfolg der Intuitionsübungen. Werden diese mit Energie und Ausdauer und in der notwendigen inneren Ruhe fortgesetzt, so überwinden sie zuletzt die gewaltigen Hindernisse des physischen Leibes. Der Geistesschüler bemerkt das daran, daß er allmählich gewisse Äußerungen des physischen Leibes, die vorher ganz ohne sein Bewußtsein erfolgten, in seine Gewalt bekommt. Er bemerkt es auch daran, daß er für kurze Zeit das Bedürfnis empfindet, z.B. das Atmen (oder dergleichen) so einzurichten, daß es in eine Art Einklang oder Harmonie mit dem kommt, was in den Übungen oder sonst in der inneren Versenkung die Seele verrichtet. Das Ideal der Entwickelung ist, daß durch den physischen Leib selbst gar keine Übungen, auch nicht solche Atemübungen gemacht würden, sondern daß alles, was mit ihm zu geschehen hat, sich nur als eine Folge der reinen Intuitionsübungen einstellte." (Lit.: GA 013, S. 371f)

Der Intuitionsbegriff der 'Philosophie der Freiheit'

"Im Gegensatz zum Wahrnehmungsinhalte, der uns von außen gegeben ist, erscheint der Gedankeninhalt im Innern. Die Form, in der er zunächst auftritt, wollen wir als Intuition bezeichnen. Sie ist für das Denken, was die Beobachtung für die Wahrnehmung ist. Intuition und Beobachtung sind die Quellen unserer Erkenntnis." (S. 95)

"Intuition und Beobachtung sind die Quellen unserer Erkenntnis. Wir stehen einem beobachteten Dinge der Welt so lange fremd gegenüber, so lange wir in unserem Innern nicht die entsprechende Intuition haben, die uns das in der Wahrnehmung fehlende Stück der Wirklichkeit ergänzt." (S. 95)

"Was uns in der Beobachtung an Einzelheiten gegenübertritt, das verbindet sich durch die zusammenhängende, einheitliche Welt unserer Intuitionen Glied für Glied;" (S. 96)

"Die Frage nach dem «Was» einer Wahrnehmung kann also nur auf die begriffliche Intuition gehen, die ihr entspricht." (S. 99)

"Ein Glied in meinem Gedankensysteme, eine bestimmte Intuition, ein Begriff verbindet sich mit der Wahrnehmung. Wenn dann die Wahrnehmung aus meinem Gesichtskreise verschwindet: was bleibt zurück? Meine Intuition mit der Beziehung auf die bestimmte Wahrnehmung, die sich im Momente des Wahrnehmens gebildet hat." (S. 106)

"Die Vorstellung ist nichts anderes als eine auf eine bestimmte Wahrnehmung bezogene Intuition, ein Begriff, der einmal mit einer Wahrnehmung verknüpft war, und dem der Bezug auf diese Wahrnehmung geblieben ist." (S. 107)

"Die Vorstellung steht also zwischen Wahrnehmung und Begriff. Sie ist der bestimmte, auf die Wahrnehmung deutende Begriff."

Bei diesen Ausführungen Steiners fällt auf, daß nebeneinander die Wörter 'Begriff' und 'Intuition' verwendet werden, als wären es Synonyme. Aber wenn es für Steiner Synonyme sind, warum sagt er das dann nicht? Und warum wählt er einmal das Wort 'Begriff', dann wieder 'Intuition', aber auch Kombinationen wie 'begriffliche Intuition'? Zudem kommen die Wörter 'Inhalt' und 'Form' vor. Ein Gedankeninhalt tritt zunächst in der Form der Intuition auf.

Als Formmerkmale von Begriffen oder Intuitionen können Erscheinung, Auftreten, Quellcharakter, Bewußtheit, Aktivität, Beweglichkeit, Innerlichkeit, Subjektivtät, Zusammenhang, Einheitlichkeit, Gliedcharakter, Bestimmtheit, Begrenztheit, Intentionalität, Funktionalität, Bezüglichkeit, usw. in Frage kommen, insofern sie nicht dem Gedankeninhalt zuzurechnen sind. Einige dieser Attribute sind in den Zitaten angeführt, andere implizit mitgemeint, oder es ist dies im übrigen Text der 'Philosophie der Freiheit' der Fall. Vgl. auch S. 154, wo von dem "ideellen und folglich allgemeinen Inhalt" einer Intuition gesprochen wird, und S. 153 davon, daß der "Inhalt eines Begriffes durch reine Intuition aus der ideellen Sphäre heraus" bestimmt werdern kann, ohne Bezug auf eine Wahrnehmung. Seite 166 heißt es jedoch:

"Der Unterschied zwischen mir und meinem Mitmenschen liegt durchaus nicht darin, daß wir in zwei ganz verschiedenen Geisteswelten leben, sondern daß er aus der uns gemeinsamen Ideenwelt andere Intuitionen empfängt als ich." (S. 166)

Was kann da mit "Intuitionen" anderes gemeint sein als Gedankeninhalte? Wenn man statt 'empfangen' das Wort 'intuieren' verwendete, würde es dann heißen: Aus der Ideenwelt Intuitionen intuieren. Die anfängliche Bestimmung von Intuition als Form, bzw. daß ausschließlich formhaftes Intuition genannt wird, wird von Steiner offenbar nicht durchgängig beibehalten, sondern Intuition kann auch den Inhalt von Gedanken bezeichnen. Dies wird auch durch eine Formulierung auf Seite 191 bestätigt:

"Der freie Geist handelt nach seinen Impulsen, das sind Intuitionen, die aus dem Ganzen seiner Ideenwelt durch das Denken ausgewählt sind. (S. 191)

Hier könnte man wohl wieder umformulieren zu: Intuitionen, die aus dem Ganzen der Ideenwelt durch Intuition ausgewählt sind. Seite 240 ist dann wieder die Form gemeint:

"Das Individuum muß seine Begriffe durch eigene Intuition gewinnen."

Auch da könnte man wohl ohne Sinnänderung formulieren: Das Individuum muß seine Intuitionen durch eigene Intuition gewinnen.

In einem Zusatz zur Neuauflage 1918 wird ein weiteres Merkmal der Intuition genannt. Es wird von 'Kräften' der Intuition gesprochen, die eine Vertiefung der Erkenntnis ermöglichen würden:

"Eine Vermehrung oder Andersgestaltung der menschlichen Sinne würde ein anderes Wahrnehmungsbild ergeben, eine Bereicherung oder Andersgestaltung der menschlichen Erfahrung; aber eine wirkliche Erkenntnis müßte auch dieser Erfahrung gegenüber durch die Wechselwirkung von Begriff und Wahrnehmung gewonnen werden. Die Vertiefung der Erkenntnis hängt von den im Denken sich auslebenden Kräften der Intuition (vergleiche Seite 95) ab. Diese Intuition kann in demjenigen Erleben, das im Denken sich ausgestaltet, in tiefere oder weniger tiefe Untergründe der Wirklichkeit tauchen. Durch die Erweiterung des Wahrnehmungsbildes kann dieses Untertauchen Anregungen empfangen und auf diese Art mittelbar gefördert werden." (S. 130f. aus Zusatz für Neuauflage 1918)

Dabei ist fraglich, ob diese 'Kräfte' der Intuition ein anderes Wort für Fähigkeit zu Intuitionen bzw. Intuitionsvermögen sind, von dem andernorts gesprochen wird, oder ob nicht doch noch etwas anderes bezeichnet werden soll.

Was Intuition auf der Ebene des Denkens bedeutet, hat Rudolf Steiner dann weiter so formuliert:

"Wer aber durchschaut, was bezüglich des Denkens vorliegt, der wird erkennen, daß in der Wahrnehmung nur ein Teil der Wirklichkeit vorliegt und daß der andere zu ihr gehörige Teil, der sie erst als volle Wirklichkeit erscheinen läßt, in der denkenden Durchsetzung der Wahrnehmung erlebt wird. Er wird in demjenigen, das als Denken im Bewußtsein auftritt, nicht ein schattenhaftes Nachbild einer Wirklichkeit sehen, sondern eine auf sich ruhende geistige Wesenhaftigkeit. Und von dieser kann er sagen, daß sie ihm durch Intuition im Bewußtsein gegenwärtig wird. Intuition ist das im rein Geistigen verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes. Nur durch eine Intuition kann die Wesenheit des Denkens erfaßt werden. (Lit.: GA 004, S. 146) (aus Zusatz für Neuausgabe 1918)

Im Anschluß wird dann gesagt, daß die Wesenheit des Denkens selbst eine intuitive sei. Die Erfassung des intuitiven Wesens des Denkens ist nur durch Intuition möglich.

Im intuitiven Denken habe der Mensch bereits ein rein geistiges Erlebnis:

"Die geistige Wahrnehmungswelt kann dem Menschen, sobald er sie erlebt, nichts Fremdes sein, weil er im intuitiven Denken schon ein Erlebnis hat, das rein geistigen Charakter trägt." (Lit.: GA 004, S. 181)

Der Intuitionsbegriff gemäß Seite 95ff. der 'Philosophie der Freiheit'

Da offensichtlich im Text der Philosophie der Freiheit der Begriff der Intuition nicht klar definiert ist, und das Wort 'Intuition' in unterschiedlichen Bedeutungen bzw. Kontexten verwendet wird, ist es verständlich, daß Rudolf Steiner in den Zusätzen der Neuauflage nochmals darauf hinweist, wo man im Text nachzusehen hat, um Aufschluß über die Intuition bzw. das intuitive Denken zu erhalten. Zweimal wird ausdrücklich auf die Seite 95, bzw. 95ff. verwiesen. Die eine Stelle befindet sich auf Seite 130f. (Zitat s.o.), die andere ist folgende:

"Die Wahrnehmung ist der Teil der Wirklichkeit, der objektiv, der Begriff derjenige, der subjektiv (durch Intuition, vgl. Seite 95 ff.) gegeben wird." (S. 247)

Natürlich müssen auch gerade diese Stellen, in denen nach Seite 95 bzw. 95ff. verwiesen wird, für den Intuitionsbegriff aufschlußreich sein, da es sich auf Seite 130, und Seite 247 wegen des Bezuges sich um den gleichen Gegenstand handeln muß.

In dem obigen Zitat wird nun deutlich zwischen Begriff und Intuition unterschieden. Die Begriffe werden subjektiv durch Intuition gegeben. Weiter heißt es, daß die Begriffe der Intuition erscheinen:

"Unsere geistige Organisation reißt die Wirklichkeit in diese beiden Faktoren auseinander. Der eine Faktor erscheint dem Wahrnehmen, der andere der Intuition." (S.247f.)

Da die Intuition bzw. das intuitive Denken für das Denken in sich selbst ein bewußtes Erleben[2] ermöglichen soll, als 'rein geistiger Vorgang', gilt es für die Bestimmung des Begriffes der 'Intuition' genau festzustellen, wie dieser im Vollzug ein bewußtes Erleben zukommen kann. "Erleben" ist selbst ein erklärungsbedürftiges Wort bzw. unklarer Begriff, das in diesem Zusammenhang so nicht weiterhilft. Die Art der Bewußtheit hat man aber wohl sicher innerhalb eines Begriffsfeldes von Beobachtung, Wahrnehmung, Erfahrung und Erlebnis, es gibt auch andere zugehörige Wörter wie 'gewahren' usw., zu suchen.

Die Art der Intuitionsbewußtheit im Denken muß von präzis bestimmbarer Art sein, und sich von anderen Bewußtseinsarten, etwa einem vagen Erlebnisgefühl, unterscheiden lassen, sonst machte es keinen Sinn, über Intuition so zu sprechen, wie Rudolf Steiner in seiner 'Philosophie der Freiheit'. Das Mittel, den Begriff der Intuition präzis zu fassen, kann aber nur die Intuition selbst sein. "Begriffe werden durch Intuition gegeben".

Die Passage auf Seite 95 ist diese:

"[D]as Denken [zieht] seine Fäden von Wesen zu Wesen. Diese Tätigkeit des Denkens ist eine inhaltvolle. (...) Diesen Inhalt bringt das Denken der Wahrnehmung aus der Begriffs- und Ideenwelt des Menschen entgegen. Im Gegensatz zum Wahrnehmungsinhalte, der uns von außen gegeben ist, erscheint der Gedankeninhalt im Innern. Die Form, in der er zunächst auftritt, wollen wir als Intuition bezeichnen. Sie ist für das Denken, was die Beobachtung für die Wahrnehmung ist. Intuition und Beobachtung sind die Quellen unserer Erkenntnis. Wir stehen einem beobachteten Dinge der Welt so lange fremd gegenüber, so lange wir in unserem Innern nicht die entsprechende Intuition haben, die uns das in der Wahrnehmung fehlende Stück der Wirklichkeit ergänzt. Wer nicht die Fähigkeit hat, die den Dingen entsprechenden Intuitionen zu finden, dem bleibt die volle Wirklichkeit verschlossen." (S. 95)

Auf Seite 96, sowie 98f. folgt:

"Was uns in der Beobachtung an Einzelheiten gegenübertritt, das verbindet sich durch die zusammenhängende, einheitliche Welt unserer Intuitionen Glied für Glied; (...) Außer durch Denken und Wahrnehmen ist uns direkt nichts gegeben. (S. 96)

"Man kann in bezug auf dieses Gegebene nur fragen, was es außerhalb der Wahrnehmung, das ist: für das Denken ist. Die Frage nach dem «Was» einer Wahrnehmung kann also nur auf die begriffliche Intuition gehen, die ihr entspricht." (S. 98f.)

Auch wenn sich ein präziser Intuitionsbegriff anhand solcher Angaben nicht so leicht gewinnen läßt, entsteht doch der Eindruck, daß es mit dem 'intuitiven' Denken nichts weiter auf sich hat. Es ist keine besondere Art des Denkens, sondern Denken eben. Nichts weiter. Jedes Denken, das alltägliche Denken des Menschen ist intuitives Denken.

Da verwundert es doch etwas, warum so ein Spektakel um die 'Intuition' gemacht wird. Allerdings hat man mit der Feststellung der Gewöhnlichkeit der 'Intuition' und des 'intuitiven Denkens' noch keinen Begriff von ihr. Es ist aber sicher ganz falsch, Intuition irgendwie mit dem Ausnahmezustand in Verbindung zu bringen, von dem im 3. Kapitel die Rede ist. Intuition ist kein Ausnahmezustand.

Das Wort 'Intuition' wird von Steiner allgemein für 'Denken' verwendet. Es soll mit ihm aber wohl der Tätigkeitsaspekt hervorgehoben werden. Zwar verwendet Steiner auch für das Resultat, den Begriffsinhalt, gelegentlich das Wort Intuition, aber das ist nicht unüblich, das Resultat einer Tätigkeit mit dem gleichen Namen zu benennen. Mit der Formulierung, daß die Intuition für das Denken sei, was die Beobachtung für die Wahrnehmung ist, wird eine Unterscheidung gemacht, die ausschließt, daß auch der Gedankeninhalt Intuition sein kann, denn Beobachtung ist kein Inhalt. Entsprechend wäre Intuition kein Inhalt. Sie hat auch keinen Gedankeninhalt, bzw. noch keinen, in dem Stadium, wo sie erst anhebt, einen Begriff zu fassen. Wenn sie den Begriff gefaßt hat, dann hat sie diesen Inhalt. Es gibt in dem Prozeß eine Phase, die einen ähnlichen Charakter wie die auf Wahrnehmungen bezogene Beobachtung hat: Das Suchen nach einem Begriff. Es muß dies nicht ein Begriff für eine Wahrnehmung sein, es kann auch das Suchen nach einem Begriff sein, veranlaßt durch den Inhalt eines anderen Begriffs, also bei einer logischen Folge z.B. Dies geschieht dann innerhalb des Denkens ohne Bezug auf Wahrnehmung. Also auch innerhalb des Denkens selbst kann die Intuition in Beobachtungs-, Such- oder Aufmerksamkeitsstellung sein, oder wie man es nennen will. Es ist aber fraglich, ob man den Beobachtungsbegriff, wie er für die Wahrnehmung gilt, einfach auf die Intuition übertragen kann. Denn wenn man einen Begriffsinhalt "beobachtet", dann ist die Erkenntnis damit abgeschlossen. Die wahrnehmliche Beobachtung hat nicht diese Qualität, für die Erkenntnis von sinnlichen Wahrnehmungen muß erst noch die Intuition hinzu kommen, bzw. sich vollziehen.

"[W]enn auch einerseits das intuitiv erlebte Denken ein im Menschengeiste sich vollziehender tätiger Vorgang ist, so ist es andererseits zugleich eine geistige, ohne sinnliches Organ erfaßte Wahrnehmung. Es ist eine Wahrnehmung, in der der Wahrnehmende selbst tätig ist, und es ist eine Selbstbetätigung, die zugleich wahrgenommen wird. Im intuitiv erlebten Denken ist der Mensch in eine geistige Welt auch als Wahrnehmender versetzt". (S. 256)

Diese Formulierung kann man wohl nur dahingehend verstehen, daß das 'Erleben' bzw. die 'Wahrnehmung' des Geistigen dadurch zustande kommt, daß die Intuition in Anwendung auf sich selbst ihre eigene Tätigkeit erfaßt. Intuitiv erlebtes Denken ist nicht gleichzusetzen mit intuitivem Denken (sonst machte die Hinzufügung des Wortes 'Erlebnis' keinen Sinn), aber bedient sich ebenso der Intuition. Aber inwiefern unterscheidet sich der Gegenstand des intuitiv erlebten Denkens von demjenigen des "bloß" intuitiven Denkens? Erscheint dem intuitiv erlebten Denken sein Gegenstand 'Intuition' genauso wie dem intuitiven Denken als Begriffsinhalt? Oder ist Intuition als Gegenstand der Intuition, ein Inhalt, der sich von den sonstigen Inhalten von Intuitionen qualitativ unterscheidet?

Möglicherweise will Rudolf Steiner das 'intuitiv erlebte Denken' als ein Denken verstanden wissen, das die gewöhnliche Intuition fortlaufend nebenbei in der Anwendung auf sich selbst begleitet. Erst wenn man so unterscheidet und dann meinetwegen das 'intuitiv erlebte Denken' als das eigentliche intuitive Denken verstehen will, auf das es ankäme, stellt sich die Frage, wie die Intuition sich selbst beobachten könne, was genau unter einem sog. Ausnahmezustand zu verstehen wäre, und wie die Unbeobachtbarkeit des aktuellen Denkens (gemäß 3. Kapitel der 'Philosophie der Freiheit') mit solchem intuitiven Denken als einem intuitiv erlebten Denken zusammenpassen könnte.

Die Beobachtung des Denkens (3. Kap. der 'Philosophie der Freiheit')

Ein Begriff der Intuition, der Denken und Beobachtung zugleich umfasst, als von einem Wesen, ist im 3. Kap. noch nicht entwickelt. Denken und Beobachten erscheinen als zwei verschiedene Tätigkeiten: Hervorbringen und Betrachten. Das Ziel in diesem 3. Kap. ist, das Denken so zu erfassen, daß es als ein sich durchsichtiges, vollkommen durchschautes Fundament für das weitere Erkennen der Welt dienen kann. Das Mittel soll dazu die Beobachtung sein.

"Beobachtung und Denken sind die beiden Ausgangspunkte für alles geistige Streben des Menschen, insoferne er sich eines solchen bewußt ist. Die Verrichtungen des gemeinen Menschenverstandes und die verwickeltesten wissenschaftlichen Forschungen ruhen auf diesen beiden Grundsäulen unseres Geistes. Die Philosophen sind von verschiedenen Urgegensätzen ausgegangen: Idee und Wirklichkeit, Subjekt und Objekt, Erscheinung und Ding an sich, Ich und Nicht- Ich, Idee und Wille, Begriff und Materie, Kraft und Stoff, Bewußtes und Unbewußtes. Es läßt sich aber leicht zeigen, daß allen diesen Gegensätzen der von Beobachtung und Denken, als der für den Menschen wichtigste, vorangehen muß." (S. 38)

"Zeitlich geht die Beobachtung sogar dem Denken voraus. Denn auch das Denken müssen wir erst durch Beobachtung kennenlernen." (S. 39)

Daß Zeitlichkeit, Beobachtung und Denken Begriffe sind, die durch das Denken ja erst gefaßt werden müssen, wird hier noch nicht thematisiert. (Im 4. Kap. gibt es dann die Feststellung: "Das Denken ist jenseits von Subjekt und Objekt". So weit ist der Untersuchungsprozeß im 3. Kap. noch nicht gediehen.[3])

Aber als gegeben angenommen, daß die Beobachtung zeitlich dem Denken vorausgeht, was keineswegs ohne weiteres einleuchtet: Sollte man dann nicht, um ein sicheres Fundament für das Erkennen zu gewinnen, zunächst erst die Beobachtung untersuchen?

"Zwei Dinge vertragen sich nicht: tätiges Hervorbringen und beschauliches Gegenüberstellen." (S. 43)

"Es wird heute sehr vielen Menschen schwer, den Begriff des Denkens in seiner Reinheit zu fassen." (S. 45)

"Er sucht das Denken durch einen bloßen Beobachtungsprozeß zu finden in derselben Art, wie wir bei anderen Gegenständen des Weltinhaltes verfahren. Er kann es aber auf diesem Wege nicht finden, weil es sich, wie ich nachgewiesen habe, gerade da der normalen Beobachtung entzieht." (S. 45)

Der normalen Beobachtung als ein bloßer Beobachtungsprozeß (Beobachtungsverfahren) entzieht sich das Denken als unbeobachtbar, da es zu dem Zeitpunkt, wo es mittels Beobachtung ins Auge gefaßt werden könnte, als eine hervorbringende Tätigkeit bereits vorbei ist, mithin für die Beobachtung nicht mehr vorhanden ist, bzw. weil die Beobachtung als eine separate Tätigkeit warten muß. Die Beobachtung kann nicht gleichzeitig zusammen mit dem Denken beginnen, quasi im Zeitverlauf parallel das Denken ins Auge fassen. (Es kann immer nur eine Tätigkeit zugleich ausgeführt werden, die Tätigkeit des Hervorbringens, und die Tätigkeit des Beobachtens können im Zeitablauf nur im Wechsel auftreten. Das Erkenntnissubjekt kann sich nicht in zwei Subjekte aufspalten: Eines das denkt, und ein anderes, das beobachtet.)

Darüber hinaus vertritt Rudolf Steiner für dieses Beobachten die Ansicht, das gelte auch, wenn man das Denken eines anderen Subjektes beobachtet. Auch da muß das zu beobachtende Objekt zunächst hervorgebracht worden sein. Erst dann kann es ins Auge gefaßt werden:

"Das Denken, das beobachtet werden soll, ist nie das dabei in Tätigkeit befindliche, sondern ein anderes. Ob ich zu diesem Zwecke meine Beobachtungen an meinem eigenen früheren Denken mache, oder ob ich den Gedankenprozeß einer anderen Person verfolge, oder endlich, ob ich, wie im obigen Falle mit der Bewegung der Billardkugeln, einen fingierten Gedankenprozeß voraussetze, darauf kommt es nicht an." (S. 43)

Das ist schwer nachvollziehbar, da es in dem Fall der Beobachtung des Denkens eines anderen Subjektes zwei Subjekte gibt, und auch eine Gleichzeitigkeit der hervorbringenden Tätigkeit und der beobachtenden Tätigkeit möglich zu sein scheint. Wird das Beobachtungsobjekt 'Denken' als mit einer zeitlosen Plötzlichkeit gegeben angenommen? Eine alternative Interpretation könnte sein, daß während des Beobachtens nie das eigene dabei in Tätigkeit befindliche Denken beobachtet werden kann, was implizieren würde, daß zum Beobachten Denken erforderlich ist. Weiter heißt es dann:

"So ist es auch mit unserem Denken. Es muß erst da sein, wenn wir es beobachten wollen. Der Grund, der es uns unmöglich macht, das Denken in seinem jeweilig gegenwärtigen Verlauf zu beobachten, ist der gleiche wie der, der es uns unmittelbarer und intimer erkennen läßt als jeden andern Prozeß der Welt. Eben weil wir es selbst hervorbringen, kennen wir das Charakteristische seines Verlaufs, die Art, wie sich das dabei in Betracht kommende Geschehen vollzieht. Was in den übrigen Beobachtungssphären nur auf mittelbare Weise gefunden werden kann: der sachlich-entsprechende Zusammenhang und das Verhältnis der einzelnen Gegenstände, das wissen wir beim Denken auf ganz unmittelbare Weise." (S. 44)

Das bestätigt beide Lesarten des vorigen Zitats: Das Denken muß da sein, um beobachtet werden zu können. Um die Beobachtung des Werdens von Denkergebnissen durch Tätigkeit geht es hier nicht, obwohl vom Denkprozeß gesprochen wird. Und da nun von Erkenntnis gesprochen wird, muß die Beteiligung des Denkens beim Beobachten schon mitgedacht sein, es sei denn, Steiner wollte mit den Ausführungen eine Erkenntnis lediglich durch Beobachtung postulieren[4]

Verständlich ist aber, daß ein Denken, das zusammen mit Beobachtung zur Erkenntnis des Denkens bemüht werden müßte, schon ein anderes wäre, wenn das zu beobachtende Denken immer schon da sein muß. Denn es wäre mit einem Beobachten verbunden, das erst auftreten könnte, wenn das zu beobachtende Denken schon da ist. Sollte nun die Erkenntnis des Denkens, obwohl sich das aktuelle Denken nicht beobachten läßt, deshalb möglich sein, weil das zu beobachtende vorherige Denken schon da ist, noch da ist, nämlich in seinen Resultaten?

"Zwei Dinge vertragen sich nicht: tätiges Hervorbringen und beschauliches Gegenüberstellen. Das weiß schon das erste Buch Moses. An den ersten sechs Welttagen läßt es Gott die Welt hervorbringen, und erst als sie da ist, ist die Möglichkeit vorhanden, sie zu beschauen: «Und Gott sahe an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut.»" (S. 43f.)

Daraus folgt, daß Rudolf Steiner der Ansicht ist, daß durch das Erkennen der Ergebnisse des Denkens auch die Tätigkeit miterkannt ist, die diese Ergebnisse hervorgebracht hat, trotzdem diese Tätigkeit zum Zeitpunkt des Beobachtens und Erkennens des Denkens bereits Vergangenheit ist[5]. Dies vielleicht deshalb, weil zum Erkennen der Ergebnisse eines Denkens die Tätigkeit, die diese Ergebnisse hervorgebracht hatte, erneut vollzogen werden muß, nachvollzogen werden muß, um die Denkergebnisse verstehen zu können. Durch diesen Nachvollzug der vorherigen Tätigkeit hat man dann nicht nur die Ergebnisse des vorherigen Denkens präsent, sondern konnte die Ergebnisse nochmal denken. Und man weiß, wie es gemacht wird, sonst könnte man den Prozeß nicht nachvollziehen.

Wenn Rudolf Steiner die Möglichkeit, das Denken zu erkennen, so verstanden wissen will, liegt der Einwand nahe, daß es nichts ungewöhnliches ist, die eigenen Denkergebnisse später nicht mehr zu verstehen: Man hat vergessen, wie sie zustande gekommen sind. Der Nachvollzug gelingt nicht, das Denken kommt ins Stocken. Das ist aber nicht wirklich ein Einwand, denn es zeigt nur, daß man in diesem besonderen Fall nicht zur Erkenntnis des Denkens fähig war. Grundsätzlich ist dies aber möglich, und ist auch notwendig, um überhaupt denken zu können.

"Das ist gerade der Grund, warum mir die Dinge so rätselhaft gegenüberstehen: daß ich an ihrem Zustandekommen so unbeteiligt bin. Ich finde sie einfach vor; beim Denken aber weiß[6] ich, wie es gemacht wird. Daher gibt es keinen ursprünglicheren Ausgangspunkt für das Betrachten alles Weltgeschehens als das Denken." (49f.)

Der Ausnahmezustand ist von Rudolf Steiner lediglich dadurch charakterisiert, daß man das Denken selbst ins Auge faßt, anstatt wie gewöhnlich nur die sinnlichen Gegenstände. Etwas dem Ausnahmezustand entsprechendes muß aber, nach der Interpretation der Ansichten Rudolf Steiners wie oben vorgenommen, wenn auch meist unbewußt, das Denken permanent begleiten, denn es würde sonst den Faden verlieren. Beobachtung des Denkens und intuitiv erlebtes Denken sind ein und dasselbe und beinhalten Selbsterkenntnis. Diese[7] Intuitionsbewußtheit läßt sich durch den übenden Nachvollzug der Gedanken der 'Philosophie der Freiheit', und auch durch den Nachvollzug der Ergebnisse des seelischen Beobachtens anderer Autoren bzw. Redner, verstärken.

Geistige Wahrnehmung

Eine geistige Wahrnehmung durch denkende Intuition hätte man sich demnach so vorzustellen, daß der Gedankeninhalt der Intuition insofern über den normalen Begriffsinhalt hinausginge, als die Tätigkeit, die diesen Begriffsinhalt hervorgebracht hat, in dem Begriffsinhalt mitenthalten ist und durch Nachvollzug wahrgenommen wird. Dies gälte dann nicht nur für das eigene Denken, sondern auch für andere geistige Wesen in der denkenden Intuition: Die Wahrnehmung des geistigen Wesens entsteht durch den Nachvollzug der Tätigkeit dieses geistigen Wesens, die sich in seiner Erscheinung als Gedankeninhalt ausdrückt.

Moralische Intuition

--> Hauptartikel: Moralische Intuition

"Die höchste Stufe des individuellen Lebens ist das begriffliche Denken ohne Rücksicht auf einen bestimmten Wahrnehmungsgehalt. Wir bestimmen den Inhalt eines Begriffes durch reine Intuition aus der ideellen Sphäre heraus." (S. 165)

"Wenn wir unter dem Einflüsse von Intuitionen handeln, so ist die Triebfeder unseres Handelns das reine Denken. Da man gewohnt ist, das reine Denkvermögen in der Philosophie als Vernunft zu bezeichnen, so ist es wohl auch berechtigt, die auf dieser Stufe gekennzeichnete moralische Triebfeder die praktische Vernunft zu nennen." (S. 165)

Siehe auch

Denk-Erlebnis

Anmerkungen

  1. vgl. (Duden)
  2. Erleben eines Inhalts, nicht der Tätigkeit als solcher im Unterschied zum Inhalt: "Intuition ist das im rein Geistigen verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes" (S. 146).
  3. Man kann wohl annehmen, daß die Beobachtung als solche dadurch entsteht, daß sich das Denken von sich selbst unterscheidet. Es ist der erste Unterschied, der Urunterschied für das Denken, nicht nur der wichtigste für den Menschen (wie Steiner sagt). Alle anderen Unterscheidungen, auch die zwischen Tätigkeit und Inhalt, kommen später, sofern sie nicht nur andere Bezeichnungen für diesen ersten Unterschied sind. Fraglich ist, ob das Denken diesen Unterschied bewußt vornehmen kann, oder ob nicht eher das Bewußtsein erst durch diese Unterscheidung entsteht. Die Formulierung Rudolf Steiners S. 38: "Beobachtung und Denken sind die beiden Ausgangspunkte für alles geistige Streben des Menschen, insoferne er sich eines solchen bewußt ist", könnte genau das aussagen wollen, daß diese erste Unterscheidung unbewußt verläuft. Insofern die seelische Beobachtung nur bewußte Tatsachen aufsuchen kann, müßte von der Gegebenheit dieses Unterschiedes ausgegangen werden. (Um ihn dann später im nachherein als selbstgesetzt erkennen zu können, falls das möglich sein sollte.)
  4. Das könnte bei dem besonderen Beobachtungsobjekt 'Denken' tatsächlich der Fall sein, da ja die beiden für die Erkenntnis zu verbindenden "Hälften" der Wirklichkeit, Begriff und Wahrnehmung, vorliegen. Nur umgekehrt wie sonst. Eine zusätzliche Intuition bräuchte es bei der Beobachtung des Denkens möglicherweise nicht, da diese ja schon als Beobachtungsobjekt vorliegt, allerdings "nur" als Inhalt.
  5. Wie dies möglich sein könnte, und was genau vorgeht, bedarf freilich einer eingehenderen Untersuchung. Es scheint, daß zumindest der letzte Gedankenschritt auf irgendeine Art im Bewußtsein noch präsent sein muß. (Was noch da sein könnte, das ist das Ende der hervorbringenden Tätigkeit. Dieses Ende fällt zeitlich in einem Punkt zusammen mit dem Beginn der Beobachtung. Das Gewahren des Gedankens scheint aber keine Zeit zu benötigen. Es könnte sein, daß das Denken in diesem Endpunkt der hervorbringenden Tätigkeit auf diese zurückblickt, und sie gewissermaßen räumlich wahrnimmt. Der Übergang vom Fassen des Gedankens zu seiner Wahrnehmung wäre demnach ein Dimensionswechsel: Das Denken sieht sich nach, blickt auf sich zurück, indem es seine Tat räumlich als Inhalt sieht. Dadurch weiß es, was es gedacht hat, kann fortsetzen und den nächsten Gedanken anschließen.)
  6. Das mag als konstatierender Befund so richtig sein. Für die in sich durchsichtige Klarheit des Denkens wünscht man sich aber doch auch Aufschluß darüber, woher dieses Wissen kommt? Es scheint da zu sein wie eine Art Instinkt. Kann der Befund als solcher die Zweifel, ob es nicht doch das Gehirn sei, das denkt, aufheben? 'Tätigkeit' und 'Inhalt' sind freilich Begriffe des Denkens, sie müssen daher im Ursprung des Denkens, der jenseits von Tätigkeit und Inhalt "ist", aufgehoben sein
  7. Interpretationen von Steiners Ausführungen, daß es zusätzlich zur Beobachtung noch eine weitere Erlebnisquelle des Denkens gäbe bzw. geben müsse, die separat von der Beobachtung eine Erfahrung des Denkens möglich mache, insbesondere des aktuellen Denkens, muß eine Absage erteilt werden, insofern dies auf eine Doppelung, Spaltung in zwei Bewußtseine hinauslaufen würde, die von Steiner ausdrücklich als unmöglich behauptet wird, und natürlich auch sonst nicht plausibel ist. Es gibt nur ein Bewußtsein: Die Selbstbeobachtung des Denkens. (Auch wenn die Intuition für die Seite der sinnlichen Wahrnehmung einen Begriff faßt und einen sinnlichen Gegenstand erkennt, ist dies Selbstbeobachtung (=Selbsterkenntnis) oder, in anderen Worten, intuitiv erlebtes Denken.) Wenn man sich Intuition als eine Art geistiges Atmen vorstellt, kommt Bewußtsein lediglich der Phase des Einatmens zu. Das Ausatmen ist der schöpferische Prozeß. Wollte man dem Ausatmen auch ein Bewußtsein zukommen lassen, wäre das wie ein Ausatmen, das zugleich in irgendeiner Weise einatmet. Die Anführung des Zitates aus Buch Mose im 3. Kap. der 'Philosophie der Freiheit' könnte auch so zu verstehen sein, daß Rudolf Steiner ein solches Verständnis der Intuition als ein gleichzeitiges Einatmen beim Ausatmen ausgeschlossen wissen will.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.