Brunetto Latini und Dionysius Areopagita: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Dante-Brunetto Bargello-Fresko.jpg|mini|250px|Das älteste Porträt [[Dante Alighieri]]s; links sein Lehrer ''Brunetto Latini'': Detail aus dem ''Fresko des Paradieses'' ( 14.Jhdt. ) von [[Wikipedia:Giotto di Bondone|Giotto di Bondone]] ([[Wikipedia:Bargello|Museo del Bargello]]. Maria-Magdalena-Kapelle, [[Wikipedia:Florenz|Florenz]])]]
[[Bild:Dionysius Areopagita.jpg|thumb|Dionysius Areopagita]]
[[Datei:Brunetto Latini.jpg|mini|250px|]]
'''Dionysius Areopagita''' gilt als das Pseudonym des unbekannten Autors (darum auch '''Pseudo-Dionysius Areopagita''' genannt) einer Sammlung von Büchern, die um [[Wikipedia:500|500]] entanden sind, aber nach allgemeiner Auffassung irrtümlich dem in [[Wikipedia:Apostelgeschichte|Apostelgeschichte]] {{BB|Apg|17|34}} erwähnten, von [[Paulus von Tarsus|Paulus]] durch seine Rede auf dem Athener [[Wikipedia:Areopag|Areopag]] bekehrten ''Dionysius'' zugeschrieben wurden, der nach [[Wikipedia:Eusebius von Cäsarea|Eusebius von Cäsarea]] später erster [[Wikipedia:Bischof|Bischof]] von [[Wikipedia:Athen|Athen]] gewesen sein soll<ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel49-3.htm [[Wikipedia:Eusebius von Cäsarea|Eusebius von Cäsarea]]: ''Historia Ecclesiae'' 3,4]</ref>.


'''Brunetto Latini''' (* um [[Wikipedia:1220|1220]] [[Wikipedia:Florenz|Florenz]]; † [[Wikipedia:1294|1294]]) war ein [[italien|italien]]ischer Staatsmann, Schriftsteller, Gelehrter und Lehrer und väterlicher Freund des jungen [[Dante Alighieri]] (1265-1321).
== Dionysius oder Pseudo-Dionysius Areopagita? ==


== Leben ==
:"Die Lehre von den Göttern ist zuerst in ein System gebracht worden von dem Schüler des Apostels Paulus, Dionysius dem Areopagiten. Sie ist aber erst im 6. Jahrhundert aufgeschrieben worden. Die Gelehrten leugnen deshalb die Existenz des Dionysius Areopagita und sprechen von den Schriften des Pseudo-Dionysius, als ob man erst im 6. Jahrhundert alte Überlieferungen zusammengestellt habe. Der wahre Sachverhalt ist nur zu konstatieren durch das Lesen in der Akasha-Chronik. Die Akasha-Chronik aber lehrt, daß Dionysius wirklich in Athen gelebt hat, daß er von Paulus eingeweiht worden ist und von ihm den Auftrag erhalten hat, die Lehre von den höheren Geistwesen zu begründen und besonderen Eingeweihten zu erteilen. Gewisse hohe Lehren wurden damals niemals aufgeschrieben, sondern nur durch mündliche Tradition fortgepflanzt. Auch die Lehre von den Göttern wurde so von Dionysius seinen Schülern gegeben und von diesen wiederum weitergegeben. Der direkte Schüler wurde dann mit Absicht wieder Dionysius genannt, so daß der letzte, der die Lehre von den Göttern aufschrieb, einer in dieser Reihe war, die alle Dionysius genannt wurden." {{Lit|{{G|93a|97f}}}}


Brunetto wurde um [[Wikipedia:1220|1220]] als Sohn des ''Bonacorso Latini'' in [[Wikipedia:Florenz|Florenz]] geboren. Da er einer einer hochangesehenen Familie enstammte, bekleidete er vermutlich schon ab 1253 hohe Ämter in der florentinischen Regierung.
{{Zitat|Gib aber acht, daß niemand der Nicht-Eingeweihten etwas von diesen Dingen zufällig
hört.


[[Wikipedia:1260|1260]], kurz nach seiner Heirat, war Brunetto als Gesandter in Spanien bei König [[Wikipedia:Alfons X. (Kastilien)|Alfons von Kastilien]]. Auf dem Rückweg in seine Heimatstadt Florenz erhielt er die Nachricht, dass die Partei der [[Wikipedia:Guelfen|Guelfen]], der er selbst angehörte, gestürzt worden sei und dass die [[Wikipedia:Ghibellinen|Ghibellinen]] mit brutaler Gewalt gegen sie vorgingen. Diese Nachricht traf ihn wie ein Schock, dazu kam noch ein leichter Sonnenstich, der seinen [[Ätherleib]] lockerte und ihm den geistigen Blick öffnete. Brunetto konnte in seinem [[Initiation]]s-Erlebnis einen Nachklang der [[Schule von Chartres]] auffangen {{GZ||240|302f}}. Äußerlich war die Schule von Chartres verklungen, aber die Äthersphäre war durchdrungen von ihrem Geist. Es war gerade die kurze Zeit der völligen geistigen Finsternis, die sich um [[1250]] über die Menschheit für wenige Jahre gebreitet hatte, abgelaufen.
Ich meine diejenigen, die in den Wirklichkeiten gefesselt sind und sich vorstellen,
daß es nichts mehr in überwirklicher Weise gibt über die Wirklichkeiten hinaus,
die wiederum meinen mit ihrer eigenen Art von Erkenntnis den zu erkennen, der
den Schatten zu seinem Versteck macht.|Pseudo-Dionysius Areopagita|Über mystische Theologie 2|ref=[http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Areopagita/Pseudo-Dionysius_Areopagita_Ueber_mystische_Theologie.pdf#page=2&view=Fit]}}


Nach dem Sieg der Ghibellinen wurde Brunetto Latini verbannt und ging ins Exil nach [[Wikipedia:Paris|Paris]]. Hier schrieb er in [[Französische Sprache|französischer Sprache]] sein Werk ''[[Li Livres Dou Trésor]]'' (''"Buch vom Schatz"''), eine das [[Wissen]] seiner Zeit umspannende [[Enzyklopädie]], und fast gleichzeitig auf [[Wikipedia:Italienischer Sprache|Italienisch]] den ''Tesoretto''. Er trug damit wesentlich zur Entwicklung der italienischen Volkssprache bei. Der italienische Geschichtsschreiber [[Wikipedia:Giovanni Villani|Giovanni Villani]] (1276-1348) bezeichnete ihn deshalb als den ''"Beginner und Meister in der Entwicklung der toskanischen Sprache"''.
{{GZ|So erwähnt die Apostelgeschichte den Dionysius, der ein eingeweihter
Schüler des Paulus war und ein esoterisches Christentum
lehrte. Später hat Johannes Scotus Eriugena am Hofe Karls des Kahlen
noch im 9. Jahrhundert ein esoterisches Christentum begründet.
Dieses ist dann nach und nach durch das Dogma verdeckt worden.
Dringt man aber in das Devachan ein, so sieht man die Beschreibung,
die Dionysius davon gegeben hat, bestätigt.|94|80}}


Nach der Wiedereinsetzung der Guelfen, die [[Wikipedia:1266|1266]] in der [[Wikipedia:Schlacht bei Benevent|Schlacht bei Benevent]] die Ghibellinen bezwangen, konnte Brunetto [[Wikipedia:1267|1267]] nach Florenz zurückkehren, bekleidete hier fortan wieder wichtige Ämter und wurde [[Wikipedia:1287|1287]] zum Sekretär der Republik ernannt. Gewandt im Lateinischen, Toskanischen und Französischen war Brunetto als Redner, Dichter, Historiker, Rechtsgelehrter, Philosoph und Theologe hoch angesehen. In diese Zeit fällt auch die Erziehung des jungen Dante, der ihm durch Familienbeziehungen nahestand. Auch andere Dichter und Freunde Dantes aus dem Kreis der [[Fedeli d’Amore]] wie z. B. [[Guido Cavalcanti]] und [[Francesco da Barberino]] waren Brunettos Schüler. Dante gedenkt seines verehrten Lehrers in der [[Göttliche Komödie|Göttlichen Komödie]] im 15. Gesang des [[Inferno]]:
{{GZ|Dieser Dionysius der Areopagite
wird ja von einigen für einen unmittelbaren Schüler des Paulus gehalten.
Die Schriften tauchen aber erst im 6. Jahrhunderte auf, und
manche sprechen daher von pseudo-dionysischen Schriften, die im
6. Jahrhunderte von irgend jemandem abgefaßt worden und dann
dem Paulus-Schüler zugeschrieben worden seien.


{| align="center" |
Wer so spricht, kennt nicht die ganze Art und Weise, wie sich
|-
geistige Erkenntnisse in diesen älteren Jahrhunderten fortgepflanzt
| <poem>{{Zeile|82}} Das ''theure, gute Vater-Angesicht'',
haben. Solch eine Schule, wie diejenige war, in der Paulus selbst in
Noch seh’ ich’s vor betrübtem Geiste schweben,
Athen gelehrt hatte, sie hatte Erkenntnisse, welche zunächst nur
Noch denk’ ich, wie ihr mich im heitern Licht
mündlich gelehrt worden sind, welche sich dann von Generation zu
{{Zeile|85}} Gelehrt, wie Menschen ew’gen Ruhm erstreben,
Generation fortgepflanzt haben, und welche erst viel, viel später
Und wie mir dies noch theuer ist und werth,
aufgeschrieben worden sind. Das, was da später aufgeschrieben
Soll kund, so lang’ ich bin, die Zunge geben.
worden ist, braucht deshalb durchaus nicht unecht zu sein, sondern
{{Zeile|88}} Was ihr von meiner Laufbahn mich gelehrt,
kann mit einer gewissen Identität dasjenige wiedergeben, was Jahrhunderte
Bewahr’ ich wohl.
alt ist. Und einen solchen Wert auf die Persönlichkeit, wie
                              ([http://de.wikisource.org/wiki/Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_086087.jpg Inferno 15,82-88])</poem>
wir heute legen, einen solchen Wert hat man ja in diesen ältesten
|}
Zeiten auf die Persönlichkeit nicht gelegt.|204|255f}}


Warum Dante seinen geschätzten Lehrmeister in den siebenten Höllenkreis versetzt, wo die ''Gewalttäter wider die Natur'', die [[Wikipedia:Sodomie|Sodomisten]], fürchterliche Qualen leiden, bleibt allerdings unklar. Über etwaige [[Sexualität|sexuelle]] Verfehlungen - nach dem Maßstab der spätmittelalterlichen kirchlichen [[Moral]]lehre - ist nichts bekannt. Vielleicht ist die Ursache auch „nur“ in Dante anstößig erscheinenden Passagen in Brunettos Schriften zu suchen. Oder er sah die „Unzucht“ darin, dass sich Brunetto für sein ''Livre du Trésor'' des Französischen bedient hatte und damit der italienischen Volkssprache untreu geworden war - für Dante durchaus schwerwiegende Gründe.
==Rezeption==


Brunetto starb [[Wikipedia:1294|1294]].
Heute stimmt die Wissenschaft darin überein, dass Paulus' Bekehrter, Dionysius vom Areopag, nicht der Verfasser der ihm zugeschriebenen Schriften sein kann. Des Verfassers wirkliche Identität ist unbekannt, man vermutet, er könne ein syrischer Mönch gewesen sein. Seine Werke zeigen starke [[Neuplatonismus|neuplatonische]] Spuren, (besonders [[Wikipedia:Proklos|Proklos]]), sowie den Einfluss des [[Wikipedia:Clemens von Alexandrien|Clemens von Alexandrien]], der [[Wikipedia:Drei Kappadokier|drei Kappadokier]], des [[Origenes]] und anderer.  


Nach einem Hinweis [[Rudolf Steiner]]s soll [[Dante]] im karmischen Zusammenhang mit König [[Wikipedia:Johann (Sachsen)|Johann von Sachsen]] (1801-1873) stehen, der in [[Wikipedia:Dresden|Dresden]], dem [[Wikipedia:Elbflorenz|Elbflorenz]], ab 1854 regierte und unter dem Pseudonym ''Philalethes'' Dantes «[[Göttliche Komödie]]» ins Deutsche übersetzte. Vermutet wird auch der karmische Bezug von dessen Leibarzt [[Carl Gustav Carus]] (1789-1869) zu Brunetto Latini<ref>vgl. dazu: [http://www.perseus.ch/PDF-Dateien/carus2.pdf Ekkehard Meffert: ''Carl Gustav Carus und Brunetto Latini, der Lehrer Dantes''], Der Europäer Jg. 4 / Nr. 1 / November 1999</ref>.
Die Echtheit der areopagitischen Schriften wurde zwar schon von Bischof [[Wikipedia:Hypatios|Hypatios]] [[Wikipedia:532|532]] angezweifelt, dann aber kam man schnell überein, die Echtheit anzuerkennen (so schon bei [[Wikipedia:Gregor der Große|Gregor dem Großen]] (&dagger;[[Wikipedia:604|604]]). Der erste bekannte Kommentar zu den Schriften stammte von [[Wikipedia:Maximus Confessor|Maximus Confessor]] (&dagger;[[Wikipedia:662|662]]). In der folgenden Zeit galt das areopagitische Schrifttum wegen seiner angeblich frühestchristlichen Herkunft nahezu als [[Wikipedia:Kanon|kanonisch]] und hatte auf die mittelalterliche Theologie einen großen Einfluss.


== Il Tesoretto ==
Ab dem [[Wikipedia:9. Jahrhundert|9. Jahrhundert]] wurde der Areopagite durch [[Wikipedia:Hildwin|Hildwin]]s ''Vita Dionysii'' dann mit dem frühchristlichen Märtyrer [[Dionysius von Paris]] gleichgesetzt, nach dem die Abtei [[Wikipedia:St. Denis (Abtei)|St. Denis]] bei [[Wikipedia:Paris|Paris]] benannt ist. So wurde der griechischsprachige Theologe frankisiert. Vermutlich war die Abtei für die Verschmelzung der drei Namensträger, also des in der Bibel erwähnten Dionysius, des Märtyrers und eben des Autors der areopagitischen Schriften, verantwortlich.
[[Datei:Dante sodom.jpg|mini|300px|[[Dante]] und [[Wikipedia:Vergil|Vergil]] sprechen mit Brunetto Latini in der Hölle. Aus einem illustrierten Kommentar zur «[[Göttliche Komödie|Göttlichen Komödie]]», zirka 1345]]
Brunetto Latini hat seine Schau in der Dichtung ''Il Tesoretto'' (''"der kleine Schatz"'') festgehalten, die nach Richard L. John „''unverkennbar die Spuren des [[Templer]]tums an sich''“ trägt<ref>Robert L. John: ''Dante'', S. 12</ref>:


Von Schmerzen gebeugt ob der erhaltenen Schreckensbotschaft verliert er wie in Trance den Weg und findet sich endlich in einem abgelegnen, wilden Wald wieder. Als er sich endlich wieder besinnen kann, sieht er sich vor einen Berg gestellt und beobachtet große Scharen seltsamer Tiere, Menschen, Gräser, Blumen, Bäume, Steine und Perlen. Alles ist in ständiger Verwandlung, entsteht und vergeht wieder – und zwar so, wie es ein daneben stehendes weibliches Wesen gebietet, das Brunetto einmal wie verkörpert in wunderschöner Gestalt erscheint, dann wieder riesenhaft und gestaltlos - [[Natura]]. Jetzt lacht ihr Gesicht, dann ist es von Schmerzen verzerrt.
Die verschiedenen Dionyse bemerkte auch [[Wikipedia:Peter Abaelard|Peter Abaelard]] bei seinen nach der Rückkehr nach St. Denis um [[Wikipedia:1121|1121]] begonnenen Studien zur Geschichte des Patrons. Die Abtei besaß auch eine gute griechische Ausgabe der Werke  des Pseudo-Dionysius, ein Geschenk [[Wikipedia:Karl der Kahle|Karls des Kahlen]], die von [[Wikipedia:Johannes Scotus Eriugena|Johannes Scotus Eriugena]] im [[Wikipedia:9. Jahrhundert|9. Jahrhundert]] ins Lateinische übersetzt wurde. Diese Übersetzung machte sowohl den [[Neuplatonismus]] als auch die [[Engel]]lehre des Pseudo-Dionysius weit bekannt. Für das gesamte [[Wikipedia:Mittelalter|Mittelalter]] sollte der  Entwurf aus [[Platonismus]], [[Mystik]], kosmischer [[Emanation]]slehre und (gemäßigtem) [[Monophysitismus]] zu einem System einzigartiger Faszination werden.  


{{GZ|Nun
Nach einem kurzen Aufkommen von Kritik an der Echtheit der Schriften musste [[Wikipedia:Peter Abaelard|Peter Abaelard]] dann aber das Kloster verlassen, sodass sich die nächsten ernsten Zweifel erst wieder bei [[Wikipedia:Laurentius Valla|Laurentius Valla]] im [[Wikipedia:15. Jahrhundert|15. Jahrhundert]] fanden. Der Beleg der Unechtheit konnte aber erst durch philologische  Forschungen im [[Wikipedia:19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]] erbracht werden, sodass bis dahin die Authentizität streitig blieb.
schildert Brunetto Latini, wie die Schöpfung sich um den Berg ausbreitet,
wie ihm auf dem Berg eine riesige Frauengestalt erscheint,
auf deren Worte hin, auf deren Wortangaben hin sich diese Schöpfung,
die um den Berg ist, wandelt und ändert, andere Formen annimmt.
Und so wie Brunetto Latini spricht, so erkennt man: er spricht
so über diese Frauengestalt, wie in den alten Einweihungsmysterien
gesprochen worden ist über Proserpina. Nur hat die Vorstellung über
die Proserpina eben die Wandlung durchgemacht von der alten Griechenzeit
bis zum Ausgang der griechisch-lateinischen Zeit. Nicht so
wie die alten griechischen Dichter die Proserpina schildern, schildert
Brunetto Latini sie; er schildert sie eben so, wie sie in den menschlichen
Seelen lebte im Ausgang des griechisch-lateinischen Zeitalters.
Und dennoch: Das, was der alte Ägypter anhörte, wenn ihm die
Beschreibung der Isis, und was der Grieche anhörte, wenn ihm die
Beschreibung der Proserpina nahetrat durch die Einweihung, man
kann es vergleichen mit dem, was Brunetto Latini erzählt von dieser
Frauengestalt, auf deren Geheiß und Worte hin sich die Gestalten
der Schöpfung wandeln.|187|121f|122}}


<center>
== Die mystische Theologie ==
{|width="800px" 
[[Datei:Pseudo-Dionysius, De ecclesiastica hierarchia, Milan, M 87 sup.jpg|mini|Pseudo-Dionysius Areopagita, ''De ecclesiastica hierarchia'' in der 1307 geschriebenen Handschrift Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Codex M 87 sup., fol. 28r]]
|-
[[Datei:Nine orders of angels.jpeg|mini|Darstellung der neun Chöre der Engel auf einer griechischen Ikone]]
| <div style="-moz-column-count: 2; -webkit-column-count: 2; column-count: 2;"><poem>Und ich in solcher Trauer
mit geneigtem Haupte nachdenkend,
verlor den großen Weg
und gelangte quer
{{Zeile|190}} durch einen seltsamen Wald.


Aber zurückkehrend zur Besinnung
{{Zitat|Dreiheit, die du Überseiendes
wandte ich mich und heftete meinen Sinn
ringsherum auf das Gebirge
und sah eine grosse Menge
{{Zeile|195}} von verschiedenen Tieren;
welche, kann ich nicht gut sagen,
aber Männchen und Weibchen,
wilde Tiere, Schlangen und Raubtiere
und Fische in grossen Scharen
{{Zeile|200}} und alle Arten
fliegender Vögel
und Gräser und Früchte und Blumen
und Steine und Sternblumen,
die sehr wohltuend sind,
{{Zeile|205}} und so viel andere Dinge,
dass kein sprechender Mensch
sie nennen,
noch einteilen kann.
Aber so viel kann ich davon sagen,
{{Zeile|210}} dass ich sie gehorchen sah,
enden und beginnen,
sterben und erzeugen
und ihre Natur annehmen
nach dem Befehl einer Gestalt,
{{Zeile|215}} die ich sah.
Und sie schien mir,
als wenn sie verkörpert wäre,
manchmal ungeformt,
manchmal den Himmel berührend,
{{Zeile|220}} der ihr Schleier zu sein schien;
und bisweilen verwandelte sie ihn
und bisweilen bewegte sie ihn.
Auf ihr Geheiß
bewegte sich das Firmament.
{{Zeile|225}} Und bisweilen breitete sie sich aus,
dass die ganze Welt in ihren Armen schien.
Einmal lachte das Gesicht,
dann wieder war es von Gram und Schmerz durchzogen,
{{Zeile|230}} schliesslich nahm es seinen früheren Ausdruck an.


[...]
und Übergott
und Übergutes bist,
Führer der Christen in die Gottesweisheit,
leite uns auf den über-unerkannten und überhellen und höchsten Gipfel der mystischen
Schriften!


Aber dann, als sie mich sah
Da sind die einfachen und absoluten und unveränderlichen Geheimnnisse der Theologie
lachte ihr Angesicht,
verborgen in der überhellen Finsternis der in das Geheimnis einführenden Stille.
{{Zeile|285}} Zu mir wandte sie sich
In der tiefsten Finsternis über-beleuchtet diese Finsternis das, was am meisten
sehr gütig und sagte:
über-hell ist,
Ich bin die Natur
und in dem, was gänzlich untastbar und unsichtbar ist, über-erfüllt es die augenlosen
{{Zeile|290}} und bin ein Werk
Intelligenzien mit überschönem Glanz.
des höchsten Schöpfers,
er ist mein Schöpfer,
durch ihn wurde ich geschaffen
und begonnen,
{{Zeile|295}} aber seine große Macht
war ohne Anfang:
sie endigt weder, noch stirbt sie.
Aber meine ganze Arbeit ist,
dass, sobald ich sie entzünde,
{{Zeile|300}} sie sich verzehren muss.
Er ist allmächtig,
aber ich bin nichts,
wenn er es nicht gewährt.
Er sorgt vor für alles
{{Zeile|305}} und ist an jedem Ort
und weiß das, was vergangen
und die Zukunft und die Gegenwart,
aber ich bin nicht wissend,
außer um das, was er will,
{{Zeile|310}} Zeige mir, wie du es zu tun pflegst,
das, was du willst, das ich machen möge,
und das, was ich zerstören möge.
Durch ihn bin ich seine Arbeiterin,
deshalb befiehlt er mir;
{{Zeile|315}} so auf Erden und in der Luft
hat er mich zu seinem Stellvertreter gemacht.
Er ordnet die Welt
und ich nach seinem Befehl
{{Zeile|320}} leite es nach seinem Geist.</poem>
</div>
|}
</center>


Natura schildert dann, wie [[Gott]] durch das [[Sechstagewerk]] die ganze [[Schöpfung]] hervorgebracht hat, alle [[Pflanzen]] und [[Tiere]] und zuletzt den [[Mensch]]en als sein Ebenbild. Sie berichtet von der gestaltenden Vernunft und den engelhaften Wesenheiten, aber auch vom Hochmut [[Luzifer]]s und wie alle, die ihm folgen, ins ewige Feuer des [[Inferno]]s gestoßen werden. Sie spricht vom [[Sündenfall]] und seinen Folgen, der Vertreibung aus dem [[Paradies]], und vom Entschluss Gottes, zu sterben, um die Menschen wieder zu heilen.
Das ist mein Gebet.|Pseudo-Dionysius Areopagita|Über mystische Theologie 1,1|ref=[http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Areopagita/Pseudo-Dionysius_Areopagita_Ueber_mystische_Theologie.pdf#page=2&view=Fit]}}


Brunetto Latini erneuert so im [[Christentum|christlichen]] Sinn das, was der Ägypter mit der [[Isis]] verband und der Grieche schilderte im [[Proserpina-Persephone-Mythos]], die ihrer Mutter [[Demeter]] das Gewand webt. Der Unterschied besteht darin, dass man in alten Zeiten das Augenmerk vor allem auf das Ruhende, auf das in allem Wechsel Bleibende legte, während Brunetto gerade auf das sich Wandelnde schaut. Es sind aber immer die Seelenkräfte gemeint, die als Begleiter des Nus, des Weltengeistes, schaffend die Welt durchweben. Natura ist eine Schwester der Urania, des Sternenhimmels. So wie Urania die kosmische Beraterin des Nus ist, so wird Nus in den irdischen Bereichen von Natura beraten.
Bei Dionysius ist [[Gott]] „aller Dinge Ursache, Anfang, Wesen und Leben“<ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3730-2.htm ''de divinis nominibus '' 1,3]</ref>. Gott ist aber auch als [[das Eine]] und Vollkommene jenseits allen [[Dasein]]s<ref>[http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Areopagita/Pseudo-Dionysius_Areopagita_Ueber_mystische_Theologie.pdf#page=5&view=Fit ''de mystica theologia '' 1,3]</ref>. Die Frage nach der möglichen [[Erkenntnis]] Gottes wird dann derart beantwortet, dass ''per analogiam '' die Erkenntnis zur Ursache von Allem geführt werden kann <ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3734-8.htm ''de div '' 5,9]</ref>, ohne Gott in einem Existierenden jedoch jemals zu erkennen<ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3736-2.htm ''de div '' 7,3]</ref>. Eine ''theologia positiva '' (''kataphatike'') muss also von der [[Bibel|biblischen]] [[Offenbarung]] Gottes ausgehen <ref>[http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Areopagita/Pseudo-Dionysius_Areopagita_Ueber_mystische_Theologie.pdf#page=5&view=Fit ''de myst '' 3]</ref>, wobei Gott als Über-Seiend, ''hyperousios'', nie erreicht wird. Eine ''theologia negativa'' (''apophatike'') muss sich so um die Unsagbarkeit bemühen <ref>[http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Areopagita/Pseudo-Dionysius_Areopagita_Ueber_mystische_Theologie.pdf#page=5&view=Fit ''de myst '' 3], [http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3742.htm ''de div '' 13]</ref>, die Verborgenheit aufnehmen und eben nach diesem Dunkel fragen <ref>[http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Areopagita/Pseudo-Dionysius_Areopagita_Ueber_mystische_Theologie.pdf#page=2&view=Fit ''de myst '' 1]</ref>.  


=== Der Initiationsweg des Brunetto Latini ===
{{GZ|Wie zusammenfließend in einem umfassenden Vorstellungsstrom
findet sich das von den religiösen Impulsen inspirierte
Gedankenleben in den Schriften des ''Areopagiten Dionysius''. Diese Schriften werden vom Jahr 533 n. Chr.
an erwähnt, sind wohl nicht viel früher verfaßt, gehen
aber in ihren Grundzügen, nicht in den Einzelheiten, auf
früheres Denken dieses Zeitalters zurück. - Man kann den
Inhalt in der folgenden Art skizzieren: "Wenn die Seele
sich allem entringt, was sie als Seiendes wahrnehmen und
denken kann, wenn sie auch hinausgeht über alles, was sie
als Nichtseiendes zu denken vermag, so kann sie das Gebiet
der überseienden, verborgenen Gotteswesenheit geistig
erahnen. In dieser ist das Urseiende mit der Urgüte
und der Urschönheit vereinigt. Von dieser ursprünglichen
Dreiheit ausgehend, schaut die Seele absteigend eine Rangordnung
von Wesen, die in hierarchischer Ordnung bis
zum Menschen gehen.|18|87f}}


{{GZ|Dasjenige, was man später abstrakt die Naturgesetzlichkeit
Die Positionen der ''theologia positiva '' und der ''theologia negativa '' werden nicht aufgelöst (Interpreten, die diese Auflösung doch sehen, sprechen dann von der ''via eminentiae ''), sondern eher ''in praxi'' durch eine ''theologia mystica'' flankiert, die den Weg "in das mystische Dunkel der Erkenntnis" <ref>[http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Areopagita/Pseudo-Dionysius_Areopagita_Ueber_mystische_Theologie.pdf#page=3&view=Fit ''de myst '' 1,3]</ref> soweit möglich bahnen soll. Über Reinigung (''[[katharsis]]'') und Erleuchtung (''[[photismos]]'') lässt sich eine Vollendung (''teleiosis'') erreichen in der im Nichterkennen begründeten Erkenntnis <ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3684.htm ''de caelesti hierarchia '' 3], [http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Areopagita/Pseudo-Dionysius_Areopagita_Ueber_mystische_Theologie.pdf#page=4&view=Fit ''de myst '' 2]</ref>. Gott lässt sich durch Erkennen und Nichterkennen erkennen <ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3736-2.htm ''de div '' 7,3]</ref>, wobei das "und" zwischen Erkennen und Nichterkennen beides in Eins zur Voraussetzung macht. Gott wird also als über-erkennbar (''hyperagnostos'') erkannt <ref>[http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Areopagita/Pseudo-Dionysius_Areopagita_Ueber_mystische_Theologie.pdf#page=2&view=Fit ''de myst '' 1,1]</ref>, womit die ''theologia negativa'' bestehen bliebe.
nannte, wovon man sich später durchaus nicht hat vorstellen
wollen, daß etwas Wesenhaftes dahinter ist, das sah Brunetto Latini in
Form der Imagination von einer Frau, aus deren Geiste, wie in einem
diese von ihm auch imaginierte Natur beherrschenden Worte, dasjenige
hervorging, was später in abstrakter Form als Naturgesetzmäßigkeit
empfunden wurde. Diese Frau sagte ihm dann - so erzählt er -, er solle
seine Seelenkräfte vertiefen, dann werde er immer tiefer in sich hineinkommen.
- Und nun ist es interessant, wie sie, gleichsam ihre Kraft über
ihn ausstrahlend, ihm die Möglichkeit gibt, immer tiefer in sich hineinzukommen.
Es ist das Untertauchen in die eigene Wesenheit. Und die
Reihenfolge, die er angibt, ist wirklich für gewisse Verhältnisse die
richtige Reihenfolge der Initiation.|161|52}}


Es sollen nun die einzelnen Stufen des Initiationsweges des Brunetto Latini genauer beschrieben werden.  
{{GZ|Denn ungefähr war die Denkweise,
welche man in diesem Dionysius findet, die folgende: Wir Menschen,
wir können mit unseren Begriffen, die wir uns bilden, mit
den Anschauungen, die wir gewinnen können, die sinnlich-physische
Welt überschauen. Wir können dann mit dem Verstande unsere
Schlüsse ziehen aus den Tatsachen und Wesenheiten dieser physisch-
sinnlichen Welt. Wir entwickeln uns gewissermaßen hinauf zu
einem Verstandesinhalte, der dann nicht mehr sinnlich anschaulich
ist, der in Vorstellungen, in Begriffen erlebt wird, und wenn wir aus
den Sinnestatsachen und Sinneswesen unsere Begriffe, unsere Vorstellungen
gebildet haben, dann bekommen wir den Drang, uns mit
diesen Vorstellungen zu dem Übersinnlichen, zu dem Geistigen, zu
dem Göttlichen hinaufzubewegen.


{{GZ|Brunetto Latini hat vor sich dieses Zeitalter, in dem wir jetzt
Aber nun geht Dionysius nicht in der Weise vor, daß er etwa
drinnen leben. Er naht sich Florenz. Er weiß, dasjenige, was Florenz
sagt, wir lernen aus den Sinnesdingen dieses oder jenes, unser Verstand
geworden ist unter dem Impuls des unmittelbaren menschlichen
bekommt seine Vorstellungen und er schließt dann auf eine
Lebens, der unmittelbaren intellektuellen Antriebe, das soll begraben
Gottheit, er schließt auf eine geistige Welt -, so sagt er nicht,
werden unter dem Aufkommen von Institutionen, die aus der
sondern er sagt: Diejenigen Vorstellungen, die wir bekommen aus
Abstraktion hervorgehen. Er naht sich Florenz. Der Schmerz macht,
den Sinnesdingen, sind alle ungeeignet, die Gottheit auszudrücken.
so schildert er, daß er sich in einem Walde verirrt, in einem öden
Wir können einfach, wenn wir uns noch so subtile Vorstellungen
Walde. Als er zur Besinnung kommt, bemerkt er inmitten einer großartigen
bilden von den Sinnesdingen, wir können mit Hilfe dieser Vorstellungen
Weltenschöpfung - die seine Imagination ist - einen Weg und
nicht dasjenige ausdrücken, was die Wesenheit des Göttlichen
eine riesige Frauengestalt. Wir hören, daß er unter dieser riesigen
ist. Wir müssen daher unsere Zuflucht nehmen von den positiven
Frauengestalt die «wahre Natur» anredet, nicht jene Natur, welche
Vorstellungen zu den negativen Vorstellungen. Wir sprechen
die heutige Naturwissenschaft beschreibt, sondern die «wahre Natur».
zum Beispiel, wenn wir unseren eigenen Mitmenschen begegnen,
Diese «wahre Natur» erteilt ihm Lehren über dasjenige, was im
von Persönlichkeit. Wenn wir von der Gottheit sprechen, so sollten
Menschen lebt, über die Geheimnisse der menschlichen Seele, über
wk nach dieser Anschauung des Dionysius nicht von Persönlichkeit
die Geheimnisse der vier menschlichen Temperamente, über die Geheimnisse
sprechen, weil die Vorstellung der Persönlichkeit viel zu klein, viel
der menschlichen Sinne, über die Geheimnisse der Elemente,
zu niedrig ist, um die Gottheit zu bezeichnen. Wir sollten vielmehr
über die Geheimnisse der Planeten. Sie führt ihn dann hinaus
sprechen von Überpersönlichkeit. Wir sollten nicht einmal, wenn
über den Planetenbereich in den Ozean des Weltendaseins bis an die
wir von der Gottheit sprechen, vom Sein sprechen. Wir sagen, ein
Säulen des Herkules, wohlgemerkt: in einer Zeit, in der es noch nicht
Mensch ist, ein Tier ist, eine Pflanze ist. Gott sollten wir nicht in
den Kopernikanismus gegeben hat, in einer Zeit, in der Amerika
demselben Sinne wie dem Menschen, dem Tier, der Pflanze ein Sein
noch nicht wieder neu entdeckt worden war. Dann wird er darauf
zuschreiben, sondern wir sollten ihm ein Übersein zuschreiben. Und
aufmerksam gemacht, daß er alles das, also die ganze sichtbare Welt, zu
so sollten wir versuchen, meint Dionysius, uns allerdings hinaufzuschwingen
verlassen hat. Dann werde er erst erkennen die Geheimnisse von Gut
von der Sinneswelt zu bestimmten Vorstellungen, aber
und Böse; dann werde er erst erkennen den Gott der Liebe und so
dann sollten wir gewissermaßen diese Vorstellungen überall umkippen,
weiter. Man möchte sagen, diese Betrachtungsweise Brunetto Latinis
ins Negative übergehen lassen. Wir sollten gewissermaßen
ist eine richtige Silvesterbetrachtung des vierten nachatlantischen
uns hinaufschwingen aus der Sinneswelt zur positiven Theologie,
Zeitraums in der kosmischen Neujahrszeit des Heranrückens des
dann aber umkippen und die negative Theologie begründen, die
fünften nachatlantischen Zeitraums.|180|122f}}
eigentlich so hoch ist, so von Gott und dem göttlichen Denken
durchdrungen, daß sie sich nur ausspricht in negativen Prädikaten,
in Verneinungen desjenigen, was man sich von der Sinneswelt vorstellen
kann.


Indem Natura ihre Kräfte über Brunetto ausgießt, durchlebt er die einzelnen Stufen seiner Initiation. Er steigt erlebend in sein Inneres hinein und lernt zunächst seine Seelenkräfte zu schauen als [[Imagination]] wilder [[Tier]]e. Brunetto schaut also den [[Astralleib]] bzw. zuerst die in den Astralleib eingebetteten Seelenglieder: [[Empfindungsseele]], [[Verstandesseele]] und [[Bewusstseinsseele]], die durch die noch unbewusste Arbeit des [[Ich]] an den Leibeshüllen gebildet werden. Indem das Ich den Astralleib umwandelt, entsteht zunächst die Empfindungsseele, durch Umwandlung des Ätherleibes bildet sich die Verstandesseele und die Bewusstseinsseele kommt dadurch zustande, das das Ich bis in den [[Physischer Leib|physischen Körper]] hinein arbeitet. Namentlich arbeitet der [[Intellekt]] beständig in das physische [[Gehirn]] hinein und bildet dort geordnete Strukturen. Früh erworbene starre Denkmuster sind sehr tief eingegraben und es bedarf hoher Willensanstrengung, um sie wieder aufzulösen. Das Denken muss beweglich werden, Denkmuster müssen kristallklar ausgebildet, aber auch immer wieder überwunden werden. Durch diese intensive Arbeitet am physischen Gehirn wird das Bewusstsein gesteigert. Zur Wahrnehmung der geistigen Außenwelt in Gedankenform (platonische [[Ideenschau]]) kommt es aber erst, wenn das Denken rein im Ätherischen abläuft und der Ätherleib gleichsam mit seinen ätherischen Fangarmen die äußere Ätherwelt abtastet. Trotzdem müssen diese Erlebnisse hereingeholt und anschließend mit dem physischen Verstand gefasst werden. Nur dadurch, eben durch diese Arbeit am physischen Leib, wird die Bewusstseinsseele immer stärker ausgebildet und zwar jetzt so, dass wir auch Gedanken bewusst erfassen können, die sich auf rein Geistiges beziehen.
Und so glaubte Dionysius der Areopagite hinüberzudringen in
die göttlich-geistige Welt, indem er gewissermaßen alles dasjenige,
was man im Verstande haben kann, verläßt und sich zu einer überverständigen
Welt hinüberlebt.


Brunetto steigt also erlebend in sein Inneres hinein und lernt zuerst seine Seelenkräfte zu schauen ([[Astralleib]], Tier-Imaginationen) und dann die 4 [[Temperamente]] ([[Ätherleib]]), um anschließend durch die Tore der 5 [[Sinne]] ([[physischer Leib]]) in die geistige Außenwelt vorzustoßen. Zunächst in die Welt der 4 [[Elemente]], dann durch die 7 [[Planetensphären]] zum [[Tierkreis]], um schließlich, den 4 [[Vier Paradiesesströme|Paradiesesströmen]] folgend, den Ozean, den [[Okeanos]], zu durchschreiten, d.h. jene übersinnliche Sphäre, die überhaupt kein sinnlich-äußeres Korrelat mehr hat, die jenseits der [[Fixsternsphäre]] liegt, dorthin, wo man sonst nur unbewusst im tiefen Schlaf ist (vgl. Faust II: finstere Galerie). Es ist das Reich der gestaltlosen Urbilder, der höchsten [[Platonische Ideen|platonischen Ideen]] – das obere [[Devachan]] in anthroposophischer Ausdrucksweise. Dieses Hinausgehen in den [[Okeanos]] hat man früher bezeichnet als das Durchschreiten durch die "[[Säulen des Herakles]]" (im [[Hebräisch]]en als [[Jakim und Boas]]-Säulen beschrieben):
Sehen Sie, wenn wir den Dionysius für einen Paulus-Schüler
halten, dann lebt er ja am Ende des 1. christlichen Jahrhunderts in
das 2. christliche Jahrhundert hinüber und er lebt also ein paar Jahrhunderte
vor dem entscheidungsvollen 4. nachchristlichen Jahrhundert.
Er fühlt, was da herankommt: den Höhepunkt menschlicher
Verstandesentwickelung. Er sieht gewissermaßen mit einem Teil
seines Wesens zurück in die alten Zeiten. Sie wissen, vor dem 8. vorchristlichen
Jahrhundert haben die Menschen noch nicht so vom
Verstande geredet, wie seit dem 8. vorchristlichen Jahrhundert. Der
Verstand oder die Verstandesseele ist ja erst im 8. vorchristlichen
Jahrhundert geboren worden, und aus dieser Geburt der Verstandesseele
ging die griechische, ging die lateinische Kultur hervor. Die
waren dann im 4. nachchristlichen Jahrhundert auf ihrem Höhepunkt.
Vor diesem 8. vorchristlichen Jahrhundert hat man ja gar
nicht die Welt mit dem Verstande erkannt; man hat sie erkannt
durch die Anschauung. Die älteren ägyptischen, die älteren chaldäischen
Erkenntnisse sind durch die Anschauung gewonnen, sind
gewonnen so, wie wir unsere äußeren sinnlichen Erkenntnisse gewinnen,
trotzdem diese vorchristlichen Erkenntnisse geistige Erkenntnisse
waren. Der Geist wurde eben so angeschaut, wie wir
heute das Sinnliche anschauen und wie schon die Griechen das Sinnliche angeschaut haben. Es ist also gewissermaßen in Dionysius dem
Areopagiten etwas wie ein Zurücksehnen zu einer Anschauung, die
jenseits des Verstandes liegt.


:::::*Seelenkräfte
Nun stand vor dem Dionysius das große Mysterium von Golgatha.
:::::*vier Temperamente
Er lebte in der Verstandeskultur seiner Zeit. Wer sich in die
:::::*fünf Sinne
Schriften des Dionysius vertieft, der sieht, gleichgültig wer es war,
:::::*vier Elemente
wie stark dieser Mann lebte in alldem, was die Verstandeskultur
:::::*sieben Planeten
seiner Zeit hervorgebracht hat. Ein feingebildeter Grieche, aber zu
:::::*Okeanos
gleicher Zeit ein Mann, der in seiner ganzen Persönlichkeit erfüllt
war von der Größe des Mysteriums von Golgatha, und der sich sagte:
Wenn wir uns mit unserem Verstande auch noch so sehr anstrengen,
an das Mysterium von Golgatha und dasjenige, was dahintersteht,
kommen wir nicht heran. Wir müssen über den Verstand hinauskommen.
Wir müssen von der positiven Theologie zu der negativen
Theologie uns hinüberentwickeln.|204|257ff}}


Alle diese Initiations-Schritte unternimmt Brunetto auf Geheiß der Frau, die ihm in der Imagination erscheint. Und dann, und das ist besonders wichtig und typisch, nachdem er den geistigen Ozean durchschwommen hat, erwacht er wieder in der physischen Welt! Er findet sich wieder in seinem Wald. Doch gleich steht Natura wieder neben ihm und ermahnt in, nach rechts weiterzureiten. Dann werde er die großen Lehre in ganz neuem Licht schauen: die Philosophie, die 4 (platonischen) Tugenden (also Weisheit, Mut, Mäßigkeit und Gerechtigkeit) und endlich den Gott der Liebe. Entscheidend ist also, dass Brunetto jetzt seine geistige Erkenntnis in das wache Tagesbewusstsein mitnehmen kann.
== Ätherische Astronomie und Christentum ==


Brunetto erlebt das nun so: er kommt zunächst in eine Wüste. Hier sind keine Menschen, keine Tiere, keine Pflanzen, kein Fluß und kein Bach. Schließlich schaut er Kaiser, Könige, Gelehrte, über allen aber die Kaiserin, Tugend genannt, mit ihren vier Königstöchtern. Bald erscheint sie ihm als ein einziges Wesen, dann wieder als vier Wesen. Brunetto kommt dann weiter in das Reich des Glücks und der Liebe. Von einem Pfeil des Liebesgottes getroffen, wünscht Brunetto zu entfliehen und wird von Ovid (Metamorphosen!) von diesem Ort befreit.
{{GZ|Also in Athen namentlich war bis ins 4. Jahrhundert herein, ja
noch länger, eine Weisheitsschule, welche sich bemühte, die alte
ätherische Astronomie mit dem Christentum in Einklang zu bringen.
Die letzten Reste dieser Anschauung von dem Hereinkommen des
Menschen aus höheren Welten durch die Planetensphäre in die
Erdensphäre, sie durchglänzen noch die Schriften des Origenes,
glänzen noch durch selbst durch die Schriften der griechischen Kirchenväter.
Man kann überall sehen, wie das da durchglänzt; und es
glänzte namentlich durch die Schriften des wahren ''Dionysius des Areopagiten''. Dieser Dionysius der Areopagite hinterließ ja eine
Lehre, die eine reine Synthesis war zwischen der ätherischen Astronomie
und demjenigen, was im Christentum lebte: daß sich die
gewissermaßen in der Sonne astronomisch oder kosmisch lokalisierten
Kräfte in dem Christus durch den Menschen Jesus von Nazareth
in die Erdensphäre hineinbegeben haben, und daß damit eine
gewisse Beziehung, die vorher nicht vorhanden war, zur Erde entstanden
ist in bezug auf alle höheren Hierarchien, die Hierarchien
der Engel, die Hierarchien der Weistümer, die Hierarchien der
Throne, die Hierarchien der Seraphime und so weiter. Eine Durchdringung
dieser Hierarchienlehre mit ätherischer Astronomie, das
war es, was beim ursprünglichen Dionysius dem Areopagiten vorhanden
war.


Der Tesoretto nimmt dann noch einen weiteren Fortgang, wo Brunetto schildert, wie er im Kloster zu Montpellier, wo auch [[Alanus ab Insulis]] gewirkt hatte, den Mönchen seine Sünden beichtet. Endlich schildert Brunetto, wie er eine weitere Reise unternimmt, um die 7 freien Künste zu schauen. An einem Festtag reitet er wieder in den Wald, erschaut dort den Berg Olymp, die vier Elemente und schließlich begegnet er [[Ptolemäus]], redet ihn an ... und damit bricht unvollendet das Werk ab.
Im 6. Jahrhundert hat man dann versucht, die Spuren zu verwischen
auch der älteren Lehren des Dionysius des Areopagiten, und
man hat sie so umgestaltet, daß man darin eigentlich nur noch eine
abstrakte Geisteslehre hatte. So wie heute die Lehre des Dionysius
des Areopagiten vorliegt, ist sie ja eine Geisteslehre die nicht mehr
viel mit ätherischer Astronomie zu tun hat. Und so nennt man ihn
dann den Pseudo-Dionysius. Auf diese Weise hat man der Weisheitslehre
einen Untergang bereitet, auf der einen Seite, indem man
den Dionysius verballhornt hat, und auf der anderen Seite dadurch,
daß man jene noch in Athen ganz lebhaft lebendige Lehre,
welche die ätherische Astronomie mit dem Christentum vereinigen
wollte, ausgerottet hat, und daß man in bezug auf das Kulthafte
dann den Mithrasdienst ausgerottet hat.


Bedeutsam ist Brunettos Werk als allerletztes Beispiel dafür, wie man im Mittelalter noch aus dem inneren Erleben zu einem geistigen Schauen der Natur durchbrechen konnte. Dann kam das Zeitalter der äußeren Naturwissenschaft. Und das hat auch Konsequenzen für den Initiations-Weg. Um heute einen ähnlichen Weg wie Brunetto gehen zu können, bedarf es einer weiteren Vorbereitung. Würden wir so wie er durch die Tore der Sinne in die geistige Außenwelt hinaustreten, würde sich eine ziemliche geistige Finsternis ausbreiten. Damit das nicht geschieht, bedarf es folgender Einschiebung auf dem Initiationsweg: man muss sich darin üben, Geistig-Ideelles als äußere Wirklichkeit in der Metamorphose der Gestaltungen der Welt zu schauen – also das, was [[Goethe]] mit seiner [[Metamorphosenlehre]] angestrebt hat.
Und dann haben ein übriges getan solche Persönlichkeiten wie
''Konstantin'', dessen Taten in späterer Zeit verstärkt wurden dadurch,
daß ja der Kaiser ''Justinian'' die Athenische Philosophenschule
schließen ließ, so daß die letzten Menschen, welche sich damit befaßt
haben, die alte ätherische Astronomie mit dem Christentum in
Einklang zu bringen, auswandern mußten und in Persien eine Stätte
fanden, wo sie wenigstens ihr Leben fortfristen konnten.|204|72f}}


Eine weitere Einschiebung auf dem [[Schulungsweg]] ist heute notwendig, bevor man die «Säulen des Herakles» durchschreitet. Man muss einen festen inneren Schwerpunkt, eine ungeheure Vertiefung seines eigenen Wesens erfahren, etwas was einem dann die Orientierung geben, die Richtung weisen kann in dem ungeheuren geistigen Ozean. Und es muss dabei die ganz starke Empfindung entstehen, das es äußere Dinge geben kann, die einem subjektiv gar nichts angehen, die man aber doch so intensiv und begeistert miterlebt, als würden sie einem selbst zutieftst betreffen. So erwirbt man sich ein Werkzeug der Orientierung, einen Kompass für die geistige Welt. Es geht also um die Stärkung der Ich-Kraft und der damit verbundenen Liebes-Kraft. Dann kann sich das Wort von Goethes Faust erfüllen: "In deinem Nichts hoff’ ich das All zu finden!" Damit stellt sich der moderne Initiationsweg insgesamt so dar:
== Die Himmlische Hierarchie ==
[[Datei:Francesco Botticini - The Assumption of the Virgin.jpg|mini|400px|[[Wikipedia:Mariä Aufnahme in den Himmel|Mariä Aufnahme in den Himmel]] von [[Wikipedia:Francesco Botticini|Francesco Botticini]] (1446–1497). [[Maria]] und [[Jesus]] sind von den in drei Stufen gegliederten neun Engelschören umgeben.]]


:::::*Seelenkräfte
{{Hauptartikel|Hierarchien}}
:::::*vier Temperamente
::::::*'''Metamorphosen des Lebens'''
:::::*fünf Sinne
:::::*vier Elemente
:::::*sieben Planeten
::::::*'''Werkzeug der Orientierung (Kompass)''' [[Ich]]
:::::*Okeanos


Berühmt wurde Brunetto allerdings nicht des ''Tesorettos'' wegen, sondern wegen des "großen Schatzes", des ''«Trésor»'', einem enzyklopädischen Werk, das die gesamte damalige Welterkenntnis zu umfassen strebte, und das Brunetto später in Frankreich in französischer Sprache verfasst hat. In späteren Jahren bekleidete Brunetto wieder öffentliche Ämter in Florenz und wurde hier der Freund und Lehrer des Dante. Der Einfluß auf Dantes "[[Göttliche Komödie]]" ist unübersehbar.
Die [[Angelologie]] (von {{ELSalt|ἄγγελος}} ''angelos'' „Sendbote“, {{Lang|grc|λόγος}} ''logos'' „Wort, Lehre“), die [[Christentum|christliche]] Lehre von den [[Engelhierarchien]], geht zurück auf die Schrift des Areopagiten über «Die Himmlische Hierarchie» (''de caelesti hierarchia'')<ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3682.htm De caelesti hierarchia]</ref>, die er dem Mitpresbyter<ref>dem Mitältesten; vgl. {{B|1 Petr|5|1|LUT}}.</ref> ''Timotheus'' widmet. Zweck der Hierarchien, die als Nachbilder Gottes geschaffen sind, ist es, in aufsteigender Stufenordnung dem göttlichen [[Urbild]] immer ähnlicher zu werden und so zur Einswerdung mit [[Gott]] zu streben und mehr noch zu Mitwirkenden mit Gott zu werden.


== Werke (Auswahl) ==
Im 2. Kapitel rechtfertigt Dionysius die [[sinnlich]]-[[sinnbild]]liche [[imaginativ]]e Darstellung der Engelwesen in der [[Heilige Schrift|Heiligen Schrift]], durch die sie aber doch trotz aller Unähnlichkeit geziemend veranschaulicht würden. Nur mit Rücksicht auf unser eingeschränktes [[Erkenntnis]]vermögen habe uns Gott diese in Sinnbildern verhüllten Aufschlüsse über die Engelwelt gegeben. ''„Denn ganz natürlich hat sich die Offenbarung bei den gestaltlosen Geistern der dichterischen heiligen Gebilde bedient, weil sie, wie gesagt, auf unser Erkenntnisvermögen Rücksicht nahm und für die ihm entsprechende und naturgemäße Emporführung Fürsorge trug und in Anpassung an dasselbe die [[Anagoge|anagogischen]] heiligen Darstellungen aufbildete.“''<ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3683.htm ''De caelesti hierarchia'' 2,1]</ref> Man müsse sich aber stets bewusst sein, dass es sich um Sinnbilder handle und nicht meinen, die Hierarchien ''„seien nach dem Bilde der Adler mit einem Krummschnabel oder wie die (kleineren) Vögel mit einem struppigen Gefieder ausgestattet; damit wir nicht (sage ich), uns einbilden, es liefen da gewisse feurige Räder über den Himmel und es seien da Throne aus irdischem Stoff, welche der Urgottheit zum Zurücklehnen dienen, und es gäbe gewisse buntscheckige Pferde und speertragende Kriegsoberste und was sonst alles von der Schrift in heiliger Plastik durch die bunte Fülle der bedeutungsreichen Sinnbilder uns überliefert ist.“''<ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3683.htm ''De caelesti hierarchia'' 2,1]</ref>


* ''Il Tesoretto e il Favolello'', hersg. von B. von Wiese, in: Zeitschrift für romanische Philologie 7, S. 236 ss.
{{Zitat|Man kann also für die himmlischen Wesen auch aus den niedrigsten Elementen der Materie Gestalten formen, welche nicht unpassend sind. Denn auch die Materie hat ihr Dasein von dem wahrhaft Schönen und besitzt durch alle Reiche ihrer Stoffwelt hindurch gewisse Nachklänge der geistigen Schönheit<ref>Eine Lieblingsvorstellung des D. ist hier ausgesprochen: Ein Widerhall ({{polytonisch|ἀπήχημα}}) der göttlichen Harmonie und Schönheit ist aus allen Gebieten des Geschaffenen heraus zu vernehmen, der allerdings immer schwächer wird, je weiter sie von der göttlichen Urquelle alles Seins abstehen (d. d. n. IV, 4, IV 20, VI, 6; VII, 2; c. h. XIII, 3; XV, 8 u.s.w.). Wie sehr sich D. hiebei an die Neuplatoniker anlehnt, s. bei Koch l. c. S. 195 ff. Bekannt ist die bei den Scholastikern so häufig erwähnte „obscura resonantia“.</ref>. Vermittels derselben vermag man sich zu den immateriellen Urbildern zu erheben, vorausgesetzt, daß man, wie gesagt, die Ähnlichkeiten nicht als ähnlich nehme und dieselben nicht auf ein und dieselbe Weise, sondern in entsprechendem Einklang mit den geistigen und sinnfälligen Eigenschaften bestimmt.|Dionysius Areopagita|Himmlische Hierarchie 2,4|ref=[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3683-3.htm]}}
* ''Li livres dou Trésor'', herausgegeben von [[Wikipedia:Polycarpe Chabaille|Polycarpe Chabaille]], Paris 1863.
 
{{Zitat| Die mystischen Verfasser der inspirierten Schriften kleiden nicht bloß, wie wir finden werden, die Offenbarungen über die himmlischen Ordnungen (Chöre) heilig in diese Bilder ein, sondern bisweilen sogar auch die Mitteilungen über die Urgottheit. Bald gehen sie bei deren Schilderung von den glänzenden äußeren Erscheinungen aus, wenn sie dieselbe z. B. Sonne der Gerechtigkeit, den Morgenstern, der heilig im Geiste aufsteigt, das Licht, welches unverhüllt und geistig herniederstrahlt, nennen. Bald bedienen sie sich der mittleren Gattung (der sinnlich wahrnehmbaren Gegenstände) und reden von der Gottheit als dem Feuer, das leuchtet ohne zu schaden, als von dem Wasser, das die Fülle des Lebens spendet und, um sinnbildlich zu sprechen, in den Leib eintritt und unerschöpflich fortquellende Ströme (des Lebens) ergießt. Dann hinwieder nehmen sie die niedrigsten Dinge zum Ausgangspunkt, wie z. B. die wohlriechende Salbe oder den Eckstein. Ja sogar Tiergestaltung wenden sie auf sie an, legen ihr die Eigenart des Löwen und Panthers bei und sagen, sie werde ein Pardel und eine der Jungen beraubte Bärin sein. Ich will auch noch hinzufügen, was niedriger und ungeziemender als alles andere zu sein scheint, daß nämlich die in göttlichen Dingen bewanderten Männer uns von der Gottheit überliefert haben, daß sie sich selbst die Gestalt eines Wurmes beilegt.
 
Auf diese Weise entrücken alle Gotteskundigen und Ausleger der geheimen Inspiration „das Heilige des Heiligen“ (Sancta sanctorum) unberührbar den Uneingeweihten und Unheiligen und halten jene abweichende heilige Gestaltenbildung hoch, damit weder das Göttliche den Profanen leicht in die Hände falle, noch die eifrigen Beschauer der heiligen Bilder an den Typen hängen bleiben, als ob diese in sich wahr wären. Der weitere Zweck ist, daß das Göttliche durch die negativen Aussagen und durch die disparaten Anähnelungen, welche sogar bis an die äußerste Grenze des entsprechenden Nachhalls gehen, geehrt werde. Und so ist es also gar nicht ungereimt, wenn die heiligen Schriften auch für die himmlischen Wesen aus den widersprechenden unähnlichen Ähnlichkeiten wegen der erwähnten Gründe bildliche Züge entnehmen [...]
 
Du aber, mein Sohn, höre gemäß der heiligen Satzung, welche hinsichtlich unserer hierarchischen Überlieferung besteht, für deine Person ehrfurchtsvoll den heiligen Vortrag und werde über der Einweihung in die gotterfüllten Geheimnisse selber gotterfüllt, vor der unheiligen Menge aber bewahre das Heilige, das ja eingestaltig ist, in der Verborgenheit des Geistes. Denn es ist nicht erlaubt, wie die Schrift sagt, die ungetrübte, lichtglänzende und verschönernde Zier der geistigen Perlen vor die Schweine zu werfen.<ref>{{B|Mt|7|6}}</ref>|Dionysius Areopagita|Himmlische Hierarchie 2,5|ref=[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3683-4.htm]}}
 
Vom 3. Kapitel an wird nun der Zweck und die heilige Stufenordnung der Hierarchie entwickelt:
 
{{Zitat|Zweck der Hierarchie ist also die möglichste Verähnlichung und Einswerdung mit Gott. Hiebei hat sie ihn selbst zum Lehrmeister in jeglicher hierarchischen Erkenntnis und Wirksamkeit, blickt zu seiner göttlichen Schönheit unverwandt empor, gibt dieselbe soweit als möglich im Nachbild wieder und vervollkommnet ihre Mitglieder zu göttlichen Bildern, zu lautersten, fleckenlosen Spiegeln, welche im Stande sind, den urgöttlichen Strahl aus der Urquelle des Lichtes in sich aufzunehmen, zu Spiegeln, welche dann, von dem einstrahlenden Glanze heilig erfüllt, diesen hinwieder neidlos über die nächstfolgenden Ordnungen leuchten lassen, sowie es den urgöttlichen Satzungen entspricht. Denn es ist den Trägern der heiligen Weihegewalten oder den Empfängern der heiligen Weihen nicht erlaubt, überhaupt etwas zu wirken, was gegen die heiligen Anordnungen des Urhebers ihrer eigenen Weihe verstößt. Nicht in irgend einem Widerspruch dürfen sie zu ihm stehen, wenn sie seines vergöttlichenden Glanzes begehren und mit geziemender Heiligkeit auf ihn blicken und gemäß dem entsprechenden Grade, den jeder der heiligen Geister einnimmt, nach ihr sich umbilden.
 
Demnach besagt der Ausdruck „Hierarchie“ eine gewisse ganz heilige Institution, ein Abbild der urgöttlichen Schönheit, welches in hierarchischen Abstufungen und Erkenntnissen die Mysterien der entsprechenden Erleuchtung heilig auswirkt und Verähnlichung mit dem eigenen Urbild, soweit es nur immer geschehen kann, hervorbringt. Denn für jedes Mitglied der Hierarchie besteht die Vollendung darin, daß es seinem zuständigen Grade entsprechend zum Nachbild Gottes erhoben werde, ja daß es wahrhaftig, was noch göttlicher als alles andere ist, wie die Schrift sagt, zu einem Mitwirkenden mit Gott werde und in sich selbst die göttliche Wirksamkeit nach Möglichkeit zeige und hervortreten lasse.|Dionysius Areopagita|Himmlische Hierarchie 3,2|ref=[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3684-1.htm]}}
 
Die himmlischen Wesen umfassen neun Engelchöre, die sich in drei dreiteilige Gruppen gliedern.
 
{{Zitat|Die Offenbarung hat den sämtlichen himmlische Wesen neun Namen gegeben, die über sie Aufschluß bieten. Der göttliche Lehrer, der uns in die heilige Wissenschaft einweihte, gruppiert sie in drei dreiteilige Ordnungen. Die erste, sagt er, ist diejenige, welche immerdar um Gott steht und, wie die Überlieferung sagt, ununterbrochen und, den andern voraus, unmittelbar mit ihm vereinigt ist. Denn die Offenbarung der heiligen Schriften, sagt er, habe überliefert daß die heiligsten [[Throne]], die mit vielen Augen und vielen Flügeln versehenen Rangstufen, [[Cherubim]] und [[Seraphim]] nach dem hebräischen Worte genannt, gemäß ihrer alle übertreffenden Nähe unmittelbar um Gott gestellt sind. Diese triadische Ordnung bezeichnete unser großer Meister gleichsam als eine und eine gleichstufige und eigentlich erste Hierarchie. Keine andere ist Gott ähnlicher und den unmittelbaren Ausstrahlungen der Urgottheit direkt näher unterstellt als diese. Die zweite Triade, sagt er, sei diejenige, welche von den [[Gewalten]], [[Herrschaften]] und [[Mächte]]n gebildet wird. Die dritte Triade unter den letzten der himmlischen Hierarchien bestehe aus den [[Engel]]n, [[Erzengel]]n und [[Fürstentümer]]n.|Dionysius Areopagita|Himmlische Hierarchie 6,2|ref=[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3687-1.htm]}}
 
In den folgenden Kapiteln werden die verschiedenen Hierarchien ausführlicher beschrieben, zunächst die oberste, Gott am nächsten stehende Hierarchie:
 
{{Zitat|Der heilige Name der Seraphim bedeutet nach den Kennern des Hebräischen entweder „Entflammer“ oder „Erglüher“; der Name „Cherubim“ dagegen „Fülle der Erkenntnis“ oder „Ergießung der Weisheit“. Mit Recht wird nun der heilige (liturgische) Dienst in der ersten himmlischen Hierarchie von den allerhöchsten Wesen versehen; denn diese hat eine höhere Rangstufe als alle übrigen und die unmittelbar gewirkten Gottesoffenbarungen und Einweihungen (in das Göttliche) werden ursprünglicher auf sie übergeleitet, weil sie (Gott) am nächsten steht. „Erglüher“ und „Ergießung der Weisheit“ werden nun auch die Throne genannt, ein Name, der ihre gottähnliche Beschaffenheit offenbart.|Dionysius Areopagita|Himmlische Hierarchie 7,1|ref=[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3688.htm]}}
 
Es folgt die mittlere Triade:
 
{{Zitat|Der redende Name der heiligen Herrschaften offenbart meines Erachtens einen gewissen unbezwingbaren und von jedem Sinken zum Irdischen freien Aufschwung nach oben, ein Herrschertum, welches gar nicht irgend einer Entartung ins Tyrannische in irgend einer Weise überhaupt zuneigt und in edler Freiheit kein Nachlassen kennt, ein Herrschertum, welches, jeder erniedrigenden Knechtung entrückt, jedem Erschlaffen unzugänglich und, über jegliche Unähnlichkeit (Selbstentfremdung) erhaben, unaufhörlich nach dem wahren Herrschertum und der Urquelle alles Herrschertums hinanstrebt und nach der herrschgewaltigen Ähnlichkeit mit demselben soweit als möglich sich selbst und gütig auch das unter ihm Stehende umbildet, ein Herrschertum, welches keinem der eitlen Scheindinge, sondern dem wahrhaft Seienden gänzlich zugewendet ist und immerdar, soweit es ihm verstattet ist, an der Ähnlichkeit mit Gott als dem Urquell des Herrschertums teilnimmt.
 
Der Name der heiligen Mächte bezeichnet nach meiner Meinung eine gewisse männliche und unerschütterliche Mannhaftigkeit in Hinsicht auf alle ihre gottähnlichen Tätigkeiten, welche bei der Aufnahme der ihr verliehenen urgöttlichen Erleuchtungen durchaus keine kraftlose Schwäche zeigt, sondern mächtig zur Gottähnlichkeit aufstrebt, eine Mannhaftigkeit, welche durch keine Unmännlichkeit von ihrer Seite die gottähnliche Bewegung aufgibt, sondern vielmehr unentwegt auf die überwesentliche und machtbildende Macht hinblickt und deren machtspiegelndes Abbild wird, welche zu ihr als der Urquelle der Macht mächtig hingekehrt ist und zu den Wesen der tiefern Ordnung machtspendend und gottähnlich heraustritt 2.
 
Der Name der heiligen Gewalten, welche mit den göttlichen Herrschaften und Mächten auf gleicher Stufe stehen, besagt, wie ich glaube, die wohlgeordnete und unverwirrbare Harmonie bei Aufnahme des Göttlichen und das Festbestimmte der überweltlichen und geistigen Gewaltstellung, welche die aus der Gewalt fließenden Kräfte nicht mit tyrannischer Willkür zu den minderen Zwecken mißbraucht, sondern unbesiegbar zum Göttlichen in schöner Ordnung empordringt und die tieferstehenden Wesen gütig aufwärts leitet, welche der gewaltschaffenden Urquelle der Gewalt soweit als möglich sich verähnlicht und sie kräftigst nach den wohlgeordneten Stufen der aus der Gewalt fließenden Macht den Engeln einstrahlt.|Dionysius Areopagita|Himmlische Hierarchie 8,1|ref=[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3689.htm]}}
 
Zuletzt die unterste Hierarchie, die die Engelwesen im engeren Sinn umfasst, also die [[Urengel]], [[Erzengel]] und [[Angeloi]]:
 
{{Zitat|Es ist für die heilige Betrachtung noch die Ordnung übrig, welche die Hierarchien der Engel abschließt und von den gottähnlichen Fürstentümern, Erzengeln und Engeln gebildet wird. Zuerst nun glaube ich nach meinen besten Kräften die Aufschlüsse, welche in ihren heiligen Namen enthalten sind, erläutern zu müssen. Denn der Name der Fürstentümer (ἀρχαί) bezeichnet den gottähnlichen Fürsten- und Führercharakter der himmlischen Fürstentümer in Verbindung mit der heiligen und den Fürstengewalten bestgeziemenden Ordnungsstufe, ferner ihre gänzliche Hinwendung zum überfürstlichen Fürstentum und ihre fürstliche Leitung anderer; endlich ihre möglichst treue Nachbildung nach eben jenem Prinzip, das Fürstenherrschaft schafft, und die Offenbarung des überwesentlichen Urgrundes aller Stufenordnung vermittels der Musterordnung der fürstlichen Gewalten.|Dionysius Areopagita|Himmlische Hierarchie 9,1|ref=[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3690.htm]}}
 
{{Zitat|Der Chor der heiligen Erzengel steht mit den himmlischen Fürstentümern auf gleicher Stufe. Denn sie und die Engel bilden, wie ich sagte, eine Hierarchie und Ordnung. Da es nun aber keine Hierarchie gibt, welche nicht erste, mittlere und letzte Mächte besäße, so hält der heilige Chor der Erzengel durch seine Mittelstellung in der Hierarchie die (beiden) Endglieder gemeinschaftlich zusammen; denn er steht in Gemeinschaft mit den heiligsten Fürstentümern und mit den heiligen Engeln, mit den einen, weil er zur überwesentlichen Fürstenhoheit in fürstlicher Weise hingewendet ist und ihr soweit als möglich sich nachbildet und gemäß seinen wohlgeordneten, festbestimmten und unsichtbaren Führungen die Engel ins Eine vereinigt.|Dionysius Areopagita|Himmlische Hierarchie 9,2|ref=[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3690-1.htm]}}
 
Hier wird auch deutlich, dass die Erzengel als [[Volksgeist]]er wirken:
 
{{Zitat|Deshalb hat die Gottesoffenbarung unsere Hierarchie den Engeln zugewiesen, da sie Michael den Fürsten des Judenvolkes<ref>{{B|Dan|10|21}}</ref> und andere (Engel) (die Fürsten) anderer Völker nennt. Denn es hat der Höchste die Grenzen der Völker nach der Zahl der Engel festgestellt<ref>{{B|5 Mos|32|8}}</ref>.|Dionysius Areopagita|Himmlische Hierarchie 9,2|ref=[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3690-1.htm]}}
 
Im 10. Kapitel wird das Ergebnis der bisherigen Betrachtung kurz zusammengefasst.
 
{{Zitat|Wir haben also das Ergebnis gewonnen, daß die vornehmste Ordnung der um Gott stehenden Geister von der Einstrahlung, die dem Urquell aller Weihevollendung entströmt, hierarchisch erfüllt und in unmittelbarer Erhebung zu demselben durch eine verborgenere und glanzvollere Lichtmitteilung der Urgottheit gereinigt, erleuchtet und vollendet wird.|Dionysius Areopagita|Himmlische Hierarchie 6,2|ref=[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3691.htm]}}
 
Die folgenden Kapitel erörtern die Fragen, ''„warum alle himmlischen Wesen mit dem Namen „himmlische Mächte“'' bezeichnet werden“<ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3692.htm ''De caelesti hierarchia'' 11]</ref>, ''„warum die Hierarchen bei den Menschen „Engel“'' heißen“<ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3693.htm ''De caelesti hierarchia'' 12]</ref> und ''„warum es heißt, der Prophet Isaias sei von den Seraphim entsühnt worden“''<ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3694.htm ''De caelesti hierarchia'' 13]</ref>. Schließlich wird auch die Bedeutung der überlieferten Zahl der Engel erörtert, denn ''„auch dieses ist, wie ich denke, der geistigen Betrachtung wert, daß die Überlieferung der Schrift über die Zahl der Engel von tausend Tausenden und von Myriaden von Myriaden spricht, indem sie die höchsten unserer Zahlen wiederholt und multipliziert und dadurch deutlich zu verstehen gibt, daß die Ordnungen der himmlischen Wesen für uns nicht zählbar sind.“''<ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3695.htm ''De caelesti hierarchia'' 14]</ref>
 
Im abschließenden 15. Kapitel führt Dionysius noch genauer aus, was die bildlichen Gestalten der Engelmächte, die Feuergestalt, die Menschengestalt etc. bedeuten<ref>[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3696.htm ''De caelesti hierarchia'' 16,1-9]</ref>.
 
== Christentum und Rosenkreuzer ==
 
Inhaltlich besteht kein Unterschied zwischen der christlichen Lehre, wie sie Dionysius vertreten hat, und dem modernen Rosenkreuzertum. Letzteres unterscheidet sich nur in der Art der Darstellung, die dem modernen wissenschaftlichen Denken Rechnung trägt.
 
{{GZ|Es ist gar kein Unterschied da zwischen der echten christlichen
Lehre und derjenigen der Rosenkreuzer. Man braucht nur das Christentum
in seinem Kern zu verstehen, dann hat man die Theosophie der
Rosenkreuzer. Man braucht keine neue Religion zu begründen, man
muß vielmehr das Christentum so auffassen, wie es die ersten Christen
verstanden haben. Die wenigsten Menschen aber wissen noch etwas von
den Geheimnissen der ersten christlichen Entwickelung. Selbst die offizielle
Theologie hat keine Ahnung mehr davon. Da finden wir Paulus
selbst als den tiefsten Kenner der christlichen Geheimnisse, der jene
gewaltigen Wahrheiten lehrte, welche durch Jahrtausende die Menschheit
leiten sollten. Dieser Paulus hatte in Athen eine Schule gegründet,
deren Vorsteher Dionysius der Areopagite war. Dieser Dionysius war
ein wirklicher Schüler des Paulus.
 
Jene Lehren des Dionysius sind immer lebendig gewesen und wurden
immer gelehrt, insbesondere auch denen, welche das lebendige
Wort des Christus hinaustragen sollten in alle Welt. Würden die Menschen
auf jenem Standpunkt des Dionysius stehengeblieben sein, so
hätte man keine neue Form gebraucht. Aber es kam die neue Zeit herauf
und damit die Notwendigkeit, so zu lehren, daß das Christentum
feststehe, daß keine Wissenschaft etwas dagegen einzuwenden vermöge.
Das ist das Streben der Rosenkreuzertheosophie. Daher ist die
Rosenkreuzertheosophie diejenige Form der Religion, welche für uns
heute angemessen ist.|100|21f}}
 
==Werke==
*''De mystica Theologia'' ("Über mystische Theologie") [http://www.hoye.de/cusmys/dionys.pdf]
*''De divinis nominibus'' ("Die göttlichen Namen") [http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3730.htm]
*''De ecclesiastica hierarchia'' ("Die kirchliche Hierarchie") [http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3704.htm]
*''De caelesti hierarchia'' ("Die himmlische Hierarchie") [http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3682.htm]
* 10 Briefe, u.a. ''Ad Demophilum'' ("Angeblicher Brief an den Mönch Demophilus") [http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3729.htm]
 
Die Schriften wurden mehrfach übersetzt und kommentiert, und zwar von [[Wikipedia:Johannes Scotus Eriugena|Johannes Scotus Eriugena]], [[Wikipedia:Johannes Sarazenus|Johannes Sarazenus]], [[Wikipedia:Robert Grosseteste|Robert Grosseteste]] im [[Wikipedia:13. Jahrhundert|13. Jahrhundert]] und [[Wikipedia:Ambrosius Travesari|Ambrosius Travesari]] im [[Wikipedia:15. Jahrhundert|15. Jahrhundert]].
 
== Siehe auch ==
* [[Negative Theologie]]
* {{WikipediaDE|Pseudo-Dionysius Areopagita}}


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==
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==Literatur==
==Literatur==


# Robert L. John: ''Dante'', Springer-Verlag, Wien 1946, ISBN 978-3-211-80023-2
#G. K. Kaltenbrunner, ''Dionys vom Areopagita. Das Unergründliche, die Engel und das Eine''; 1996
# Brunetto Latini, Dora Baker (Übers.): ''Tesoretto. Die Geschichte einer Einweihung an der Schwelle der Neuzeit'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1979 ISBN 978-3772507069
#W. Müller, ''Dionysius Areopagita und sein Wirken bis heute''; 2. Aufl. 1990
#Rudolf Steiner: ''Wege der geistigen Erkenntnis und der Erneuerung künstlerischer Weltanschauung'', [[GA 161]] (1980), Dornach, 30. Januar 1915 {{Vorträge|161}}
#W. Völker, ''Kontemplation und Ekstase bei Pseudo-Dionysius Areopagita''; 1958
#Rudolf Steiner: ''Mysterienwahrheiten und Weihnachtsimpulse. Alte Mythen und ihre Bedeutung'', [[GA 180]] (1980), ISBN 3-7274-1800-1 {{Vorträge|180}}
#Rudolf Steiner: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X {{Schriften|018}}
#Rudolf Steiner: ''Wie kann die Menschheit den Christus wiederfinden? Das dreifache Schattendasein unserer Zeit und das neue Christus-Licht'', [[GA 187]], Dornach, 29. Dezember 1918 {{Vorträge|187}}
#Rudolf Steiner: ''Grundelemente der Esoterik'', [[GA 93a]] (1976), S 97f., Berlin, 8. Oktober 1905 {{Vorträge|93a}}
#Rudolf Steiner: ''Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge. Sechster Band'', [[GA 240]] (1992), ISBN 3-7274-2401-X {{Vorträge|240}}
#Rudolf Steiner: ''Kosmogonie'', [[GA 94]] (2001), ISBN 3-7274-0940-1 {{Vorträge|094}}
#Rudolf Steiner: ''Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis'', [[GA 100]] (1981), ISBN 3-7274-1000-0 {{Vorträge|100}}
#Rudolf Steiner: ''Perspektiven der Menschheitsentwickelung'', [[GA 204]] (1979), ISBN 3-7274-2040-5 {{Vorträge|204}}


{{GA}}
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== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|118679694}}
;Informationen zu Person und Werk
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/pseudo-dionysius-areopagite/||Kevin Corrigan und Michael Harrington}}
* {{IEP|http://www.iep.utm.edu/p/pseudodi.htm||Mark Lamarre}}
* {{BBKL|d/dionysius_areopagita}}
;Werke
* [http://www.binetti.ru/collectio/theologia/areopag/index.shtml Johannis Scoti Versio Operum S. Dionysii Areopagita]: Lateinische Übersetzung von [[Wikipedia:Johannes Scotus Eriugena|Johannes Scotus Eriugena]], Online-Version von Marco Binetti nach [[Wikipedia:Jacques Paul Migne|Migne]], [[Patrologia Latina|PL]] 122
* [http://www.esoteric.msu.edu/VolumeII/CelestialHierarchy.html ''Celestial Hierarchy''], [http://www.esoteric.msu.edu/VolumeII/MysticalTheology.html ''Mystical Theology''] (anonyme engl. Übers.)
* [http://www.sacred-texts.com/chr/dio/index.htm Works], engl. Übers. John Parker 1897 (sacred texts), [http://www.ccel.org/ccel/dionysius/works.html ccel], [http://www.voskrese.info/spl/XdenysAreop.html Pachomius Library]
* W. Hoye: [http://www.hoye.de/cusmys/dionys.pdf Die mystische Theologie], [http://www.hoye.de/theo/denistxt.pdf The Mystical Theology]
* [http://image.ox.ac.uk/show?collection=magdalen&manuscript=msgr2 ''De caelesti hierarchia''] griech. Manuscript, [http://image.ox.ac.uk/ Oxford Digital Library]
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* {{DNB-Portal|118516108}}
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* [http://www.perseus.ch/PDF-Dateien/carus2.pdf Carl Gustav Carus und Brunetto Latini, der Lehrer Dantes] - Hinweise auf eine spätere Inkarnation Brunetto Latinis als Carl Gustav Carus.
[[Kategorie:Philosoph]]
* [http://archive.org/details/lilivresdoutreso00latiuoft Brunetto Latini: ''Li Livred dou Trésor''], herausgegeben von François Adrien Polycarpe Chabaille, Paris 1863 ([http://archive.org archive.org])
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Version vom 21. August 2016, 19:52 Uhr

Dionysius Areopagita

Dionysius Areopagita gilt als das Pseudonym des unbekannten Autors (darum auch Pseudo-Dionysius Areopagita genannt) einer Sammlung von Büchern, die um 500 entanden sind, aber nach allgemeiner Auffassung irrtümlich dem in Apostelgeschichte 17,34 EU erwähnten, von Paulus durch seine Rede auf dem Athener Areopag bekehrten Dionysius zugeschrieben wurden, der nach Eusebius von Cäsarea später erster Bischof von Athen gewesen sein soll[1].

Dionysius oder Pseudo-Dionysius Areopagita?

"Die Lehre von den Göttern ist zuerst in ein System gebracht worden von dem Schüler des Apostels Paulus, Dionysius dem Areopagiten. Sie ist aber erst im 6. Jahrhundert aufgeschrieben worden. Die Gelehrten leugnen deshalb die Existenz des Dionysius Areopagita und sprechen von den Schriften des Pseudo-Dionysius, als ob man erst im 6. Jahrhundert alte Überlieferungen zusammengestellt habe. Der wahre Sachverhalt ist nur zu konstatieren durch das Lesen in der Akasha-Chronik. Die Akasha-Chronik aber lehrt, daß Dionysius wirklich in Athen gelebt hat, daß er von Paulus eingeweiht worden ist und von ihm den Auftrag erhalten hat, die Lehre von den höheren Geistwesen zu begründen und besonderen Eingeweihten zu erteilen. Gewisse hohe Lehren wurden damals niemals aufgeschrieben, sondern nur durch mündliche Tradition fortgepflanzt. Auch die Lehre von den Göttern wurde so von Dionysius seinen Schülern gegeben und von diesen wiederum weitergegeben. Der direkte Schüler wurde dann mit Absicht wieder Dionysius genannt, so daß der letzte, der die Lehre von den Göttern aufschrieb, einer in dieser Reihe war, die alle Dionysius genannt wurden." (Lit.: GA 93a, S. 97f)

„Gib aber acht, daß niemand der Nicht-Eingeweihten etwas von diesen Dingen zufällig hört.

Ich meine diejenigen, die in den Wirklichkeiten gefesselt sind und sich vorstellen, daß es nichts mehr in überwirklicher Weise gibt über die Wirklichkeiten hinaus, die wiederum meinen mit ihrer eigenen Art von Erkenntnis den zu erkennen, der den Schatten zu seinem Versteck macht.“

Pseudo-Dionysius Areopagita: Über mystische Theologie 2[1]

„So erwähnt die Apostelgeschichte den Dionysius, der ein eingeweihter Schüler des Paulus war und ein esoterisches Christentum lehrte. Später hat Johannes Scotus Eriugena am Hofe Karls des Kahlen noch im 9. Jahrhundert ein esoterisches Christentum begründet. Dieses ist dann nach und nach durch das Dogma verdeckt worden. Dringt man aber in das Devachan ein, so sieht man die Beschreibung, die Dionysius davon gegeben hat, bestätigt.“ (Lit.:GA 94, S. 80)

„Dieser Dionysius der Areopagite wird ja von einigen für einen unmittelbaren Schüler des Paulus gehalten. Die Schriften tauchen aber erst im 6. Jahrhunderte auf, und manche sprechen daher von pseudo-dionysischen Schriften, die im 6. Jahrhunderte von irgend jemandem abgefaßt worden und dann dem Paulus-Schüler zugeschrieben worden seien.

Wer so spricht, kennt nicht die ganze Art und Weise, wie sich geistige Erkenntnisse in diesen älteren Jahrhunderten fortgepflanzt haben. Solch eine Schule, wie diejenige war, in der Paulus selbst in Athen gelehrt hatte, sie hatte Erkenntnisse, welche zunächst nur mündlich gelehrt worden sind, welche sich dann von Generation zu Generation fortgepflanzt haben, und welche erst viel, viel später aufgeschrieben worden sind. Das, was da später aufgeschrieben worden ist, braucht deshalb durchaus nicht unecht zu sein, sondern kann mit einer gewissen Identität dasjenige wiedergeben, was Jahrhunderte alt ist. Und einen solchen Wert auf die Persönlichkeit, wie wir heute legen, einen solchen Wert hat man ja in diesen ältesten Zeiten auf die Persönlichkeit nicht gelegt.“ (Lit.:GA 204, S. 255f)

Rezeption

Heute stimmt die Wissenschaft darin überein, dass Paulus' Bekehrter, Dionysius vom Areopag, nicht der Verfasser der ihm zugeschriebenen Schriften sein kann. Des Verfassers wirkliche Identität ist unbekannt, man vermutet, er könne ein syrischer Mönch gewesen sein. Seine Werke zeigen starke neuplatonische Spuren, (besonders Proklos), sowie den Einfluss des Clemens von Alexandrien, der drei Kappadokier, des Origenes und anderer.

Die Echtheit der areopagitischen Schriften wurde zwar schon von Bischof Hypatios 532 angezweifelt, dann aber kam man schnell überein, die Echtheit anzuerkennen (so schon bei Gregor dem Großen (†604). Der erste bekannte Kommentar zu den Schriften stammte von Maximus Confessor (†662). In der folgenden Zeit galt das areopagitische Schrifttum wegen seiner angeblich frühestchristlichen Herkunft nahezu als kanonisch und hatte auf die mittelalterliche Theologie einen großen Einfluss.

Ab dem 9. Jahrhundert wurde der Areopagite durch Hildwins Vita Dionysii dann mit dem frühchristlichen Märtyrer Dionysius von Paris gleichgesetzt, nach dem die Abtei St. Denis bei Paris benannt ist. So wurde der griechischsprachige Theologe frankisiert. Vermutlich war die Abtei für die Verschmelzung der drei Namensträger, also des in der Bibel erwähnten Dionysius, des Märtyrers und eben des Autors der areopagitischen Schriften, verantwortlich.

Die verschiedenen Dionyse bemerkte auch Peter Abaelard bei seinen nach der Rückkehr nach St. Denis um 1121 begonnenen Studien zur Geschichte des Patrons. Die Abtei besaß auch eine gute griechische Ausgabe der Werke des Pseudo-Dionysius, ein Geschenk Karls des Kahlen, die von Johannes Scotus Eriugena im 9. Jahrhundert ins Lateinische übersetzt wurde. Diese Übersetzung machte sowohl den Neuplatonismus als auch die Engellehre des Pseudo-Dionysius weit bekannt. Für das gesamte Mittelalter sollte der Entwurf aus Platonismus, Mystik, kosmischer Emanationslehre und (gemäßigtem) Monophysitismus zu einem System einzigartiger Faszination werden.

Nach einem kurzen Aufkommen von Kritik an der Echtheit der Schriften musste Peter Abaelard dann aber das Kloster verlassen, sodass sich die nächsten ernsten Zweifel erst wieder bei Laurentius Valla im 15. Jahrhundert fanden. Der Beleg der Unechtheit konnte aber erst durch philologische Forschungen im 19. Jahrhundert erbracht werden, sodass bis dahin die Authentizität streitig blieb.

Die mystische Theologie

Pseudo-Dionysius Areopagita, De ecclesiastica hierarchia in der 1307 geschriebenen Handschrift Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Codex M 87 sup., fol. 28r
Darstellung der neun Chöre der Engel auf einer griechischen Ikone

„Dreiheit, die du Überseiendes

und Übergott und Übergutes bist, Führer der Christen in die Gottesweisheit, leite uns auf den über-unerkannten und überhellen und höchsten Gipfel der mystischen Schriften!

Da sind die einfachen und absoluten und unveränderlichen Geheimnnisse der Theologie verborgen in der überhellen Finsternis der in das Geheimnis einführenden Stille. In der tiefsten Finsternis über-beleuchtet diese Finsternis das, was am meisten über-hell ist, und in dem, was gänzlich untastbar und unsichtbar ist, über-erfüllt es die augenlosen Intelligenzien mit überschönem Glanz.

Das ist mein Gebet.“

Pseudo-Dionysius Areopagita: Über mystische Theologie 1,1[2]

Bei Dionysius ist Gott „aller Dinge Ursache, Anfang, Wesen und Leben“[2]. Gott ist aber auch als das Eine und Vollkommene jenseits allen Daseins[3]. Die Frage nach der möglichen Erkenntnis Gottes wird dann derart beantwortet, dass per analogiam die Erkenntnis zur Ursache von Allem geführt werden kann [4], ohne Gott in einem Existierenden jedoch jemals zu erkennen[5]. Eine theologia positiva (kataphatike) muss also von der biblischen Offenbarung Gottes ausgehen [6], wobei Gott als Über-Seiend, hyperousios, nie erreicht wird. Eine theologia negativa (apophatike) muss sich so um die Unsagbarkeit bemühen [7], die Verborgenheit aufnehmen und eben nach diesem Dunkel fragen [8].

„Wie zusammenfließend in einem umfassenden Vorstellungsstrom findet sich das von den religiösen Impulsen inspirierte Gedankenleben in den Schriften des Areopagiten Dionysius. Diese Schriften werden vom Jahr 533 n. Chr. an erwähnt, sind wohl nicht viel früher verfaßt, gehen aber in ihren Grundzügen, nicht in den Einzelheiten, auf früheres Denken dieses Zeitalters zurück. - Man kann den Inhalt in der folgenden Art skizzieren: "Wenn die Seele sich allem entringt, was sie als Seiendes wahrnehmen und denken kann, wenn sie auch hinausgeht über alles, was sie als Nichtseiendes zu denken vermag, so kann sie das Gebiet der überseienden, verborgenen Gotteswesenheit geistig erahnen. In dieser ist das Urseiende mit der Urgüte und der Urschönheit vereinigt. Von dieser ursprünglichen Dreiheit ausgehend, schaut die Seele absteigend eine Rangordnung von Wesen, die in hierarchischer Ordnung bis zum Menschen gehen.“ (Lit.:GA 18, S. 87f)

Die Positionen der theologia positiva und der theologia negativa werden nicht aufgelöst (Interpreten, die diese Auflösung doch sehen, sprechen dann von der via eminentiae ), sondern eher in praxi durch eine theologia mystica flankiert, die den Weg "in das mystische Dunkel der Erkenntnis" [9] soweit möglich bahnen soll. Über Reinigung (katharsis) und Erleuchtung (photismos) lässt sich eine Vollendung (teleiosis) erreichen in der im Nichterkennen begründeten Erkenntnis [10]. Gott lässt sich durch Erkennen und Nichterkennen erkennen [11], wobei das "und" zwischen Erkennen und Nichterkennen beides in Eins zur Voraussetzung macht. Gott wird also als über-erkennbar (hyperagnostos) erkannt [12], womit die theologia negativa bestehen bliebe.

„Denn ungefähr war die Denkweise, welche man in diesem Dionysius findet, die folgende: Wir Menschen, wir können mit unseren Begriffen, die wir uns bilden, mit den Anschauungen, die wir gewinnen können, die sinnlich-physische Welt überschauen. Wir können dann mit dem Verstande unsere Schlüsse ziehen aus den Tatsachen und Wesenheiten dieser physisch- sinnlichen Welt. Wir entwickeln uns gewissermaßen hinauf zu einem Verstandesinhalte, der dann nicht mehr sinnlich anschaulich ist, der in Vorstellungen, in Begriffen erlebt wird, und wenn wir aus den Sinnestatsachen und Sinneswesen unsere Begriffe, unsere Vorstellungen gebildet haben, dann bekommen wir den Drang, uns mit diesen Vorstellungen zu dem Übersinnlichen, zu dem Geistigen, zu dem Göttlichen hinaufzubewegen.

Aber nun geht Dionysius nicht in der Weise vor, daß er etwa sagt, wir lernen aus den Sinnesdingen dieses oder jenes, unser Verstand bekommt seine Vorstellungen und er schließt dann auf eine Gottheit, er schließt auf eine geistige Welt -, so sagt er nicht, sondern er sagt: Diejenigen Vorstellungen, die wir bekommen aus den Sinnesdingen, sind alle ungeeignet, die Gottheit auszudrücken. Wir können einfach, wenn wir uns noch so subtile Vorstellungen bilden von den Sinnesdingen, wir können mit Hilfe dieser Vorstellungen nicht dasjenige ausdrücken, was die Wesenheit des Göttlichen ist. Wir müssen daher unsere Zuflucht nehmen von den positiven Vorstellungen zu den negativen Vorstellungen. Wir sprechen zum Beispiel, wenn wir unseren eigenen Mitmenschen begegnen, von Persönlichkeit. Wenn wir von der Gottheit sprechen, so sollten wk nach dieser Anschauung des Dionysius nicht von Persönlichkeit sprechen, weil die Vorstellung der Persönlichkeit viel zu klein, viel zu niedrig ist, um die Gottheit zu bezeichnen. Wir sollten vielmehr sprechen von Überpersönlichkeit. Wir sollten nicht einmal, wenn wir von der Gottheit sprechen, vom Sein sprechen. Wir sagen, ein Mensch ist, ein Tier ist, eine Pflanze ist. Gott sollten wir nicht in demselben Sinne wie dem Menschen, dem Tier, der Pflanze ein Sein zuschreiben, sondern wir sollten ihm ein Übersein zuschreiben. Und so sollten wir versuchen, meint Dionysius, uns allerdings hinaufzuschwingen von der Sinneswelt zu bestimmten Vorstellungen, aber dann sollten wir gewissermaßen diese Vorstellungen überall umkippen, ins Negative übergehen lassen. Wir sollten gewissermaßen uns hinaufschwingen aus der Sinneswelt zur positiven Theologie, dann aber umkippen und die negative Theologie begründen, die eigentlich so hoch ist, so von Gott und dem göttlichen Denken durchdrungen, daß sie sich nur ausspricht in negativen Prädikaten, in Verneinungen desjenigen, was man sich von der Sinneswelt vorstellen kann.

Und so glaubte Dionysius der Areopagite hinüberzudringen in die göttlich-geistige Welt, indem er gewissermaßen alles dasjenige, was man im Verstande haben kann, verläßt und sich zu einer überverständigen Welt hinüberlebt.

Sehen Sie, wenn wir den Dionysius für einen Paulus-Schüler halten, dann lebt er ja am Ende des 1. christlichen Jahrhunderts in das 2. christliche Jahrhundert hinüber und er lebt also ein paar Jahrhunderte vor dem entscheidungsvollen 4. nachchristlichen Jahrhundert. Er fühlt, was da herankommt: den Höhepunkt menschlicher Verstandesentwickelung. Er sieht gewissermaßen mit einem Teil seines Wesens zurück in die alten Zeiten. Sie wissen, vor dem 8. vorchristlichen Jahrhundert haben die Menschen noch nicht so vom Verstande geredet, wie seit dem 8. vorchristlichen Jahrhundert. Der Verstand oder die Verstandesseele ist ja erst im 8. vorchristlichen Jahrhundert geboren worden, und aus dieser Geburt der Verstandesseele ging die griechische, ging die lateinische Kultur hervor. Die waren dann im 4. nachchristlichen Jahrhundert auf ihrem Höhepunkt. Vor diesem 8. vorchristlichen Jahrhundert hat man ja gar nicht die Welt mit dem Verstande erkannt; man hat sie erkannt durch die Anschauung. Die älteren ägyptischen, die älteren chaldäischen Erkenntnisse sind durch die Anschauung gewonnen, sind gewonnen so, wie wir unsere äußeren sinnlichen Erkenntnisse gewinnen, trotzdem diese vorchristlichen Erkenntnisse geistige Erkenntnisse waren. Der Geist wurde eben so angeschaut, wie wir heute das Sinnliche anschauen und wie schon die Griechen das Sinnliche angeschaut haben. Es ist also gewissermaßen in Dionysius dem Areopagiten etwas wie ein Zurücksehnen zu einer Anschauung, die jenseits des Verstandes liegt.

Nun stand vor dem Dionysius das große Mysterium von Golgatha. Er lebte in der Verstandeskultur seiner Zeit. Wer sich in die Schriften des Dionysius vertieft, der sieht, gleichgültig wer es war, wie stark dieser Mann lebte in alldem, was die Verstandeskultur seiner Zeit hervorgebracht hat. Ein feingebildeter Grieche, aber zu gleicher Zeit ein Mann, der in seiner ganzen Persönlichkeit erfüllt war von der Größe des Mysteriums von Golgatha, und der sich sagte: Wenn wir uns mit unserem Verstande auch noch so sehr anstrengen, an das Mysterium von Golgatha und dasjenige, was dahintersteht, kommen wir nicht heran. Wir müssen über den Verstand hinauskommen. Wir müssen von der positiven Theologie zu der negativen Theologie uns hinüberentwickeln.“ (Lit.:GA 204, S. 257ff)

Ätherische Astronomie und Christentum

„Also in Athen namentlich war bis ins 4. Jahrhundert herein, ja noch länger, eine Weisheitsschule, welche sich bemühte, die alte ätherische Astronomie mit dem Christentum in Einklang zu bringen. Die letzten Reste dieser Anschauung von dem Hereinkommen des Menschen aus höheren Welten durch die Planetensphäre in die Erdensphäre, sie durchglänzen noch die Schriften des Origenes, glänzen noch durch selbst durch die Schriften der griechischen Kirchenväter. Man kann überall sehen, wie das da durchglänzt; und es glänzte namentlich durch die Schriften des wahren Dionysius des Areopagiten. Dieser Dionysius der Areopagite hinterließ ja eine Lehre, die eine reine Synthesis war zwischen der ätherischen Astronomie und demjenigen, was im Christentum lebte: daß sich die gewissermaßen in der Sonne astronomisch oder kosmisch lokalisierten Kräfte in dem Christus durch den Menschen Jesus von Nazareth in die Erdensphäre hineinbegeben haben, und daß damit eine gewisse Beziehung, die vorher nicht vorhanden war, zur Erde entstanden ist in bezug auf alle höheren Hierarchien, die Hierarchien der Engel, die Hierarchien der Weistümer, die Hierarchien der Throne, die Hierarchien der Seraphime und so weiter. Eine Durchdringung dieser Hierarchienlehre mit ätherischer Astronomie, das war es, was beim ursprünglichen Dionysius dem Areopagiten vorhanden war.

Im 6. Jahrhundert hat man dann versucht, die Spuren zu verwischen auch der älteren Lehren des Dionysius des Areopagiten, und man hat sie so umgestaltet, daß man darin eigentlich nur noch eine abstrakte Geisteslehre hatte. So wie heute die Lehre des Dionysius des Areopagiten vorliegt, ist sie ja eine Geisteslehre die nicht mehr viel mit ätherischer Astronomie zu tun hat. Und so nennt man ihn dann den Pseudo-Dionysius. Auf diese Weise hat man der Weisheitslehre einen Untergang bereitet, auf der einen Seite, indem man den Dionysius verballhornt hat, und auf der anderen Seite dadurch, daß man jene noch in Athen ganz lebhaft lebendige Lehre, welche die ätherische Astronomie mit dem Christentum vereinigen wollte, ausgerottet hat, und daß man in bezug auf das Kulthafte dann den Mithrasdienst ausgerottet hat.

Und dann haben ein übriges getan solche Persönlichkeiten wie Konstantin, dessen Taten in späterer Zeit verstärkt wurden dadurch, daß ja der Kaiser Justinian die Athenische Philosophenschule schließen ließ, so daß die letzten Menschen, welche sich damit befaßt haben, die alte ätherische Astronomie mit dem Christentum in Einklang zu bringen, auswandern mußten und in Persien eine Stätte fanden, wo sie wenigstens ihr Leben fortfristen konnten.“ (Lit.:GA 204, S. 72f)

Die Himmlische Hierarchie

Mariä Aufnahme in den Himmel von Francesco Botticini (1446–1497). Maria und Jesus sind von den in drei Stufen gegliederten neun Engelschören umgeben.
Hauptartikel: Hierarchien

Die Angelologie (von griech. ἄγγελος angelos „Sendbote“, λόγος logos „Wort, Lehre“), die christliche Lehre von den Engelhierarchien, geht zurück auf die Schrift des Areopagiten über «Die Himmlische Hierarchie» (de caelesti hierarchia)[13], die er dem Mitpresbyter[14] Timotheus widmet. Zweck der Hierarchien, die als Nachbilder Gottes geschaffen sind, ist es, in aufsteigender Stufenordnung dem göttlichen Urbild immer ähnlicher zu werden und so zur Einswerdung mit Gott zu streben und mehr noch zu Mitwirkenden mit Gott zu werden.

Im 2. Kapitel rechtfertigt Dionysius die sinnlich-sinnbildliche imaginative Darstellung der Engelwesen in der Heiligen Schrift, durch die sie aber doch trotz aller Unähnlichkeit geziemend veranschaulicht würden. Nur mit Rücksicht auf unser eingeschränktes Erkenntnisvermögen habe uns Gott diese in Sinnbildern verhüllten Aufschlüsse über die Engelwelt gegeben. „Denn ganz natürlich hat sich die Offenbarung bei den gestaltlosen Geistern der dichterischen heiligen Gebilde bedient, weil sie, wie gesagt, auf unser Erkenntnisvermögen Rücksicht nahm und für die ihm entsprechende und naturgemäße Emporführung Fürsorge trug und in Anpassung an dasselbe die anagogischen heiligen Darstellungen aufbildete.“[15] Man müsse sich aber stets bewusst sein, dass es sich um Sinnbilder handle und nicht meinen, die Hierarchien „seien nach dem Bilde der Adler mit einem Krummschnabel oder wie die (kleineren) Vögel mit einem struppigen Gefieder ausgestattet; damit wir nicht (sage ich), uns einbilden, es liefen da gewisse feurige Räder über den Himmel und es seien da Throne aus irdischem Stoff, welche der Urgottheit zum Zurücklehnen dienen, und es gäbe gewisse buntscheckige Pferde und speertragende Kriegsoberste und was sonst alles von der Schrift in heiliger Plastik durch die bunte Fülle der bedeutungsreichen Sinnbilder uns überliefert ist.“[16]

„Man kann also für die himmlischen Wesen auch aus den niedrigsten Elementen der Materie Gestalten formen, welche nicht unpassend sind. Denn auch die Materie hat ihr Dasein von dem wahrhaft Schönen und besitzt durch alle Reiche ihrer Stoffwelt hindurch gewisse Nachklänge der geistigen Schönheit[17]. Vermittels derselben vermag man sich zu den immateriellen Urbildern zu erheben, vorausgesetzt, daß man, wie gesagt, die Ähnlichkeiten nicht als ähnlich nehme und dieselben nicht auf ein und dieselbe Weise, sondern in entsprechendem Einklang mit den geistigen und sinnfälligen Eigenschaften bestimmt.“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 2,4[3]

„Die mystischen Verfasser der inspirierten Schriften kleiden nicht bloß, wie wir finden werden, die Offenbarungen über die himmlischen Ordnungen (Chöre) heilig in diese Bilder ein, sondern bisweilen sogar auch die Mitteilungen über die Urgottheit. Bald gehen sie bei deren Schilderung von den glänzenden äußeren Erscheinungen aus, wenn sie dieselbe z. B. Sonne der Gerechtigkeit, den Morgenstern, der heilig im Geiste aufsteigt, das Licht, welches unverhüllt und geistig herniederstrahlt, nennen. Bald bedienen sie sich der mittleren Gattung (der sinnlich wahrnehmbaren Gegenstände) und reden von der Gottheit als dem Feuer, das leuchtet ohne zu schaden, als von dem Wasser, das die Fülle des Lebens spendet und, um sinnbildlich zu sprechen, in den Leib eintritt und unerschöpflich fortquellende Ströme (des Lebens) ergießt. Dann hinwieder nehmen sie die niedrigsten Dinge zum Ausgangspunkt, wie z. B. die wohlriechende Salbe oder den Eckstein. Ja sogar Tiergestaltung wenden sie auf sie an, legen ihr die Eigenart des Löwen und Panthers bei und sagen, sie werde ein Pardel und eine der Jungen beraubte Bärin sein. Ich will auch noch hinzufügen, was niedriger und ungeziemender als alles andere zu sein scheint, daß nämlich die in göttlichen Dingen bewanderten Männer uns von der Gottheit überliefert haben, daß sie sich selbst die Gestalt eines Wurmes beilegt.

Auf diese Weise entrücken alle Gotteskundigen und Ausleger der geheimen Inspiration „das Heilige des Heiligen“ (Sancta sanctorum) unberührbar den Uneingeweihten und Unheiligen und halten jene abweichende heilige Gestaltenbildung hoch, damit weder das Göttliche den Profanen leicht in die Hände falle, noch die eifrigen Beschauer der heiligen Bilder an den Typen hängen bleiben, als ob diese in sich wahr wären. Der weitere Zweck ist, daß das Göttliche durch die negativen Aussagen und durch die disparaten Anähnelungen, welche sogar bis an die äußerste Grenze des entsprechenden Nachhalls gehen, geehrt werde. Und so ist es also gar nicht ungereimt, wenn die heiligen Schriften auch für die himmlischen Wesen aus den widersprechenden unähnlichen Ähnlichkeiten wegen der erwähnten Gründe bildliche Züge entnehmen [...]

Du aber, mein Sohn, höre gemäß der heiligen Satzung, welche hinsichtlich unserer hierarchischen Überlieferung besteht, für deine Person ehrfurchtsvoll den heiligen Vortrag und werde über der Einweihung in die gotterfüllten Geheimnisse selber gotterfüllt, vor der unheiligen Menge aber bewahre das Heilige, das ja eingestaltig ist, in der Verborgenheit des Geistes. Denn es ist nicht erlaubt, wie die Schrift sagt, die ungetrübte, lichtglänzende und verschönernde Zier der geistigen Perlen vor die Schweine zu werfen.[18]

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 2,5[4]

Vom 3. Kapitel an wird nun der Zweck und die heilige Stufenordnung der Hierarchie entwickelt:

„Zweck der Hierarchie ist also die möglichste Verähnlichung und Einswerdung mit Gott. Hiebei hat sie ihn selbst zum Lehrmeister in jeglicher hierarchischen Erkenntnis und Wirksamkeit, blickt zu seiner göttlichen Schönheit unverwandt empor, gibt dieselbe soweit als möglich im Nachbild wieder und vervollkommnet ihre Mitglieder zu göttlichen Bildern, zu lautersten, fleckenlosen Spiegeln, welche im Stande sind, den urgöttlichen Strahl aus der Urquelle des Lichtes in sich aufzunehmen, zu Spiegeln, welche dann, von dem einstrahlenden Glanze heilig erfüllt, diesen hinwieder neidlos über die nächstfolgenden Ordnungen leuchten lassen, sowie es den urgöttlichen Satzungen entspricht. Denn es ist den Trägern der heiligen Weihegewalten oder den Empfängern der heiligen Weihen nicht erlaubt, überhaupt etwas zu wirken, was gegen die heiligen Anordnungen des Urhebers ihrer eigenen Weihe verstößt. Nicht in irgend einem Widerspruch dürfen sie zu ihm stehen, wenn sie seines vergöttlichenden Glanzes begehren und mit geziemender Heiligkeit auf ihn blicken und gemäß dem entsprechenden Grade, den jeder der heiligen Geister einnimmt, nach ihr sich umbilden.

Demnach besagt der Ausdruck „Hierarchie“ eine gewisse ganz heilige Institution, ein Abbild der urgöttlichen Schönheit, welches in hierarchischen Abstufungen und Erkenntnissen die Mysterien der entsprechenden Erleuchtung heilig auswirkt und Verähnlichung mit dem eigenen Urbild, soweit es nur immer geschehen kann, hervorbringt. Denn für jedes Mitglied der Hierarchie besteht die Vollendung darin, daß es seinem zuständigen Grade entsprechend zum Nachbild Gottes erhoben werde, ja daß es wahrhaftig, was noch göttlicher als alles andere ist, wie die Schrift sagt, zu einem Mitwirkenden mit Gott werde und in sich selbst die göttliche Wirksamkeit nach Möglichkeit zeige und hervortreten lasse.“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 3,2[5]

Die himmlischen Wesen umfassen neun Engelchöre, die sich in drei dreiteilige Gruppen gliedern.

„Die Offenbarung hat den sämtlichen himmlische Wesen neun Namen gegeben, die über sie Aufschluß bieten. Der göttliche Lehrer, der uns in die heilige Wissenschaft einweihte, gruppiert sie in drei dreiteilige Ordnungen. Die erste, sagt er, ist diejenige, welche immerdar um Gott steht und, wie die Überlieferung sagt, ununterbrochen und, den andern voraus, unmittelbar mit ihm vereinigt ist. Denn die Offenbarung der heiligen Schriften, sagt er, habe überliefert daß die heiligsten Throne, die mit vielen Augen und vielen Flügeln versehenen Rangstufen, Cherubim und Seraphim nach dem hebräischen Worte genannt, gemäß ihrer alle übertreffenden Nähe unmittelbar um Gott gestellt sind. Diese triadische Ordnung bezeichnete unser großer Meister gleichsam als eine und eine gleichstufige und eigentlich erste Hierarchie. Keine andere ist Gott ähnlicher und den unmittelbaren Ausstrahlungen der Urgottheit direkt näher unterstellt als diese. Die zweite Triade, sagt er, sei diejenige, welche von den Gewalten, Herrschaften und Mächten gebildet wird. Die dritte Triade unter den letzten der himmlischen Hierarchien bestehe aus den Engeln, Erzengeln und Fürstentümern.“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 6,2[6]

In den folgenden Kapiteln werden die verschiedenen Hierarchien ausführlicher beschrieben, zunächst die oberste, Gott am nächsten stehende Hierarchie:

„Der heilige Name der Seraphim bedeutet nach den Kennern des Hebräischen entweder „Entflammer“ oder „Erglüher“; der Name „Cherubim“ dagegen „Fülle der Erkenntnis“ oder „Ergießung der Weisheit“. Mit Recht wird nun der heilige (liturgische) Dienst in der ersten himmlischen Hierarchie von den allerhöchsten Wesen versehen; denn diese hat eine höhere Rangstufe als alle übrigen und die unmittelbar gewirkten Gottesoffenbarungen und Einweihungen (in das Göttliche) werden ursprünglicher auf sie übergeleitet, weil sie (Gott) am nächsten steht. „Erglüher“ und „Ergießung der Weisheit“ werden nun auch die Throne genannt, ein Name, der ihre gottähnliche Beschaffenheit offenbart.“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 7,1[7]

Es folgt die mittlere Triade:

„Der redende Name der heiligen Herrschaften offenbart meines Erachtens einen gewissen unbezwingbaren und von jedem Sinken zum Irdischen freien Aufschwung nach oben, ein Herrschertum, welches gar nicht irgend einer Entartung ins Tyrannische in irgend einer Weise überhaupt zuneigt und in edler Freiheit kein Nachlassen kennt, ein Herrschertum, welches, jeder erniedrigenden Knechtung entrückt, jedem Erschlaffen unzugänglich und, über jegliche Unähnlichkeit (Selbstentfremdung) erhaben, unaufhörlich nach dem wahren Herrschertum und der Urquelle alles Herrschertums hinanstrebt und nach der herrschgewaltigen Ähnlichkeit mit demselben soweit als möglich sich selbst und gütig auch das unter ihm Stehende umbildet, ein Herrschertum, welches keinem der eitlen Scheindinge, sondern dem wahrhaft Seienden gänzlich zugewendet ist und immerdar, soweit es ihm verstattet ist, an der Ähnlichkeit mit Gott als dem Urquell des Herrschertums teilnimmt.

Der Name der heiligen Mächte bezeichnet nach meiner Meinung eine gewisse männliche und unerschütterliche Mannhaftigkeit in Hinsicht auf alle ihre gottähnlichen Tätigkeiten, welche bei der Aufnahme der ihr verliehenen urgöttlichen Erleuchtungen durchaus keine kraftlose Schwäche zeigt, sondern mächtig zur Gottähnlichkeit aufstrebt, eine Mannhaftigkeit, welche durch keine Unmännlichkeit von ihrer Seite die gottähnliche Bewegung aufgibt, sondern vielmehr unentwegt auf die überwesentliche und machtbildende Macht hinblickt und deren machtspiegelndes Abbild wird, welche zu ihr als der Urquelle der Macht mächtig hingekehrt ist und zu den Wesen der tiefern Ordnung machtspendend und gottähnlich heraustritt 2.

Der Name der heiligen Gewalten, welche mit den göttlichen Herrschaften und Mächten auf gleicher Stufe stehen, besagt, wie ich glaube, die wohlgeordnete und unverwirrbare Harmonie bei Aufnahme des Göttlichen und das Festbestimmte der überweltlichen und geistigen Gewaltstellung, welche die aus der Gewalt fließenden Kräfte nicht mit tyrannischer Willkür zu den minderen Zwecken mißbraucht, sondern unbesiegbar zum Göttlichen in schöner Ordnung empordringt und die tieferstehenden Wesen gütig aufwärts leitet, welche der gewaltschaffenden Urquelle der Gewalt soweit als möglich sich verähnlicht und sie kräftigst nach den wohlgeordneten Stufen der aus der Gewalt fließenden Macht den Engeln einstrahlt.“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 8,1[8]

Zuletzt die unterste Hierarchie, die die Engelwesen im engeren Sinn umfasst, also die Urengel, Erzengel und Angeloi:

„Es ist für die heilige Betrachtung noch die Ordnung übrig, welche die Hierarchien der Engel abschließt und von den gottähnlichen Fürstentümern, Erzengeln und Engeln gebildet wird. Zuerst nun glaube ich nach meinen besten Kräften die Aufschlüsse, welche in ihren heiligen Namen enthalten sind, erläutern zu müssen. Denn der Name der Fürstentümer (ἀρχαί) bezeichnet den gottähnlichen Fürsten- und Führercharakter der himmlischen Fürstentümer in Verbindung mit der heiligen und den Fürstengewalten bestgeziemenden Ordnungsstufe, ferner ihre gänzliche Hinwendung zum überfürstlichen Fürstentum und ihre fürstliche Leitung anderer; endlich ihre möglichst treue Nachbildung nach eben jenem Prinzip, das Fürstenherrschaft schafft, und die Offenbarung des überwesentlichen Urgrundes aller Stufenordnung vermittels der Musterordnung der fürstlichen Gewalten.“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 9,1[9]

„Der Chor der heiligen Erzengel steht mit den himmlischen Fürstentümern auf gleicher Stufe. Denn sie und die Engel bilden, wie ich sagte, eine Hierarchie und Ordnung. Da es nun aber keine Hierarchie gibt, welche nicht erste, mittlere und letzte Mächte besäße, so hält der heilige Chor der Erzengel durch seine Mittelstellung in der Hierarchie die (beiden) Endglieder gemeinschaftlich zusammen; denn er steht in Gemeinschaft mit den heiligsten Fürstentümern und mit den heiligen Engeln, mit den einen, weil er zur überwesentlichen Fürstenhoheit in fürstlicher Weise hingewendet ist und ihr soweit als möglich sich nachbildet und gemäß seinen wohlgeordneten, festbestimmten und unsichtbaren Führungen die Engel ins Eine vereinigt.“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 9,2[10]

Hier wird auch deutlich, dass die Erzengel als Volksgeister wirken:

„Deshalb hat die Gottesoffenbarung unsere Hierarchie den Engeln zugewiesen, da sie Michael den Fürsten des Judenvolkes[19] und andere (Engel) (die Fürsten) anderer Völker nennt. Denn es hat der Höchste die Grenzen der Völker nach der Zahl der Engel festgestellt[20].“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 9,2[11]

Im 10. Kapitel wird das Ergebnis der bisherigen Betrachtung kurz zusammengefasst.

„Wir haben also das Ergebnis gewonnen, daß die vornehmste Ordnung der um Gott stehenden Geister von der Einstrahlung, die dem Urquell aller Weihevollendung entströmt, hierarchisch erfüllt und in unmittelbarer Erhebung zu demselben durch eine verborgenere und glanzvollere Lichtmitteilung der Urgottheit gereinigt, erleuchtet und vollendet wird.“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 6,2[12]

Die folgenden Kapitel erörtern die Fragen, „warum alle himmlischen Wesen mit dem Namen „himmlische Mächte“ bezeichnet werden“[21], „warum die Hierarchen bei den Menschen „Engel“ heißen“[22] und „warum es heißt, der Prophet Isaias sei von den Seraphim entsühnt worden“[23]. Schließlich wird auch die Bedeutung der überlieferten Zahl der Engel erörtert, denn „auch dieses ist, wie ich denke, der geistigen Betrachtung wert, daß die Überlieferung der Schrift über die Zahl der Engel von tausend Tausenden und von Myriaden von Myriaden spricht, indem sie die höchsten unserer Zahlen wiederholt und multipliziert und dadurch deutlich zu verstehen gibt, daß die Ordnungen der himmlischen Wesen für uns nicht zählbar sind.“[24]

Im abschließenden 15. Kapitel führt Dionysius noch genauer aus, was die bildlichen Gestalten der Engelmächte, die Feuergestalt, die Menschengestalt etc. bedeuten[25].

Christentum und Rosenkreuzer

Inhaltlich besteht kein Unterschied zwischen der christlichen Lehre, wie sie Dionysius vertreten hat, und dem modernen Rosenkreuzertum. Letzteres unterscheidet sich nur in der Art der Darstellung, die dem modernen wissenschaftlichen Denken Rechnung trägt.

„Es ist gar kein Unterschied da zwischen der echten christlichen Lehre und derjenigen der Rosenkreuzer. Man braucht nur das Christentum in seinem Kern zu verstehen, dann hat man die Theosophie der Rosenkreuzer. Man braucht keine neue Religion zu begründen, man muß vielmehr das Christentum so auffassen, wie es die ersten Christen verstanden haben. Die wenigsten Menschen aber wissen noch etwas von den Geheimnissen der ersten christlichen Entwickelung. Selbst die offizielle Theologie hat keine Ahnung mehr davon. Da finden wir Paulus selbst als den tiefsten Kenner der christlichen Geheimnisse, der jene gewaltigen Wahrheiten lehrte, welche durch Jahrtausende die Menschheit leiten sollten. Dieser Paulus hatte in Athen eine Schule gegründet, deren Vorsteher Dionysius der Areopagite war. Dieser Dionysius war ein wirklicher Schüler des Paulus.

Jene Lehren des Dionysius sind immer lebendig gewesen und wurden immer gelehrt, insbesondere auch denen, welche das lebendige Wort des Christus hinaustragen sollten in alle Welt. Würden die Menschen auf jenem Standpunkt des Dionysius stehengeblieben sein, so hätte man keine neue Form gebraucht. Aber es kam die neue Zeit herauf und damit die Notwendigkeit, so zu lehren, daß das Christentum feststehe, daß keine Wissenschaft etwas dagegen einzuwenden vermöge. Das ist das Streben der Rosenkreuzertheosophie. Daher ist die Rosenkreuzertheosophie diejenige Form der Religion, welche für uns heute angemessen ist.“ (Lit.:GA 100, S. 21f)

Werke

  • De mystica Theologia ("Über mystische Theologie") [13]
  • De divinis nominibus ("Die göttlichen Namen") [14]
  • De ecclesiastica hierarchia ("Die kirchliche Hierarchie") [15]
  • De caelesti hierarchia ("Die himmlische Hierarchie") [16]
  • 10 Briefe, u.a. Ad Demophilum ("Angeblicher Brief an den Mönch Demophilus") [17]

Die Schriften wurden mehrfach übersetzt und kommentiert, und zwar von Johannes Scotus Eriugena, Johannes Sarazenus, Robert Grosseteste im 13. Jahrhundert und Ambrosius Travesari im 15. Jahrhundert.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Eusebius von Cäsarea: Historia Ecclesiae 3,4
  2. de divinis nominibus 1,3
  3. de mystica theologia 1,3
  4. de div 5,9
  5. de div 7,3
  6. de myst 3
  7. de myst 3, de div 13
  8. de myst 1
  9. de myst 1,3
  10. de caelesti hierarchia 3, de myst 2
  11. de div 7,3
  12. de myst 1,1
  13. De caelesti hierarchia
  14. dem Mitältesten; vgl. 1 Petr 5,1 LUT.
  15. De caelesti hierarchia 2,1
  16. De caelesti hierarchia 2,1
  17. Eine Lieblingsvorstellung des D. ist hier ausgesprochen: Ein Widerhall (ἀπήχημα) der göttlichen Harmonie und Schönheit ist aus allen Gebieten des Geschaffenen heraus zu vernehmen, der allerdings immer schwächer wird, je weiter sie von der göttlichen Urquelle alles Seins abstehen (d. d. n. IV, 4, IV 20, VI, 6; VII, 2; c. h. XIII, 3; XV, 8 u.s.w.). Wie sehr sich D. hiebei an die Neuplatoniker anlehnt, s. bei Koch l. c. S. 195 ff. Bekannt ist die bei den Scholastikern so häufig erwähnte „obscura resonantia“.
  18. Mt 7,6 EU
  19. Dan 10,21 EU
  20. 5 Mos 32,8 EU
  21. De caelesti hierarchia 11
  22. De caelesti hierarchia 12
  23. De caelesti hierarchia 13
  24. De caelesti hierarchia 14
  25. De caelesti hierarchia 16,1-9

Literatur

  1. G. K. Kaltenbrunner, Dionys vom Areopagita. Das Unergründliche, die Engel und das Eine; 1996
  2. W. Müller, Dionysius Areopagita und sein Wirken bis heute; 2. Aufl. 1990
  3. W. Völker, Kontemplation und Ekstase bei Pseudo-Dionysius Areopagita; 1958
  4. Rudolf Steiner: Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt, GA 18 (1985), ISBN 3-7274-0180-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Grundelemente der Esoterik, GA 93a (1976), S 97f., Berlin, 8. Oktober 1905 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  6. Rudolf Steiner: Kosmogonie, GA 94 (2001), ISBN 3-7274-0940-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  7. Rudolf Steiner: Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis, GA 100 (1981), ISBN 3-7274-1000-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  8. Rudolf Steiner: Perspektiven der Menschheitsentwickelung, GA 204 (1979), ISBN 3-7274-2040-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
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