Evolution und Erbkrankheit: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Evolution''' (von [[Latein|lat.]] ''evolvere'' = "hinauswälzen", "-rollen", sich "ent-wickeln") ist seit der Zeit der [[Wikipedia:Französischen Evolution|Französischen Evolution]] die Bezeichnung für jede langsam und friedlich voranschreitende Entwicklung und bildet damit den [[begriff]]lichen Gegensatz zur [[Wikipedia:Revolution|Revolution]] ([[Latein|lat.]] ''revolutio'' = das "Zurückwälzen", die "Umdrehung"), die für einen plötzlichen, gewaltsamen Wandel steht.
<gallery perrow="1" class="float-right" caption="Beispiele für Erbgänge" widths="200" heights="200">
Datei:Autosomal dominant - de.svg|Autosomal-dominanter Erbgang
Datei:Autosomal recessive - de.svg|Autosomal-rezessiver Erbgang
</gallery>


In der [[Wikipedia:Biologie|Biologie]], der [[Wikipedia:Naturgeschichte|Natur]]- und [[Wikipedia:Kulturgeschichte|Kulturgeschichte]] wird Evolution heute als die Entwicklung zu neuen, meist höher integrierten, komplexeren Formen im physikalisch-chemischen (Entwicklung des Weltalls und der Erde), biologischen (Entwicklung der Lebewesen) und kulturellen Bereich (Entwicklung der Kulturen) verstanden und als solche weitgehend im Sinne der modernen [[Wikipedia:Charles Darwin|darwinistischen]] [[Wikipedia:Evolutionstheorie|Evolutionstheorie]] auf rein [[materie]]ll bedingte Ursachen zurückgeführt. In Anlehnung daran ist nach der [[Wikipedia:Systemtheorie|Systemtheorie]] die Evolution ein Prozess, bei dem durch Reproduktion oder Replikation von einem System Kopien hergestellt werden, die sich voneinander und von ihrem Ursprungssystem durch [[Zufall|zufallsbedingte]] Variation unterscheiden und bei dem nur ein Teil dieser Kopien auf Grund von Selektion für einen weiteren Kopiervorgang zugelassen werden.  
Als '''Erbkrankheit''' (oder ''genetisch bedingte Krankheit'') werden Erkrankungen und Besonderheiten bezeichnet, die entweder durch eine [[Mutation]] (Genvariante) in einem [[Gen]] ([[Monogenie|monogen]]) oder durch mehrere Mutationen (Genvarianten) in verschiedenen Genen ([[Polygenie|polygen]]) ausgelöst werden können und die zu bestimmten Erkrankungs[[Disposition (Medizin)|dispositionen]] führen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von [[Monogenetische Erkrankung|monogenetischer]] bzw. [[Polygenie|polygenetischer Erkrankung]].


Die Vertreter des [[Wikipedia:Intelligent Design|Intelligent Design]], dessen grundlegende Ideen von einer Gruppe konservativer amerikanischen [[Wikipedia:Kreationismus|Neokreationisten]] formuliert wurden, führen hingegen die gegenwärtigen Eigenschaften des [[Universum]]s und des [[Leben]]s auf Erden auf eine nichtmaterielle [[Intelligenz|intelligente]] Ursache zurück. Die wesentlichen Vordenker des Intelligent Design, die vorwiegend dem christlich-konservativen [[Wikipedia:Discovery Institute|Discovery Institute]] in [[Wikipedia:Seattle|Seattle]] ([[Wikipedia:Washington (Bundesstaat)|Washington]]) angehören, identifizieren den ''intelligenten Designer'' mit dem christlichen [[Gott]] selbst.
Im engeren Sinne zählt man jedoch nur jene Erkrankungen und Besonderheiten zu den Erbkrankheiten, die durch von Anfang an untypisch veränderte Gene ausgelöst und durch [[Vererbung (Biologie)|Vererbung]] von den Vorfahren auf ihre Nachkommen übertragen werden. Die früheste Methode zur Erforschung der Vererbungswege war die [[Stammbaumanalyse]] bei Familienstammbäumen, in denen beispielsweise die [[Hämophilie#Geschichte|Bluterkrankheit]] oder die [[Farbenblindheit]] usw. gehäuft auftraten.<ref>Ulrich Weber: ''Biologie Oberstufe. Gesamtband.'' Cornelsen, Berlin 2001, ISBN 3-464-04279-0, S. 180–182.</ref>


Die [[anthroposophisch]]e [[Geisteswissenschaft|Geistesforschung]] geht über die enge Perspektive beider Ansätze hinaus und deckt die komplexen [[geist]]igen ''und'' [[materie]]llen Hintergründe der Entwicklung auf, die am umfassendsten durch die sogenannten [[Sieben planetarische Weltentwicklungsstufen|sieben planetarischen Weltentwicklungsstufen]] beschrieben werden. Evolution bedeutet aus [[geisteswissenschaft]]licher Sicht, dass ein [[geist]]ig [[schöpferisch]] [[Wesenhaft]]es schrittweise immer deutlicher in die äußere [[sinnlich]]-[[materiell]]e [[Erscheinung]] tritt. Die notwendige Gegenbewegung dazu ist die [[Involution]], durch die sich das Geistige wieder schrittweise aus der äußeren Erscheinung zurückzieht ([[#Evolution, Involution, Schöpfung aus dem Nichts|siehe unten]]).
[[Syndrom]]e wie Formen von [[Trisomie]], bei denen sich nicht die übliche Zahl von 46 [[Chromosom]]en im menschlichen [[Genom]] findet, können somit genau genommen nicht als Erbkrankheit gezählt werden, da sie zumeist spontan erst bei der Zellteilung des [[Embryo]]s auftreten und daher selten von einem Elternteil geerbt werden.


<div style="margin-left:20px">
== Verschiedene Formen ==
"Aber wenn Sie wirklich meine Schriften verfolgen, so
Erbkrankheiten folgen verschiedenen [[Erbgang (Biologie)|Erbgängen]] und sind mit unterschiedlichen Vererbungs-, Wiederholungs- und Erkrankungswahrscheinlichkeiten verbunden. Man unterscheidet autosomal-rezessive und [[Autosomal-dominanter Erbgang|autosomal-dominante]] von gonosomalen und mitochondrialen Erbgängen.
werden Sie sehen, daß ich dem Darwinismus immer gerecht geworden
bin, aber eben gerade dadurch gerecht werden konnte, daß ich
ihm entgegengestellt habe den Goetheanismus, die Auffassung von
der Entwickelung des Lebens. Das, was man Deszendenztheorie
nennt, auf der einen Seite im Sinne des Darwinismus, auf der andern
Seite im Sinne des Goetheanismus, diese Dinge versuchte ich immer
miteinander zu verbinden. Warum? Weil im Goetheanismus die
aufsteigende Linie lebt, das Herausheben der organischen Entwickelung
aus dem bloß physikalischen, physischen Dasein.


Wie oft habe ich auf das Gespräch zwischen Goethe und Schiller
=== Autosomal-rezessive Erbgänge ===
hingewiesen, wo Schiller, als Goethe seine Urpflanze aufzeichnete,
[[Datei:Autorecessive 01.png|mini|Der autosomal-rezessive Erbgang]]
sagte: Das ist keine Empirie, das ist keine Erfahrung, das ist eine
Idee. - Da sagte Goethe: Dann habe ich meine Idee vor Augen! -,
weil er überall das Geistige sah. Da haben wir eine Entwickelungslehre
bei Goethe veranlagt, die den Keim in sich trägt, zu den höchsten
Sphären heraufgehoben zu werden, angewendet zu werden für
Seele und Geist. Wenn Goethe auch nur für die organische Entwikkelung
in der Metamorphosenlehre den Anfang gemacht hat, wir
haben die Evolution des Geistes, zu der die Menschheit von diesem
fünften nachatlantischen Zeitraum an kommen muß, weil der
Mensch sich verinnerlicht, wie ich es in diesen Betrachtungen dargestellt
habe. Goetheanismus kann eine große Zukunft haben,
denn die ganze Anthroposophie liegt in seiner Linie. Darwinismus
betrachtet die physische Entwickelung von der physischen Seite her:
äußere Impulse, Kampf ums Dasein, Selektion und so weiter und
stellt damit die absterbende Entwickelung dar, alles dasjenige, was
man finden kann über das organische Leben, wenn man sich den
Impulsen überläßt, die in früheren Zeiten groß geworden sind. Will
man Darwin verstehen, so muß man nur synthetisch zusammenfassen
alle Gesetze, die früher aufgefunden worden sind. Will man
Goethe verstehen, muß man sich aufschwingen zu neuen und immer
neuen Gesetzmäßigkeiten im Dasein. Beides ist notwendig. Der
Fehler besteht nicht darin, daß es einen Darwinismus gibt oder daß
es einen Goetheanismus gibt, sondern darin, daß die Menschen dem
einen oder dem andern und nicht dem einen und dem andern anhängen
wollen. Das ist es, worauf es ankommt." {{Lit|{{G|177|223f}}}}
</div>


[[Rudolf Steiner]] baut konsequent auf die Vorarbeit auf, die [[Goethe]] mit seiner [[Metamorphosenlehre]] geleistet hat. Goethe ging davon aus, dass in jedem [[Lebewesen]] ein [[Idee|ideelles]] [[Urbild]] wirkt, das er [[Typus]] nannte. Der allen [[Pflanzen]] gemeinsame Typus ist die [[Urpflanze]], der in den [[Tier]]en wirkende Typus ist das [[Urtier]].  
Die Besonderheit tritt nur dann in Erscheinung, wenn sich auf jeweils beiden [[Chromosom]]en eine Veränderung ([[Mutation]]) in beiden Kopien eines bestimmten [[Gen]]s findet, d.&nbsp;h., wenn der betreffende Mensch jeweils eine Veränderung von seinem biologischen Vater und eine von seiner biologischen Mutter geerbt hat. Die Eltern müssen dabei nicht betroffen sein, der [[Phänotyp]] tritt also nicht in jeder Generation auf. Die Mutation muss dabei nicht identisch sein. Führen zwei molekulargenetisch unterscheidbare Mutationen zu dem gleichen Funktionsverlust in einem Gen, so spricht man von ''[[Komplexe Heterozygotie|Compound Heterozygotie]]''. Beispiele für autosomal-rezessive Erbgänge sind [[Mukoviszidose]], [[Albinismus]] und [[Phenylketonurie]] (PKU) (Defekt der Phenylalaninhydroxylase).


<div style="margin-left:20px">
Ursachen für scheinbare Abweichungen autosomal rezessiver Vererbung sind [[Pseudodominanz]], [[Heterogenie]], [[Isodisomie]] und das Nichteinrechnen von [[Heterozygot]]en mit gesunden Kindern. Typische Beispiele sind:
"Was versteht Goethe unter diesem Typus? Er hat sich darüber
* [[Adrenogenitales Syndrom]] (AGS),
klar und unzweideutig ausgesprochen. Er sagt, er fühlte die Notwendigkeit:
* [[Ahornsirupkrankheit]],
«einen Typus aufzustellen, an welchem alle Säugetiere
* [[Albinismus]],
nach Übereinstimmung und Verschiedenheit zu prüfen
* [[Alkaptonurie]],
wären, und wie ich früher die Urpflanze aufgesucht, so trachtete
* [[Alpha1-Antitrypsinmangel]],
ich nunmehr das Urtier zu finden, das heißt denn doch zuletzt:
* [[Galaktosämie]],
den Begriff, die Idee des Tieres». Und ein anderes Mal mit noch
* [[Hereditäre Fruktoseintoleranz]]
größerer Deutlichkeit: «Hat man aber die Idee von diesem Typus
* [[Hämochromatose]]
gefaßt, so wird man recht einsehen, wie unmöglich es sei, eine
* [[Joubert-Syndrom]],
einzelne Gattung als Kanon aufzustellen. Das Einzelne kann kein
* [[Kretinismus]],
Muster des Ganzen sein, und so dürfen wir das Muster für alle
* [[Kurzripp-Polydaktylie-Syndrom]] (Typ I, II, III, IV),
nicht im Einzelnen suchen. Die Klassen, Gattungen, Arten und
* [[Laurence-Moon-Biedl-Bardet-Syndrom]] ([[LMBB-Syndrom]]),
Individuen verhalten sich wie die Fälle zum Gesetz: sie sind
* [[Lippen-Kiefer-Gaumenspalte]]
darin enthalten, aber sie enthalten und geben es nicht.» Hätte man
* [[Morbus Wilson]]
also Goethe gefragt, ob er in einer bestimmten Tier- oder Pflanzenform,
* [[Mukopolysaccharidose]]n (MPS),
die zu irgendeiner Zeit existiert hat, seine Urform, seinen
* [[Mukoviszidose]] bzw. ''Zystische Fibrose'',
Typus verwirklicht sehe, so hatte er ohne Zweifel mit einem
* [[Nephrotisches Syndrom|Nephrotisches Syndrom vom finnischen Typ]],
kräftigen Nein geantwortet. Er hätte gesagt: So wie der Haushund,
* [[Peters-Plus-Syndrom]],
so ist auch der einfachste tierische Organismus nur ein
* [[Phenylketonurie]] (PKU),
Spezialfall dessen, was ich unter Typus verstehe. Den Typus findet
* [[Ribbing-Syndrom]],
man überhaupt nicht in der Außenwelt verwirklicht, sondern er
* [[Thalassämie]] und
geht uns als Idee in unserem Innern auf, wenn wir das Gemeinsame
* [[Xeroderma pigmentosum]].
der Lebewesen betrachten. Sowenig der Physiker einen einzelnen
* [[Zystenniere#Autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung|Autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD)]]
Fall, eine zufällige Erscheinung zum Ausgangspunkte seiner
Untersuchungen macht, sowenig darf der Zoologe oder Botaniker
einen einzelnen Organismus als Urorganismus ansprechen.
Und hier ist der Punkt, an dem es klar werden muß, daß der
neuere Darwinismus weit hinter Goethes Grundgedanken zurückbleibt.
Diese wissenschaftliche Strömung findet, daß es zwei Ursachen
gibt, unter deren Einfluß eine organische Form sich in
eine andere umformen kann: die Anpassung und den Kampf ums
Dasein. Unter Anpassung versteht man die Tatsache, daß ein
Organismus infolge von Einwirkungen der Außenwelt eine Veränderung
in seiner Lebenstätigkeit und in seinen Gestaltverhältnissen
annimmt. Er erhält dadurch Eigentümlichkeiten, die seine
Voreltern nicht hatten. Auf diesem Wege kann sich also eine Umformung
bestehender organischer Formen vollziehen. Das Gesetz
vom Kampf ums Dasein beruht auf folgenden Erwägungen. Das
organische Leben bringt viel mehr Keime hervor, als auf der Erde
Platz zu ihrer Ernährung und Entwickelung finden. Nicht alle
können zur vollen Reife kommen. Jeder entstehende Organismus
sucht aus seiner Umgebung die Mittel zu seiner Existenz. Es ist
unausbleiblich, daß bei der Fülle der Keime ein Kampf entsteht
zwischen den einzelnen Wesen. Und da nur eine begrenzte Zahl
den Lebensunterhalt finden kann, so ist es natürlich, daß diese
aus denen besteht, die sich im Kampf als die stärkeren erweisen.
Diese werden als Sieger hervorgehen. Welche sind aber die Stärkeren?
Ohne Zweifel diejenigen mit einer Einrichtung, die sich
als zweckmäßig erweist, um die Mittel zum Leben zu beschaffen.
Die Wesen mit unzweckmäßiger Organisation müssen unterliegen
und aussterben. Deswegen, sagt der Darwinismus, kann es nur
zweckmäßige Organisationen geben. Die anderen sind einfach im
Kampf ums Dasein zugrunde gegangen. Der Darwinismus erklärt
mit Zugrundelegung dieser beiden Prinzipien den Ursprung der
Arten so, daß sich die Organismen unter dem Einfluß der Außenwelt
durch Anpassung umwandeln, die hierdurch gewonnenen
neuen Eigentümlichkeiten auf ihre Nachkommen verpflanzen und
von den auf diese Weise umgewandelten Formen immer diejenigen
sich erhalten, welche in dem Umwandlungsprozesse die zweckentsprechendste
Gestalt angenommen haben.


Gegen diese beiden Prinzipien hätte Goethe zweifellos nichts
=== Autosomal-dominante Erbgänge ===
einzuwenden. Wir können nachweisen, daß er beide bereits gekannt
[[Datei:Autodominant 01.png|mini|Der autosomal-dominante Erbgang]]
hat. Für ausreichend aber, um die Gestalten des organischen
Lebens zu erklären, hat er sie nicht gehalten. Sie waren ihm äußere
Bedingungen, unter deren Einfluß das, was er Typus nannte,
besondere Formen annimmt und sich in der mannigfaltigsten
Weise verwandeln kann. Bevor sich etwas umwandelt, muß es
aber erst vorhanden sein. Anpassung und Kampf ums Dasein
setzen das Organische voraus, das sie beeinflussen. Die notwendige
Voraussetzung sucht Goethe erst zu gewinnen. Seine 1790
veröffentlichte Schrift «Versuch, die Metamorphose der Pflanzen
zu erklären» verfolgt den Gedanken, eine ideale Pflanzengestalt
zu finden, welche allen pflanzlichen Wesen als deren Urbild zugrunde
liegt. Später versuchte er dasselbe auch für die Tierwelt." {{Lit|{{G|030|73ff}}}}
</div>


== Evolution, Involution, Schöpfung aus dem Nichts ==
Hier führt bereits ein verändertes [[Allel]] (Allele sind die einander jeweils und gleichzeitig gegensätzlich entsprechenden Gene eines [[diploid]]en Chromosomensatzes) auf einem der beiden homologen Chromosomen zur Merkmalsausprägung. Die genetische Information liegt auf einem der 44 [[Autosom]]en vor und wird unabhängig vom [[Genetisches Geschlecht|Geschlecht]] vererbt. Frauen und Männer sind also gleichermaßen betroffen. Der [[Phänotyp]] tritt in jeder Generation auf. Beispiele sind:
* [[Achondroplasie]],
* [[Apert-Syndrom]],
* [[Brachydaktylie]],
* [[Chorea Huntington]] („Veitstanz“),
* [[Ehlers-Danlos-Syndrom]] (Typen I–IV, VII A/B, VIII),
* [[Engelmann-Syndrom]],
* [[Erythropoetische Protoporphyrie]],
* [[Faktor-V-Leiden-Mutation]]
* [[Familiäre Hypercholesterinämie]],
* [[Hereditäre motorisch-sensible Neuropathie|HMSN]] Typ I ([[Morbus Charcot-Marie-Tooth]]),
* [[Maligne Hyperthermie]],
* [[Marfan-Syndrom]],
* [[Multiple kartilaginäre Exostosen]]
* [[Myotone Dystrophie Typ I]],
* [[Neurofibromatose]] (Morbus Recklinghausen),
* [[Osteogenesis imperfecta]] (Typ I),
* [[Piebaldismus]],
* [[Polydaktylie]],
* [[Retinoblastom]],
* [[Ruvalcaba-Myhre-Smith-Syndrom]] und
* [[Sichelzellenanämie]].
* [[Zystenniere#Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung|Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD)]]


<div style="margin-left:20px">
=== Gonosomale Erbgänge ===
"So haben wir bei allem Werden dreierlei zu beachten: Zuerst die
[[Gonosom]]ale Erbkrankheiten, also solche, bei denen die Veränderung die Geschlechtschromosomen X bzw. Y betrifft, liegen in den meisten Fällen auf dem [[X-Chromosom]], da das [[Y-Chromosom]] weniger Gene enthält. Das X-Chromosom hat 155 Megabasen, das Y-Chromosom 59 Megabasen<ref>[http://www.ensembl.org/Homo_sapiens/Location/Genome Ensembl Datenbank], abgerufen am 11. Februar 2017.</ref> Am Beispiel der X-chromosomalen Vererbung werden folgende Besonderheiten deutlich:
Entfaltung aus einem gleichsam eingewickelten Zustande heraus;
wir nennen das Entwickelung oder Evolution. Dann muß, was im
Keime liegt, entstehen durch den umgekehrten Prozeß, die Einwickelung
oder Involution. Diese beiden Prozesse allein geben aber
noch keinen Fortschritt. Einzig und allein dadurch, daß ein Wesen
imstande ist, Einflüsse von außen aufzunehmen und zu inneren Erlebnissen
zu verarbeiten, kann ein Neues, ein Fortschritt in der Welt
entstehen. Das ist das Dritte; man nennt es Schöpfung aus dem
Nichts. Fortwährend entwickeln Sie, was in Ihnen von früher her
veranlagt ist, fortwährend nehmen Sie etwas aus Ihrer Umwelt auf,
das Sie umgestalten zu Erlebnissen, und das tragen Sie dann in eine
neue Verkörperung hinein. In allem Leben wirkt die Dreiheit von
Evolution, Involution und Schöpfung aus dem Nichts. Beim Menschen
haben wir diese Schöpfung aus dem Nichts in der Arbeit seines
Bewußtseins. Er erlebt die Vorgänge in seiner Umwelt und verarbeitet
sie zu Ideen, Gedanken und Begriffen. Veranlagungen stammen
aus früheren Verkörperungen, aber aller Fortschritt im Leben
beruht darauf, daß neue Gedanken und neue Ideen produziert werden.
Die Verhältnisse der Umgebung werden «konsumiert», und die
inneren Erlebnisse führen zu neuen Gedanken und Ideen. Daher ist
Drei die Zahl des Lebens, man nennt sie die Zahl der Schöpfung
oder des Wirkens." {{Lit|{{G|101|259f}}}}
</div>


== Literatur ==
==== X-chromosomal-rezessiv ====
<gallery perrow="2" class="float-right" caption="" widths="200" heights="200">
Datei:X-chromosomal-rezessive-Mutter.png|X-chromosomal-rezessiver Erbgang (Mutter ist Konduktor)
Datei:X-chromosomal-rezessive-Vater.png|X-chromosomal-rezessiver Erbgang (bei krankem Vater)
</gallery>


#Rudolf Steiner: ''Methodische Grundlagen der Anthroposophie'', [[GA 30]] (1989), ISBN 3-7274-0300-4 {{Vorträge1|29}}
Mädchen/Frauen sind nur betroffen, wenn beide X-Chromosomen geschädigt sind, ansonsten sind sie nur Anlageträger ([[Konduktor]]en), d.&nbsp;h., sie können das veränderte X-Chromosom an ihre Kinder weitervererben, bilden selbst aber keinen entsprechenden Phänotyp aus. Mädchen/Frauen können vielfach die Veränderung auf einem X-Chromosom durch ihr zweites X-Chromosom ausgleichen, wenn es nicht verändert ist. Jungen/Männer sind dann betroffen, wenn sie das eine veränderte X-Chromosom von der phänotypisch gesunden Mutter, oder eines von beiden veränderten X-Chromosomen einer phänotypisch erkrankten Mutter vererbt bekommen, da Jungen/Männer ja ein X-Chromosom auf jeden Fall von der Mutter bekommen und auch nur dieses eine besitzen. Phänotypisch sind Jungen/Männer also häufiger betroffen, da Mädchen/Frauen den Defekt durch das andere X-Chromosom ausgleichen. Beispiele sind [[G6PD-Mangel|Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel]] (G-6-PD-Mangel), [[Hämophilie]] A und B (Bluterkrankheit), [[Lesch-Nyhan-Syndrom]], [[Morbus Fabry]], [[Mukopolysaccharidose]] Typ II, [[Muskeldystrophie]] (Typ Duchenne, Typ Becker-Kiener), [[Norrie-Syndrom]], [[Retinitis pigmentosa]], [[Rot-Grün-Blindheit]], [[Septische Granulomatose]], [[X-SCID]] (severe combined immune deficiency) und [[Ornithin-Transcarbamylase]] (OTC)-Mangel<ref>J. E. Wraith: ''[http://adc.bmj.com/cgi/content/full/84/1/84 Ornithine carbamoyltransferase deficiency.]'' In: ''Archives of Disease in Childhood.'' Januar 2001, Band 84, Nr. 1, S. 84–88: ''Review.'' PMID 11124797.</ref> ([[Harnstoffzyklusdefekt]])
#Rudolf Steiner: ''Mythen und Sagen. Okkulte Zeichen und Symbole'', [[GA 101]] (1992), ISBN 3-7274-1010-8 {{Vorträge|101}}
#Rudolf Steiner: ''Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis'', [[GA 177]] (1999), ISBN 3-7274-1771-4 {{Vorträge|177}}


{{GA}}
==== X-chromosomal-dominant ====
<gallery perrow="2" class="float-right" caption="" widths="200" heights="200">
Datei:X-chromosomal-dominant-Vater.png|X-chromosomal-dominanter Erbgang (bei krankem Vater)
Datei:X-chromosomal-dominant-Mutter.png|X-chromosomal-dominanter Erbgang (bei kranker Mutter)
</gallery>
 
Jungen/Männer sind zu 50 % betroffen, wenn ihre Mutter Trägerin eines kranken X-[[Chromosom]]s ist. Trägt eine Mutter dagegen 2 kranke X-Chromosomen, so sind alle Kinder betroffen. Mädchen/Frauen sind insgesamt häufiger betroffen, da die Wahrscheinlichkeit, ein verändertes X-Chromosom zu erhalten, bei zwei X-Chromosomen (eins vom Vater, eins von der Mutter) höher ist als bei Jungen/Männern (Eines von der Mutter). Beispiele sind [[Phosphatdiabetes|Familiäre phosphatämische Rachitis]] (auch ''idiopathisches Debré-de-Toni-Fanconi-Syndrom'' oder ''Vitamin-D-resistente [[Rachitis]]'' genannt), [[Rett-Syndrom]] und [[Oro-fazio-digitales Syndrom Typ 1]].
 
=== Mitochondriale bzw. Extrachromosomale Erbgänge ===
Etwa 0,1 Prozent der [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]] einer menschlichen Zelle befinden sich nicht im Zellkern, sondern in den [[Mitochondrien]]. Da Eizellen im Gegensatz zu Spermien mehrere hunderttausend Mitochondrien besitzen, werden Mutationen in der Mitochondrien-DNA nur mütterlicherseits vererbt. Gleiches gilt für die [[Chloroplast]]en photosynthetisch aktiver Organismen.
 
Siehe auch [[Vererbung (Biologie)#Extrachromosomale Vererbung|Extrachromosomale Vererbung]]
 
== Diagnose und Behandlung ==
Bei Verdacht auf eine Erbkrankheit kann eine [[Humangenetik|humangenetische]] Untersuchung Klarheit verschaffen. Dabei werden die Chromosomen auf zahlenmäßige und strukturelle Veränderungen überprüft. Besteht dringender Verdacht auf einen bestimmten genetischen Defekt ist auch eine weitergehende, aufwändige Untersuchung einzelner Genkonstellationen möglich. Die Ergebnisse können dann bei der Risikoabschätzung bzgl. einer Vererbung hilfreich sein.
 
[[Therapie|Therapeutisch]] kann bei einer vorliegenden Besonderheit des Erbguts mit den heutigen medizinischen Möglichkeiten nicht auf die Ursachen eingewirkt werden. Es werden daher meist Ratschläge in Bezug auf die Lebensweise, Aufklärung über Risikofaktoren und [[symptom]]atische Maßnahmen getroffen. Dies sind dann individuelle Entscheidungen, zumal es sich nicht immer um eine Krankheit, sondern oft um eine [[Disposition (Medizin)|Disposition]] handelt.
 
== Geschichte ==
Der erst seit dem 20. Jahrhundert in der Bedeutung ''genetische Krankheit'' verwendete Begriff der Erbkrankheit<ref>Werner Sohn: ''Erbkrankheiten.'' In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 366 f.; hier: S. 366.</ref> wurde in der ersten Hälfte des [[20. Jahrhundert]]s auch häufig falsch verwendet, unter anderem für angebliche „Krankheiten“ wie „kriminelle Neigung“ oder „Asozialität“.<ref>Wolfgang Ayaß: ''[http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hebis:34-2007013016913 „Asozialer Nachwuchs ist für die Volksgemeinschaft vollkommen unerwünscht“. Die Zwangssterilisationen von sozialen Außenseitern].'' In: Margret Hamm (Hrsg.): ''Lebensunwert - zerstörte Leben. Zwangssterilisation und „Euthanasie“.'' Verlag für akademische Schriften (VAS), Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-88864-391-0, S. 111–119.</ref> Dieses Denken beeinflusste [[Sterilisation]]s-Programme und den [[Euthanasie]]-Gedanken und fand seine extreme Ausprägung im deutschen [[Nationalsozialismus]], war aber zum damaligen Zeitpunkt auch in vielen anderen Ländern wie den USA, England und Frankreich vorhanden. Heute werden nur noch solche Krankheiten als Erbkrankheiten bezeichnet, die möglichst klar abgrenzbar sind und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf Gendefekte zurückgehen.
 
== Sonstige Erbkrankheiten und Besonderheiten ==
* [[Erbkrankheiten in endogamen Populationen]]
 
* [[Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom]]
* [[Spastische Spinalparalyse|Hereditäre Spastische Spinalparalyse (HSP/FSP)]]
* [[Hypophosphatasie]]
* [[Ichthyose]]
* [[Katzenaugen-Syndrom]]
* [[Retinitis pigmentosa]], [[Usher-Syndrom]]
* [[Tuberöse Sklerose]]
* [[Wolf-Hirschhorn-Syndrom]]
 
== Genetisch bedingte Disposition ==
Diverse Erkrankungen, [[Behinderung]]en und Besonderheiten sind nicht im Sinne einer klassischen Erbkrankheit erblich, sondern ihr Auftreten kann durch eine (mitunter familiäre) genetische Erkrankungs[[Disposition (Medizin)|disposition]] (Veranlagung, Anfälligkeit) bedingt sein. Hierzu zählen z. B.:
 
* [[Adipositas]]
* [[Allergie]]n, diverse
* [[Alzheimer-Krankheit]]
* [[Autoimmunerkrankung]]en
* [[Bipolare Störung]]
* [[Bluthochdruck]]
* [[Creutzfeldt-Jakob-Krankheit]]
* [[Depression]]
* [[Diabetes mellitus]]
* [[Großzehenabweichung]] ([[Hallux valgus]])
* [[Haarausfall]]
* [[Herzfehler]]
* [[Herzinfarkt]]
* [[Krebs (Medizin)|Krebserkrankungen]] diverse (siehe [http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.7.45.3260 Richtlinien zur Diagnostik der genetischen Disposition für Krebserkrankungen] auf der Website der Bundesärztekammer)
* [[Laktoseintoleranz]]
* [[maligne Hyperthermie]]
* [[Migräne]]
* [[Multiple Sklerose]] (MS)
* [[Osteoporose]]
* [[Parkinson-Krankheit]]
* [[Psoriasis]]
* [[Rheuma]]
* [[Schizophrenie]]
* [[Schlaganfall]]
* [[Gehörlosigkeit|Taubheit]]
* Formen der [[Trisomie]] ([[Disposition (Medizin)|Disposition]] zur Entstehung einer Translokations-Trisomie bei Nachkommen beim Vorliegen einer „[[Translokation (Genetik)|Balancierten Translokation]]“ des entsprechenden Chromosoms bei Eltern ohne die jeweilige Form von Trisomie)
* [[Vitiligo]]
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Genetische Störung}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Erbkrankheit}}
* {{WikipediaDE|Erbkrankheit}}
* {{WikipediaDE|Liste von Erbkrankheiten}}
* {{WikipediaDE|Genetik}}
* {{WikipediaDE|Erbliche Tumorerkrankungen}}
* {{WikipediaDE|Pränataldiagnostik}}
* {{WikipediaDE|Präimplantationsdiagnostik}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Erbkrankheit des Hundes}}  


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wikibooks|Klinische Humangenetik}}
{{Wiktionary}}
* [http://www.mallig.eduvinet.de/bio/Repetito/Banaly1.html Einführung in die Stammbaumanalyse]
* [http://www.genome.gov/10005911 Human genetics: A Resource For Teachers] (englisch)
== Einzelnachweise ==
<references />
{{Gesundheitshinweis}}
{{Normdaten|TYP=s|GND=4015106-2}}


* {{WikipediaDE|Evolution}}
[[Kategorie:Genetische Störung]]
[[Kategorie:Erbkrankheit|!]]
[[Kategorie:Humangenetik]]
[[Kategorie:Behinderungsart]]
[[Kategorie:Fehlbildung]]
[[Kategorie:Krankheit]]


[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Weltentwicklung]]
{{Wikipedia}}

Version vom 22. Mai 2018, 07:29 Uhr

Als Erbkrankheit (oder genetisch bedingte Krankheit) werden Erkrankungen und Besonderheiten bezeichnet, die entweder durch eine Mutation (Genvariante) in einem Gen (monogen) oder durch mehrere Mutationen (Genvarianten) in verschiedenen Genen (polygen) ausgelöst werden können und die zu bestimmten Erkrankungsdispositionen führen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von monogenetischer bzw. polygenetischer Erkrankung.

Im engeren Sinne zählt man jedoch nur jene Erkrankungen und Besonderheiten zu den Erbkrankheiten, die durch von Anfang an untypisch veränderte Gene ausgelöst und durch Vererbung von den Vorfahren auf ihre Nachkommen übertragen werden. Die früheste Methode zur Erforschung der Vererbungswege war die Stammbaumanalyse bei Familienstammbäumen, in denen beispielsweise die Bluterkrankheit oder die Farbenblindheit usw. gehäuft auftraten.[1]

Syndrome wie Formen von Trisomie, bei denen sich nicht die übliche Zahl von 46 Chromosomen im menschlichen Genom findet, können somit genau genommen nicht als Erbkrankheit gezählt werden, da sie zumeist spontan erst bei der Zellteilung des Embryos auftreten und daher selten von einem Elternteil geerbt werden.

Verschiedene Formen

Erbkrankheiten folgen verschiedenen Erbgängen und sind mit unterschiedlichen Vererbungs-, Wiederholungs- und Erkrankungswahrscheinlichkeiten verbunden. Man unterscheidet autosomal-rezessive und autosomal-dominante von gonosomalen und mitochondrialen Erbgängen.

Autosomal-rezessive Erbgänge

Der autosomal-rezessive Erbgang

Die Besonderheit tritt nur dann in Erscheinung, wenn sich auf jeweils beiden Chromosomen eine Veränderung (Mutation) in beiden Kopien eines bestimmten Gens findet, d. h., wenn der betreffende Mensch jeweils eine Veränderung von seinem biologischen Vater und eine von seiner biologischen Mutter geerbt hat. Die Eltern müssen dabei nicht betroffen sein, der Phänotyp tritt also nicht in jeder Generation auf. Die Mutation muss dabei nicht identisch sein. Führen zwei molekulargenetisch unterscheidbare Mutationen zu dem gleichen Funktionsverlust in einem Gen, so spricht man von Compound Heterozygotie. Beispiele für autosomal-rezessive Erbgänge sind Mukoviszidose, Albinismus und Phenylketonurie (PKU) (Defekt der Phenylalaninhydroxylase).

Ursachen für scheinbare Abweichungen autosomal rezessiver Vererbung sind Pseudodominanz, Heterogenie, Isodisomie und das Nichteinrechnen von Heterozygoten mit gesunden Kindern. Typische Beispiele sind:

Autosomal-dominante Erbgänge

Der autosomal-dominante Erbgang

Hier führt bereits ein verändertes Allel (Allele sind die einander jeweils und gleichzeitig gegensätzlich entsprechenden Gene eines diploiden Chromosomensatzes) auf einem der beiden homologen Chromosomen zur Merkmalsausprägung. Die genetische Information liegt auf einem der 44 Autosomen vor und wird unabhängig vom Geschlecht vererbt. Frauen und Männer sind also gleichermaßen betroffen. Der Phänotyp tritt in jeder Generation auf. Beispiele sind:

Gonosomale Erbgänge

Gonosomale Erbkrankheiten, also solche, bei denen die Veränderung die Geschlechtschromosomen X bzw. Y betrifft, liegen in den meisten Fällen auf dem X-Chromosom, da das Y-Chromosom weniger Gene enthält. Das X-Chromosom hat 155 Megabasen, das Y-Chromosom 59 Megabasen[2] Am Beispiel der X-chromosomalen Vererbung werden folgende Besonderheiten deutlich:

X-chromosomal-rezessiv

Mädchen/Frauen sind nur betroffen, wenn beide X-Chromosomen geschädigt sind, ansonsten sind sie nur Anlageträger (Konduktoren), d. h., sie können das veränderte X-Chromosom an ihre Kinder weitervererben, bilden selbst aber keinen entsprechenden Phänotyp aus. Mädchen/Frauen können vielfach die Veränderung auf einem X-Chromosom durch ihr zweites X-Chromosom ausgleichen, wenn es nicht verändert ist. Jungen/Männer sind dann betroffen, wenn sie das eine veränderte X-Chromosom von der phänotypisch gesunden Mutter, oder eines von beiden veränderten X-Chromosomen einer phänotypisch erkrankten Mutter vererbt bekommen, da Jungen/Männer ja ein X-Chromosom auf jeden Fall von der Mutter bekommen und auch nur dieses eine besitzen. Phänotypisch sind Jungen/Männer also häufiger betroffen, da Mädchen/Frauen den Defekt durch das andere X-Chromosom ausgleichen. Beispiele sind Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel (G-6-PD-Mangel), Hämophilie A und B (Bluterkrankheit), Lesch-Nyhan-Syndrom, Morbus Fabry, Mukopolysaccharidose Typ II, Muskeldystrophie (Typ Duchenne, Typ Becker-Kiener), Norrie-Syndrom, Retinitis pigmentosa, Rot-Grün-Blindheit, Septische Granulomatose, X-SCID (severe combined immune deficiency) und Ornithin-Transcarbamylase (OTC)-Mangel[3] (Harnstoffzyklusdefekt)

X-chromosomal-dominant

Jungen/Männer sind zu 50 % betroffen, wenn ihre Mutter Trägerin eines kranken X-Chromosoms ist. Trägt eine Mutter dagegen 2 kranke X-Chromosomen, so sind alle Kinder betroffen. Mädchen/Frauen sind insgesamt häufiger betroffen, da die Wahrscheinlichkeit, ein verändertes X-Chromosom zu erhalten, bei zwei X-Chromosomen (eins vom Vater, eins von der Mutter) höher ist als bei Jungen/Männern (Eines von der Mutter). Beispiele sind Familiäre phosphatämische Rachitis (auch idiopathisches Debré-de-Toni-Fanconi-Syndrom oder Vitamin-D-resistente Rachitis genannt), Rett-Syndrom und Oro-fazio-digitales Syndrom Typ 1.

Mitochondriale bzw. Extrachromosomale Erbgänge

Etwa 0,1 Prozent der DNA einer menschlichen Zelle befinden sich nicht im Zellkern, sondern in den Mitochondrien. Da Eizellen im Gegensatz zu Spermien mehrere hunderttausend Mitochondrien besitzen, werden Mutationen in der Mitochondrien-DNA nur mütterlicherseits vererbt. Gleiches gilt für die Chloroplasten photosynthetisch aktiver Organismen.

Siehe auch Extrachromosomale Vererbung

Diagnose und Behandlung

Bei Verdacht auf eine Erbkrankheit kann eine humangenetische Untersuchung Klarheit verschaffen. Dabei werden die Chromosomen auf zahlenmäßige und strukturelle Veränderungen überprüft. Besteht dringender Verdacht auf einen bestimmten genetischen Defekt ist auch eine weitergehende, aufwändige Untersuchung einzelner Genkonstellationen möglich. Die Ergebnisse können dann bei der Risikoabschätzung bzgl. einer Vererbung hilfreich sein.

Therapeutisch kann bei einer vorliegenden Besonderheit des Erbguts mit den heutigen medizinischen Möglichkeiten nicht auf die Ursachen eingewirkt werden. Es werden daher meist Ratschläge in Bezug auf die Lebensweise, Aufklärung über Risikofaktoren und symptomatische Maßnahmen getroffen. Dies sind dann individuelle Entscheidungen, zumal es sich nicht immer um eine Krankheit, sondern oft um eine Disposition handelt.

Geschichte

Der erst seit dem 20. Jahrhundert in der Bedeutung genetische Krankheit verwendete Begriff der Erbkrankheit[4] wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch häufig falsch verwendet, unter anderem für angebliche „Krankheiten“ wie „kriminelle Neigung“ oder „Asozialität“.[5] Dieses Denken beeinflusste Sterilisations-Programme und den Euthanasie-Gedanken und fand seine extreme Ausprägung im deutschen Nationalsozialismus, war aber zum damaligen Zeitpunkt auch in vielen anderen Ländern wie den USA, England und Frankreich vorhanden. Heute werden nur noch solche Krankheiten als Erbkrankheiten bezeichnet, die möglichst klar abgrenzbar sind und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf Gendefekte zurückgehen.

Sonstige Erbkrankheiten und Besonderheiten

Genetisch bedingte Disposition

Diverse Erkrankungen, Behinderungen und Besonderheiten sind nicht im Sinne einer klassischen Erbkrankheit erblich, sondern ihr Auftreten kann durch eine (mitunter familiäre) genetische Erkrankungsdisposition (Veranlagung, Anfälligkeit) bedingt sein. Hierzu zählen z. B.:

Siehe auch

Weblinks

 Wikibooks: Klinische Humangenetik – Lern- und Lehrmaterialien
 Wiktionary: Erbkrankheit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Ulrich Weber: Biologie Oberstufe. Gesamtband. Cornelsen, Berlin 2001, ISBN 3-464-04279-0, S. 180–182.
  2. Ensembl Datenbank, abgerufen am 11. Februar 2017.
  3. J. E. Wraith: Ornithine carbamoyltransferase deficiency. In: Archives of Disease in Childhood. Januar 2001, Band 84, Nr. 1, S. 84–88: Review. PMID 11124797.
  4. Werner Sohn: Erbkrankheiten. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 366 f.; hier: S. 366.
  5. Wolfgang Ayaß: „Asozialer Nachwuchs ist für die Volksgemeinschaft vollkommen unerwünscht“. Die Zwangssterilisationen von sozialen Außenseitern. In: Margret Hamm (Hrsg.): Lebensunwert - zerstörte Leben. Zwangssterilisation und „Euthanasie“. Verlag für akademische Schriften (VAS), Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-88864-391-0, S. 111–119.
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