Blutversorgung des Gehirns und Kategorie:Nationalismus: Unterschied zwischen den Seiten

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Diese Kategorie enthält Unterkategorien und Artikel zum Thema [[Nationalismus]].
[[Datei:Human brainstem blood supply.JPG|mini|Präparat des Gehirns mit den ''Arteriae vertebrales'', der ''Arteria basilaris'', den Kleinhirnarterien und einem vollständigen Circulus arteriosus beim Menschen (Perspektive wie bei der Abbildung oben)]]
Die '''Blutversorgung des Gehirns''' ist der Teil des [[Blutkreislauf]]es, der dem [[Gehirn]] [[Sauerstoff]], [[Glucose]] und andere Nährstoffe zuführt und Stoffwechselprodukte sowie [[Kohlenstoffdioxid]] abtransportiert. Sie unterliegt einigen [[Anatomie|anatomischen]] und [[Physiologie|physiologischen]] Besonderheiten. Grund hierfür ist, dass das Organ Gehirn einen sehr hohen basalen [[Stoffwechsel]] aufweist – das menschliche Gehirn beansprucht bereits in Ruhe ein Fünftel des gesamten Sauerstoffbedarfs des Körpers. Außerdem sind [[Nervenzelle]]n anders als andere Körperzellen nicht in der Lage, ihren Energiebedarf in ausreichendem Maße ohne Sauerstoff, also [[Anaerobie|anaerob]], zu decken. Zur Sicherung der kontinuierlichen Sauerstoff- und Substratversorgung gibt es daher mehrere Sicherheitssysteme.


Vier große Schlagadern versorgen das Gehirn des [[Mensch]]en und der meisten [[Säugetiere]] mit sauerstoffreichem Blut (alte Bezeichnung: „arterielles Blut“). Je zwei liegen auf jeder Seite des [[Hals]]es, vorn die [[Arteria carotis interna|inneren Halsschlagadern]] ''(Arteriae carotides internae)'' und hinten die [[Arteria vertebralis|Wirbelarterien]] ''(Arteriae vertebrales)''. Das Blut fließt nach der Passage des Gehirns über besondere [[Sinus durae matris|venöse Hirnblutleiter]] ''(Sinus durae matris)'' ab, die gegenüber den [[Vene]]n einige Besonderheiten aufweisen.
'''{{WikipediaDE|Kategorie:Nationalismus}}'''


== Grundlagen ==
[[Kategorie:Nationalismus|!]]  
Das Blutvolumen je 100&nbsp;ml Hirnsubstanz liegt in Ruhe bei knapp 4&nbsp;ml. Der normale Blutfluss im [[Hirngewebe]] beträgt beim Menschen zwischen 40 und 50&nbsp;ml [[Blut]] pro 100&nbsp;g Gewebe pro Minute.<ref>H. Ito, I. Kanno, H. Fukuda: ''Human cerebral circulation: positron emission tomography studies.'' In: ''Annals of nuclear medicine.'' Band 19, Nummer 2, April 2005, S.&nbsp;65–74, {{ISSN|0914-7187}}. PMID 15909484.</ref> In der [[Graue Substanz|grauen Substanz]] ist er deutlich höher (90&nbsp;ml/100&nbsp;g/min) als in der [[Weiße Substanz|weißen Substanz]] (25&nbsp;ml/100&nbsp;g/min).<ref>[[Otto Detlev Creutzfeldt]]: ''Allgemeine Neurophysiologie der Hirnrinde.'' In: Otto Detlev Creutzfeldt (Hrsg.): ''Cortex cerebri.'' Springer Verlag, Berlin 1983, ISBN 3-540-12193-5.</ref> Ein Abfall der Durchblutungsrate auf die Hälfte kann noch ohne weiteres kompensiert werden (unter anderem durch höhere Sauerstoffausschöpfung). Ein Abfall unter 20&nbsp;ml/100&nbsp;g/min führt jedoch zu zunächst reversiblen Ausfallerscheinungen. Wenn die Durchblutungsrate auf weniger als 15&nbsp;ml/100&nbsp;g/min sinkt, tritt binnen einiger Minuten bis einiger Stunden ein allmählicher [[Nekrose|Zelluntergang]] ein. Weniger als 10&nbsp;ml/100&nbsp;g/min werden von den Nervenzellen nicht toleriert – es kommt binnen acht bis zehn Minuten zum endgültigen Zelluntergang.<ref>Klaus Poeck, Werner Hacke: ''Neurologie.'' 10. vollständig überarbeitete Auflage. Springer, Berlin 1998, ISBN 3-540-63028-7.</ref>
[[Kategorie:Politische Bewegung]]
 
[[Kategorie:Ideologie]]
== Anatomie ==
[[Kategorie:Politik]]
Im Folgenden wird – wenn nicht explizit anders benannt – die anatomische Situation beim Menschen beschrieben.
: ''Für den prinzipiellen Aufbau des Kreislaufsystems siehe Hauptartikel: [[Blutkreislauf]] und [[Blut]]''
 
=== Zuflüsse ===
[[Datei:HirnversorgendeArterien.jpg|mini|Hirnversorgende Arterien: Halsschlagader (vorne) und Wirbelschlagader (hinten)]]
Es ist üblich, bei den Zuflüssen einen vorderen und einen hinteren Kreislauf zu unterscheiden, auch wenn es Verbindungen zwischen beiden gibt, sogenannte [[Anastomose]]n.
 
==== Vorderer Kreislauf ====
Den Hauptbeitrag zum arteriellen Zustrom tragen die rechte und linke [[Arteria carotis interna|innere Halsschlagader]] (''Arteria carotis interna dextra et sinistra''), die aus der [[Arteria carotis communis|gemeinsamen Halsschlagader]] (''Arteria carotis communis dextra et sinistra'') jeder Halsseite entspringen. Die Halsschlagader wiederum ist einer der großen Abgänge aus dem [[Aortenbogen]]. Ihr [[Puls]] kann leicht vor dem Kopfwendermuskel (''[[Musculus sternocleidomastoideus]]'') getastet werden.
 
Nach dem Eintritt in den Schädel durch den ''Canalis caroticus'' zweigt aus der ''Arteria carotis interna'' jeder Seite ein Gefäß zum [[Auge]] (''[[Arteria ophthalmica]]'') ab. Nach Abgabe weiterer kleinerer Äste teilt sie sich in die Hauptstämme des vorderen Kreislaufs, die [[Arteria cerebri media|mittlere Hirnarterie]] (''Arteria cerebri media'') und die [[Arteria cerebri anterior|vordere Hirnarterie]] (''Arteria cerebri anterior'', bei Tieren als ''Arteria cerebri rostralis'' bezeichnet). Erstere versorgt die seitlichen (''lateralen''), letztere die der Mitte zugewandten (''medialen'') Teile der jeweiligen Großhirnhemisphäre mit Ausnahme von Teilen des [[Temporallappen]]s und des gesamten [[Occipitallappen]]s, die vom hinteren Kreislauf gespeist werden. Die tiefen Kerngebiete ([[Basalganglien]], [[Thalamus]]) haben eine gemischte Versorgung. Die beiden vorderen Hirnarterien sind durch die sehr kurze ''[[Arteria communicans anterior]]'' miteinander verbunden.
 
Anders ist die Situation bei [[Wiederkäuer]]n: Hier verschließt sich der außerhalb der [[Schädel]]höhle liegende Abschnitt der ''Arteria carotis interna'' nach der [[Geburt]] und nur der innerhalb des Schädels liegende Teil bleibt offen. Dieser bekommt dann sekundär seine Blutzufuhr aus der [[Arteria maxillaris|Oberkieferarterie]] (''Arteria maxillaris''). Im Mündungsbereich dieser zuführenden Äste bildet sich ein feines, weitverzweigtes Netz aus kleineren Gefäßen aus, das die Anatomen [[Wundernetz]] (''Rete mirabile'') nennen. Auch bei ausgewachsenen Katzen verschließt sich der außerhalb der [[Schädelhöhle]] befindliche Teil der inneren Halsschlagader. Hier bildet die Oberkieferarterie selbst ein Wundernetz (''Rete mirabile arteriae maxillaris'') von dem mehrere Äste (''Rami retis'') durch die [[Fissura orbitalis]] in die Schädelhöhle ziehen und die Blutzufuhr zum vorderen Kreislauf übernehmen.<ref>U. Gille: ''Herz-Kreislauf- und Abwehrsystem, Angiologia.'' In: Franz-Victor Salomon, H. Geyer, U. Gille: ''Anatomie für die Tiermedizin''. Enke, Stuttgart 2004, ISBN 3-8304-1007-7.</ref>
 
==== Hinterer Kreislauf ====
Die rechte und linke [[Arteria vertebralis|Wirbelarterie]] (''Arteria vertebralis dextra et sinistra''), die aus den [[Arteria subclavia|Schlüsselbein-Schlagadern]] (''Arteria subclavia'') entspringen und entlang der [[Halswirbelsäule]] verlaufen, haben einen geringeren Durchmesser als die Halsschlagadern. Sie treten dabei durch Öffnungen der [[Querfortsatz|Querfortsätze]] der oberen sechs [[Halswirbel]]. Die beiden Wirbelarterien gelangen durch das ''[[Foramen magnum]]'' in die Schädelhöhle und vereinigen sich auf Höhe der kaudalen [[Pons|Brücke]] zur unpaaren ''[[Arteria basilaris]]''.
 
Die Wirbelarterien in ihren Endsegmenten und die ''Arteria basilaris'' entsenden Äste zum [[Hirnstamm]] und [[Kleinhirn]] (''[[Arteria cerebelli inferior posterior|A. cerebelli inferior posterior]]'', ''[[Arteria cerebelli inferior anterior|A. cerebelli inferior anterior]]'', ''[[Arteria cerebelli superior|A. cerebelli superior]]''). Oberhalb der Brücke teilt sich die Arteria basilaris abermals und wird zu den beiden [[Arteria cerebri posterior|hinteren Hirnarterien]], die sich in die ''Arteriae occipitales medialis'' bzw. ''lateralis'' teilen und die hinteren Bezirke des [[Telencephalon|Großhirns]] sowie Teile des [[Zwischenhirn]]s versorgen. Eine individuell unterschiedlich stark angelegte ''[[Arteria communicans posterior]]'' verbindet die hintere Hirnarterie jeder Seite mit der inneren Halsschlagader.
 
{| border="0" cellspacing="20"
|[[Datei:Gray's Anatomy plate 517 brain.png|links|200px|Aufsicht auf die linke Hemisphäre von lateral]]
|[[Datei:Gray518.png|links|200px|Aufsicht auf die linke Hemisphäre von medial]]
|<br /><u>Versorgungsgebiete der [[Großhirnrinde]]:</u><br />
''[[Arteria cerebri anterior]]'' (blau unterlegt)<br />
''[[Arteria cerebri media]]'' (rot)<br />
''[[Arteria cerebri posterior]]'' (gelb)
|}
 
==== Varietäten ====
Etwa ein Drittel der Normalbevölkerung zeigt Abweichungen im individuellen Verlauf der beschriebenen Gefäße von diesem „Lehrbuchfall“: Sehr häufig sind eine oder mehrere ''Aa. communicantes'' [[Hypoplasie|hypoplastisch]]. Auch der Stamm der ''A. cerebri anterior'' kann hypoplastisch sein, in dem Fall übernimmt das Gefäß der Gegenseite über die ''A. communicans anterior'' die Versorgung.<ref>B. Hillen: ''The variability of the circulus arteriosus (Willisii): order or anarchy?'' In: ''[[Acta Anatomica]]'' Band 129, Nummer 1, 1987, S.&nbsp;74–80, {{ISSN|0001-5180}}. PMID 3618101.</ref> Als embryonaler Versorgungstyp wird der ein- oder beidseitige Abgang der ''A. cerebri posterior'' aus dem Karotisgebiet bezeichnet, wobei dann die ''A. communicans posterior'' dessen erste Strecke bildet und das Gefäßbett des Großhirns im letzteren Fall vollständig über den vorderen Kreislauf gespeist wird. Viele Personen haben eine einseitig schwach oder gar nicht angelegte Wirbelarterie.
 
Diese Varianten sind an sich ohne Krankheitswert und werden beim Gesunden voll kompensiert, können aber im Einzelfall ein Risikofaktor für den Schlaganfall sein.<ref>Y. M. Chuang et al.: ''Toward a further elucidation: role of vertebral artery hypoplasia in acute ischemic stroke.'' In: ''European neurology.'' Band 55, Nummer 4, 2006, S.&nbsp;193–197, {{ISSN|0014-3022}}. {{DOI|10.1159/000093868}}. PMID 16772715.</ref> Selten kommen auch zusätzliche Gefäße vor, wie eine ''Arteria cerebri media accessoria''<ref>A. Abanou et al.: ''The accessory middle cerebral artery (AMCA). Diagnostic and therapeutic consequences.'' In: ''Anatomia clinica.'' Band 6, Nummer 4, 1984, S.&nbsp;305–309, {{ISSN|0343-6098}}. PMID 6525305.</ref> oder Überbleibsel embryonaler Anastomosen, zum Beispiel als ''Arteria trigeminalis''.
 
[[Datei:Circulus arteriosus schaf.jpg|mini|Circulus arteriosus beim Schaf ([[Korrosionspräparat]])]]
 
==== Verbindungen zwischen vorderem und hinterem Kreislauf ====
Die ''Arteria communicans anterior'', der erste Abschnitt der ''Arteria cerebri anterior'', ein kurzer Abschnitt der ''Arteria carotis interna'', die ''Arteria communicans posterior'' und das erste Teilstück der ''Arteria cerebri posterior'' bilden, beide Seiten zusammen betrachtet, eine ringförmige Verbindung unter der Hirnbasis aus (''[[Circulus arteriosus cerebri]] [[Thomas Willis|Willisi]]''). Dieser Gefäßring stellt ein [[Anastomose]]nsystem dar, das die Stromgebiete der ''Arteriae carotides internae'' und der ''Arteria basilaris'' anatomisch, aber funktionell nicht immer ausreichend miteinander verbindet. Grundsätzlich (das heißt bei ausreichender Adaptationszeit) kann er jedoch ermöglichen, dass ein einziges Hauptgefäß die gesamte Durchblutung des Gehirns aufrechterhält.
 
=== Kapillarbett ===
Die [[Kapillare (Anatomie)|Kapillaren]] des Gehirns bilden dadurch, dass die [[Endothel]]zellen mit ''[[tight junction]]s'' fest miteinander verbunden sind, eine für größere Moleküle undurchlässige (impermeable) Barriere, die [[Blut-Hirn-Schranke]]. Zu dieser tragen in geringerem Umfang auch die [[Basalmembran]] und der lückenlose Besatz der Kapillaren mit [[Astrozyt]]en<nowiki></nowiki>ausläufern bei. Die Blut-Hirn-Schranke schützt das Gehirn vor potenziell schädlichen, im Blut zirkulierenden Substanzen.
 
Die Kapillardichte ist in den einzelnen Regionen des Gehirns unterschiedlich und entspricht in der Regel ziemlich genau der mittleren Stoffwechselaktivität des jeweiligen Gebietes. Anders als im sonstigen Körper sind die Haargefäße des Gehirns immer komplett geflutet; eine Reservekapazität besteht nicht.<ref>W. Kuschinsky: ''Capillary perfusion in the brain.'' In: ''[[Pflügers Archiv – European Journal of Physiology]].'' Band 432, Nummer 3 Suppl, 1996, S.&nbsp;R42–R46, {{ISSN|0031-6768}}. PMID 8994541.</ref>
 
=== Abflüsse ===
[[Datei:Gray sinusvenen.jpg|mini|Die venösen Sinus]]
Das Gehirn besitzt kleine [[Venole]]n und [[Vene]]n wie andere Organe auch, die jedoch unabhängig von den Arterien verlaufen. Sie werden in eine tiefe (''Venae profundae cerebri'') und eine oberflächliche (''Venae superficiales cerebri'') Gruppe unterteilt. Die größte Hirnvene ist die nur etwa 1&nbsp;cm lange ''[[Vena magna cerebri]]'' (''[[Galenos|Galeni]]'') unter dem ''Splenium'' des [[Corpus callosum|Balkens]]. Das sauerstoffarme Blut wird in anatomisch besonders gebauten Hirnblutleitern, den ''[[Sinus durae matris]]'' gesammelt: Dabei handelt es sich um Duplikaturen der [[Dura mater|harten Hirnhaut]], die auf der Innenseite mit [[Endothel]] ausgekleidet sind. Die ''Sinus'' bilden ein miteinander verbundenes System und münden schließlich in die [[Vena jugularis interna|inneren Drosselvenen]].
 
== Embryonale Entwicklung ==
[[Datei:Gray474.png|mini|Die Abkunft einzelner Gefäßstrecken aus den embryonalen Kiemenbogenarterien (hier lateinisch durchnummeriert)]]
[[Embryonalentwicklung|Embryonal]] entstehen zunächst die paarige ''[[Aorta dorsalis]]'' und die ebenfalls paarige ''[[Aorta ventralis]]'', die durch sechs [[Kiemenbogen#Kiemenbogen|Kiemenbogenarterien]] miteinander verbunden sind. In der weiteren Entwicklung werden einzelne Gefäßabschnitte zurückgebildet, andere verstärken sich deutlich. So bildet die linke vierte Kiemenbogenarterie den [[Aortenbogen]], die ventrale Aorta zwischen dritter und vierter Kiemenbogenarterie die ''Arteria carotis communis'', weiter rostal die ''Arteria carotis externa'' und ihre Äste. Die dritte Kiemenbogenarterie wird zum ersten Abschnitt der ''Arteria carotis interna'', die sich in der dorsalen Aorta fortsetzt. Der Abschnitt der ''Aorta dorsalis'' zwischen dritter und vierter Kiemenbogenarterie hingegen wird zurückgebildet (siehe nebenstehende Abbildung). Die primitive ''Arteria carotis interna'' teilt sich an der Anlage des späteren Gehirns in einen kranialen und einen kaudalen Ast. Ersterer bildet zunächst um die 4. Embryonalwoche die ''Arteria cerebri anterior'' und die ''[[Arteria choroidea anterior]]'', erst um die 9. Woche entsteht aus einem von mehreren Seitenästen die später viel stärkere ''Arteria cerebri media''. Der kaudale Ast entsendet segmentale Arterien zum [[Neuralrohr]], aus denen sich unter anderem die Kleinhirnarterien ableiten. Um die 7. Embryonalwoche entsteht aus diesem Ast auch die ''Arteria cerebri posterior''. Etwa um dieselbe Zeit verschmelzen die beiden Abschnitte des kaudalen Astes vor dem Hirnstamm und bilden die unpaare ''Arteria basilaris''. Die Wirbelarterien bilden sich aus der Fusion von kleineren longitudinalen (in Körperlängsrichtung liegenden) Anastomosen zwischen den primitiven segmentalen Arterien der Halsregion. Sie gewinnen eine Verbindung zu der frühen ''Arteria basilaris''. Um die 9. Woche kehrt sich die Flussrichtung in der Basilararterie bis zur Höhe der ''Arteria cerebri posterior'' um, so dass sie mit allen Tochtergefäßen nun hämodynamisch zur hinteren Strombahn gehört. Ganz zuletzt bildet sich die ''Arteria communicans anterior'' durch partielle Fusion der ''Arteriae cerebri anteriores''.
 
== Physiologie ==
[[Datei:Cerebrovascular autoregulation.svg|mini|links|Druck-Fluss-Kurve: Im grau hinterlegten Bereich (arterieller Mitteldruck) bleibt der zerebrale Blutfluss nahezu konstant]]
Eines der „Sicherheitssysteme“ zum Schutz vor zu geringer, aber auch zu hoher Perfusion ist die Autoregulation der Hirndurchblutung. Die [[Widerstandsgefäß]]e halten den effektiven [[Blutdruck]] im Gehirn (den sogenannten Perfusionsdruck, der sich aus der Differenz zwischen dem systemischen Blutdruck und dem [[Hirndruck|intrakraniellen Druck]] ergibt) durch verschiedene komplex zusammenspielende Steuerungsmechanismen nahezu konstant, während der systemische Blutdruck zwischen 50 und 170&nbsp;mmHg schwanken kann. Zu diesen gehören der [[Bayliss-Effekt]], die Regulation durch die [[Sympathicus|sympathische]] und [[Parasympathicus|parasympathische]] Innervation der größeren Gefäße und direkt auf die [[Myozyt]]en der [[Glatte Muskulatur|Glatten Muskulatur]] wirkende [[endokrin]]e und chemische Faktoren ([[pH-Wert]], [[Adenosin]], [[Kalium]] und weitere). Die Grenzen dieser Anpassung verschieben sich bei dauerhaftem [[Arterielle Hypertonie|Bluthochdruck]] nach oben; durch langbestehenden, schlecht eingestellten [[Diabetes mellitus]] kann das Autoregulationsvermögen insgesamt gestört sein.<ref>{{Literatur |Autor=L. Edvinsson, E.T. MacKenzie, J. McCulloch |Titel=Cerebral Blood Flow and Metabolism |Verlag=Raven |Ort=New York |Jahr=1993 |ISBN=0-88167-918-6}}</ref>
 
Gehirnareale mit gesteigerter neuronaler Aktivität werden stärker durchblutet.<ref>L. Sokoloff: ''Relationships among local functional activity, energy metabolism, and blood flow in the central nervous system.'' In: ''Federation proceedings.'' Band 40, Nummer 8, Juni 1981, S.&nbsp;2311–2316, {{ISSN|0014-9446}}. PMID 7238911.</ref> Die Mechanismen dieses als ''reaktive Hyperämie'' oder ''[[neurovaskuläre Kopplung]]'' bezeichneten Phänomens beinhalten die Reaktion der Widerstandsgefäße auf den lokalen [[Kohlenstoffdioxid|Kohlendioxid]][[partialdruck]], weitere vasoaktive Faktoren und die neurogene Steuerung des Vasotonus,<ref>W. Kuschinsky, M. Wahl: ''Local chemical and neurogenic regulation of cerebral vascular resistance.'' In: ''[[Physiological Reviews]].'' Band 58, Nummer 3, Juli 1978, S.&nbsp;656–689, {{ISSN|0031-9333}}. PMID 28540.</ref> sind im Einzelnen aber noch nicht völlig geklärt.
 
== Mess- und Darstellungsmethoden ==
Die hirnversorgenden Gefäße können mit [[Bildgebendes Verfahren (Medizin)|bildgebenden Verfahren]], insbesondere mit der [[Angiografie]] dargestellt werden. Für die [[digitale Subtraktionsangiographie]] wird ein strahlendichtes Kontrastmittel appliziert; während der [[Durchleuchtung]] mit [[Röntgenstrahlung|Röntgenstrahlen]] werden die Skelettanteile herausgerechnet. Somit bilden sich nur die kontrastmitteldurchströmten Gefäße ab.
 
Eine neuere Methode ist die dreidimensionale Rekonstruktion von [[Magnetresonanztomographie]]-Aufnahmen nach [[Kontrastmittel]]gabe ([[Magnetresonanzangiographie|MR-Angiographie]]). Diese verdrängt zunehmend die invasive Angiographie. Es existieren daneben qualitativ unterlegene MR-Sequenzen zur Gefäßbildgebung ohne Kontrastmittel (Time-of-flight-Magnetresonanzangiographie). Genauso ist auch mit der [[Computertomographie]] nach Kontrastmittelgabe eine Gefäßdarstellung möglich. Umschriebene Änderungen der Mikrozirkulation sind mit [[Positronen-Emissions-Tomographie]], [[Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie|SPECT]] und mit einem speziellen (sauerstoffsättigungsgewichtetem) [[Funktionelle Magnetresonanztomografie|MR-Signal]] ([[BOLD-Kontrast]]) darstellbar. [[Spektroskopie|Optische Methoden]] stützen sich auf die Messung der Konzentrationsänderungen von [[Hämoglobin]]. Mit ihnen können nur oberflächennahe Blutflussänderungen gemessen werden.
 
Die [[Sonografie|extracranielle Doppler- und Duplexsonographie]] erlaubt die Beurteilung von Gefäßquerschnitten, Wandveränderungen und Flusseigenschaften in den großen extracraniellen (außerhalb des Schädels gelegenen) Gefäße. Mittels [[Sonografie|transcranieller Doppler- und Duplexsonographie]] ist beim Erwachsenen am temporalen „Knochenfenster“ sowie transorbital (durch die Augenhöhle) und transnuchal (über den Nacken) die Messung von Flussgeschwindigkeiten und -profilen ausgewählter intracranieller Gefäße durch die [[Schädel]]kalotte beziehungsweise das ''[[Foramen magnum]]'' hindurch möglich. Im Säuglingsalter ist dies deutlich einfacher und durch die [[Fontanelle]] hindurch können die Blutflussparameter bis in die ''Arteriae cerebri anteriores'' hinein problemlos untersucht werden.
 
<gallery>
Datei:Cerebral angiography, arteria vertebralis sinister injection.JPG|Subtraktionsangiographische Darstellung der vertebrobasilären Hirngefäße
Datei:Mr cranial sinusvene.jpg|MR-Angiographie der venösen Strombahnen
Datei:Fmrtuebersicht.jpg|Funktionelle MRT – stärker durchblutete Areale eingefärbt
Datei:SpectralDopplerA.jpg|Farbkodierte Duplexsonographie der ''Arteria carotis communis'' – unten die Dopplerkurve
</gallery>
 
== Pathologie ==
=== Ischämischer Schlaganfall ===
[[Datei:MCAO-sheep.jpg|mini|Gehirn eines Schafes mit Verschluss der [[Arteria cerebri media]], deren Verzweigungen noch als blutleere weiße Stränge erkennbar sind]]
{{Hauptartikel|Ischämischer Schlaganfall}}
 
Ein plötzlicher Verschluss eines der oben beschriebenen Gefäße führt in aller Regel zum Schlaganfall, dem schnellen Absterben von Gehirngewebe im jeweiligen Gebiet. Die jeweiligen Ausfälle (neurologische Defizite) können sehr unterschiedlich ausfallen, von diskreten, fast völlig unbemerkten Ausfallerscheinungen bis hin zur Bewusstlosigkeit und zum Tod. Je nach Dauer der Unterbrechung der Blutversorgung und nach Reversibilität der Symptome wird die ''[[Transitorische ischämische Attacke]]'' (TIA) vom vollständigen Infarkt unterschieden. Bei Verschlüssen im vorderen Kreislauf dominieren [[Halbseitenlähmung]]en, [[Aphasie]]n (Sprachstörungen) und [[Hypästhesie|Sensibilitätsstörungen]], im hinteren Kreislauf hingegen [[Hemianopsie|Gesichtsfeldausfälle]], [[Vertigo|Schwindel]], [[Ataxie]] (Koordinationsstörung) und Bewusstseinsstörungen. Ursache von ischämischen Infarkten sind in der Regel entweder [[Arteriosklerose|arteriosklerotische]] Verengungen der großen zuführenden Gefäße mit späterer [[Arteriosklerose#Die Lipoprotein-induced-atherosclerosis-Hypothese|Plaqueruptur]] und [[Thrombose|Thrombosierung]] oder die Einschwemmung von Blutgerinnseln ([[Embolie]]), die vor allem bei [[Vorhofflimmern]] vorkommen kann.
 
=== Blutung ===
{{Hauptartikel|Intrazerebrale Blutung}}
 
Ein anderes Problem ergibt sich, wenn Blutgefäße zerreißen und Blutungen auftreten. Auch hier ist je nach Lokalisation und Ausmaß der [[Hämorrhagie|Blutung]] ein weites Spektrum von Symptomen möglich. Auch extrem hoher [[Blutdruck]] kann – besonders bei vorgeschädigten Gefäßen – zur Einblutung in das Hirngewebe führen.
 
Traumatisch bedingte Blutungen betreffen meist den [[Subduralhämatom|Subdural-]] oder [[Epidurales Hämatom|Epiduralraum]]. Viele Menschen sind Träger von kleinen [[Aneurysma]]ta an den Gefäßen der Hirnbasis, ohne je davon zu merken. Die plötzliche [[Ruptur]] führt zu dem hochakuten Bild der [[Subarachnoidalblutung]].
 
=== Abflussstörung ===
Auch der Abfluss des Blutes kann gestört sein. Leitsymptome dieser eher chronisch verlaufenden Erkrankungen sind [[Kopfschmerz]]en, [[Antriebsschwäche]], [[Epilepsie|Krampfanfälle]] und [[Sehstörung]]en. Zu dieser Gruppe von Störungen gehören die [[Sinusthrombose]], die [[Hirnvenenthrombose]] und nach Ansicht mancher Autoren auch der [[Pseudotumor cerebri]].
 
=== Kreislaufversagen ===
Fällt die gesamte Blutzufuhr (zum Beispiel beim [[Herzstillstand]]) aus, so tritt im Gehirn ein allgemeiner Sauerstoffmangel, die sogenannte Globalhypoxie, auf. So kommt es nach etwa zehn Sekunden zur [[Bewusstlosigkeit]]. Bereits nach zwei- bis dreiminütigem Ausfall beginnt Gehirngewebe abzusterben, nach circa zehn Minuten tritt der [[Hirntod]] ein. Wenn die Stoffwechselprozesse stark verlangsamt sind (Unterkühlung, bestimmte Vergiftungen), kann das Gehirn unter Umständen auch deutlich längere [[Ischämie]]zeiten überstehen.
 
Eine kurzzeitige Minderdurchblutung des gesamten Gehirns mit entsprechend vorübergehendem Bewusstseinsverlust wird als [[Synkope (Medizin)|Synkope]] bezeichnet. Ihr liegt beispielsweise eine [[Herzrhythmusstörung]] zugrunde.
 
=== Gefäßmissbildungen ===
Fehlbildungen von cerebralen Gefäßen sind zumeist angeboren. Sie kommen an unterschiedlichen Orten vor und erreichen mitunter extreme Ausmaße. Dementsprechend sind auch ganz verschiedene Symptome möglich. Neben arteriovenösen [[Shunt (Medizin)|Shunts]] sind [[Kavernom]]e, [[Hämangiom]]e und [[Fistel]]n mit dem Sinussystem bekannt. Häufig treten Gefäßfehlbildungen bei [[Phakomatose]]n auf.
 
== Geschichte ==
Die ersten schriftlich überlieferten Mutmaßungen zur Blutversorgung des Gehirns mit Beschreibung der Hauptgefäße gehen auf den griechischen Arzt und Anatom [[Galenos|Galenus von Pergamon]] (1. Jahrhundert n. Chr.) zurück. Er zog seine Erkenntnisse jedoch überwiegend aus der [[Obduktion|Sektion]] von Tieren und übertrug die anatomischen Verhältnisse oft ungeprüft auf den Menschen. So beschrieb er ein ''[[Wundernetz|Rete mirabile]]'' fälschlicherweise auch beim Menschen. In der Spätantike und im Mittelalter galt Galen als unanfechtbare Autorität, so dass die meisten seiner Irrtümer erst in der frühen Neuzeit, als die Präparation menschlicher Leichen an Universitäten durchgeführt wurde, korrigiert werden konnten. Während [[Niccolò Massa]] – wohl aus Respekt vor Galen – das Wundernetz ebenfalls beim Menschen beobachtet zu haben behauptete, widersprachen dem seine Zeitgenossen [[Jacopo Berengario da Carpi]] und [[Andreas Vesalius]]. Die grundlegenden anatomischen Erkenntnisse sind jedoch zwei englischen Ärzten zu verdanken. [[William Harvey]] erkannte 1628 den wahren Charakter des Blutstromes als Kreislauf. Die erste detaillierte und zutreffende Beschreibung der Gefäße des menschlichen Gehirns und des ''Circulus arteriosus'' lieferte [[Thomas Willis]] wenig später.
 
==Siehe auch==
* {{WikipediaDE|Blutversorgung des Gehirns}}
* {{WikipediaDE|Zerebraler Blutfluss}}
 
== Literatur ==
* L. Edvinsson, E.T. MacKenzie, J. McCulloch: ''Cerebral blood flow and metabolism''. Raven, New York 1993, ISBN 0-88167-918-6.
* Karl Zilles, Gerd Rehkämper: ''Funktionelle Neuroanatomie''. 1. Auflage. Springer, Berlin 1993, ISBN 3-540-54690-1.
* Detlev Drenckhahn, W. Zenker: ''Benninghoff. Anatomie.'' Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-00255-7.
* Klaus Poeck, Werner Hacke: ''Neurologie''. 10. vollständig überarbeitete Auflage. Springer, Berlin 1998, ISBN 3-540-63028-7.
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Lesenswert|24. August 2006|20594853}}
 
[[Kategorie:Kreislaufsystem]]
[[Kategorie:Zentralnervensystem]]
[[Kategorie:Gehirn]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 29. September 2020, 19:20 Uhr

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