Weltrevolution und Wissensgebiet: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Red flag waving.svg|100px|mini|hochkant|Die rote Fahne als Zeichen der Revolution]]
#WEITERLEITUNG [[Wissen#Wissen und Können]]
Die '''Weltrevolution''' ist, nach [[Marxismus|marxistischer]] Auffassung, eine [[Revolution]], die aus nationalen Revolutionen erwachsend alle Länder der Erde ergreift. Sie wird als eine Voraussetzung für den Übergang vom [[Sozialismus]] zum [[Kommunismus]] gesehen. Nachdem es den [[Bolschewiki]] nicht gelungen war, die [[Oktoberrevolution|Revolution]] des Jahres 1917 weltweit zu exportieren – das Scheitern der als entscheidend angesehenen [[Deutscher Oktober|Revolutionierung Deutschlands 1923]] war ein harter Rückschlag – ging [[Stalin]], um eine Isolation der Sowjetunion zu verhindern, zum Prinzip des „[[Sozialismus in einem Land]]“ über.
 
== Entwicklung ==
Schon [[Karl Marx]] und [[Friedrich Engels]] waren der Meinung, dass der Sozialismus unter [[Internationalismus|internationalen]] Gesichtspunkten verwirklicht werden muss: „''Die Emanzipation der Arbeiterklasse (ist) weder eine lokale, noch eine nationale, sondern eine soziale Aufgabe, welche alle Länder umfaßt, in denen die moderne Gesellschaft besteht, und deren Lösung vom praktischen und theoretischen Zusammenwirken der fortgeschrittensten Länder abhängt''“ (Marx, Gründungserklärung der Internationalen Arbeiterassoziation).<ref>[http://www.mlwerke.de/me/me17/me17_440.htm Karl Marx: ''Allgemeine Statuten und Verwaltungs-Verordnungen der Internationalen Arbeiterassoziation.'']</ref>
 
Marx’ bekanntestes Werk, das „[[Kommunistisches Manifest|Kommunistische Manifest]]“, endet mit den Zeilen: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“. Unter [[Lenin]] wurde der Gedanke der Weltrevolution als Leitidee angesehen, und so wurde im März 1919 die Dritte, die [[Kommunistische Internationale]] (Komintern) gegründet. Die Aufgabe dieser Organisation war, die noch nicht vereinte und siegreiche, aber immerhin existierende Weltrevolution der Jahre [[1917]]–[[1926]] um jeden Preis zu unterstützen: „''Aus den dargelegten Grundsätzen folgt, daß<!-- sic! --> die gegenseitige Annäherung der Proletarier und werktätigen Massen aller Nationen und Länder zum gemeinsamen revolutionären Kampf für den Sturz der Gutsbesitzer und der Bourgeoisie zum Eckstein der gesamten Politik der Komintern in der, nationalen und kolonialen Frage gemacht werden muß<!-- sic! -->.''“ (Lenin, Ursprünglicher Entwurf der Thesen zur nationalen und kolonialen Frage).
 
== Bedeutung der Sowjetunion ==
Nach der [[Oktoberrevolution]] in Russland 1917 hatten Kommunisten auch in anderen Teilen Europas versucht, an die Macht zu gelangen. Diese Versuche blieben allerdings letztlich erfolglos. Beispielsweise gab es in Deutschland 1918–1923 mehrere, teils nur lokale, Aufstände, wie die [[Märzkämpfe in Mitteldeutschland]] 1921. In Ungarn gab es die [[Föderative Ungarische Sozialistische Räterepublik|Ungarische Räterepublik]] im Frühjahr und Sommer 1919. Diese Aufstände und Regime wurden in relativ kurzer Zeit von demokratischen oder reaktionären Kräften niedergeschlagen oder beseitigt.
 
Nach dem Tode Lenins kam es in der Sowjetunion zum offenen Machtkampf zwischen dem Generalsekretär der [[KPdSU]] [[Josef Stalin]] und dem Kriegsminister und späteren Führer der [[Linke Opposition in der Sowjetunion|Linken Opposition]], [[Leo Trotzki]]. Die Nachfolge sollte den Fortgang der internationalen Politik der [[Sowjetunion]] bestimmen. Stalin befürwortete einen „nationalen Kurs der Neutralisierung der Weltbourgeoisie“ und der diplomatischen Verhandlung, was mit einer These untermauert wurde, die der Auffassung von Marx und Engels, aber nicht von [[Lenin]] widersprach („Sozialismus in einem Lande“): „''Früher hielt man den Sieg der Revolution in einem Lande für unmöglich, da man annahm, daß<!-- sic! --> zum Siege über die Bourgeoisie eine gemeinsame Aktion der Proletarier aller fortgeschrittenen Länder oder jedenfalls der Mehrzahl dieser Länder erforderlich sei. Jetzt entspricht dieser Standpunkt nicht mehr der Wirklichkeit. Jetzt muß<!-- sic! --> man von der Möglichkeit eines solchen Sieges ausgehen''“ (Stalin, Über die Grundlagen des Leninismus). Trotzki verteidigte gemäß seiner [[Theorie der permanenten Revolution]], der theoretischen Basis seines Lebenswerkes, die Parole der Weltrevolution, die auf der Analyse Marx’ fußte, dass in einer internationalen Produktionsweise jeder Gedanken an das längerfristige Überleben einer [[Autarkie|autarken]] Wirtschaftsorganisation ein Hirngespinst sei. Im Gegensatz zu Stalin hielt er den Sozialismus im nationalen Rahmen gerade in einem rückständigen Bauernland wie [[Russisches Kaiserreich|Russland]] für unmöglich: „''»Glauben Sie etwa«, erwiderten mir in den Jahren 1905 bis 1917 dutzende Male die Stalins, Rykows und alle sonstigen Molotows, »daß Russland für die sozialistische Revolution reif ist?« Darauf habe ich stets geantwortet: Nein, das glaube ich nicht. Aber die Weltwirtschaft als Ganzes und vor allem die europäische Wirtschaft ist für die sozialistische Revolution völlig reif.''“ (Trotzki, Die permanente Revolution).
 
Stalin, der sich im innerparteilichen Machtkampf durchsetzen konnte, hielt das Vorantreiben der Industrialisierung für wichtiger als den Versuch, sofort eine Weltrevolution zu entfachen. Stalin betonte, dass jedes Land seinen eigenen Zeitpunkt der Revolution gemessen am Entwicklungsstand des Proletariates durchführen sollte, wie man dem Interview (''Scripps-Howard Newspapers'', Ausgabe des 1. März 1936) mit dem amerikanischen Journalisten Roy Howard entnehmen kann. Während dieser Unterhaltung spielte sich in etwa folgende Szene ab:
 
„''Wie steht es mit den Plänen und Absichten in Bezug auf die Weltrevolution?''“, so die Frage Howards. Darauf behauptete Stalin: „''Solche Pläne und Absichten hatten wir niemals''“. Auf die perplexe Stammelei „''Ja, aber...''“ Howards antworte [[Stalin]], alles sei „''die Folge eines tragischen Missverständnisses''“, worauf Howard, der sich nun wieder einigermaßen gefangen hatte, „''Eines tragischen Missverständnisses?''“ nachhakte. Nach einer nun folgenden, leicht spitzfindigen und hier irrelevanten Erörterung, die mit dem Ergebnis endete, dass das Vermuten von Plänen einer Weltrevolution bei der sowjetischen Führung ein tragikomisches Missverständnis sei, fuhr Stalin fort, zu dozieren: „''Export der Revolution – das ist Unsinn. Jedes Land führt seine Revolution selbst durch, wenn es so will, wenn es aber nicht will, so wird es keine Revolution geben. Unser Land zum Beispiel wollte die Revolution durchführen und hat sie durchgeführt.''“
 
== Kritik ==
Die Ähnlichkeit des Konzeptes der marxistischen „Weltrevolution“ mit den Zielrichtungen etlicher Weltreligionen (des [[Christentum]]s, des [[Islam]]s), (prinzipiell) alle Menschen in einen für die gesamte Menschheit optimalen Zustand zu versetzen (sie zu „[[Erlösung|erlösen]]“), hat dem Konzept die Kritik eingetragen (z. B. von [[Eric Voegelin]]), eine verhohlen religiöse Botschaft und keine wissenschaftliche Voraussage oder Möglichkeit zu sein. (''Vgl. auch'' [[Chiliasmus]].)
 
Direkte Kritiker der Weltrevolution warfen dem [[Axiom|Postulat]] meist vor, dass es – wenn ernst genommen – den [[Weltfrieden]] gefährde, da die (scheinbaren) Wege dorthin immer gewaltsam abgekürzt worden seien, oder schärfer: nie anders als durch massenhafte Unterdrückung erreicht werden könnten.
 
Andererseits werden von [[Trotzkismus|trotzkistischer]] Seite die stalinistische Engstirnigkeit für den Nichteintritt der Weltrevolution verantwortlich gemacht, und andere Prozesse hin zur Weltrevolution für voraussagbar bzw. andere Wege für begehbar gehalten.
 
== Es wird nie wieder eine Revolution geben ==
: "Es wird nie wieder eine Revolution geben, denn die würde eine völlige Verelendung praktisch der gesamten Bevölkerung voraussetzen. Aber in dem Moment, wo die Verelendung beginnt, und sie wird beginnen, allein schon auf Grund der fortschreitenen Umweltzerstörung, des fortschreitenden Klimawandels und der fortschreitenden Überbefölkerung, wird man irgendwann Gegenmaßnahmen ergreifen, und die graben dem Revolutionsdruck unweigerlich das Wasser ab. Jedenfalls wird man niemals bis zur Revolution warten. Auch das Kapital selbst hat an einer drohenden Revolution kein Interesse und wird sofort Zugeständnisse machen, um den Revolutionsdruck rauszunehmen. Die Revolution hat also an sich keine Chance mehr. Aber wir brauchen natürlich Kompensation für die leider nicht mehr mögliche Weltrevolution." ([[Joachim Stiller]])
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Weltrevolution}}
* {{WikipediaDE|Revolutionsexport}}
* {{WikipediaDE|Revolution}}
 
== Weblinks ==
{{Wiktionary|}}
* [https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/kapitalismus-kritik-star-investor-ray-dalio-warnt-vor-einer-revolution/24188040.html?utm_source=pocket-newtab&ticket=ST-1826679-dQ5Yc6zLtTegv6QXgREe-ap2 Star-Investor Ray Dalio warnt vor einer Revolution] Artikel vom 05.04.2019 im Handelsblatt
* [https://www.welt.de/politik/ausland/article109328504/Fast-100-Milliardaere-spenden-ihr-halbes-Vermoegen.html?fbclid=IwAR1mFEsXx7QFw0JSWfLx5PVODWtc0TQss-hfxYzjWA0nVhx9MLXqPRAoBWA Bill Gates und 92 weitere Millardäre geben mindestens die Hälfte ihres Vermögens in gemeinnützige Stiftugen] Weblink
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Normdaten|TYP=s|GND=4189609-9}}
 
[[Kategorie:Marxismus]]
[[Kategorie:Kommunismus]]
[[Kategorie:Gemeinnützige Wirtschaft]]
[[Kategorie:Soziale Dreigliederung]]
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 10. Juni 2019, 09:19 Uhr

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