Evolutionäre Anpassung und Melanine: Unterschied zwischen den Seiten

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Eine '''evolutionäre Anpassung''' (oder wissenschaftlich '''Adaptation''') ist ein in einer [[Population (Biologie)|Population]] eines bestimmten [[Lebewesen]]s auftretendes Merkmal, das für sein Überleben oder seinen Fortpflanzungserfolg vorteilhaft ist, und das durch natürliche [[Mutation]] und anschließende [[Selektion (Evolution)|Selektion]] für seinen gegenwärtigen Zustand entstanden ist.<ref>Ernst Mayr (2005): Das ist Evolution. Goldmann 2. Aufl., S.&nbsp;187f. ISBN 3-442-15349-2.</ref> Ein Merkmal kann in diesem Zusammenhang sowohl Aussehen und Gestalt betreffen ([[Morphologie (Biologie)|morphologische]] Besonderheit) als auch eine [[Verhalten (Biologie)|Verhaltensweise]] sein. Damit ein Merkmal adaptiv ist, also als Anpassung in den [[Genpool]] einer [[Populationsgenetik|Population]] einfließen kann und sich darin verbreiten kann, muss es erblich sein, d.&nbsp;h. eine [[Genetik|genetische]] Basis besitzen. Die sexuelle [[Fortpflanzung]] besitzt im Vergleich zur asexuellen Fortpflanzung eine höhere Rate der Anpassung.<ref name="DOI10.1038/nature17143">Michael J. McDonald, Daniel P. Rice, Michael M. Desai: ''Sex speeds adaptation by altering the dynamics of molecular evolution.'' In: ''Nature.'' 2016, {{DOI|10.1038/nature17143}}.</ref>
[[Datei:Zebrafish embryos.png|mini|300px|Vier Tage alte Embryonen des [[w:Zebrabärbling|Zebrabärbling]]s, unten eine [[w:Albinismus|Albino]]-Mutation ohne Melanin]]


Merkmale, die für den Organismus vorteilhaft sind, die aber nach ihrer Entstehung zuerst eine andere Funktion hatten, werden als ''[[Exaptation]]en'' bezeichnet.<ref>Stephen Jay Gould, Elisabeth S. Vrba (1982): Exaptation – a missing term in the science of form. Paleobiology 8 (1): 4–15.</ref> Der alternativ dafür gebrauchte Ausdruck ''[[Präadaptation]]'' wird heute vermieden, weil er den falschen Eindruck einer im Voraus zielgerichteten Entwicklung auf einen neuen „Zweck“ hin vermittelt. Eine Exaptation wären z.&nbsp;B. die [[Feder]]n in den Flügeln der Vögel, die bei ihren vermutlichen Vorfahren, flugunfähigen Reptilien, ursprünglich nur die Funktion der Wärmeisolation hatten, d.&nbsp;h. zu Beginn der Evolution der Vögel (siehe [[Archäopteryx]]) bereits vorhanden waren und nach einer Umgestaltung zusätzlich eine neue Funktion erfüllen konnten. Evolutionär neutrale bzw. schädliche Merkmale werden manchmal als „Anaptation“ bzw. „Disaptation“ bezeichnet; diese Begriffe sind aber nicht allgemein gebräuchlich.
'''Melanine''' (von {{ELSalt|μέλας}} ''mélas'' „schwarz“) sind dunkelbraune bis schwarze oder gelbliche bis rötliche [[Pigment (Biologie)|Pigmente]], die die Färbung der [[Haut]], [[Haar]]e, [[Feder]]n und [[Auge]]n bewirken, außer bei [[w:Albinismus|Albinismus]]. Chemisch handelt es sich um [[Copolymer]]e mit [[w:Indol|Indol]]verbindungen als Untereinheiten. Sie kommen in  Wirbeltieren und Insekten, als [[Farbstoff]] in der Tinte von [[w:Tintenfische|Tintenfische]]n (siehe [[w:Sepia (Farbstoff)|Sepia]]) und auch in Mikroorganismen und Pflanzen vor. Melanine entstehen durch die enzymatische [[Oxidation]] des [[w:Tyrosin|Tyrosin]]s (enzymatische Bräunung). Gebildet wird Melanin bei Wirbeltieren in den [[Melanozyten]] der Haut sowie in der [[Aderhaut]]<ref>''Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch.'' De Gruyter, 255. Auflage. Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-007916-X, S. 1041.</ref> und [[Iris (Auge)|Iris]] des Auges.<ref>[http://www.aerztekammer-bw.de/20buerger/30patientenratgeber/a_f/albinismus.html Was ist Albinismus?]</ref> Beim Menschen und anderen [[Primaten]] kommt '''Neuromelanin''', dessen dortige Funktion unklar ist, in der [[Substantia nigra]] des [[Gehirn]]s vor. Neuromelanin entsteht durch die [[Oxidation]] zytosolischer [[w:Katecholamine|Katecholamine]], beispielsweise [[Dopamin]]. <ref>M. Gerlach u.&nbsp;a.: [http://www.blackwell-synergy.com/doi/abs/10.1046/j.1471-4159.1995.65020923.x  ''Mössbauer Spectroscopic Studies of Purified Human Neuromelanin Isolated from the Substantia Nigra.''] In: ''Journal of Neurochemistry'', 1995, 65 (2), 923–926. {{DOI|10.1046/j.1471-4159.1995.65020923.x}}</ref> Die genaue Struktur und Funktion des Neuromelanins sind derzeit noch unklar. Nach heutigem Wissensstand scheint dieser Melanintyp im Gehirn eher schützende, [[w:Antioxidans|antioxidative]] Eigenschaften zu besitzen.


== Erläuterung ==
== Struktur ==
Zwar ist die [[Evolution]] im Prinzip nicht zielgerichtet, sondern beruht auf zufälligen [[Mutation|Änderungen]] im [[Genom|Erbgut]], die zu [[Genetische Variation|genetischen Variationen]] und somit zu einer größeren Vielfalt der [[Phänotyp]]en führen, die sich in einer gegebenen Umwelt ([[Ökosystem]]) zu bewähren haben. Da aber nach den zufälligen [[Mutation]]en häufig eine gerichtete [[Selektion (Evolution)|Selektion]] wirksam ist, ist es sinnvoll, von Anpassungen zu sprechen.
Trotz langjähriger Bemühungen ist es bisher nicht gelungen, die exakte Struktur eines Melanins aufzuklären. Es gilt als sicher, dass es sich um [[Copolymer]]e handelt, deren Untereinheiten [[w:Indol|Indol]]verbindungen sind, die hauptsächlich über C-C-Bindungen verknüpft sind. Die Schwierigkeit liegt in der [[Löslichkeit|Unlöslichkeit]] der Melanine in jedem Lösungsmittel, in ihrer ausgeprägten [[Heterogenität]] und im Fehlen von wohldefinierten spektralen oder physikochemischen Signalen. Außerdem sind sie schwer von biologisch gleichzeitig entstehenden [[Protein]]en zu trennen.<ref>Pezzella, Alessandro, et al. „An integrated approach to the structure of Sepia melanin. Evidence for a high proportion of degraded 5, 6-dihydroxyindole-2-carboxylic acid units in the pigment backbone.“ Tetrahedron 53.24 (1997): 8281-8286.</ref><ref>Banerjee, Aulie, Subhrangshu Supakar, and Raja Banerjee. „Melanin from the nitrogen-fixing bacterium Azotobacter chroococcum: a spectroscopic characterization.“ PloS one 9.1 (2014): e84574.</ref>
Eine Übersicht zur Melaninbildung, Untersuchungsmethoden und Strukturelementen finden sich in zwei der folgenden Standardwerke zu Chemie und Biologie der Melanine<ref>R.A. Nicolaus „Melanins“, Hermann Verlag, Paris 1968</ref><ref>G. Prota „Melanins and Melanogenesis“, Academic Press 1992</ref>


Die Summe der Anpassungen der Organismen einer Art definiert ihre [[ökologische Nische]]. Über [[Akklimatisation]] können sich Lebewesen innerhalb der durch das Erbgut gesetzten Grenzen an bestimmte Umweltfaktoren anpassen. Die verschiedenen möglichen Phänotypen eines [[Genotyp]]s werden als seine [[Reaktionsnorm]] bezeichnet. Adaptationen erfolgen immer an die gegenwärtige Umwelt (wenn man es ganz genau nimmt: an die Umwelt der jeweiligen Elterngeneration<ref>Bernard J Crespi. The evolution of maladaptation. Heredity (2000) 84, 623–629; [[doi:10.1046/j.1365-2540.2000.00746.x]]</ref>). Das hat zur Folge, dass ein Merkmal seinen adaptierten Charakter eventuell dadurch verlieren kann, dass sich die Umwelt verändert. Ursprünglich adaptive Merkmale, die in einer veränderten Umwelt nun nachteilig werden, werden auch als [[Evolutionäre Fehlanpassung|Fehlanpassung]] (auch: Maladaptation) bezeichnet. Lebt ein Organismus in einer unvorhersagbaren, veränderlichen Umwelt, kann eine hohe [[Genetische Variation|genetische Variabilität]] oder eine weite Reaktionsnorm selbst ein adaptives Merkmal sein.
== Melanin beim Menschen ==
Melanin tritt beim Menschen vor allem in zwei Varianten auf: eine braun-schwärzliche ('''Eumelanin'''), die sich von den [[Aminosäuren]] [[w:Tyrosin|Tyrosin]] und [[w:Levodopa|Levodopa]] ableitet, und eine hellere gelblich-rötliche ('''Phäomelanin''') Variante, die [[schwefel]]haltig ist. Es gibt auch andersfarbige Varianten, sogenannte Allomelanine, die aus [[w:Hydroxybenzol|Hydroxybenzol]]en entstehen. Diese finden sich vorwiegend in Pflanzen, Pilzen und Bakterien. Fast immer treten die Melanine als Mischtypen auf und sind zusätzlich mit Lipiden oder Eiweiß verknüpft.


Umwelt eines Organismus sind nicht nur die [[Abiotische Faktoren|abiotischen Bedingungen und Faktoren]], sondern auch die anderen Lebewesen, mit denen er jeweils zusammenlebt – einschließlich seiner Artgenossen ([[Biotische Umweltfaktoren|biotische Faktoren]]). Organismen entwickeln dementsprechend auch Adaptationen in Reaktion auf diese Lebewesen, z.&nbsp;B. schnelles Laufvermögen, um [[Prädator]]en zu entkommen. Da der andere Organismus ebenfalls adaptieren kann, kann das zu einer Rückkoppelung führen. Man spricht hier von '''Koadaption'''. Koadaptionen können zu [[Symbiose]] oder [[Mutualismus (Biologie)|Mutualismus]] führen, wenn sie für beide Partner vorteilhaft sind. In anderen Fällen führen sie oft zu einem evolutionären „Wettrüsten“ (siehe auch ''[[Koevolution]]'').
Die Melanine in der menschlichen Haut und den Haaren sind Mischformen aus Eumelaninen und den schwefelhaltigen Phäomelaninen. Das Mischungsverhältnis dieser beiden Melanintypen ist mitbestimmend für den Hauttyp eines Menschen. Dabei ist der Gehalt an Phäomelanin in tiefrotem Haar besonders hoch und nimmt über braune zu schwarzen Haaren hin ab. Die Melaninbildung wird durch UVB-Strahlung angeregt und es dient vermutlich als Lichtschutz vor dem schädlichen Einfluss der [[UV-Strahlung]] der Sonne. Eines der Hauptargumente für die UV-Schutzfunktion ist die Beobachtung, dass stark pigmentierte Bevölkerungsgruppen in geringerem Maße an sonneninduziertem Hautkrebs ([[w:Melanom|Melanom]]) erkranken als schwächer pigmentierte Bevölkerungsgruppen. Inzwischen sind auch die photochemischen Prozesse, welche Melanin zu einem hervorragenden UV-Filter machen, untersucht worden. Es wurde gezeigt, dass Melanin mehr als 99,9 % der Strahlungsenergie in harmlose Wärme umwandelt.<ref name="Meredith">{{cite journal |author=Meredith, Paul; Riesz, Jennifer |title=Radiative Relaxation Quantum Yields for Synthetic Eumelanin |url= |journal= Photochemistry and photobiology |volume=79 |issue=2 |pages=211–216 |year=2004 |pmid= |issn=}}</ref>
Dies geschieht durch die ultraschnelle [[w:innere Umwandlung|innere Umwandlung]] (engl. ''internal conversion'') vom elektronisch angeregten Zustand in Vibrationszustände des Moleküls. Durch diese ultraschnelle Umwandlung verkürzt sich die Lebensdauer des angeregten Zustandes. Dadurch wird verhindert, dass sich freie Radikale bilden. Der angeregte Zustand des Melanins ist sehr kurzlebig, und deshalb bietet es einen exzellenten [[w:Photoprotektion|Photoschutz]].


Ein Organismus in seiner natürlichen Umgebung muss sich in der Regel nicht nur an einen einzigen Faktor adaptieren, sondern an zahlreiche gleichzeitig. Diese Anforderungen können eine Konfliktsituation darstellen. Die tatsächlichen Adaptationen entsprechen deshalb meist nicht dem technischen Optimum für eine jeweilige Funktion, sondern gehen auf Kompromisse zurück. Innerhalb des Lebensraums einer Population können durchaus mehrere ökologische Optima existieren, die sich nicht überlappen, an die eine verstärkte Adaptation vorteilhaft wäre. Adaptationen bezüglich der einen Funktion führen hier aber zu Nachteilen bei der anderen. Da die jeweilige Population genetisch zusammenhängt, können Kompromisse bei der Adaptation hier sogar dazu führen, dass die tatsächliche Population beide Optima verfehlt. Sind einzelne Individuen besonders gut an eine Faktorenkombination adaptiert, kann dieser Vorteil durch die Paarung mit anders adaptierten in der folgenden Generation wieder verloren gehen (der Faktor wird in der [[Populationsgenetik]] als [[Genfluss]] bezeichnet). In solchen Fällen oder wenn gar keine an mehrere Optima gleichzeitig adaptierten Genotypen vorkommen, kann bei der Population eine [[Selektion|„disruptive“ Selektion]] einsetzen. Diese führt zur Aufspaltung einer Population in zwei oder mehrere Teilpopulationen und ermöglicht so langfristig die [[Artbildung|Bildung neuer Arten]] (siehe auch [[Adaptive Radiation]]).
Rothaarige Personen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, Melanome zu entwickeln. Deswegen wird angenommen, dass dieser Melanintyp die Haut weniger effizient schützt.<ref name="meduniwien">Medizinische Universität Wien – AKH consilium: {{Webarchiv|url=http://hauttumoren-boesartige.universimed.com/ |wayback=20100612013459 |text=''Hautkrebs (Malignes Melanom)'' |archiv-bot=2019-05-01 01:48:29 InternetArchiveBot }}</ref>


== Grafische Darstellung in der Fitness-Landschaft ==
Durch genetische Veranlagung bzw. durch im Laufe der Zeit erworbene Schäden an der Erbsubstanz kann die Synthese des Melanins gestört sein. Eine verminderte Bildung führt zu einer [[w:Hypopigmentierung|Hypopigmentierung]]. Ist die Produktion blockiert, so fehlen auch die Farbmittel in Haut, Haaren und Augen, wodurch sich eine sehr helle weiße Haut, eine ungewöhnlich helle Haarfarbe und blau, blaugraue oder grüne Augen ergeben, die je nach Einfallswinkel des Lichts ''rot'' erscheinen können. Man spricht von [[w:Albinismus|Albinismus]] und bezeichnet die betroffenen Organismen als Albinos. Bei Überproduktion ([[w:Hyperpigmentierung|Hyperpigmentierung]]) treten vermehrt dunkle Flecken in der Haut auf ([[w:Leberfleck|Leberfleck]]e, [[w:Sommersprossen|Sommersprossen]]), die bösartig ([[w:Malignes Melanom|Melanom]]) werden können. Die Melaninproduktion kann durch den Wirkstoff [[w:Rucinol|Rucinol]] gezielt unterbrochen werden.
[[Datei:fitness-landscape-cartoon.png|mini|Skizze einer Fitness-Landschaft. Die Pfeile bezeichnen den durch Selektion präferierten Weg einer Population in der Landschaft. Die Punkte A, B und C sind lokale Optima. Der rote Ball steht für eine Population, die sich von einem sehr niedrigen Fitnesswert in Richtung eines lokalen Gipfels bewegt.]]


Evolutionäre Anpassung kann grafisch in den von [[Sewall Wright]] eingeführten Fitness-Landschaften dargestellt werden. Dabei handelt es sich um eine Form [[Diagramm|grafischer Darstellung]] der [[Fitness (Biologie)|Fitness]] (Reproduktionserfolg) unterschiedlicher Genkombinationen, die sowohl ein bestimmtes phänotypisches Merkmal (z.&nbsp;B. Auge, Kiemen, Außenskelett, [[Brutpflege]]verhalten) als auch den gesamten Phänotyp repräsentieren können. Täler in diesen Landschaften bedeuten geringeren Reproduktionserfolg der Genkombinationen, Hügel repräsentieren günstigere Genkombinationen. Die natürliche Selektion verschiebt das Merkmal bzw. den Phänotyp als evolutionäre Anpassung auf die Gipfel der Hügel. Dort ist das Merkmal an seine Umwelt adaptiert. Zufälligen Bewegungen in anderen Richtungen der Fitness-Landschaft werden als [[genetische Drift]] bezeichnet. Eine Anpassung, ausgehend von einem lokalen Gipfel auf dem Weg bergab und wieder bergauf zu einem anderen, höheren Gipfel ist evolutionär in der Regel nicht möglich. So kann etwa ein Wal etwa keine Kiemen mehr entwickeln, die er in einer phylogenetisch früheren Phase einmal hatte.<ref name="Wright">{{cite book|last=Wright|first= S.|year= 1932 |url=http://www.blackwellpublishing.com/ridley/classictexts/wright.pdf|chapter= The roles of mutation, inbreeding, crossbreeding, and selection in evolution|title=Proceedings of the Sixth International Congress on Genetics|pages=355–366}}</ref><ref>Richard Dawkins: Gipfel des Unwahrscheinlichen: Wunder der Evolution. rororo, 2008. S. 85ff</ref>
Wissenschaftler der [[w:Johannes Gutenberg-Universität Mainz|Universitäten in Mainz]] und [[w:Christian-Albrechts-Universität zu Kiel|Kiel]] haben 2016 weitere Details zum molekularen Mechanismus der enzymkatalysierten Oxidation der Melaninbildung aufgedeckt. Im Zentrum dieser Untersuchungen stehen die Aktivitäten der Enzyme [[w:Tyrosinase|Tyrosinase]] und [[w:Polyphenoloxidase|Catecholoxidase]].<ref>{{Literatur|Autor=Even Solem, Felix Tuczek, Heinz Decker|Titel=Tyrosinase versus Catechol Oxidase. One Asparagine Makes the Difference|Sammelwerk=Angewandte Chemie International Edition|Band=55|Nummer=8|Verlag=WILEY Online Library|Datum=2016-02-18|Seiten=2884–2888|ISSN=1521-3773|DOI=10.1002/anie.201508534}}</ref>


== Adaptionismusstreit ==
== Melanin bei Pilzen ==
Seit dem Ende der 1970er Jahre wird unter dem Schlagwort ''adaptationist program'' eine Auseinandersetzung darüber geführt, in welchem Ausmaß Organismen in ihren Populationen tatsächlich adaptiert sind. In einem einflussreichen Papier wehrten sich [[Stephen Jay Gould]] und [[Richard Lewontin]] <ref>S. J. Gould, R. C. Lewontin: ''The spandrels of San Marco and the Panglossian paradigm: a critique of the adaptationist programme.'' In: ''Proceedings of the Royal Society of London. Series B, Biological sciences.'' Band 205, Nummer 1161, September 1979, S.&nbsp;581–598, PMID 42062. [[doi:10.1098/rspb.1979.0086]]; for background see Gould’s [http://www.edge.org/documents/ThirdCulture/i-Ch.2.html „The Pattern of Life’s History“] in John Brockman ''[http://www.edge.org/documents/ThirdCulture/d-Contents.html The Third Culture]''. New York: Simon & Schuster. 1996, pp. 52–64. ISBN 0-684-82344-6</ref> gegen eine aus ihrer Sicht überzogene Einzelbetrachtung („Atomisierung“) von Merkmalen, die einzeln der Selektion unterliegen und adaptiert würden. Tatsächlich seien zahlreiche Merkmale nicht selektierte Nebenprodukte anderer, adaptierter Merkmale. Somit könnten Eigenschaften eines Organismus auch ohne direkten Funktionsbezug und damit ohne selektive Vorteile überleben. [[Ernst Mayr]] bezog Stellung zu diesem Angriff auf die evolutionäre Anpassung.<ref>Ernst Mayr. How to Carry Out the Adaptationist Program? The American Naturalist, Vol. 121, No. 3. (Mar., 1983), pp. 324-334</ref> Mayr betonte, dass Anpassung zu keinem perfekt optimierten Prozess führe, da „stochastische Prozesse und andere Constraints“, auch [[Pleiotropie]], perfekte Adaptation verhindern. In diesen Zusammenhang passen die Exaptationen. Bereits [[Darwin]] hatte darauf hingewiesen, dass es perfekte Anpassung nicht gibt.<ref>Charles Darwin: On the Origin of Species. 1. Auflage, John Murray, London 1859. S. 199–201</ref> Der Streit um Grad und Umfang evolutionärer Anpassung wird heute offen geführt.
Eine wissenschaftliche Arbeit aus dem Jahr 2007 berichtet von [[Pilze]]n, die wahrscheinlich mittels Melanin ionisierende Strahlung in für ihren Organismus nutzbare Energie umwandeln ([[w:radiotrophe Pilze|radiotrophe Pilze]]).<ref>Ekaterina Dadachova et al.: ''Ionizing Radiation Changes the Electronic Properties of Melanin and Enhances the Growth of Melanized Fungi'', in: ''PLoS ONE'' 2(5), [[doi:10.1371/journal.pone.0000457]].</ref>


== Beispiele für ursächliche Faktoren der Anpassung ==
Ausdrücklich hervorgehoben wird, dass die Rolle des Melanins bei der Energieerzeugung im Organismus nach wie vor unklar ist. Klar ist lediglich, dass bei den aus Proben aus dem versiegelten [[w:Katastrophe von Tschernobyl|Kernreaktorblock 4 von Tschernobyl]] stammenden Pilzen
=== Hitze ===
* eine höhere [[Stoffwechsel]]rate gegeben war, wenn sie mit Melanin angereichert wurden, als bei unbehandelten Pilzen,
[[Extremophile]] Mikroorganismen, die hitzebeständige [[Protein]]e entwickelt haben, können z.&nbsp;B. Vulkanseen besiedeln und so ihren Lebensraum in besonders warme bzw. sehr heiße [[Biotop]]e wie [[Hydrothermalquelle]]n und [[Geysir]]e ausdehnen. Diese [[Thermophilie|thermophilen Organismen]] haben ihre [[ökologische Nische]] in Temperaturbereichen, in denen andere Lebewesen absterben. Wobei es ebenso gut sein kann, dass die [[Thermophilie|Thermophilen]] zuerst entstanden sind, denn die [[Cyanobakterien]] und [[Archaeen]] gehören zu den [[Evolutionsgeschichte|evolutionsgeschichtlich]] sehr alten Mikroorganismen. Die Bedingungen auf der frühen Erde ([[Präkambrium]]) waren so, dass die Anpassung eher in umgekehrter Richtung – von heißen Gewässern über warme zu kalten – erfolgt sein dürfte.
* bei der Energieerzeugung Veränderungen in der [[Elektronenkonfiguration]] der [[Elektronenhülle]] ihres Melanins nachgewiesen wurden. Dies weist auf ein verändertes [[Energieniveau]] hin, das bei der Erzeugung von Energie auch zu erwarten ist,
* eine auf das Vierfache gestiegene [[Reduktion (Chemie)|Reduzierung]] von [[w:Nicotinamidadenindinukleotid|NAD+]] zu beobachten ist, wenn sie bestrahlt werden. Dabei handelt es sich um einen Stoffwechselvorgang.


Ein weiterer Anpassungsmechanismus ist bei höheren [[Tier]]en die Vermeidung der Hitzeeinstrahlung durch [[Nachtaktivität]]. Diese Anpassungserscheinung findet man vor allem in [[Wüste]]ngebieten.
Bei einer um den Faktor 500 erhöhten [[w:Strahlenbelastung]] war die Aktivität des [[Stoffwechsel|Metabolismus]] von ''Wangiella dermatitidis'' und ''[[w:Cryptococcus neoformans|Cryptococcus neoformans]]'' [[w:Signifikanz (Statistik)|signifikant]] höher im Vergleich zur normalen Aktivität unter der [[Radioaktivität#Entstehung und Vorkommen von Radioaktivität|natürlichen Strahlenbelastung]].


=== Kälte ===
== Einzelnachweise ==
Fällt die Außentemperatur stark ab, müssen [[Gleichwarmes Tier|gleichwarme Tiere]] mehr Energie aufbringen, um ihre Körpertemperatur aufrechtzuerhalten und so eine Funktionalität der lebenswichtigen Proteine zu gewährleisten. [[Säugetier]]e und [[Vögel]], die ein besonders dichtes [[Fell]] bzw. [[Federkleid]] entwickelt haben, können in kalten [[Klimazone]]n leben. Bei vielen Säugetieren in der [[Gemäßigte Zone|gemäßigten]] Zone, besonders aber in [[Polargebiet|polaren]] Breiten findet ein [[Fellwechsel]] statt. Das dichtere Winterfell schützt sie vor Wärmeverlust, das dünnere Sommerfell hat oft auch eine andere Farbe. Einigen Säugetieren wie dem [[Hermelin]] dient der Fellwechsel nämlich auch zur [[Tarnung (Biologie)|Tarnung]]. Die meisten [[Meeressäuger]] und [[Pinguine]], die sich in eiskaltem Meerwasser aufhalten, haben als Wärmeisolierung unter der Haut eine Speckschicht. Bei den [[Wale]]n und [[Robben]] wird diese Schicht [[Blubber]] genannt. Fellrobben dienen auch Lufteinschlüsse zur Isolation, dies gilt auch für [[Seeotter]], die keine isolierende Fettschicht haben, dafür sehr feines, dichtes Fell. Manche Tiere reagieren auf die Kälte, indem sie ihren [[Stoffwechsel|Metabolismus]] herunterfahren und in einen [[Winterschlaf]] fallen, andere bauen eine [[Höhle]].
<references />
 
Schutzmechanismen als Anpassung an kalte Jahreszeiten gibt es auch bei Pflanzen. So verlieren [[Laubbäume]] im Herbst ihr Laub und überdauern den Winter mit einer temperaturbedingt stark reduzierten Stoffwechselaktivität. Das Sonnenlicht könnte auch bei den kürzeren Tageslängen an Tagen mit Temperaturen über dem Gefrierpunkt zur [[Fotosynthese]] genutzt werden, durch die Nachtfröste würden jedoch die Blätter erfrieren und sowieso absterben. Deshalb haben Laubbäume einen periodischen [[Laubfall]]. Nadelbäume hingegen behalten ihre Blätter bzw. Nadeln, die [[ätherische Öle]] und andere [[Biogenes Gefrierschutzmittel|biologische Gefrierschutzfaktoren]] enthalten.
 
=== Fressfeinde ===
[[Datei:Wing of a butterfly1.jpg|mini|Detail aus einem Schmetterlingsflügel, hier werden Augen größerer Tiere vorgetäuscht]]
[[Datei:Schwebfliege.jpg|mini|Eine [[Schwebefliege]] täuscht vor, eine gefährliche [[Wespe]] zu sein]]
 
* [[Gift]]igkeit
* [[Giftstachel|Stachel]], [[Zahn|Zähne]]
* [[Mimese]], die [[Tarnung]] durch Anpassung an die Umwelt ([[Stabheuschrecken]])
* Farbveränderungen ([[Chamäleons|Chamäleon]], [[Tintenfische]])
* [[Warntracht]]en ([[Feuersalamander]], [[Echte Wespen|Wespen]])
* [[Mimikry]], die Imitation von Warntrachten durch eigentlich harmlose Tiere ([[Schwebefliege]])
 
=== Trockenheit ===
* Resistenz gegen Austrocknen ([[Moose]])
* periodischer Laubfall
* Wasserspeicherung ([[Sukkulenten]])
* Wasserundurchlässige Körperhülle
* Bildung konzentrierten [[Harn]]s oder [[Harnsäure]]
 
=== Wind ===
Starker Wind birgt vor allem die Gefahr, vom [[Habitat|Lebensraum]] weggeweht zu werden.
 
* Verlust der Flügel (manche [[Schmetterlinge]])
 
=== Strömung ===
Starke Strömungen bergen vor allem die Gefahr, vom Lebensraum weggespült zu werden.
 
* Stromlinienförmiger Körper ([[Forelle]]), siehe auch [[Stromlinienform]]
* Haltevorrichtungen ([[Steinfliege]]n&shy;larven, [[Muscheln]])
* Verstecken unter Steinen ([[Köcherfliege]]n&shy;larven)
* [[Schleim]]&shy;bildung ([[Bakterien]])
* Erhöhung des Körpergewichts
* Verringerung des Wasserwiderstands
* Saugnäpfe
 
=== Dunkelheit ===
[[Datei:Photostomias2.jpg|mini|Ein Barten-[[Drachenfisch]] mit [[Leuchtorgan]]en]]
 
Dunkelheit macht einen der wichtigsten Sinne, den [[Sehen|Gesichtssinn]], wertlos. Trübes Wasser hat eine ähnliche Wirkung.
 
* Vergrößerung der [[Auge]]n ([[Tiefseefisch]]e, [[Höhle]]n&shy;bewohner)
* [[Biolumineszenz|Lichtaussendung]] (Tiefseefische)
* [[Echolot]]&shy;peilung ([[Delfine]], [[Fledermäuse]])
* [[Tasthaar]]e ([[Hauskatze|Katze]], [[Nacktmull]])
 
=== Nahrungsmangel ===
[[Datei:Dionaea muscipula trap.jpg|mini|Eine fleischfressende [[Venusfliegenfalle]]]]
 
Mangel an Nahrung vermindert – neben der Existenzbedrohung – auch die [[Fortpflanzungsrate]]
* [[Winterschlaf]]
* [[Kannibalismus]]
* Wanderungen, z.&nbsp;B.: [[Tierwanderung]]
* [[Vogelzug]]
* Anlage von Nahrungsreserven z.&nbsp;B. [[Wintervorrat]] oder [[Fettgewebe|Fettreserven]]
* Erschließung von eigentlich speziesuntypischen Nahrungsquellen ([[fleischfressende Pflanzen]])
* [[Ackerbau]] und [[Viehhaltung]]
 
=== Schwermetalle ===
* Neutralisierung der [[Schwermetalle|Schwermetallionen]] durch [[Chelatkomplexe|Chelatbildung]] mit organischen Säuren
 
=== Antibiotika ===
* Bündelung von [[Resistenzgen]]en in eigenen [[Plasmid]]en, die durch [[Horizontaler Gentransfer|horizontalen Gentransfer]] auch über Artgrenzen hinweg ausgetauscht werden.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Evolutionäre Anpassung}}
* {{WikipediaDE|Evolutionäre Fehlanpassung}}
* {{WikipediaDE|Konvergenztheorie (Evolution)}}
* {{WikipediaDE|Biologische Evolution}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.si-journal.de/jg15/heft2/sij152-3.html Artikel zu rapider Adaption bei Eidechsen]
{{Wikibooks|Biochemie und Pathobiochemie: Tyrosin-Stoffwechsel|Tyrosin-Stoffwechsel}}
 
* [http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/278398.html populärwissenschaftlicher Artikel 1 zur Arbeit von Casadevalls Team]
== Einzelanchweise ==
* [https://www.heise.de/tp/features/Astronautennahrung-aus-Tschernobyl-3413646.html populärwissenschaftlicher Artikel 2 zur Arbeit von Casadevalls Team]
<references />
 
{{Normdaten|TYP=s|GND=4128128-7}}


[[Kategorie:Evolution|Anpassung]]
[[Kategorie:Haut]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 3. August 2019, 14:20 Uhr

Vier Tage alte Embryonen des Zebrabärblings, unten eine Albino-Mutation ohne Melanin

Melanine (von griech. μέλας mélas „schwarz“) sind dunkelbraune bis schwarze oder gelbliche bis rötliche Pigmente, die die Färbung der Haut, Haare, Federn und Augen bewirken, außer bei Albinismus. Chemisch handelt es sich um Copolymere mit Indolverbindungen als Untereinheiten. Sie kommen in Wirbeltieren und Insekten, als Farbstoff in der Tinte von Tintenfischen (siehe Sepia) und auch in Mikroorganismen und Pflanzen vor. Melanine entstehen durch die enzymatische Oxidation des Tyrosins (enzymatische Bräunung). Gebildet wird Melanin bei Wirbeltieren in den Melanozyten der Haut sowie in der Aderhaut[1] und Iris des Auges.[2] Beim Menschen und anderen Primaten kommt Neuromelanin, dessen dortige Funktion unklar ist, in der Substantia nigra des Gehirns vor. Neuromelanin entsteht durch die Oxidation zytosolischer Katecholamine, beispielsweise Dopamin. [3] Die genaue Struktur und Funktion des Neuromelanins sind derzeit noch unklar. Nach heutigem Wissensstand scheint dieser Melanintyp im Gehirn eher schützende, antioxidative Eigenschaften zu besitzen.

Struktur

Trotz langjähriger Bemühungen ist es bisher nicht gelungen, die exakte Struktur eines Melanins aufzuklären. Es gilt als sicher, dass es sich um Copolymere handelt, deren Untereinheiten Indolverbindungen sind, die hauptsächlich über C-C-Bindungen verknüpft sind. Die Schwierigkeit liegt in der Unlöslichkeit der Melanine in jedem Lösungsmittel, in ihrer ausgeprägten Heterogenität und im Fehlen von wohldefinierten spektralen oder physikochemischen Signalen. Außerdem sind sie schwer von biologisch gleichzeitig entstehenden Proteinen zu trennen.[4][5] Eine Übersicht zur Melaninbildung, Untersuchungsmethoden und Strukturelementen finden sich in zwei der folgenden Standardwerke zu Chemie und Biologie der Melanine[6][7]

Melanin beim Menschen

Melanin tritt beim Menschen vor allem in zwei Varianten auf: eine braun-schwärzliche (Eumelanin), die sich von den Aminosäuren Tyrosin und Levodopa ableitet, und eine hellere gelblich-rötliche (Phäomelanin) Variante, die schwefelhaltig ist. Es gibt auch andersfarbige Varianten, sogenannte Allomelanine, die aus Hydroxybenzolen entstehen. Diese finden sich vorwiegend in Pflanzen, Pilzen und Bakterien. Fast immer treten die Melanine als Mischtypen auf und sind zusätzlich mit Lipiden oder Eiweiß verknüpft.

Die Melanine in der menschlichen Haut und den Haaren sind Mischformen aus Eumelaninen und den schwefelhaltigen Phäomelaninen. Das Mischungsverhältnis dieser beiden Melanintypen ist mitbestimmend für den Hauttyp eines Menschen. Dabei ist der Gehalt an Phäomelanin in tiefrotem Haar besonders hoch und nimmt über braune zu schwarzen Haaren hin ab. Die Melaninbildung wird durch UVB-Strahlung angeregt und es dient vermutlich als Lichtschutz vor dem schädlichen Einfluss der UV-Strahlung der Sonne. Eines der Hauptargumente für die UV-Schutzfunktion ist die Beobachtung, dass stark pigmentierte Bevölkerungsgruppen in geringerem Maße an sonneninduziertem Hautkrebs („Melanom“) erkranken als schwächer pigmentierte Bevölkerungsgruppen. Inzwischen sind auch die photochemischen Prozesse, welche Melanin zu einem hervorragenden UV-Filter machen, untersucht worden. Es wurde gezeigt, dass Melanin mehr als 99,9 % der Strahlungsenergie in harmlose Wärme umwandelt.[8] Dies geschieht durch die ultraschnelle innere Umwandlung (engl. internal conversion) vom elektronisch angeregten Zustand in Vibrationszustände des Moleküls. Durch diese ultraschnelle Umwandlung verkürzt sich die Lebensdauer des angeregten Zustandes. Dadurch wird verhindert, dass sich freie Radikale bilden. Der angeregte Zustand des Melanins ist sehr kurzlebig, und deshalb bietet es einen exzellenten Photoschutz.

Rothaarige Personen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, Melanome zu entwickeln. Deswegen wird angenommen, dass dieser Melanintyp die Haut weniger effizient schützt.[9]

Durch genetische Veranlagung bzw. durch im Laufe der Zeit erworbene Schäden an der Erbsubstanz kann die Synthese des Melanins gestört sein. Eine verminderte Bildung führt zu einer Hypopigmentierung. Ist die Produktion blockiert, so fehlen auch die Farbmittel in Haut, Haaren und Augen, wodurch sich eine sehr helle weiße Haut, eine ungewöhnlich helle Haarfarbe und blau, blaugraue oder grüne Augen ergeben, die je nach Einfallswinkel des Lichts rot erscheinen können. Man spricht von Albinismus und bezeichnet die betroffenen Organismen als Albinos. Bei Überproduktion (Hyperpigmentierung) treten vermehrt dunkle Flecken in der Haut auf (Leberflecke, Sommersprossen), die bösartig (Melanom) werden können. Die Melaninproduktion kann durch den Wirkstoff Rucinol gezielt unterbrochen werden.

Wissenschaftler der Universitäten in Mainz und Kiel haben 2016 weitere Details zum molekularen Mechanismus der enzymkatalysierten Oxidation der Melaninbildung aufgedeckt. Im Zentrum dieser Untersuchungen stehen die Aktivitäten der Enzyme Tyrosinase und Catecholoxidase.[10]

Melanin bei Pilzen

Eine wissenschaftliche Arbeit aus dem Jahr 2007 berichtet von Pilzen, die wahrscheinlich mittels Melanin ionisierende Strahlung in für ihren Organismus nutzbare Energie umwandeln (radiotrophe Pilze).[11]

Ausdrücklich hervorgehoben wird, dass die Rolle des Melanins bei der Energieerzeugung im Organismus nach wie vor unklar ist. Klar ist lediglich, dass bei den aus Proben aus dem versiegelten Kernreaktorblock 4 von Tschernobyl stammenden Pilzen

  • eine höhere Stoffwechselrate gegeben war, wenn sie mit Melanin angereichert wurden, als bei unbehandelten Pilzen,
  • bei der Energieerzeugung Veränderungen in der Elektronenkonfiguration der Elektronenhülle ihres Melanins nachgewiesen wurden. Dies weist auf ein verändertes Energieniveau hin, das bei der Erzeugung von Energie auch zu erwarten ist,
  • eine auf das Vierfache gestiegene Reduzierung von NAD+ zu beobachten ist, wenn sie bestrahlt werden. Dabei handelt es sich um einen Stoffwechselvorgang.

Bei einer um den Faktor 500 erhöhten w:Strahlenbelastung war die Aktivität des Metabolismus von Wangiella dermatitidis und Cryptococcus neoformans signifikant höher im Vergleich zur normalen Aktivität unter der natürlichen Strahlenbelastung.

Einzelnachweise

  1. Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch. De Gruyter, 255. Auflage. Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-007916-X, S. 1041.
  2. Was ist Albinismus?
  3. M. Gerlach u. a.: Mössbauer Spectroscopic Studies of Purified Human Neuromelanin Isolated from the Substantia Nigra. In: Journal of Neurochemistry, 1995, 65 (2), 923–926. doi:10.1046/j.1471-4159.1995.65020923.x
  4. Pezzella, Alessandro, et al. „An integrated approach to the structure of Sepia melanin. Evidence for a high proportion of degraded 5, 6-dihydroxyindole-2-carboxylic acid units in the pigment backbone.“ Tetrahedron 53.24 (1997): 8281-8286.
  5. Banerjee, Aulie, Subhrangshu Supakar, and Raja Banerjee. „Melanin from the nitrogen-fixing bacterium Azotobacter chroococcum: a spectroscopic characterization.“ PloS one 9.1 (2014): e84574.
  6. R.A. Nicolaus „Melanins“, Hermann Verlag, Paris 1968
  7. G. Prota „Melanins and Melanogenesis“, Academic Press 1992
  8. Meredith, Paul; Riesz, Jennifer: Radiative Relaxation Quantum Yields for Synthetic Eumelanin. In: Photochemistry and photobiology. 79, Nr. 2, 2004, S. 211–216.
  9. Medizinische Universität Wien – AKH consilium: Hautkrebs (Malignes Melanom) (Memento vom 12. Juni 2010 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft (bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis)
  10.  Even Solem, Felix Tuczek, Heinz Decker: Tyrosinase versus Catechol Oxidase. One Asparagine Makes the Difference. In: Angewandte Chemie International Edition. 55, Nr. 8, WILEY Online Library, 18. Februar 2016, ISSN 1521-3773, S. 2884–2888, doi:10.1002/anie.201508534.
  11. Ekaterina Dadachova et al.: Ionizing Radiation Changes the Electronic Properties of Melanin and Enhances the Growth of Melanized Fungi, in: PLoS ONE 2(5), doi:10.1371/journal.pone.0000457.

Weblinks

 Wikibooks: Tyrosin-Stoffwechsel – Lern- und Lehrmaterialien


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