Sinnesqualitäten und Hydroskelett: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Goethes Farbenkreis.jpg|thumb|right|250px|[[Farbkreis]], Zeichnung von [[Johann Wolfgang von Goethe]].]]
#WEITERLEITUNG [[Skelett#Hydroskelett]]
'''Sinnesqualitäten''' oder '''Sinnesempfindungen''' wie [[Farben]], [[Töne]], [[Gerüche]] usw., wie sie im [[Phänomenales Bewusstsein|phänomenalen Bewusstsein]] erlebt werden, sind das abgeschattete [[seelisch]]e Spiegelbild einer [[Übersinnliche Welt|übersinnlichen Wirklichkeit]], die von der [[Untersinnliche Welt|untersinnlichen Welt]] zurückgeworfen wird (siehe auch → [[Sinneswahrnehmung]]).
 
Mit der untersinnlichen Welt ist hier die [[ahrimanisch]]e Welt gemeint, die der [[physisch]]en [[Materie]] zugrunde liegt und die übersinnliche Welt ist die Gesamtheit der übersinnlichen, sinnlich nicht unmittelbar erfassbaren Weltbereiche, also die eigentliche [[Geistige Welt|geistige Welt]], die [[Ätherische Welt|ätherische Welt]] und insbesondere die [[Astralwelt|Astral- oder Seelenwelt]]. Die [[Sinneswelt]] erscheint dort, wo die übersinnliche und die untersinnliche Welt einander berühren.
 
== Die reinen Sinnesqualitäten ==
 
Die '''reinen Sinnesqualitäten''' gehören ihrer wahren Natur nach der [[Astralwelt]] an, und hier namentlich der sog. [[Region der fließenden Reizbarkeit]]. Sie bilden einen von aller Gegenständlichkeit losgelösten Strom von flutenden [[Klang|Klängen]], von [[Wärme]] und [[Kälte]], von [[Farben]] und [[Geschmack]]s- und [[Geruch]]sempfindungen, die aber ''nicht'' [[sinnlich]], d.h. abgeschattet durch den [[Physischer Leib|physischen Leib]], sondern rein [[Seele|seelisch]] erlebt werden. Nur beseelten Wesen sind diese Sinnesqualitäten zugänglich. Rein physikalische Apparate erfahren zwar die ''physikalischen'' Wirkungen des [[Licht]]es oder des [[Schall]]s, aber sie erleben dabei keine Farben oder Töne. Das ''niedere'' [[astral]]e [[Hellsehen]] malt seine [[Imagination]]en gerade mithilfe dieser Ströme flutender Reizbarkeit, die aber durch das Mitschwingen des physischen Leibes verdunkelt sind.
 
Genauer betrachtet ist das imaginativ „Geschaute“ durchaus unsichtbar, das „Gehörte“ völlig unhörbar ist, da es sich eben nicht um eine [[sinnlich]]e, sondern um eine durch die eigene geistige Tätigkeit aktiv und bewusst hervorgebrachte, aber inhaltlich vollkommen durch sich selbst bestimmte, rein [[übersinnlich]]e Wahrnehmung handelt. Da aber beim irdisch verkörperten Menschen die Leibestätigkeit und insbesondere die Sinnessphäre auch heute noch immer leise mitschwingt, ist es dennoch ganz natürlich und sachgemäß, das imaginativ Erlebte in sinnlichen Ausdrücken zu beschreiben:
 
{{GZ|Man wird nun finden, daß diejenigen Menschen, welche
übersinnliche Beobachtungen machen können, dasjenige,
was sie schauen, so beschreiben, daß sie sich der
Ausdrücke bedienen, welche den sinnlichen Empfindungen
entlehnt sind. So kann man den elementarischen Leib
eines Wesens der Sinnenwelt, oder ein rein elementarisches
Wesen so beschrieben finden, daß gesagt wird, es offenbare
sich als in sich geschlossener, mannigfaltig gefärbter
Lichtleib. Es blitze in Farben auf, glimmere oder leuchte
und lasse bemerken, daß diese Farben- oder Lichterscheinung
seine Lebensäußerung sei. Wovon der Beobachter da
eigentlich spricht, ist durchaus unsichtbar, und er ist sich
dessen bewußt, daß mit dem, was er wahrnimmt, das
Licht- oder Farbenbild nichts anderes zu tun hat, als etwa
die Schrift, in welcher eine Tatsache mitgeteilt wird, mit
dieser Tatsache selbst. Dennoch hat man nicht etwa bloß
ein Übersinnliches in willkürlicher Art durch sinnliche
Empfindungsvorstellungen ausgedrückt; sondern man hat
während der Beobachtung das Erlebnis wirklich gemacht,
das einem Sinneseindruck ähnlich ist. Es kommt dies davon
her, daß im übersinnlichen Erleben die Befreiung von
dem sinnlichen Leibe keine vollkommene ist. Dieser lebt
mit dem elementarischen Leibe doch noch mit und bringt
das übersinnliche Erlebnis in eine sinnliche Form. Die
Beschreibung, die man so gibt von einer elementarischen
Wesenheit, ist dann tatsächlich so gehalten, daß sie sich
wie eine visionäre, oder phantastische Zusammenstellung
von Sinneseindrücken zeigt. Wenn die Beschreibung so
gegeben wird, dann ist sie trotzdem die wahre Wiedergabe
des Erlebten. Denn man hat geschaut, was man schildert.
Der Fehler, der gemacht werden kann, liegt nicht darin,
daß man das Bild als solches schildert. Es liegt ein Fehler
erst dann vor, wenn man das Bild für die Wirklichkeit
hält, und nicht dasjenige, auf was das Bild, als auf die ihm
entsprechende Wirklichkeit, hindeutet.
 
Ein Mensch, welcher niemals Farben wahrgenommen
hat - ein Blindgeborener - wird, wenn er sich die entsprechende
Fähigkeit erwirbt, elementarische Wesenheiten
nicht so beschreiben, daß er sagt, sie blitzen als Farbenerscheinungen
auf. Er wird sich derjenigen Empfindungsvorstellungen
zum Ausdrucke bedienen, welche ihm gewohnt
sind. Für die Menschen aber, welche sinnlich sehen
können, ist eine Schilderung durchaus geeignet, welche sich
etwa des Ausdruckes bedient, es blitzte eine Farbengestalt
auf. Sie können dadurch sich die Empfindung von dem bilden,
was der Beobachter der elementarischen Welt geschaut
hat. Und das gilt nicht etwa nur für Mitteilungen, welche
ein Hellsichtiger - es sei ein Mensch so genannt, der durch
seinen elementarischen Leib beobachten kann - einem
Nicht-Hellsichtigen macht, sondern auch für die Verständigung
der Hellsichtigen untereinander. In der Sinnenwelt
lebt der Mensch eben in seinem sinnlichen Leib, und dieser
kleidet ihm die übersinnlichen Beobachtungen in Sinnesformen
ein; daher ist innerhalb des menschlichen Erdenlebens
der Ausdruck der übersinnlichen Beobachtungen
durch die von ihnen erzeugten Sinnesbilder denn doch zunächst
eine brauchbare Art der Mitteilung.
 
Es kommt darauf an, daß derjenige, welcher eine solche
Mitteilung empfängt, in seiner Seele ein Erlebnis hat, welches
zu der in Betracht kommenden Tatsache in dem richtigen
Verhältnisse steht. Die sinnlichen Bilder werden nur
mitgeteilt, damit durch sie etwas erlebt wird. So wie sie sich
darbieten, können sie nicht in der Sinnenwelt vorkommen.
Das ist eben ihre Eigentümlichkeit. Und deswegen rufen
sie auch Erlebnisse hervor, die sich auf nichts Sinnliches
beziehen.|16|32ff}}
 
{{GZ|In meiner «[[GA 9|Theosophie]]» finden
Sie, daß man das Seelische in Form einer Art [[Aura]] sieht. Sie
wird in Farben beschrieben. Grobklotzige Menschen, die nicht
weiter eingehen auf die Sachen, sondern selbst Bücher schreiben,
die glauben, daß der Seher die Aura schildert, sie beschreibt,
indem er die Meinung hat, daß da wirklich so ein Nebeldunst
vor ihm ist. Was der Seher vor sich hat, ist ein geistiges Erlebnis.
Wenn er sagt, die Aura ist blau, so sagt er, er hat ein seelisch-geistiges
Erlebnis, das so ist, als wenn er blau sehen würde. Er schildert
überhaupt alles das, was er in der geistigen Welt erlebt und
was analog ist dem, was in der sinnlichen Welt an den Farben
erlebt werden kann.|271|185}}
 
== Das Problem der Qualia ==
 
{{Hauptartikel|Qualia}}
 
[[Bild:DuBois-Reymond.jpg|thumb|250px|[[Emil Heinrich du Bois-Reymond]] prägte 1872 den berühmten Ausspruch „Ignoramus et ignorabimus“]]
Jede [[Sinnesmodalität]] - wie etwa [[Sehen]], [[Hören]], [[Riechen]], [[Schmecken]] oder Berührungen [[Tastsinn|Fühlen]] - verfügt über ein breiteres oder engeres Spektrum typischer [[Qualia]], die sich von denen aller anderen Sinnesmodalitäten vollkommen unterscheiden. Für die gegenwärtige [[Naturwissenschaft]], [[Psychologie]] und [[Philosophie]] erscheint die [[Existenz]] dieser [[Qualia]]/[[Wikipedia:Qualia|Qualia]] als ungelöststes und vielfach auch für unlösbar gehaltenes Problem. Darauf hat schon [[1872]] der [[Physiologie|Physiologe]] [[Emil du Bois-Reymond]] in seiner berühmten [[Ignoramus et ignorabimus|Ignorabimusrede]] hingewiesen:
 
{{Zitat|Welche denkbare Verbindung besteht zwischen bestimmten Bewegungen bestimmter Atome in meinem Gehirn einerseits, andererseits den für mich ursprünglichen, nicht weiter definierbaren, nicht wegzuleugnenden Tatsachen: "Ich fühle Schmerz, ruhte Lust; ich schmecke Süßes, rieche Rosenduft, höre Orgelton, sehe Rot," und der ebenso unmittelbar daraus fließenden Gewißheit: "Also bin ich"? Es ist eben durchaus und für immer unbegreiflich, daß es einer Anzahl von Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff-, Sauerstoff- usw. Atomen nicht sollte gleichgültig sein, wie sie liegen und sich bewegen, wie sie lagen und sich bewegten, wie sie liegen und sich bewegen werden. Es ist in keiner Weise einzusehen, wie aus ihrem Zusammensein Bewußtsein entstehen könne.|Emil du Bois-Reymond|''Über die Grenzen des Naturerkennens'', S 458}}
 
An dieser resignierenden Feststellung hat sich bislang nichts grundsätzlich geändert. Mit seinem 1974 veröffentlichten Aufsatz: ''Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?'' regte der [[Philosoph]] [[Thomas Nagel (Philosoph)|Thomas Nagel]] die Debatte um die Qualia neu an. [[Joseph Levine]] hat 1983 in seiner mittlerweile als klassisch geltenden Publikation ''Materialism and Qualia: The Explanatory Gap''<ref>[[Joseph Levine]]: ''Materialism and Qualia: The Explanatory Gap''. In: ''Pacific Philosophical Quarterly''. Band 64, Nr. 4, Oktober 1983, S. 354–361 [http://course.sdu.edu.cn/G2S/eWebEditor/uploadfile/20140227112822014.pdf pdf]</ref>darauf hingewiesen, dass hier nach wie vor eine [[Erklärungslücke]] ({{EnS|''explanatory gap''}}) besteht.
 
== Primäre und sekundäre Sinnesqualitäten ==
 
[[Galileo Galilei]] wird der bekannte Ausspruch: ''„Messen, was messbar ist, und messbar machen, was noch nicht meßbar ist“'' zugesprochen, der zwar in seinen Schriften in dieser Form nicht nachweisbar ist, aber seine Grundhaltung als Forscher treffend wiedergibt, die auf die Formulierung [[Quantität|quantitativ]] erfasster [[Naturgesetz]]e abzielt und seitdem zum Maßstab der [[neuzeit]]lichen [[Wissenschaft]]en wurde. Auch [[René Descartes]] war der Ansicht, dass sich nur quantitative Größen ''klar'' und ''deutlich'' erfassen lassen, während die [[qualitativ]]en Sinnesqualitäten ''dunkel'' und ''verworren'' und [[ratio]]nal schwer zu fassen seien.
 
{{GZ|Nicht mit Unrecht hat man die Grundformel, nach der die
moderne Naturanschauung die Welt der Wahrnehmungen
beurteilt, in den Worten des ''Descartes'' gesehen: «Ich finde,
wenn ich die körperlichen Dinge näher prüfe, dass darin sehr
wenig enthalten ist, was ich ''klar'' und ''deutlich'' einsehe, nämlich
die Größe, oder die Ausdehnung in Länge, Tiefe, Breite, die
Gestalt, die von der Endigung dieser Ausdehnung herrührt, die
Lage, welche die verschieden gestalteten Körper unter sich
haben, und die Bewegung oder Änderung dieser Lage, welchen
man die Substanz, die Dauer und Zahl hinzufügen kann. Was die
übrigen Sachen betrifft, wie das Licht, die Farben, die Töne,
Gerüche, Geschmacksempfindungen, Wärme, Kälte und die
sonstigen, dem Tastsinn spürbaren Qualitäten (Glätte, Rauheit),
so treten sie in meinem Geiste mit solcher ''Dunkelheit und Verworrenheit'' auf, dass ich nicht weiß, ob sie wahr oder falsch
sind, d. h. ob die Ideen, die ich von diesen Gegenständen fasse,
in der Tat die Ideen von irgendwelchen reellen Dingen sind,
oder ob sie nur chimärische Wesen vorstellen, die nicht
existieren können.» Im Sinne dieses ''Descartesschen'' Satzes zu
denken, ist den Bekennern der modernen Naturanschauung in
einem solchen Grade zur Gewohnheit geworden, dass sie jede
andere Denkweise kaum der Beachtung wert finden. Sie sagen: Was als Licht
wahrgenommen wird, wird durch einen Bewegungsvorgang
bewirkt, der durch eine mathematische Formel ausgedrückt
werden kann. Wenn eine Farbe in der Erscheinungswelt auftritt,
führen sie diese zurück auf eine schwingende Bewegung und
berechnen die Zahl der Schwingungen in einer bestimmten Zeit.
Sie glauben, die ganze Sinnenwelt werde erklärt sein, wenn
gelungen sein wird, alle Wahrnehmungen auf Verhältnisse
zurückzuführen, die in solchen mathematischen Formeln sich
aussprechen lassen. Ein Geist, der eine solche Erklärung geben
könnte, hätte nach Ansicht dieser Naturgelehrten das Äußerste
erreicht, was dem Menschen in bezug auf Erkenntnis der
Naturerscheinungen möglich ist.|1|305f}}
 
Seit [[John Locke]] hat man dann etwas unglücklich zwischen ''primären'' und ''sekundären Sinnesqualitäten'' unterschieden und letztere - ganz im Gegensatz zu [[Goethe]]s [[Farbenlehre (Goethe)|Farbenlehre]] - völlig aus der [[wissenschaft]]lichen Betrachtung ausgeschlossen. Deshalb ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass man in der Wissenschaft nicht mehr an die [[Qualia]] herankommt.
 
{{GZ|Primäre Qualitäten nannte Locke
zum Beispiel alles dasjenige, was sich auf die Gestalt der Körper, auf
deren geometrische Eigentümlichkeit, auf das Zahlenmäßige bezieht,
auf die Bewegung bezieht, auf die Größe und so weiter. Davon unterschied
er dann alles dasjenige, was er die sekundären Qualitäten nennt,
Farbe, Ton, Wärmeempfindung und so weiter. Und während er die primären
Qualitäten in die Dinge selbst hineinverlegt, so daß er annimmt,
es seien räumliche, körperliche Dinge da, welche Gestalt haben, geometrische
Eigentümlichkeiten haben, Bewegungen haben, nimmt er an,
daß alles dasjenige, was sekundäre Qualitäten sind, Farbe, Ton usw.,
nur Wirkungen auf den Menschen seien. Draußen in der Welt seien
nur primäre Qualitäten in den Körpern. Irgend etwas, dem Größe,
Gestalt, Bewegung zukommt, das aber finster, stumm und kalt ist,
irgend etwas übt eine Wirkung aus, und diese Wirkung drückt sich
eben aus darinnen, daß der Mensch einen Ton, eine Farbe, eine Wärmequalität
usw. erlebt.|326|85}}
 
Wie problematisch diese Behauptung ist und keineswegs eine [[Empirie|emprisch]] gesicherte Tatsache darstellt, betonen auch [[Max Bennett]] und [[Peter Hacker]] in „''Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften''“:
 
{{LZ|Erstens muss hervorgehoben werden, dass wir es hier nicht
mit einer empirischen Behauptung oder wissenschaftlichen
Hypothese zu tun haben und schon gar nicht mit einer
wissenschaftlichen Theorie, die experimentell untermauert
werden kann oder untermauert wurde, sondern mit einer
''philosophischen'' oder ''begrifflichen Behauptung'', die nur
durch begriffliche Untersuchungen und apriorische
Argumente bekräftigt oder entkräftet werden kann. Es gibt
kein wissenschaftliches Experiment, mit dem man beweisen
könnte, dass Gras, wie es an sich ist, nicht grün ist, sondern
uns nur so vorkommt, dass Zucker nicht wirklich süß ist,
sondern es nur zu sein scheint, oder dass Eis nicht wirklich
kalt ist, sondern nur diesen Anschein in uns hervorruft etc.
Alles, was eine wissenschaftliche Theorie leisten kann,
besteht darin, die Prozesse zu erklären, durch die wir in der
Lage sind, Farben, Klänge und thermische Qualitäten
wahrzunehmen, und zu untersuchen, ob andere Tierspezies
dieselben perzeptuellen Unterscheidungsvermögen haben.
Es ist nicht möglich zu zeigen, dass die Dinge, die wir als
farbige wahrnehmen, in Wahrheit keine Farbe haben, oder
dass die Dinge, die wir als klangerzeugende wahrnehmen,
nicht wirklich Klänge hervorbringen. Man kann zeigen, dass
farbige Objekte Licht bestimmter Wellenlängen reflektieren,
das unsere Augen und Gehirne in der und der Weise
beeinflusst, was dazu führt, dass wir das sehen, was wir ‚ihre
Farbe‘ nennen. Und man kann zeigen, dass ‚lärmende‘
Objekte Schallwellen verursachen, die unsere Ohren und
Gehirne auf eine Weise beeinflussen, dass unser
Hörvermögen zur Entfaltung gelangt. Natürlich wird kein
Geräusch gehört, wenn nicht Schallwellen die Ohren eines
Hörenden erreichen – daraus folgt jedoch nicht, dass es kein
Geräusch gab, das zu hören war, dass Bäume still zu Boden
fallen, wenn kein Hörender dabei ist. Die wissenschaftliche
Forschung zeigt keineswegs, dass Gras nicht wirklich grün
ist oder dass Cellos keinen reichen und vollen Klang haben.
Sie stellt nicht fest, dass es keine Farben gibt, wenn ein
Beobachter ‚fehlt‘, oder dass Klänge auf der Anwesenheit
eines Hörers beruhen.|Bennett, Hacker 2010, S. 289f.}}
 
Ähnlich argumentiert auch der deutsche [[Psychiater]] und [[Philosoph]] [[Thomas Fuchs]] (*1958):
 
{{LZ|Freilich lässt sich die Existenz von Sinnesqualitäten auch nicht
widerlegen. Der Neurowissenschaftler kann nur feststellen, dass
beim Wahrnehmen der Farbe Grün Licht bestimmter Wellenlänge
auf die Retina fällt und eine Kaskade neuronaler Prozesse auslöst,
ohne dass an irgendeiner Stelle die Farbe grün auftaucht – sowenig
wie in den Beobachtungen des Physikers außerhalb des Körpers.
Zweifellos bedarf es der Lichtwellen, die, von einem Gegenstand
reflektiert, die Retina reizen, ''damit'' wir etwas sehen können, oder der
Schallwellen, die unser Trommelfell in Schwingung versetzen, ''damit''
wir Töne hören. Aber wir sehen keine Lichtwellen und hören keine
Schallwellen, sondern Farben und Töne. Die Tatsache, dass jene
Wellen selbst nicht farbig bzw. laut sind, ist daher kein Grund, die
Wirklichkeit von Farben und Töne zu bestreiten...
 
Dem Physiker kann es an sich gleichgültig sein, ob der Baum
abgesehen von seiner materiellen Teilchenstruktur auch noch grün
ist oder nicht. Die Frage taucht bei seinen Messungen und
Theoriebildungen einfach nicht mehr auf. Die Bestreitung der
Qualitäten ergibt sich daher nicht etwa aus einer physikalischen
Notwendigkeit. Sie rührt vielmehr aus einem ''physikalistischen Weltbild'', das die ursprünglich für bestimmte Zwecke willkürlich
gewählten, quantifizierbaren Ausschnitte der Wirklichkeit, vor allem
aber die daraus abgeleiteten theoretischen Konstrukte (Atome,
Photonen, elektromagnetische Felder etc.) zur „eigentlichen“
Realität erhebt. Physikalische Beschreibungen und Erklärungen
sollen nun für alle Bereiche der Lebenswelt gültig sein. Dann ist der
grüne Baum nur noch ein großer Molekülhaufen, das Lied der
Nachtigall in seinen Zweigen eine irreguläre Sequenz von
Luftdruckschwankungen und die Freude des Wanderers, der ihr
zuhört, ein bestimmtes neuronales Erregungsmuster...
 
Aber eine solche Welt ist nur
eine gedachte Abstraktion von der Welt, die wir als Lebewesen
bewohnen und erfahren – der Welt, die unser Organismus sich
erschließt, um sich in ihr zu erhalten, in der er qualitative
Unterschiede macht, die sich so auf der physikalischen Ebene nicht
finden, und so die Umwelt in Bedeutsames und Relevantes
strukturiert. So wird es auch möglich, dass die Dinge und
Lebewesen sich uns zeigen, also in Farben, Klängen und Düften über
sich hinaus und mit uns in Beziehung treten. Insofern sind die
Sinnesqualitäten Resultate der Beziehung eines Lebewesens zu
seiner Umwelt; doch diese Beziehung hat einen welterschließenden
und insofern durchaus objektiven Charakter. Selbst die sogenannten
primären Qualitäten der Physik werden uns nur über die sekundären
überhaupt zugänglich.
 
Ist der Baum also tatsächlich grün? Das kommt darauf an, ob wir
ihn als Teil unserer gemeinsamen Lebenswelt betrachten – dann
können wir uns jederzeit auf seine Farbe einigen, sie ist also nicht
etwa „nur subjektiv“ – oder aber in eine physikalische Konstruktwelt
hinabsteigen, in der sich von den lebensweltlichen Qualitäten
voraussetzungsgemäß nichts mehr findet. Weder ist die Farbe eine
objektive Eigenschaft der materiellen Welt („naiver“ Realismus),
noch ist sie bloßes Produkt einer Innenwelt (Konstruktivismus).
Farben und andere Sinnesqualitäten sind Ausdruck einer
''[[Komplementarität]]'' von Lebewesen und Umwelt. Sie entstehen im
Zusammenwirken von Wahrnehmungsvermögen und
Objekteigenschaften. So lässt sich zeigen, dass die Ausbildung von
Farbmustern bei Blütenpflanzen sich in ständiger Interaktion mit der
Ausbildung des Farbsehens bei Insekten vollzog. Die Eigenschaft
und ihre Wahrnehmung entstanden in verschiedenen Arten koevolutiv,
im Rahmen eines übergreifenden ökologischen Systems<ref>Ehrlich, P. R., Raven, P. H.: ''Butterflies and plants: a study in coevolution'', in:
Evolution 18 (1964), pp. 586–608.</ref>.|Fuchs, S. 45f}}
 
Farben etwa seien also, wenn man John Locke folgt, nur sekundäre subjektive Phänomene, die durch die primären objektiven Bewegungsvorgänge in der Natur ausgelöst würden. Immer wieder hat man argumentiert, dass man niemals wissen könne, ob ein anderer Mensch die Farben genauso erlebt wie wir, während wir bezüglich der Größe und Form der materiellen Gegenstände sehr leicht zu einer allgemeinen Übereinstimmung kommen könnten. Diese Argumentation beruht allerdings auf einer Verwechslung des sinnlich gegebenen Wahrnehmungsfaktors mit der gedanklich erkannten Gesetzmäßigkeit. Bezüglich Form und Größe der Gegenstände springen uns so schnell die zugrunde liegenden geometrischen Gesetzmäßigkeiten entgegen, dass wir gar nicht bemerken, dass wir es hier bereits mit einer gedanklichen Durchdringung der Wahrnehmung zu tun haben. Hinsichtlich dieser gedanklich erfassten geometrischen Gegebenheiten kommen wir tatsächlich sehr schnell zu einer allgemeinen Übereinstimmung.
 
Dennoch hat Lockes Unterscheidung einen nachvollziehbaren Grund. Rudolf Steiner nennt [[12 Sinne]] des Menschen, wobei er drei Gruppen unterscheidet, nämlich die [[Willenssinne]], die [[Gefühlssinne]] und die [[Erkenntnissinne]]. Die Willenssinne, zu denen der [[Tastsinn]], der [[Lebenssinn]], der [[Eigenbewegungssinn]] und der [[Gleichgewichtssinn]] zählen, sind auf die Wahrnehmung des eigenen Körpers gerichtet, dessen Zustand sie aber ganz [[objektiv]] wahrnehmen. Obgleich ihre Wahrnehmungen nur sehr dumpf und unterschwellig erlebt werden, vermitteln sie ein starkes [[Realität]]sgefühl. Weil die Wahrnehmung dieser Sinne nur sehr dumpf ist, tritt zugleich das gedankliche Element viel stärker in den Vordergrund und vermittelt den Eindruck unverrückbar scheinender [[Wahrheit]]en, wie wir sie etwa aus der [[Mathematik]] und [[Geometrie]] kennen, die in der objektiven Realität unseres Leibes begründet sind. Daraus resultiert der objektive Charakter, den Locke den primären Sinnesqualitäten zubilligt.
 
Die sekundären Sinnesqualitäten gehören hauptsächlich dem Bereich der Gefühlssinne an, zu denen der [[Geruchssinn]], der [[Geschmackssinn]], der [[Sehsinn]] und der [[Wärmesinn]] gehören. Sie vermitteln zwischen Innerem und Äußerem, [[Subjekt]]ives und [[Objekt]]ives vermischt und durchdringt sich hier beständig, weshalb bezüglich dieser Sinne bereits eine gewisse Erkenntnisunsicherheit aufkommt. Zwar tritt die [[Qualia|qualitative Wahrnehmung]] gegenüber dem gedanklichen Element stärker in den Vordergrund, doch ist sie mit einem deutlich geringeren Realitätsgefühl verbunden wie bei den Willenssinnen.
 
Die Erkenntnissinne ([[Gehörsinn]], [[Sprachsinn]], [[Denksinn]] und [[Ichsinn]]) sind ganz nach außen gerichtet. Wir sind von dem, was wir durch sie wahrnehmen ganz getrennt und mit ihrer eigentlichen [[Objektivität]] nicht unmittelbar verbunden, weshalb Rudolf Steiner gerade die äußeren Sinne mit Recht als [[subjektiv]] bezeichnet: {{"|''... richtig subjektiv sind gerade die ausgesprochen äußeren Sinne. Die müssen dasjenige, was durch sie wahrgenommen wird, im ausgesprochenen Sinne in unsere Menschlichkeit hereinbefördern.''||{{G|206|17}}}} Damit ist keineswegs gesagt, dass die äußeren Sinnesqualitäten selbst, also [[Farben]], [[Töne]] usw., subjektiv ''sind'', wohl aber, dass es uns zunächst schwer fällt, sie objektiv zu „ergreifen“.
 
{{GZ|Nun wies ich auch in diesen Vorträgen darauf hin, wie in diesem
naturwissenschaftlichen Zeitalter das Räumliche schon in bezug auf die
Dimensionen ein Abstraktes geworden ist. Der Mensch wußte nichts
mehr davon, daß in ihm selbst die drei Dimensionen konkret erlebt
wurden als oben-unten, rechts-links, vorne-hinten (siehe Zeichnung
S. 86). Er nahm auf diese Konkretheit der drei Dimensionen im naturwissenschaftlichen
Zeitalter keine Rücksicht. Für ihn entstanden sie in
völliger Abstraktheit. Er suchte den Schnittpunkt der drei Dimensionen
 
[[Datei:GA326_087.gif|center|500px|Die drei Dimensionen des Raumes]]
 
nicht mehr da, wo er real erlebt wird, im menschlichen Inneren, er suchte
ihn irgendwo - und da kann er dann wo auch immer sein irgendwo im
Räume - und konstruierte sich so seine drei Dimensionen. Jetzt hatte
dieses Raumschema der drei Dimensionen ein selbständiges, aber nur
gedachtes, abstraktes Dasein. Und das Gedachte wurde eben nicht erlebt
als sowohl der Außenwelt wie dem Menschen angehörig, während
eine frühere Zeit, wie ich sagte, die drei Raumdimensionen so erlebt hat,
daß der Mensch wußte, er erlebt sie in sich mit der Natur der physischen
Körperlichkeit zusammen.|326|86f}}
 
Bei den Farbphänomenen kommen uns die damit verbundenen Gesetzmäßigkeiten nicht so unmittelbar zu Bewusstsein. Goethe wollte durch seine Farbenlehre gerade diese Gesetze, die nicht weniger objektiv sind als die geometrischen, bewusst machen. Hell und Dunkel, Rot und Grün, Violett und Blau usw. können genau so sicher unterschieden werden wie Dreiecke, Vierecke und Kreise. Und so wie es ganz oder teilweise farbenblinde Menschen gibt, gibt es auch Menschen die aufgrund neurologischer Defekte für bestimmte Formprinzipen blind sind.
 
{{Zitat|Aus der Idee des Gegensatzes der Erscheinung, aus der Kenntnis, die wir von den besondern Bestimmungen desselben erlangt haben, können wir schließen, dass die einzelnen Farbeindrücke nicht verwechselt werden können, dass sie spezifisch wirken und entschieden spezifische Zustände in dem lebendigen Organ hervorbringen müssen.|Goethe|Farbenlehre, § 761}}
 
So wie wir die primären Qualitäten ''in uns'' erleben, erleben wir die sekundären Qualitäten ''in der Außenwelt''. In der ''sinnlich'' erfahrbaren Außenwelt treten sie uns allerdings nur als abgeschattete [[Bild]]er entgegen. Ihre wahre Realität liegt in der [[Seelenwelt|seelischen Außenwelt]]:
 
{{GZ|Willst du finden das Wesen der
Lockeschen primären Qualitäten der körperlichen Dinge -, so mußt du
in dich selber hineinschauen, sonst kommst du nur auf Abstraktionen. -
Nun ist es mit den sekundären Qualitäten, Ton, Farbe, Wärmequalität,
Gerüchen, Geschmack so, daß der Mensch davon etwas wissen muß
— es kann ja dieses Wissen sehr instinktiv nur sein, aber etwas wissen
muß er davon -, daß er mit seinem geistig-seelischen Wesen ja nicht
bloß in seinem physischen und ätherischen Leib lebt, sondern daß er
auch außerhalb dieser Leiber sein kann mit seinem Ich und seinem
astralischen Leibe, nämlich im Schlafzustande. Aber ebenso wie der
Mensch bei einem vollen, intensiv empfundenen Wachzustande nicht
außer sich, sondern in sich die primären Qualitäten erlebt, wie im
speziellen Fall die drei Dimensionen, so weiß der Mensch, wenn es
ihm entweder durch Instinkte oder durch eine instinktive Selbsterkenntnis
oder auch durch geisteswissenschaftliche Schulung gelingt,
das auch wirklich innerlich zu erleben, was außerhalb vom physischen
Leib und Ätherleib vom Einschlafen bis zum Aufwachen ist, dann weiß
er auch, daß er das wahre Wesen von Ton, Farbe, Geruch, Geschmack,
Wärmequalität wirklich dann in der Außenwelt erlebt außerhalb seines
Leibes. Wenn der Mensch im Wachzustande bloß in seinem Inneren
ist, so kann er nichts anderes erleben als die Bilder der wahren Realitäten
von Ton, Farbe, Wärmequalität, Geruch, Geschmack. Aber diese
Bilder entsprechen geistig-seelischen Realitäten, nicht physisch-ätherischen
Realitäten. Trotzdem dasjenige, was wir als Ton erleben, so
stark zusammenzuhängen scheint - es tut es ja auch, aber in einer ganz
anderen Hinsicht - mit bestimmt gestalteten Luftwellen, wie Farbe
zusammenhängt mit gewissen Vorgängen in der farblosen Außenwelt,
so muß eben dennoch anerkannt werden, daß Ton, Farbe und so weiter
Bilder sind, nicht vom Körperlichen, sondern vom Geistigen, Geistig-
Seelischen, das in der Außenwelt ist.
 
Wir müssen also uns sagen können: Wenn wir einen Ton, eine
Farbe, eine Wärmequalität erleben, dann erleben wir sie im Bilde.
Aber wir erleben sie real, wenn wir außerhalb unseres Leibes sind.
Und so können wir etwa schematisch den Tatbestand in der folgenden
Weise darstellen (siehe Zeichnung): Die primären Qualitäten erlebt
der Mensch wachend, voll wachend, in sich, und schaut sie in die
Außenwelt hinein in Bildern; wenn er sie nur in der Außenwelt weiß,
so hat er diese primären Qualitäten nur in Bildern (Pfeil). Diese Bilder
sind das Mathematische, das Geometrische, das Arithmetische an den
Dingen.
 
[[Datei:GA326_089.gif|center|300px|Primäre und sekundäre Qualitäten]]
 
Mit den sekundären Qualitäten ist es anders. Die erlebt der Mensch -
wenn ich den physischen und Ätherleib des Menschen mit diesen waagerechten
Strichen bezeichne und das Geistig-Seelische, das Ich und das
Astralische, mit dem Roten -, die erlebt der Mensch außerhalb seines
physischen und Ätherleibes und er projiziert in sich herein nur die Bilder.
Weil das nicht mehr durchschaut wurde im naturwissenschaftlichen
Zeitalter, wurden gewissermaßen die mathematischen Formen,
die Zahlen auch, zu etwas, das der Mensch nur in der Außenwelt abstrakt
suchte. Die sekundären Qualitäten, sie wurden etwas, das der
Mensch nur in sich suchte. Aber weil sie da bloße Bilder sind, verlor
er sie eben für die Wirklichkeit vollständig.|326|88ff}}
 
{{GGZ|Man muß zu dem Menschen nicht sagen: Wenn du das wahre Wesen
zum Beispiel des Tones erkennen willst, so mußt du physikalische
Experimente machen über dasjenige, was sich, wenn du einen Ton
hörst, innerlich in der Luft sich abspielt, die den Ton zu dir bringt,
sondern dann mußt du dem Menschen sagen: Wenn du das wahre
Wesen des Tones kennenlernen willst, so mußt du dir eine Vorstellung
davon bilden, wie du eigentlich den Ton außer deinem physischen
und ätherischen Leibe erlebst. Das sind aber Gedanken, welche von
den Menschen des naturwissenschaftlichen Zeitalters eben nicht gedacht
wurden, weil diese Menschen eben nicht auf die vollständige
Menschennatur eingehen wollten, weil sie keine Neigung entwickelten,
die wahre Wesenheit des Menschen kennenzulernen. Und so fanden
sie eben in der ihnen unbekannten Menschennatur nicht die Mathematik
oder auch die primären Qualitäten; und so fanden sie in der
Außenwelt - weil sie nicht wußten, daß der Mensch ja der Außenwelt
auch angehört - nicht die sekundären Qualitäten.
 
Ich sage nicht, daß man hellsichtig sein müsse, um in diesen Dingen
die richtige Einsicht zu bekommen, sondern ich muß betonen, daß
zwar die hellsichtige Weltenerklärung tiefere intensive Erkenntnisse
gerade auch auf diesem Gebiete geben kann, daß aber eine gesunde
Selbstschau durchaus dahin führt, das Mathematische, die primären
Qualitäten, das Mathematisch-Mechanische auch in das Innere des
Menschen zu verlegen, die sekundären Qualitäten auch in die Außenwelt
des Menschen zu verlegen. Man kannte die Menschennatur nicht
mehr. Man wußte nicht in Wirklichkeit, wie die Körperlichkeit des
Menschen erfüllt ist von der Geistigkeit, wie die Geistigkeit, indem sie
wachend im Menschen ist, sich vergessen muß, sich ganz hingeben muß
dem Körper, damit sie das Mathematische begreift. Und man wußte auch
nicht das andere, daß die Geistigkeit sich ganz in sich zusammenfassen
muß und unabhängig vom Körper, das heißt außerhalb des Körpers,
leben muß, um zu den sekundären Qualitäten zu kommen. Über alle
diese Dinge, sage ich, kann die hellseherische Anschauung intensivere
Einsichten geben, aber sie ist nicht nötig. Eine Selbstschau, eine wirkliche,
gesunde Selbstschau kann fühlen, in richtigem Gefühl erkennen,
daß Mathematik auch etwas innerlich Menschliches ist, Ton,
Farbe usw. auch etwas Äußerliches sind.
 
Ich habe das, was einfach ein gesundes Empfinden, das aber zu
wirklichen Erkenntnissen führt, nach dieser Richtung haben kann, in
den achtziger Jahren in meinen Einleitungen zu «Goethes Naturwissenschaftlichen
Schriften» dargestellt. Da ist auf keine hellseherische
Erkenntnis Rücksicht genommen, aber es ist gezeigt, inwieweit der
Mensch ohne hellseherische Erkenntnis zur Anerkennung der Realität
von Farbe, Ton usw. kommen kann. Dies hat man noch nicht verstanden.
Das naturwissenschaftliche Zeitalter ist in der Lockeschen
Denkungsweise noch zu sehr befangen. Dies konnte man nicht verstehen,
konnte es auch nicht verstehen, als ich es, ich möchte sagen,
philosophisch geschürzt, 1911 deutlich ausführte am Philosophischen
Kongreß in Bologna. Da versuchte ich zu zeigen, wie das GeistigSeelische
des Menschen beim Wachzustande zwar im physischen und
Ätherleib ist, aber seiner Qualität nach, gewissermaßen indem es den
physischen und Ätherleib erfüllt, doch innerlich selbständig bleibt.
Fühlt man diese innerliche Selbständigkeit des Geistig-Seelischen des
Menschen, dann hat man auch eine Nachempfindung von dem, was
das Geistig-Seelische im Schlafen von den Realitäten des Grünen und
Gelben, des G und Cis, des Warmen und Kalten, des Sauren und
Süßen usw. erlebt hat. Aber eben auf eine wirkliche Menschenerkenntnis
wollte zunächst das naturwissenschaftliche Zeitalter nicht eingehen.|326|90ff}}
 
== Das Gesetz der spezifischen Sinnesenergien ==
 
{{Hauptartikel|Gesetz der spezifischen Sinnesenergien}}
 
Für die bloße Subjektivität der Farbeindrücke wurde oft das erstmals von [[Johannes Peter Müller]] formulierte [[Gesetz der spezifischen Sinnesenergien]] ins Treffen geführt. Das [[Auge]] bringt immer nur [[Licht]]- und [[Farbe]]rscheinungen hervor, egal ob es durch Stoß, Druck, elektrische Reizung oder eben auch durch äußeres Licht erregt wird. Die Farbqualitäten hätten daher unmittelbar gar nichts mit dem äußeren Reiz zu tun, sondern sie sind nur Erscheinungen innerhalb des Auges. In Wahrheit bestätigt das Gesetz der spezifischen Sinnesenergien aber nur das hier schon Gesagte. Jedes Sinnesorgan vermag eben grundsätzlich nur die seiner Natur entsprechenden Wahrnehmungsqualitäten zu zeigen, die es auch selbst hervorzubringen vermag. Es übersetzt alle Reize in die ihm gemäße Sprache. Wird das Auge durch Druck, Stoß oder elektrische Impulse erregt, entstehen dabei aber nur sehr unspezifische Farbeindrücke, die wenig über die Außenwelt aussagen – eben nur, dass da ein Stoß, Druck oder elektrischer Impuls als allgemeiner äußerer Reiz vorhanden war. Erst dem Licht gegenüber, durch das und für das es geschaffen wurde, entfaltet es seine volle Leistungsfähigkeit. Dieses Prinzip gilt aber für den Eigenbewegungssinn, durch den wir Formen wahrnehmen, nicht minder.
 
[[Rudolf Steiner]] bemerkt dazu:
 
<div style="margin-left:20px">
"Die angeführte Beobachtung beweist nur, daß der sinn- und geistbegabte Organismus die verschiedenartigsten Eindrücke in die Sprache der Sinne übersetzen kann, auf die sie ausgeübt werden. Nicht aber, daß der Inhalt jeder Sinnesempfindung auch nur im Innern des Organismus vorhanden ist. Bei einer Zerrung des Sehnervs entsteht eine unbestimmte, ganz allgemeine Erregung, die nichts enthält, was veranlaßt, ihren Inhalt in den Raum hinaus zu versetzen. Eine Empfindung, die durch einen wirklichen Lichteindruck entsteht, ist inhaltlich unzertrennlich verbunden mit dem Räumlich-Zeitlichen, das ihr entspricht. Die Bewegung eines Körpers und seine Farbe sind auf ganz gleiche Weise Wahmehmungsinhalt. Wenn man die Bewegung für sich vorstellt, so abstrahiert man von dem, was man noch sonst an dem Körper wahrnimmt. Wie die Bewegung, so sind alle übrigen mechanischen und mathematischen Vorstellungen der Wahrnehmungswelt entnommen. Mathematik und Mechanik entstehen dadurch, daß von dem Inhalte der Wahrnehmungswelt ein Teil ausgesondert und für sich betrachtet wird. In der Wirklichkeit gibt es keine Gegenstände oder Vorgänge, deren Inhalt erschöpft ist, wenn man das an ihnen begriffen hat, was durch Mathematik und Mechanik auszudrücken ist. Alles Mathematische und Mechanische ist an Farbe, Wärme und andere Qualitäten gebunden. Wenn der Physik nötig ist, anzunehmen, daß der Wahrnehmung einer Farbe Schwingungen im Raume entsprechen, denen eine sehr kleine Ausdehnung und eine sehr große Geschwindigkeit eigen ist, so können diese Bewegungen nur analog den Bewegungen gedacht werden, die sichtbar im Raume vorgehen. Das heißt, wenn die Körperwelt bis in ihre kleinsten Elemente bewegt gedacht wird, so muß sie auch bis in ihre kleinsten Elemente hinein mit Farbe, Wärme und andern Eigenschaften ausgestattet vorgestellt werden. Wer Farben, Wärme, Töne usw. als Qualitäten auffaßt, die als Wirkungen äußerer Vorgänge durch den vorstellenden Organismus nur im Innern desselben existieren, der muß auch alles Mathematische und Mechanische, das mit diesen Qualitäten zusammenhängt, in dieses Innere verlegen. Dann aber bleibt ihm für seine Außenwelt nichts mehr übrig. Das Rot, das ich sehe, und die Lichtschwingungen die der Physiker als diesem Rot entsprechend nachweist, sind in Wirklichkeit eine Einheit, die nur der abstrahierende Verstand voneinander trennen kann. Die Schwingungen im Raume, die der Qualität «Rot» entsprechen, würde ich als Bewegung sehen, wenn mein Auge dazu organisiert wäre. Aber ich würde verbunden mit der Bewegung den Eindruck der roten Farbe haben." {{Lit|{{G|6|171f}}}}
</div>
 
== Goethes reine Phänomenologie der sinnlichen Erscheinungen ==
 
{{Hauptartikel|Farbenlehre}}
 
[[Goethe]] strebte im Gegensatz zur herkömmlichen Naturwissenschaft nach einer systematischen reinen [[Phänomenologie]] der sinnlich erfahrbaren Erscheinungen. Das qualitative Element steht im Vordergrund. Die Sinnesqualitäten selbst, die bei der herkömmlichen naturwissenschaftlichen Methode als vorgeblich rein subjektive Erscheinungen aus der wissenschaftlichen Theorienbildung völlig ausgeklammert werden, rücken bei Goethe gerade in den Mittelpunkt der naturwissenschaftlichen Betrachtung. In seiner [[Farbenlehre]] schreibt er:
 
{{Zitat|Ob man nicht, indem von den Farben gesprochen werden soll, vor allen Dingen des Lichtes zu erwähnen habe, ist eine ganz natürliche Frage, auf die wir jedoch nur kurz und aufrichtig erwidern: es scheine bedenklich, da bisher schon so viel und mancherlei von dem Lichte gesagt worden, das Gesagte zu wiederholen oder das oft Wiederholte zu vermehren.<br>
Denn eigentlich unternehmen wir umsonst, das Wesen eines Dinges auszudrücken. Wirkungen werden wir gewahr, und eine vollständige Geschichte dieser Wirkungen umfasste wohl allenfalls das Wesen jenes Dinges. Vergebens bemühen wir uns, den Charakter eines Menschen zu schildern; man stelle dagegen seine Handlungen, seine Taten zusammen, und ein Bild des Charakters wird uns entgegentreten.<br>
Die Farben sind Taten des Lichts, Taten und Leiden. In diesem Sinne können wir von denselben Aufschlüsse über das Licht erwarten. Farben und Licht stehen zwar untereinander in dem genausten Verhältnis, aber wir müssen uns beide als der ganzen Natur angehörig denken: denn sie ist es ganz, die sich dadurch dem Sinne des Auges besonders offenbaren will.<br>
Ebenso entdeckt sich die ganze Natur einem anderen Sinne. Man schließe das Auge, man öffne, man schärfe das Ohr, und vom leisesten Hauch bis zum wildesten Geräusch, vom einfachsten Klang bis zur höchsten Zusammenstimmung, von dem heftigsten leidenschaftlichen Schrei bis zum sanftesten Worte der Vernunft ist es nur die Natur, die spricht, ihr Dasein, ihre Kraft, ihr Leben und ihre Verhältnisse offenbart, so dass ein Blinder, dem das unendlich Sichtbare versagt ist, im Hörbaren ein unendlich Lebendiges fassen kann.<br>
So spricht die Natur hinabwärts zu andern Sinnen, zu bekannten, verkannten, unbekannten Sinnen; so spricht sie mit sich selbst und zu uns durch tausend Erscheinungen. Dem Aufmerksamen ist sie nirgends tot noch stumm; ja dem starren Erdkörper hat sie einen Vertrauten zugegeben, ein Metall, an dessen kleinsten Teilen wir dasjenige, was in der ganzen Masse vorgeht, gewahr werden sollten.|Goethe|Farbenlehre, Vorwort}}
 
== Die Sinnesqualitäten als seelische Realtität in der Seelenwelt ==
 
{{Siehe auch|Wahrnehmung#Über die vermeintliche Subjektivität der Wahrnehmung|titel1=Über die vermeintliche Subjektivität der Wahrnehmung}}
 
Tatsächlich eröffnet sich der Blick für die [[Wirklichkeit]] der Qualia erst der [[Imagination|imaginativen]] [[Anschauung]], die durch entsprechende [[Schulungsweg|geistige Übungen]] erreicht werden kann.
 
{{GZ|Mit Bezug auf die Sinneswahrnehmungen ist man
aber in eine wahre wissenschaftliche Verwirrung gekommen.
Die Menschen meinen vielfach - die Physiologen
haben sich in dieser Beziehung sogar den Erkenntnistheoretikern
und Philosophen im 19. Jahrhundert angeschlossen
-, wenn wir zum Beispiel Rot sehen, so ist
der äußere Vorgang irgendein Schwingungsvorgang, der
sich fortpflanzt bis zu unserem Sehorgan, bis zum Gehirn.
Dann wird ausgelöst das eigentliche Rot-Erlebnis.
Oder es wird durch den äußeren Schwingungsvorgang
ausgelöst der Ton Cis auf dieselbe Weise. Hier ist man in
Verwirrung geraten, weil man dasjenige, was in uns, in
unserer Körperbegrenzung lebt, gar nicht mehr von dem
Äußeren unterscheiden kann. Hier spricht man durchaus
davon, daß alle Sinnesqualitäten, Farben, Töne, Wärmequalitäten,
eigentlich nur subjektiv seien; daß das äußere
Objektive etwas ganz anderes sei.
 
Wenn wir nun geradeso, wie wir die drei Raumesdimensionen
zunächst aus uns heraus bilden, um sie an
und in den Dingen wieder zu finden, wenn wir ebenso
dasjenige, was in uns sonst als Sinnesempfindung auftritt,
aus uns selbst schöpfen und dann außer uns versetzen
könnten, dann würden wir das erst in uns Gefundene
in den Dingen ebenso finden, ja, auf uns zurückschauend,
es wiederfinden, wie wir das als Raum in uns
Erlebte in der Außenwelt finden und auf uns zurückschauend,
uns selbst diesem Räume angehörend finden.
Wir würden, wie wir die Raumeswelt um uns haben, eine
Welt von ineinanderfließenden Farben und Tönen um
uns haben. Wir würden sprechen von einer objektivierten
farbigen, tönenden Welt, einer flutenden, farbigen,
tönenden Welt, so wie wir von dem Raume um uns
herum sprechen.
 
Das kann der Mensch aber durchaus erreichen, daß
er diese Welt, die sonst für ihn nur vorliegt als die Welt
der Wirkungen, kennenlernt als die Welt seiner eigenen
Bildung. Wie wir unbewußt, einfach aus unserer
menschlichen Natur heraus, uns die Raumesgestalt ausbilden,
um sie dann in der Welt wiederzufinden, indem
wir sie erst metamorphosiert haben, so kann der Mensch
durch gewisse Übung - das muß er jetzt bewußt ausführen
- dazu kommen, aus sich heraus den gesamten
Umfang der Qualitäten enthaltenden Welt zu finden, um
sie dann wiederzufinden in den Dingen, wiederzufinden
zurückschauend auf sich selbst.
 
Was ich Ihnen hier schildere, das ist das Aufsteigen zu
der sogenannten imaginativen Anschauung.|82|58f}}
 
Die Sinnesqualitäten sind rein seelischer und ''nicht'' [[physisch]]er Natur, aber wir erfahren sie zunächst nicht in ihrer reinen Gestalt, sondern nur abgeschattet ''an'' der Materie. Als das alte Hellsehen in der [[Menschheit]] allmählich erlosch, legten sie sich gleichsam, und das gilt ganz besonders für die Farben, wie ein abgedunkelter Schleier über die Oberfläche der physischen Gegenstände und verwehrten so den unmittelbaren Einblick in die niedere Seelenwelt. Andere Sinnesqualitäten, wie etwa der [[Ton]], scheinen mehr aus dem Inneren der physischen Dinge und [[Wesen]] hervorzudringen, aber das Prinzip bleibt das selbe.
 
== Die Sinnesqualitäten als Keim zukünftiger Welten ==
 
Neue Welten enstehen, indem sie [[schöpferisch]], d.h. durch einen reinen [[Wille]]nsakt, zuerst in [[Gedanke]]nform im [[Devachan]] durch den [[Geist]] hervorgebracht werden, sich dann in der [[Astralwelt]] zu [[Seele|seelisch]]-[[astral]]en Gebilden verdichten, zu [[Äther]]kräften formen, um schließlich in [[physisch]]er Gestalt zu erscheinen. Die Sinnesqualitäten sind astrale Gebilde, in denen sich eine zukünftige äußere Welt ankündigt, an deren Gestaltung der [[Mensch]] durch seine [[Wahrnehmung]] aktiv beteiligt ist. Die [[Qualia]] sind in diesem Sinn der Anfangszustand einer zukünftigen Welt, deren späterer Endzustand - gleichsam der Leichnam dieses Schöpfungsprozesses - sich zwar noch nicht draußen in der [[Natur]], wohl aber schon im Menschen selbst ankündigt in Form des leichnamhaften [[Nervensystem]]s.
 
{{GZ|Aus unserer, aus der physischen
Scheinwelt herausgeborenen Ethik und Moral, ich habe es oft
gesagt, werden künftige physische Welten entstehen, wie aus dem
Pflanzenkeim heute die Pflanze entsteht. So daß man es da zu tun hat
mit dem Anfangszustand des Wesenhaften. Und erst dadurch, daß man
darauf kommt, daß Psychologie und Pneumatologie, damit wir eine
ordentliche Naturwissenschaft haben, darauf hintendieren müssen, dasjenige,
was sie durch Beobachtung gewinnen, als einen Anfangszustand
zu betrachten, werden sie tatsächlich von der anderen Seite her
jenes Licht werfen, das zur Naturwissenschaft gehört. Aber, was ist
denn dieser Anfangszustand?
 
Es ist dieser Anfangszustand im Äußeren, nicht im Inneren jetzt,
das geht aus meiner ganzen Betrachtungsweise hervor, es ist der Anfangszustand
im Äußeren, also wenn ich hinausschaue und die grüne
Pflanzendecke da ist, die farbige Welt, das Rote und Grüne und Blaue,
und wenn da draußen die Töne sind. Was sind denn nur diese flüchtigen
Gebilde, die die heutige Physik und Physiologie und Psychologie
nur als etwas Subjektives betrachten wollen? Sie sind dasjenige,
woraus sich die Welten der Zukunft draußen schaffen. Und Rot ist
nicht das von der Materie im Auge oder im Gehirn Erzeugte, sondern
das Rot ist der allererste noch scheinhafte Keim zukünftiger Welten.
Lernen Sie das aber kennen, dann werden Sie auch ein wenig anschauen
wollen, was diesen künftigen Welten draußen einmal als Leichnam
entsprechen wird. Es wird nicht der Leichnam sein, den wir früher
durch unsere Physik und Chemie gefunden haben, sondern es wird ein
Zukunftsleichnam sein. Man wird ihn erkennen, wenn man das, was da
draußen als Zukunftsleichnam einmal entstehen wird, heute schon im
oberen Menschen entdeckt, in demjenigen Menschen, in dem vorzugsweise
astralischer Leib und Ich tätig sind. Indem man da für diesen
Anfangszustand den Endzustand erlebt, versteht man endlich ordentlich
das Nervensystem und das Gehirn, insofern sie tot sind, nicht insofern
sie lebendig sind. Sie können sogar toter als ein Leichnam sein
in einem gewissen Sinne, indem sie den Nullpunkt des Toten, gerade
im besonderen für das Nervensystem, noch überwinden und toter werden
als tot. Dadurch aber werden sie gerade zu Trägern des sogenannten
Geistigen, daß in ihnen das Tote lebt, daß in ihnen der Endzustand
lebt, den die äußere Natur noch nicht einmal erreicht hat; daß sie
noch über diesen Endzustand hinausgehen.
 
[[Datei:GA326 144.gif|center|500px|Zeichnung aus GA 326, S. 144]]
 
Man wird also, um Psychologie und Pneumatologie in der Welt draußen
zu finden, entdecken müssen, wie im menschlichen Organismus, und
zwar in der Kopforganisation und in der halben rhythmischen Organisation,
vorzugsweise der Atmungsorganisation, das Tote west. Wir
müssen hineinschauen in unseren Kopf und von ihm uns sagen: Der
stirbt fortwährend. Denn wenn er lebte, würde die sprießende und
sprossende Lebensmaterie nicht denken können. Weil er aber sich
auslebt, weil er fortwährend tot wird, haben die seelisch-geistig wesenhaften
Gedanken in ihm die Möglichkeit, über dem Toten sich als
der neue lebendige Schein auszubreiten.|326|143f}}
 
== Der sinnliche Wahrnehmungsprozess ==
 
{{Hauptartikel|Sinneswahrnehmung}}
 
Wie die [[sinnliche Wahrnehmung]] genau zustande kommt, hat [[Rudolf Steiner]] sehr deutlich am Beispiel des [[Farbwahrnehmungsprozess]]es geschildert.
 
<div style="margin-left:20px">
"Die Sinnesempfindung besteht darin -
ich kann dies heute nur als Ergebnis anführen - , daß, indem
die äußere Umgebung das Ätherische aus dem Materiellen
in unsere Sinnesorgane hineinsendet, jene Golfe macht, von
denen ich vorgestern sprach, so daß das, was draußen ist,
innerhalb unseres Sinnenbereiches auch innerlich wird, wir
zum Beispiel einen Ton haben gewissermaßen zwischen
Sinnesleben und Außenwelt. Dann wird dadurch, daß der
äußere Äther eindringt in unsere Sinnesorgane, dieser äußere
Äther abgetötet. Und indem der äußere Äther abgetötet in
unsere Sinnesorgane hereinkommt, wird er, indem der
innere Äther vom ätherischen Leibe ihm entgegenwirkt,
wieder belebt. Darin haben wir das Wesen der Sinnesempfindung.
Wie Ertötung und Belebung im Atmungsprozeß
entsteht, indem wir den Sauerstoff einatmen, und
ausatmen die Kohlensäure, so besteht eine Wechselwirkung
zwischen gewissermaßen erstorbenem Äther und belebtem
Äther in der Sinnesempfindung.
 
Dies ist eine außerordentlich wichtige Tatsache, die sich
der Geisteswissenschaft ergibt. Denn das, was keine philosophischen
Spekulationen finden, woran die philosophische
Spekulation der letzten Jahrhunderte so unzählige Male
gescheitert ist, das kann nur auf dem Wege der Geisteswissenschaft
gefunden werden. Sinnesempfindung kann so
erkannt werden als eine feine Wechselwirkung zwischen
äußerem und innerem Äther; als Belebung des im Sinnesorgan
ertöteten Äthers vom inneren Äther leibe aus. So daß
dasjenige, was die Sinne uns aus der Umgebung abtöten,
innerlich durch den Ätherleib wieder belebt wird, und wir
dadurch zu dem kommen, was eben Wahrnehmung der
Außenwelt ist.
 
Dies ist außerordentlich wichtig, denn es zeigt, wie der
Mensch, schon wenn er der Sinnesempfindung sich hingibt,
nicht nur lebt im physischen Organismus, sondern im
ätherisch Übersinnlichen, wie das ganze Sinnesleben ein
Leben und Weben im Ätherisch-Unsichtbaren ist." {{Lit|{{G|066|166f}}}}
</div>
 
Damit das so Belebte aber auch [[bewusst]] [[Erfahrung|erfahren]] wird, muss es auch noch vom [[Astralleib]] ergriffen werden:
 
<div style="margin-left:20px">
"Man kommt aber, [...]
wenn man sich bloß erhebt vom physischen zu dem
ätherischen Leibe, doch nicht zurecht; sondern man kommt
da nur an eine gewisse Grenze, die aber überschritten werden
muß; denn jenseits des Ätherischen liegt erst das Seelisch-
Geistige. Und das Wesentliche ist, daß eben dieses SeelischGeistige
nur durch die Vermittlung des Ätherischen mit
dem Physischen in eine Beziehung kommen kann. So haben
wir das eigentlich Seelische des Menschen erst in dem zu
suchen, was nun völlig überätherisch arbeitet und kraftet im
Ätherischen, so daß das Ätherische wiederum das Physische
gestaltet, wie es selbst gestaltet, durchkraftet, durchlebt
ist von dem Seelischen." {{Lit|{{G|066|169f}}}}
</div>
 
== Literatur ==
* Emil du Bois-Reymond: ''Über die Grenzen des Naturerkennens'', 1872, Nachdruck u.a. in: Emil du Bois-Reymond: ''Vorträge über Philosophie und Gesellschaft'', Hamburg, Meiner, 1974.
* Ders.: ''Die sieben Welträthsel'', 1880, Nachdruck u.a. in: Emil du Bois-Reymond: ''Vorträge über Philosophie und Gesellschaft'', Hamburg, Meiner, 1974.
* Weltanschauung, Philosophie und Naturwissenschaft im 19. Jahrhundert. Bd. 3: Der Ignorabimus-Streit, hg. v. Kurt Bayertz et al., Hamburg, Meiner, 2007.
*  [[Maxwell R. Bennett]], [[Peter M. Hacker]], Axel Walter (Übers.): ''Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften'', Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG) 2010, ISBN 978-3534228775, eBook ASIN B01A16QLUA
* [[Thomas Fuchs]]: ''Das Gehirn - ein Beziehungsorgan. Eine phänomenologisch-ökologische Konzeption.'' Kohlhammer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3170297937, eBook {{ASIN|B01N0I5H72}}
* Rudolf Steiner: ''Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften'', [[GA 1]] (1987), ISBN 3-7274-0011-0 {{Schriften|001}}
* Rudolf Steiner: ''Goethes Weltanschauung'', [[GA 6]] (1990), ISBN 3-7274-0060-9; '''Tb 625''', ISBN 978-3-7274-6250-4 {{Schriften|006}}
* Rudolf Steiner: ''Ein Weg zur Selbsterkenntnis des Menschen'', [[GA 16]] (2004), ISBN 3-7274-0160-5; zusammen mit [[GA 17]] in '''Tb 602''', ISBN 978-3-7274-6021-0 {{Schriften|016}}
* Rudolf Steiner: ''Geist und Stoff, Leben und Tod'', [[GA 66]] (1988), ISBN 3-7274-0660-7 {{Vorträge|066}}
* Rudolf Steiner: ''Damit der Mensch ganz Mensch werde'', [[GA 82]] (1994), ISBN 3-7274-0820-0 {{Vorträge|082}}
* Rudolf Steiner: ''Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Zweiter Teil'', [[GA 206]] (1991), ISBN 3-7274-2060-X {{Vorträge|206}}
* Rudolf Steiner: ''Kunst und Kunsterkenntnis'', [[GA 271]] (1985), ISBN 3-7274-2712-4 {{Vorträge|271}}
* Rudolf Steiner: ''Der Entstehungsmoment der Naturwissenschaft in der Weltgeschichte und ihre seitherige Entwickelung'', [[GA 326]] (1977), ISBN 3-7274-3260-8 {{Vorträge|326}}
 
{{GA}}
 
== Weblinks ==
* {{WikipediaDE|Qualia|}}
* {{Kirchner|Sinn}}
* ''Über die Grenzen des Naturerkennens'' [http://vlp.mpiwg-berlin.mpg.de/library/data/lit28636 Digitalisat]
* ''Die sieben Welträtsel'' [http://vlp.mpiwg-berlin.mpg.de/library/data/lit28646 Digitalisat]
* [http://freenet-homepage.de/mvhs.philosophie/Weltraetsel.htm E. Du Bois-Reymond: ''Die sieben Welträtsel'']
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
[[Kategorie:Wahrnehmung]] [[Kategorie:Sinne]] [[Kategorie:Sinnesqualitäten|!]]

Aktuelle Version vom 18. Juli 2019, 17:26 Uhr

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