Bereitschaftspotential: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 17. Juni 2018, 14:08 Uhr

Das Bereitschaftspotential nach der Publikation von H. H. Kornhuber und L. Deecke (1965; Abb. 1, S. 4)

Das Bereitschaftspotential oder kurz BP (eng. readiness potential, kurz RP) ist ein mittels EEG von der Kopfhaut ableitbares negatives elektrisches Potential, das kurz vor willkürlichen Bewegungen in bestimmten Arealen der Großhirnrinde erregt wird, vor allem im prämotorischen und supplementär-motorischen Cortex und im Gyrus cinguli.

Das Bereitschaftspotential wurde 1964 von dem deutschen Hirnforscher Hans Helmut Kornhuber (1928-2009) gemeinsam mit seinem damaligen Dissertanten Lüder Deecke (* 1938) entdeckt und im folgenden Jahr publiziert[1].

Da das BP mit etwa 10-15 µV verglichen mit anderen Gehirnaktivitäten relativ schwach ist, musste es aus einer großen Reihe von Versuchen durch Rückwärtsanalyse per Computer ermittelt werden. Dazu wurden die auf Magnetband gespeicherten Daten in umgekehrter Zeitfolge in den Computer eingespeist und analysiert. Dieses rückläufige Verfahren war notwendig, da nur so der Beginn der eigentlichen Bewegung als Referenzmarke verwendet werden konnte.

Kurz zuvor hatte schon William Grey Walter (1910-1977) bei EEG-Untersuchungen an autistischen Kindern im Jahre 1962 die sog. kontingente negative Variation (eng. Contingent Negative Variation, CNV) entdeckt und 1964 veröffentlicht[2]. Dabei arbeitete er mit zwei innerhalb von 3-10 sec aufeinanderfolgenden Signalen, mit denen er die Kinder wiederholt so trainierte, dass sie durch das erste Signal bereits eine entsprechende Erwartungshaltung für das kurz drauf folgende Signal aufbauten. Diese Erwartungshaltung spiegelte sich dann im EEG zwischen den beiden Signalen als negatives Potential von durchschnittlich 20 µV wider, gefolgt von einem positiven Potential als Reaktion auf das zweite Signal. Da bereits mit dem ersten Signal eine eindeutige Referenzmarke gegeben war, konnte hier die statistische Mittelung in der regulären Zeitrichtung erfolgen.

Kornhuber und Deecke führten 94 Versuche mit 12 gesunden Versuchspersonen durch und mittelten die an drei Elektroden gemessenen Werte. Bei jedem Versuch wurden zwischen 100 bis 500 Einzelbewegungen registriert. Die Versuchsperson wurde meist aufgefordert, die Bewegungen nicht rhythmisch, sondern in unregelmäßigen Abständen mit Pausen von mehr als 15 Sekunden auszuführen. Das BP beginnt etwa 0,4 bis 4 Sekunden vor der Bewegung flach anzusteigen und erreicht seinen Höhepunkt auf der zur Bewegungshand kontralateralen Seite meist etwa 50 msec (zwischen 30-90 msec) nach Beginn der Bewegung. Das ipsilaterale Potential erreicht durchschnittlich nur 75% des kontralateren.

„Die typischen corticalen Potentialschwankungen (Abb. 1-5) sind manchmal schon nach 20 Willkürbewegungen wenigstens andeutungsweise zu sehen. Oft findet man erst bei mehr als 100 Bewegungen einen genügend glatten Null-Versuch und eine verwertbare Kurve. Willkürbewegungen der Hand oder des Fußes geht regelmäßig ein langsam anwachsendes Oberflächen-negatives Potential voraus, das durchschnittlich (mit großer Streuung) 1-1,5 sec vor der Muskelaktivitiät beginnt und eine Höhe von durchschnittlich etwa 10 bis 15 v erreicht. Diese flach ansteigende negative Welle vor der Bewegung wird im folgenden auch „Bereitschaftspotential“ genannt.“ (Lit.: Kornhuber/Deeker, S. 4[1])

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Hans H. Kornhuber, Lüder Deecke: Hirnpotentialänderungen bei Willkürbewegungen und passiven Bewegungen des Menschen: Bereitschaftspotential und reafferente Potentiale. In: Pflügers Arch 284, 1965, S. 1–17; doi:10.1007/BF00412364 online
  2.  W. Grey Walter, R. Cooper, V. J. Aldridge, W. C. McCallum, A. L. Winter: Contingent Negative Variation: An Electric Sign of Sensori-Motor Association and Expectancy in the Human Brain. In: Nature. 203, Nr. 4943, 25. Juli 1964, S. 380–384, doi:10.1038/203380a0.