John Locke und Quantenphysik: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:John Locke.jpg|miniatur|John Locke (Porträt von Godfrey Kneller, 1697)]]
Der Begriff '''Quantenphysik''' fasst alle [[Phänomen]]e und Effekte zusammen, die darauf beruhen, dass bestimmte [[physikalische Größe|Größen]] nicht jeden beliebigen Wert annehmen können, sondern nur festgelegte [[diskret]]e Werte (siehe [[Quantelung]]). Dazu gehören auch der [[Welle-Teilchen-Dualismus]], die [[Determinismus|Nichtdeterminiertheit]] von physikalischen Vorgängen und deren unvermeidliche Beeinflussung durch die Beobachtung. Quantenphysik umfasst alle [[Theorie]]n, [[Modell]]e und Konzepte, die auf die [[Quantenhypothese]] von [[Max Planck]] zurückgehen. Plancks Hypothese war um 1900 notwendig geworden, weil die [[klassische Physik]] z. B. bei der Beschreibung des [[Licht]]s oder des Aufbaus der [[Materie (Physik)|Materie]] an ihre Grenzen gestoßen war.
'''John Locke''' [{{IPA|dʒɒn lɒk}}] (* [[Wikipedia:29. August|29. August]] [[Wikipedia:1632|1632]] in Wrington bei [[Wikipedia:Bristol|Bristol]]; † [[Wikipedia:28. Oktober|28. Oktober]] [[Wikipedia:1704|1704]] in Oates, [[Wikipedia:Epping Forest (District)|Epping Forest]], [[Wikipedia:Essex|Essex]]) war ein einflussreicher [[England|englischer]] [[Philosoph]] und Vordenker der [[Aufklärung]].


Locke gilt allgemein als ''Vater des [[Liberalismus]]''.<ref>Locke, John. A Letter Concerning Toleration Routledge, New York, 1991. p. 5 (Introduction)</ref><ref>Delaney, Tim. The march of unreason: science, democracy, and the new fundamentalism Oxford University Press, New York, 2005. p. 18</ref><ref>Godwin, Kenneth et al. School choice tradeoffs: liberty, equity, and diversity University of Texas Press, Austin, 2002. p. 12</ref> Er ist zusammen mit [[Isaac Newton]] und [[David Hume]] der Hauptvertreter des britischen [[Empirismus]]. Des Weiteren ist er neben [[Thomas Hobbes]] (1588–1679) und [[Jean-Jacques Rousseau]] (1712–1778) einer der bedeutendsten [[Vertragstheorie|Vertragstheoretiker]] im frühen Zeitalter der [[Aufklärung]].
Die Quantenphysik ist neben der [[Relativitätstheorie]] der zweite Grundpfeiler der modernen Physik. Besonders deutlich zeigen sich die Unterschiede zwischen der Quantenphysik und der klassischen Physik im mikroskopisch Kleinen (z.&nbsp;B. Aufbau der [[Atom]]e und [[Molekül]]e) oder in besonders „reinen“ Systemen (z.&nbsp;B. [[Supraleitung]] und [[Laser]]strahlung). Aber auch ganz alltägliche Dinge wie die chemischen oder physikalischen Eigenschaften verschiedener Stoffe ([[Farbe]], [[Ferromagnetismus]], [[elektrische Leitfähigkeit]] usw.) lassen sich nur quantenphysikalisch verstehen.


Seine [[politische Philosophie]] beeinflusste die [[Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten]], die [[Verfassung der Vereinigten Staaten]], die Verfassung des [[Französische Revolution|revolutionären Frankreichs]] und über diesen Weg die meisten Verfassungen liberaler Staaten maßgeblich. In seinem Werk ''[[Zwei Abhandlungen über die Regierung|Two Treatises of Government]]'' argumentiert Locke, dass eine Regierung nur legitim ist, wenn sie die Zustimmung der Regierten besitzt und die Naturrechte Leben, Freiheit und Eigentum beschützt. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, haben die Untertanen ein Recht auf Widerstand gegen die Regierenden.
Insbesondere gehören aber auch zwei Teilbereiche der [[Physik#Theoretische Physik|theoretischen Physik]] zur Quantenphysik: die [[Quantenmechanik]] und die [[Quantenfeldtheorie]]. Erstere beschreibt das Verhalten von [[Quantenobjekt]]en unter dem Einfluss von [[Feld (Physik)|Feld]]ern. Letztere behandelt zusätzlich die Felder als Quantenobjekte. Die Vorhersagen beider Theorien stimmen außerordentlich gut mit den Ergebnissen von Experimenten überein. Ihre einzige bekannte Schwäche besteht darin, dass sie sich nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens nicht mit der – ebenfalls gut bestätigten – [[Allgemeine Relativitätstheorie|allgemeinen Relativitätstheorie]] vereinbaren lassen.


== Leben ==
== Theorien der Quantenphysik ==
[[Datei:John Locke by John Greenhill.jpg|miniatur|John Locke (Porträt von John Greenhill, vor 1676)]]
=== Frühe Quantentheorien ===


Locke wurde als Sohn eines Gerichtsbeamten in der [[Grafschaft (England)|Grafschaft]] [[Somerset]] geboren. Er entstammte einer relativ wohlhabenden Familie. Sein Großvater Nicholas Locke hatte als [[Verlagssystem|Tuchverleger]] ein kleineres Vermögen und Landbesitz angesammelt, von dem die Familie leben konnte. Sein Vater stand im [[Englischer Bürgerkrieg|Englischen Bürgerkrieg]] als Offizier auf der Seite des Parlaments. Die Lockes genossen Protektion durch die Familie der Pophams, die mit [[John Popham]] (1531–1602) einen Speaker des [[House of Commons (England)|House of Commons]] und mit [[Alexander Popham]] (1595–1669) ein langjähriges Mitglied des Unterhauses hervorgebracht hatten. So war es John Locke 1647 möglich, die ehemals königliche [[Westminster School]] in der Londoner Innenstadt zu besuchen. Er konnte von dort die versammelte Menge hören, als die Puritaner König [[Karl I. (England)|Karl&nbsp;I.]] am 30. Januar 1649 hinrichteten.
Schon vor Entwicklung der Quantenmechanik gab es Entdeckungen, die zwar die Quantisierung bestimmter Größen [[Postulat|postulieren]] und manchmal auch mit der Welle-Teilchen-Dualität begründen, jedoch keine tieferen Einsichten in die zugrundeliegenden Mechanismen erlauben. Insbesondere lieferten diese Theorien keine Vorhersagen, die über ihren entsprechenden Gegenstand hinausgingen. Im [[Englische Sprache|englischen Sprachgebrauch]] werden diese Vorläufer der Quantenmechanik als ''old quantum theory'' bezeichnet.


Locke erlangte ein Stipendium, das es ihm erlaubte, ab 1652 am College [[Christ Church (Oxford)|Christ Church]] der [[University of Oxford]] „klassische Wissenschaften“ zu studieren, was eine Schulung an [[Aristoteles]] und der [[Scholastik]] (Logik und Metaphysik) sowie die alten Sprachen Griechisch und Latein und die klassischen Autoren umfasste. 1656 verlieh ihm die Universität den [[Bachelor of Arts]]. Überlegungen, sein Studium abzubrechen und in eine Anwaltskanzlei einzutreten, gab er auf. Stattdessen legte er die Prüfung zum [[Master|Master of Arts]] bereits zwei Trimester vor Ablauf der planmäßigen Studienzeit im Jahr 1658 ab. Danach wurde er als ''senior student'' Mitglied des Lehrkörpers und nahm seine Tätigkeit als Dozent auf. Er war ab 1660 Lecturer für Griechisch, dann [[Rhetorik]] (1662) und [[Ethik]] (1663 „Censor of Moral Philosophy“). Seine Karriere war damit für Oxford-Verhältnisse durchaus typisch.
Im Jahr 1900 entwickelte Max Planck eine Formel zur Beschreibung der gemessenen [[Frequenz]]verteilung der von einem [[Schwarzkörper]] emittierten Strahlung, das [[Plancksches Strahlungsgesetz|Plancksche Strahlungsgesetz]], wobei er von der Annahme ausging, dass der schwarze Körper aus [[Oszillator]]en mit diskreten [[Energieniveau]]s besteht.<ref name="Planck1900">M. Planck: ''Zur Theorie des Gesetzes der Energieverteilung im Normalspektrum'', Verhandlungen der Deutschen physikalischen Gesellschaft 2(1900) Nr. 17, S. 237–245, Berlin (vorgetragen am 14. Dezember 1900).</ref> Planck betrachtete diese Quantelung der [[Energie]] also als Eigenschaft der Materie und nicht des Lichtes selbst. Das Licht war nur insofern betroffen, als Licht in seinem Modell immer nur in bestimmten Portionen Energie mit Materie austauschen konnte, weil in der Materie nur bestimmte Energieniveaus möglich seien. Dabei fand er zwischen der Energieportion <math>\Delta E</math> und der Frequenz <math>\nu</math> des Lichts den Zusammenhang <math>\Delta E = h \nu</math>.


Nachdem sein jüngerer Bruder schon in der Kindheit gestorben war, erbte John Locke nach dem frühen Tod seines Vaters 1661 etwas Land und einige [[Cottage (Wohngebäude)|Cottages]], wodurch er finanziell unabhängig wurde. In der statusbasierten englischen Gesellschaft hatte er so den Rang eines Landbesitzers inne.
[[Albert Einstein]] erweiterte diese Konzepte und schlug im Jahr 1905 eine Quantisierung der Energie des Lichtes selbst vor, um den [[Photoelektrischer Effekt|photoelektrischen Effekt]] zu erklären.<ref name="Einstein1905">A. Einstein: ''Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt'', Annalen der Physik 17 (1905), S. 132–148. ([http://www.zbp.univie.ac.at/meldungen/2005-01-31/02/einstein1.pdf PDF]).</ref> Der photoelektrische Effekt besteht darin, dass Licht bestimmter Farben [[Elektron]]en aus [[Metalle|Metalloberflächen]] herauslösen kann. Dabei kann der Lichtstrahl an jedes einzelne Elektron nur einen immer gleichen Energiebetrag abgeben, der zudem proportional ist zur Frequenz, also einer Eigenschaft des Lichtes. Daraus schloss Einstein, dass die Energieniveaus nicht nur innerhalb der Materie gequantelt sind, sondern dass das Licht ebenfalls nur aus bestimmten Energieportionen besteht, den ''[[Photon|Lichtquanten]]''. Dieses Konzept ist mit einer reinen Wellennatur des Lichtes nicht vereinbar. Es musste also angenommen werden, dass das Licht weder eine klassische Welle noch ein klassischer Teilchenstrom ist, sondern sich mal so, mal so verhält.


Bereits als Student hatte Locke, wie sich aus seinen Aufzeichnungen ergibt, Interesse an medizinischen Fragen und den neu aufkommenden empirischen Methoden gezeigt. So befasste er sich mit den Naturwissenschaften und hörte bei [[Richard Lower]] inoffiziell medizinische Vorlesungen. In dieser Zeit hatte er engeren Kontakt zu [[Robert Boyle]] und den experimentellen empirischen Methoden der Naturwissenschaften. Er interessierte sich besonders für die botanischen Aspekte der Medizin und erarbeitete sich einen Abschluss als [[Bachelor]] in Medizin in [[Oxford]]. Während der folgenden Jahre verfasste Locke einige Abhandlungen, die durchaus royalistisch gefärbt sind, jedoch auch den Standpunkt des klassischen Naturrechts vertreten. Diese wurden jedoch zu seinen Lebzeiten nie veröffentlicht. Seine Karriere stagnierte, sowohl akademisch als auch politisch konnte er zunächst keinen Gönner finden.
1913 verwendete [[Niels Bohr]] das Konzept gequantelter Energieniveaus, um die [[Spektrallinie]]n des [[Wasserstoffatom]]s zu erklären. Das nach ihm benannte [[Bohrsches Atommodell|bohrsche Atommodell]] geht davon aus, dass das Elektron im Wasserstoffatom mit einer bestimmten Energie um den [[Atomkern|Kern]] kreist. Das Elektron wird hierbei noch als klassisches [[Teilchen]] betrachtet, mit der einzigen Einschränkung, dass es nur bestimmte Energien haben kann und, wenn es mit einer solchen Energie um den Kern kreist, entgegen der [[Elektrodynamik|klassischen Elektrodynamik]] keine elektromagnetische Welle erzeugt, also auch keine Energie abstrahlt. Eine experimentelle Bestätigung der von Bohr verwendeten Annahmen gelang im [[Franck-Hertz-Versuch]] 1914. Das bohrsche Atommodell wurde noch um einige Konzepte wie elliptische Bahnen des Elektrons erweitert, insbesondere von [[Arnold Sommerfeld]], um auch die Spektren anderer Atome erklären zu können. Dieses Ziel wurde jedoch nicht zufriedenstellend erreicht. Außerdem konnte Bohr keine Begründung für seine [[Postulat]]e geben außer der, dass das [[Rydberg-Formel|Wasserstoffspektrum]] damit erklärbar war; zu tieferer Einsicht führte sein Modell nicht.


Im Jahr 1665 begleitete Locke als Sekretär den Gesandten Sir [[Walter Vane]] zu Verhandlungen mit dem brandenburgischen Kurfürsten [[Friedrich Wilhelm (Brandenburg)|Friedrich Wilhelm]] in [[Kleve]]. Allerdings kehrte er im folgenden Jahr bereits nach Oxford zurück und wandte sich erneut der Medizin zu. Im selben Jahr traf er Sir [[Anthony Ashley-Cooper, 1. Earl of Shaftesbury|Anthony Ashley-Cooper]], den späteren 1st Earl of Shaftesbury. Ashley-Cooper war nach Oxford gekommen, um sich einer Therapie wegen einer Lebererkrankung zu unterziehen. Er war von Locke sehr beeindruckt und überredete ihn, sich bei ihm als Leibarzt anstellen zu lassen, obwohl er keine Approbation als Doktor der Medizin besaß: eine offizielle Erlaubnis, als Mediziner zu praktizieren, verlieh ihm die Universität erst 1675. Locke zog im Jahre 1667 in Shaftesburys Domizil am Exeter House in London und diente ihm als Leibarzt. In London vertiefte Locke seine medizinischen Studien, zu denen auch die exakte Beobachtung am Krankenbett gehörte, unter der Leitung von [[Thomas Sydenham]]. Bereits 1668 führte Locke einen gewagten medizinischen Eingriff durch, der Ashley-Cooper unter Umständen das Leben gerettet haben mag.
Im Jahr 1924 veröffentlichte [[Louis-Victor de Broglie|Louis de Broglie]] seine Theorie der [[Materiewelle]]n, wonach jegliche Materie einen Wellencharakter aufweisen kann und umgekehrt Wellen auch einen Teilchencharakter aufweisen können.<ref name="deBroglie1924">L. de Broglie: ''Recherches sur la théorie des Quanta'', Doktorarbeit. Engl. Übersetzung (übers. A.F. Kracklauer): Ann. de Phys., 10e serie, t. III, (1925).</ref> Mit Hilfe seiner Theorie konnten der photoelektrische Effekt und das bohrsche Atommodell auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgeführt werden. Die Umlaufbahnen des Elektrons um den Atomkern wurden als [[Stehende Welle|stehende Materiewellen]] aufgefasst. Die berechnete Wellenlänge des Elektrons und die Längen der Umlaufbahnen nach dem bohrschen Modell stimmten gut mit diesem Konzept überein. Eine Erklärung der anderen Atomspektren war jedoch weiterhin nicht möglich.


Dieser protegierte Locke seitdem nachhaltig; Locke hatte an seinem politischen Aufstieg zu einem Führer der [[Gentry]] und schließlich an die Regierung teil. Dass Locke keine große politische Karriere machte, liegt wahrscheinlich an Lockes eigener Skepsis gegenüber diesen Aufgaben, nicht an mangelnder Unterstützung durch den Earl. Durch die enge Verbindung zur regierenden Klasse in der bewegten Zeit des Konflikts zwischen parlamentarischer und absoluter Monarchie, Merkantilismus und Handelsstaat erwarb Locke Kenntnisse und Meinungen, die auch auf seine philosophischen Werke Einfluss nahmen. 1672 erhielt er durch Shaftesbury einen der unwichtigeren Regierungsposten, der ihm jedoch Ansehen und Reichtum verschaffte. Wichtiger aber war der geistige Austausch, der durch Shaftesbury gepflegt und gefördert wurde. Locke wurde 1668 Mitglied der [[Royal Society]].
De Broglies Theorie wurde drei Jahre später in zwei unabhängigen Experimenten bestätigt, welche die [[Beugung (Physik)|Beugung]] von Elektronen nachwiesen. Der [[Vereinigtes Königreich|britische]] Physiker [[George Paget Thomson]] leitete einen [[Elektronenstrahl]] durch einen dünnen Metallfilm und beobachtete die von de Broglie vorhergesagten [[Interferenz (Physik)|Interferenzmuster]].<ref name="Thomson1927">G. P. Thomson: ''The Diffraction of Cathode Rays by Thin Films of Platinum.'' Nature 120 (1927), 802.</ref> Bereits 1921 hatte ein ähnliches Experiment von [[Clinton Davisson]] und [[Charles Kunsman]] in den [[Bell Labs]] bei einem an [[Nickel]] reflektierten Elektronenstrahl Beugungsmuster gezeigt, die aber noch nicht als Interferenz gedeutet wurden.<ref>C. Davisson, C.H. Kunsman: ''THE SCATTERING OF ELECTRONS BY NICKEL'' In: ''Science'' Bd. 54 S. 1104</ref> Davisson und sein Assistent [[Lester Germer]] wiederholten das Experiment 1927 und erklärten die beobachteten klaren Beugungsmuster mit Hilfe der Wellentheorie de Broglies.<ref name="Davisson_Germer1927">C. Davisson and L. H. Germer: ''Diffraction of Electrons by a Crystal of Nickel'' In: ''Phys. Rev.''. 30, Nr. 6, 1927, {{DOI|10.1103/PhysRev.30.705}}.</ref>


Als Shaftesbury im Verlauf von Machtkämpfen in der Regierung in Haft kam, unternahm Locke von 1675 bis 1679 eine Reise durch Frankreich, die er nutzte, um sich mit dortigen Naturforschern auszutauschen. Shaftesbury ging nach seiner Freilassung zunächst in die Opposition, wurde aber wegen des Konflikts mit dem König, er war Gegner der Nachfolge [[Jakob II. (England)|Jakobs&nbsp;II.]] auf den Thron [[Karl II. (England)|Karls&nbsp;II.]], 1681 erneut inhaftiert. In diese Zeit fällt die erste Abfassung Lockes ''Zwei Abhandlungen über die Regierung''. Shaftesbury, mittlerweile der Führer der Gruppierungen, die später die Partei der [[Whigs]] bilden sollten, versuchte nach der Freilassung 1682 einen Staatsstreich, den [[Rye House Plot]], bei dem Jakob&nbsp;II. und Karl&nbsp;II. ermordet werden sollten, der scheiterte, und ging ins holländische Exil, wo er 1683 starb. Locke blieb zwar zunächst im Verborgenen in England, ging dann aber auch von 1683 bis 1688 nach Holland.
=== Quantenmechanik ===
{{Hauptartikel|Quantenmechanik}}


Locke wurde beauftragt, die Enkel des Earl, darunter auch [[Anthony Ashley-Cooper, 3. Earl of Shaftesbury]], der selbst ein berühmter Moralphilosoph werden sollte, zu besorgen.
Die moderne Quantenmechanik fand ihren Beginn im Jahr 1925 mit der Formulierung der [[Matrizenmechanik]] durch [[Werner Heisenberg]], [[Max Born]] und [[Pascual Jordan]].<ref name="Heisenberg1925a">W. Heisenberg: ''Über quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen'' Zeitschrift für Physik 33 (1925), S. 879–893.</ref><ref name="Born_Jordan1926">M. Born, P. Jordan: ''Zur Quantenmechanik'', Zeitschrift für Physik 34 (1925), 858</ref><ref name="Born_Heisenberg_Jordan_1926">M. Born, W. Heisenberg, P. Jordan: ''Zur Quantenmechanik II'', Zeitschrift für Physik 35 (1926), 557.</ref> Wenige Monate später entwickelte [[Erwin Schrödinger]] über einen völlig anderen Ansatz – ausgehend von De Broglies Theorie der Materiewellen – die [[Schrödingergleichung|Wellenmechanik]] und die Schrödingergleichung.<ref name="Schroedinger1926">E. Schrödinger: ''Quantisierung als Eigenwertproblem I'', Annalen der Physik 79 (1926), 361–376. E. Schrödinger: ''Quantisierung als Eigenwertproblem II'', Annalen der Physik 79 (1926), 489–527. E. Schrödinger: ''Quantisierung als Eigenwertproblem III'', Annalen der Physik 80 (1926), 734–756. E. Schrödinger: ''Quantisierung als Eigenwertproblem IV'', Annalen der Physik 81 (1926), 109–139.</ref> Kurz darauf konnte Schrödinger nachweisen, dass sein Ansatz der Matrizenmechanik äquivalent ist.<ref name="Schroedinger1926a">E. Schrödinger: ''Über das Verhältnis der Heisenberg-Born-Jordanschen Quantenmechanik zu der meinen'', Annalen der Physik 79 (1926), 734–756.</ref>
1684 befahl der englische König, ihn in Abwesenheit aus dem Christ-Church-College auszuschließen. Locke, der Zeit seines Lebens überzeugtes Mitglied der Universität war, wehrte sich gegen diesen Beschluss. Die Zuneigung Lockes zu Oxford beruhte durchaus nicht auf Gegenseitigkeit: bereits 1683 fand im Hof die letzte öffentliche [[Bücherverbrennung]] Englands statt, wobei auch viele Werke vernichtet wurden, die Locke schätzte. 1684 beschuldigten diverse Professoren der Universität Locke, den Stuarts feindlich gesinnt zu sein. Noch 1703, nachdem seine Werke in der europäischen Geisteswelt Furore machten, weigerte sich die Universität, die Bücher ihres Sohnes in den Lehrplan aufzunehmen.


Erst mit dem Machtantritt [[Wilhelm III. (Oranien)|Wilhelms von Oranien]] wurde ihm 1689 wieder ein Regierungsamt angeboten, das er aus gesundheitlichen Gründen ablehnte. Ab 1690 zog er sich auf das Gut eines befreundeten Adligen zurück. Während er sich persönlich zurückzog, wuchs sein Ansehen. Mit Wilhelm III. und der [[Bill of Rights (England)|Bill of Rights]] hatte sich die protestantisch-bürgerliche Partei im englischen Machtkonflikt durchgesetzt. Lockes 1690 veröffentlichtes ''[[An Essay Concerning Humane Understanding]]'' (Versuch über den menschlichen Verstand) machte seinen Namen in den gelehrten Kreisen Europas bekannt und berühmt, sodass spätere Veröffentlichungen auf große Aufmerksamkeit stießen und intensive Auseinandersetzungen zur Folge hatten. Im House of Commons bildete sich eine Gruppe um [[John Somers, 1st Baron Somers]], die stark von Lockes Ideen beeinflusst war und sich mit ihm traf, wenn er in London war. Somers selbst wurde später wichtigster Berater von Wilhelm&nbsp;III.
Die neuen Ansätze von Schrödinger und Heisenberg enthalten eine neue Sicht auf beobachtbare physikalische Größen, sogenannte ''[[Observable]]''. Diese waren zuvor als Größen betrachtet worden, die in jedem Zustand eines Systems bestimmte Zahlenwerte besitzen, wie zum Beispiel (für ein Teilchen in einer [[Dimension]]) der jeweilige Ort oder [[Impuls]]. Dagegen versuchten Heisenberg und Schrödinger den Observablenbegriff derart zu erweitern, dass er mit der [[Doppelspaltexperiment|Beugung am Doppelspalt]] verträglich würde. Wird dabei nämlich für jedes Teilchen durch eine zusätzliche [[Messung]] festgestellt, durch welchen der Spalte es fliegt, erhält man kein Doppelspaltinterferenzmuster, sondern zwei Einzelspaltmuster. Am Ende dieser Messung ist also der Zustand des beobachteten Teilchens ein anderer als vorher. Observable werden daher formal als Funktionen aufgefasst, die einen Zustand in einen anderen Zustand überführen. Des Weiteren muss jedes Teilchen „irgendwie“ durch beide Spalte fliegen, damit man überhaupt ein Interferenzmuster erklären kann. Dem Zustand jedes einzelnen (!) Teilchens während des Fluges muss man also beide Möglichkeiten zuschreiben, wobei sich bei Beobachtung genau eine realisiert. Das hatte zur Folge, dass der Zustand eines Teilchens nicht mehr durch eindeutige Größenwerte wie Ort und Impuls bestimmt sein kann, sondern von den Observablen und ihren Größenwerten getrennt werden muss. Bei einem Messprozess wird der Zustand in einen der sogenannten Eigenzustände der Observablen umgewandelt, dem nun ein eindeutiger reeller [[Messwert]] zugeordnet ist. Dies Konzept des [[Zustand (Quantenmechanik)|quantenmechanischen Zustandes]] ist also mit dem Konzept der (mathematisch genauen) [[Trajektorie (Physik)|Bahnkurve]] in der älteren Quantentheorie nicht vereinbar. Mathematisch wird ein quantenmechanischer Zustand durch eine [[Wellenfunktion]] oder (weniger anschaulich) durch einen [[Zustandsvektor]] wiedergegeben.


Locke starb am 28. Oktober 1704 in seinem Arbeitszimmer.
Eine Folge dieses neuartigen Observablenbegriffs ist, dass es formal nicht möglich ist, zwei beliebige Observable ohne Angabe einer Reihenfolge auf einen Zustand wirken zu lassen. Wenn es bei zwei Messprozessen auf ihre Reihenfolge nicht ankommt (z.&nbsp;B. Messung von x- und y-Koordinate), heißen sie vertauschbar. Andernfalls (z.&nbsp;B. Messung von x-Koordinate und x-Impuls) muss ihre Reihenfolge festgelegt werden, und in genau diesen Fällen verändert die zweite Messung den durch die erste Messung erzeugten Zustand ein weiteres Mal. Daher würde auch eine anschließende Wiederholung der ersten Messung nun ein anderes Ergebnis haben. Es ist also möglich, dass zwei Observable, wenn sie in unterschiedlicher Reihenfolge auf einen Zustand wirken, unterschiedliche Endzustände liefern können. Wenn bei zwei Observablen die Reihenfolge der Messung entscheidend ist, weil die Endzustände sonst verschieden sind, führt dies zu einer sogenannten [[Heisenbergsche Unschärferelation|Unschärferelation]]. Für Ort und Impuls wurde diese erstmals von Heisenberg im Jahr 1927 beschrieben. Diese Relationen versuchen, die [[Streuung (Statistik)|Streuung]] der Messwerte bei Vertauschen der Observablen, und damit die Unterschiedlichkeit der Endzustände quantitativ zu beschreiben.


== Philosophie ==
1927 wurde die [[Kopenhagener Deutung|Kopenhagener Interpretation]] von Bohr und Heisenberg formuliert, die auch als orthodoxe Interpretation der Quantenmechanik bezeichnet wird. Sie stützte sich auf den Vorschlag von Max Born, das [[Betragsquadrat]] der Wellenfunktion, die den Zustand eines Systems beschreibt, als [[Bornsche Wahrscheinlichkeitsinterpretation|Wahrscheinlichkeitsdichte]] aufzufassen. Die Kopenhagener Deutung ist bis heute die Interpretation der Quantenmechanik, die von den meisten Physikern vertreten wird, obwohl es inzwischen zahlreiche andere Interpretationen gibt.
=== Veröffentlichungen ===
Lockes erste Veröffentlichung war ein 1653 publiziertes Lobgedicht auf [[Oliver Cromwell]], nachdem dieser eine Schlacht im [[Englisch-Niederländischer Krieg (1652–1654)|Englisch-Niederländischen Krieg]] gewonnen hatte. Während seiner Zeit in Christ Church befasste sich Locke in seinen Schriften nicht mit Philosophie im engeren Sinne, er bereitete aber einige Texte zur Politik Englands und zum [[Naturrecht]] vor. Eine Abhandlung über den ''civil magistrate'' bereitete er 1664 zum Druck vor, sie wurde aber nie veröffentlicht. Zusammen mit seinen universitätsinternen Schriften zeigt der Text, dass Locke zu dieser Zeit weit autoritärer war als zu späterer Zeit. Er verteidigt die absolute Macht des Magistrats über die Mitglieder der Gesellschaft; die Entscheidungen binden selbst das Gewissen der einzelnen Mitglieder. Die Freiheit des Individuums beginnt erst dort, wo es keine bindende Entscheidung gibt. Im Gegensatz zu Verfechtern eines monarchischen [[Absolutismus]] legt Locke aber bereits in dieser Phase eine Art [[Rechtsstaat]] zugrunde: die höchste legitime Gewalt war nicht die Person des Herrschers, sondern die Gesamtheit der Gesetze, die er repräsentierte.


Lockes erste weiter verbreitete Publikationen sind wahrscheinlich in enger Zusammenarbeit mit dem 1. Earl of Shaftesbury entstanden. ''The Fundamental Constitutions of Carolina'' (Die grundlegende Verfassung Carolinas) erschien 1669, der ''Letter from a Person of Quality'' (Brief eines Vornehmen) 1675, beide wurden anonym veröffentlicht.
In den Jahren ab ca. 1927 vereinigte [[Paul Dirac]] die Quantenmechanik mit der [[Spezielle Relativitätstheorie|speziellen Relativitätstheorie]]. Er führte auch erstmals die Verwendung der [[Operator (Mathematik)|Operator]]-Theorie inklusive der [[Bra-Ket]]-Notation ein und beschrieb diesen mathematischen Kalkül 1930 in einer [[Monografie]].<ref name="Dirac1930">P. A. M. Dirac: ''„Principles of Quantum Mechanics“'', Oxford University Press, 1958, 4th. ed., ISBN 0-19-851208-2.</ref>
Zur gleichen Zeit formulierte [[John von Neumann]] die strenge mathematische Basis für die Quantenmechanik, wie z.&nbsp;B. die Theorie [[Linearer Operator|linearer Operatoren]] auf [[Hilbertraum|Hilberträumen]], die er 1932 in einer Monografie beschrieb.<ref name="vonNeumann1955">John von Neumann: ''„Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik“'', Springer Berlin, 1996, 2. Auflage. Engl. (autorisierte) Ausg. (übers. R. T Beyer): ''„Mathematical Foundations of Quantum Mechanics“'', Princeton Univ. Press, 1955 (dort p. 28 sqq.)</ref>


In seinen späten Jahren fernab des politischen Tagesgeschehens veröffentlichte er seine Hauptwerke; die Entwürfe und Skizzen dazu waren aber weit älter. Sie sind in ihren Grundzügen bereits entstanden, als Locke noch eng mit dem Earl of Shaftesbury zusammenarbeitete. Sein erster Entwurf zum ''Versuch über den menschlichen Verstand'' datiert von 1671.
Die Verwendung des Ausdrucks ''Quantenphysik'' ist erstmals 1929 in Max Plancks Vortrag ''Das Weltbild der neuen Physik'' dokumentiert.<ref name="Planck1929">M. Planck, ''Das Weltbild der neuen Physik'', Monatshefte für Mathematik, Springer, Wien, Bd. 36 (1929), S. 387–410. [http://books.google.de/books?id=ZylWAAAAMAAJ&dq=Das+Weltbild+der+neuen+Physik&q=Quantenphysik#search_anchor Auszug google books].</ref> Die in dieser Aufbauphase formulierten Ergebnisse haben bis heute Bestand und werden allgemein zur Beschreibung quantenmechanischer Aufgabenstellungen verwendet.


1686 erschienen die anonym veröffentlichten ''Briefe über Toleranz'', die teilweise wahrscheinlich auch aus der Feder Shaftesburys stammen. 1690 folgten ebenfalls anonym ''[[Zwei Abhandlungen über die Regierung]]'', im selben Jahr erschien der ''Versuch über den menschlichen Verstand'', in dem zumindest sein Name unter dem Vorwort stand; 1692 wurden die bereits 1668 geschriebenen ''Betrachtungen über die Senkung des Zinssatzes und die Erhöhung des Geldwertes'' publiziert, in denen er sich für eine frühe Form des [[Freihandel]]s einsetzte, 1694 schließlich die ''Thoughts Concerning Education'' (Gedanken zur Erziehung).
=== Quantenfeldtheorie ===


Eine Ausnahme in seinem Werk bilden die zwei Abhandlungen über die Regierung ''(Two Treatises on Government)'', über die es keine Skizzen, Manuskripte oder andere Aufzeichnungen Lockes gibt. Das Buch entstand im Wesentlichen wahrscheinlich Mitte der 1680er vor der Bill of Rights. Da es erst nach dieser veröffentlicht wurde, konnte er aber Einleitung und bestimmte Teile so umschreiben, dass es als Begründung dieser gelesen werden konnte. Er ließ die Arbeit nicht nur anonym verlegen, sondern beseitigte auch alle Spuren, die ihn als Verfasser mit dem Werk in Zusammenhang bringen konnten. Unter anderem vernichtete er das Manuskript. Obwohl bereits zu Lebzeiten viele Zeitgenossen ihm die Abhandlung öffentlich zuschrieben und sie lobten, reagierte Locke nicht darauf. Selbst in seinem eigenen alphabetisch geordneten Bücherregal war es bei den unbekannten Autoren eingeordnet. Erst in seinem Testament bekannte er sich zur Autorenschaft.
{{Hauptartikel|Quantenfeldtheorie}}


=== Erkenntnistheorie ===
Ab 1927 wurde versucht, die Quantenmechanik nicht nur auf [[Teilchen|Partikel]], sondern auch auf [[Feld (Physik)|Felder]] anzuwenden, woraus die Quantenfeldtheorien entstanden. Die ersten Ergebnisse auf diesem Gebiet wurden durch Paul Dirac, [[Wolfgang Pauli]], [[Victor Weisskopf]] und [[Pascual Jordan]] erzielt. Um Wellen, Teilchen und Felder einheitlich beschreiben zu können, werden sie als Quantenfelder, ähnliche Objekte wie Observable, aufgefasst. Sie müssen jedoch nicht die Eigenschaft der [[Reelle Zahl|Reellwertigkeit]] erfüllen. Das bedeutet, dass die Quantenfelder nicht unbedingt messbare Größen darstellen. Es ergab sich jedoch das Problem, dass die Berechnung komplizierter [[Streuung (Physik)|Streuprozesse]] von Quantenfeldern unendliche Ergebnisse lieferte. Die alleinige Berechnung der einfachen Prozesse liefert jedoch oft Ergebnisse, die stark von den Messwerten abwichen.
[[Datei:Locke Essay 1690.jpg|miniatur|250px|''An Essay concerning Humane Understanding'' (London: T. Basset/E. Mory, 1690)]]
Locke lieferte einen bedeutenden Beitrag zur [[Erkenntnistheorie]]. Er befürwortet zwar die [[rationale Theologie]] und die Wende der [[Philosophie des Mittelalters]] zur [[Philosophie der Neuzeit]], die die [[Rationalismus|rationalistische]] Philosophie vor allem [[René Descartes]] verdankt. Locke wandte sich aber gegen die Rechtfertigung der Naturwissenschaften aus dem bloßen Denken und suchte ihr Fundament stattdessen in der [[Erfahrung]].


Dennoch nahm er wie Descartes als Ausgangspunkt der philosophischen Überlegungen den [[Zweifel]] an der gegenständlichen Wirklichkeit, an der [[Existenz]] der Außenwelt. Die Aufhebung dieses Zweifels wurde von ihm nun nicht mehr über den [[Gott]]esbegriff vollzogen, sondern [[Empirismus|empiristisch]], angeregt durch [[Pierre Gassendi]]. In seinem aus vier Büchern bestehenden Hauptwerk ''[[An Essay concerning Humane Understanding]]'' (Ein Versuch über den menschlichen Verstand) untersuchte Locke den Ursprung, die Gewissheit und den Umfang menschlichen Wissens in Abgrenzung zu [[Glauben]], Meinen und Vermuten. Ausgangspunkt war einerseits Lockes [[scholastisch]]e Ausbildung in Oxford auf Basis des in England vorherrschenden [[Universalienproblem|Nominalismus]]. Andererseits hatte er sich in seinem vierjährigen Frankreichaufenthalt intensiv mit Descartes und dessen Vorstellung eingeborener Ideen auseinandergesetzt.
Erst Ende der 1940er Jahre konnte das Problem der Unendlichkeiten mit der [[Renormierung]] umgangen werden. Dies ermöglichte die Formulierung der [[Quantenelektrodynamik]] durch [[Richard Feynman]], [[Freeman Dyson]], [[Julian Schwinger]] und [[Shin’ichirō Tomonaga]]. Die Quantenelektrodynamik beschreibt [[Elektron]]en, [[Positron]]en und das [[Elektromagnetisches Feld|elektromagnetische Feld]] erstmals in einer durchgängigen Weise, und die von ihr vorhergesagten Messergebnisse konnten sehr genau bestätigt werden.<ref>Richard Feynman: ''QED. Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie'' 1987, ISBN 3-492-21562-9&nbsp;– Eine leicht verständliche Einführung in die Quantenelektrodynamik.</ref> Die hier entwickelten Konzepte und Methoden wurden als Vorbild für weitere, später entwickelte Quantenfeldtheorien verwendet.


Entsprechend untersuchte Locke im ersten Buch zunächst den Ursprung der Ideen und entwickelte eine Vielzahl pragmatischer Argumente gegen die Existenz eingeborener Ideen. Seine Grundthese ist die bereits weit vor ihm formulierte Aussage: ''Nihil est in intellectu quod non (prius) fuerit in sensibus'' („Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen gewesen wäre“). Das zweite Buch befasst sich mit dem Zusammenhang von Ideen und Erfahrung. Das menschliche Bewusstsein ist bei der Geburt wie ein weißes Blatt Papier ([[Tabula rasa]]), auf das die Erfahrung erst schreibt. Ausgangspunkt der Erkenntnis ist die sinnliche Wahrnehmung. Er unterschied äußere Wahrnehmungen ''(sensations)'' und innere Wahrnehmungen ''([[Reflexion (Philosophie)|reflections]])''. Der nächste Schritt ist im dritten Buch die Untersuchung der Rolle der [[Sprachphilosophie|Sprache]], ihres Zusammenhangs mit den Ideen und ihrer Bedeutung für das Wissen. Buch vier handelt schließlich von den komplexen (zusammengefassten) Ideen, von den Grenzen des Wissens und dem Verhältnis von Begründung und Glauben.
Die Theorie der [[Quantenchromodynamik]] wurde Anfang der 1960er Jahre ausgearbeitet. Die heute bekannte Form der Theorie wurde 1975 durch [[David Politzer]], [[David Gross]] und [[Frank Wilczek]] formuliert. Aufbauend auf den wegweisenden Arbeiten von [[Julian Seymour Schwinger]], [[Peter Higgs]], [[Jeffrey Goldstone]] und [[Sheldon Glashow]] konnten [[Steven Weinberg]] und [[Abdus Salam]] unabhängig voneinander zeigen, wie die schwache Kernkraft und die Quantenelektrodynamik zu der Theorie der [[Elektroschwache Wechselwirkung|elektroschwachen Wechselwirkung]] zusammengeführt werden können.


==== Ideen ====
Bis heute ist die Quantenfeldtheorie ein aktives Forschungsgebiet, das sehr viele neuartige Methoden entwickelt hat. Sie ist die Grundlage aller Versuche, eine [[Weltformel|vereinheitlichte Theorie aller Grundkräfte]] zu formulieren. Insbesondere bauen [[Supersymmetrie]], [[Stringtheorie]], [[Schleifenquantengravitation]] und [[Twistor-Theorie]] maßgeblich auf den Methoden und Konzepten der Quantenfeldtheorie auf.
Lockes Kritik der Vorstellung der eingeborenen Ideen ''(ideae innatae)'' hat einen aufklärerischen Charakter. Durch die Untersuchung der Dinge selbst soll den [[Dogma|Dogmen]], Vorurteilen und den von Autoritäten vorgegebenen Prinzipien, wie sie zu seiner Zeit an der Tagesordnung waren, der Boden entzogen werden. Nachdrücklich wandte er sich gegen Descartes' Annahme, dass auch die Gottesidee angeboren sei: denn in vielen Gegenden der Welt gebe es keine entsprechende Gottesvorstellung.


Wenn es angeborene Ideen gäbe, müssten diese auch bei geistig zurückgebliebenen Menschen vorhanden sein.
== Überblick über die Forschungsgeschichte ==


{{Zitat|Erstens nämlich ist es offensichtlich, daß alle Kinder und Idioten nicht im geringsten eine Vorstellung oder einen Gedanken von diesen Sätzen haben. Schon dieser Mangel genügt, um jene allgemeine Zustimmung zunichte zu machen, die notwendig und unbedingt die Begleiterin aller angeborenen Wahrheiten sein müßte.|Buch I, Kapitel 1, Abschnitt 3}}
Die folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.


Eingeborene Ideen würden auch die Vernunft überflüssig machen, da man nicht erst zu entdecken braucht, was man schon besitzt. Prinzipien wie das vom [[Satz vom Widerspruch|ausgeschlossenen Widerspruch]] („Nichts kann zugleich und in derselben Hinsicht sein und nicht sein“) oder von der Identität („Alles, was ist, das ist“) sind evident, müssten aber erst durch die Vernunft erschlossen werden. Es gibt keine Kriterien zur Unterscheidung eingeborener von erworbenen Ideen. Auch das Kriterium der [[Evidenz]] kann aus Sicht Lockes nicht eingeborene Ideen kennzeichnen, denn es gebe so viele evidente Aussagen, dass diese unmöglich angeboren sein könnten. Aus den gleichen Gründen gebe es auch keine eingeborenen moralischen Prinzipien. Grundsätze wie [[Gerechtigkeit]] oder das Einhalten von Verträgen müssten durch die Vernunft begründet werden, damit sie Allgemeingültigkeit erhalten.
{|class="wikitable"
[[Datei:John Locke Ideen.png|miniatur|300px|Übersicht über die Darstellung der Ideen bei John Locke]]
!Entdeckung<ref>Für Quellenangaben und weitere Informationen bitte die jeweils verlinkten Hauptartikel aufrufen.</ref>
Als wesentliches Argument gegen den [[Innatismus]] sah Locke an, dass seine eigene, für ihn schlüssige Erkenntnistheorie ohne die Vorstellung der eingeborenen Ideen auskam.
!Entdecker
!Entdeckungsjahr
!Anmerkungen
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Linienspektrum|Linienspektren]], [[Spektrometrie]]
|[[Robert Wilhelm Bunsen|Bunsen]], [[Gustav Robert Kirchhoff|Kirchhoff]]
|1860
|
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Photoeffekt]]
|[[Wilhelm Hallwachs|Hallwachs]]
|1886
|
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Rydberg-Formel]]
|[[Johannes Rydberg|Rydberg]]
|1888
|Empirische Formel für das Wasserstoffspektrum, die erst durch das bohrsche Atommodell theoretisch untermauert werden konnte.
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Feldemission]] von Elektronen
|[[Robert Williams Wood|Wood]]
|1897
|Erste Beobachtung des [[Tunneleffekt]]s, der allerdings erst viel später verstanden wurde.
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Plancksches Strahlungsgesetz]]
|[[Max Planck|Planck]]
|1900
|Erste Anwendung der Quantenhypothese; „Geburtsstunde“ der Quantenphysik.
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Photon]]en
|[[Einstein]]
|1905
|Strahlung ist gequantelt.
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Supraleitung]]
|[[Heike Kamerlingh Onnes|Kamerlingh Onnes]]
|1911
|
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Franck-Hertz-Versuch]]
|[[James Franck|Franck]], [[Gustav Hertz|Hertz]]
|1911–1914
|In Atomen gibt es diskrete Energieniveaus.
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Bohrsches Atommodell]]
|[[Niels Bohr|Bohr]]
|1913
|Erstes quantenphysikalisches Atommodell; 1916 von [[Arnold Sommerfeld|Sommerfeld]] verfeinert ([[bohr-sommerfeldsches Atommodell]]), inzwischen jedoch überholt.
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Compton-Effekt]]
|[[Arthur Compton|Compton]]
|1922
|Photonen haben einen Impuls.
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Stern-Gerlach-Experiment]]
|[[Otto Stern (Physiker)|Stern]], [[Walther Gerlach|Gerlach]]
|1922
|Der Drehimpuls ist gequantelt.
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Materiewelle]]n
|[[Louis de Broglie|de Broglie]]
|1924
|Begründung des Welle-Teilchen-Dualismus
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Matrizenmechanik]]
|[[Werner Heisenberg|Heisenberg]]
|1925
|Erste strenge Formulierung der Quantenmechanik
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Spin]] von Elektronen
|[[Samuel Goudsmit|Goudsmit]],[[George Uhlenbeck|Uhlenbeck]], [[Wolfgang Pauli|Pauli]]
|1925
|
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Wellenmechanik]]
|[[Erwin Schrödinger|Schrödinger]]
|1926
|Mathematisch äquivalent zur Matrizenmechanik
|-
|class="hintergrundfarbe7"|Lösung des [[Wasserstoffproblem]]s
|Pauli, |[[Erwin Schrödinger|Schrödinger]]
|1926
|Energieniveaus und [[Atomorbital|Orbitale]] der Elektronen im Wasserstoffatom
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Fermi-Dirac-Statistik]]
|[[Enrico Fermi|Fermi]], [[Paul Dirac|Dirac]]
|1926
|Theorie des [[Fermion]]en-Gases und damit Grundlage für die [[Festkörperphysik]], insbesondere bei [[Halbleiter]]n.
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Unschärferelation]]
|[[Werner Heisenberg|Heisenberg]]
|1927
|Ort und Impuls sind nicht zugleich beliebig genau bestimmt.
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Davisson-Germer-Experiment]]
|[[Clinton Davisson|Davisson]], [[Lester Germer|Germer]]
|1927
|Experimentelle Bestätigung der von de Broglie postulierten Materiewellen.
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Dirac-Gleichung|Relativistische Quantenmechanik]]
|[[Oskar Klein|Klein]], [[Walter Gordon (Physiker)|Gordon]], Dirac
|1926–1928
|
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Tunneleffekt]]
|[[George Gamow|Gamow]], [[Friedrich Hund|Hund]] <ref>[http://www.deutschlandfunk.de/die-quantentheorie-erklaert-das-sonnenfeuer-friedrich-hund.732.de.html?dram:article_id=344009 Friedrich Hund, der Tunneleffekt und das Leuchten der Sterne] auf Deutschlandfunk gesendet am 4. Februar 2016.</ref> und andere
|1926–1928
|Theoretische Erklärung für den Alpha-Zerfall und die Feldemission
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Kernspinresonanz]]
|[[Isidor Rabi|Rabi]]
|1936
|
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Suprafluidität]]
|[[Pjotr Leonidowitsch Kapiza|Kapiza]] et al.
|1938
|
|-
|class="hintergrundfarbe8"|[[Transistor]]
|[[William B. Shockley|Shockley]], [[Walter Brattain|Brattain]], [[John Bardeen|Bardeen]]
|1945
|„Geburtsstunde“ der Mikroelektronik
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Quantenelektrodynamik]]
|[[Feynman]], [[Shin’ichirō Tomonaga|Tomonaga]], [[Julian Schwinger|Schwinger]]
|1947
|
|-
|class="hintergrundfarbe8"|[[Solarzelle]] aus Halbleiter
|[[Bell Laboratories]]
|1954
|
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Neutrino]]
|[[Clyde Cowan|Cowan]], [[Frederick Reines|Reines]]
|1956
|1930 von Pauli vorhergesagt.
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[BCS-Theorie]]
|[[John Bardeen|Bardeen]], [[Leon Cooper|Cooper]], [[Schrieffer]]
|1957
|Quantenphysikalische Begründung der Supraleitung
|-
|class="hintergrundfarbe8"|[[Laser]]
|[[Maiman]]
|1960
|
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Quark (Physik)|Quarks]]
|[[Gell-Mann]]
|1961
|
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Bellsche Ungleichung]]
|[[John Stewart Bell|Bell]]
|1964
|Es gibt keine verborgenen Parameter, die das Verhalten eines quantenphysikalischen Systems bestimmen.
|-
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Elektroschwache Wechselwirkung]]
|[[Glashow]], [[Abdus Salam|Salam]], [[Steven Weinberg|Weinberg]]
|1967
|Vereinigung der [[Elektromagnetische Wechselwirkung|elektromagnetischen]] und der [[Schwache Wechselwirkung|schwachen Wechselwirkung]]
|-
|class="hintergrundfarbe8"|[[CCD-Sensor]]
|[[Willard Boyle|Boyle]], [[George E. Smith|Smith]]
|1969
|Grundbaustein für die Digitalkamera
|-
|class="hintergrundfarbe8"|[[Mikroprozessor]]
|[[Texas Instruments]], [[Intel]]
|1970–1971
|
|-
|class="hintergrundfarbe7"|[[Quantenchromodynamik]]
|Gell-Mann u. a.
|1972
|Theorie der [[Starke Wechselwirkung|starken Wechselwirkung]], wesentlicher Bestandteil des [[Standardmodell]]s
|-
|class="hintergrundfarbe8"|[[Magnetresonanztomographie]]
|[[Peter Mansfield|Mansfield]], [[Lauterbur]]
|1973
|Nutzung der [[Kernspinresonanz]] für ein bildgebendes Verfahren in der Medizin
|-
|class="hintergrundfarbe8"|[[Rastertunnelmikroskop]]
|[[Gerd Binnig]], [[Heinrich Rohrer|Rohrer]]
|1981
|
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Quanten-Hall-Effekt]]
|[[Klaus von Klitzing|von Klitzing]]
|1985
|
|-
|class="hintergrundfarbe8"|[[Flash-Speicher]]
|[[SanDisk]]
|1994
|Anwendung des Tunneleffekts in Speichermedien
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Bose-Einstein-Kondensat]]
|[[Eric Cornell|Cornell]], [[Wolfgang Ketterle|Ketterle]], [[Carl Wieman|Wieman]]
|1995
|1924 von Albert Einstein vorhergesagter vierter [[Aggregatzustand]]
|-
|class="hintergrundfarbe6"|[[Quantenteleportation]]
|[[Anton Zeilinger|Zeilinger]]
|1997
|1935 hielten Einstein, Podolski und Rosen diesen Effekt der [[Quantenverschränkung]] für [[Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon|paradox]].
|}


Das Material der Erkenntnis sind einfache Ideen. Deren Ursprung liegt in der Erfahrung. Locke unterschied dabei ''sensations'' (äußere Eindrücke) und ''reflections'' (innere Eindrücke), die erst im Verstand zu komplexen Ideen verbunden und geformt werden. Die inneren Eindrücke umfassen geistige Tätigkeiten wie Wahrnehmen, Zweifeln, Glauben, Schließen, Erkennen oder Wollen. Komplexe Ideen entstehen durch Vergleichen, Zusammensetzen, Abstrahieren und andere entsprechende Tätigkeiten des Verstandes. Damit war Locke nicht – wie so oft zu lesen ist – [[Sensualismus|Sensualist]]. Für ihn gab es sehr wohl einen aktiven Verstand (vgl. [[intellectus agens]]), der im Erkenntnisprozess eine wesentliche Rolle spielt. So weit besteht kein Unterschied zu [[Immanuel Kant|Kant]]. Für Locke gab es lediglich keine Ideen [[a priori]], sondern nur das [[Vermögen (Fähigkeit)|Vermögen]], Wahrnehmungen zu verarbeiten zu Abbildern, komplexen Ideen und Begriffen. Bei komplexen Ideen unterschied er Substanzen, Relationen und Modi. [[Substanz]]en sind Dinge, die eigenständig existieren, einschließlich der [[Engel]], Gott und anderer „konstruierter“ Gegenstände. In ''Relationen'' drückt sich das Verhältnis verschiedener Ideen aus. ''Modi'' sind Ideen, die nicht die Wirklichkeit abbilden, sondern geistige Konstrukte, beispielsweise „Dreieck“, „Staat“ oder „Dankbarkeit“.
{|
 
|-
Bei der Erfassung der Substanzen, die für Locke jeweils komplexen Ideen entsprechen, unterschied er ''primäre und sekundäre Qualitäten''. Primär sind solche Eigenschaften, die den Substanzen unmittelbar innewohnen wie Ausdehnung, Festigkeit oder Gestalt. Sekundäre Qualitäten sind Eigenschaften, die nicht tatsächlich im Körper des Gegenstandes vorzufinden sind, sondern in der Idee der jeweiligen Substanz von unserer Wahrnehmung hinzugefügt werden.
!Legende:&nbsp;&nbsp;
 
|class="hintergrundfarbe6"|Experimentalphysik
{{Zitat|Was in der Idee von Süß, Blau oder Warm ist, ist nur eine gewisse Größe, Gestalt und Bewegung der sinnlich nicht wahrnehmbaren Teilchen in den Körpern selbst, die wir so benennen.|II, 8,15}}
|class="hintergrundfarbe7"|Theoretische Physik
 
|class="hintergrundfarbe8"|Technische Anwendung
Locke fand in der Unterscheidung der sekundären Qualitäten ein Problem, das noch in der Philosophie der Gegenwart unter dem Stichwort [[Qualia]] intensiv diskutiert wird. Sekundäre Qualitäten sind für Locke Produkte des [[Geist]]es. Sie „sind nichts weiter als die Vermögen verschiedener Kombinationen der primären Qualitäten.“ (II,8,22). Primäre Qualitäten sind Eigenschaften fester Körper, deren [[Abbild]]er Ideen im menschlichen Geist hervorrufen. Dies setzt einen nicht näher bestimmbaren Träger voraus (II,22,2), eine Substanz, deren Erkenntnis angenommen werden muss, ein Ding von dem wir offensichtlich keine klare Idee haben. Diese Substanz beschrieb Locke in Anlehnung an Gassendi und in Übereinstimmung mit dem von Boyle vertretenen [[Atomismus]] als nicht wahrnehmbare kleinste Teilchen. Seine Vorstellung kennzeichnete er als [[Hypothese]]. Die Welt ist so, wie sie uns erscheint, auch wenn sie mit der realen Welt nicht übereinstimmen muss. Aber am Konzept einer realen Welt muss man festhalten. Als Konsequenz ergibt sich ein [[Dualismus (Ontologie)|Dualismus]] von Geist und Materie. Die Annahme sowohl einer geistigen Welt als auch einer realen Welt war Ansatzpunkt der Kritik sowohl durch Berkeleys [[Idealismus (Philosophie)|Idealismus]] als auch Humes [[Skeptizismus]].
|}
 
==== Erkenntnis ====
[[Datei:John Locke Erkenntnis.png|miniatur|300px|Konzept der Erkenntnis bei John Locke]]
Erkenntnis ist Locke zufolge die Perzeption (Wahrnehmung) der Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung von Ideen. Zur Erkenntnis bedarf es also des Urteils, ob eine Aussage gültig ist. Locke unterschied drei Elemente der Erkenntnis, die ''intuitive'', die ''demonstrative'' und die ''sensitive'' Erkenntnis. Intuitiv erkennt man Ideen als solche, wenn sie im Geist als Einheit vorhanden sind (Identität) und sie sich von anderen Ideen unterscheiden (Distinktheit). Das intuitive Erfassen einer Idee ist notwendig für die weiteren Erkenntnisschritte. Intuitive Wahrheit ergibt sich, wenn die Ideen nicht mehr weiter analysierbar sind (Evidenz).
 
Demonstrative Erkenntnis findet nur mittelbar statt. Der Verstand hat das Vermögen, mit Hilfe der Ideen einen Zusammenhang zwischen zwei Ideen herzustellen. Dieses Vermögen ist nach Locke die Vernunft. Diese Art der Erkenntnis nannte er die rationale. Die Verknüpfung der Ideen erfolgt dabei in Einzelschritten, wobei jeder Schritt durch intuitive Erkenntnis bestätigt wird. Die scholastischen [[Syllogismus|Syllogismen]] waren für Locke nur deduktiv, also nicht geeignet, tatsächlich neue Erkenntnis zu erzeugen. Sie hatten nur eine didaktische Funktion.
 
Mit der sensitiven Erkenntnis schließlich erfasst der Mensch die Existenz realer Gegenstände; denn „niemand kann im Ernst so skeptisch sein, dass er über die Existenz der Dinge, die er sieht oder fühlt, ungewiss wäre“ (IV, 11, 3). Allerdings sind die Sinne gegenüber der Evidenz und der Ableitbarkeit mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, so dass Locke am Ende die Erkenntnis im engeren Sinne als intuitive und demonstrative Erkenntnis bestimmt.
 
{{Zitat|Diese beiden, Intuition und Demonstration, sind die Grade unserer Erkenntnis. Alles, was nicht einer diesen beiden entspricht, ist – wie zuversichtlich man es auch annehmen mag – bloßer Glaube oder Meinung, aber nicht Erkenntnis.|IV,2,14}}
 
Wie sicher ist aber das Wissen um das Erkannte? Lockes Empirismus begrenzt die Erkenntnis auf die Erfahrung. Was jenseits der sinnlichen Erfahrung liegt, die Essenz (das Wesen) der Dinge, kann nicht erkannt werden. Der Verstand gibt dem Erkannten Einheit, indem er den „Begriff von der reinen Substanz im allgemeinen“ (II,4,18) bildet. Über die Natur lässt sich nichts Endgültiges sagen. Mit Hilfe der Vernunft kann der Mensch die Sinne nicht übersteigen. Er kann nur [[Hypothese]]n aufstellen als Leitfaden für Forschung und Experiment. Absolute Gewissheit ist auf empirischem Wege nicht möglich. Im Bereich der Hypothesen arbeitet der Verstand mit abstrakten Begriffen wie Art und Gattung, indem er von der Erfahrung abgeleitete, aber abstrahierte komplexe Ideen wie Relationen und Modi verwendet. Solche Ideen wie die des Dreieckes haben nicht nur [[Universalienproblem|nominale]], sondern auch reale Essenz. Deshalb ist es in den abstrakten Wissenschaften wie der Mathematik möglich, unanfechtbare Wahrheiten zu finden.
 
{{Zitat|Allgemeine und sichere Wahrheiten sind lediglich in den Beziehungen und Verhältnissen der abstrakten Ideen begründet.|IV,12,7}}
 
Da er z.&nbsp;B. Gerechtigkeit, Dankbarkeit oder Diebstahl gleichzeitig als Modi einstufte, zählte Locke die Moral zu den abstrakten Wissenschaften, für die man diese allgemeinen und sicheren Wahrheiten mit Hilfe der Vernunft herleiten kann.
 
==== Rezeption der Erkenntnistheorie ====
Erste Reaktionen auf den Essay gab es bereits zu Lockes Lebzeiten, wobei sich sowohl [[René Descartes|Cartesianer]] (John Norris) als auch [[Thomismus|Thomisten]] (John Sergeant) ablehnend äußerten. Von den bekannten Philosophen reagierten sowohl [[Gottfried Wilhelm Leibniz|Leibniz]] mit ''Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand'' (1704, gedruckt 1759) als auch [[George Berkeley|Berkeley]] mit der ''Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis'' (1709) unmittelbar kritisch auf das Werk Lockes. Dieses kann daher als Anstoß für eine neue Gattung von Abhandlungen in der Philosophie angesehen werden, die sich ausschließlich auf die erkenntnistheoretische Frage konzentriert.
 
In diesem Sinn stehen auch Humes ''[[Untersuchung über den menschlichen Verstand]]'' und Kants ''[[Kritik der reinen Vernunft]]'' in einer Linie der Diskussion über die Erkenntnistheorie. Während Locke, Berkeley und Hume jeweils die empiristische Position vertraten, sind Leibniz und Kant Vertreter des [[Apriorismus]] – ein Gegensatz, der seit Descartes und Locke die philosophische Auseinandersetzung über den [[Positivismus]] ([[John Stuart Mill]]) und [[Neopositivismus]] einerseits sowie den deutschen Idealismus einschließlich [[Arthur Schopenhauer]], der Locke als seicht kritisierte, und dem [[Neukantianismus]] andererseits bis in die Gegenwart bestimmte. Lockes Theorie der Erfahrung fand in [[Prozess und Realität]] bei [[Alfred North Whitehead]] eine positive Aufnahme, wohingegen er kritisierte, dass Locke die Trennung von [[Subjekt (Philosophie)|Subjekt]] und [[Substanz]] ebenso wie viele andere Philosophen seiner Zeit zumindest implizit übernommen habe.
 
=== Religion, Toleranzidee und Erziehungsgedanken ===
 
Von Lockes theologischen Schriften ist besonders ''The Reasonableness of Christianity as Deliver’d in the Scriptures'' (Vernünftigkeit des Christentums wie in der Heiligen Schrift dargestellt, 1695) wichtig. Locke verband rationalistisches Gedankengut mit dem überkommenen [[Supranaturalismus]]. Er wollte darlegen, dass das in der Bibel Bezeugte der Vernunft entspricht, ja von ihr als logisch anerkannt werden muss. Die Wunder seien eine Beglaubigung des Wahrheitsanspruchs der Bibel. Locke hielt an der wörtlichen Eingebung der biblischen Texte ([[Verbalinspiration]]) fest, ebenso am kosmologischen [[Gottesbeweis]]. [[Jesus]] war für ihn sowohl Lehrer des göttlichen Willens ([[Heiland]]) als auch Erlöser ([[Christologie|Christus]]) und Inhalt der göttlichen Selbstbekundung (Gottes Sohn).<ref>D. Henrich: Locke, John. – In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Band IV (1960), Sp. 425 f. – Karl Heussi: Kompendium der Kirchengeschichte. 11. Aufl. (1956), S. 398</ref> Ähnlich wie [[Martin Luther|Luther]] beschäftigte sich Locke intensiv mit den [[Paulusbriefe|Briefen des Apostels Paulus]]. Posthum erschien ''A Paraphrase and Notes on the Epistles of St. Paul'' (Eine [[Paraphrase (Sprache)|Paraphrase]] und Anmerkungen zu den Paulusbriefen).
 
Die Eltern Lockes waren [[Puritanismus|Puritaner]].<ref>[http://plato.stanford.edu/entries/locke/#LocLifUpHisMeeLorAsh166 Uzgalis, William, „John Locke“, The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Winter 2010 Edition)]</ref> Deshalb waren ihm von klein auf reformatorische [[Frömmigkeit]], Lebensführung und [[Theologie]] vertraut. Dazu gehörten ganz wesentlich die demokratischen Strukturen im Leben der Kirchengemeinden bei [[Kongregationalisten]], [[Presbyterianer]]n, [[Baptisten]] und [[Quäker]]n (z.&nbsp;B. Wahl der Kirchenältesten (Presbyter) und der in die regionalen und nationalen [[Synode (Gremium)|Synoden]] entsandten Vertreter durch die Gemeindeglieder, Gleichstellung von Geistlichen und Laien). Dieser demokratische Ansatz geht zurück auf Anschauungen Luthers („allgemeines Priestertum aller Gläubigen“, Wahl und gegebenenfalls Abwahl von Pfarrern durch die Gemeindeglieder), [[Calvinismus|Calvin]]s Kirchenordnung (1541; gewählte Kirchenälteste usw.) und die Schaffung von Synoden auf regionaler und nationaler Ebene durch die [[Hugenotten]] (Trennung von Kirche und Staat).<ref>Karl Heussi: Kompendium der Kirchengeschichte. 11. Aufl. (1956), S. 316; 325</ref>
 
Die 1620 von Kongregationalisten („[[Pilgerväter]]“) in Nordamerika gegründete [[Plymouth Colony]] wurde ebenso demokratisch verwaltet wie die benachbarte [[Massachusetts Bay Colony]].<ref>[http://www.histarch.uiuc.edu/plymouth/index2.html The Plymouth Colony Archive Project] und [http://www.quaqua.org/pilgrim.htm Massachusetts Bay Colony]</ref> Der Baptist [[Roger Williams]] gründete 1636 die Kolonie [[Rhode Island]]s, die demokratische Grundsätze mit Glaubens- und Gewissensfreiheit für alle christlichen Bekenntnisse verband. Dasselbe verwirklichte [[William Penn]] 1682 in der Kolonie [[Pennsylvania]], die eine Zufluchtsstätte für in Europa verfolgte religiöse Minderheiten wurde (Quäker, Hugenotten, [[Mennoniten]], [[Böhmische Brüder]] und viele andere).<ref>M. Schmidt: Pilgerväter. – In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Band V (1961), Sp. 384</ref> Die englische Öffentlichkeit erfuhr von diesen für das 17. Jahrhundert umwälzenden Ereignissen durch Schriften, die Führungspersönlichkeiten dieser Kolonien veröffentlichten (z.&nbsp;B. [[Edward Winslow]], [[William Bradford (1590–1657)|William Bradford]], [[John Cotton]]). Die Kolonien kannten bereits ansatzweise das Prinzip der [[Gewaltenteilung]].
 
Im Zusammenhang mit der Reformation war die [[Täuferbewegung]] entstanden. Als vielfach verfolgte Minderheit bestanden die Täufer auf Glaubens- und Gewissensfreiheit. Anfang des 17. Jahrhunderts bildeten sich aus dem englischen Täufertum Baptistenkirchen (General Baptists und Particular Baptists). Führende Baptisten wie [[John Smyth]], [[Thomas Helwys]] und [[John Murton]] forderten in einer Reihe von Schriften das Recht auf [[Religionsfreiheit|freie Religionsausübung]].<ref>Karl Heussi: Kompendium der Kirchengeschichte. 11. Aufl. (1956), S. 382</ref> Auch Roger Williams schrieb ein leidenschaftliches Plädoyer für die Freiheit von Glauben und Gewissen.
 
Locke war von diesen Schriften beeinflusst.<ref name="Karl Heussi 1956">Karl Heussi, Kompendium der Kirchengeschichte. 11. Aufl. (1956), S. 398</ref> Zu diesen Einflüssen gehörte zudem der Verfassungsentwurf der Independenten (Kongregationalisten) unter ihrem Führer Oliver Cromwell (Agreement of the People, 1647), der als Folge demokratischer Tendenzen die Gleichheit aller Menschen betonte.<ref>W. Wertenbruch: ''Menschenrechte. Geschichtlich''. In:`''Die Religion in Geschichte und Gegenwart'', 3. Aufl., Band IV (1960), Sp. 869</ref> Der „positiv-gläubigen Stellung Lockes zur Religion“ (Karl Heussi) entsprach es, dass er religiöse Toleranz nicht bzw. nicht nur philosophisch begründet (siehe unten), sondern wie etwa auch Roger Williams biblisch-theologisch.<ref name="Heinrich Bornkamm 1962 p. 943">Heinrich Bornkamm: ''Toleranz. In der Geschichte des Christentums''. In: ''Die Religion in Geschichte und Gegenwart'', 3. Aufl., Band VI (1962), Sp. 943</ref> Schon im frühen 16. Jahrhundert hatte Luther die „unerzwingbare Freiheit des Glaubens“ betont.<ref name="Heinrich Bornkamm 1962 p. 943" /> Locke nahm von der Tolerierung durch den Staat den Atheismus und den Katholizismus aus.<ref name="Karl Heussi 1956" /> Damit sind auch alle atheistischen Formen der Aufklärung abgelehnt. Die katholische Kirche verhindert nach Lockes Ansicht die Verwirklichung seines zentralen Anliegens, des Rechts des Einzelnen, über sein Denken, Glauben und Handeln selbst bestimmen zu können.<ref>D. Henrich Locke, John. – In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Band IV (1960), Sp. 425</ref> Locke unterstützte die Kräfte, die sich gegen die absolutistischen Ansprüche Karls I., Karls II. und Jakobs II. sowie ihre Anstrengungen wandten, in England und Schottland gegen den Willen der überwiegenden Mehrheit des Volkes den Katholizismus als Staatsreligion wieder einzuführen. Damit wäre auch die [[Inquisition]] zurückgekehrt. Deshalb begrüßte Locke die [[Glorious Revolution]] (1688) und den Beschluss des Parlaments, dass jeder englische Monarch Mitglied der [[Church of England|anglikanischen Kirche]] sein muss.
 
In seinem ''Letter Concerning Toleration'' ([[Brief über die Toleranz]]) und den zwei Nachfolgebriefen ging Locke auf das Verhältnis zwischen Staat und [[Religion]] ein. Er fürchtete damals die Machtübernahme der [[Römisch-katholische Kirche|Römisch-katholischen Kirche]] und eine Verfolgung aller Andersgläubigen. Er sprach sich dafür aus, dass der Staat die Religion größtenteils seinen Bürgern überlasse. Locke griff dabei im Wesentlichen auf ein religiös-[[christlich]]es und drei im engeren Sinn philosophische Argumente zurück. Religiös argumentierte er, dass sich nirgendwo in der [[Bibel]] ein Hinweis darauf finde, dass Menschen mit Gewalt dazu gezwungen würden, ihre Religion zu wechseln. Innerhalb der philosophischen Argumentation nahm er einen Gedanken aus seinen ''Two Treatises'' auf: der Daseinszweck der Regierung sei es, Leben, Freiheit und Eigentum zu schützen; würde sie in das religiöse Leben ihrer Bürger eingreifen, würde sie ihre Kompetenzen überschreiten. Dies wäre auch nicht sinnvoll, da es beim Glauben auf eine innere Einkehr und Überzeugung ankäme, die mit Gewalt und Verfolgung nicht erzwungen werden könne. Die rein äußerliche Annahme einer anderen Religion würde keinen Schritt zum wahren Glauben hinführen, aber in die Naturrechte der Untertanen eingreifen. Und selbst angenommen, die Regierung könnte auf eine Art die innere Überzeugung der Untertanen ändern, so wäre es immer noch fraglich, ob dies der wahren Religion helfen würde, da Regierungen an sich genauso anfällig dafür seien, eine falsche Religion zu propagieren wie ihre Untertanen.
 
In der [[Pädagogik|Erziehung]] wandte sich Locke, der nicht verheiratet war und keine Kinder hatte, gegen strenge Schulzucht. Stattdessen müsse die Erziehung die Individualität der Kinder und Jugendlichen fördern. Lockes Empfehlungen zu Bildung und Erziehung sind eng verknüpft mit seiner Lehre, dass jedes Kind in geistiger Hinsicht als Tabula rasa zur Welt kommt.<ref>D. Henrich: Locke, John. – In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Band IV (1960), Sp. 425–426</ref>
 
=== Gesellschafts- und Staatstheorie ===
[[Datei:Locke treatises of government page.jpg|miniatur|Titelseite der Ausgabe von 1690, veröffentlicht 1689]]
Locke schrieb seine Werke vor dem Hintergrund der Konflikte zwischen Parlament und Krone. Zu seiner Zeit waren es keine abstrakten Überlegungen, sondern argumentatorische Waffen im Konflikt um die neue Gesellschaftsordnung. Dabei stand das absolute Recht des Königs gegen die Ansprüche des Bürgertums auf Regierungsbeteiligung und eigene Rechte gegenüber dem König. Locke begründet, warum die Macht des Herrschenden eingeschränkt sein soll.
 
Lockes politisches Denken geht von „protestantisch-christlichen“ Annahmen aus.<ref>„Protestant-Christian assumptions.“ John Dunn, ''Political Thought of John Locke: A Historical Account of the Argument of the ‘Two Treatises of Government’''. Cambridge University Press 1969, S. 99. Zustimmend zitiert in Jeremy Waldron, ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke's Political Thought''. Cambridge University Press. Cambridge 2002, S. 12</ref> Als Theologe leitet er bestimmte zentrale Begriffe wie Gleichheit der Menschen aus biblischen Texten ab und untersucht dann als Philosoph mit Hilfe des Verstandes die Konsequenzen, die sich aus den Begriffen für Staat und Gesellschaft ergeben. Der [[Whig]] (Anhänger der [[Konstitutionelle Monarchie|konstitutionellen Monarchie]]) Locke geht 1689 in seinen politischen Hauptwerk ''[[Two Treatises of Government]]'' (Zwei Abhandlungen über die Regierung) von natürlich gegebenen Rechten der Menschen aus (siehe [[Naturrecht]]). Er setzt bestimmte Annahmen über den Zustand des Menschen in Abwesenheit des Staates und leitet von diesen ab, wie die Menschen im Naturzustand zusammenlebten. Über die Anhäufung von Eigentum bildeten sich Gesellschaften. Mithilfe seiner [[Vertragstheorie]] begründet Locke, wie diese sich Gesellschaftsverträge und somit Regierungen gaben. Da Regierungen nur geschaffen wurden, um bestimmten menschlichen Zwecken zu dienen, kann er im Folgenden legitime und illegitime Regierungen unterscheiden. Gegen illegitime Regierungen sieht er ein Recht auf [[Revolution]].
 
==== Naturrechtslehre ====
Was als „Naturrecht“ bezeichnet wird, ist notwendigerweise inhaltlich unbestimmt. Denn man kann aus der „Natur“ des Menschen, aus angeblichen Ur- oder Idealzuständen der menschlichen Gesellschaft als „Recht“ nur das herauslesen, was man zuvor in sie hineingetragen hat.<ref>Helmut Thielicke: Theologische Ethik, 1. Band, Tübingen (1956), S. 657</ref> Die protestantischen Naturrechtsphilosophen [[Wikipedia:Hugo Grotius|Hugo Grotius]], [[Wikipedia:Samuel Pufendorf|Samuel Pufendorf]] und John  Locke entgingen dem Dilemma der inhaltlichen Unbestimmtheit des Naturrechts, indem sie es mit der biblischen Offenbarung gleichsetzten, da beide ihrer Ansicht nach auf denselben Urheber, Gott, zurückgingen.<ref>H. Hohlwein: ''Pufendorf, Samuel Freiherr von''. In: ''Die Religion in Geschichte und Gegenwart'', Band V, Spalte 721. – Jeremy Waldron: ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke’s Political Thought''. Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 208</ref> Locke war zeitlebens fest in einem calvinistisch gefärbten Protestantismus verwurzelt.<ref>Jeremy Waldron: ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke’s Political Thought''. Cambridge University Press, Cambridge (2002), S. 13</ref> Er nimmt in allen seinen Schriften, die sich mit politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Fragen beschäftigen, ständig Bezug auf das [[Wikipedia:Altes Testament|Alte Testament]] und [[Wikipedia:Neues Testament|Neue Testament]]. Insbesondere aus der [[Wikipedia:Schöpfungsgeschcihte|Schöpfungsgeschichte]] (1. Mose 1 und 2), dem [[Wikipedia:Zehn Gebote|Dekalog]] (Zehn Gebote, 2. Mose 20), dem Verhalten und der Lehre Jesu (Barmherziger Samariter {{Bibel|Lukas|10|30-37}}, Liebesgebot {{Bibel|Matthäus|5,44}}; {{Bibel|Matthäus|19,19}}, [[Goldene Regel]] {{Bibel|Matthäus|7, 12}} u.&nbsp;a.) und den Ermahnungen der Briefe des Apostels [[Paulus von Tarsus]] leitete er entscheidende Punkte seiner politischen Theorie ab. Natur ist von Gott geschaffene Wirklichkeit. „Was den Inhalt des Naturrechts angeht, so ist Locke fest davon überzeugt, dass Gottes Gebote notwendigerweise vernunftgemäß sind: Gott gab dem  Menschen die Vernunft, und‚ mit ihr ein Gesetz, das nichts anderes enthalten konnte, als was die Vernunft vorschrieb.‘“ (“As for the content of natural law, Locke insists that God’s commands are necessarily reasonable: God gave man reason, and ‘with it a law: that could not be otherwise than what reason should dictate’.”)<ref>Jeremy Waldron: ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke’s Political Thought''. Cambridge University Press, Cambridge (2002), S. 97, 41ff, 101, 155, 181, 192, 194, 196, 207f, 215, 217, 230</ref>  Der Dekalog stellt unter anderem Leben, Eigentum und guten Ruf des Menschen, also seine Ehre und Würde, unter göttlichen Schutz. Der Vorspruch {{Bibel|Ex|20,2}} weist auf die Befreiung des Volkes Israel aus ägyptischer Sklaverei hin. Gottes Befreiungstat geht den Forderungen voraus und begründet sie.<ref>Vgl. Martin Noth: ''Das zweite Buch Mose. Exodus''. Göttingen (1959), S. 130</ref> Das Recht auf Leben, Freiheit, Würde und Eigentum – damit sind zentrale naturrechtliche Begriffe nicht nur des politischen Denkens Lockes, sondern auch anderer Aufklärungsphilosophen benannt und mit biblischem Gehalt gefüllt.
 
Das Recht ergibt sich für Locke zwingend aus seinem Verständnis der Naturrechte. Freiheit, Gleichheit und Unverletzlichkeit von Person und [[Eigentum]] erklärt er zu den höchsten [[Rechtsgut|Rechtsgütern]]. Er geht dabei von dem Gedanken aus, dass das höchste Ziel und Zweck des Menschen das Leben ist. Locke begründet dies noch explizit damit, dass der Mensch durch Gott geschaffen sei:
 
{{Zitat-en|''…by his [God’s] order and about his business, they are his property whose workmanship they are, made to last during his, not one another’s pleasure: … [human being] has no liberty to destroy himself, or so much as any creature in his possession, yet when some nobler use than its bare possession calls for it.''|Übersetzung=Sie sind sein Eigentum, denn sie sind sein Werk, von ihm geschaffen, dass sie so lange bestehen wie es ihm gefällt, nicht aber wie es ihnen untereinander gefällt. … [Der Mensch] hat nicht die Freiheit, sich selbst oder irgendein ihm unterworfenes Lebewesen zu zerstören, es sei denn, ein edlerer Zweck als bloße Erhaltung fordere es.|Two Treatises of Government, II. ii. 5}}
 
Aber er stellt auch fest, dass Gottes Wille durch reines Nachdenken und Weltbeobachtung erkennbar ist (vgl. [[Natürliche Theologie]]). Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass die Argumentation auch ohne Gott funktioniert. Dieser Umkehrschluss lässt aber außer Acht, dass der Verweis auf den biblischen Gott von Locke bewusst gesetzt wurde. Lockes Gedankengänge lassen sich nicht von ihrer Verankerung im biblischen Denken ablösen.<ref>Jeremy Waldron: ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke’s Political Thought''. Cambridge University Press, Cambridge (2002), p. 6</ref> Denn damit werden die Rechte inhaltlich definiert. Um das Überleben zu sichern, sind die Rechte auf Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum ''(Life, Health, Liberty, Property)'' notwendig.
 
Im Gegensatz zur Konzeption [[Thomas Hobbes]]' sind die Naturrechte bei Locke durch die Rechte anderer begrenzt. Während bei Hobbes im Prinzip jeder ein Recht auf Alles hat, werden die Rechte auf Freiheit und Eigentum bei Locke durch die Freiheits- und Eigentumsrechte anderer eingeschränkt. Niemand soll einem anderen an seinem Leben, seiner Gesundheit, seiner Freiheit oder seinem Besitz Schaden zufügen: “No one ought to harm another in his Life, Health, Liberty, or Possessions” (II, 6; 9–10). Aus dieser Einschränkung leitet er selbst Rechte ab, diejenigen zu bestrafen und Ausgleich gegenüber denen zu fordern, die sie verletzten. Während Hobbes von individuellen Rechten ausgeht, ist Lockes ''Law of Nature'' überindividuell angesiedelt: “the state of nature has a law of nature to govern it, which obliges every one” (II, 6, II, 6–7), deutsch: „Im Naturzustand herrscht ein natürliches Gesetz, das für alle verbindlich ist.“ Damit greift er auf ältere naturrechtliche Konzeptionen zurück.
 
==== Leben ====
Locke begründet als erstes das Recht eines Menschen, die Annehmlichkeiten des Lebens zu genießen und zu erhalten: “to subsist and enjoy the conveniences of life” (I 97, II, 2–3). Wichtig ist hier, dass dieses Recht nicht nur die reine Selbsterhaltung einschließt, sondern auch die Freude am eigenen Leben. Folgend seiner Konzeption der Naturrechte und des daraus resultierenden Naturzustandes bedeutet es auch, dass das Leben der Menschen bereits im Naturzustand gesichert ist. Anders als bei Hobbes kann die Aufgabe der Regierung nicht nur sein, das Leben der Menschen zu schützen.
 
==== Gleichheit ====
 
Es ist bezeichnend für Lockes Denken, dass er die Gleichheit der Menschen, einschließlich der Gleichheit von Mann und Frau, nicht aus philosophischen Prämissen herleitet, sondern aus der Bibel {{Bibel|Gen|1|27}}, der Grundlage der theologischen [[Gottebenbildlichkeit|Imago-Dei]]-Lehre. Gleichheit ist für Locke die Voraussetzung dafür, dass eine Regierung Macht nur mit Einverständnis der Regierten ausüben darf.<ref>Jeremy Waldron, ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke’s Political Thought''. Cambridge University Press, Cambridge (2002), pp. 21-43</ref> Insofern ist sie auch Voraussetzung von Freiheit und die unabdingbare Grundlage jeder rechtsstaatlichen Demokratie.
 
==== Freiheit ====
Die zweite Abhandlung beginnt mit dem Recht auf Freiheit:
{{Zitat-en|''Freedom to order their Actions, and dispose of their Possessions and Persons as they think fit, within the bounds of the Law of Nature, without asking leave, or depending upon the Will of any other man.''|Übersetzung=[Der Naturzustand] ist ein Zustand vollkommener Freiheit, innerhalb der Grenzen des Naturgesetzes seine Handlungen zu lenken und über seinen Besitz und seine Person zu verfügen, wie es einem am besten scheint – ohne jemandes Erlaubnis einzuholen und ohne von dem Willen eines anderen abhängig zu sein.|II, § 4|ref=<ref>[[s:en:Two Treatises of Government/The Second Treatise of Government: An Essay Concerning the True Origin, Extent, and End of Civil Government#Chap. II. Of the State of Nature.|Originaltext online]] auf wikisource</ref>}}
Locke definiert aber auch eine legitime totale Einschränkung der Freiheit: [[Sklaverei]]. Menschen können andere Menschen in dem Moment legitim versklaven, in dem letztere einen ungerechten Krieg beginnen und verlieren. Der Sieger hat, um den Krieg zu beenden, in diesem Moment nur die Wahl, seinen Gegner entweder zu töten oder zu versklaven. Bietet aber der Verlierer als Akt der Reue eine angemessene Wiedergutmachung für das von ihm verschuldete Unrecht an, so muss der Sieger der Vernunft des Naturgesetzes folgen und den Kriegszustand beenden. Beide Parteien verfügen nun wieder über die absolute Freiheit, die dem Naturzustand innewohnt.
 
Der Historiker [[David Brion Davis]] sieht in Locke den letzten großen Philosophen, der die absolute und immerwährende Sklaverei zu rechtfertigen versucht.<ref>Domenico Losurdo: ''Freiheit als Privileg – Eine Gegengeschichte des Liberalismus'', Papyrossa, 2010, S. 12.</ref>
 
==== Eigentum ====
===== Arbeitstheorie: Aneignung der Natur =====
Die Argumentation Lockes zum Eigentum verläuft zweistufig. In der ersten Stufe, der Arbeitstheorie, begründet er, wie Menschen überhaupt rechtmäßig Privateigentum erwerben können. Im ersten Schritt widerspricht er der [[Absolutismus|absolutistischen]] These, die nur dem König legitime Eigentumsrechte zubilligt. Sie lautet, dass die Welt [[Adam und Eva|Adam]], [[Noach]] und dann ihren Nachfahren, den Königen gegeben worden sei, um über sie zu herrschen. Nach Locke gab Gott die Natur allen Menschen gemeinsam (siehe [[1. Mose]]), begründungsbedürftig ist vielmehr, dass Einzelne sich Privateigentum aneignen können und damit den anderen Menschen Zugriff auf diesen Teil der Natur verwehren.
 
Das Eigentum rechtfertige sich aus dem [[Selbsterhaltungsrecht]]: Der Mensch sei folgend dem Freiheits- und Selbstbestimmungsrecht nicht nur Eigentümer seiner selbst und damit seiner [[Arbeit (Philosophie)|Arbeit]], sondern auch berechtigt, der Natur ein angemessenes Stück zu entnehmen, um sich selbst zu erhalten.
{{Zitat-en|''natural reason … tells us, that Men, being once born, have a right to their Preservation, and consequently to Meat and Drink, and such other things, as Nature affords for their subsistence''|Übersetzung=die natürliche Vernunft … sagt, dass die Menschen, nachdem sie einmal geboren sind, ein Recht haben auf ihre Erhaltung und somit auf Speise und Trank und alle anderen Dinge, die die Natur für ihren Unterhalt hervorbringt.|II, § 25 ([[s:en:Two Treatises of Government/The Second Treatise of Government: An Essay Concerning the True Origin, Extent, and End of Civil Government#Chap. V. Of Property.|online]])}}
 
Durch die Vermischung der Natur, die noch allen gehört, mit der eigenen Arbeit, die dem Individuum selbst gehört, ist der Mensch zur [[Aneignung (Philosophie)|Aneignung]] dieses Teils der Natur berechtigt. Er selbst gibt als Beispiel die Aneignung eines vom Baum gefallenen Stückes Obst: Es gehört dem, der es aufgehoben hat, weil er es durch das Aufheben mit seiner Arbeit vermischt hat:
 
{{Zitat-en|''The labour that was mine, removing them out of that common state they were in, hath fixed my Property in them.''|Übersetzung=Meine Arbeit, die sie dem gemeinen Zustand, in dem sie sich befanden, enthoben hat, hat mein Eigentum an ihnen bestimmt.|II, § 28 ([[s:en:Two Treatises of Government/The Second Treatise of Government: An Essay Concerning the True Origin, Extent, and End of Civil Government#Chap. V. Of Property.|online]])}}
 
An dieser Stelle der Argumentation greift Locke auf ältere Theoretiker des Privateigentums wie [[Hugo Grotius]] oder [[Samuel von Pufendorf]] zurück. Das Eigentum ist bei Locke zunächst durch mehrere Einschränkungen begrenzt: Man darf der Natur nicht mehr entnehmen, als man selbst verbrauchen kann. Andere Menschen müssen ebenfalls genug von der gemeinsam gegebenen Natur zurückbehalten, um selbst überleben zu können.
 
Vor allem der erstgenannte Punkt ist seines Erachtens wichtig. Es ist verboten, sich Früchte der Natur anzueignen und sie dann, im ursprünglichen Sinn des Wortes, verderben zu lassen:
{{Zitat-en|''As much as any one can make use of to any advantage of life before it spoils, so much he may by his labour fix a Property in: Whatever is beyond this, is more than his share, and belongs to others. Nothing was made by God for Man to spoil or destroy.''|Übersetzung=So viel, als ein jeder zu irgendwelchem Vorteil für sein Leben nutzen kann, bevor es verdirbt, darf er sich zu seinem Eigentum machen. Was darüber hinausgeht, ist mehr als ihm zusteht, und gehört den anderen. Nichts wurde von Gott geschaffen, um zerstört zu werden.|II, § 31 ([[s:en:Two Treatises of Government/The Second Treatise of Government: An Essay Concerning the True Origin, Extent, and End of Civil Government#Chap. V. Of Property.|online]])}}
 
===== Geldtheorie: Ansammlung von Eigentum =====
In der zweiten Stufe, seiner Geldtheorie, legt er dar, wie die ursprüngliche, auf [[Subsistenz]] beruhende Eigentumsordnung rechtmäßig in eine [[Kapitalismus|kapitalistisch]] geprägte Eigentumsordnung übergehen kann: Es ist erlaubt, verderbliche Gaben der Natur gegen weniger verderbliche einzutauschen, also beispielsweise Äpfel gegen Nüsse. Man darf mehr Nüsse besitzen, als man aktuell braucht, solange diese nicht verderben. Über diesen Zwischenschritt erlaubt er, Naturprodukte, die man sich angeeignet hat, gegen Geld, das heißt Gold oder Silber zu tauschen:
{{Zitat-en|''if he would give his nuts for a piece of metal, pleased with its color, or exchange his sheep for shells, or wool for a sparkling pebble or diamond, and keep those by him all his life, he invaded not the right of others, he might heap up as much of the durable things as he pleased; the exceeding of the bounds of his property not lying in the largeness of his possessions, but the perishing of any thing uselessly in it.''|Übersetzung=Gab er dann auch Nüsse für ein Stück Metall, dessen Farbe ihm gefiel, tauschte er seine Schafe gegen Muscheln ein oder Wolle gegen einen funkelnden Kiesel oder Diamanten, um sie sein ganzes Leben bei sich zu tragen zu können, so griff er nicht in die Rechte anderer ein, mochte er von diesen beständigen Dingen auch so viel anhäufen wie er wollte. Er überschritt die Grenzen rechtmäßigen Eigentums nicht durch Vergrößerung seines Besitzes, sondern dann, wenn irgend etwas ungenutzt umkam.|II, § 46 ([[s:en:Two Treatises of Government/The Second Treatise of Government: An Essay Concerning the True Origin, Extent, and End of Civil Government#Chap. V. Of Property.|online]])}}
 
Dies allerdings ist bei Locke kein Recht im eigentlichen Sinn, sondern entsteht durch menschliche Übereinkunft und Akzeptanz. Da Geld nicht verdirbt, darf man sich davon so viel aneignen, wie man will und kann. Damit umgeht Locke die im älteren Naturrecht entwickelte und aufrechterhaltene Schranke für das private Eigentum, ohne sie zu verletzen. Die naturrechtliche Beschränkung, dass nichts verderben darf, bleibt formal anerkannt, faktisch darf man sich aber „unendlichen“ Reichtum aufhäufen, da Geld nicht verdirbt.
 
==== Gesellschaftsvertrag und Regierung ====
Da Menschen Eigentumswerte ansammeln, nehmen auch die Ungleichheiten in der Gesellschaft zu. Im ersten Stadium sind Menschen an das gebunden, was sie persönlich produzieren und konsumieren können, die Eigentumsverhältnisse werden relativ gleich bleiben. In der fortgeschrittenen Geldwirtschaft werden die Eigentumsunterschiede beträchtlich, was zu Neid, Streitereien und häufigeren Verstößen gegen das Naturrecht führt. In der Theorie kann jeder jemanden bestrafen, der gegen das natürliche Recht verstößt. In der Praxis wird es jedoch meist das Opfer sein, das die Strafe vollstreckt. Da die Strafe aber im Verhältnis zur Tat stehen sollte und das Opfer oft die Schwere des Vergehens überschätzt, kann es hier häufig zu Überreaktionen kommen. Durch übertriebene Strafen und darauf folgende Vergeltung kommt es zu Auseinandersetzungen bis hin zum Krieg. Laut Locke schließen sich die Menschen in diesem Moment zusammen, um den Vorgang abzubrechen und die eigenen Eigentumsrechte zu beschützen.
 
Locke baut auf die von [[Thomas Hobbes]] aufgebrachte Theorie vom [[Vertragstheorie|Gesellschaftsvertrag]] auf, wonach die Beziehung zwischen Volk und Regierung als Verhältnis einer freien bürgerlichen Eigentümergesellschaft verstanden wird. Dabei weitet er das [[Widerstandsrecht]] gegen die Regierung erheblich aus. Anders als bei Hobbes können Menschen bei Locke ihre Rechte, auch das auf Leben, ganz verwirken durch eine Tat ''that deserves Death'' (die den Tod verdient) (II, 23, I, 10).
 
Ausgehend von der Entwicklung des Gesellschaftsvertrages entwickelt Locke Maßstäbe, nach denen sich die Legitimität einer Regierung entscheiden lässt: Legitim sind Regierungen, welche die natürlich gegebenen Rechte des Menschen beschützen; illegitim diejenigen, die sie verletzen. Da eine illegitime Regierung danach keine Existenzberechtigung hat, ist es wiederum rechtmäßig, gegen eine solche Regierung zu rebellieren.
 
==== Gewaltenteilung ====
Noch vor [[Charles de Secondat, Baron de Montesquieu|Charles de Montesquieu]] entwickelt Locke innerhalb der zweiten Abhandlung über die Regierung (und zwar im 12. bis 14. Kapitel) eine Theorie der [[Gewaltenteilung]]. Er sieht zwei bereits im Naturzustand dem Einzelnen zugeschriebene, durch den Gesellschaftsvertrag aber abgegebene Gewalten, und zwar die [[Exekutive]] und die [[Föderative]]. Im Staat kommen die [[Legislative]] und die [[Prärogative]] hinzu. Unter Föderative versteht Locke die Gewalt, die Entscheidungen über Bündnisse und damit über Krieg und Frieden trifft, unter Prärogative eine der Exekutive zugeordnete Gewalt, die auch außerhalb des Gesetzes nach eigener Entscheidung für das öffentliche Wohl handelt.
 
==== Entstehung und Rezeption der Zwei Abhandlungen ====
Zwar hatte Locke den ''[[Leviathan (Thomas Hobbes)|Leviathan]]'' Thomas Hobbes' wahrscheinlich gelesen – es lassen sich in den ''Zwei Abhandlungen'' implizite Hinweise darauf finden –, vor allem aber war sein Buch als Erwiderung auf [[Robert Filmer]]s ''Patriarcha, or the Natural Power of Kings'' konzipiert. Da die ersten Auflagen zahlreiche Druckfehler enthalten, die von Locke angemahnt wurden, ist es schwer, von einer Originalversion auszugehen. Allgemein wird heute die 4. Auflage als autorisierte Version angesehen.
 
Lockes [[Staatstheorie]] hat die [[Amerikanische Unabhängigkeitserklärung]] 1776, den [[Französische Verfassung (1791)|französischen Verfassungsentwurf von 1791]] sowie die gesamte Entwicklung des bürgerlich-liberalen Verfassungsstaates bis in die Gegenwart maßgeblich beeinflusst. Die Einleitung der Unabhängigkeitserklärung baut direkt auf Locke auf:
 
{{Zitat-en|''We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness. – That to secure these rights, Governments are instituted among Men, deriving their just powers from the consent of the governed, – That whenever any Form of Government becomes destructive of these ends, it is the Right of the People to alter or to abolish it''|Übersetzung=Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen worden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit. Dass zur Versicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten; dass sobald eine Regierungsform diesen Endzwecken verderblich wird, es das Recht des Volkes ist, sie zu verändern oder abzuschaffen, und eine neue Regierung einzusetzen}}
 
Wie Locke leitet die Unabhängigkeitserklärung die allgemeinen Menschen- und demokratischen Bürgerrechte aus dem biblischen Schöpfungsglauben ab. Sie sind theonomes, d.&nbsp;h. Gottesrecht betreffendes Gedankengut.<ref>W.Wertenbruch: ''Menschenrechte''. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Band IV, Spalte 869</ref> Die Trias ''Life, Liberty and the pursuit of happiness'' ist eine literarisch adaptierte Version von Lockes Naturrechten auf ''Life, Health, Liberty and Property'', wobei in den ersten Entwürfen ''Property'' auch wörtlich im Text stand und Thomas Jefferson es erst später durch das weniger eindeutige ''Pursuit of Happiness'' ersetzte.
 
Neben den revolutionären Politikern der damaligen Zeit beeinflusste Locke aber auch die Entwicklung der [[Politische Theorie|politischen Theorie]] maßgeblich: die von ihm zugrunde gelegten Naturrechte sind bis heute Kernbestand des [[Liberalismus]]. Ebenso lassen sich mit seinen Abhandlungen sämtliche Konzeptionen des Minimalstaats begründen, die Eingriffe der Regierung in das Leben der Menschen nur zu eng definierten Zwecken zulassen.
 
Die akademische Diskussion um seine Staatstheorie beeinflussten besonders [[Leo Strauss]] (1953) und [[C. B. Macpherson]] (1962). Für Strauss und seine Anhänger hat Lockes Theorie große Ähnlichkeiten mit der Thomas Hobbes. Locke habe lediglich seine Ansätze für die damalige Zeit sozial akzeptabler formuliert. Macpherson legt eine [[Marxismus|marxistisch]] geprägte Interpretation vor, die Locke als Apologeten des Kapitalismus sieht. Beide monieren, Lockes Werk legitimiere die unbegrenzte Eigentumsanhäufung des sich abzeichnenden Kapitalismus. Die Einschränkungen, die er macht, seien nur oberflächlich und letztlich bedeutungslos.
 
Andere wie [[James Tully (Politikwissenschaftler)|James Tully]] interpretieren das Werk fast gegenteilig: Demnach machten das Geld und die damit verbundene Anhäufung von Reichtum sowie die darauf beruhenden Ungleichheiten die Loslösung aus dem Naturzustand notwendig. Die Einführung einer Staatsgewalt auf der Grundlage eines Gesellschaftsvertrags verhinderte den Niedergang der Menschheit.
 
Während Locke in seiner Arbeit mit Hilfe der Geldtheorie die Verschwendungseinschränkung des Eigentums aushebelt, geht er darauf, dass jedem Menschen genug zum Überleben bleiben muss, nur knapp ein. Zu Lockes Zeiten handelte es sich dabei um kein gravierendes Problem, da mit dem neu entdeckten Amerika scheinbar unbegrenzte natürliche Schätze zur Verfügung standen. Heute, nachdem es kein Land mehr auf der Erde gibt, das nicht von jemand beansprucht wird, beschäftigt sich ein großer Teil der wissenschaftlichen Diskussion damit, wie diese Begrenzung der Ressourcen zu interpretieren ist und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|John Locke}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Quantenphysik}}
* {{WikipediaDE|Quantenphysik}}


== Werke und Ausgaben ==
== Literatur ==
=== Werke (Auswahl) ===
* ''Epistola de tolerantia (A Letter Concerning Toleration)'', 1689 ''(Brief über die Toleranz)''
* ''An Essay Concerning Humane Understanding'', 1690 ''(Ein Versuch über den menschlichen Verstand)''
* ''The Second Treatise of Civil Government'', 1690 ''([[Wikipedia:Zwei Abhandlungen über die Regierung|Zweite Abhandlung über die Regierung]])''
* ''Some Considerations of the Consequences of the Lowering of Interest, an the Raising of the Value of Money'', 1692, 5. Aufl. 1705
* ''Some Thoughts Concerning Education'', 1693 ''(Gedanken über Erziehung)''
* ''The Reasonableness of Christianity as Deliver’d in the Scriptures'', 1695
* ''Of the Conduct of the Understanding'', 1706


=== Werkausgabe ===
* [[Thomas Görnitz]]: ''Quanten sind anders; Die verborgene Einheit der Welt.'' Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1999, ISBN 978-3-827-40571-5
mit einer Reihe nachgelassener Manuskripte:
* Dirk Schneider: ''Jesus Christus Quantenphysiker — Warum die moderne Naturwissenschaft Vater, Sohn und Heiliger Geist zur Erklärung der Welt benötigt'', CreateSpace Independent Publishing Platform 2013, ISBN 978-1490310985, eBook ASIN B00DCCP5G2
* ''The Works'', I–III, London 1704, I–X, 11. Aufl. 1812, (new ed. corrected) 1823 (Nachdruck Aalen 1963)
* Werner Heisenberg: ''Quantentheorie und Philosophie'', Philipp Reclam jun. GmbH 1986, ISBN 978-3150099483
* Marcelo Alonso, Edward J. Finn: ''Quantenphysik und Statistische Physik''. 5., unveränderte Auflage. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2012, ISBN 978-3-486-71340-4
* Stephen Gasiorowicz: ''Quantenphysik''. 9. Auflage 2005. ISBN 978-3-486-27489-9
* P. C. W. Davies (Hrsg.), J. R. Brown (Hrsg.), Jürgen Koch (Übers.): ''Der Geist im Atom: Eine Diskussion der Geheimnisse der Quantenphysik'', Insel Verlag 1993, ISBN 978-3458331995
* Silvia Arroyo Camejo: ''Skurrile Quantenwelt''. 3. Auflage 2011. ISBN 978-3-596-17489-8
* Anton Zeilinger: ''Einsteins Spuk''. 2007, Goldmann. ISBN 978-3-442-15435-7
* Claus Kiefer: ''Quantentheorie''. 2. Auflage 2012, Fischer Kompakt. ISBN 978-3-596-19035-5
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/sonstiges_quantenphilosophie.pdf Quantenphilosophie] PDF
* Thomas Walther, Herbert Walther: ''Was ist Licht?'' 3. Auflage 2010, C.H. Beck. ISBN 978-3-406-44722-8
* Georg Unger: Grundbegriffe der modernen Physik - Vom Bilden physikalischer Begriffe, 2 Bände, Verlag Freies Geistesleben 1967
* Matthias Matting: ''Die faszinierende Welt der Quanten'', AO Edition 2013, eBook ASIN B008GNA7HO
* Boris Lemmer, Benjamin Bahr, Rina Piccolo: ''Quirky Quarks: Mit Cartoons durch die unglaubliche Welt der Physik'', Springer Verlag 2017, ISBN 978-3662502587, eBook ISBN 978-3-662-50259-4 (pdf), {{ASIN|B01MQRB6YZ}} (kindle)
* Lars Jaeger: ''Die zweite Quantenrevolution: Vom Spuk im Mikrokosmos zu neuen Supertechnologien'', Springer Verlag 2018, ISBN 978-3662575185, eBook ISBN 978-3-662-57519-2


=== Deutsche Textausgaben ===
== Weblinks ==
* ''A Letter concerning Toleration''
{{Wiktionary|Quantenphysik}}
** ''Ein Brief über Toleranz'' (englisch-deutsch), übersetzt, eingeleitet und in Anmerkungen erläutert von Julius Ebbinghaus, Meiner, Hamburg 1996, ISBN 978-3-7873-1143-9.
{{Commonscat|Quantum physics|Quantenphysik}}
* ''An Essay concerning Humane Understanding''
* [http://www.lectures4you.de/fachbereiche.php?Fachgebiet=Physik&Fachbereich=Quantenphysik Beispiele frei zugänglicher Lehrangebote zur Quantenphysik im Internet]
** ''Versuch über den menschlichen Verstand'' in vier Büchern, Bd. 1., Buch I und II, 5. Auflage, Meiner, Hamburg 2000, ISBN 978-3-7873-1555-0, Bd. 2., Buch III und IV, 3. Auflage, Meiner, Hamburg 1988. ISBN 978-3-7873-0931-3.
* [http://www.clifford.at/noa/noa_2005_10_07_quantenmechanik.mp3 Sendung von SWR 2 Impuls über Quantenmechanik] (47,9 MB, Sendung beginnt erst nach ca. 2 Minuten; MP3)
* ''The Second Treatise of Civil Government''
* [http://www.QuantumLab.de Experimente zur Quantenphysik: Verschränkung von Quanten, Quantenzufall, Quantenkryptographie]
** ''Über die Regierung'' (The second treatise of government), übersetzt von Dorothee Tidow. Mit einem Nachwort hrsg. von Peter Cornelius Mayer-Tasch, Reclam, Stuttgart 1974, ISBN 3-15-009691-X.
* [http://www.amphilsoc.org/guides/ahqp/index.htm Sources for History of Quantum Physics] American Philosophical Society
** ''Zwei Abhandlungen über die Regierung'', übersetzt von Hans Jörn Hoffmann, hrsg. und eingeleitet von Walter Euchner, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-518-27813-4.
* [http://dieumsnh.qfb.umich.mx/archivoshistoricosmq/ Archivos históricos de la mecánica quántica] (umfangreiche Sammlung historischer Texte zur Quantenmechanik)
* ''Some Thoughts Concerning Education''
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/sonstiges2.html Projekt Physik] Website
** ''Gedanken über Erziehung'', übersetzt, Anmerkungen und Nachwort von Heinz Wohlers, Reclam, Stuttgart 1990, ISBN 3-15-006147-4.
* ''Of the Conduct of the Understanding''
** ''Die Leitung des Verstandes'', übersetzt von Jürgen Bona Meyer, Hrsg. von Klaus H. Fischer, Wissenschaftlicher Verlag, Schutterwald, 1999, ISBN 978-3-928640-61-9.
** ''Über den richtigen Gebrauch des Verstandes'', übersetzt von Otto Martin, Meiner, Leipzig 1920; unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1920, Meiner, Hamburg 1978, ISBN 3-7873-0434-7.


== Literatur ==
;Videos
* Peter R. Anstey (Hrsg.): ''The philosophy of John Locke. New perspectives''. Routledge, London 2003, ISBN 0-415-31446-1
* [https://www.youtube.com/watch?v=VYlbqgPzvl0 Christine & Frido Mann über Quantenphysik & ändernde Weltbilder] - Sternstunde Religion (SRF Kultur)
* Michael R. Ayers: ''Locke. Epistemology & Ontology''. Routledge, London 1991, ISBN 0-415-10030-5
* Manfred Brocker: ''Die Grundlegung des liberalen Verfassungsstaates. Von den Levellern zu John Locke''. Alber, Freiburg im Breisgau / München 1995, ISBN 3-495-47807-8 (Dissertation Universität Köln, 1993, 327 Seiten, 21 cm).
* Walter Euchner: ''Naturrecht und Politik bei John Locke''. Suhrkamp Taschenbücher Wissenschaft 280, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-518-07880-1 (Frankfurt am Main 1967; Dissertation Universität Frankfurt am Main 31. Mai 1967, 308 Seiten, 8 / Buchhandel: Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main, 1969, VIII, 316 Seiten
* Walter Euchner: ''John Locke zur Einführung''. 3., ergänzte Auflage. Junius, Hamburg 2011, ISBN 978-3-88506-600-2.
* Francesca Falk: ''Postkoloniale Perspektiven auf die politische Philosophie. Thomas Hobbes' horror vacui und John Lockes leeres Land'' (= ''Tierische (Ge)Fährten. Historische Anthropologie'', 2011. 19, 2 Seiten, 292–310; = ''Eine gestische Geschichte der Grenze. Wie der Liberalismus an der Grenze an seine Grenzen kommt'', Fink, Paderborn 2011 (17. August 2011), ISBN 978-3-7705-5202-3 (Dissertation [2009], 192 Seiten, 22 cm)).
* Eduard Fechtner: ''John Locke’s „Gedanken über Erziehung“'', Wissenschaftlicher Verlag, Schutterwald/Baden 2003, ISBN 978-3-928640-43-5.
* Susanne Held: ''Eigentum und Herrschaft bei John Locke und Immanuel Kant: ein ideengeschichtlicher Vergleich'' (= ''Politica et ars,'' Band 10), Lit, Berlin / Münster 2006, ISBN 978-3-8258-9611-9 (Dissertation Universität Halle 2006, 310 Seiten, 24 cm).
* Franz-Josef Illhardt: ''Locke, John.'' In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 860.
* Crawford B. Macpherson: ''Die politische Theorie des Besitzindividualismus. Von Hobbes zu Locke''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-518-27641-7.
* Leo Strauss: ''Naturrecht und Geschichte''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-518-27816-9.
* Udo Thiel: ''John Locke, mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten'', Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1990, ISBN 3-499-50450-2.
* James Tully: ''A discourse on property. John Locke and his adversaries''. Cambridge University Press, Cambridge 1982, ISBN 0-521-22830-1.
* Jeremy Waldron: ''God, Locke, and Equality. Christian foundations of John Locke’s political thought''. Cambridge University Press, Cambridge 2002, ISBN 0-521-89057-8.
* Roger Woolhouse: ''Locke: A Biography'',  Cambridge University Press, Cambridge [u.&nbsp;a.] 2009, ISBN 978-0-521-74880-3.
* Michael P. Zuckert: ''Launching liberalism. On Lockean political philosophy''. University Press of Kansas, Lawrence, Kansas 2002, ISBN 0-7006-1174-6
* ''Locke Studies. An annual journal of Locke research''. Lancaster University, Esrick, York 1. Jg. (2002) ff. [Vorgänger: ''The Locke newsletter'']
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_locke.pdf John Locke: Leben und Werk] PDF
 
== Weblinks ==
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{{Wikisource|en:Author:John Locke|John Locke (englisch)}}
{{Wikisource}}
{{Wikiquote}}
* [http://www.libraries.psu.edu/tas/locke/index.html#toc Bibliografie zu John Locke mit etwa 9.000 Titeln] (englisch)
* [http://www.lonang.com/exlibris/locke/ ''Two Treatises of Government'']
* [http://www.geist-oder-materie.de/Philosophie/englische_Phil_/Locke/locke.html Eintrag] in Geist oder Materie
* [http://oll.libertyfund.org/index.php?option=com_staticxt&staticfile=show.php&title=1725 The Works of John Locke in Nine Volumes (1824)] (engl. Primärtexte)
* {{Webarchiv|url=http://www.cne.org/pub_pdf/monatsmag/2004_11_00_monatsmag.pdf|wayback=20070928151834|text=Artikel im CNE-Monatsmagazin}} (PDF-Datei; 627 kB)
* [http://jobo72.wordpress.com/2013/03/08/john-locke-eine-einfuhrung-zu-leben-und-werk/ John Locke. Eine Einführung zu Leben und Werk] von Dr. J. Bordat (PDF)
* [http://www-neu.uni-trier.de/index.php?id=16424 Rechtshistorischer Podcast, Folge 8]
* [http://www.digitallockeproject.nl/ Digital Locke Project], Texte von John Locke
* „Zwei Abhandlungen über Regierung“ [http://www.welcker-online.de/Links/link_962.html online]
* Jürgen Court: [http://www.philosophie-woerterbuch.de/online-woerterbuch/?tx_gbwbphilosophie_main%5Bentry%5D=31&tx_gbwbphilosophie_main%5Baction%5D=show&tx_gbwbphilosophie_main%5Bcontroller%5D=Lexicon&no_cache=1 Artikel „John Locke“] im UTB-Online-Wörterbuch Philosophie


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Version vom 21. Mai 2020, 20:36 Uhr

Der Begriff Quantenphysik fasst alle Phänomene und Effekte zusammen, die darauf beruhen, dass bestimmte Größen nicht jeden beliebigen Wert annehmen können, sondern nur festgelegte diskrete Werte (siehe Quantelung). Dazu gehören auch der Welle-Teilchen-Dualismus, die Nichtdeterminiertheit von physikalischen Vorgängen und deren unvermeidliche Beeinflussung durch die Beobachtung. Quantenphysik umfasst alle Theorien, Modelle und Konzepte, die auf die Quantenhypothese von Max Planck zurückgehen. Plancks Hypothese war um 1900 notwendig geworden, weil die klassische Physik z. B. bei der Beschreibung des Lichts oder des Aufbaus der Materie an ihre Grenzen gestoßen war.

Die Quantenphysik ist neben der Relativitätstheorie der zweite Grundpfeiler der modernen Physik. Besonders deutlich zeigen sich die Unterschiede zwischen der Quantenphysik und der klassischen Physik im mikroskopisch Kleinen (z. B. Aufbau der Atome und Moleküle) oder in besonders „reinen“ Systemen (z. B. Supraleitung und Laserstrahlung). Aber auch ganz alltägliche Dinge wie die chemischen oder physikalischen Eigenschaften verschiedener Stoffe (Farbe, Ferromagnetismus, elektrische Leitfähigkeit usw.) lassen sich nur quantenphysikalisch verstehen.

Insbesondere gehören aber auch zwei Teilbereiche der theoretischen Physik zur Quantenphysik: die Quantenmechanik und die Quantenfeldtheorie. Erstere beschreibt das Verhalten von Quantenobjekten unter dem Einfluss von Feldern. Letztere behandelt zusätzlich die Felder als Quantenobjekte. Die Vorhersagen beider Theorien stimmen außerordentlich gut mit den Ergebnissen von Experimenten überein. Ihre einzige bekannte Schwäche besteht darin, dass sie sich nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens nicht mit der – ebenfalls gut bestätigten – allgemeinen Relativitätstheorie vereinbaren lassen.

Theorien der Quantenphysik

Frühe Quantentheorien

Schon vor Entwicklung der Quantenmechanik gab es Entdeckungen, die zwar die Quantisierung bestimmter Größen postulieren und manchmal auch mit der Welle-Teilchen-Dualität begründen, jedoch keine tieferen Einsichten in die zugrundeliegenden Mechanismen erlauben. Insbesondere lieferten diese Theorien keine Vorhersagen, die über ihren entsprechenden Gegenstand hinausgingen. Im englischen Sprachgebrauch werden diese Vorläufer der Quantenmechanik als old quantum theory bezeichnet.

Im Jahr 1900 entwickelte Max Planck eine Formel zur Beschreibung der gemessenen Frequenzverteilung der von einem Schwarzkörper emittierten Strahlung, das Plancksche Strahlungsgesetz, wobei er von der Annahme ausging, dass der schwarze Körper aus Oszillatoren mit diskreten Energieniveaus besteht.[1] Planck betrachtete diese Quantelung der Energie also als Eigenschaft der Materie und nicht des Lichtes selbst. Das Licht war nur insofern betroffen, als Licht in seinem Modell immer nur in bestimmten Portionen Energie mit Materie austauschen konnte, weil in der Materie nur bestimmte Energieniveaus möglich seien. Dabei fand er zwischen der Energieportion und der Frequenz des Lichts den Zusammenhang .

Albert Einstein erweiterte diese Konzepte und schlug im Jahr 1905 eine Quantisierung der Energie des Lichtes selbst vor, um den photoelektrischen Effekt zu erklären.[2] Der photoelektrische Effekt besteht darin, dass Licht bestimmter Farben Elektronen aus Metalloberflächen herauslösen kann. Dabei kann der Lichtstrahl an jedes einzelne Elektron nur einen immer gleichen Energiebetrag abgeben, der zudem proportional ist zur Frequenz, also einer Eigenschaft des Lichtes. Daraus schloss Einstein, dass die Energieniveaus nicht nur innerhalb der Materie gequantelt sind, sondern dass das Licht ebenfalls nur aus bestimmten Energieportionen besteht, den Lichtquanten. Dieses Konzept ist mit einer reinen Wellennatur des Lichtes nicht vereinbar. Es musste also angenommen werden, dass das Licht weder eine klassische Welle noch ein klassischer Teilchenstrom ist, sondern sich mal so, mal so verhält.

1913 verwendete Niels Bohr das Konzept gequantelter Energieniveaus, um die Spektrallinien des Wasserstoffatoms zu erklären. Das nach ihm benannte bohrsche Atommodell geht davon aus, dass das Elektron im Wasserstoffatom mit einer bestimmten Energie um den Kern kreist. Das Elektron wird hierbei noch als klassisches Teilchen betrachtet, mit der einzigen Einschränkung, dass es nur bestimmte Energien haben kann und, wenn es mit einer solchen Energie um den Kern kreist, entgegen der klassischen Elektrodynamik keine elektromagnetische Welle erzeugt, also auch keine Energie abstrahlt. Eine experimentelle Bestätigung der von Bohr verwendeten Annahmen gelang im Franck-Hertz-Versuch 1914. Das bohrsche Atommodell wurde noch um einige Konzepte wie elliptische Bahnen des Elektrons erweitert, insbesondere von Arnold Sommerfeld, um auch die Spektren anderer Atome erklären zu können. Dieses Ziel wurde jedoch nicht zufriedenstellend erreicht. Außerdem konnte Bohr keine Begründung für seine Postulate geben außer der, dass das Wasserstoffspektrum damit erklärbar war; zu tieferer Einsicht führte sein Modell nicht.

Im Jahr 1924 veröffentlichte Louis de Broglie seine Theorie der Materiewellen, wonach jegliche Materie einen Wellencharakter aufweisen kann und umgekehrt Wellen auch einen Teilchencharakter aufweisen können.[3] Mit Hilfe seiner Theorie konnten der photoelektrische Effekt und das bohrsche Atommodell auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgeführt werden. Die Umlaufbahnen des Elektrons um den Atomkern wurden als stehende Materiewellen aufgefasst. Die berechnete Wellenlänge des Elektrons und die Längen der Umlaufbahnen nach dem bohrschen Modell stimmten gut mit diesem Konzept überein. Eine Erklärung der anderen Atomspektren war jedoch weiterhin nicht möglich.

De Broglies Theorie wurde drei Jahre später in zwei unabhängigen Experimenten bestätigt, welche die Beugung von Elektronen nachwiesen. Der britische Physiker George Paget Thomson leitete einen Elektronenstrahl durch einen dünnen Metallfilm und beobachtete die von de Broglie vorhergesagten Interferenzmuster.[4] Bereits 1921 hatte ein ähnliches Experiment von Clinton Davisson und Charles Kunsman in den Bell Labs bei einem an Nickel reflektierten Elektronenstrahl Beugungsmuster gezeigt, die aber noch nicht als Interferenz gedeutet wurden.[5] Davisson und sein Assistent Lester Germer wiederholten das Experiment 1927 und erklärten die beobachteten klaren Beugungsmuster mit Hilfe der Wellentheorie de Broglies.[6]

Quantenmechanik

Hauptartikel: Quantenmechanik

Die moderne Quantenmechanik fand ihren Beginn im Jahr 1925 mit der Formulierung der Matrizenmechanik durch Werner Heisenberg, Max Born und Pascual Jordan.[7][8][9] Wenige Monate später entwickelte Erwin Schrödinger über einen völlig anderen Ansatz – ausgehend von De Broglies Theorie der Materiewellen – die Wellenmechanik und die Schrödingergleichung.[10] Kurz darauf konnte Schrödinger nachweisen, dass sein Ansatz der Matrizenmechanik äquivalent ist.[11]

Die neuen Ansätze von Schrödinger und Heisenberg enthalten eine neue Sicht auf beobachtbare physikalische Größen, sogenannte Observable. Diese waren zuvor als Größen betrachtet worden, die in jedem Zustand eines Systems bestimmte Zahlenwerte besitzen, wie zum Beispiel (für ein Teilchen in einer Dimension) der jeweilige Ort oder Impuls. Dagegen versuchten Heisenberg und Schrödinger den Observablenbegriff derart zu erweitern, dass er mit der Beugung am Doppelspalt verträglich würde. Wird dabei nämlich für jedes Teilchen durch eine zusätzliche Messung festgestellt, durch welchen der Spalte es fliegt, erhält man kein Doppelspaltinterferenzmuster, sondern zwei Einzelspaltmuster. Am Ende dieser Messung ist also der Zustand des beobachteten Teilchens ein anderer als vorher. Observable werden daher formal als Funktionen aufgefasst, die einen Zustand in einen anderen Zustand überführen. Des Weiteren muss jedes Teilchen „irgendwie“ durch beide Spalte fliegen, damit man überhaupt ein Interferenzmuster erklären kann. Dem Zustand jedes einzelnen (!) Teilchens während des Fluges muss man also beide Möglichkeiten zuschreiben, wobei sich bei Beobachtung genau eine realisiert. Das hatte zur Folge, dass der Zustand eines Teilchens nicht mehr durch eindeutige Größenwerte wie Ort und Impuls bestimmt sein kann, sondern von den Observablen und ihren Größenwerten getrennt werden muss. Bei einem Messprozess wird der Zustand in einen der sogenannten Eigenzustände der Observablen umgewandelt, dem nun ein eindeutiger reeller Messwert zugeordnet ist. Dies Konzept des quantenmechanischen Zustandes ist also mit dem Konzept der (mathematisch genauen) Bahnkurve in der älteren Quantentheorie nicht vereinbar. Mathematisch wird ein quantenmechanischer Zustand durch eine Wellenfunktion oder (weniger anschaulich) durch einen Zustandsvektor wiedergegeben.

Eine Folge dieses neuartigen Observablenbegriffs ist, dass es formal nicht möglich ist, zwei beliebige Observable ohne Angabe einer Reihenfolge auf einen Zustand wirken zu lassen. Wenn es bei zwei Messprozessen auf ihre Reihenfolge nicht ankommt (z. B. Messung von x- und y-Koordinate), heißen sie vertauschbar. Andernfalls (z. B. Messung von x-Koordinate und x-Impuls) muss ihre Reihenfolge festgelegt werden, und in genau diesen Fällen verändert die zweite Messung den durch die erste Messung erzeugten Zustand ein weiteres Mal. Daher würde auch eine anschließende Wiederholung der ersten Messung nun ein anderes Ergebnis haben. Es ist also möglich, dass zwei Observable, wenn sie in unterschiedlicher Reihenfolge auf einen Zustand wirken, unterschiedliche Endzustände liefern können. Wenn bei zwei Observablen die Reihenfolge der Messung entscheidend ist, weil die Endzustände sonst verschieden sind, führt dies zu einer sogenannten Unschärferelation. Für Ort und Impuls wurde diese erstmals von Heisenberg im Jahr 1927 beschrieben. Diese Relationen versuchen, die Streuung der Messwerte bei Vertauschen der Observablen, und damit die Unterschiedlichkeit der Endzustände quantitativ zu beschreiben.

1927 wurde die Kopenhagener Interpretation von Bohr und Heisenberg formuliert, die auch als orthodoxe Interpretation der Quantenmechanik bezeichnet wird. Sie stützte sich auf den Vorschlag von Max Born, das Betragsquadrat der Wellenfunktion, die den Zustand eines Systems beschreibt, als Wahrscheinlichkeitsdichte aufzufassen. Die Kopenhagener Deutung ist bis heute die Interpretation der Quantenmechanik, die von den meisten Physikern vertreten wird, obwohl es inzwischen zahlreiche andere Interpretationen gibt.

In den Jahren ab ca. 1927 vereinigte Paul Dirac die Quantenmechanik mit der speziellen Relativitätstheorie. Er führte auch erstmals die Verwendung der Operator-Theorie inklusive der Bra-Ket-Notation ein und beschrieb diesen mathematischen Kalkül 1930 in einer Monografie.[12] Zur gleichen Zeit formulierte John von Neumann die strenge mathematische Basis für die Quantenmechanik, wie z. B. die Theorie linearer Operatoren auf Hilberträumen, die er 1932 in einer Monografie beschrieb.[13]

Die Verwendung des Ausdrucks Quantenphysik ist erstmals 1929 in Max Plancks Vortrag Das Weltbild der neuen Physik dokumentiert.[14] Die in dieser Aufbauphase formulierten Ergebnisse haben bis heute Bestand und werden allgemein zur Beschreibung quantenmechanischer Aufgabenstellungen verwendet.

Quantenfeldtheorie

Hauptartikel: Quantenfeldtheorie

Ab 1927 wurde versucht, die Quantenmechanik nicht nur auf Partikel, sondern auch auf Felder anzuwenden, woraus die Quantenfeldtheorien entstanden. Die ersten Ergebnisse auf diesem Gebiet wurden durch Paul Dirac, Wolfgang Pauli, Victor Weisskopf und Pascual Jordan erzielt. Um Wellen, Teilchen und Felder einheitlich beschreiben zu können, werden sie als Quantenfelder, ähnliche Objekte wie Observable, aufgefasst. Sie müssen jedoch nicht die Eigenschaft der Reellwertigkeit erfüllen. Das bedeutet, dass die Quantenfelder nicht unbedingt messbare Größen darstellen. Es ergab sich jedoch das Problem, dass die Berechnung komplizierter Streuprozesse von Quantenfeldern unendliche Ergebnisse lieferte. Die alleinige Berechnung der einfachen Prozesse liefert jedoch oft Ergebnisse, die stark von den Messwerten abwichen.

Erst Ende der 1940er Jahre konnte das Problem der Unendlichkeiten mit der Renormierung umgangen werden. Dies ermöglichte die Formulierung der Quantenelektrodynamik durch Richard Feynman, Freeman Dyson, Julian Schwinger und Shin’ichirō Tomonaga. Die Quantenelektrodynamik beschreibt Elektronen, Positronen und das elektromagnetische Feld erstmals in einer durchgängigen Weise, und die von ihr vorhergesagten Messergebnisse konnten sehr genau bestätigt werden.[15] Die hier entwickelten Konzepte und Methoden wurden als Vorbild für weitere, später entwickelte Quantenfeldtheorien verwendet.

Die Theorie der Quantenchromodynamik wurde Anfang der 1960er Jahre ausgearbeitet. Die heute bekannte Form der Theorie wurde 1975 durch David Politzer, David Gross und Frank Wilczek formuliert. Aufbauend auf den wegweisenden Arbeiten von Julian Seymour Schwinger, Peter Higgs, Jeffrey Goldstone und Sheldon Glashow konnten Steven Weinberg und Abdus Salam unabhängig voneinander zeigen, wie die schwache Kernkraft und die Quantenelektrodynamik zu der Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung zusammengeführt werden können.

Bis heute ist die Quantenfeldtheorie ein aktives Forschungsgebiet, das sehr viele neuartige Methoden entwickelt hat. Sie ist die Grundlage aller Versuche, eine vereinheitlichte Theorie aller Grundkräfte zu formulieren. Insbesondere bauen Supersymmetrie, Stringtheorie, Schleifenquantengravitation und Twistor-Theorie maßgeblich auf den Methoden und Konzepten der Quantenfeldtheorie auf.

Überblick über die Forschungsgeschichte

Die folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Entdeckung[16] Entdecker Entdeckungsjahr Anmerkungen
Linienspektren, Spektrometrie Bunsen, Kirchhoff 1860
Photoeffekt Hallwachs 1886
Rydberg-Formel Rydberg 1888 Empirische Formel für das Wasserstoffspektrum, die erst durch das bohrsche Atommodell theoretisch untermauert werden konnte.
Feldemission von Elektronen Wood 1897 Erste Beobachtung des Tunneleffekts, der allerdings erst viel später verstanden wurde.
Plancksches Strahlungsgesetz Planck 1900 Erste Anwendung der Quantenhypothese; „Geburtsstunde“ der Quantenphysik.
Photonen Einstein 1905 Strahlung ist gequantelt.
Supraleitung Kamerlingh Onnes 1911
Franck-Hertz-Versuch Franck, Hertz 1911–1914 In Atomen gibt es diskrete Energieniveaus.
Bohrsches Atommodell Bohr 1913 Erstes quantenphysikalisches Atommodell; 1916 von Sommerfeld verfeinert (bohr-sommerfeldsches Atommodell), inzwischen jedoch überholt.
Compton-Effekt Compton 1922 Photonen haben einen Impuls.
Stern-Gerlach-Experiment Stern, Gerlach 1922 Der Drehimpuls ist gequantelt.
Materiewellen de Broglie 1924 Begründung des Welle-Teilchen-Dualismus
Matrizenmechanik Heisenberg 1925 Erste strenge Formulierung der Quantenmechanik
Spin von Elektronen Goudsmit,Uhlenbeck, Pauli 1925
Wellenmechanik Schrödinger 1926 Mathematisch äquivalent zur Matrizenmechanik
Lösung des Wasserstoffproblems Schrödinger 1926 Energieniveaus und Orbitale der Elektronen im Wasserstoffatom
Fermi-Dirac-Statistik Fermi, Dirac 1926 Theorie des Fermionen-Gases und damit Grundlage für die Festkörperphysik, insbesondere bei Halbleitern.
Unschärferelation Heisenberg 1927 Ort und Impuls sind nicht zugleich beliebig genau bestimmt.
Davisson-Germer-Experiment Davisson, Germer 1927 Experimentelle Bestätigung der von de Broglie postulierten Materiewellen.
Relativistische Quantenmechanik Klein, Gordon, Dirac 1926–1928
Tunneleffekt Gamow, Hund [17] und andere 1926–1928 Theoretische Erklärung für den Alpha-Zerfall und die Feldemission
Kernspinresonanz Rabi 1936
Suprafluidität Kapiza et al. 1938
Transistor Shockley, Brattain, Bardeen 1945 „Geburtsstunde“ der Mikroelektronik
Quantenelektrodynamik Feynman, Tomonaga, Schwinger 1947
Solarzelle aus Halbleiter Bell Laboratories 1954
Neutrino Cowan, Reines 1956 1930 von Pauli vorhergesagt.
BCS-Theorie Bardeen, Cooper, Schrieffer 1957 Quantenphysikalische Begründung der Supraleitung
Laser Maiman 1960
Quarks Gell-Mann 1961
Bellsche Ungleichung Bell 1964 Es gibt keine verborgenen Parameter, die das Verhalten eines quantenphysikalischen Systems bestimmen.
Elektroschwache Wechselwirkung Glashow, Salam, Weinberg 1967 Vereinigung der elektromagnetischen und der schwachen Wechselwirkung
CCD-Sensor Boyle, Smith 1969 Grundbaustein für die Digitalkamera
Mikroprozessor Texas Instruments, Intel 1970–1971
Quantenchromodynamik Gell-Mann u. a. 1972 Theorie der starken Wechselwirkung, wesentlicher Bestandteil des Standardmodells
Magnetresonanztomographie Mansfield, Lauterbur 1973 Nutzung der Kernspinresonanz für ein bildgebendes Verfahren in der Medizin
Rastertunnelmikroskop Gerd Binnig, Rohrer 1981
Quanten-Hall-Effekt von Klitzing 1985
Flash-Speicher SanDisk 1994 Anwendung des Tunneleffekts in Speichermedien
Bose-Einstein-Kondensat Cornell, Ketterle, Wieman 1995 1924 von Albert Einstein vorhergesagter vierter Aggregatzustand
Quantenteleportation Zeilinger 1997 1935 hielten Einstein, Podolski und Rosen diesen Effekt der Quantenverschränkung für paradox.
Legende:   Experimentalphysik Theoretische Physik Technische Anwendung

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Görnitz: Quanten sind anders; Die verborgene Einheit der Welt. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1999, ISBN 978-3-827-40571-5
  • Dirk Schneider: Jesus Christus Quantenphysiker — Warum die moderne Naturwissenschaft Vater, Sohn und Heiliger Geist zur Erklärung der Welt benötigt, CreateSpace Independent Publishing Platform 2013, ISBN 978-1490310985, eBook ASIN B00DCCP5G2
  • Werner Heisenberg: Quantentheorie und Philosophie, Philipp Reclam jun. GmbH 1986, ISBN 978-3150099483
  • Marcelo Alonso, Edward J. Finn: Quantenphysik und Statistische Physik. 5., unveränderte Auflage. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2012, ISBN 978-3-486-71340-4
  • Stephen Gasiorowicz: Quantenphysik. 9. Auflage 2005. ISBN 978-3-486-27489-9
  • P. C. W. Davies (Hrsg.), J. R. Brown (Hrsg.), Jürgen Koch (Übers.): Der Geist im Atom: Eine Diskussion der Geheimnisse der Quantenphysik, Insel Verlag 1993, ISBN 978-3458331995
  • Silvia Arroyo Camejo: Skurrile Quantenwelt. 3. Auflage 2011. ISBN 978-3-596-17489-8
  • Anton Zeilinger: Einsteins Spuk. 2007, Goldmann. ISBN 978-3-442-15435-7
  • Claus Kiefer: Quantentheorie. 2. Auflage 2012, Fischer Kompakt. ISBN 978-3-596-19035-5
  • Joachim Stiller: Quantenphilosophie PDF
  • Thomas Walther, Herbert Walther: Was ist Licht? 3. Auflage 2010, C.H. Beck. ISBN 978-3-406-44722-8
  • Georg Unger: Grundbegriffe der modernen Physik - Vom Bilden physikalischer Begriffe, 2 Bände, Verlag Freies Geistesleben 1967
  • Matthias Matting: Die faszinierende Welt der Quanten, AO Edition 2013, eBook ASIN B008GNA7HO
  • Boris Lemmer, Benjamin Bahr, Rina Piccolo: Quirky Quarks: Mit Cartoons durch die unglaubliche Welt der Physik, Springer Verlag 2017, ISBN 978-3662502587, eBook ISBN 978-3-662-50259-4 (pdf), ASIN B01MQRB6YZ (kindle)
  • Lars Jaeger: Die zweite Quantenrevolution: Vom Spuk im Mikrokosmos zu neuen Supertechnologien, Springer Verlag 2018, ISBN 978-3662575185, eBook ISBN 978-3-662-57519-2

Weblinks

 Wiktionary: Quantenphysik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Quantenphysik - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
Videos

Einzelnachweise

  1. M. Planck: Zur Theorie des Gesetzes der Energieverteilung im Normalspektrum, Verhandlungen der Deutschen physikalischen Gesellschaft 2(1900) Nr. 17, S. 237–245, Berlin (vorgetragen am 14. Dezember 1900).
  2. A. Einstein: Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt, Annalen der Physik 17 (1905), S. 132–148. (PDF).
  3. L. de Broglie: Recherches sur la théorie des Quanta, Doktorarbeit. Engl. Übersetzung (übers. A.F. Kracklauer): Ann. de Phys., 10e serie, t. III, (1925).
  4. G. P. Thomson: The Diffraction of Cathode Rays by Thin Films of Platinum. Nature 120 (1927), 802.
  5. C. Davisson, C.H. Kunsman: THE SCATTERING OF ELECTRONS BY NICKEL In: Science Bd. 54 S. 1104
  6. C. Davisson and L. H. Germer: Diffraction of Electrons by a Crystal of Nickel In: Phys. Rev.. 30, Nr. 6, 1927, doi:10.1103/PhysRev.30.705.
  7. W. Heisenberg: Über quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen Zeitschrift für Physik 33 (1925), S. 879–893.
  8. M. Born, P. Jordan: Zur Quantenmechanik, Zeitschrift für Physik 34 (1925), 858
  9. M. Born, W. Heisenberg, P. Jordan: Zur Quantenmechanik II, Zeitschrift für Physik 35 (1926), 557.
  10. E. Schrödinger: Quantisierung als Eigenwertproblem I, Annalen der Physik 79 (1926), 361–376. E. Schrödinger: Quantisierung als Eigenwertproblem II, Annalen der Physik 79 (1926), 489–527. E. Schrödinger: Quantisierung als Eigenwertproblem III, Annalen der Physik 80 (1926), 734–756. E. Schrödinger: Quantisierung als Eigenwertproblem IV, Annalen der Physik 81 (1926), 109–139.
  11. E. Schrödinger: Über das Verhältnis der Heisenberg-Born-Jordanschen Quantenmechanik zu der meinen, Annalen der Physik 79 (1926), 734–756.
  12. P. A. M. Dirac: „Principles of Quantum Mechanics“, Oxford University Press, 1958, 4th. ed., ISBN 0-19-851208-2.
  13. John von Neumann: „Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik“, Springer Berlin, 1996, 2. Auflage. Engl. (autorisierte) Ausg. (übers. R. T Beyer): „Mathematical Foundations of Quantum Mechanics“, Princeton Univ. Press, 1955 (dort p. 28 sqq.)
  14. M. Planck, Das Weltbild der neuen Physik, Monatshefte für Mathematik, Springer, Wien, Bd. 36 (1929), S. 387–410. Auszug google books.
  15. Richard Feynman: QED. Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie 1987, ISBN 3-492-21562-9 – Eine leicht verständliche Einführung in die Quantenelektrodynamik.
  16. Für Quellenangaben und weitere Informationen bitte die jeweils verlinkten Hauptartikel aufrufen.
  17. Friedrich Hund, der Tunneleffekt und das Leuchten der Sterne auf Deutschlandfunk gesendet am 4. Februar 2016.


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